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6z K 4140/14
2015-02-03T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die am 13. Juli 1996 in Kiel geborene Klägerin erwarb am 6. Juni 2014 in Hessen die Hochschulzugangsberechtigung mit der Gesamtnote 1,9. 3Mit Zulassungsantrag vom 9. Juni 2014 bewarb sich die Klägerin bei der Beklagten um einen Studienplatz im Studiengang Zahnmedizin. Sie beantragte die Teilnahme am Auswahlverfahren in der Abiturbestenquote und im Auswahlverfahren der Hochschulen, nicht aber in der Wartezeitquote. Sonderanträge stellte sie nicht. 4Mit Bescheid vom 14. August 2014 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, die Klägerin habe – mit der Durchschnittsnote 1,9 – die für sie maßgebliche Auswahlgrenze nicht erreicht. Die Durchschnittsnote des letzten ausgewählten Bewerbers aus Hessen habe 1,2 betragen. Auch im Auswahlverfahren der Hochschulen erhielt die Klägerin einen Ablehnungsbescheid. 5Die Klägerin hat am 12. September 2014 Klage erhoben, zu deren Begründung sie vorträgt: Der Ablehnungsbescheid der Beklagten sei rechtswidrig. Das Vergabesystem sei nämlich – wie die erkennende Kammer bereits festgestellt habe – verfassungswidrig und daraus ergebe sich ein unmittelbarer Anspruch auf Zulassung zum Studium. Die Annahme eines solchen Zulassungsanspruchs sei bei grundrechtseffektiver Auslegung des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG geboten. 6Die Klägerin beantragt, 7die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 14. August 2014 zu verpflichten, ihr einen Studienplatz an einer der im Bewerbungsverfahren durch sie in der Abiturquote, hilfsweise in der Wartezeitquote, hilfsweise im Auswahlverfahren der Hochschulen benannten Hochschulen, hilfsweise an einer im Zentralen Auswahlverfahren beteiligten bundesdeutschen Hochschule im Studienfach Zahnmedizin im ersten Fachsemester im Wintersemester 2014/15 zuzuweisen. 8Die Beklagte beantragt, 9die Klage abzuweisen. 10Sie macht geltend, die Verfassungswidrigkeit des Vergabesystems sei bislang nicht festgestellt worden. Zudem würde sich auch aus einer Verfassungswidrigkeit kein unmittelbarer Zulassungsanspruch ergeben; der Gesetzgeber wäre dann vielmehr gefordert, das Vergabesystem zu ändern. 11Die Kammer hat einen Antrag der Klägerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 16. Oktober 2014 (6z L 1478/14) abgelehnt. 12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des in Kopie vorgelegten Verwaltungsvorgangs der Beklagten. 13Entscheidungsgründe: 14Die zulässige Klage ist nicht begründet. 15Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuteilung des begehrten Studienplatzes nach den für das Wintersemester 2014/15 maßgeblichen Regeln und tatsächlichen Verhältnissen (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). 16Studienplätze im Studiengang Zahnmedizin werden gemäß § 1 Satz 2 der Verordnung über die zentrale Vergabe von Studienplätzen – VergabeVO – in Verbindung mit ihrer Anlage 1 in einem zentralen Vergabeverfahren nach Maßgabe der §§ 6 ff. VergabeVO vergeben. Die Klägerin erfüllt ohne Wartezeit und mit der Abiturnote 1,9 nicht die zum Wintersemester 2014/2015 maßgeblichen Auswahlgrenzen. Für eine Auswahl in der Abiturbestenquote (§ 11 VergabeVO) war bei Bewerbern mit Hochschulzugangsberechtigung aus Hessen die Note 1,2 erforderlich; für eine Auswahl in der Wartezeitquote (§ 14 VergabeVO), in der die Klägerin sich im Übrigen nicht beworben hat, waren mindestens zwölf Halbjahre erforderlich. 17Die Auffassung der Klägerin, dass das geltende System der zentralen Studienplatzvergabe zu Lasten langjährig Wartender gegen Verfassungsrecht verstößt, teilt – jedenfalls in Bezug auf den Studiengang Humanmedizin – auch die erkennende Kammer. Sie hat diese Auffassung in ihren Vorlagebeschlüssen vom 19. März 2013 und vom 18. März 2014 ausführlich begründet. 18VG Gelsenkirchen, Vorlagebeschlüsse vom 19. März 2013 - 6 K 4171/12 - und vom 18. März 2014 - 6z K 4229/13, 6z K 4324/13 und 6z K 4455/13 -, juris und www.nrwe.de. 19Das Bundesverfassungsgericht hat über die Vorlagen bislang nicht entschieden. 20Aus der – zu Gunsten der Klägerin auch für den Studiengang Zahnmedizin unterstellten – Verfassungswidrigkeit der betreffenden Vorschriften resultiert vorliegend jedoch weder ein Zulassungsanspruch der Klägerin noch die Notwendigkeit einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht. Zur weiteren Begründung nimmt die Kammer auf folgende Passagen ihres Urteils vom 26. April 2012 - 6z K 3684/11 - Bezug: 21„Die Kammer schließt sich […] nach nochmaliger Überprüfung und nicht zuletzt zur Wahrung der Rechtseinheitlichkeit nunmehr der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen an, welches einen unmittelbaren Zulassungsanspruch auch bei (teilweiser) Verfassungswidrigkeit des Vergabesystems verneint und erklärt hat, dass aus einem entsprechenden Verfassungsverstoß lediglich eine Pflicht des Gesetzgebers resultiere, das Auswahlsystem zu ändern. 22OVG NRW, Beschlüsse vom 8. November 2011 - 13 B 1212/11 u.a. -, NJW 2012, 1096, und vom 1. Februar 2012 - 13 A 2214/11 -, juris; ebenso BayVGH, Beschluss vom 21. September 2011 - 7 CE 11.10660 -, juris, der allerdings die Fragen des Hochschulausbaus und der Auswahl innerhalb der Kapazität nicht sauber trennt, und VG Sigmaringen, Beschluss vom 4. Februar 2011 - 6 K 2737/10 -, juris, sowie Mengden, Entscheidungsanmerkung [zu OVG NRW, Beschluss vom 6. Oktober 2011], ZJS 2011, 566 (570 f.). 23Allerdings lassen sich für einen solchen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Zulassung durchaus Gründe anführen. Dass etwa der vom Bundesverfassungsgericht angenommene grundrechtliche Anspruch auf erschöpfende Kapazitätsnutzung im Falle freigebliebener Kapazitäten zu einem Anspruch auf Zulassung zum Studium erstarkt, ist unbestritten. Eben dieser grundrechtliche Anspruch ist die materiell-rechtliche Grundlage des sog. Kapazitätsrechtsstreits, in welchem – mangels einfachgesetzlicher Rechtsgrundlage – unmittelbar aus dem verfassungskräftigen Teilhaberecht um die Zulassung zum Studium gestritten wird. In diesem Zusammenhang hat das Bundesverfassungsgericht im Übrigen mehrfach betont, dass zu den wesentlichen Bestandteilen eines verfassungsmäßigen Rechts gerade seine Durchsetzbarkeit gehört, was ebenfalls für einen Zulassungsanspruch sprechen könnte. 24Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 9. April 1975 - 1 BvR 344/74 ‑, BVerfGE 39, 276 ff., und vom 21. Oktober 1981 ‑ 1 BvR 802/78 -, BVerfGE 59, 172 (215); s. auch VG München, Beschluss vom 19. Dezember 2005 - M 3 E L 05.20578 -, juris. 25Dennoch sprechen in dem vorliegenden Kontext gewichtige Gründe gegen einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Zulassung zum Hochschulstudium. Während nämlich bei dem Anspruch auf erschöpfende Kapazitätsausnutzung der freiheitsrechtliche Charakter des Grundrechts im Vordergrund steht und sich ein Verstoß ohne Beeinträchtigung anderer zur Zulassung anstehender Bewerber verwirklichen lässt, geht es im vorliegenden Zusammenhang um die Frage einer sachgerechten Auswahl unter den Bewerbern innerhalb der Kapazität. Hier steht – wie in den Vorlagebeschlüssen der Kammer dargelegt – die gleichheitsrechtliche Seite des Grundrechts stark im Vordergrund, und jede Entscheidung zu Gunsten eines Bewerbers wirkt sich zu Lasten eines anderen Bewerbers aus. Aus diesen Gründen richtet sich die verfassungskräftige Pflicht, ein Auswahlsystem zu verwenden, das jedem hochschulreifen und damit grundsätzlich gleichberechtigt zu berücksichtigenden Bewerber die realistische Chance auf eine Zulassung verschafft, naturgemäß zunächst an den Gesetz- und den Verordnungsgeber. Diesen bleibt trotz der verschärften Anforderungen, die sich vorliegend aus dem Zusammenhang mit dem Freiheitsrecht des Art. 12 Abs. 1 GG ergeben, ein erheblicher Gestaltungsspielraum, in dessen Rahmen sie ein insgesamt sachgerechtes und hinreichend chancenoffenes Auswahlsystem zu entwickeln haben. Insofern dürfte die Verfassungswidrigkeit des derzeitigen Systems wohl in der Tat (nur) zu einer Verpflichtung des Gesetzgebers führen, entsprechende Korrekturen am Auswahlsystem vorzunehmen. 26Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Juni 2011 - 13 C 45/11 u. a. -, juris (dort unter Rdnr. 20), und vom 8. November 2011 - 13 B 1212/11 u.a. -, NJW 2012, 1096. 27Auch das Bundesverfassungsgericht hat im Übrigen im vorliegenden Zusammenhang mehrfach die Pflicht des Gesetzgebers betont, ein verfassungsmäßiges Auswahlsystem zu schaffen und zu erhalten, indem er die tatsächliche Entwicklung des Vergabeverfahrens beobachtet und das Verteilungsverfahren gegebenenfalls nachbessert. 28Vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 8. Februar 1977 - 1 BvF 1/76 u.a. -, BVerfGE 43, 291 (321); dazu auch Möller, Rahmenbedingungen der Hochschulzulassung, 2001, S. 88 f. 29Auch wenn der Gesetzgeber dieser Pflicht in der Vergangenheit nicht (hinreichend) nachgekommen ist, wie von der Kammer jedenfalls für den Studiengang Humanmedizin angenommen, ist es dem Gericht verwehrt, durch die Annahme eines unmittelbaren Zulassungsanspruchs eine Verschiebung zwischen den Bewerbergruppen herbeizuführen. 30Die Kammer sieht sich im vorliegenden Verfahren auch nicht gehalten, gemäß Art. 100 GG die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. Denn die Klägerin selbst wird durch eine mögliche Verfassungswidrigkeit der betreffenden Vorschriften (noch) nicht in ihrem Grundrecht auf Zugang zum Hochschulstudium verletzt. Die Kammer hält das derzeitige Auswahlsystem einschließlich der einzelnen Auswahlquoten nämlich, wie in den Vorlagebeschlüssen vom 26. April 2012 (6 K 3656/11 u.a.) näher ausgeführt, nicht per se für verfassungswidrig und hat deshalb in der Vergangenheit auch keinen durchgreifenden Grund zur Beanstandung gesehen. Zur Verfassungswidrigkeit führt vielmehr erst der Umstand, dass die dem derzeitigen System immanente massive Zuspitzung auf das Auswahlkriterium Durchschnittsnote eines die Chancenoffenheit insgesamt wahrenden Korrektivs bedarf und dass die insoweit allein in Betracht kommende Wartezeitquote die Funktion eines solchen Korrektivs nicht mehr erfüllt, wenn die erforderliche Wartezeit die Dauer eines normalen Studiums übersteigt. 31Ob das zuletzt genannte Problem auch die Klägerin treffen wird, lässt sich jedoch nicht hinreichend sicher prognostizieren. Denn in den kritischen Bereich einer Wartezeit von zwölf oder mehr Wartehalbjahren wird die Klägerin erst in fünf bis sechs Jahren gelangen. Nimmt man die Entwicklung der Studienplatz- und Studienbewerberzahlen sowie der Auswahlgrenzen der vergangenen Jahre in den Blick und bezieht auch die vorliegenden Prognosen über die zukünftige Entwicklung der Studienbewerberzahlen in die Betrachtung mit ein, 32etwa die „Vorausberechnung der Studienanfängerzahlen 2012-2025 - Fortschreibung - (Stand 24.01.2012)“, abrufbar auf der Homepage des Sekretariats der Kultusministerkonferenz: www.kmk.org), 33spricht zwar alles dafür, dass die Auswahlgrenzen auf absehbare Zeit noch weiter ansteigen werden. Andererseits lässt sich aber nicht ausschließen, dass durch eine Änderung des Bewerberverhaltens und/oder die Schaffung zusätzlicher Studienplätze, vor allem aber durch gesetzgeberische Korrekturen am Auswahlverfahren eine Entwicklung zugunsten der Klägerin eintreten könnte. Eine Prognose, die fünf bis sechs Jahre in die Zukunft reicht, erscheint insoweit nicht unproblematisch; eine Grundrechtsverletzung gerade der Klägerin lässt sich nicht mit der für eine Vorlage nach Art. 100 GG erforderlichen Sicherheit feststellen. 34Unabhängig von den vorstehenden, entscheidungstragenden Überlegungen würde sich auch die Frage stellen, ob die für eine Vorlage nach Art. 100 GG, § 80 BVerfGG erforderliche Entscheidungserheblichkeit anzunehmen wäre. Die Kammer hat sich in ihren Vorlagebeschlüssen vom 26. April 2012 (6 K 3656/11 u.a.) auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insbesondere zu Art. 3 GG bezogen und dargelegt, dass die Entscheidungserheblichkeit in entsprechenden Fällen auch darin liegen kann, dass eine Vorlage dem Kläger die Möglichkeit verschafft, von einer gesetzlichen Neuregelung zu profitieren. Das Bundesverfassungsgericht hält in diesem Zusammenhang allerdings eine konkrete Betrachtung für angezeigt und fordert die Darlegung, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens unter Umständen von einer Neuregelung begünstigt würde. 35Vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 17. April 2008 - 2 BvL 4/05 -, BVerfGE 121, 108 (115 f.); Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2012, Rdnr. 843 ff. 36Es hat in diesem Zusammenhang auch ausgeführt, damit die konkrete Normenkontrolle sich nicht einer abstrakten Normenkontrolle annähere, bestünden „besonders hohe Anforderungen an die Darlegung der subjektiven Rechtsverletzung“. 37Vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2011 - 2 BvL 15/08 -, juris. 38Insoweit wäre also konkret darzulegen, dass die Klägerin bei zumindest einer der denkbaren Varianten, unter denen der Gesetzgeber bei einer Korrektur des Hochschulzulassungsrechts wählen könnte, zwingend besser stünde als bei dem gegenwärtigen Vergabesystem und dass diese Variante (auch vor dem Hintergrund der Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte) ein einigermaßen realistisches Szenario darstellt. Dies wird durch die oben bereits angedeutete Unschärfe der Prognose und durch den zeitlichen Abstand der Klägerin zu dem Bereich einer unzumutbar langen Wartezeit zumindest erschwert.“ 39Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat die von der Kammer unter Hinweis auf die grundsätzliche Bedeutung der Sache zugelassene Berufung gegen das vorstehend (auszugsweise) wiedergegebene Urteil mit Beschluss vom 11. Dezember 2012 (13 A 1591/12) zurückgewiesen. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist durch das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 4. Oktober 2013 (6 B 13.13) ebenfalls zurückgewiesen worden. Die Kammer sieht sich damit in ihrer Auffassung bestätigt, dass ein unmittelbar aus dem Grundgesetz abzuleitender Zulassungsanspruch im vorliegenden Kontext nicht besteht und dass bei Klägern, die selbst noch keine oder nur eine auf wenige Halbjahre beschränkte Wartezeit vorzuweisen haben, auch keine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht geboten ist. Dies gilt auch im Falle der Klägerin. 40Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 41Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung.
die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt die klägerin. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der klägerin wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die am 13. juli 1996 in kiel geborene klägerin erwarb am 6. juni 2014 in hessen die hochschulzugangsberechtigung mit der gesamtnote 1,9. 3mit zulassungsantrag vom 9. juni 2014 bewarb sich die klägerin bei der beklagten um einen studienplatz im studiengang zahnmedizin. sie beantragte die teilnahme am auswahlverfahren in der abiturbestenquote und im auswahlverfahren der hochschulen, nicht aber in der wartezeitquote. sonderanträge stellte sie nicht. 4mit bescheid vom 14. august 2014 lehnte die beklagte den antrag mit der begründung ab, die klägerin habe – mit der durchschnittsnote 1,9 – die für sie maßgebliche auswahlgrenze nicht erreicht. die durchschnittsnote des letzten ausgewählten bewerbers aus hessen habe 1,2 betragen. auch im auswahlverfahren der hochschulen erhielt die klägerin einen ablehnungsbescheid. 5die klägerin hat am 12. september 2014 klage erhoben, zu deren begründung sie vorträgt: der ablehnungsbescheid der beklagten sei rechtswidrig. das vergabesystem sei nämlich – wie die erkennende kammer bereits festgestellt habe – verfassungswidrig und daraus ergebe sich ein unmittelbarer anspruch auf zulassung zum studium. die annahme eines solchen zulassungsanspruchs sei bei grundrechtseffektiver auslegung des teilhaberechts aus art. 12 abs. 1 i.v.m. art. 3 abs. 1 gg geboten. 6die klägerin beantragt, 7die beklagte unter aufhebung ihres bescheides vom 14. august 2014 zu verpflichten, ihr einen studienplatz an einer der im bewerbungsverfahren durch sie in der abiturquote, hilfsweise in der wartezeitquote, hilfsweise im auswahlverfahren der hochschulen benannten hochschulen, hilfsweise an einer im zentralen auswahlverfahren beteiligten bundesdeutschen hochschule im studienfach zahnmedizin im ersten fachsemester im wintersemester 2014/15 zuzuweisen. 8die beklagte beantragt, 9die klage abzuweisen. 10sie macht geltend, die verfassungswidrigkeit des vergabesystems sei bislang nicht festgestellt worden. zudem würde sich auch aus einer verfassungswidrigkeit kein unmittelbarer zulassungsanspruch ergeben; der gesetzgeber wäre dann vielmehr gefordert, das vergabesystem zu ändern. 11die kammer hat einen antrag der klägerin auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes mit beschluss vom 16. oktober 2014 (6z l 1478/14) abgelehnt. 12wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte sowie des in kopie vorgelegten verwaltungsvorgangs der beklagten. 13
14die zulässige klage ist nicht begründet. 15die klägerin hat keinen anspruch auf zuteilung des begehrten studienplatzes nach den für das wintersemester 2014/15 maßgeblichen regeln und tatsächlichen verhältnissen (§ 113 abs. 5 s. 1 vwgo). 16studienplätze im studiengang zahnmedizin werden gemäß § 1 satz 2 der verordnung über die zentrale vergabe von studienplätzen – vergabevo – in verbindung mit ihrer anlage 1 in einem zentralen vergabeverfahren nach maßgabe der §§ 6 ff. vergabevo vergeben. die klägerin erfüllt ohne wartezeit und mit der abiturnote 1,9 nicht die zum wintersemester 2014/2015 maßgeblichen auswahlgrenzen. für eine auswahl in der abiturbestenquote (§ 11 vergabevo) war bei bewerbern mit hochschulzugangsberechtigung aus hessen die note 1,2 erforderlich; für eine auswahl in der wartezeitquote (§ 14 vergabevo), in der die klägerin sich im übrigen nicht beworben hat, waren mindestens zwölf halbjahre erforderlich. 17die auffassung der klägerin, dass das geltende system der zentralen studienplatzvergabe zu lasten langjährig wartender gegen verfassungsrecht verstößt, teilt – jedenfalls in bezug auf den studiengang humanmedizin – auch die erkennende kammer. sie hat diese auffassung in ihren vorlagebeschlüssen vom 19. märz 2013 und vom 18. märz 2014 ausführlich begründet. 18vg gelsenkirchen, vorlagebeschlüsse vom 19. märz 2013 - 6 k 4171/12 - und vom 18. märz 2014 - 6z k 4229/13, 6z k 4324/13 und 6z k 4455/13 -, juris und www.nrwe.de. 19das bundesverfassungsgericht hat über die vorlagen bislang nicht entschieden. 20aus der – zu gunsten der klägerin auch für den studiengang zahnmedizin unterstellten – verfassungswidrigkeit der betreffenden vorschriften resultiert vorliegend jedoch weder ein zulassungsanspruch der klägerin noch die notwendigkeit einer vorlage an das bundesverfassungsgericht. zur weiteren begründung nimmt die kammer auf folgende passagen ihres urteils vom 26. april 2012 - 6z k 3684/11 - bezug: 21„die kammer schließt sich […] nach nochmaliger überprüfung und nicht zuletzt zur wahrung der rechtseinheitlichkeit nunmehr der auffassung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen an, welches einen unmittelbaren zulassungsanspruch auch bei (teilweiser) verfassungswidrigkeit des vergabesystems verneint und erklärt hat, dass aus einem entsprechenden verfassungsverstoß lediglich eine pflicht des gesetzgebers resultiere, das auswahlsystem zu ändern. 22ovg nrw, beschlüsse vom 8. november 2011 - 13 b 1212/11 u.a. -, njw 2012, 1096, und vom 1. februar 2012 - 13 a 2214/11 -, juris; ebenso bayvgh, beschluss vom 21. september 2011 - 7 ce 11.10660 -, juris, der allerdings die fragen des hochschulausbaus und der auswahl innerhalb der kapazität nicht sauber trennt, und vg sigmaringen, beschluss vom 4. februar 2011 - 6 k 2737/10 -, juris, sowie mengden, entscheidungsanmerkung [zu ovg nrw, beschluss vom 6. oktober 2011], zjs 2011, 566 (570 f.). 23allerdings lassen sich für einen solchen verfassungsunmittelbaren anspruch auf zulassung durchaus gründe anführen. dass etwa der vom bundesverfassungsgericht angenommene grundrechtliche anspruch auf erschöpfende kapazitätsnutzung im falle freigebliebener kapazitäten zu einem anspruch auf zulassung zum studium erstarkt, ist unbestritten. eben dieser grundrechtliche anspruch ist die materiell-rechtliche grundlage des sog. kapazitätsrechtsstreits, in welchem – mangels einfachgesetzlicher rechtsgrundlage – unmittelbar aus dem verfassungskräftigen teilhaberecht um die zulassung zum studium gestritten wird. in diesem zusammenhang hat das bundesverfassungsgericht im übrigen mehrfach betont, dass zu den wesentlichen bestandteilen eines verfassungsmäßigen rechts gerade seine durchsetzbarkeit gehört, was ebenfalls für einen zulassungsanspruch sprechen könnte. 24vgl. bverfg, beschlüsse vom 9. april 1975 - 1 bvr 344/74 ‑, bverfge 39, 276 ff., und vom 21. oktober 1981 ‑ 1 bvr 802/78 -, bverfge 59, 172 (215); s. auch vg münchen, beschluss vom 19. dezember 2005 - m 3 e l 05.20578 -, juris. 25dennoch sprechen in dem vorliegenden kontext gewichtige gründe gegen einen verfassungsunmittelbaren anspruch auf zulassung zum hochschulstudium. während nämlich bei dem anspruch auf erschöpfende kapazitätsausnutzung der freiheitsrechtliche charakter des grundrechts im vordergrund steht und sich ein verstoß ohne beeinträchtigung anderer zur zulassung anstehender bewerber verwirklichen lässt, geht es im vorliegenden zusammenhang um die frage einer sachgerechten auswahl unter den bewerbern innerhalb der kapazität. hier steht – wie in den vorlagebeschlüssen der kammer dargelegt – die gleichheitsrechtliche seite des grundrechts stark im vordergrund, und jede entscheidung zu gunsten eines bewerbers wirkt sich zu lasten eines anderen bewerbers aus. aus diesen gründen richtet sich die verfassungskräftige pflicht, ein auswahlsystem zu verwenden, das jedem hochschulreifen und damit grundsätzlich gleichberechtigt zu berücksichtigenden bewerber die realistische chance auf eine zulassung verschafft, naturgemäß zunächst an den gesetz- und den verordnungsgeber. diesen bleibt trotz der verschärften anforderungen, die sich vorliegend aus dem zusammenhang mit dem freiheitsrecht des art. 12 abs. 1 gg ergeben, ein erheblicher gestaltungsspielraum, in dessen rahmen sie ein insgesamt sachgerechtes und hinreichend chancenoffenes auswahlsystem zu entwickeln haben. insofern dürfte die verfassungswidrigkeit des derzeitigen systems wohl in der tat (nur) zu einer verpflichtung des gesetzgebers führen, entsprechende korrekturen am auswahlsystem vorzunehmen. 26vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 16. juni 2011 - 13 c 45/11 u. a. -, juris (dort unter rdnr. 20), und vom 8. november 2011 - 13 b 1212/11 u.a. -, njw 2012, 1096. 27auch das bundesverfassungsgericht hat im übrigen im vorliegenden zusammenhang mehrfach die pflicht des gesetzgebers betont, ein verfassungsmäßiges auswahlsystem zu schaffen und zu erhalten, indem er die tatsächliche entwicklung des vergabeverfahrens beobachtet und das verteilungsverfahren gegebenenfalls nachbessert. 28vgl. etwa bverfg, urteil vom 8. februar 1977 - 1 bvf 1/76 u.a. -, bverfge 43, 291 (321); dazu auch möller, rahmenbedingungen der hochschulzulassung, 2001, s. 88 f. 29auch wenn der gesetzgeber dieser pflicht in der vergangenheit nicht (hinreichend) nachgekommen ist, wie von der kammer jedenfalls für den studiengang humanmedizin angenommen, ist es dem gericht verwehrt, durch die annahme eines unmittelbaren zulassungsanspruchs eine verschiebung zwischen den bewerbergruppen herbeizuführen. 30die kammer sieht sich im vorliegenden verfahren auch nicht gehalten, gemäß art. 100 gg die entscheidung des bundesverfassungsgerichts einzuholen. denn die klägerin selbst wird durch eine mögliche verfassungswidrigkeit der betreffenden vorschriften (noch) nicht in ihrem grundrecht auf zugang zum hochschulstudium verletzt. die kammer hält das derzeitige auswahlsystem einschließlich der einzelnen auswahlquoten nämlich, wie in den vorlagebeschlüssen vom 26. april 2012 (6 k 3656/11 u.a.) näher ausgeführt, nicht per se für verfassungswidrig und hat deshalb in der vergangenheit auch keinen durchgreifenden grund zur beanstandung gesehen. zur verfassungswidrigkeit führt vielmehr erst der umstand, dass die dem derzeitigen system immanente massive zuspitzung auf das auswahlkriterium durchschnittsnote eines die chancenoffenheit insgesamt wahrenden korrektivs bedarf und dass die insoweit allein in betracht kommende wartezeitquote die funktion eines solchen korrektivs nicht mehr erfüllt, wenn die erforderliche wartezeit die dauer eines normalen studiums übersteigt. 31ob das zuletzt genannte problem auch die klägerin treffen wird, lässt sich jedoch nicht hinreichend sicher prognostizieren. denn in den kritischen bereich einer wartezeit von zwölf oder mehr wartehalbjahren wird die klägerin erst in fünf bis sechs jahren gelangen. nimmt man die entwicklung der studienplatz- und studienbewerberzahlen sowie der auswahlgrenzen der vergangenen jahre in den blick und bezieht auch die vorliegenden prognosen über die zukünftige entwicklung der studienbewerberzahlen in die betrachtung mit ein, 32etwa die „vorausberechnung der studienanfängerzahlen 2012-2025 - fortschreibung - (stand 24.01.2012)“, abrufbar auf der homepage des sekretariats der kultusministerkonferenz: www.kmk.org), 33spricht zwar alles dafür, dass die auswahlgrenzen auf absehbare zeit noch weiter ansteigen werden. andererseits lässt sich aber nicht ausschließen, dass durch eine änderung des bewerberverhaltens und/oder die schaffung zusätzlicher studienplätze, vor allem aber durch gesetzgeberische korrekturen am auswahlverfahren eine entwicklung zugunsten der klägerin eintreten könnte. eine prognose, die fünf bis sechs jahre in die zukunft reicht, erscheint insoweit nicht unproblematisch; eine grundrechtsverletzung gerade der klägerin lässt sich nicht mit der für eine vorlage nach art. 100 gg erforderlichen sicherheit feststellen. 34unabhängig von den vorstehenden, entscheidungstragenden überlegungen würde sich auch die frage stellen, ob die für eine vorlage nach art. 100 gg, § 80 bverfgg erforderliche entscheidungserheblichkeit anzunehmen wäre. die kammer hat sich in ihren vorlagebeschlüssen vom 26. april 2012 (6 k 3656/11 u.a.) auf die rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts insbesondere zu art. 3 gg bezogen und dargelegt, dass die entscheidungserheblichkeit in entsprechenden fällen auch darin liegen kann, dass eine vorlage dem kläger die möglichkeit verschafft, von einer gesetzlichen neuregelung zu profitieren. das bundesverfassungsgericht hält in diesem zusammenhang allerdings eine konkrete betrachtung für angezeigt und fordert die darlegung, dass der kläger des ausgangsverfahrens unter umständen von einer neuregelung begünstigt würde. 35vgl. nur bverfg, beschluss vom 17. april 2008 - 2 bvl 4/05 -, bverfge 121, 108 (115 f.); benda/klein, verfassungsprozessrecht, 3. aufl. 2012, rdnr. 843 ff. 36es hat in diesem zusammenhang auch ausgeführt, damit die konkrete normenkontrolle sich nicht einer abstrakten normenkontrolle annähere, bestünden „besonders hohe anforderungen an die darlegung der subjektiven rechtsverletzung“. 37vgl. nur bverfg, beschluss vom 21. juni 2011 - 2 bvl 15/08 -, juris. 38insoweit wäre also konkret darzulegen, dass die klägerin bei zumindest einer der denkbaren varianten, unter denen der gesetzgeber bei einer korrektur des hochschulzulassungsrechts wählen könnte, zwingend besser stünde als bei dem gegenwärtigen vergabesystem und dass diese variante (auch vor dem hintergrund der entwicklung der vergangenen jahrzehnte) ein einigermaßen realistisches szenario darstellt. dies wird durch die oben bereits angedeutete unschärfe der prognose und durch den zeitlichen abstand der klägerin zu dem bereich einer unzumutbar langen wartezeit zumindest erschwert.“ 39das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen hat die von der kammer unter hinweis auf die grundsätzliche bedeutung der sache zugelassene berufung gegen das vorstehend (auszugsweise) wiedergegebene urteil mit beschluss vom 11. dezember 2012 (13 a 1591/12) zurückgewiesen. die beschwerde gegen die nichtzulassung der revision in diesem urteil des oberverwaltungsgerichts ist durch das bundesverwaltungsgericht mit beschluss vom 4. oktober 2013 (6 b 13.13) ebenfalls zurückgewiesen worden. die kammer sieht sich damit in ihrer auffassung bestätigt, dass ein unmittelbar aus dem grundgesetz abzuleitender zulassungsanspruch im vorliegenden kontext nicht besteht und dass bei klägern, die selbst noch keine oder nur eine auf wenige halbjahre beschränkte wartezeit vorzuweisen haben, auch keine vorlage an das bundesverfassungsgericht geboten ist. dies gilt auch im falle der klägerin. 40die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 41die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit § 708 nr. 11, § 711 zivilprozessordnung.
Verklagte*r
0
333,289
15 K 9276/18
2020-11-06T00:00:00
Urteil
Tenor Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Das beklagte Land wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Prüfungsausschusses für die staatliche Prüfung in der Altenpflegehilfe bei der Bezirksregierung E. vom 00. März 2018 und des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung E. vom 00. Oktober 2018 verpflichtet, den Kläger über das Ergebnis seiner staatlichen Prüfung in der Altenpflegehilfe als Wiederholungsversuch nach erneuter Durchführung des praktischen Prüfungsteils unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Von den Kosten des Verfahrens tragen das beklagte Land 2/3 und der Kläger 1/3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Der Kläger nahm zum 00. O. 2016 die Ausbildung zur Altenpflegehilfe in der Bildungsakademie für Gesundheits- und Sozialberufe N. – Fachseminar für Altenpflege – auf. Als Vornoten für die Abschlussprüfung wurden für den Kläger für den schriftlichen Prüfungsteil 2,6, für den mündlichen Prüfungsteil 2,6 und für den praktischen Prüfungsteil 3,0 festgesetzt. 3Im Herbst 2017 nahm der Kläger erstmals an der staatlichen Prüfung in der Altenpflegehilfe teil. Dabei erzielte er – unter Berücksichtigung seiner jeweiligen Vornoten – im praktischen Teil die Gesamtnote „ungenügend“, im mündlichen Teil die Gesamtnote „ausreichend“ und im schriftlichen Teil die Gesamtnote „gut“. Mit Bescheid vom 00. Dezember 2017 teilte die Bezirksregierung E. (Bezirksregierung) dem Kläger mit, dass er die Prüfung nicht bestanden habe. Der nicht bestandene praktische Prüfungsteil könne in drei Monaten wiederholt werden, wobei ihm zur Auflage gemacht werde, während der um diesen Zeitraum verlängerten Ausbildung an der praktischen Ausbildung bei einer ausbildenden Einrichtung teilzunehmen. Weiter wurde der Kläger vorbehaltlich des Widerrufs zur Wiederholungsprüfung zugelassen. Diesen Bescheid griff der Kläger mit Widerspruch an, der durch Bescheid vom 00. März 2018 zurückgewiesen wurde. Hiergegen erhob der Kläger am 00. April 2018 Klage, die unter dem Az. 15 K 3461/18 ebenfalls bei der erkennenden Kammer anhängig ist. 4Den Wiederholungsversuch des praktischen Teils seiner Abschlussprüfung mit den Prüfungsaufgaben „GP im Bett, Insulingabe, Medikamentengabe, Mobilisation im Rollstuhl, Blutzuckermessung und Sturz- und Kontrakturprophylaxe“ absolvierte der Kläger am 00. Februar 2018 im E1. Seniorenzentrum Haus C. in I. . 5Geprüft wurde der Kläger von den Fachprüferinnen Frau K. und Frau O1. ; daneben waren bei der Prüfung die Vorsitzende des Prüfungsausschusses Frau N1. sowie als Praxisanleiter Herr T. anwesend. 6Die Fachprüferinnen legten ihrer Bewertung der Prüfungsleistung des Klägers ein „Kriterienraster zur Durchführung der praktischen Prüfung in der Altenpflegehilfeausbildung“ (Kriterienraster) zu Grunde, für dessen Einzelheiten auf Bl. 243 ff. der beigezogenen Prüfungsakte verwiesen wird. Dieses untergliedert die zu erbringende Prüfungsleistung in die Teile (1.) „Planung und Vorbereitung“, (2.) „Durchführung“ und (3.) „Erläuterung“, wobei Teil 2 nochmals aufgeteilt wird nach (2.a.) „Übergabe“, (2.b.) „Pflege und Begleitung des alten Menschen“ – mit den Unterkategorien „Durchführungsqualität der pflegerischen Tätigkeiten“, „Integration des zu pflegenden alten Menschen“ und „Institutionelle Vorgaben“ – und (2.c.) „Dokumentation und Übergabe“. Das Kriterienraster führt in den einzelnen Teilen und Unterkategorien jeweils fachliche Aspekte auf, unter denen die Prüfungsleistung durch die Vergabe einer Punktzahl zwischen 1 und 5 zu bewerten ist. Jeder Punktzahl ordnet das Kriterienraster dabei eine an dem jeweiligen fachlichen Aspekt orientierte Leistungsumschreibung zu. Ferner weist das Kriterienraster für jeden Prüfungsteil und jede Unterkategorie einen Gewichtungsfaktor aus, mit dem zur Ermittlung des Gesamtergebnisses der Prüfung jede dort erzielte Punktzahl zu multiplizieren ist. Die Note der praktischen Prüfung ergibt sich anhand der addierten Gesamtpunktzahl aus dem ebenfalls in der Prüfungsakte befindlichen „Bewertungsschema der Praktischen Prüfung Lehrgang“, das jedem Punktwert eine auf eine Nachkommastelle gerundete Note zuordnet. 7Die Leistungen des Klägers in dem praktischen Teil der staatlichen Prüfung beurteilten die beiden Fachprüferinnen durch gemeinsames Ankreuzen jeweils einer in dem Kriterienraster zu jedem fachlichen Aspekt vorgesehenen Punktzahl, multiplizierten diese Punktzahl mit dem jeweils zugehörigen Faktor, stellten fest, dass der Kläger danach von den 200 zu vergebenden Punkten 70 Punkte erzielt hatte, und bewerteten seine Leistung in Anwendung des in dem Bewertungsschema enthaltenen Punkteschlüssels mit der Note "mangelhaft" (5,4). 8Mit Bescheid vom 00. März 2018 teilte der Prüfungsausschuss für die staatliche Prüfung in der Altenpflege bei der Bezirksregierung dem Kläger mit, dass er die staatliche Prüfung in der Altenpflegehilfe endgültig nicht bestanden habe. 9Der Kläger erhob am 00. April 2018 Widerspruch und machte geltend, die praktische Prüfung weise sowohl hinsichtlich des Prüfungsverfahrens als auch der Bewertung der Prüfungsleistungen Fehler auf. Eine Entscheidung über die Dauer einer Verlängerung seiner Ausbildung und deren Inhalt sowie ein Einverständnis der pflegebedürftigen Person in die Prüfungssituation seien der Akte nicht zu entnehmen. Zudem habe die Prüfung mit 100 Minuten zu lange gedauert. Auch sei die Bildung der Abschlussnote fehlerhaft gewesen. Die Prüfungsausschussvorsitzende habe ihm auf telefonische Nachfrage mitgeteilt, dass die Note der Fachprüferinnen 4,8 ergeben habe. Unter Berücksichtigung dieser Bewertung ergebe sich eine Gesamtnote von „ausreichend“ (4,35). Seine Leistung habe im Ganzen den Anforderungen entsprochen. Die Angaben der Fachprüferinnen zum Prüfungsgeschehen seien teilweise nicht zutreffend. Insgesamt entstehe der Eindruck, die Fachprüferinnen seien ihm nicht mehr unvoreingenommen begegnet. 10Die Bezirksregierung wies den Widerspruch mit Bescheid vom 00. Oktober 2018 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Prüfung sei formell und inhaltlich nicht zu beanstanden. Eine Einverständniserklärung der pflegebedürftigen Person habe vorgelegen. Die Prüfung habe entsprechend der gesetzlichen Vorgabe 90 Minuten gedauert. Die Prüfungszeit habe im Interesse des Klägers voll ausgeschöpft werden müssen. Die Bewertung der praktischen Prüfung des Klägers mit „mangelhaft“ sei nicht zu beanstanden, da die Prüfungsleistung des Klägers zahlreiche Mängel aufgewiesen habe. Der Prüfungsausschuss sei zutreffend besetzt und beschlussfähig, seine Mitglieder dem Kläger gegenüber nicht voreingenommen gewesen. 11Der Kläger hat am 00. November 2018 Klage erhoben. 12Zusätzlich zu seinem Widerspruchsvorbringen macht er geltend, mangels Bekanntgabe existiere betreffend seinen Wiederholungsversuch bis heute kein wirksamer Verwaltungsakt. Bei dem auf den 00. Februar 2018 terminierten Prüfungsversuch handele es sich – mangels Ablaufs der erforderlichen, in seinem Fall aber nicht ordnungsgemäß vorgenommenen Verlängerung der Ausbildung – nicht um die Wiederholungsprüfung, sondern um die Beseitigung der dem vorangegangenen Prüfungsversuch anhaftenden Fehler. Er habe Anspruch darauf, dass die Prüfung für bestanden erklärt werde. Jedenfalls habe er einen Anspruch auf Neubewertung anhand des Prüfungsprotokolls. Die Prüfungsentscheidung sei rechtsfehlerhaft. Die Vorsitzende des Prüfungsausschusses sei ihm gegenüber befangen gewesen. Die Prüfungsprotokolle seien mit Unwahrheiten über den Prüfungsablauf durchzogen. Die dort enthaltene überwiegend positive Gesamtschau seiner Leistungen entspreche im Übrigen der Note „befriedigend“, mindestens aber „ausreichend“. Das bei der Prüfung verwendete Kriterienraster enthalte Vorgaben Dritter ohne eigene Beurteilungsspielräume für die Prüfer. Außerdem verleite es dazu, jeweils nur einen Minimalpunkt zu geben. Die Möglichkeit einer weiteren praktischen Wiederholungsprüfung stelle eine für ihn nicht zumutbare neue Belastung dar. 13Der Kläger hat zunächst sinngemäß beantragt, 141.15das beklagte Land unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Prüfungsausschusses für die staatliche Prüfung in der Altenpflegehilfe bei der Bezirksregierung E. vom 00. März 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung E. vom 00. Oktober 2018 zu verpflichten, den praktischen Prüfungsteil als Wiederholungsversuch mit der Note „ausreichend“ für bestanden zu erklären, 16hilfsweise 17das beklagte Land zu verpflichten, ihn über das Ergebnis seiner staatlichen Prüfung für die Altenpflegehilfe 18nach Neubewertung des praktischen Prüfungsteils als Wiederholungsversuch, 19hilfsweise 20nach erneuter Abnahme des praktischen Prüfungsteils als Wiederholungsversuch 21unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, 222.23die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären. 24Er beantragt nunmehr, 251.26das beklagte Land unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Prüfungsausschusses für die staatliche Prüfung in der Altenpflegehilfe bei der Bezirksregierung E. vom 00. März 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung E. vom 00. Oktober 2018 zu verpflichten, 27ihn über das Ergebnis seiner staatlichen Prüfung für die Altenpflegehilfe 28nach erneuter Abnahme des praktischen Prüfungsteils als Wiederholungsversuch 29unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, 302.31die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären. 32Das beklagte Land beantragt, 33die Klage abzuweisen. 34Es ist der Auffassung, die Prüfung leide nicht an formellen Fehlern. Die Entscheidung über die Verlängerung der Ausbildung nach dem erstmaligen Nichtbestehen des praktischen Prüfungsteils sei ordnungsgemäß getroffen und dem Kläger mitgeteilt worden. Die dreimonatige Verlängerung habe es dem Kläger in ausreichender Weise ermöglicht, seine Defizite in der Praxis auszugleichen. Der Vorwurf der Befangenheit gegenüber der Vorsitzenden des Prüfungsausschusses entbehre jeder Grundlage; zudem sei eine Befangenheitsrüge am Prüfungstag nicht geführt worden. 35Die Bewertung der Prüfung unter Verwendung des Kriterienrasters sei nicht zu beanstanden. Dieses Bewertungsinstrument, dessen Einsatz das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales O2. -X. den Prüfern in seinem Leitfaden zur „Ausbildung in der Altenpflegehilfe“ und den zugehörigen Anlagen verbindlich vorschreibe, sei in Zusammenarbeit zwischen Praktikern und Vertretern der Bezirksregierungen entwickelt worden, basiere auf pflegewissenschaftlichen und pflegepädagogischen Erkenntnissen und solle zwecks Vereinfachung der Bearbeitung durch die Träger und die Bezirksregierungen einheitlich verwendet werden. Es sei transparent und sachgerecht und erlaube es dem Prüfungsausschuss, sich mit allen denkbaren zu bewertenden Aspekten einer praktischen Prüfung auseinanderzusetzen und sich zu jeder der zu erbringenden Teilleistungen zu äußern. So werde gewährleistet, dass der Notengebung eine umfassende Betrachtung der erbrachten Prüfungsleistung zu Grunde liege. Außerdem sorge es für eine möglichst weitgehende Gleichbehandlung der Prüflinge. Das Kriterienraster schränke die Fachprüfer bei der Wahrnehmung ihrer eigenverantwortlichen Prüfertätigkeit nicht unzulässig ein. Es nehme in seiner Anwendung nicht das Gesamtergebnis der Prüfung vorweg, da nur Punkte, nicht aber direkte Bewertungen vergeben würden. Deshalb komme den einzelnen Fachprüfern – anders als bei einem vom Oberverwaltungsgericht für das Land O2. -X. beanstandeten in der Rettungsassistentenprüfung herangezogenen Bewertungsschema – auch unter seiner Anwendung ein Beurteilungsspielraum zu. 36Wegen der weiteren Einlassungen der Beteiligten im Verlauf der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 00. November 2020 verwiesen. Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens 15 K 3461/18 und der in den vorbenannten Verfahren beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung Bezug genommen. 37Entscheidungsgründe: 38Das Verfahren ist gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit der Kläger das Begehren, seine am 00. Februar 2018 absolvierte praktische Prüfung für bestanden zu erklären, aufgegeben und damit insoweit die Klage zurückgenommen hat. 39Im Übrigen hat die Klage Erfolg. 40Sie ist zulässig, insbesondere als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) statthaft. Denn es liegt, da das Prüfungsverfahren hier mit der vollständigen Abnahme und Bewertung der Leistung des Klägers beendet worden ist, eine gerichtlich zu überprüfende Bewertungsentscheidung vor. 41Anders für den Fall des Abbruchs der Prüfung vor ihrem Abschluss BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2019 – 6 C 3.18 –, juris, Rdnr. 8. 42Ferner ist die Klage auch begründet. 43Der Bescheid des Prüfungsausschusses für die staatliche Prüfung in der Altenpflegehilfe bei der Bezirksregierung vom 00. März 2018 und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung vom 00. Oktober 2018 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten; er hat gegen das beklagte Land einen Anspruch auf Neubescheidung über das Ergebnis seiner staatlichen Prüfung für die Altenpflegehilfe nach erneuter Abnahme des praktischen Prüfungsteils im Wiederholungsversuch (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). 44Das Verfahren der Bewertung der Leistungen des Klägers im praktischen Teil der staatlichen Prüfung für die Altenpflegehilfe am 00. Februar 2018 leidet an rechtserheblichen Mängeln, die sich auf das Prüfungsergebnis ausgewirkt haben können. 45Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Altenpflegehilfeausbildung vom 23. August 2006 (GV. NRW. S. 404), zuletzt geändert durch Verordnung vom 24. März 2010 (GV. NRW. S. 261), (APRO-APH) besteht der praktische Teil der Prüfung aus einer Aufgabe zur direkten Pflege einschließlich der Betreuung und Begleitung eines pflegebedürftigen Menschen. Mindestens zwei Fachprüfer nehmen die Prüfung ab und benoten die Leistung (§ 15 Abs. 3 Satz 1 APRO-APH). 46Die Fachprüfer haben zu bewerten, ob der Prüfling eine sichere stabile Pflegesituation gemäß § 1 Abs. 1 APRO-APH übernehmen kann (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 APRO-APH). Die Ausbildung zum Altenpflegehelfer soll die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten vermitteln, die für eine qualifizierte Betreuung und Pflege alter Menschen in stabilen Pflegesituationen unter Aufsicht einer Pflegefachkraft erforderlich sind (§ 1 Abs. 1 Satz 1 APRO-APH). Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 APRO-APH zählen hierzu insbesondere (1.) die fachkundige umfassende Grundpflege älterer Menschen in stabilen Pflegesituationen unter Berücksichtigung ihrer Selbstständigkeit einschließlich ihrer Fähigkeiten und Ressourcen zur Selbstpflege auf der Grundlage der von einer Pflegefachkraft erstellten individuellen Pflegeprozessplanung, (2.) die Mitwirkung bei der Gesundheitsvorsorge und Rehabilitation unter Anleitung einer Pflegefachkraft, (3.) die Mitwirkung bei der Erhebung von Daten des zu Pflegenden und deren Dokumentation, (4.) die Mithilfe zur Erhaltung und Aktivierung der eigenständigen Lebensführung sowie der Erhaltung und Förderung sozialer Kontakte und (5.) die Anregung und Begleitung von Familien- und Nachbarschaftshilfe. 47Anhand welcher Kriterien die Fachprüfer zu beurteilen haben, ob der Prüfling dieses Ausbildungsziel erreicht hat, geben weder das Gesetz zur Durchführung des Altenpflegegesetzes und zur Ausbildung in der Altenpflegehilfe vom 27. Juni 2006 (GV. NRW. S. 277) in der Fassung der Änderung durch Art. 4 des Gesetzes vom 26. April 2016 (GV. NRW. S. 230) noch die APRO-APH vor. 48Vgl. zu Letzterem OVG NRW, Beschluss vom 4. O. 2019 – 14 E 870/19 –, S. 3 des Beschlussabdrucks, n. v.; für eine ähnliche Regelung in der RettAssAPrV OVG NRW, Urteil vom 31. Januar 2019 – 14 A 1981/18 –, juris, Rdnr. 34. 49Es obliegt daher – in Ausfüllung ihres prüfungsrechtlichen Beurteilungsspielraums – eigenverantwortlich allein den Prüfern, Kriterien für ihre Bewertung und Gewichtung der einzelnen Prüfungsleistungen zu entwickeln. Denn ein Prüfer muss bei seinem wertenden Urteil von Einschätzungen und Erfahrungen ausgehen, die er im Laufe seiner Prüfungspraxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt hat, und diese allgemein anwenden. Er hat eine selbständige, eigenverantwortliche, nur seinem Wissen und Gewissen verpflichtete Entscheidung zu fällen und darf dabei keine Wertungen Dritter als verbindlich hinnehmen 50Vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteile vom 14. Juli 1961 – 7 C 25.61 –, juris, Rdnr. 37, und vom 10. Oktober 2002 – 6 C 7.02 –, juris, Rdnr. 12, sowie Beschluss vom 13. Mai 2004 – 6 B 25.04 –, juris, Rdnr. 11; OVG NRW, Urteil vom 31. Januar 2019 – 14 A 1981/18 –, juris, Rdnr. 34, und Beschluss vom 4. O. 2019 – 14 E 870/19 –, S. 3 des Beschlussabdrucks, n. v.; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Auflage 2018, Rdnr. 320 ff., 635. 51Diesen Anforderungen sind die Fachprüferinnen bei der Bewertung der praktischen Prüfungsleistung des Klägers nicht gerecht geworden. Sie haben die Leistung nicht eigenverantwortlich, sondern auf Grundlage eines nicht von ihnen selbst entwickelten Kriterienrasters beurteilt, das ihnen von dem beklagten Land verbindlich vorgegeben worden ist und ihren Beurteilungsspielraum zu einem nicht unerheblichen Teil rechtswidrig eingeschränkt hat. 52Die Verwendung des Kriterienrasters war für die Fachprüferinnen verbindlich; es wurde ihnen zwecks Bewertung des praktischen Prüfungsteils des Klägers nicht lediglich als Lösungshinweis zur Verfügung gestellt. 53Dies ergibt sich aus dem „Erlass zur Durchführung und Prüfung in der Altenpflegehilfeausbildung“ des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW vom 25. August 2006 – V 6 - 5665.21.6. Hiernach werden auf Grundlage der APRO-APH mit dem beigefügten „Verbindlichen Leitfaden Altenpflegehilfe“ die Prüfer bindende Regelungen für die Durchführung der Prüfung getroffen. Verbindlich sind ferner die Formblätter in Anlage 24 des Leitfadens, in der sich – neben dem Vordruck eines Ergebnisprotokolls der praktischen Prüfung – auch das Kriterienraster findet. Demgemäß hat auch das beklagte Land im gerichtlichen Verfahren vorgetragen, die Verwendung des Rasters sei für alle Prüfer im praktischen Teil zwingend. 54Mit der zwingend vorgegebenen Verwendung des Kriterienrasters geht eine unzulässige Beschränkung des den Fachprüfern der praktischen Prüfung zustehenden Beurteilungsspielraums einher. 55Zum einen gibt das Kriterienraster durch die Formulierung konkreter Leistungsziele, die jeweils an die Aufteilung der zu erbringenden Prüfungsleistungen in unterschiedliche Prüfungsteile und Unterkategorien anknüpfen, sowie durch deren jeweilige Bepunktung nach dem Grad ihrer Erfüllung („umfassend“, „überwiegend“, „teilweise“, „in Ansätzen und fehlerhaft“ und „nicht ausreichend“) einen in sich abgeschlossenen Katalog von Bewertungskriterien vor, den die Fachprüfer ihrer Beurteilung zu Grunde zu legen haben. Eine Erweiterung des Katalogs durch Einbeziehung weiterer Kriterien wird ihnen ebenso wenig ermöglicht wie die Nichtberücksichtigung bestimmter in dem Kriterienraster aufgeführter Merkmale. 56Ferner legt das Kriterienraster die Gewichtung der einzelnen Prüfungsbestandteile untereinander und ihre Bedeutung für das Gesamtergebnis zwingend fest. Die Fachprüfer können für die Leistung in den einzelnen Prüfungsteilen und Unterkategorien jeweils lediglich eine konkrete Höchstpunktzahl vergeben, die sich aus der Multiplikation der vergebenen Punktebewertung mit einem für jede Kategorie festgelegten Faktor ergibt. Eine Gewichtung bestimmter Aspekte über diese Punktzahl hinaus ist – ebenso wie eine Verringerung des Gewichts eines bestimmten Leistungsgesichtspunkts – nicht möglich. Denn auch die Gesamthöchstpunktzahl sowie die Zuordnung der erreichten Punktzahl zu einer Notenstufe sind vorgegeben. 57Zudem schränkt das Kriterienraster den Bewertungsspielraum von Fachprüfern dadurch ein, dass ihnen innerhalb der dort vorgesehenen Prüfungsteile und Unterkategorien die Möglichkeit einer differenzierten Bewertung unterschiedlicher Leistungsanforderungen versperrt wird. Durch die jeweils blockweise Zusammenfassung mehrerer unterschiedlicher Leistungsaspekte und Bewertungskriterien werden die betreffenden Leistungen in Bezug auf die in einem Block zusammengefassten Leistungsaspekte vielmehr einer einheitlichen Punktebewertung unterworfen, indem die Fachprüfer übergreifend zu entscheiden haben, ob die Anforderungen in den einzelnen Bereichen „umfassend“, „überwiegend“, „teilweise“, „in Ansätzen und fehlerhaft“ oder „nicht ausreichend“ umgesetzt worden sind. Beispielsweise werden im Prüfungsteil „Planung und Vorbereitung“ das Aufgabenverständnis, die Erfassung der wesentlichen Pflege- und Begleitungserfordernisse der zu pflegenden Person und die Abstimmung des geplanten Ablaufs auf die Pflegeplanung gemeinsam zur Bewertung gestellt. Für eine Zuordnung der einzelnen Leistungsaspekte zu unterschiedlichen Stufen der Punktebewertung sowie eine Gewichtung der einzelnen Anforderungen innerhalb einer Unterkategorie unter Berücksichtigung des jeweiligen Grades ihrer Erfüllung bieten die Vorgaben des Rasters hingegen keinen Raum. 58Zwar trifft es zu, dass den Fachprüfern in Anwendung des Kriterienrasters noch die Bewertung verbleibt, inwiefern das jeweils vorgegebene Kriterium von dem Prüfling erfüllt worden ist. Auch mag das Raster das Gesamtergebnis der Prüfung nicht vorwegnehmen, da es nur die Vergabe von Punkten innerhalb der einzelnen Kategorien vorsieht. Dies ändert jedoch nichts daran, dass bereits die Auswahl der Bewertungskriterien und die Gewichtung der Prüfungsbestanteile den Fachprüfern vorbehalten ist und eine verbindliche Vorgabe eine eigenverantwortliche Prüfertätigkeit ausschließt. 59Vgl. OVG NRW, Urteil vom 31. Januar 2019 – 14 A 1981/18 –, juris, Rdnr. 36 (für die Prüfung zum Rettungsassistenten), und Beschluss vom 4. O. 2019 – 14 E 870/19 –, S. 3 des Beschlussabdrucks, n. v. 60Der dargelegte Fehler ist prüfungsrechtlich auch beachtlich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Ergebnis der Prüfung des Klägers anders ausgefallen wäre, wenn seine Leistung ohne Anwendung des Kriterienrasters bewertet worden wäre. 61Zum Maßstab vgl. BVerwG, Urteil vom 20. O. 1987 – 7 C 3.87 –, juris, Rdnr. 12 f.; OVG NRW, Beschluss vom 3. Juli 2014 – 19 B 1243/13 –, juris, Rdnr. 7, und Urteil vom 31. Januar 2019 – 14 A 1981/18 –, juris, Rdnr. 30 f. 62Insbesondere stellen die in dem Kriterienraster vorgesehenen Bewertungsvorgaben – wie gezeigt – nicht die einzig mögliche Art und Weise dar, die Leistung eines Prüflings nach den Vorgaben der APRO-APH zu beurteilen. 63Unerheblich ist, dass der Kläger den dargelegten Mangel der Gestaltung des Bewertungsverfahrens nicht vor oder zeitnah nach der Prüfung gerügt hat. 64Zwar muss ein Prüfling Mängel des Prüfungsverfahrens grundsätzlich unverzüglich rügen. Insoweit obliegt ihm eine Mitwirkungsobliegenheit. Zum einen soll verhindert werden, dass er, indem er in Kenntnis des Verfahrensmangels zunächst die Prüfung fortsetzt und das Prüfungsergebnis abwartet, sich mit einer späteren Rüge eine zusätzliche Prüfungschance verschafft, die ihm im Verhältnis zu den anderen Prüflingen nicht zusteht und ihnen gegenüber das Gebot der Chancengleichheit verletzen würde. Zum anderen soll der Prüfungsbehörde eine eigene zeitnahe Überprüfung mit dem Ziel einer schnellstmöglichen Aufklärung und gegebenenfalls noch rechtzeitigen Behebung oder zumindest Kompensation eines festgestellten Mangels ermöglicht werden, um auch hierdurch die Chancengleichheit mit den anderen Prüflingen zu wahren. 65Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 1999 – 2 C 30.98 –, juris, Rdnr. 26, und Beschluss vom 8. O. 2005 – 6 B 45.05 –, juris, Rdnr. 5, vgl. auch Urteil vom 22. Juni 1994 – 6 C 37.92 –, juris, Rdnr. 18. 66Da die Rügeobliegenheit aber nicht dazu führen kann, dass letztlich dem Prüfling die Verantwortung für ein ordnungsgemäßes Prüfungsverfahren auferlegt wird, kann eine Rüge lediglich im Rahmen des ihm Zumutbaren verlangt werden; der Prüfling verletzt die Obliegenheit zur Mitwirkung nur, wenn er ihr hätte nachkommen können und müssen. 67Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Oktober 1988 – 7 C 8.88 –, juris, Rdnr. 13; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Auflage 2018, Rdnr. 217. 68Letzteres war hier nicht der Fall. Selbst wenn man die Verwendung des verbindlichen Kriterienrasters durch die Fachprüferinnen als objektiven Verfahrensfehler – und nicht als materiell-rechtlichen Bewertungsfehler – qualifiziert, zog er jedenfalls hier keine Rügeobliegenheit nach sich, da er im ausschließlichen Einflussbereich der Prüfungsbehörde lag und für den Kläger vor Beendigung des Prüfungsverfahrens nicht erkennbar war. 69Vgl. hierzu Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Auflage 2018, Rdnr. 217; für den Fall der fehlenden Ausgabe von praktischen Aufgaben vor der mündlich-praktischen Prüfung nach § 24 ÄApprO OVG NRW, Beschlüsse vom 10. Juli 2018 – 14 B 703/18 –, juris, Rdnr. 7, und vom 18. Januar 2019 – 14 A 2042/18 –, juris, Rdnr. 35. 70Die Kostenentscheidung folgt, soweit die Klage zurückgenommen worden ist, aus § 155 Abs. 2 VwGO, im Übrigen aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kostenquote berücksichtigt die Tatsache, dass die Klage mit dem auf Neubescheidung nach erneuter Ablegung der Prüfung gerichteten Begehren Erfolg hat, dem etwa zwei Drittel des Gewichts zukommt, das dem zurückgenommenen Klageziel entspricht, das Bestehen der Prüfung zu erreichen. 71Der Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, ist begründet. 72Nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren unter Würdigung der jeweiligen Verhältnisse vom Standpunkt einer verständigen Partei aus zu beurteilen. Maßgebend ist, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sachlage eines Rechtsanwalts oder sonstigen Bevollmächtigten bedient hätte. Notwendig ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nur dann, wenn es der Partei nach ihren persönlichen Verhältnissen und wegen der Schwierigkeit der Sache nicht zuzumuten war, das Vorverfahren selbst zu führen. 73Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 1. Oktober 2009 – 6 B 14.09 –, juris Rdnr. 5, und vom 9. Mai 2012– 2 A 5.11 –, juris. 74In Anwendung dieser Grundsätze war hier die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für den Kläger erforderlich. Es ist nicht davon auszugehen, dass der rechtsunkundige Kläger seine Rechte in dem umfangreichen und nicht einfach gelagerten Prüfungsrechtsstreit hätte selbst ausreichend wahren können oder müssen. Wie sich aus den Verwaltungsvorgängen ergibt, ist die Prozessbevollmächtigte des Klägers für diesen auch bereits im Vorverfahren tätig geworden. 75Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO. 76Rechtsmittelbelehrung: 77Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 78Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 79Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 80Die Berufung ist nur zuzulassen, 811. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 822. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 833. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 844. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 855. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 86Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 87Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 88Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 89Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 90Beschluss: 91Der Streitwert wird auf 15.000,00 Euro festgesetzt. 92Gründe: 93Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG erfolgt. In Anlehnung an den Vorschlag in Ziff. 36.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit bemisst die Kammer die Bedeutung der Sache für den Kläger in Verfahren, die eine berufseröffnende Prüfung betreffen, regelmäßig mit einem Wert von 15.000,00 Euro. 94Der Wert des ursprünglich als Hauptantrag geltend gemachten Anspruchs auf Erklärung der Prüfung als „bestanden“ ist nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise betreffen der ursprüngliche Hauptanspruch und der ursprüngliche Hilfsanspruch auf Neubescheidung denselben Gegenstand. Denn die geltend gemachten Ansprüche können nicht nebeneinander bestehen und sind auf dasselbe Interesse, nämlich die Eröffnung des Berufszugangs in dem vom Kläger angestrebten Beruf gerichtet. 95OVG NRW, Beschluss vom 25. März 2013 – 18 E 1241/12 –, juris, Rdnr. 11 f. 96Rechtsmittelbelehrung: 97Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 98Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 99Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 100Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 101Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 102War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
soweit der kläger die klage zurückgenommen hat, wird das verfahren eingestellt. das beklagte land wird unter teilweiser aufhebung des bescheides des prüfungsausschusses für die staatliche prüfung in der altenpflegehilfe bei der bezirksregierung e. vom 00. märz 2018 und des widerspruchsbescheides der bezirksregierung e. vom 00. oktober 2018 verpflichtet, den kläger über das ergebnis seiner staatlichen prüfung in der altenpflegehilfe als wiederholungsversuch nach erneuter durchführung des praktischen prüfungsteils unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu bescheiden. von den kosten des verfahrens tragen das beklagte land 2/3 und der kläger 1/3. die hinzuziehung eines bevollmächtigten für das vorverfahren wird für notwendig erklärt. das urteil ist wegen der kosten gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2der kläger nahm zum 00. o. 2016 die ausbildung zur altenpflegehilfe in der bildungsakademie für gesundheits- und sozialberufe n. – fachseminar für altenpflege – auf. als vornoten für die abschlussprüfung wurden für den kläger für den schriftlichen prüfungsteil 2,6, für den mündlichen prüfungsteil 2,6 und für den praktischen prüfungsteil 3,0 festgesetzt. 3im herbst 2017 nahm der kläger erstmals an der staatlichen prüfung in der altenpflegehilfe teil. dabei erzielte er – unter berücksichtigung seiner jeweiligen vornoten – im praktischen teil die gesamtnote „ungenügend“, im mündlichen teil die gesamtnote „ausreichend“ und im schriftlichen teil die gesamtnote „gut“. mit bescheid vom 00. dezember 2017 teilte die bezirksregierung e. (bezirksregierung) dem kläger mit, dass er die prüfung nicht bestanden habe. der nicht bestandene praktische prüfungsteil könne in drei monaten wiederholt werden, wobei ihm zur auflage gemacht werde, während der um diesen zeitraum verlängerten ausbildung an der praktischen ausbildung bei einer ausbildenden einrichtung teilzunehmen. weiter wurde der kläger vorbehaltlich des widerrufs zur wiederholungsprüfung zugelassen. diesen bescheid griff der kläger mit widerspruch an, der durch bescheid vom 00. märz 2018 zurückgewiesen wurde. hiergegen erhob der kläger am 00. april 2018 klage, die unter dem az. 15 k 3461/18 ebenfalls bei der erkennenden kammer anhängig ist. 4den wiederholungsversuch des praktischen teils seiner abschlussprüfung mit den prüfungsaufgaben „gp im bett, insulingabe, medikamentengabe, mobilisation im rollstuhl, blutzuckermessung und sturz- und kontrakturprophylaxe“ absolvierte der kläger am 00. februar 2018 im e1. seniorenzentrum haus c. in i. . 5geprüft wurde der kläger von den fachprüferinnen frau k. und frau o1. ; daneben waren bei der prüfung die vorsitzende des prüfungsausschusses frau n1. sowie als praxisanleiter herr t. anwesend. 6die fachprüferinnen legten ihrer bewertung der prüfungsleistung des klägers ein „kriterienraster zur durchführung der praktischen prüfung in der altenpflegehilfeausbildung“ (kriterienraster) zu grunde, für dessen einzelheiten auf bl. 243 ff. der beigezogenen prüfungsakte verwiesen wird. dieses untergliedert die zu erbringende prüfungsleistung in die teile (1.) „planung und vorbereitung“, (2.) „durchführung“ und (3.) „erläuterung“, wobei teil 2 nochmals aufgeteilt wird nach (2.a.) „übergabe“, (2.b.) „pflege und begleitung des alten menschen“ – mit den unterkategorien „durchführungsqualität der pflegerischen tätigkeiten“, „integration des zu pflegenden alten menschen“ und „institutionelle vorgaben“ – und (2.c.) „dokumentation und übergabe“. das kriterienraster führt in den einzelnen teilen und unterkategorien jeweils fachliche aspekte auf, unter denen die prüfungsleistung durch die vergabe einer punktzahl zwischen 1 und 5 zu bewerten ist. jeder punktzahl ordnet das kriterienraster dabei eine an dem jeweiligen fachlichen aspekt orientierte leistungsumschreibung zu. ferner weist das kriterienraster für jeden prüfungsteil und jede unterkategorie einen gewichtungsfaktor aus, mit dem zur ermittlung des gesamtergebnisses der prüfung jede dort erzielte punktzahl zu multiplizieren ist. die note der praktischen prüfung ergibt sich anhand der addierten gesamtpunktzahl aus dem ebenfalls in der prüfungsakte befindlichen „bewertungsschema der praktischen prüfung lehrgang“, das jedem punktwert eine auf eine nachkommastelle gerundete note zuordnet. 7die leistungen des klägers in dem praktischen teil der staatlichen prüfung beurteilten die beiden fachprüferinnen durch gemeinsames ankreuzen jeweils einer in dem kriterienraster zu jedem fachlichen aspekt vorgesehenen punktzahl, multiplizierten diese punktzahl mit dem jeweils zugehörigen faktor, stellten fest, dass der kläger danach von den 200 zu vergebenden punkten 70 punkte erzielt hatte, und bewerteten seine leistung in anwendung des in dem bewertungsschema enthaltenen punkteschlüssels mit der note "mangelhaft" (5,4). 8mit bescheid vom 00. märz 2018 teilte der prüfungsausschuss für die staatliche prüfung in der altenpflege bei der bezirksregierung dem kläger mit, dass er die staatliche prüfung in der altenpflegehilfe endgültig nicht bestanden habe. 9der kläger erhob am 00. april 2018 widerspruch und machte geltend, die praktische prüfung weise sowohl hinsichtlich des prüfungsverfahrens als auch der bewertung der prüfungsleistungen fehler auf. eine entscheidung über die dauer einer verlängerung seiner ausbildung und deren inhalt sowie ein einverständnis der pflegebedürftigen person in die prüfungssituation seien der akte nicht zu entnehmen. zudem habe die prüfung mit 100 minuten zu lange gedauert. auch sei die bildung der abschlussnote fehlerhaft gewesen. die prüfungsausschussvorsitzende habe ihm auf telefonische nachfrage mitgeteilt, dass die note der fachprüferinnen 4,8 ergeben habe. unter berücksichtigung dieser bewertung ergebe sich eine gesamtnote von „ausreichend“ (4,35). seine leistung habe im ganzen den anforderungen entsprochen. die angaben der fachprüferinnen zum prüfungsgeschehen seien teilweise nicht zutreffend. insgesamt entstehe der eindruck, die fachprüferinnen seien ihm nicht mehr unvoreingenommen begegnet. 10die bezirksregierung wies den widerspruch mit bescheid vom 00. oktober 2018 zurück. zur begründung führte sie aus, die prüfung sei formell und inhaltlich nicht zu beanstanden. eine einverständniserklärung der pflegebedürftigen person habe vorgelegen. die prüfung habe entsprechend der gesetzlichen vorgabe 90 minuten gedauert. die prüfungszeit habe im interesse des klägers voll ausgeschöpft werden müssen. die bewertung der praktischen prüfung des klägers mit „mangelhaft“ sei nicht zu beanstanden, da die prüfungsleistung des klägers zahlreiche mängel aufgewiesen habe. der prüfungsausschuss sei zutreffend besetzt und beschlussfähig, seine mitglieder dem kläger gegenüber nicht voreingenommen gewesen. 11der kläger hat am 00. november 2018 klage erhoben. 12zusätzlich zu seinem widerspruchsvorbringen macht er geltend, mangels bekanntgabe existiere betreffend seinen wiederholungsversuch bis heute kein wirksamer verwaltungsakt. bei dem auf den 00. februar 2018 terminierten prüfungsversuch handele es sich – mangels ablaufs der erforderlichen, in seinem fall aber nicht ordnungsgemäß vorgenommenen verlängerung der ausbildung – nicht um die wiederholungsprüfung, sondern um die beseitigung der dem vorangegangenen prüfungsversuch anhaftenden fehler. er habe anspruch darauf, dass die prüfung für bestanden erklärt werde. jedenfalls habe er einen anspruch auf neubewertung anhand des prüfungsprotokolls. die prüfungsentscheidung sei rechtsfehlerhaft. die vorsitzende des prüfungsausschusses sei ihm gegenüber befangen gewesen. die prüfungsprotokolle seien mit unwahrheiten über den prüfungsablauf durchzogen. die dort enthaltene überwiegend positive gesamtschau seiner leistungen entspreche im übrigen der note „befriedigend“, mindestens aber „ausreichend“. das bei der prüfung verwendete kriterienraster enthalte vorgaben dritter ohne eigene beurteilungsspielräume für die prüfer. außerdem verleite es dazu, jeweils nur einen minimalpunkt zu geben. die möglichkeit einer weiteren praktischen wiederholungsprüfung stelle eine für ihn nicht zumutbare neue belastung dar. 13der kläger hat zunächst sinngemäß beantragt, 141.15das beklagte land unter teilweiser aufhebung des bescheides des prüfungsausschusses für die staatliche prüfung in der altenpflegehilfe bei der bezirksregierung e. vom 00. märz 2018 in gestalt des widerspruchsbescheides der bezirksregierung e. vom 00. oktober 2018 zu verpflichten, den praktischen prüfungsteil als wiederholungsversuch mit der note „ausreichend“ für bestanden zu erklären, 16hilfsweise 17das beklagte land zu verpflichten, ihn über das ergebnis seiner staatlichen prüfung für die altenpflegehilfe 18nach neubewertung des praktischen prüfungsteils als wiederholungsversuch, 19hilfsweise 20nach erneuter abnahme des praktischen prüfungsteils als wiederholungsversuch 21unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu bescheiden, 222.23die hinzuziehung eines bevollmächtigten für das vorverfahren für notwendig zu erklären. 24er beantragt nunmehr, 251.26das beklagte land unter teilweiser aufhebung des bescheides des prüfungsausschusses für die staatliche prüfung in der altenpflegehilfe bei der bezirksregierung e. vom 00. märz 2018 in gestalt des widerspruchsbescheides der bezirksregierung e. vom 00. oktober 2018 zu verpflichten, 27ihn über das ergebnis seiner staatlichen prüfung für die altenpflegehilfe 28nach erneuter abnahme des praktischen prüfungsteils als wiederholungsversuch 29unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu bescheiden, 302.31die hinzuziehung eines bevollmächtigten für das vorverfahren für notwendig zu erklären. 32das beklagte land beantragt, 33die klage abzuweisen. 34es ist der auffassung, die prüfung leide nicht an formellen fehlern. die entscheidung über die verlängerung der ausbildung nach dem erstmaligen nichtbestehen des praktischen prüfungsteils sei ordnungsgemäß getroffen und dem kläger mitgeteilt worden. die dreimonatige verlängerung habe es dem kläger in ausreichender weise ermöglicht, seine defizite in der praxis auszugleichen. der vorwurf der befangenheit gegenüber der vorsitzenden des prüfungsausschusses entbehre jeder grundlage; zudem sei eine befangenheitsrüge am prüfungstag nicht geführt worden. 35die bewertung der prüfung unter verwendung des kriterienrasters sei nicht zu beanstanden. dieses bewertungsinstrument, dessen einsatz das ministerium für arbeit, gesundheit und soziales o2. -x. den prüfern in seinem leitfaden zur „ausbildung in der altenpflegehilfe“ und den zugehörigen anlagen verbindlich vorschreibe, sei in zusammenarbeit zwischen praktikern und vertretern der bezirksregierungen entwickelt worden, basiere auf pflegewissenschaftlichen und pflegepädagogischen erkenntnissen und solle zwecks vereinfachung der bearbeitung durch die träger und die bezirksregierungen einheitlich verwendet werden. es sei transparent und sachgerecht und erlaube es dem prüfungsausschuss, sich mit allen denkbaren zu bewertenden aspekten einer praktischen prüfung auseinanderzusetzen und sich zu jeder der zu erbringenden teilleistungen zu äußern. so werde gewährleistet, dass der notengebung eine umfassende betrachtung der erbrachten prüfungsleistung zu grunde liege. außerdem sorge es für eine möglichst weitgehende gleichbehandlung der prüflinge. das kriterienraster schränke die fachprüfer bei der wahrnehmung ihrer eigenverantwortlichen prüfertätigkeit nicht unzulässig ein. es nehme in seiner anwendung nicht das gesamtergebnis der prüfung vorweg, da nur punkte, nicht aber direkte bewertungen vergeben würden. deshalb komme den einzelnen fachprüfern – anders als bei einem vom oberverwaltungsgericht für das land o2. -x. beanstandeten in der rettungsassistentenprüfung herangezogenen bewertungsschema – auch unter seiner anwendung ein beurteilungsspielraum zu. 36wegen der weiteren einlassungen der beteiligten im verlauf der mündlichen verhandlung wird auf die sitzungsniederschrift vom 00. november 2020 verwiesen. im übrigen wird wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes ergänzend auf den inhalt der gerichtsakten des vorliegenden verfahrens und des verfahrens 15 k 3461/18 und der in den vorbenannten verfahren beigezogenen verwaltungsvorgänge der bezirksregierung bezug genommen. 37
38das verfahren ist gemäß § 92 abs. 3 satz 1 vwgo einzustellen, soweit der kläger das begehren, seine am 00. februar 2018 absolvierte praktische prüfung für bestanden zu erklären, aufgegeben und damit insoweit die klage zurückgenommen hat. 39im übrigen hat die klage erfolg. 40sie ist zulässig, insbesondere als verpflichtungsklage (§ 42 abs. 1 alt. 2 vwgo) statthaft. denn es liegt, da das prüfungsverfahren hier mit der vollständigen abnahme und bewertung der leistung des klägers beendet worden ist, eine gerichtlich zu überprüfende bewertungsentscheidung vor. 41anders für den fall des abbruchs der prüfung vor ihrem abschluss bverwg, urteil vom 27. februar 2019 – 6 c 3.18 –, juris, rdnr. 8. 42ferner ist die klage auch begründet. 43der bescheid des prüfungsausschusses für die staatliche prüfung in der altenpflegehilfe bei der bezirksregierung vom 00. märz 2018 und der widerspruchsbescheid der bezirksregierung vom 00. oktober 2018 sind rechtswidrig und verletzen den kläger in seinen rechten; er hat gegen das beklagte land einen anspruch auf neubescheidung über das ergebnis seiner staatlichen prüfung für die altenpflegehilfe nach erneuter abnahme des praktischen prüfungsteils im wiederholungsversuch (§ 113 abs. 1 satz 1, abs. 5 satz 1 vwgo). 44das verfahren der bewertung der leistungen des klägers im praktischen teil der staatlichen prüfung für die altenpflegehilfe am 00. februar 2018 leidet an rechtserheblichen mängeln, die sich auf das prüfungsergebnis ausgewirkt haben können. 45gemäß § 15 abs. 1 satz 1 der ausbildungs- und prüfungsordnung für die altenpflegehilfeausbildung vom 23. august 2006 (gv. nrw. s. 404), zuletzt geändert durch verordnung vom 24. märz 2010 (gv. nrw. s. 261), (apro-aph) besteht der praktische teil der prüfung aus einer aufgabe zur direkten pflege einschließlich der betreuung und begleitung eines pflegebedürftigen menschen. mindestens zwei fachprüfer nehmen die prüfung ab und benoten die leistung (§ 15 abs. 3 satz 1 apro-aph). 46die fachprüfer haben zu bewerten, ob der prüfling eine sichere stabile pflegesituation gemäß § 1 abs. 1 apro-aph übernehmen kann (vgl. § 15 abs. 1 satz 2 apro-aph). die ausbildung zum altenpflegehelfer soll die kenntnisse, fähigkeiten und fertigkeiten vermitteln, die für eine qualifizierte betreuung und pflege alter menschen in stabilen pflegesituationen unter aufsicht einer pflegefachkraft erforderlich sind (§ 1 abs. 1 satz 1 apro-aph). nach § 1 abs. 1 satz 2 apro-aph zählen hierzu insbesondere (1.) die fachkundige umfassende grundpflege älterer menschen in stabilen pflegesituationen unter berücksichtigung ihrer selbstständigkeit einschließlich ihrer fähigkeiten und ressourcen zur selbstpflege auf der grundlage der von einer pflegefachkraft erstellten individuellen pflegeprozessplanung, (2.) die mitwirkung bei der gesundheitsvorsorge und rehabilitation unter anleitung einer pflegefachkraft, (3.) die mitwirkung bei der erhebung von daten des zu pflegenden und deren dokumentation, (4.) die mithilfe zur erhaltung und aktivierung der eigenständigen lebensführung sowie der erhaltung und förderung sozialer kontakte und (5.) die anregung und begleitung von familien- und nachbarschaftshilfe. 47anhand welcher kriterien die fachprüfer zu beurteilen haben, ob der prüfling dieses ausbildungsziel erreicht hat, geben weder das gesetz zur durchführung des altenpflegegesetzes und zur ausbildung in der altenpflegehilfe vom 27. juni 2006 (gv. nrw. s. 277) in der fassung der änderung durch art. 4 des gesetzes vom 26. april 2016 (gv. nrw. s. 230) noch die apro-aph vor. 48vgl. zu letzterem ovg nrw, beschluss vom 4. o. 2019 – 14 e 870/19 –, s. 3 des beschlussabdrucks, n. v.; für eine ähnliche regelung in der rettassaprv ovg nrw, urteil vom 31. januar 2019 – 14 a 1981/18 –, juris, rdnr. 34. 49es obliegt daher – in ausfüllung ihres prüfungsrechtlichen beurteilungsspielraums – eigenverantwortlich allein den prüfern, kriterien für ihre bewertung und gewichtung der einzelnen prüfungsleistungen zu entwickeln. denn ein prüfer muss bei seinem wertenden urteil von einschätzungen und erfahrungen ausgehen, die er im laufe seiner prüfungspraxis bei vergleichbaren prüfungen entwickelt hat, und diese allgemein anwenden. er hat eine selbständige, eigenverantwortliche, nur seinem wissen und gewissen verpflichtete entscheidung zu fällen und darf dabei keine wertungen dritter als verbindlich hinnehmen 50vgl. zum ganzen bverwg, urteile vom 14. juli 1961 – 7 c 25.61 –, juris, rdnr. 37, und vom 10. oktober 2002 – 6 c 7.02 –, juris, rdnr. 12, sowie beschluss vom 13. mai 2004 – 6 b 25.04 –, juris, rdnr. 11; ovg nrw, urteil vom 31. januar 2019 – 14 a 1981/18 –, juris, rdnr. 34, und beschluss vom 4. o. 2019 – 14 e 870/19 –, s. 3 des beschlussabdrucks, n. v.; niehues/fischer/jeremias, prüfungsrecht, 7. auflage 2018, rdnr. 320 ff., 635. 51diesen anforderungen sind die fachprüferinnen bei der bewertung der praktischen prüfungsleistung des klägers nicht gerecht geworden. sie haben die leistung nicht eigenverantwortlich, sondern auf grundlage eines nicht von ihnen selbst entwickelten kriterienrasters beurteilt, das ihnen von dem beklagten land verbindlich vorgegeben worden ist und ihren beurteilungsspielraum zu einem nicht unerheblichen teil rechtswidrig eingeschränkt hat. 52die verwendung des kriterienrasters war für die fachprüferinnen verbindlich; es wurde ihnen zwecks bewertung des praktischen prüfungsteils des klägers nicht lediglich als lösungshinweis zur verfügung gestellt. 53dies ergibt sich aus dem „erlass zur durchführung und prüfung in der altenpflegehilfeausbildung“ des ministeriums für arbeit, gesundheit und soziales des landes nrw vom 25. august 2006 – v 6 - 5665.21.6. hiernach werden auf grundlage der apro-aph mit dem beigefügten „verbindlichen leitfaden altenpflegehilfe“ die prüfer bindende regelungen für die durchführung der prüfung getroffen. verbindlich sind ferner die formblätter in anlage 24 des leitfadens, in der sich – neben dem vordruck eines ergebnisprotokolls der praktischen prüfung – auch das kriterienraster findet. demgemäß hat auch das beklagte land im gerichtlichen verfahren vorgetragen, die verwendung des rasters sei für alle prüfer im praktischen teil zwingend. 54mit der zwingend vorgegebenen verwendung des kriterienrasters geht eine unzulässige beschränkung des den fachprüfern der praktischen prüfung zustehenden beurteilungsspielraums einher. 55zum einen gibt das kriterienraster durch die formulierung konkreter leistungsziele, die jeweils an die aufteilung der zu erbringenden prüfungsleistungen in unterschiedliche prüfungsteile und unterkategorien anknüpfen, sowie durch deren jeweilige bepunktung nach dem grad ihrer erfüllung („umfassend“, „überwiegend“, „teilweise“, „in ansätzen und fehlerhaft“ und „nicht ausreichend“) einen in sich abgeschlossenen katalog von bewertungskriterien vor, den die fachprüfer ihrer beurteilung zu grunde zu legen haben. eine erweiterung des katalogs durch einbeziehung weiterer kriterien wird ihnen ebenso wenig ermöglicht wie die nichtberücksichtigung bestimmter in dem kriterienraster aufgeführter merkmale. 56ferner legt das kriterienraster die gewichtung der einzelnen prüfungsbestandteile untereinander und ihre bedeutung für das gesamtergebnis zwingend fest. die fachprüfer können für die leistung in den einzelnen prüfungsteilen und unterkategorien jeweils lediglich eine konkrete höchstpunktzahl vergeben, die sich aus der multiplikation der vergebenen punktebewertung mit einem für jede kategorie festgelegten faktor ergibt. eine gewichtung bestimmter aspekte über diese punktzahl hinaus ist – ebenso wie eine verringerung des gewichts eines bestimmten leistungsgesichtspunkts – nicht möglich. denn auch die gesamthöchstpunktzahl sowie die zuordnung der erreichten punktzahl zu einer notenstufe sind vorgegeben. 57zudem schränkt das kriterienraster den bewertungsspielraum von fachprüfern dadurch ein, dass ihnen innerhalb der dort vorgesehenen prüfungsteile und unterkategorien die möglichkeit einer differenzierten bewertung unterschiedlicher leistungsanforderungen versperrt wird. durch die jeweils blockweise zusammenfassung mehrerer unterschiedlicher leistungsaspekte und bewertungskriterien werden die betreffenden leistungen in bezug auf die in einem block zusammengefassten leistungsaspekte vielmehr einer einheitlichen punktebewertung unterworfen, indem die fachprüfer übergreifend zu entscheiden haben, ob die anforderungen in den einzelnen bereichen „umfassend“, „überwiegend“, „teilweise“, „in ansätzen und fehlerhaft“ oder „nicht ausreichend“ umgesetzt worden sind. beispielsweise werden im prüfungsteil „planung und vorbereitung“ das aufgabenverständnis, die erfassung der wesentlichen pflege- und begleitungserfordernisse der zu pflegenden person und die abstimmung des geplanten ablaufs auf die pflegeplanung gemeinsam zur bewertung gestellt. für eine zuordnung der einzelnen leistungsaspekte zu unterschiedlichen stufen der punktebewertung sowie eine gewichtung der einzelnen anforderungen innerhalb einer unterkategorie unter berücksichtigung des jeweiligen grades ihrer erfüllung bieten die vorgaben des rasters hingegen keinen raum. 58zwar trifft es zu, dass den fachprüfern in anwendung des kriterienrasters noch die bewertung verbleibt, inwiefern das jeweils vorgegebene kriterium von dem prüfling erfüllt worden ist. auch mag das raster das gesamtergebnis der prüfung nicht vorwegnehmen, da es nur die vergabe von punkten innerhalb der einzelnen kategorien vorsieht. dies ändert jedoch nichts daran, dass bereits die auswahl der bewertungskriterien und die gewichtung der prüfungsbestanteile den fachprüfern vorbehalten ist und eine verbindliche vorgabe eine eigenverantwortliche prüfertätigkeit ausschließt. 59vgl. ovg nrw, urteil vom 31. januar 2019 – 14 a 1981/18 –, juris, rdnr. 36 (für die prüfung zum rettungsassistenten), und beschluss vom 4. o. 2019 – 14 e 870/19 –, s. 3 des beschlussabdrucks, n. v. 60der dargelegte fehler ist prüfungsrechtlich auch beachtlich. es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das ergebnis der prüfung des klägers anders ausgefallen wäre, wenn seine leistung ohne anwendung des kriterienrasters bewertet worden wäre. 61zum maßstab vgl. bverwg, urteil vom 20. o. 1987 – 7 c 3.87 –, juris, rdnr. 12 f.; ovg nrw, beschluss vom 3. juli 2014 – 19 b 1243/13 –, juris, rdnr. 7, und urteil vom 31. januar 2019 – 14 a 1981/18 –, juris, rdnr. 30 f. 62insbesondere stellen die in dem kriterienraster vorgesehenen bewertungsvorgaben – wie gezeigt – nicht die einzig mögliche art und weise dar, die leistung eines prüflings nach den vorgaben der apro-aph zu beurteilen. 63unerheblich ist, dass der kläger den dargelegten mangel der gestaltung des bewertungsverfahrens nicht vor oder zeitnah nach der prüfung gerügt hat. 64zwar muss ein prüfling mängel des prüfungsverfahrens grundsätzlich unverzüglich rügen. insoweit obliegt ihm eine mitwirkungsobliegenheit. zum einen soll verhindert werden, dass er, indem er in kenntnis des verfahrensmangels zunächst die prüfung fortsetzt und das prüfungsergebnis abwartet, sich mit einer späteren rüge eine zusätzliche prüfungschance verschafft, die ihm im verhältnis zu den anderen prüflingen nicht zusteht und ihnen gegenüber das gebot der chancengleichheit verletzen würde. zum anderen soll der prüfungsbehörde eine eigene zeitnahe überprüfung mit dem ziel einer schnellstmöglichen aufklärung und gegebenenfalls noch rechtzeitigen behebung oder zumindest kompensation eines festgestellten mangels ermöglicht werden, um auch hierdurch die chancengleichheit mit den anderen prüflingen zu wahren. 65vgl. bverwg, urteil vom 27. april 1999 – 2 c 30.98 –, juris, rdnr. 26, und beschluss vom 8. o. 2005 – 6 b 45.05 –, juris, rdnr. 5, vgl. auch urteil vom 22. juni 1994 – 6 c 37.92 –, juris, rdnr. 18. 66da die rügeobliegenheit aber nicht dazu führen kann, dass letztlich dem prüfling die verantwortung für ein ordnungsgemäßes prüfungsverfahren auferlegt wird, kann eine rüge lediglich im rahmen des ihm zumutbaren verlangt werden; der prüfling verletzt die obliegenheit zur mitwirkung nur, wenn er ihr hätte nachkommen können und müssen. 67vgl. bverwg, urteil vom 7. oktober 1988 – 7 c 8.88 –, juris, rdnr. 13; niehues/fischer/jeremias, prüfungsrecht, 7. auflage 2018, rdnr. 217. 68letzteres war hier nicht der fall. selbst wenn man die verwendung des verbindlichen kriterienrasters durch die fachprüferinnen als objektiven verfahrensfehler – und nicht als materiell-rechtlichen bewertungsfehler – qualifiziert, zog er jedenfalls hier keine rügeobliegenheit nach sich, da er im ausschließlichen einflussbereich der prüfungsbehörde lag und für den kläger vor beendigung des prüfungsverfahrens nicht erkennbar war. 69vgl. hierzu niehues/fischer/jeremias, prüfungsrecht, 7. auflage 2018, rdnr. 217; für den fall der fehlenden ausgabe von praktischen aufgaben vor der mündlich-praktischen prüfung nach § 24 äappro ovg nrw, beschlüsse vom 10. juli 2018 – 14 b 703/18 –, juris, rdnr. 7, und vom 18. januar 2019 – 14 a 2042/18 –, juris, rdnr. 35. 70die kostenentscheidung folgt, soweit die klage zurückgenommen worden ist, aus § 155 abs. 2 vwgo, im übrigen aus § 154 abs. 1 vwgo. die kostenquote berücksichtigt die tatsache, dass die klage mit dem auf neubescheidung nach erneuter ablegung der prüfung gerichteten begehren erfolg hat, dem etwa zwei drittel des gewichts zukommt, das dem zurückgenommenen klageziel entspricht, das bestehen der prüfung zu erreichen. 71der antrag, die zuziehung eines bevollmächtigten für das vorverfahren für notwendig zu erklären, ist begründet. 72nach § 162 abs. 2 satz 2 vwgo ist die notwendigkeit der hinzuziehung eines bevollmächtigten im vorverfahren unter würdigung der jeweiligen verhältnisse vom standpunkt einer verständigen partei aus zu beurteilen. maßgebend ist, ob sich ein vernünftiger bürger mit gleichem bildungs- und erfahrungsstand bei der gegebenen sachlage eines rechtsanwalts oder sonstigen bevollmächtigten bedient hätte. notwendig ist die hinzuziehung eines rechtsanwalts nur dann, wenn es der partei nach ihren persönlichen verhältnissen und wegen der schwierigkeit der sache nicht zuzumuten war, das vorverfahren selbst zu führen. 73vgl. bverwg, beschlüsse vom 1. oktober 2009 – 6 b 14.09 –, juris rdnr. 5, und vom 9. mai 2012– 2 a 5.11 –, juris. 74in anwendung dieser grundsätze war hier die hinzuziehung eines rechtsanwaltes für den kläger erforderlich. es ist nicht davon auszugehen, dass der rechtsunkundige kläger seine rechte in dem umfangreichen und nicht einfach gelagerten prüfungsrechtsstreit hätte selbst ausreichend wahren können oder müssen. wie sich aus den verwaltungsvorgängen ergibt, ist die prozessbevollmächtigte des klägers für diesen auch bereits im vorverfahren tätig geworden. 75die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. § 709 zpo. 76rechtsmittelbelehrung: 77gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 78der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 79innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 80die berufung ist nur zuzulassen, 811. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 822. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 833. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 844. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 855. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 86die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 87über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 88im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 89die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 90beschluss: 91der streitwert wird auf 15.000,00 euro festgesetzt. 92gründe: 93die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1 gkg erfolgt. in anlehnung an den vorschlag in ziff. 36.3 des streitwertkatalogs für die verwaltungsgerichtsbarkeit bemisst die kammer die bedeutung der sache für den kläger in verfahren, die eine berufseröffnende prüfung betreffen, regelmäßig mit einem wert von 15.000,00 euro. 94der wert des ursprünglich als hauptantrag geltend gemachten anspruchs auf erklärung der prüfung als „bestanden“ ist nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen. bei wirtschaftlicher betrachtungsweise betreffen der ursprüngliche hauptanspruch und der ursprüngliche hilfsanspruch auf neubescheidung denselben gegenstand. denn die geltend gemachten ansprüche können nicht nebeneinander bestehen und sind auf dasselbe interesse, nämlich die eröffnung des berufszugangs in dem vom kläger angestrebten beruf gerichtet. 95ovg nrw, beschluss vom 25. märz 2013 – 18 e 1241/12 –, juris, rdnr. 11 f. 96rechtsmittelbelehrung: 97gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 98die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 99die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 100die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 101die beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 102war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
Klaeger*in
1
334,340
51 C 1394/20
2020-12-07T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger buchte über ein Reisebüro bei der Beklagten eine Flugpauschalreise nach Fuerteventura für die Zeit vom 02.04.2020 bis zum 15.04.2020 für sich und seine Ehefrau. Der Reisepreis für zwei Erwachsene betrug 3.298,00 €, den der Kläger auch entrichtete. 3Bei der Buchung wurde der Kläger auf die Allgemeinen Reisebedingungen der Beklagten (ARB) und deren Einbeziehung in das Vertragsverhältnis hingewiesen. Diese wurden ihm auch zur Verfügung gestellt. 4Am 09.03.2020 wandte sich der Kläger an die Beklagte und schlug der Beklagten vor dem Hintergrund gesundheitlicher Bedenken bezüglich der anstehenden Reise aufgrund der Corona-Epidemie (erhöhtes Risiko aufgrund Alter und Vorerkrankung) vor, die Reise zu verschieben. Diesen Vorschlag lehnte die Beklagte jedoch noch am selben Tag ab. 5Mit Schreiben vom 11.03.2020 erklärte der Kläger daraufhin den Rücktritt vom Reisevertrag. Es wird Bezug genommen auf eine Ablichtung des Schreibens (Bl. 8 GA). Mit Schreiben vom 12.03.2020 bestätigte die Beklagte die Stornierung der Reise und berechnete Stornierungskosten in Höhe von 30 % des Reisepreises (989,40 €) und erstattete an den Kläger 2.308,60 €. Für weitere Einzelheiten wird Bezug genommen auf eine Ablichtung des Schreibens (Bl. 10 ff. GA). 6Am 11.03.2020 sprach die Weltgesundheitsorganisation in Bezug auf das Coronavirus erstmals von einer Pandemie. Am Abend des 13.03.2020 rief der spanische Ministerpräsident … den nationalen Ausnahmezustand aus. Damit einher ging eine landesweite Ausgangssperre. Am 17.03.2020 sprach die Bundesregierung eine weltweite Reisewarnung für touristische Reisen aus. 7Mit E-Mail vom 18.03.2020 widersprach der Kläger der Rechnung über die Stornierungskosten und verlangte von der Beklagten die Rückzahlung des noch einbehaltenen Betrags. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers forderten die Beklagte mit Schreiben vom 30.03.2020 zur Zahlung der Stornierungskosten in Höhe von 989,40 € binnen drei Wochen auf. 8Der Kläger behauptet, er und seine Ehefrau würden mit 68 bzw. 58 Jahren zur sogenannten „Hoch-Risikogruppe“ gehören. Weiterhin sei der Kläger auch Asthmatiker. Bereits am 11.03.2020 habe sich das Virus in besorgniserregender Geschwindigkeit in Europa ausgebreitet, auch die Zahl der Todesopfer hätte bereits stark zugenommen. Zudem habe sich später gezeigt, dass trotz getroffener Vorkehrungen die Ausbreitung des Coronavirus in Spanien nicht zu verhindern gewesen sei. Der Kläger ist der Ansicht, dass es im Falle einer Epidemie ausreiche, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit einer flächendeckenden Verbreitung der Epidemie im Urlaubsgebiet mit entsprechender Infektionsgefahr zu befürchten sei. 9Der Kläger beantragt, 10die Beklagte zu verurteilen, an ihn 989,40 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.04.2020 zu zahlen, 11die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 147,56 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit für die Kosten außergerichtlicher Rechtsverfolgung zu zahlen. 12Die Beklagte beantragt, 13 die Klage abzuweisen. 14Die Beklagte behauptet, zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 11.03.2020 habe es keine Veranlassung gegeben, ein erhöhtes Ansteckungsrisiko am Zielort anzunehmen. Auf Fuerteventura habe es bis zu diesem Zeitpunkt lediglich einen bekannten Corona-Fall gegeben. Auch das Robert-Koch-Institut habe zu diesem Zeitpunkt keine Veranlassung gesehen, in Spanien oder gar auf Fuerteventura von einem besonderen Risiko auszugehen. In ganz Spanien habe zu diesem Zeitpunkt noch keine Veranlassung gegeben, Reiseeinschränkungen oder Ähnliches zu veranlassen. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen, Bezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 17Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 18Dem Kläger steht gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zahlung von 989,40 € zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus §§ 346 Abs. 1, 651h Abs. 1 S. 2 BGB. 19Grundsätzlich verliert der Reiseveranstalter zwar den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis, wenn der Reisende vom Vertrag zurücktritt. Gemäß § 651h Abs. 1 S. 3 BGB kann der Reiseveranstalter jedoch eine angemessene Entschädigung verlangen. 20Abweichend von § 651h Abs. 1 S. 3 BGB kann der Reiseveranstalter keine Entschädigung verlangen, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen, § 651h Abs. 3 S. 1 BGB. Umstände sind unvermeidbar und außergewöhnlich in diesem Sinne, wenn sie nicht der Kontrolle der Partei unterliegen, die sich hierauf beruft, und sich ihre Folgen auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären (§ 651h Abs. 3 S. 2 BGB). 21Da sich der Kläger hierauf beruft, ist er für das Vorliegen unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände und eine daraus resultierende erhebliche Beeinträchtigung darlegungs- und beweisbelastet (vgl. Tonner in: MüKoBGB, 8. Auflage 2020, § 651h Rn. 65). 22In Bezug auf die Corona-Pandemie kommt es für die Beurteilung darauf an, wann der Reisende zurückgetreten ist und ob die Gegebenheiten zu dieser Zeit bereits als außergewöhnliche Umstände zu qualifizieren sind. Hier verbietet sich jede schematische Betrachtung, maßgeblich bleiben vielmehr die Geschehnisse des konkreten Einzelfalles. In diesem Zusammenhang ist für die Bewertung der Zeitpunkt der Ausübung des Gestaltungsrechts maßgeblich. Es handelt sich um eine Prognoseentscheidung, für die es auf eine ex-ante-Betrachtung ankommt (vgl. AG Köln, Urt. v. 14.09.2020 – 133 C 213/20 Rn. 15; Staudinger/Ruks, DAR 2020, 314, 315). Im Falle eines „übereilten“ Rücktritts fällt in aller Regel eine Entschädigung gemäß § 651h Abs. 1 S. 3 BGB an (Staudinger/Ruks, DAR 2020, 314, 315). Daran ändert sich nichts, wenn sich im Nachhinein eine Betroffenheit der späteren Reise von außergewöhnlichen Ereignissen ergibt und sich der Rücktritt ex-post darauf stützen ließe. Die entrichteten Stornierungsgebühren kann der Kunde nicht zurückverlangen. Es vermag nämlich nicht zu überzeugen, dass der Kunde möglichst frühzeitig vom Vertrag zurücktritt und dann auf die Fortdauer der Krise bis zu einem späteren Zeitpunkt spekuliert. Die Prognose und die Tatsachenlage im Zeitpunkt der Gestaltungserklärung wird durch nachträgliche Veränderungen nicht erschüttert (vgl. Staudinger/Achilles-Puyol in: Schmidt, COVID-19, § 7 Reiserecht, Rn. 24). 23Liegen zum Zeitpunkt des Rücktritts keine amtlichen Reisewarnungen vor und ist das Zielgebiet (noch) nicht von dem Ausbruch betroffen, schließt das die Annahme eines außergewöhnlichen Umstandes im Sinne des § 651h Abs. 3 BGB nicht generell aus. Vielmehr genügt zur dahingehenden Einordnung bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitsgefährdende Ausbreitung (vgl. Staudinger/Achilles-Puyol in: Schmidt, COVID-19, § 7 Reiserecht, Rn. 26). 24Was den Grad der Gefahr angelangt, dass ein Reisender von der Katastrophe betroffen wird, genügt es, wenn hierfür eine erhebliche Wahrscheinlichkeit besteht; es muss nicht überwiegend wahrscheinlich sein, dass sich das Risiko verwirklicht. Gerade bei Ereignissen, von denen im Ernstfall die Gefahr des Todes oder erheblicher Gesundheitsschäden ausgehen, muss genügen, dass bei unvoreingenommener Betrachtung ein konkretes Risiko besteht. Bei Epidemien kann man hiervon schon dann ausgehen, wenn am Reiseort im Vergleich zum Wohnort des Reisenden und der Zeit der Reisebuchung ein deutlich erhöhtes Ansteckungsrisiko besteht (vgl. Harke in: BeckOGK, 01.11.2020, BGB § 651h Rn. 46). 25Reisehinweise des Auswärtigen Amtes können je nach Einschätzung der Sicherheitslage die Empfehlung enthalten, Reisen einzuschränken oder auf sie zu verzichten. Auch solche Reisehinweise können als Indizien für einen Rücktritt ohne Entschädigung angesehen werden, denn auch sie geben Hinweise darauf, ob mit erheblichen Einschränkungen oder einer höheren Ansteckungsgefahr im Urlaubsgebiet als im Inland zu rechnen ist. Behördliche Einreiseverbote und Quarantänemaßnahmen des Ziellandes oder Deutschlands bei der Rückkehr, Hotelschließungen, Ausgangssperren, massenweise behördlich angeordnete Flugausfälle, geschlossene Restaurants oder touristische Attraktionen, die Teil der Reiseleistung sind, und weitere Beschränkungen des öffentlichen Lebens sind als hoheitliche Eingriffe als solche schon unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände und daher auch ein weiteres Indiz für eine erhebliche Beeinträchtigung der geplanten Reiseleistungen durch die Covid-19-Pandemie. Entscheidend ist auch hier die Lagebeurteilung durch Reisehinweise des Auswärtigen Amtes beziehungsweise der Staaten des Zielgebiets (vgl. Führich, NJW 2020, 2137, 2138). 26Ist indes weder eine Reisewarnung ausgesprochen noch das Zielgebiet von der Epidemie betroffen und mangelt es auch an einer gewissen Wahrscheinlichkeit, so stellen rein subjektive Unwohl- oder Angstgefühle des Reisenden vor einer Krankheit keinen außergewöhnlichen Umstand nach § 651h Abs. 3 BGB dar (Staudinger/Ruks, DAR 2020, 314, 315). Gleiches gilt, wenn der Kunde selbst mit dem Corona-Virus infiziert ist und seinen Urlaub nicht antreten kann, das Reiseziel aber weiterhin nicht betroffen ist (vgl. Staudinger/Achilles-Puyol in: Schmidt, COVID-19, § 7 Reiserecht, Rn. 25). 27Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben kann nicht angenommen werden, dass bei Ausübung des Rücktrittsrechts am 11.03.2020 bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bestand, dass am Reiseziel Fuerteventura unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten würden, die die Durchführung der Pauschalreise erheblich beeinträchtigen würden. Eine Reisewarnung gab es zum Zeitpunkt der Ausübung des Rücktrittsrechts unstreitig noch nicht; die weltweite Reisewarnung ist durch die Bundesregierung erst am 17.03.2020 ausgesprochen worden. Auch gab es am 11.03.2020 weder Reisehinweise des Auswärtigen Amtes in Bezug auf Spanien oder die Kanarischen Inseln noch behördliche Einreiseverbote und Quarantänemaßnahmen des Ziellandes oder Deutschlands bei der Rückkehr, Hotelschließungen, Ausgangssperren oder massenweise behördlich angeordnete Flugausfälle. 28Unstreitig hat der der spanische Ministerpräsident … den nationalen Ausnahmezustand und eine damit einhergehende landesweite Ausgangssperre erst am Abend des 13.03.2020 ausgerufen. 29Dieser nach der Erklärung des Rücktrittsrechts eingetretene Umstand kann ebenso wenig wie die nachträglich ergangene weltweite Reisewarnung berücksichtigt werden. Dies gilt ebenso für dem Umstand, dass laut dem Kläger am 02.04.2020 (Zeitpunkt der Reise) bereits mehr als 10.000 Personen an dem Coronavirus in Spanien gestorben seien. Ausschließlich maßgebend ist die Situation im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung. 30Dass am Reiseort im Vergleich zum Wohnort des Klägers und der Zeit der Rücktrittserklärung am 11.03.2020 ein deutlich erhöhtes Ansteckungsrisiko bestand, kann aber gerade nicht festgestellt werden. Nach dem Vortrag des Klägers habe es am 11.03.2020 in ganz Spanien 2.277 Corona-Infizierte gegeben, in Deutschland seien es 1.968 gewesen und damit nicht erheblich weniger. Da ein solches deutlich erhöhtes Ansteckungsrisiko am Reiseort nicht bestand, kommt es auch nicht darauf an, ob der Kläger und seine Ehefrau zum Kreis der Risikopersonen gehörten. Die Frage, ob das persönliche Risiko eines Reisenden zu berücksichtigen ist, wird unterschiedlich beantwortet. Selbst wenn man diesen Umstand jedoch miteinbeziehen würde, wäre er nur dann relevant, wenn eine konkrete Gefahrenlage am Reiseort bestünde, was vorliegend zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt eben nicht der Fall war. 31Auch auf den Hinweis des Gerichts, dass der bisherige Vortrag des Klägers nicht ausreiche, um die Voraussetzungen des § 651h Abs. 3 BGB darzulegen, hat der Kläger keine Angaben gemacht, die zu einer anderen Beurteilung führen würden. Vielmehr hat er weiterhin auf Quellen verwiesen, die die Situation nach der Rücktrittserklärung schildern, hierauf kommt es aber gerade nicht an. 32Die Beklagte war daher berechtigt, gemäß § 651h Abs. 1 S. 3 BGB eine angemessene Entschädigung zu verlangen. 33Mangels Hauptforderung steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Nebenforderungen, d.h. auf Zinsen oder auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, zu. 34Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 35Der Streitwert wird auf 989,40 EUR festgesetzt. 36Rechtsbehelfsbelehrung: 37A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 381. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 392. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 40Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Duisburg, König-Heinrich-Platz 1, 47051 Duisburg, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 41Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Duisburg zu begründen. 42Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Duisburg durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 43Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 44B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Duisburg statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Duisburg, König-Heinrich-Platz 1, 47051 Duisburg, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. 45Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 46Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr: 47Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.
die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der kläger buchte über ein reisebüro bei der beklagten eine flugpauschalreise nach fuerteventura für die zeit vom 02.04.2020 bis zum 15.04.2020 für sich und seine ehefrau. der reisepreis für zwei erwachsene betrug 3.298,00 €, den der kläger auch entrichtete. 3bei der buchung wurde der kläger auf die allgemeinen reisebedingungen der beklagten (arb) und deren einbeziehung in das vertragsverhältnis hingewiesen. diese wurden ihm auch zur verfügung gestellt. 4am 09.03.2020 wandte sich der kläger an die beklagte und schlug der beklagten vor dem hintergrund gesundheitlicher bedenken bezüglich der anstehenden reise aufgrund der corona-epidemie (erhöhtes risiko aufgrund alter und vorerkrankung) vor, die reise zu verschieben. diesen vorschlag lehnte die beklagte jedoch noch am selben tag ab. 5mit schreiben vom 11.03.2020 erklärte der kläger daraufhin den rücktritt vom reisevertrag. es wird bezug genommen auf eine ablichtung des schreibens (bl. 8 ga). mit schreiben vom 12.03.2020 bestätigte die beklagte die stornierung der reise und berechnete stornierungskosten in höhe von 30 % des reisepreises (989,40 €) und erstattete an den kläger 2.308,60 €. für weitere einzelheiten wird bezug genommen auf eine ablichtung des schreibens (bl. 10 ff. ga). 6am 11.03.2020 sprach die weltgesundheitsorganisation in bezug auf das coronavirus erstmals von einer pandemie. am abend des 13.03.2020 rief der spanische ministerpräsident … den nationalen ausnahmezustand aus. damit einher ging eine landesweite ausgangssperre. am 17.03.2020 sprach die bundesregierung eine weltweite reisewarnung für touristische reisen aus. 7mit e-mail vom 18.03.2020 widersprach der kläger der rechnung über die stornierungskosten und verlangte von der beklagten die rückzahlung des noch einbehaltenen betrags. die prozessbevollmächtigten des klägers forderten die beklagte mit schreiben vom 30.03.2020 zur zahlung der stornierungskosten in höhe von 989,40 € binnen drei wochen auf. 8der kläger behauptet, er und seine ehefrau würden mit 68 bzw. 58 jahren zur sogenannten „hoch-risikogruppe“ gehören. weiterhin sei der kläger auch asthmatiker. bereits am 11.03.2020 habe sich das virus in besorgniserregender geschwindigkeit in europa ausgebreitet, auch die zahl der todesopfer hätte bereits stark zugenommen. zudem habe sich später gezeigt, dass trotz getroffener vorkehrungen die ausbreitung des coronavirus in spanien nicht zu verhindern gewesen sei. der kläger ist der ansicht, dass es im falle einer epidemie ausreiche, dass eine gewisse wahrscheinlichkeit einer flächendeckenden verbreitung der epidemie im urlaubsgebiet mit entsprechender infektionsgefahr zu befürchten sei. 9der kläger beantragt, 10die beklagte zu verurteilen, an ihn 989,40 € nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 21.04.2020 zu zahlen, 11die beklagte zu verurteilen, an den kläger 147,56 € nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit für die kosten außergerichtlicher rechtsverfolgung zu zahlen. 12die beklagte beantragt, 13 die klage abzuweisen. 14die beklagte behauptet, zum zeitpunkt der rücktrittserklärung am 11.03.2020 habe es keine veranlassung gegeben, ein erhöhtes ansteckungsrisiko am zielort anzunehmen. auf fuerteventura habe es bis zu diesem zeitpunkt lediglich einen bekannten corona-fall gegeben. auch das robert-koch-institut habe zu diesem zeitpunkt keine veranlassung gesehen, in spanien oder gar auf fuerteventura von einem besonderen risiko auszugehen. in ganz spanien habe zu diesem zeitpunkt noch keine veranlassung gegeben, reiseeinschränkungen oder ähnliches zu veranlassen. 15wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte, insbesondere auf den vorgetragenen inhalt der wechselseitigen schriftsätze nebst anlagen, bezug genommen. 16
17die klage ist zulässig, aber unbegründet. 18dem kläger steht gegen die beklagte unter keinem rechtlichen gesichtspunkt ein anspruch auf zahlung von 989,40 € zu. ein solcher anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus §§ 346 abs. 1, 651h abs. 1 s. 2 bgb. 19grundsätzlich verliert der reiseveranstalter zwar den anspruch auf den vereinbarten reisepreis, wenn der reisende vom vertrag zurücktritt. gemäß § 651h abs. 1 s. 3 bgb kann der reiseveranstalter jedoch eine angemessene entschädigung verlangen. 20abweichend von § 651h abs. 1 s. 3 bgb kann der reiseveranstalter keine entschädigung verlangen, wenn am bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer nähe unvermeidbare, außergewöhnliche umstände auftreten, die die durchführung der pauschalreise oder die beförderung von personen an den bestimmungsort erheblich beeinträchtigen, § 651h abs. 3 s. 1 bgb. umstände sind unvermeidbar und außergewöhnlich in diesem sinne, wenn sie nicht der kontrolle der partei unterliegen, die sich hierauf beruft, und sich ihre folgen auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren vorkehrungen getroffen worden wären (§ 651h abs. 3 s. 2 bgb). 21da sich der kläger hierauf beruft, ist er für das vorliegen unvermeidbarer, außergewöhnlicher umstände und eine daraus resultierende erhebliche beeinträchtigung darlegungs- und beweisbelastet (vgl. tonner in: mükobgb, 8. auflage 2020, § 651h rn. 65). 22in bezug auf die corona-pandemie kommt es für die beurteilung darauf an, wann der reisende zurückgetreten ist und ob die gegebenheiten zu dieser zeit bereits als außergewöhnliche umstände zu qualifizieren sind. hier verbietet sich jede schematische betrachtung, maßgeblich bleiben vielmehr die geschehnisse des konkreten einzelfalles. in diesem zusammenhang ist für die bewertung der zeitpunkt der ausübung des gestaltungsrechts maßgeblich. es handelt sich um eine prognoseentscheidung, für die es auf eine ex-ante-betrachtung ankommt (vgl. ag köln, urt. v. 14.09.2020 – 133 c 213/20 rn. 15; staudinger/ruks, dar 2020, 314, 315). im falle eines „übereilten“ rücktritts fällt in aller regel eine entschädigung gemäß § 651h abs. 1 s. 3 bgb an (staudinger/ruks, dar 2020, 314, 315). daran ändert sich nichts, wenn sich im nachhinein eine betroffenheit der späteren reise von außergewöhnlichen ereignissen ergibt und sich der rücktritt ex-post darauf stützen ließe. die entrichteten stornierungsgebühren kann der kunde nicht zurückverlangen. es vermag nämlich nicht zu überzeugen, dass der kunde möglichst frühzeitig vom vertrag zurücktritt und dann auf die fortdauer der krise bis zu einem späteren zeitpunkt spekuliert. die prognose und die tatsachenlage im zeitpunkt der gestaltungserklärung wird durch nachträgliche veränderungen nicht erschüttert (vgl. staudinger/achilles-puyol in: schmidt, covid-19, § 7 reiserecht, rn. 24). 23liegen zum zeitpunkt des rücktritts keine amtlichen reisewarnungen vor und ist das zielgebiet (noch) nicht von dem ausbruch betroffen, schließt das die annahme eines außergewöhnlichen umstandes im sinne des § 651h abs. 3 bgb nicht generell aus. vielmehr genügt zur dahingehenden einordnung bereits eine gewisse wahrscheinlichkeit für eine gesundheitsgefährdende ausbreitung (vgl. staudinger/achilles-puyol in: schmidt, covid-19, § 7 reiserecht, rn. 26). 24was den grad der gefahr angelangt, dass ein reisender von der katastrophe betroffen wird, genügt es, wenn hierfür eine erhebliche wahrscheinlichkeit besteht; es muss nicht überwiegend wahrscheinlich sein, dass sich das risiko verwirklicht. gerade bei ereignissen, von denen im ernstfall die gefahr des todes oder erheblicher gesundheitsschäden ausgehen, muss genügen, dass bei unvoreingenommener betrachtung ein konkretes risiko besteht. bei epidemien kann man hiervon schon dann ausgehen, wenn am reiseort im vergleich zum wohnort des reisenden und der zeit der reisebuchung ein deutlich erhöhtes ansteckungsrisiko besteht (vgl. harke in: beckogk, 01.11.2020, bgb § 651h rn. 46). 25reisehinweise des auswärtigen amtes können je nach einschätzung der sicherheitslage die empfehlung enthalten, reisen einzuschränken oder auf sie zu verzichten. auch solche reisehinweise können als indizien für einen rücktritt ohne entschädigung angesehen werden, denn auch sie geben hinweise darauf, ob mit erheblichen einschränkungen oder einer höheren ansteckungsgefahr im urlaubsgebiet als im inland zu rechnen ist. behördliche einreiseverbote und quarantänemaßnahmen des ziellandes oder deutschlands bei der rückkehr, hotelschließungen, ausgangssperren, massenweise behördlich angeordnete flugausfälle, geschlossene restaurants oder touristische attraktionen, die teil der reiseleistung sind, und weitere beschränkungen des öffentlichen lebens sind als hoheitliche eingriffe als solche schon unvermeidbare, außergewöhnliche umstände und daher auch ein weiteres indiz für eine erhebliche beeinträchtigung der geplanten reiseleistungen durch die covid-19-pandemie. entscheidend ist auch hier die lagebeurteilung durch reisehinweise des auswärtigen amtes beziehungsweise der staaten des zielgebiets (vgl. führich, njw 2020, 2137, 2138). 26ist indes weder eine reisewarnung ausgesprochen noch das zielgebiet von der epidemie betroffen und mangelt es auch an einer gewissen wahrscheinlichkeit, so stellen rein subjektive unwohl- oder angstgefühle des reisenden vor einer krankheit keinen außergewöhnlichen umstand nach § 651h abs. 3 bgb dar (staudinger/ruks, dar 2020, 314, 315). gleiches gilt, wenn der kunde selbst mit dem corona-virus infiziert ist und seinen urlaub nicht antreten kann, das reiseziel aber weiterhin nicht betroffen ist (vgl. staudinger/achilles-puyol in: schmidt, covid-19, § 7 reiserecht, rn. 25). 27unter berücksichtigung dieser maßgaben kann nicht angenommen werden, dass bei ausübung des rücktrittsrechts am 11.03.2020 bereits eine gewisse wahrscheinlichkeit dafür bestand, dass am reiseziel fuerteventura unvermeidbare, außergewöhnliche umstände auftreten würden, die die durchführung der pauschalreise erheblich beeinträchtigen würden. eine reisewarnung gab es zum zeitpunkt der ausübung des rücktrittsrechts unstreitig noch nicht; die weltweite reisewarnung ist durch die bundesregierung erst am 17.03.2020 ausgesprochen worden. auch gab es am 11.03.2020 weder reisehinweise des auswärtigen amtes in bezug auf spanien oder die kanarischen inseln noch behördliche einreiseverbote und quarantänemaßnahmen des ziellandes oder deutschlands bei der rückkehr, hotelschließungen, ausgangssperren oder massenweise behördlich angeordnete flugausfälle. 28unstreitig hat der der spanische ministerpräsident … den nationalen ausnahmezustand und eine damit einhergehende landesweite ausgangssperre erst am abend des 13.03.2020 ausgerufen. 29dieser nach der erklärung des rücktrittsrechts eingetretene umstand kann ebenso wenig wie die nachträglich ergangene weltweite reisewarnung berücksichtigt werden. dies gilt ebenso für dem umstand, dass laut dem kläger am 02.04.2020 (zeitpunkt der reise) bereits mehr als 10.000 personen an dem coronavirus in spanien gestorben seien. ausschließlich maßgebend ist die situation im zeitpunkt der rücktrittserklärung. 30dass am reiseort im vergleich zum wohnort des klägers und der zeit der rücktrittserklärung am 11.03.2020 ein deutlich erhöhtes ansteckungsrisiko bestand, kann aber gerade nicht festgestellt werden. nach dem vortrag des klägers habe es am 11.03.2020 in ganz spanien 2.277 corona-infizierte gegeben, in deutschland seien es 1.968 gewesen und damit nicht erheblich weniger. da ein solches deutlich erhöhtes ansteckungsrisiko am reiseort nicht bestand, kommt es auch nicht darauf an, ob der kläger und seine ehefrau zum kreis der risikopersonen gehörten. die frage, ob das persönliche risiko eines reisenden zu berücksichtigen ist, wird unterschiedlich beantwortet. selbst wenn man diesen umstand jedoch miteinbeziehen würde, wäre er nur dann relevant, wenn eine konkrete gefahrenlage am reiseort bestünde, was vorliegend zum maßgeblichen beurteilungszeitpunkt eben nicht der fall war. 31auch auf den hinweis des gerichts, dass der bisherige vortrag des klägers nicht ausreiche, um die voraussetzungen des § 651h abs. 3 bgb darzulegen, hat der kläger keine angaben gemacht, die zu einer anderen beurteilung führen würden. vielmehr hat er weiterhin auf quellen verwiesen, die die situation nach der rücktrittserklärung schildern, hierauf kommt es aber gerade nicht an. 32die beklagte war daher berechtigt, gemäß § 651h abs. 1 s. 3 bgb eine angemessene entschädigung zu verlangen. 33mangels hauptforderung steht dem kläger auch kein anspruch auf nebenforderungen, d.h. auf zinsen oder auf ersatz vorgerichtlicher rechtsanwaltskosten, zu. 34die kostenentscheidung beruht auf § 91 abs. 1 zpo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 35der streitwert wird auf 989,40 eur festgesetzt. 36rechtsbehelfsbelehrung: 37a) gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 381. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 392. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 40die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht duisburg, könig-heinrich-platz 1, 47051 duisburg, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 41die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht duisburg zu begründen. 42die parteien müssen sich vor dem landgericht duisburg durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 43mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 44b) gegen die streitwertfestsetzung ist die beschwerde an das amtsgericht duisburg statthaft, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,00 eur übersteigt oder das amtsgericht die beschwerde zugelassen hat. die beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem amtsgericht duisburg, könig-heinrich-platz 1, 47051 duisburg, schriftlich in deutscher sprache oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. die beschwerde kann auch zur niederschrift der geschäftsstelle eines jeden amtsgerichtes abgegeben werden. 45ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann die beschwerde noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 46hinweis zum elektronischen rechtsverkehr: 47die einlegung ist auch durch übertragung eines elektronischen dokuments an die elektronische poststelle des gerichts möglich. das elektronische dokument muss für die bearbeitung durch das gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen signatur der verantwortenden person versehen sein oder von der verantwortenden person signiert und auf einem sicheren übermittlungsweg gemäß § 130a zpo nach näherer maßgabe der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (bgbl. 2017 i, s. 3803) eingereicht werden. weitere informationen erhalten sie auf der internetseite www.justiz.de.
Verklagte*r
0
143,327
17 K 570/15
2015-11-18T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Kläger sind je zur Hälfte Erbbauberechtigte an dem mit einem Wohnhaus bebauten, im Gebiet der Stadt N. gelegenen, Grundstück mit der postalischen Bezeichnung L.---------straße 386 (Flur 15, Flurstück 120; Erbbaugrundbuch T. , Bl. 2087). Eigentümer des Grundstücks ist seit dem Jahre 2012 Herr B. C. (Grundbuch T. , Bl. 2083). 3Das Grundstück grenzt mit 13,00 zugrundegelegten Frontmetern an die gereinigte öffentliche L.---------straße an und liegt mit 15,00 veranlagten Frontmetern an der gereinigten öffentlichen N1. Straße. Anlässlich der Bebauung des Grundstückes mit einem Mehrfamilienhaus im Jahre 2013 / 2014 wurden für die Bewohner die baulichen Zugänglichkeiten allein von der L.---------straße aus geschaffen. Zur N1. Straße hin haben die Kläger eine durchgehende etwa 1,80 Meter hohe Mauer aus mehrteiligen Betonplatten errichtet mit einer straßenseitig davor befindlichen eigenen Teilbepflanzung. An der dem Grundstück zugewandten Mauerseite befindet sich ausweislich der von den Klägern der Klageschrift beigefügten Anlage 3 (Bauantrag) eine befestigte Hoffläche über eine Länge von etwa 6,00 Metern und eine Bebauung mit einer Garage sowie einem Abstellraum über eine Länge von ca. 10,00 Metern. An der der Straße zugewandten Mauerseite grenzt ein im Eigentum der Beklagten stehender etwa 3,50 Meter tiefer, zum Flurstück der Straße gehörender, unbefestigter Grünstreifen an. Nach einem sich daran wiederrum anschließenden Gehweg und einem Radweg folgt sodann die Fahrbahn. Den Grünstreifen bepflanzte das Gartenbauamt der Beklagten teilweise mit Bodendeckern (Lonicera). Vor der Baumaßnahme und dem hier streitigen Veranlagungsjahr 2015 existierte ein über die Grünfläche laufender schmaler, ausweislich der im Verfahren vorgelegten Lichtbilder mit mindestens aufgelegten Betonplatten bedeckter, privater Weg (etwa 60 cm breit) zwischen dem Grundstück und der N1. Straße, der mittels eines Gartentörchens versperrt werden konnte. 4In der den Klägern erteilten Baugenehmigung vom 10. Januar 2013 ist unter Nr. 20 der Nebenbestimmungen geregelt, ein Zufahrt zu den Garagen und dem Carport sei von der N1. Straße aus nicht zulässig. Auf gerichtliche Nachfrage vom 22. Juni 2015 teilte die Beklagte mit Schreiben vom 1. Juli 2015 mit, es gebe keine bauplanungs- oder bauordnungsrechtlichen Bedenken gegen eine Öffnung, beispielsweise für Fußgänger, in der von den Klägern errichteten Mauer zur N1. Straße hin. Mit ergänzender Stellungname vom 19. August 2015 teilte sie weiter mit, auch sonstige ortsrechtliche Hindernisse stünden einer Fußwegung nicht entgegen, eine (befestigte) Zuwegung würde geduldet, es dürfe allein nicht in den Wurzelbereich des großen sich auf dem Grünstreifen befindlichen Baumes eingegriffen werden. Hecke und Bodenbewuchs könnten durch die Kläger im Bereich der Zuwegung gerodet werden. 5Mit Bescheid über die Festsetzung der Grundbesitzabgaben für das Jahr 2015 vom 21. Januar 2015 zog die Beklagte die Kläger zu Straßenreinigungsgebühren für die L.---------straße (103,48 Euro) und für die N1. Straße (119,40 Euro) heran. 6Die Kläger haben am 28. Januar 2015 beschränkt auf die Festsetzung für die N1. Straße in Höhe von 119,40 Euro Klage erhoben. 7Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, der Bescheid sei im angefochtenen Umfange rechtswidrig. Es gebe keinen Zugang zu dieser Straße, ein solcher könne auch nicht zumutbar geschaffen werden. Im Rahmen der Bauphase des Mehrfamilienhauses hätten sie von einem Mitarbeiter des Bauamtes der Beklagten die mündliche Auskunft erhalten, es dürfe überhaupt kein Zugang zur N1. Straße hin geschaffen werden. Daraufhin hätten sie die benannte Mauer errichtet. Ungeachtet dessen würden die tatsächlichen Verhältnisse aber auch einen Zugang nicht ermöglichen. Nicht nur läge das Grundstück 50 cm tiefer als der Straßenkörper, es schließe sich auch nicht der Gehweg unmittelbar an, sondern ein verwilderter, durchwurzelter und unbefestigter, mit Unrat übersähter Grünstreifen. Bei der Eröffnung eines Zuganges setzten sie sich aufgrund des Verletzungsrisikos der Grundstücksnutzer bei einem Überschreiten des unbefestigten Grünstreifens zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen aus; ein gefahrloses Betreten sei nicht möglich, mit Personen- und Sachschäden zu rechnen. Ihnen könne nach dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung nicht öffentlich-rechtlich etwas zugemutet werden, was zivilrechtlich verboten sei. Ein Zugang diene nur der Realisierung des Gebührenanspruches, was rechtswidrig sei. Die Beklagte möge selbst einen Weg bauen. Eine fußläufige Verbindung zur N1. Straße hin sei schließlich weder eine übliche noch wirtschaftlich sinnvolle Nutzung. Der Zugang über die L.---------straße würde ausschließlich von den Bewohnern des Grundstücks genutzt, eine Öffnung hin zu der N1. Straße biete keinen nennenswerten Zeitvorteil bei der Nutzung des Grundstücks. 8Die Kläger beantragen schriftsätzlich sinngemäß, 9den Bescheid der Beklagten über die Festsetzung der Grundbesitzabgaben für das Jahr 2015 vom 21. Januar 2015 insoweit aufzuheben, als Straßenreinigungsgebühren in Höhe von mehr als 103,48 Euro festgesetzt werden. 10Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 11die Klage abzuweisen. 12Für die Erschließung des in Rede stehenden Grundstücks komme es allein auf die bloße Zugangsmöglichkeit an. Soweit die Kläger auf die Nebenbestimmung Nr. 20 in der Baugenehmigung abstellten, begründe diese nur für Fahrzeuge ein Zufahrts-, jedoch für Fußgänger kein Zugangsverbot zur N1. Straße hin. Auch stehe die von den Klägern errichtete Betonmauer einer tatsächlichen Erschließung nicht entgegen, da es sich um ein selbst geschaffenes Zugangshindernis handele, welches die Kläger für eine Öffnung insoweit beseitigen könnten. Der geltend gemachte Höhenunterschied zwischen Grundstück und Straßenkörper sei geringfügig und daher rechtlich unbeachtlich. Auch in der Vergangenheit habe es bereits ohne tatsächliche Zugangsschwierigkeiten einen kleinen plattierten Weg mit Törchen gegeben. Der Grünstreifen sei nur äußerst lückenhaft mit niedrigem von ihr gepflanztem Gehölz bewachsen und ließe ein verletzungsfreies Betreten ohne Weiteres zumutbar zu. Das fehlende Interesse der Kläger an einer Zuwegung sei rechtlich unerheblich. 13Die Beteiligten haben sich nach entsprechender gerichtlicher Anfrage vom 28. August bzw. 11. September 2015 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den des beigezogenen Verwaltungsvorganges verwiesen. 15Entscheidungsgründe: 16A. Das Gericht konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑). 17B. Die zulässige Klage ist unbegründet. 18Der Bescheid vom 21. Januar 2015 ist im angefochtenen Umfange rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 19I. Rechtsgrundlage für die Heranziehung zu Straßenreinigungs- und Winterdienstgebühren ist die Satzung der Beklagten über die Straßenreinigung und die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren vom 20. Dezember 1978 in der Fassung des 38. Nachtrages vom 18. Dezember 2014 (StrS). Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 StrS erhebt die Beklagte für die von ihr durchgeführte Reinigung der öffentlichen Straßen, zu denen ausweislich des Straßenverzeichnisses auch die öffentliche N1. Straße im hier maßgeblichen Abschnitt gehört, Benutzungsgebühren. Erschlossen ist ein Grundstück nach § 4 Abs. 2 StrS, wenn es rechtlich und tatsächlich eine Zugangsmöglichkeit zur Straße hat und dadurch eine innerhalb geschlossener Ortslagen übliche und sinnvolle wirtschaftliche Grundstücksnutzung ermöglicht wird. 201. Dieser auf § 3 Abs. 1 Satz 1 Gesetz über die Reinigung öffentlicher Straßen - StrReinG NRW - fußende und hier nicht zu beanstandende Erschließungsbegriff ist weiter als derjenige der §§ 131 und 133 Baugesetzbuch - BauGB -, 21vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. September 2013 - 9 A 1809/11 -, juris Rn. 27ff.; OVG NRW, Beschluss vom 17. Juli 2003 - 9 A 3207/02 -, juris Rn. 9ff.; OVG NRW, Urteil vom 26. Februar 2003 ‑ 9 A 2355/00 ‑, juris Rn. 31ff., jew. m.w.N. 22Bei seiner Auslegung ist zu berücksichtigen, dass die Straßenreinigung im System der öffentlichen Lasten eine Natural- und/oder Geldlast als Ausgleich für besondere, dem Grundstückseigentümer erwachsende Vorteile darstellt, 23vgl. zur Auslegung des Erschließungsbegriffs im Straßenreinigungsrecht: BVerwG, Beschluss vom 31. März 1998 - 8 B 43.98 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 26. September 2013 – 9 A 1809/11 –, juris Rn. 29 ff. 24Die Rechtfertigung, die Grundeigentümer oder ihnen rechtlich gleichgestellte Personen im Verhältnis zur Allgemeinheit für die Straßenreinigung mit Gebühren zu belasten, besteht darin, dass die Straßenreinigung objektiv in ihrem besonderen Interesse liegt und sich für sie in Bezug auf die Möglichkeit der wirtschaftlichen und verkehrlichen Nutzung der Grundstücke vorteilhaft auswirkt. Der Kreis der Eigentümer, die unter dem Gesichtspunkt von Sondervorteilen ein objektives Interesse an der Straßenreinigung haben, ist also nicht nur auf jene Eigentümer beschränkt, denen die Straße speziell eine bauliche und gewerbliche Nutzung im Sinne der baurechtlichen Bestimmungen vermittelt. Gemeint ist vielmehr die durch die Straße in der Regel gegebene Möglichkeit einer wirtschaftlichen Nutzung schlechthin. Wo diese Möglichkeit aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ausnahmsweise nicht gegeben ist und ohne wesentliche Änderung der Verhältnisse auch künftig nicht eintreten kann, fehlt es an einer erschließenden Beziehung zwischen Straße und Grundstück und eine Heranziehung des Grundstückseigentümers zu Straßenreinigungsgebühren kommt nicht in Betracht, 25vgl. Gesetzesbegründung der Landesregierung, LT- Drs. 8/33, S. 8; s. bereits BVerwG, Urteil vom 10. Mai 1974 – VII C 46.72 –, juris Rn. 18; BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 1969 – VII C 16.69 –, KStZ 1970, 92f.; OVG NRW, Beschluss vom 26. September 2013 – 9 A 1809/11 –, juris Rn. 33 f. 26Die dem Grundstückseigentümer erwachsenden Vorteile müssen in Beziehung zum Zweck der Straßenreinigung stehen. Dieser erschließt sich aus Sinn und Regelungsgehalt der Bestimmungen des Straßenreinigungsgesetzes unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung. Danach sollte die Novellierung des Straßenreinigungsgesetzes dem Gesichtspunkt Rechnung tragen, dass die Straßenreinigung sich von einer ursprünglich rein ordnungsrechtlichen Pflicht zur Gefahrenabwehr zu einem Teil der allgemeinen Daseinsvorsorge weiterentwickelt hatte. Diese Vorsorge bezieht sich auf die innerhalb der geschlossenen Ortslagen gelegenen öffentlichen Straßen. Straßenreinigungsrechtlich erschlossen sind deshalb nur solche Grundstücke, deren Eigentümer von der Straßenreinigung innerhalb der geschlossenen Ortslage einen speziellen, sich auf das geordnete Zusammenleben der örtlichen Gemeinschaft auswirkenden Vorteil haben, wie es beispielsweise bei regelmäßiger Sauberhaltung der innerörtlichen Straßen sowohl unter dem Aspekt eines erleichterten Ortsverkehrs für die Einwohner der Gemeinde als auch demjenigen der Hygiene der Fall ist, 27vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. September 2013 – 9 A 1809/11 –, juris Rn. 37 f.; OVG NRW, Urteil vom 26. Februar 2003 – 9 A 2355/00 –, juris Rn. 41. 282. Nach diesen Maßstäben ist das Flurstück 15, Flur 120 durch die N1. Straße erschlossen. 29Über den einen unselbstständigen Bestandteil der N1. Straße bildenden Grünstreifen (a.) hinweg besteht eine rechtliche (b.) und tatsächliche (c.) Zugangsmöglichkeit zu dem erbbaubehafteten Grundstück. Dadurch wird innerhalb geschlossener Ortslagen eine übliche und sinnvolle wirtschaftliche Grundstücksnutzung ermöglicht (d.). 30a. Die Erschließung wird nicht durch den etwa 3,50 Meter tiefen Grünstreifen zwischen asphaltiertem Straßen-/Fahrrad-/Gehwegsbereich der N1. Straße und dem Grundstück der erbbauberechtigten Kläger gehindert. Liegt zwischen einem Grundstück und einer Straße ein Grünstreifen, kommt es darauf an, ob es sich hierbei um eine eigenständige, nicht der Erschließung des Grundstücks dienende Anlage oder um ein bloßes zur Straße gehörendes, sog. Straßenbegleitgrün handelt. Ausweislich des Katasterauszuges in dem Verwaltungsvorgang der Beklagten (Bl. 1, 21) ist die Grünfläche kein eigenes städtisches Flurstück, sondern gehört zu dem Flurstück „Straße“ als katastermäßige Einheit. Ungeachtet dieser Zugehörigkeit spricht die für die Beurteilung letztlich entscheidende „natürliche Betrachtungsweise“, 31vgl. OVG NRW Urteil vom 3. Dezember 2012 - 9 A 193/10 -, juris Rn. 28ff.; OVG NRW, Beschluss vom 27. September 2012 - 9 A 2573/10 -, juris Rn. 28ff; Driehaus, in: Driehaus Kommunalabgabenrecht, Bd. I, Std. Sept. 2014, § 6 Rn. 448; Wichmann, Straßenreinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis, 7. Aufl., Rn. 337, 32gegen eine selbstständige Erschließungsanlage und für ein bloßes Begleitgrün ohne eigenständig trennende Bedeutung. 33Die Grünfläche dient schon nicht bestimmten, für Besucher geschaffenen Erholungszwecken (z.B.: Ruhebank; Blumenbeete, Verschönerungszweck durch Aufstellung eines Findlings, Kunstgegenstände), 34vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. Februar 1983 - 2 A 882/82 -, KStZ 1983, 192, 35oder sonstigen, nicht als Zugang zu dem Grundstück oder der Straße selbst dienenden Erschließungszwecken, 36vgl. etwa zu religiösen Zwecken: OVG NRW, Beschluss vom 29. September 2012 - 9 A 2573/10 -, juris. 37Sie ist auch ausweislich der von den Klägern überreichten Lichtbilder (Bl. 24 bis 27 GA), die bereits für sich hinreichend aussagekräftig zur Beurteilung der Örtlichkeit sind, lediglich mit einem einzelnen großen Baum bewachsen. Gänzlich trennende, ununterbrochen dichte Bepflanzungen durch die Beklagte parallel zur Straße existieren auf der ganzen Länge des Grünstreifens nach den vorzitierten Lichtbilder nicht und können daher dem Grünstreifen straßenreinigungsrechtlich kein eigenes Gewicht verleihen. Hinsichtlich seiner Ausdehnung über die gesamte Frontlänge des Grundstücks hin zur N1. Straße können ihm bei 3,50 Metern Tiefe ebenso noch keine die räumlich enge Beziehung zwischen Grundstück und Straße aufhebende Eigenschaft zugesprochen werden. Sonstige beachtliche Hindernisse sind aus den vorbenannten Lichtbildern der Kläger auch nicht erkennbar. Dies gilt selbst bei Annahme eines Höhenunterschiedes von etwa 50 cm zwischen der N1. Straße und dem in Rede stehenden Grundstück zu Gunsten der Kläger. Dieser Niveauunterschied ist derart geringfügig, dass aus ihm kein rechtlich eigenständiges Gewicht des Grünstreifens erwächst. Damit liegt das Grundstück im straßenreinigungsrechtlichen Sinne unmittelbar an der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straße. 38b. Es besteht weiter eine rechtlich gesicherte Zugangsmöglichkeit von der N1. Straße aus. Dieser steht nicht entgegen, dass in der den Klägern erteilten Baugenehmigung vom 10. Januar 2013 als Nebenbestimmung Nr. 20 festgelegt ist, eine Zufahrt zu den Garagen und dem Carport sei von der N1. Straße aus nicht zulässig. Denn die Erschließung im straßenreinigungsrechtlichen Sinne setzt nicht voraus, die Straße gewährleiste rechtlich und tatsächlich, mit Personen- und Versorgungsfahrzeugen könne an die Grundstücksgrenze herangefahren werden und den Grundstücken würde so im straßenrechtlichen Sinne eine Zufahrt geboten. Die Erschließung muss nicht den bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Anforderungen für eine bauliche oder gewerbliche Nutzung eines Grundstücks genügen. Es reicht vielmehr - wovon die Beklagte zutreffend ausgeht - grundsätzlich die tatsächliche und rechtlich abgesicherte Möglichkeit eines fußläufigen Zuganges aus, 39vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3. Juni 2014 - 9 A 535/12 -, n.V.; OVG NRW, Beschluss vom 26. September 2013 - 9 A 1809/11 -, juris Rn. 39 ff.; Driehaus, in: Driehaus Kommunalabgabenrecht, Bd. I, Std. Sept. 2014, § 6 Rn. 439. 40Die Beklagte hat auf gerichtliche Nachfrage vom 22. Juni 2015 schriftsätzlich erklärt, bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Bedenken gegen eine Öffnung der klägerseits zur N1. Straße hin errichteten Betonmauer, beispielsweise für Fußgänger, bestünden nicht. Vor dem Hintergrund dieser für das streitgegenständliche Gebührenjahr 2015 getätigten Erklärung kommt es auf den von den Klägern vorgebrachten und unter Beweis gestellten Einwand, vor Baubeginn im Jahre 2013 / 2014 habe ihnen mündlich ein „zuständiger Mitarbeiter für die Bauleitplanung“ die Auskunft gegeben, es dürfe aus baurechtlichen Gesichtspunkte keine Öffnung hin zur N1. Straße erfolgen, nicht mehr an. Eine solche Auskunft - so sie denn seinerzeit überhaupt und mit diesem Inhalt gegeben wurde - ist für das Entstehen des aktuellen öffentlich-rechtlichen Gebührentatbestandes unbeachtlich. 41Mit weiterem Schriftsatz vom 19. August 2015 hat die Beklagte zudem ergänzend erklärt, der Errichtung eines fußläufigen Zuganges stünden sonstige ortsrechtliche Hindernisse nicht entgegen. Dabei ist nicht zu beanstanden, dass sie - beispielhaft für eine mögliche Zuwegung - auf den vor der Baumaßnahme der Kläger im Jahre 2013 / 2014 unstreitig bestehenden privaten Zugang zu dem Grundstück von der N1. Straße aus Bezug nimmt (vgl. insoweit die nicht bestrittenen Lichtbilder der Beklagten Bl. 76 - 78 GA zur früheren Zugangssituation). Denn bei diesem Weg handelte es sich um eine für die straßenreinigungsrechtliche Erschließung ohne Weiteres taugliche Zuwegung und zwar ungeachtet ihres seinerzeitigen Erhaltungszustandes, den die Kläger im Einzelnen bemängeln. Ein ähnlicher Zugang würde auch aktuell geduldet und insoweit ist die vorzitierte Erklärung der Beklagten hinsichtlich des Eingriffs in etwaig vorhandenes Wurzelwerk des einzig dort wachsenden großen Baumes (vgl. Lichtbilder der Kläger Bl. 25 und 26 GA) bei verständiger Auslegung nur zu verstehen. Eine Zuwegung vergleichbar der früheren einschließlich ihrer fachgerechten Anlegung würde durch die Beklagte geduldet, zumal diese auch nicht unmittelbar an dem großen Baum vorbeiführen müsste, sondern ebenso etwa an einer entfernteren Stelle, nämlich in der Nähe der Grundstücksgrenze zum Flurstück 29 (vgl. Lichtbild der Kläger Bl. 24 GA) ausgeführt werden könnte. Ungeachtet dessen ist allgemein bekannt, dass die Anlegung eines fußläufigen plattierten Zuganges mit entsprechendem Fundament eher einen verhältnismäßig an der Bodenoberfläche verbleibenden kleineren Eingriff in Grund und Boden und vorhandenes Wurzelwerk eines ersichtlich über mehrere Jahrzehnte gewachsenen großen, einige Meter von der Maßnahme entfernt stehenden Baumes darstellt. Die Duldung der Beklagten schließt daher offenkundig nur substantielle Eingriffe in das Wurzelwerk aus. Schließlich hat die Beklagte im Übrigen erklärt, die von ihr gepflanzten Sträucher und Gehölze könnten durch die Kläger in dem für den Zugang maßgeblichen Bereich gerodet werden. 42c. Die Erschließung ist in tatsächlicher Hinsicht gesichert, die Kläger haben eine solche Zugangsmöglichkeit von der N1. Straße aus. 43aa. Für das Gericht erschließt sich bereits aus den von den Klägern vorgelegten Lichtbildern (etwa Bl. 24 und 25 GA) ohne weiteres und aktuell hinreichend aussagekräftig und damit erwiesen, dass der Grünstreifen fußläufig ohne größere Anstrengungen auf den ebenen Bereichen über- und betreten sowie auf einer ausreichenden Breite die klägerseits errichtete Mauer - gerade wenn man die von den Klägern selbst errichtete Bepflanzung hinwegdenkt - erreicht werden kann. Die auf den vorzitierten Lichtbildern ersichtliche Bewurzelung und die niedrige Verstrüppung an der unmittelbaren Bodenoberfläche bilden keine derart durchgehend trennenden Merkmale, welche die Zugangsmöglichkeit entfallen ließen. Insbesondere sind die Gestrüppe der von der Beklagten zurückgeschnitten Lonicera nicht flächig und so hoch ausgeprägt, dass ein Vorbeigehen nicht mehr möglich wäre. Dies bekräftigen im Übrigen die hilfsweise zur Beurteilung herangezogenen Lichtbilder der Beklagten (Bl. 53 bis 56, 58 GA), die kein von den klägerischerseits dargebrachten Lichtbildern abweichendes Bild ergeben. Wie sich die Bepflanzung vor dem streitgegenständlichen Veranlagungsjahr darstellte ist nicht entscheidungserheblich. Zu keinem anderen Ergebnis führt der von den Klägern behauptete Höhenunterscheid von ca. 50 cm zur Straße hin (vgl. B. I. 2. a.). Dieser Niveauunterschied setzt dem Vorhandensein einer Erschließung im straßenreinigungsrechtlichen Sinne keine durchgreifenden Zweifel aus, selbst wenn die Differenz dem Straßenkörper zuzurechnen wäre. Bezogen auf die Grundstücksgrenze wäre der - unterstellte - Höhenunterschied so gering, dass er mithilfe von ein oder zwei Stufen zumutbar zu überwinden wäre, 44vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 31. Oktober 2014 - 17 K 8246/13 -, juris. 45Eine rechtlich andere Beurteilung der Zugangsmöglichkeit folgt schließlich nicht aus den geltend gemachten witterungsbedingten Veränderungen des Grünstreifens (z.B.: Laubfall, Schnee, Matsch, aufgeweichter Boden). Sie sind naturgemäß lediglich vorübergehend und haben topografisch keinerlei die tatsächliche Zugangsmöglichkeit verwehrende Wirkung. Es handelt sich um hinzunehmende Auswirkungen wie sie bei jedem unbefestigten und mit Laubbäumen bewachsenen Grünstreifen auftreten können, ohne dass er dadurch tatsächlich die Möglichkeit eines Zugangs verschlösse. Im Übrigen war auch bereits vor der klägerischen Baumaßnahme 2013 / 2014 eine Zuwegung - ungeachtet ihres Ausbauzustandes - vorhanden. 46bb. Die Existenz der von den Klägern auf dem Grundstück errichteten Mauer sowie die von ihnen vorgenommenen Bepflanzungen (wohl Thuja und Kirschlorbeer) sind als selbst, d.h. von den Klägern geschaffene Zugangshindernisse für die tatsächliche Zugangsmöglichkeit von der N1. Straße aus unbeachtlich, 47vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Juli 2014 – 9 A 2119/12 –, juris Rn. 36, OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2012 - 9 A 193/10 -, juris Rn. 34f., OVG NRW, Beschluss vom 27. September 2012 ‑ 9 A 2573/10 ‑, juris. 48Dies gilt jedenfalls für den Mauerteil der mit einer Frontlänge von etwa 6,00 Metern zur N1. Straße hin liegt und die befestigte Hoffläche des Grundstücks von der Grünfläche trennt. 49Dass die Kläger bislang keinen Zugang geschaffen haben, weil sie wegen der bei ihrem Mehrfamilienhaus gegebenen Möglichkeit das Haus von der L.---------straße aus zu erreichen dafür keine Notwendigkeit sehen, stellt nicht in Frage, dass sie, wenn dieser anderweitige Zugang nicht bestünde, ihr Grundstück über die Zugangsmöglichkeit N1. Straße tatsächlich fußläufig erreichen könnten. Mehr verlangt der landesrechtliche Begriff der Erschließung im straßenreinigungsrechtlichen Sinn nicht; höhere Anforderungen folgen auch nicht aus Bundesrecht, 50vgl. BVerwG, Urteil vom 11. März 1988 - 4 C 78.84 -, juris Rn. 21 ff. 51d. Entgegen der Ansicht der Kläger vermittelt die tatsächliche wie rechtliche Zugangsmöglichkeit dem Grundstück schließlich eine übliche und sinnvolle wirtschaftliche Grundstücksnutzung. 52Wie unter B. I. 1. dargelegt, werden Straßenreinigungsgebühren nach § 3 Abs. 1 Satz 1, 3 StrReinG NRW von den Eigentümern / Erbbauberechtigten der durch die Straße erschlossenen Grundstücke als Gegenleistung für die ihnen durch die Reinigung regelmäßig gewährten Sondervorteile erhoben. Dabei ist die durch die Straße in der Regel gegebene Möglichkeit einer sinnvollen wirtschaftlichen Nutzung schlechthin maßgeblich. Die bestimmungsgemäße Nutzung des mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks der Erbbauberechtigten hat ersichtlich objektive Vorteile (etwa die Nutzung zu Wohnzwecken und zur Mietzinserzielung). Die Möglichkeit eines (fußläufigen) Zuganges hin zur N1. Straße steht als weitere Option unabhängig neben der bereits bestehenden Erschließung über die L.---------straße und bliebe auch bestehen, dächte man die Erschließung zu letzterer Straße weg. 53Es ist rechtsunerheblich, ob die Zugangsmöglichkeit tatsächlich auch genutzt oder den Nutzern einen Zeitvorteil bei der Erreichbarkeit der öffentlichen Straße bringen würde. Ausschlaggebend ist für die Heranziehung alleine die bloße Aussicht, mindestens Zugang nehmen zu können, nicht jedoch, dass der Zugang auch tatsächlich besteht oder (wie und wie oft er) genutzt wird beziehungsweise ob er dem Eigentümer / Erbbauberechtigten wirtschaftlich sinnvoll erscheint. Der Gebührentatbestand knüpft an den ihm gewährten (Sonder-) Vorteil an, der bereits durch die Möglichkeit entsteht, einen Zugang zur Straße schaffen zu können, 54vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 21. Juni 2012 - 17 K 1759/11 -, juris; Wichmann, Straßenreinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis, 7. Aufl, Rn. 331 m.w.N. 55Daher ist es straßenreinigungsrechtlich irrelevant, ob die Kläger ein subjektives Interesse haben, dass Grundstück an die Verkehrsfläche N1. Straße anzubinden. Denn die zur Pflichtenbegründung erforderliche objektive Beziehung des Grundstücks zur Straße hängt nicht vom Belieben des Eigentümers / Erbbauberechtigten und seinen möglicherweise wechselnden subjektiven Interessen an der Realisierung oder Nutzung eines Zugangs ab. Für eine objektiv wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Schaffung eines solchen Zuganges sind ernstlich keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, geschweige denn vorgetragen. 56Schließlich dringen die Kläger auch nicht mit ihrer Ansicht durch, die „Einheit der Rechtsordnung“ geböte, den Gebührentatbestand nicht entstehen zu lassen, da sie sich zivilrechtlichen Haftungsansprüchen durch sich gegebenenfalls auf der Zuwegung verletzende Benutzer / Mieter ausgesetzt sähen. Anknüpfungspunkt für die straßenreinigungsrechtliche Erschließung ist nur die bloße Nutzungsmöglichkeit, die dem Grundstück grundsätzlich einen weiteren wirtschaftlichen und verkehrlichen Vorteil schlechthin eröffnet. Die Kläger werden durch den angefochtenen Gebührenbescheid nicht gehalten oder gar aufgefordert, einen Zugang faktisch zu errichten. Es ist ihre alleinige individuelle Entscheidung, inwieweit sie tatsächlich einen Zugang, der dann durch sie grundsätzlich fachgerecht angelegt und verkehrssicher gehalten werden müsste, eröffnen und dem Grundstück dadurch einen schon jetzt aktualisierten straßenreinigungsrechtlichen Vorteil konkret verschaffen wollen. 57II. Das Gericht konnte sich entgegen der Ansicht der Kläger ohne weitere Beweisaufnahmen allein anhand der im Verfahren vorgelegten hinreichend aussagekräftigen Lichtbilder einen für die rechtliche und tatsächliche Beurteilung insgesamt genügenden Eindruck der Gegebenheiten verschaffen. Ob etwa die Einnahme eines Augenscheins durch Besichtigung der Örtlichkeit oder die Einholung eines entsprechenden Sachverständigengutachtens geboten ist, obliegt grundsätzlich der Beurteilung des erkennenden Gerichts. Zwar sind die Gerichte grundsätzlich gehindert, wesentliche entscheidungserhebliche Tatsachen aus mittelbaren Erkenntnisquellen zu gewinnen, wenn unmittelbare Erkenntnismöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. § 96 Abs. 1 VwGO). Der Unmittelbarkeitsgrundsatz steht jedoch der Verwertung beigezogener Akten sowie der Auswertung beigebrachter Schriftstücke und Lichtbilder im Wege des Urkundenbeweises auch nicht generell entgegen. Er schließt das Absehen von einer Augenscheineinnahme / Sachverständigenbegutachtung jedenfalls dann nicht aus, wenn durch vorgelegte Fotografien die Örtlichkeiten in ihren für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Merkmalen hinreichend ausgewiesen werden und die Beteiligten keine davon abweichenden Merkmale behaupten, 58vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Oktober 1994 – 8 B 162/94 –, juris Rn. 2; BGH, Urteil vom 23. Juni 1987 - VI ZR 296/86 -, juris Rn. 14; BGH, Urteil vom 31. März 1981 - 1 StR 40/81 -, juris Rn. 7ff. 59So liegt der Fall hier. Schon die von den Klägern selbst mit Schriftsatz vom 10. März 2015 in das Verfahren eingebrachten Lichtbilder vermitteln einen hinreichend deutlichen Gesamteindruck von den örtlichen Gegebenheiten um die maßgebliche Frage einer etwaigen Eigenständigkeit der Grünfläche sowie einer tatsächlichen Zugangsmöglichkeit auf Grundlage der Rechtsauffassung des Gerichts beantworten zu können. Insbesondere lässt sich optisch die Bodenfläche hinreichend ersehen und beurteilen. Die Kläger haben auch im gesamten Verfahren keine von ihren eigenen Lichtbildern abweichenden Merkmale behauptet, geschweige denn auf entsprechenden Hinweis des Gerichts vom 28. August 2015, es halte die bislang im Verfahren vorgelegten Lichtbilder für hinreichend aussagekräftig zur Beurteilung der Örtlichkeit, maßgebliche neue Lichtbilder oder sonst beachtlichen Vortrag getätigt, der eine Beweisaufnahme dennoch geboten sein ließe. Es ist insbesondere nicht vorgetragen, inwieweit eine Augenscheineinnahme der Gegebenheiten, die auch immer nur ebenso wie eine Fotografie „Momentaufnahme“ sein kann, zu einem von der schriftlichen Darstellung abweichenden Ergebnis führen würde, zumal sich die Kläger nur mit den von der Beklagten vorgelegten Lichtbildern, die hier ohnehin allein hilfsweise herangezogen werden, nicht aber mit den von ihnen selbst vorgelegten auseinandersetzen. Die von den Klägern vorgetragenen witterungsbedingten Veränderungen der Örtlichkeit sind, ihren Eintritt unterstellt, wie zuvor dargelegt rechtsunerheblich und damit entscheidungsunerheblich. Daher bedarf es insoweit auch keiner sachverständigen Begutachtung. 60III. Hinsichtlich des Gebührenmaßstabes und der Gebührenhöhe sind keine Einwendungen getätigt worden, solche drängen sich auch nicht auf. 61IV. Gebührenpflichtig ist grundsätzlich der Buchgrundstückseigentümer des von der zu reinigenden Straße erschlossenen Grundstücks (§ 7 Abs. 1 Satz 1 StrS). Ist das Grundstück - wie hier - mit einem Erbbaurecht zu Gunsten der Kläger belastet (vgl. Erbbaugrundbuch Bl. 2087, Nr. 1), treten sie an die Stelle des Eigentümers, Herrn B. C. , so dass die Beklagte die zutreffenden Gebührenschuldner herangezogen hat (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 StrS, §§ 3 Abs. 1 Satz 2, 4 Abs. 1 Satz 4 StrReinG NRW). 62C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Zivilprozessordnung. 63Die Berufung war nicht von Amts wegen gem. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO nicht vorliegen.
die klage wird abgewiesen. die kläger tragen die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die kläger dürfen die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die kläger sind je zur hälfte erbbauberechtigte an dem mit einem wohnhaus bebauten, im gebiet der stadt n. gelegenen, grundstück mit der postalischen bezeichnung l.---------straße 386 (flur 15, flurstück 120; erbbaugrundbuch t. , bl. 2087). eigentümer des grundstücks ist seit dem jahre 2012 herr b. c. (grundbuch t. , bl. 2083). 3das grundstück grenzt mit 13,00 zugrundegelegten frontmetern an die gereinigte öffentliche l.---------straße an und liegt mit 15,00 veranlagten frontmetern an der gereinigten öffentlichen n1. straße. anlässlich der bebauung des grundstückes mit einem mehrfamilienhaus im jahre 2013 / 2014 wurden für die bewohner die baulichen zugänglichkeiten allein von der l.---------straße aus geschaffen. zur n1. straße hin haben die kläger eine durchgehende etwa 1,80 meter hohe mauer aus mehrteiligen betonplatten errichtet mit einer straßenseitig davor befindlichen eigenen teilbepflanzung. an der dem grundstück zugewandten mauerseite befindet sich ausweislich der von den klägern der klageschrift beigefügten anlage 3 (bauantrag) eine befestigte hoffläche über eine länge von etwa 6,00 metern und eine bebauung mit einer garage sowie einem abstellraum über eine länge von ca. 10,00 metern. an der der straße zugewandten mauerseite grenzt ein im eigentum der beklagten stehender etwa 3,50 meter tiefer, zum flurstück der straße gehörender, unbefestigter grünstreifen an. nach einem sich daran wiederrum anschließenden gehweg und einem radweg folgt sodann die fahrbahn. den grünstreifen bepflanzte das gartenbauamt der beklagten teilweise mit bodendeckern (lonicera). vor der baumaßnahme und dem hier streitigen veranlagungsjahr 2015 existierte ein über die grünfläche laufender schmaler, ausweislich der im verfahren vorgelegten lichtbilder mit mindestens aufgelegten betonplatten bedeckter, privater weg (etwa 60 cm breit) zwischen dem grundstück und der n1. straße, der mittels eines gartentörchens versperrt werden konnte. 4in der den klägern erteilten baugenehmigung vom 10. januar 2013 ist unter nr. 20 der nebenbestimmungen geregelt, ein zufahrt zu den garagen und dem carport sei von der n1. straße aus nicht zulässig. auf gerichtliche nachfrage vom 22. juni 2015 teilte die beklagte mit schreiben vom 1. juli 2015 mit, es gebe keine bauplanungs- oder bauordnungsrechtlichen bedenken gegen eine öffnung, beispielsweise für fußgänger, in der von den klägern errichteten mauer zur n1. straße hin. mit ergänzender stellungname vom 19. august 2015 teilte sie weiter mit, auch sonstige ortsrechtliche hindernisse stünden einer fußwegung nicht entgegen, eine (befestigte) zuwegung würde geduldet, es dürfe allein nicht in den wurzelbereich des großen sich auf dem grünstreifen befindlichen baumes eingegriffen werden. hecke und bodenbewuchs könnten durch die kläger im bereich der zuwegung gerodet werden. 5mit bescheid über die festsetzung der grundbesitzabgaben für das jahr 2015 vom 21. januar 2015 zog die beklagte die kläger zu straßenreinigungsgebühren für die l.---------straße (103,48 euro) und für die n1. straße (119,40 euro) heran. 6die kläger haben am 28. januar 2015 beschränkt auf die festsetzung für die n1. straße in höhe von 119,40 euro klage erhoben. 7zur begründung tragen sie im wesentlichen vor, der bescheid sei im angefochtenen umfange rechtswidrig. es gebe keinen zugang zu dieser straße, ein solcher könne auch nicht zumutbar geschaffen werden. im rahmen der bauphase des mehrfamilienhauses hätten sie von einem mitarbeiter des bauamtes der beklagten die mündliche auskunft erhalten, es dürfe überhaupt kein zugang zur n1. straße hin geschaffen werden. daraufhin hätten sie die benannte mauer errichtet. ungeachtet dessen würden die tatsächlichen verhältnisse aber auch einen zugang nicht ermöglichen. nicht nur läge das grundstück 50 cm tiefer als der straßenkörper, es schließe sich auch nicht der gehweg unmittelbar an, sondern ein verwilderter, durchwurzelter und unbefestigter, mit unrat übersähter grünstreifen. bei der eröffnung eines zuganges setzten sie sich aufgrund des verletzungsrisikos der grundstücksnutzer bei einem überschreiten des unbefestigten grünstreifens zivilrechtlichen schadensersatzansprüchen aus; ein gefahrloses betreten sei nicht möglich, mit personen- und sachschäden zu rechnen. ihnen könne nach dem grundsatz der einheit der rechtsordnung nicht öffentlich-rechtlich etwas zugemutet werden, was zivilrechtlich verboten sei. ein zugang diene nur der realisierung des gebührenanspruches, was rechtswidrig sei. die beklagte möge selbst einen weg bauen. eine fußläufige verbindung zur n1. straße hin sei schließlich weder eine übliche noch wirtschaftlich sinnvolle nutzung. der zugang über die l.---------straße würde ausschließlich von den bewohnern des grundstücks genutzt, eine öffnung hin zu der n1. straße biete keinen nennenswerten zeitvorteil bei der nutzung des grundstücks. 8die kläger beantragen schriftsätzlich sinngemäß, 9den bescheid der beklagten über die festsetzung der grundbesitzabgaben für das jahr 2015 vom 21. januar 2015 insoweit aufzuheben, als straßenreinigungsgebühren in höhe von mehr als 103,48 euro festgesetzt werden. 10die beklagte beantragt schriftsätzlich, 11die klage abzuweisen. 12für die erschließung des in rede stehenden grundstücks komme es allein auf die bloße zugangsmöglichkeit an. soweit die kläger auf die nebenbestimmung nr. 20 in der baugenehmigung abstellten, begründe diese nur für fahrzeuge ein zufahrts-, jedoch für fußgänger kein zugangsverbot zur n1. straße hin. auch stehe die von den klägern errichtete betonmauer einer tatsächlichen erschließung nicht entgegen, da es sich um ein selbst geschaffenes zugangshindernis handele, welches die kläger für eine öffnung insoweit beseitigen könnten. der geltend gemachte höhenunterschied zwischen grundstück und straßenkörper sei geringfügig und daher rechtlich unbeachtlich. auch in der vergangenheit habe es bereits ohne tatsächliche zugangsschwierigkeiten einen kleinen plattierten weg mit törchen gegeben. der grünstreifen sei nur äußerst lückenhaft mit niedrigem von ihr gepflanztem gehölz bewachsen und ließe ein verletzungsfreies betreten ohne weiteres zumutbar zu. das fehlende interesse der kläger an einer zuwegung sei rechtlich unerheblich. 13die beteiligten haben sich nach entsprechender gerichtlicher anfrage vom 28. august bzw. 11. september 2015 mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. 14wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie den des beigezogenen verwaltungsvorganges verwiesen. 15
16a. das gericht konnte mit einverständnis der beteiligten ohne mündliche verhandlung entscheiden (§ 101 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung ‑ vwgo ‑). 17b. die zulässige klage ist unbegründet. 18der bescheid vom 21. januar 2015 ist im angefochtenen umfange rechtmäßig und verletzt die kläger nicht in ihren rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 19i. rechtsgrundlage für die heranziehung zu straßenreinigungs- und winterdienstgebühren ist die satzung der beklagten über die straßenreinigung und die erhebung von straßenreinigungsgebühren vom 20. dezember 1978 in der fassung des 38. nachtrages vom 18. dezember 2014 (strs). nach § 5 abs. 1 satz 1 strs erhebt die beklagte für die von ihr durchgeführte reinigung der öffentlichen straßen, zu denen ausweislich des straßenverzeichnisses auch die öffentliche n1. straße im hier maßgeblichen abschnitt gehört, benutzungsgebühren. erschlossen ist ein grundstück nach § 4 abs. 2 strs, wenn es rechtlich und tatsächlich eine zugangsmöglichkeit zur straße hat und dadurch eine innerhalb geschlossener ortslagen übliche und sinnvolle wirtschaftliche grundstücksnutzung ermöglicht wird. 201. dieser auf § 3 abs. 1 satz 1 gesetz über die reinigung öffentlicher straßen - strreing nrw - fußende und hier nicht zu beanstandende erschließungsbegriff ist weiter als derjenige der §§ 131 und 133 baugesetzbuch - baugb -, 21vgl. ovg nrw, beschluss vom 26. september 2013 - 9 a 1809/11 -, juris rn. 27ff.; ovg nrw, beschluss vom 17. juli 2003 - 9 a 3207/02 -, juris rn. 9ff.; ovg nrw, urteil vom 26. februar 2003 ‑ 9 a 2355/00 ‑, juris rn. 31ff., jew. m.w.n. 22bei seiner auslegung ist zu berücksichtigen, dass die straßenreinigung im system der öffentlichen lasten eine natural- und/oder geldlast als ausgleich für besondere, dem grundstückseigentümer erwachsende vorteile darstellt, 23vgl. zur auslegung des erschließungsbegriffs im straßenreinigungsrecht: bverwg, beschluss vom 31. märz 1998 - 8 b 43.98 -, juris; ovg nrw, beschluss vom 26. september 2013 – 9 a 1809/11 –, juris rn. 29 ff. 24die rechtfertigung, die grundeigentümer oder ihnen rechtlich gleichgestellte personen im verhältnis zur allgemeinheit für die straßenreinigung mit gebühren zu belasten, besteht darin, dass die straßenreinigung objektiv in ihrem besonderen interesse liegt und sich für sie in bezug auf die möglichkeit der wirtschaftlichen und verkehrlichen nutzung der grundstücke vorteilhaft auswirkt. der kreis der eigentümer, die unter dem gesichtspunkt von sondervorteilen ein objektives interesse an der straßenreinigung haben, ist also nicht nur auf jene eigentümer beschränkt, denen die straße speziell eine bauliche und gewerbliche nutzung im sinne der baurechtlichen bestimmungen vermittelt. gemeint ist vielmehr die durch die straße in der regel gegebene möglichkeit einer wirtschaftlichen nutzung schlechthin. wo diese möglichkeit aus rechtlichen oder tatsächlichen gründen ausnahmsweise nicht gegeben ist und ohne wesentliche änderung der verhältnisse auch künftig nicht eintreten kann, fehlt es an einer erschließenden beziehung zwischen straße und grundstück und eine heranziehung des grundstückseigentümers zu straßenreinigungsgebühren kommt nicht in betracht, 25vgl. gesetzesbegründung der landesregierung, lt- drs. 8/33, s. 8; s. bereits bverwg, urteil vom 10. mai 1974 – vii c 46.72 –, juris rn. 18; bverwg, urteil vom 24. oktober 1969 – vii c 16.69 –, kstz 1970, 92f.; ovg nrw, beschluss vom 26. september 2013 – 9 a 1809/11 –, juris rn. 33 f. 26die dem grundstückseigentümer erwachsenden vorteile müssen in beziehung zum zweck der straßenreinigung stehen. dieser erschließt sich aus sinn und regelungsgehalt der bestimmungen des straßenreinigungsgesetzes unter berücksichtigung der gesetzesbegründung. danach sollte die novellierung des straßenreinigungsgesetzes dem gesichtspunkt rechnung tragen, dass die straßenreinigung sich von einer ursprünglich rein ordnungsrechtlichen pflicht zur gefahrenabwehr zu einem teil der allgemeinen daseinsvorsorge weiterentwickelt hatte. diese vorsorge bezieht sich auf die innerhalb der geschlossenen ortslagen gelegenen öffentlichen straßen. straßenreinigungsrechtlich erschlossen sind deshalb nur solche grundstücke, deren eigentümer von der straßenreinigung innerhalb der geschlossenen ortslage einen speziellen, sich auf das geordnete zusammenleben der örtlichen gemeinschaft auswirkenden vorteil haben, wie es beispielsweise bei regelmäßiger sauberhaltung der innerörtlichen straßen sowohl unter dem aspekt eines erleichterten ortsverkehrs für die einwohner der gemeinde als auch demjenigen der hygiene der fall ist, 27vgl. ovg nrw, beschluss vom 26. september 2013 – 9 a 1809/11 –, juris rn. 37 f.; ovg nrw, urteil vom 26. februar 2003 – 9 a 2355/00 –, juris rn. 41. 282. nach diesen maßstäben ist das flurstück 15, flur 120 durch die n1. straße erschlossen. 29über den einen unselbstständigen bestandteil der n1. straße bildenden grünstreifen (a.) hinweg besteht eine rechtliche (b.) und tatsächliche (c.) zugangsmöglichkeit zu dem erbbaubehafteten grundstück. dadurch wird innerhalb geschlossener ortslagen eine übliche und sinnvolle wirtschaftliche grundstücksnutzung ermöglicht (d.). 30a. die erschließung wird nicht durch den etwa 3,50 meter tiefen grünstreifen zwischen asphaltiertem straßen-/fahrrad-/gehwegsbereich der n1. straße und dem grundstück der erbbauberechtigten kläger gehindert. liegt zwischen einem grundstück und einer straße ein grünstreifen, kommt es darauf an, ob es sich hierbei um eine eigenständige, nicht der erschließung des grundstücks dienende anlage oder um ein bloßes zur straße gehörendes, sog. straßenbegleitgrün handelt. ausweislich des katasterauszuges in dem verwaltungsvorgang der beklagten (bl. 1, 21) ist die grünfläche kein eigenes städtisches flurstück, sondern gehört zu dem flurstück „straße“ als katastermäßige einheit. ungeachtet dieser zugehörigkeit spricht die für die beurteilung letztlich entscheidende „natürliche betrachtungsweise“, 31vgl. ovg nrw urteil vom 3. dezember 2012 - 9 a 193/10 -, juris rn. 28ff.; ovg nrw, beschluss vom 27. september 2012 - 9 a 2573/10 -, juris rn. 28ff; driehaus, in: driehaus kommunalabgabenrecht, bd. i, std. sept. 2014, § 6 rn. 448; wichmann, straßenreinigung und winterdienst in der kommunalen praxis, 7. aufl., rn. 337, 32gegen eine selbstständige erschließungsanlage und für ein bloßes begleitgrün ohne eigenständig trennende bedeutung. 33die grünfläche dient schon nicht bestimmten, für besucher geschaffenen erholungszwecken (z.b.: ruhebank; blumenbeete, verschönerungszweck durch aufstellung eines findlings, kunstgegenstände), 34vgl. ovg nrw, beschluss vom 21. februar 1983 - 2 a 882/82 -, kstz 1983, 192, 35oder sonstigen, nicht als zugang zu dem grundstück oder der straße selbst dienenden erschließungszwecken, 36vgl. etwa zu religiösen zwecken: ovg nrw, beschluss vom 29. september 2012 - 9 a 2573/10 -, juris. 37sie ist auch ausweislich der von den klägern überreichten lichtbilder (bl. 24 bis 27 ga), die bereits für sich hinreichend aussagekräftig zur beurteilung der örtlichkeit sind, lediglich mit einem einzelnen großen baum bewachsen. gänzlich trennende, ununterbrochen dichte bepflanzungen durch die beklagte parallel zur straße existieren auf der ganzen länge des grünstreifens nach den vorzitierten lichtbilder nicht und können daher dem grünstreifen straßenreinigungsrechtlich kein eigenes gewicht verleihen. hinsichtlich seiner ausdehnung über die gesamte frontlänge des grundstücks hin zur n1. straße können ihm bei 3,50 metern tiefe ebenso noch keine die räumlich enge beziehung zwischen grundstück und straße aufhebende eigenschaft zugesprochen werden. sonstige beachtliche hindernisse sind aus den vorbenannten lichtbildern der kläger auch nicht erkennbar. dies gilt selbst bei annahme eines höhenunterschiedes von etwa 50 cm zwischen der n1. straße und dem in rede stehenden grundstück zu gunsten der kläger. dieser niveauunterschied ist derart geringfügig, dass aus ihm kein rechtlich eigenständiges gewicht des grünstreifens erwächst. damit liegt das grundstück im straßenreinigungsrechtlichen sinne unmittelbar an der dem öffentlichen verkehr gewidmeten straße. 38b. es besteht weiter eine rechtlich gesicherte zugangsmöglichkeit von der n1. straße aus. dieser steht nicht entgegen, dass in der den klägern erteilten baugenehmigung vom 10. januar 2013 als nebenbestimmung nr. 20 festgelegt ist, eine zufahrt zu den garagen und dem carport sei von der n1. straße aus nicht zulässig. denn die erschließung im straßenreinigungsrechtlichen sinne setzt nicht voraus, die straße gewährleiste rechtlich und tatsächlich, mit personen- und versorgungsfahrzeugen könne an die grundstücksgrenze herangefahren werden und den grundstücken würde so im straßenrechtlichen sinne eine zufahrt geboten. die erschließung muss nicht den bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen anforderungen für eine bauliche oder gewerbliche nutzung eines grundstücks genügen. es reicht vielmehr - wovon die beklagte zutreffend ausgeht - grundsätzlich die tatsächliche und rechtlich abgesicherte möglichkeit eines fußläufigen zuganges aus, 39vgl. ovg nrw, beschluss vom 3. juni 2014 - 9 a 535/12 -, n.v.; ovg nrw, beschluss vom 26. september 2013 - 9 a 1809/11 -, juris rn. 39 ff.; driehaus, in: driehaus kommunalabgabenrecht, bd. i, std. sept. 2014, § 6 rn. 439. 40die beklagte hat auf gerichtliche nachfrage vom 22. juni 2015 schriftsätzlich erklärt, bauplanungs- und bauordnungsrechtliche bedenken gegen eine öffnung der klägerseits zur n1. straße hin errichteten betonmauer, beispielsweise für fußgänger, bestünden nicht. vor dem hintergrund dieser für das streitgegenständliche gebührenjahr 2015 getätigten erklärung kommt es auf den von den klägern vorgebrachten und unter beweis gestellten einwand, vor baubeginn im jahre 2013 / 2014 habe ihnen mündlich ein „zuständiger mitarbeiter für die bauleitplanung“ die auskunft gegeben, es dürfe aus baurechtlichen gesichtspunkte keine öffnung hin zur n1. straße erfolgen, nicht mehr an. eine solche auskunft - so sie denn seinerzeit überhaupt und mit diesem inhalt gegeben wurde - ist für das entstehen des aktuellen öffentlich-rechtlichen gebührentatbestandes unbeachtlich. 41mit weiterem schriftsatz vom 19. august 2015 hat die beklagte zudem ergänzend erklärt, der errichtung eines fußläufigen zuganges stünden sonstige ortsrechtliche hindernisse nicht entgegen. dabei ist nicht zu beanstanden, dass sie - beispielhaft für eine mögliche zuwegung - auf den vor der baumaßnahme der kläger im jahre 2013 / 2014 unstreitig bestehenden privaten zugang zu dem grundstück von der n1. straße aus bezug nimmt (vgl. insoweit die nicht bestrittenen lichtbilder der beklagten bl. 76 - 78 ga zur früheren zugangssituation). denn bei diesem weg handelte es sich um eine für die straßenreinigungsrechtliche erschließung ohne weiteres taugliche zuwegung und zwar ungeachtet ihres seinerzeitigen erhaltungszustandes, den die kläger im einzelnen bemängeln. ein ähnlicher zugang würde auch aktuell geduldet und insoweit ist die vorzitierte erklärung der beklagten hinsichtlich des eingriffs in etwaig vorhandenes wurzelwerk des einzig dort wachsenden großen baumes (vgl. lichtbilder der kläger bl. 25 und 26 ga) bei verständiger auslegung nur zu verstehen. eine zuwegung vergleichbar der früheren einschließlich ihrer fachgerechten anlegung würde durch die beklagte geduldet, zumal diese auch nicht unmittelbar an dem großen baum vorbeiführen müsste, sondern ebenso etwa an einer entfernteren stelle, nämlich in der nähe der grundstücksgrenze zum flurstück 29 (vgl. lichtbild der kläger bl. 24 ga) ausgeführt werden könnte. ungeachtet dessen ist allgemein bekannt, dass die anlegung eines fußläufigen plattierten zuganges mit entsprechendem fundament eher einen verhältnismäßig an der bodenoberfläche verbleibenden kleineren eingriff in grund und boden und vorhandenes wurzelwerk eines ersichtlich über mehrere jahrzehnte gewachsenen großen, einige meter von der maßnahme entfernt stehenden baumes darstellt. die duldung der beklagten schließt daher offenkundig nur substantielle eingriffe in das wurzelwerk aus. schließlich hat die beklagte im übrigen erklärt, die von ihr gepflanzten sträucher und gehölze könnten durch die kläger in dem für den zugang maßgeblichen bereich gerodet werden. 42c. die erschließung ist in tatsächlicher hinsicht gesichert, die kläger haben eine solche zugangsmöglichkeit von der n1. straße aus. 43aa. für das gericht erschließt sich bereits aus den von den klägern vorgelegten lichtbildern (etwa bl. 24 und 25 ga) ohne weiteres und aktuell hinreichend aussagekräftig und damit erwiesen, dass der grünstreifen fußläufig ohne größere anstrengungen auf den ebenen bereichen über- und betreten sowie auf einer ausreichenden breite die klägerseits errichtete mauer - gerade wenn man die von den klägern selbst errichtete bepflanzung hinwegdenkt - erreicht werden kann. die auf den vorzitierten lichtbildern ersichtliche bewurzelung und die niedrige verstrüppung an der unmittelbaren bodenoberfläche bilden keine derart durchgehend trennenden merkmale, welche die zugangsmöglichkeit entfallen ließen. insbesondere sind die gestrüppe der von der beklagten zurückgeschnitten lonicera nicht flächig und so hoch ausgeprägt, dass ein vorbeigehen nicht mehr möglich wäre. dies bekräftigen im übrigen die hilfsweise zur beurteilung herangezogenen lichtbilder der beklagten (bl. 53 bis 56, 58 ga), die kein von den klägerischerseits dargebrachten lichtbildern abweichendes bild ergeben. wie sich die bepflanzung vor dem streitgegenständlichen veranlagungsjahr darstellte ist nicht entscheidungserheblich. zu keinem anderen ergebnis führt der von den klägern behauptete höhenunterscheid von ca. 50 cm zur straße hin (vgl. b. i. 2. a.). dieser niveauunterschied setzt dem vorhandensein einer erschließung im straßenreinigungsrechtlichen sinne keine durchgreifenden zweifel aus, selbst wenn die differenz dem straßenkörper zuzurechnen wäre. bezogen auf die grundstücksgrenze wäre der - unterstellte - höhenunterschied so gering, dass er mithilfe von ein oder zwei stufen zumutbar zu überwinden wäre, 44vgl. vg düsseldorf, urteil vom 31. oktober 2014 - 17 k 8246/13 -, juris. 45eine rechtlich andere beurteilung der zugangsmöglichkeit folgt schließlich nicht aus den geltend gemachten witterungsbedingten veränderungen des grünstreifens (z.b.: laubfall, schnee, matsch, aufgeweichter boden). sie sind naturgemäß lediglich vorübergehend und haben topografisch keinerlei die tatsächliche zugangsmöglichkeit verwehrende wirkung. es handelt sich um hinzunehmende auswirkungen wie sie bei jedem unbefestigten und mit laubbäumen bewachsenen grünstreifen auftreten können, ohne dass er dadurch tatsächlich die möglichkeit eines zugangs verschlösse. im übrigen war auch bereits vor der klägerischen baumaßnahme 2013 / 2014 eine zuwegung - ungeachtet ihres ausbauzustandes - vorhanden. 46bb. die existenz der von den klägern auf dem grundstück errichteten mauer sowie die von ihnen vorgenommenen bepflanzungen (wohl thuja und kirschlorbeer) sind als selbst, d.h. von den klägern geschaffene zugangshindernisse für die tatsächliche zugangsmöglichkeit von der n1. straße aus unbeachtlich, 47vgl. ovg nrw, urteil vom 23. juli 2014 – 9 a 2119/12 –, juris rn. 36, ovg nrw, urteil vom 3. dezember 2012 - 9 a 193/10 -, juris rn. 34f., ovg nrw, beschluss vom 27. september 2012 ‑ 9 a 2573/10 ‑, juris. 48dies gilt jedenfalls für den mauerteil der mit einer frontlänge von etwa 6,00 metern zur n1. straße hin liegt und die befestigte hoffläche des grundstücks von der grünfläche trennt. 49dass die kläger bislang keinen zugang geschaffen haben, weil sie wegen der bei ihrem mehrfamilienhaus gegebenen möglichkeit das haus von der l.---------straße aus zu erreichen dafür keine notwendigkeit sehen, stellt nicht in frage, dass sie, wenn dieser anderweitige zugang nicht bestünde, ihr grundstück über die zugangsmöglichkeit n1. straße tatsächlich fußläufig erreichen könnten. mehr verlangt der landesrechtliche begriff der erschließung im straßenreinigungsrechtlichen sinn nicht; höhere anforderungen folgen auch nicht aus bundesrecht, 50vgl. bverwg, urteil vom 11. märz 1988 - 4 c 78.84 -, juris rn. 21 ff. 51d. entgegen der ansicht der kläger vermittelt die tatsächliche wie rechtliche zugangsmöglichkeit dem grundstück schließlich eine übliche und sinnvolle wirtschaftliche grundstücksnutzung. 52wie unter b. i. 1. dargelegt, werden straßenreinigungsgebühren nach § 3 abs. 1 satz 1, 3 strreing nrw von den eigentümern / erbbauberechtigten der durch die straße erschlossenen grundstücke als gegenleistung für die ihnen durch die reinigung regelmäßig gewährten sondervorteile erhoben. dabei ist die durch die straße in der regel gegebene möglichkeit einer sinnvollen wirtschaftlichen nutzung schlechthin maßgeblich. die bestimmungsgemäße nutzung des mit einem mehrfamilienhaus bebauten grundstücks der erbbauberechtigten hat ersichtlich objektive vorteile (etwa die nutzung zu wohnzwecken und zur mietzinserzielung). die möglichkeit eines (fußläufigen) zuganges hin zur n1. straße steht als weitere option unabhängig neben der bereits bestehenden erschließung über die l.---------straße und bliebe auch bestehen, dächte man die erschließung zu letzterer straße weg. 53es ist rechtsunerheblich, ob die zugangsmöglichkeit tatsächlich auch genutzt oder den nutzern einen zeitvorteil bei der erreichbarkeit der öffentlichen straße bringen würde. ausschlaggebend ist für die heranziehung alleine die bloße aussicht, mindestens zugang nehmen zu können, nicht jedoch, dass der zugang auch tatsächlich besteht oder (wie und wie oft er) genutzt wird beziehungsweise ob er dem eigentümer / erbbauberechtigten wirtschaftlich sinnvoll erscheint. der gebührentatbestand knüpft an den ihm gewährten (sonder-) vorteil an, der bereits durch die möglichkeit entsteht, einen zugang zur straße schaffen zu können, 54vgl. vg düsseldorf, urteil vom 21. juni 2012 - 17 k 1759/11 -, juris; wichmann, straßenreinigung und winterdienst in der kommunalen praxis, 7. aufl, rn. 331 m.w.n. 55daher ist es straßenreinigungsrechtlich irrelevant, ob die kläger ein subjektives interesse haben, dass grundstück an die verkehrsfläche n1. straße anzubinden. denn die zur pflichtenbegründung erforderliche objektive beziehung des grundstücks zur straße hängt nicht vom belieben des eigentümers / erbbauberechtigten und seinen möglicherweise wechselnden subjektiven interessen an der realisierung oder nutzung eines zugangs ab. für eine objektiv wirtschaftliche unzumutbarkeit der schaffung eines solchen zuganges sind ernstlich keinerlei anhaltspunkte ersichtlich, geschweige denn vorgetragen. 56schließlich dringen die kläger auch nicht mit ihrer ansicht durch, die „einheit der rechtsordnung“ geböte, den gebührentatbestand nicht entstehen zu lassen, da sie sich zivilrechtlichen haftungsansprüchen durch sich gegebenenfalls auf der zuwegung verletzende benutzer / mieter ausgesetzt sähen. anknüpfungspunkt für die straßenreinigungsrechtliche erschließung ist nur die bloße nutzungsmöglichkeit, die dem grundstück grundsätzlich einen weiteren wirtschaftlichen und verkehrlichen vorteil schlechthin eröffnet. die kläger werden durch den angefochtenen gebührenbescheid nicht gehalten oder gar aufgefordert, einen zugang faktisch zu errichten. es ist ihre alleinige individuelle entscheidung, inwieweit sie tatsächlich einen zugang, der dann durch sie grundsätzlich fachgerecht angelegt und verkehrssicher gehalten werden müsste, eröffnen und dem grundstück dadurch einen schon jetzt aktualisierten straßenreinigungsrechtlichen vorteil konkret verschaffen wollen. 57ii. das gericht konnte sich entgegen der ansicht der kläger ohne weitere beweisaufnahmen allein anhand der im verfahren vorgelegten hinreichend aussagekräftigen lichtbilder einen für die rechtliche und tatsächliche beurteilung insgesamt genügenden eindruck der gegebenheiten verschaffen. ob etwa die einnahme eines augenscheins durch besichtigung der örtlichkeit oder die einholung eines entsprechenden sachverständigengutachtens geboten ist, obliegt grundsätzlich der beurteilung des erkennenden gerichts. zwar sind die gerichte grundsätzlich gehindert, wesentliche entscheidungserhebliche tatsachen aus mittelbaren erkenntnisquellen zu gewinnen, wenn unmittelbare erkenntnismöglichkeiten zur verfügung stehen (vgl. § 96 abs. 1 vwgo). der unmittelbarkeitsgrundsatz steht jedoch der verwertung beigezogener akten sowie der auswertung beigebrachter schriftstücke und lichtbilder im wege des urkundenbeweises auch nicht generell entgegen. er schließt das absehen von einer augenscheineinnahme / sachverständigenbegutachtung jedenfalls dann nicht aus, wenn durch vorgelegte fotografien die örtlichkeiten in ihren für die rechtliche beurteilung maßgeblichen merkmalen hinreichend ausgewiesen werden und die beteiligten keine davon abweichenden merkmale behaupten, 58vgl. bverwg, beschluss vom 13. oktober 1994 – 8 b 162/94 –, juris rn. 2; bgh, urteil vom 23. juni 1987 - vi zr 296/86 -, juris rn. 14; bgh, urteil vom 31. märz 1981 - 1 str 40/81 -, juris rn. 7ff. 59so liegt der fall hier. schon die von den klägern selbst mit schriftsatz vom 10. märz 2015 in das verfahren eingebrachten lichtbilder vermitteln einen hinreichend deutlichen gesamteindruck von den örtlichen gegebenheiten um die maßgebliche frage einer etwaigen eigenständigkeit der grünfläche sowie einer tatsächlichen zugangsmöglichkeit auf grundlage der rechtsauffassung des gerichts beantworten zu können. insbesondere lässt sich optisch die bodenfläche hinreichend ersehen und beurteilen. die kläger haben auch im gesamten verfahren keine von ihren eigenen lichtbildern abweichenden merkmale behauptet, geschweige denn auf entsprechenden hinweis des gerichts vom 28. august 2015, es halte die bislang im verfahren vorgelegten lichtbilder für hinreichend aussagekräftig zur beurteilung der örtlichkeit, maßgebliche neue lichtbilder oder sonst beachtlichen vortrag getätigt, der eine beweisaufnahme dennoch geboten sein ließe. es ist insbesondere nicht vorgetragen, inwieweit eine augenscheineinnahme der gegebenheiten, die auch immer nur ebenso wie eine fotografie „momentaufnahme“ sein kann, zu einem von der schriftlichen darstellung abweichenden ergebnis führen würde, zumal sich die kläger nur mit den von der beklagten vorgelegten lichtbildern, die hier ohnehin allein hilfsweise herangezogen werden, nicht aber mit den von ihnen selbst vorgelegten auseinandersetzen. die von den klägern vorgetragenen witterungsbedingten veränderungen der örtlichkeit sind, ihren eintritt unterstellt, wie zuvor dargelegt rechtsunerheblich und damit entscheidungsunerheblich. daher bedarf es insoweit auch keiner sachverständigen begutachtung. 60iii. hinsichtlich des gebührenmaßstabes und der gebührenhöhe sind keine einwendungen getätigt worden, solche drängen sich auch nicht auf. 61iv. gebührenpflichtig ist grundsätzlich der buchgrundstückseigentümer des von der zu reinigenden straße erschlossenen grundstücks (§ 7 abs. 1 satz 1 strs). ist das grundstück - wie hier - mit einem erbbaurecht zu gunsten der kläger belastet (vgl. erbbaugrundbuch bl. 2087, nr. 1), treten sie an die stelle des eigentümers, herrn b. c. , so dass die beklagte die zutreffenden gebührenschuldner herangezogen hat (vgl. § 7 abs. 1 satz 2 strs, §§ 3 abs. 1 satz 2, 4 abs. 1 satz 4 strreing nrw). 62c. die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo, die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit fußt auf § 167 abs. 1 satz 1 und abs. 2 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zivilprozessordnung. 63die berufung war nicht von amts wegen gem. § 124a abs. 1 satz 1 vwgo zuzulassen, da die voraussetzungen des § 124 abs. 2 nr. 3, 4 vwgo nicht vorliegen.
Verklagte*r
0
328,144
6 K 2731/19
2020-05-06T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die am 00.00.00 geborene Klägerin erhielt auf der Grundlage eines Bewilligungsbescheides des Beklagten vom 30.10.2018 für den Zeitraum von September 2018 bis einschließlich August 2019 Leistungen der öffentlichen Ausbildungsförderung nach dem Bundesgesetz zur individuellen Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG -) in Höhe von insgesamt 222,00 Euro monatlich für ihr im Wintersemester 2018/2019 begonnenes Bachelorstudium des Wirtschaftsrechts an der Fachhochschule in C. . Auf ihren förderrechtlichen Bedarf wurde kein eigenes, sondern nur elterliches Einkommen angerechnet. 3Im April 2019 legte die Klägerin dem Beklagten einen mit der Bundesagentur für Arbeit geschlossenen Fördervertrag vom 27.3.2019 vor, wonach sie ab dem 1.4.2019 Leistungen in Gestalt von Förderbeträgen in Höhe von 880 Euro im Monat in der Vorlesungszeit und Praktikumsvergütungen in Höhe von 1.570 Euro im Monat für in der vorlesungsfreien Zeit zu absolvierende Praxiszeiten erhält. Der Fördervertrag hat im Wesentlichen den folgenden Inhalt: 4 „§ 1 Art und Umfang der Förderung 5(1) Gegenstand des Vertrages ist die Förderung eines wissenschaftsbezogenen und praxisorientierten Studiums, dessen Abschluss der international anerkennte ‚Bachelor of Laws‘ bildet. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) unterstützt Studierende finanziell während der Wahrnehmung ihres Studiums. Sie stellt auch einen Platz zur Durchführung der von der Hochschule im Rahmen des Studiums vorgesehenen betrieblichen Praxiszeiten zur Verfügung. Ziel ist die Vorbereitung, Unterstützung und Vervollständigung der Ausbildung für den zukünftigen Beruf. Die theoretische Grundlagenvermittlung bleibt originäre Aufgabe der Hochschule. 6(2) Zu den betrieblichen Praxiszeiten nach Absatz 1 gehören ein praktisches Studiensemester und Zusatzpraxiszeiten, die in den vorlesungsfreien Zeiten zu absolvieren sind: 7Ein praktisches Studiensemester ist ein in das Studium integriertes, von der Hochschule geregeltes, inhaltlich bestimmtes, betreutes und mit Lehrveranstaltungen vorbereitetes und begleitetes Studiensemester, das frühestens ab dem 5. Semester in der BA abgeleistet wird. 8Die Praxiszeit dient der Vermittlung praktischer Kenntnisse. […] 9Die Zusatzpraxis wird während der vorlesungsfreien Zeit nach jedem Semester in Dienststellen der BA durchgeführt. 10[…] 11 § 3 Pflichten der Vertragspartner 12(1) Die BA verpflichtet sich, 13141. der Studierenden in den Praxiszeiten entsprechend den unter § 1 genannten Bedingungen sowie dem anliegenden Praktikumsplan, welcher Bestandteil dieses Vertrages ist, auszubilden und fachlich zu betreuen; die Studierende insbesondere folgende Arbeitsbereiche durchlaufen: 15Interner Service, Operativer Service, Familienkasse 16172. der Studierenden nur Aufgaben zu übertragen, die dem Studienzweck dienen, 18[…] 19207. der Studierenden nach erfolgreich beendetem Studium (Erhalt der Bachelor-Urkunde) mindestens einen auf zunächst zwei Jahre befristeten Arbeitsvertrag in Vollzeit mit der BA anzubieten. Die Eingruppierung erfolgt nach den tariflichen Bestimmungen der BA, entsprechend der Bewertung des zu übertragenden Dienstpostens. 21(2) Die Studierende verpflichtet sich, sich dem Ausbildungszweck entsprechend zu verhalten, insbesondere 22231. die Kenntnisse, Fertigkeiten und praktischen Erfahrungen zu erwerben, die erforderlich sind, um das Studienziel zu erreichen, 24[…] 252612. ein nach Abs. 1 Nr. 7 angebotenes befristetes Arbeitsverhältnis anzunehmen. 27 § 4 Förderbetrag und sonstige Leistungen 28(1) Die Studierende erhält für die Dauer des Studiums während der Vorlesungszeit einen monatlichen Förderungsbetrag in Höhe von 880 Euro. Die Gewährung des Förderbetrages ist keine Gegenleistung für eine bestimmte wissenschaftliche oder praktische Leistung der Studierenden. Es wird kein Arbeitsverhältnis zwischen der Studierenden und der BA begründet. Der Förderbetrag wird vielmehr in der Erwartung gezahlt, dass die Studierende das von ihm [XYZ!] gewählte Studium zielstrebig und engagiert betreibt. Während der vorlesungsfreien Zeit und des Praxissemesters wird kein Förderbetrag geleistet. 29(2) Für die Zeiten der betrieblichen Praxis nach § 1 Abs. 2 erhält die Studierende eine monatliche Praktikumsvergütung in Höhe von 1570 Euro. 30[…] 31 § 7 Rückzahlungsverpflichtung 32(1) Die Studierende ist zur Rückzahlung des Förderbetrages nach § 4 Abs. 1 dieses Vertrages in voller, bereits gezahlter Höhe in folgenden Fällen verpflichtet: 33341. Sofern das Studium aus von der Studierenden zu vertretenden Gründen vorzeitig beendet und der Vertrag gekündigt wird oder die Prüfung bzw. im Falle des Nichtbestehens der Prüfung die Wiederholungsprüfung nicht abgelegt wird. 35362. Sofern das angebotene Arbeitsverhältnis unter § 3 Abs. 1 Nr. 7 aus einem von der Studierenden zu vertretenden Grund nicht angenommen wird. 37(2) Wird das nach § 3 Abs. 1 Nr. 7 angebotene Arbeitsverhältnis vor Ablauf von 2 Jahren aus einem von der Studierenden zu vertretenden Grund beendet, mindert sich die Höhe des zurückzuerstattenden Förderbetrages um 1/24 für jeden vollen Monat des Bestehens eines entsprechenden Arbeitsverhältnisses. 38[…]“ 39Im Juli 2019 legte die Klägerin außerdem Abrechnungen über Vergütung aus einer von August 2018 bis Mai 2019 ausgeübten geringfügigen Beschäftigung vor. 40Mit Bescheid vom 12.7.2019 berechnete der Beklagte den Förderbetrag im Bewilligungszeitraum von September 2018 bis August 2019 neu, hob insoweit den Bewilligungsbescheid vom 30.10.2018 auf und forderte die Klägerin zur Erstattung eines Überzahlungsbetrages in Höhe von 2.442 Euro auf. Es sei zu einer Überzahlung gekommen, da die „Ausbildungsbeihilfe“ rückwirkend zu berücksichtigen sei. 41Mit Schreiben vom 17.7.2019 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen vortrug, der Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die Förderung für den Zeitraum von August 2018 bis einschließlich März 2019 zurückzufordern, da ihr in diesem Zeitraum bis auf die Einkünfte aus der geringfügigen Beschäftigung keine anderen finanziellen Mittel zur Verfügung gestanden hätten. Außerdem sei die Förderung drei Monate weitergegangen, obwohl dem Beklagten bereits alle Unterlagen vorgelegt worden seien. 42Mit Widerspruchsbescheid vom 31.7.2019 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass die Klägerin in der Zeit vom 1.4.2019 bis zum 31.8.2019 auf der Grundlage des Vertrages mit der Bundes-agentur für Arbeit eine „Ausbildungsvergütung“ erhalte, so dass das anrechenbare Einkommen ihren förderrechtlichen Bedarf übersteige. Die Einkünfte aus der geringfügigen Beschäftigung führten nicht zu einer Anrechnung, da sie unterhalb des der Klägerin zu belassenden Freibetrages lägen. 43Die Klägerin hat am 2.9.2019 Klage erhoben, zu deren Begründung sie vorträgt, dass die Förderungen der Bundesagentur für Arbeit kein Einkommen darstellten, jedenfalls aber nicht vom Beginn des Bewilligungszeitraums an zurückzufordern seien. 44Die Klägerin beantragt (sinngemäß), 45den Bescheid vom 12.7.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.7.2019 aufzuheben. 46Der Beklagte beantragt, 47die Klage abzuweisen. 48Zur Begründung bezieht er sich auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung. 49Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung einverstanden erklärt. 50Mit Beschluss vom 27.3.2020 hat die Kammer das Verfahren gemäß § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (- VwGO -) dem Berichterstatter zur Entscheidung übertragen. 51Am 7.4.2020 teilte die Bundesagentur für Arbeit auf vorherige Nachfrage des Gerichts per E-Mail mit, dass sie mit der - begrenzt möglichen - Förderung einen zusätzlichen Rekrutierungsweg beschreite, um den Bedarf an gut qualifizierten Fachkräften vorausschauend und zeitnah zu decken. Die dafür erforderlichen Mittel würden im jährlichen Personalhaushalt zugeteilt und seien insofern öffentlich. 52Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen. 53Entscheidungsgründe: 54Der Einzelrichter (vgl. § 6 VwGO) kann über die Klage im Einverständnis der Beteiligten ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO) entscheiden, obwohl das Einverständnis vor der Beschlussfassung über die Einzelrichterübertragung erteilt wurde. Unbeschadet der bereits mit der Klageeingangsverfügung erfolgten Anhörung bezüglich einer Einzelrichterübertragung regelt der Übertragungsbeschluss alleine den äußeren Fortgang des Verfahrens und verändert weder die sachliche Entscheidungsgrundlage noch bereitet er die Entscheidung wesentlich vor. 55Vgl. BSG, Beschluss vom 29.11.2010 - B 14 AS 31/10 B -, juris Rn. 9; Schübel-Pfister, in: Eyermann (Hg.), Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Aufl. 2019, § 101, Rn. 9; Störmer, in: Fehling/Kastner/Störmer (Hg.), Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 101 Rn. 13; Dolderer, in: Sodan/Ziekow (Hg.), Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Aufl. 2018, § 101 Rn. 38. 56Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Halbsatz 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig, jedoch in der Sache unbegründet. Der Bescheid vom 12.7.2019 in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 31.7.2019 gefunden hat, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 57Der angefochtene Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Halbsatz 1 BAföG. Danach ist der Bewilligungsbescheid - außer in den (vorliegend nicht einschlägigen) Fällen der §§ 44 bis 50 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - insoweit aufzuheben und der Förderbetrag zu erstatten, als der Auszubildende Einkommen im Sinne des § 21 BAföG erzielt hat, das bei der Bewilligung der Ausbildungsförderung nicht berücksichtigt worden ist, wenn die Voraussetzungen für die Leistung von Ausbildungsförderung an keinem Tage des Kalendermonats vorgelegen, für den sie gezahlt worden ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. 58Die Klägerin erzielt mit den ihr auf der Grundlage des mit der Bundesagentur für Arbeit abgeschlossenen Fördervertrages vom 27.3.2019 zukommenden Leistungen Einkommen im Sinne des § 21 BAföG, wobei - anders als noch in einem am 20.2.2020 erteilten gerichtlichen Hinweis - zwischen den beiden „Leistungsarten“ - den Praktikumsvergütungen einerseits und den Förderbeträgen andererseits - zu differenzieren ist. 59Die Praktikumsvergütungen, d. h. die monatlichen Leistungen in Höhe von 1.570 Euro, die die Klägerin gemäß § 4 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 2 des Fördervertrages - neben einem nach § 1 Abs. 1 und 2 des Fördervertrages frühestens ab dem fünften Semester zu absolvierenden Praxissemester - für die während der vorlesungsfreien Zeit bei der Bundesagentur für Arbeit nach jedem Semester zu absolvierenden (Zusatz-)Pra-xiszeiten erhält, sind als Einkommen nach § 21 Abs. 1 BAföG einzuordnen. Nach dieser Vorschrift gilt als Einkommen - vorbehaltlich des Satzes 3, der Absätze 2a, 3 und 4 - die Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Absätze 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (- EStG -). Dazu gehören nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeitstätigkeit werden ausbildungsförderungsrechtlich insbesondere Praktikums- bzw. Ausbildungsvergütungen behandelt. 60Vgl. Knoop, in: Ramsauer/Stallbaum (Hg.), BAföG, 7. Aufl. 2020, § 21 Rn. 35. 61Demgegenüber sind die sog. Förderbeträge, d. h. die monatlichen Leistungen in Höhe von 880 Euro, die die Klägerin gemäß § 4 Abs. 1 des Fördervertrages in der Vorlesungszeit für den zielstrebigen und engagierten Betrieb des Studiums während seiner Dauer erhält, als Einkommen nach § 21 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 BAföG - wobei die (Sonder-)Regelungen des Halbsatzes 2 nicht einschlägig sind - einzuordnen. Nach dieser Vorschrift gelten als Einkommen in Höhe der tatsächlich geleisteten Beträge Ausbildungsbeihilfen und gleichartige Leistungen, die nicht nach dem BAföG gewährt werden. Solche Leistungen stehen vorliegend in Rede. 62Zwar handelt es sich bei den Förderbeträgen nicht um eine Ausbildungsbeihilfe im Sinne des § 21 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 Alternative 1 BAföG. Der Begriff der Ausbildungsbeihilfe bezeichnet die individuelle Ausbildungsförderung durch den Staat, die aufgrund von öffentlich-rechtlichen Normen zum Zwecke der Durchführung einer Ausbildung gewährt werden. 63Vgl. Humborg, in: Rothe/Blanke (Hg.), Losebl.-Komm. BAföG, Stand: April 2012, § 21 Rn. 23.1: z. B. die Ausbildungsbeihilfe nach § 44 Strafvollzugsgesetz. 64Bei den Förderbeträgen der Bundesagentur für Arbeit als einer bundesunmittelbaren Körperschaft des öffentlichen Rechts mag zwar ein staatlicher Charakter gegeben sein, es fehlt aber jedenfalls am weiteren Erfordernis einer öffentlich-rechtlichen Normierung der Förderung. Die Förderbeträge sind nirgends gesetzlich vorgesehen. Es handelt sich vielmehr um (freiwillige) Leistungen, die die Bundesagentur für Arbeit im Rahmen eines besonderen Rekrutierungsweges zur vorausschauenden Deckung des Personalbedarfs an gut qualifizierten Fachkräften in ihrem jährlichen Personalhaushalt vorsieht und daraus erbringt. 65Die Förderbeträge stellen jedoch mit der Ausbildungsbeihilfe gleichartige Leistungen im Sinne des § 21 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 Alternative 2 BAföG dar. Die Gleichartigkeit liegt vor, wenn die - im Umkehrschluss aus § 23 Abs. 4 Nr. 2 BAföG nicht zwingend staatlichen - Leistungen in ähnlicher Weise wie die Ausbildungsbeihilfen darauf gerichtet sind, zum Lebensunterhalt oder zu den Ausbildungskosten des Auszubildenden beizutragen. Über eine gewisse Zweckidentität hinaus müssen die Leistungen gleicher Art wie die staatliche Ausbildungsbeihilfe sein. Dies schließt neben der allgemeinen Zweckrichtung der individuellen Ausbildungsförderung eine karitativ-gemeinnützige Zielrichtung ebenso ein wie eine von dieser Zielrichtung bestimmte, sie dokumentierende rechtliche Ausgestaltung der Leistung. 66Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 21.9.1989 - 5 C 10.87 -, juris Rn. 14; siehe auch OVG NRW, Urteil vom 18.2.1988 - 16 A 2230/85 -, FamRZ 1989, 109 f.; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 3.3.2016 - 7 A 10626/15 -, juris Rn. 25; Humborg, a. a. O., § 21 Rn. 23.2; Knoop, a. a. O., § 21 Rn. 32. 67Nach diesen Maßstäben ist bei den Förderbeträgen die Gleichartigkeit mit der staatlichen Ausbildungsbeihilfe gegeben. 68Die Förderbeträge haben zum einen den gleichen Zweck wie die staatliche Ausbildungsbeihilfe. Es handelt sich um zweckidentische Leistungen. Ausschlaggebend ist hierfür nämlich, dass die Zahlungen den Lebensunterhalt des Auszubildenden während der Ausbildung sichern sollen und dass der Auszubildende daher zur Sicherung der Ausbildung auf staatliche Ausbildungsförderung nicht angewiesen ist. 69Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18.2.1988 - 16 A 2230/85 -, FamRZ 1989, 109 f.; OVG Bremen, Urteil vom 13.7.1982 - 2 BA 87/81 -, BeckRS 1982, 30472656; Humborg, a. a. O., § 21 Rn. 23.2. 70Dies ist hier der Fall. Die Klägerin ist angesichts der Förderbeträge der Bundesagentur für Arbeit von vornherein nicht auf die staatliche Ausbildungsförderung angewiesen. Die Förderbeträge dienen der finanziellen Förderung ihres Lebensunterhalts und ihrer Ausbildung und erfüllen damit gleiche Funktion wie eine staatliche Ausbildungsbeihilfe. Dies ergibt sich unmissverständlich bereits aus dem als „Fördervertrag“ überschriebenen Vertrag. Er bezeichnet außerdem in § 1 Abs. 1 seinen Gegenstand selbst als „Förderung eines wissenschaftsbezogenen und praxisorientierten Studiums“. Mit diesem Vertrag will die Bundesagentur für Arbeit erklärtermaßen Studierende finanziell während der Wahrnehmung ihres Studiums unterstützen. 71Die Förderbeträge weisen zum anderen die darüber hinaus erforderliche (fremd- bzw.) gemeinnützige Zielrichtung auf. Dem steht insbesondere nicht der Umstand entgegen, dass die Bundesagentur für Arbeit damit zugleich auch eigene, namentlich personalpolitische Ziele verfolgt und diese durch die Regelung einer Rückzahlungspflicht absichert. Spielen in die Leistungsgewährung eigennützige Elemente hinein, ist die gemeinnützige Zielrichtung der Leistung dann noch gewahrt, wenn die Leistung einen überwiegend uneigennützigen Charakter aufweist. Dem liegt insbesondere mit Blick auf die Regelung einer Rückzahlungspflicht die Erwägung zugrunde, dass selbst die staatliche Ausbildungsförderung nach dem BAföG (vgl. § 17 Abs. 2 BAföG) zu einem erheblichen Umfang hälftig als im Ausgangspunkt rückzahlungspflichtiges Darlehen gewährt wird. 72Vgl. hingegen zur sog. Volldarlehenslösung, BVerfG, Beschluss vom 14.10.1997 - 1 BvL 5/93 -, juris Rn. 38 ff. (= BVerfGE 96, 330-345). 73Wenn sogar auch ein privates Darlehen eine gemeinnützige Zielrichtung aufweisen und damit als eine der Ausbildungsbeihilfe gleichartige Leistung einzuordnen sein kann, vorausgesetzt es wird zur Ausbildungsförderung langfristig und zinslos gewährt, muss dies erst recht für eine Leistungsgewährung wie die hier in Rede stehenden Förderbeträge auf der Grundlage des Fördervertrages mit der Bundesagentur für Arbeit gelten. Ob sich diese Leistungen als überwiegend uneigennützig darstellen, richtet sich nach einer wertenden Betrachtung aller Umstände des Einzelfalles. Als Kriterien zur Bewertung der (Un-)Eigennützigkeit der Leistungsgewährung sind dabei insbesondere der damit verfolgte Zweck, die vereinbarten Rückzahlungsbedingungen, die Zinshöhe sowie die sonstigen Verpflichtungen des Leistungsempfängers heranzuziehen. 74Vgl. dazu Knoop, a. a. O., § 21 Rn. 33; Humborg, a. a. O., § 21 Rn. 23.2. 75Hiervon ausgehend weisen die auf dem Fördervertrag beruhenden Förderbeträge jedenfalls eine erheblich überwiegend gemein- bzw. uneigennützige Zielrichtung auf. Das erklärte Ziel des Fördervertrages, die Klägerin während der Dauer ihres Studiums finanziell zu fördern, steht eindeutig im Vordergrund der Leistungsgewährung. 76An dieser Zielrichtung ändert die - auf die Förderbeträge bezogene - Rückzahlungspflicht nichts. Dafür spricht schon der Umstand, dass die Rückzahlungspflicht die Klägerin nicht unbesehen ihres eigenen Verschuldens treffen kann. § 7 des Fördervertrages knüpft die Rückzahlungspflicht jeweils an von der Klägerin zu vertretende Gründe an. Durch das Verschuldenserfordernis werden die Fälle einer tatsächlich eintretenden Rückzahlungspflicht erheblich eingegrenzt. Zugleich wird dadurch dem Interesse der Klägerin, hiervon möglichst verschont zu bleiben, angemessen Rechnung getragen. Die Rückzahlungspflicht ist außerdem im Ergebnis nur rein potenzieller Natur. Durch vertragsgemäßes Verhalten hat es die Klägerin in der Hand, jeglicher Rückzahlungspflicht zu entgehen. Unter diesem Gesichtspunkt steht sie wertungsmäßig sogar besser da, als sie bei der vorliegend im Ausgangspunkt hälftig als rückzahlungspflichtiges Darlehen auszugebenden staatlichen Ausbildungsförderung nach dem BAföG stehen würde. 77Die Bundesagentur für Arbeit sucht durch die Rückzahlungspflicht außerdem offenbar nur ihr nachvollziehbares personalpolitisches Interesse an der frühzeitigen Gewinnung gut qualifizierter Fachkräfte abzusichern. Die Rückzahlungspflicht wird im Kern für ausbildungsbezogene Konstellationen und für die Nichtannahme bzw. vorzeitige Beendigung des auf zwei Jahre zu befristenden Arbeitsverhältnisses vorgesehen. Ein darüber hinausgehendes (finanzielles) Interesse verfolgt die Bundesagentur für Arbeit mit der Rückzahlungspflicht erkennbar nicht. Eine Gewinnorientierung ist dem Fördervertrag wesensfremd. Er ist weder erwerbs- noch profitorientiert ausgestaltet. Aus der Perspektive einer etwaig eingetretenen Rückzahlungspflicht stellt sich der Förderbetrag als ein zinsloses Darlehen dar (vgl. auch § 18 Abs. 2 Satz 1 BAföG). Selbst wenn eine Rückzahlungspflicht eintreten sollte, so bezieht sich diese nach § 7 Abs. 1 des Fördervertrages nur auf die Förderbeträge in tatsächlich gezahlter Höhe; eine Verzinsung der etwaig zurückzuzahlenden Beträge sieht der Fördervertrag nicht vor. 78Eine andere Bewertung der überwiegend uneigennützigen Zielrichtung der Förderbeträge erfordern ferner nicht die sonstigen sich aus dem Fördervertrag ergebenden Verpflichtungen der Klägerin. Diese sind im Wesentlichen auf eine zielstrebige und erfolgsorientierte Durchführung des geförderten Studiums ausgerichtet. Aber auch die Verpflichtung, nach erfolgreichem Abschluss des Studiums ein mindestens auf zwei Jahre zu befristendes Arbeitsverhältnis mit der Bundesagentur für Arbeit einzugehen und durchzuführen, stellt die überwiegend uneigennützige Zielrichtung der Förderbeträge nicht durchgreifend in Frage. Vielmehr stellt sich dies - neben der dann gänzlich wegfallenden Rückzahlungspflicht - sogar als ein (weiterer) Vorteil der Förderung nach dem Fördervertrag gegenüber der staatlichen Ausbildungsförderung nach dem BAföG. Anders als dies nach erfolgreichem Studienabschluss regelmäßig der Fall ist, muss die Klägerin nicht zwingend eigene Bemühungen anstellen, um einen Arbeitsplatz zu erlangen. Sie kann aufgrund des Fördervertrages davon ausgehen, dass ihr durch die Bundesagentur für Arbeit ein Arbeitsverhältnis tatsächlich angeboten wird. 79Auch die übrigen Voraussetzungen für die angefochtene (Aufhebungs- und Rückforderungs-)Entscheidung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG sind erfüllt. 80Das Einkommen der Klägerin ist bei der Bewilligung der Ausbildungsförderung mit dem Bescheid vom 30.10.2018 nicht berücksichtigt worden. Maßgeblich ist insoweit allein der Umstand der unterbliebenen Berücksichtigung. Für § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG kommt es nicht darauf an, auf wessen Verantwortungssphäre dieser Umstand zurückzuführen ist. 81Vgl. BVerwG, Urteil vom 22.10.1981 - 5 C 61.79 -, juris Rn. 11; s. a. Rauschenberg, in: Rothe/Blanke (Hg.), BAföG Losebl.-Kommentar, Stand: August 2017, § 20 Rn. 13. 82Das Einkommen der Klägerin führt außerdem dazu, dass die Voraussetzungen für die Leistung von Ausbildungsförderung an keinem Tage des Kalendermonats vorgelegen haben, für den sie gezahlt worden ist. Ein Anspruch auf Gewährung öffentlicher Ausbildungsförderung besteht nach dem in der Grundregel des § 1 Halbsatz 2 BAföG zum Ausdruck kommenden Nachrang- bzw. Subsidiaritätsprinzip nur, wenn einem Auszubildenden die für den Lebensunterhalt und die Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. In Konkretisierung dieser Grundsatznorm ordnet § 11 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 BAföG an, dass Einkommen und Vermögen des Auszubildenden sowie Einkommen seines Ehegatten oder Lebenspartners und seiner Eltern in dieser Reihenfolge auf den Bedarf - nach den Regelungen der §§ 21 ff. BAföG - anzurechnen sind. Hiernach wird der förderrechtliche Bedarf der Klägerin durch die Leistungen aufgrund des Fördervertrages vollständig abgedeckt. Dabei ist sowohl gegen die Anwendung von Anrechnungs- (vgl. § 22 BAföG) als auch - im Ergebnis - gegen die Anwendung von Freibetragsvorschriften (vgl. § 23 BAföG) aus rechtlicher Sicht nichts zu erinnern. 83Der gegen die (rückwirkende) Anrechnung von der Klägerin erhobene Einwand, der Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die angefochtene (Aufhebungs- und Rückforderungs-)Entscheidung auf die vor dem Abschluss des Fördervertrages liegenden Monate des Bewilligungszeitraums zu beziehen, greift nicht durch. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BAföG sind für die Anrechnung des Einkommens des Auszubildenden die Einkommensverhältnisse im Bewilligungszeitraum maßgeblich. Nach § 22 Abs. 2 BAföG wird auf den Bedarf jedes Kalendermonats des Bewilligungszeitraums der Betrag angerechnet, der sich ergibt, wenn das Gesamteinkommen durch die Zahl der Kalendermonate des Bewilligungszeitraums geteilt wird. Mit diesen Regelungen will der Gesetzgeber das anzurechnende Einkommen des Auszubildenden und die Förderleistungen so eng wie möglich aufeinander abstimmen, um auf die im Voraus schwerlich bis kaum exakt zu prognostizierenden Änderungen der Einkommensverhältnisse eines Auszubildenden reagieren und zugleich den Nachrang der Ausbildungsförderung absichern zu können. 84Vgl. dazu Hartmann, in Rothe/Blanke (Hg.), BAföG, Losebl.-Kommentar, Stand: Juli 2019, § 22 Rn. 6 und 7. 85Danach kann die Berechtigung für die Gewährung der Ausbildungsförderung durch einen unvorhergesehenen, im Laufe des Bewilligungszeitraums eintretenden Einkommenszufluss rückwirkend entfallen (vgl. § 53 Satz 4 BAföG). Dem Auszubildenden wird in einem solchen Fall zugemutet, das spätere Einkommen, soweit es den Bedarf übersteigt, im erforderlichen Umfang für die Rückforderung einzusetzen. 86Vgl. Rauschenberg, a. a. O., § 20 Rn. 13. 87Es besteht kein Vertrauensschutz. Jeder Einkommenszufluss im Bewilligungszeitraum ist gleichmäßig auf den Bedarf eines jeden Kalendermonats des Bewilligungszeitraums anzurechnen. 88Vgl. etwa auch schon BVerwG, Urteil vom 10.5.1979 - V C 84.77 -, juris Rn. 16. 89Für den Auszubildenden ist unschwer erkennbar, dass die Bewilligung hinsichtlich des eigenen Einkommens gewissermaßen „unter dem stillschweigenden Vorbehalt der Änderung“ steht. 90Vgl. BayVGH, Beschluss vom 24.2.2014 - 12 ZB 13.780 -, juris Rn. 8; s. a. Steinweg, in: Ramsauer/Stallbaum (Hg.), BAföG, 7. Aufl. 2020, § 20 Rn. 25 a. E. 91Auch das Sozialstaatsprinzip gebietet nicht, eine im Laufe des Bewilligungszeitraums veränderte Einkommenssituation erst ab dem Zeitpunkt zu berücksichtigen, ab dem die Einkünfte tatsächlich erzielt worden sind. 92Vgl. BayVGH, Beschluss vom 24.2.2014 - 12 ZB 13.780 -, juris Rn. 9. 93Hiervon ausgehend durfte und musste der Beklagte in die Neuberechnung der der Klägerin zustehenden Ausbildungsförderung nicht nur die Monate ab dem Beginn des Vollzuges des Fördervertrages, also von April 2019 bis zum Ende des Bewilligungszeitraums, sondern gerade auch die davor liegenden, an sich „einkommensfreien“ Monate des Bewilligungszeitraums von August 2018 bis einschließlich März 2019 einbeziehen. Der Beklagte ist außerdem nach dem Prinzip der gleichmäßigen Aufteilung vorgegangen, wobei sich gezeigt hat, dass der förderrechtliche Bedarf der Klägerin durch die Leistungen der Bundesagentur für Arbeit auf der Grundlage des Fördervertrages für jeden Monat vollständig abgedeckt wird. 94Gegen die Anwendung der Freibetragsvorschriften des § 23 BAföG bestehen - im Ergebnis - ebenfalls keine Bedenken. Es ist unerheblich, dass der Beklagte im Widerspruchsbescheid die Leistungen des Fördervertrages einheitlich als Ausbildungsvergütung nach § 23 Abs. 3 BAföG eingeordnet und voll auf den förderrechtlichen Bedarf der Klägerin angerechnet hat, obwohl diese Regelung nur auf die Praktikumsvergütungen anwendbar ist. Denn auch für die als gleichartige Leistungen anzusehenden Förderbeträge gilt nach § 23 Abs. 4 Nr. 2 BAföG das Vollanrechnungsprinzip, da sie aus öffentlichen Mitteln stammen. Als in diesem Sinne „öffentlich“ sind nach dem zugrunde zu legenden weiten Begriffsverständnis die Mittel des Bundes, der Länder, der öffentlich-rechtlichen Gebiets- und Personenkörperschaften sowie der öffentlich-rechtlichen Anstalten und Stiftungen anzusehen, ohne dass es darauf ankommt, ob die Mittel aus dem Haushalt stammen, den Haushalt durchlaufen oder in privatrechtlicher Form zur Verfügung gestellt werden, 95vgl. Humborg, a. a. O., § 23 Rn. 41, m. w. N., 96was bei den Mitteln der Bundesagentur für Arbeit als einer bundesunmittelbaren Körperschaft des öffentlichen Rechts - auch nach ihrer eigenen Bestätigung - der Fall ist. Der Unterschied bei der Anrechnung von Ausbildungsvergütungen und gleichartigen Leistungen besteht indes darin, dass nur bei den Ersteren Abzüge für Werbungskosten und die Sozialpauschalen vorzunehmen sind, bei den Letzteren hingegen nicht, 97vgl. Knoop, a. a. O., § 21 Rn. 35, 98so dass sich die Klägerin im Ergebnis sogar ein höheres Einkommen anrechnen lassen muss, als dies nach der ursprünglichen Berechnung des Beklagten der Fall war. Auf die Alternativberechnung des Beklagten, gegen die keine Einwände erhoben oder ersichtlich sind, wird Bezug genommen. 99Auf Rechtsfolgenseite eröffnet § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG dem Beklagten kein Ermessen, wie der eindeutige gesetzliche Wortlaut „… ist … der Bewilligungsbescheid aufzuheben und der Förderungsbetrag zu erstatten“ zeigt. Demgemäß besteht auch auf dieser Prüfungsebene kein Raum für einen etwaigen Vertrauensschutz, so dass der Einwand der Klägerin, der Beklagte habe ihr die ursprünglich bewilligten BAföG-Leistungen drei Monate nach Vorlage sämtlicher Unterlagen zum Fördervertrag weiter gewährt, - unbeschadet des Umstandes, dass darin keine hinreichende Grundlage für ein schutzwürdiges Vertrauen zu sehen ist - nicht durchdringen kann. 100Es besteht ferner kein Raum für einen Ausschluss der Rückforderung entsprechend § 814 Halbsatz 1 BGB wegen einer Kenntnis des Beklagten von der Nichtschuld hinsichtlich der drei Monate nach der Einreichung der Unterlagen zum Einkommenszufluss weiter erfolgten Leistungsgewährung. Die Bestimmung des § 20 BAföG stellt eine für die Ausbildungsförderung geltende Sonderregelung zur Rückforderung von zu Unrecht gewährten Leistungen dar, die nicht nur das Vertrauen des Auszubildenden auf die Beibehaltung einer rechtswidrigen Förderung nicht schützt, sondern auch die Grundsätze des Bereicherungsrechts unberücksichtigt lässt. 101Vgl. BVerwG, Urteil vom 22.10.1981 - 5 C 61.79 -, juris Rn. 11 a. E. 102Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 1, Satz 2 Halbsatz 1 VwGO; der Ausspruch zu ihrer vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des gerichtskostenfreien verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in derselben höhe leistet. 1
2die am 00.00.00 geborene klägerin erhielt auf der grundlage eines bewilligungsbescheides des beklagten vom 30.10.2018 für den zeitraum von september 2018 bis einschließlich august 2019 leistungen der öffentlichen ausbildungsförderung nach dem bundesgesetz zur individuellen förderung der ausbildung (bundesausbildungsförderungsgesetz - bafög -) in höhe von insgesamt 222,00 euro monatlich für ihr im wintersemester 2018/2019 begonnenes bachelorstudium des wirtschaftsrechts an der fachhochschule in c. . auf ihren förderrechtlichen bedarf wurde kein eigenes, sondern nur elterliches einkommen angerechnet. 3im april 2019 legte die klägerin dem beklagten einen mit der bundesagentur für arbeit geschlossenen fördervertrag vom 27.3.2019 vor, wonach sie ab dem 1.4.2019 leistungen in gestalt von förderbeträgen in höhe von 880 euro im monat in der vorlesungszeit und praktikumsvergütungen in höhe von 1.570 euro im monat für in der vorlesungsfreien zeit zu absolvierende praxiszeiten erhält. der fördervertrag hat im wesentlichen den folgenden inhalt: 4 „§ 1 art und umfang der förderung 5(1) gegenstand des vertrages ist die förderung eines wissenschaftsbezogenen und praxisorientierten studiums, dessen abschluss der international anerkennte ‚bachelor of laws‘ bildet. die bundesagentur für arbeit (ba) unterstützt studierende finanziell während der wahrnehmung ihres studiums. sie stellt auch einen platz zur durchführung der von der hochschule im rahmen des studiums vorgesehenen betrieblichen praxiszeiten zur verfügung. ziel ist die vorbereitung, unterstützung und vervollständigung der ausbildung für den zukünftigen beruf. die theoretische grundlagenvermittlung bleibt originäre aufgabe der hochschule. 6(2) zu den betrieblichen praxiszeiten nach absatz 1 gehören ein praktisches studiensemester und zusatzpraxiszeiten, die in den vorlesungsfreien zeiten zu absolvieren sind: 7ein praktisches studiensemester ist ein in das studium integriertes, von der hochschule geregeltes, inhaltlich bestimmtes, betreutes und mit lehrveranstaltungen vorbereitetes und begleitetes studiensemester, das frühestens ab dem 5. semester in der ba abgeleistet wird. 8die praxiszeit dient der vermittlung praktischer kenntnisse. […] 9die zusatzpraxis wird während der vorlesungsfreien zeit nach jedem semester in dienststellen der ba durchgeführt. 10[…] 11 § 3 pflichten der vertragspartner 12(1) die ba verpflichtet sich, 13141. der studierenden in den praxiszeiten entsprechend den unter § 1 genannten bedingungen sowie dem anliegenden praktikumsplan, welcher bestandteil dieses vertrages ist, auszubilden und fachlich zu betreuen; die studierende insbesondere folgende arbeitsbereiche durchlaufen: 15interner service, operativer service, familienkasse 16172. der studierenden nur aufgaben zu übertragen, die dem studienzweck dienen, 18[…] 19207. der studierenden nach erfolgreich beendetem studium (erhalt der bachelor-urkunde) mindestens einen auf zunächst zwei jahre befristeten arbeitsvertrag in vollzeit mit der ba anzubieten. die eingruppierung erfolgt nach den tariflichen bestimmungen der ba, entsprechend der bewertung des zu übertragenden dienstpostens. 21(2) die studierende verpflichtet sich, sich dem ausbildungszweck entsprechend zu verhalten, insbesondere 22231. die kenntnisse, fertigkeiten und praktischen erfahrungen zu erwerben, die erforderlich sind, um das studienziel zu erreichen, 24[…] 252612. ein nach abs. 1 nr. 7 angebotenes befristetes arbeitsverhältnis anzunehmen. 27 § 4 förderbetrag und sonstige leistungen 28(1) die studierende erhält für die dauer des studiums während der vorlesungszeit einen monatlichen förderungsbetrag in höhe von 880 euro. die gewährung des förderbetrages ist keine gegenleistung für eine bestimmte wissenschaftliche oder praktische leistung der studierenden. es wird kein arbeitsverhältnis zwischen der studierenden und der ba begründet. der förderbetrag wird vielmehr in der erwartung gezahlt, dass die studierende das von ihm [xyz!] gewählte studium zielstrebig und engagiert betreibt. während der vorlesungsfreien zeit und des praxissemesters wird kein förderbetrag geleistet. 29(2) für die zeiten der betrieblichen praxis nach § 1 abs. 2 erhält die studierende eine monatliche praktikumsvergütung in höhe von 1570 euro. 30[…] 31 § 7 rückzahlungsverpflichtung 32(1) die studierende ist zur rückzahlung des förderbetrages nach § 4 abs. 1 dieses vertrages in voller, bereits gezahlter höhe in folgenden fällen verpflichtet: 33341. sofern das studium aus von der studierenden zu vertretenden gründen vorzeitig beendet und der vertrag gekündigt wird oder die prüfung bzw. im falle des nichtbestehens der prüfung die wiederholungsprüfung nicht abgelegt wird. 35362. sofern das angebotene arbeitsverhältnis unter § 3 abs. 1 nr. 7 aus einem von der studierenden zu vertretenden grund nicht angenommen wird. 37(2) wird das nach § 3 abs. 1 nr. 7 angebotene arbeitsverhältnis vor ablauf von 2 jahren aus einem von der studierenden zu vertretenden grund beendet, mindert sich die höhe des zurückzuerstattenden förderbetrages um 1/24 für jeden vollen monat des bestehens eines entsprechenden arbeitsverhältnisses. 38[…]“ 39im juli 2019 legte die klägerin außerdem abrechnungen über vergütung aus einer von august 2018 bis mai 2019 ausgeübten geringfügigen beschäftigung vor. 40mit bescheid vom 12.7.2019 berechnete der beklagte den förderbetrag im bewilligungszeitraum von september 2018 bis august 2019 neu, hob insoweit den bewilligungsbescheid vom 30.10.2018 auf und forderte die klägerin zur erstattung eines überzahlungsbetrages in höhe von 2.442 euro auf. es sei zu einer überzahlung gekommen, da die „ausbildungsbeihilfe“ rückwirkend zu berücksichtigen sei. 41mit schreiben vom 17.7.2019 legte die klägerin hiergegen widerspruch ein, zu dessen begründung sie im wesentlichen vortrug, der beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die förderung für den zeitraum von august 2018 bis einschließlich märz 2019 zurückzufordern, da ihr in diesem zeitraum bis auf die einkünfte aus der geringfügigen beschäftigung keine anderen finanziellen mittel zur verfügung gestanden hätten. außerdem sei die förderung drei monate weitergegangen, obwohl dem beklagten bereits alle unterlagen vorgelegt worden seien. 42mit widerspruchsbescheid vom 31.7.2019 wies der beklagte den widerspruch zurück. zur begründung führte er im wesentlichen aus, dass die klägerin in der zeit vom 1.4.2019 bis zum 31.8.2019 auf der grundlage des vertrages mit der bundes-agentur für arbeit eine „ausbildungsvergütung“ erhalte, so dass das anrechenbare einkommen ihren förderrechtlichen bedarf übersteige. die einkünfte aus der geringfügigen beschäftigung führten nicht zu einer anrechnung, da sie unterhalb des der klägerin zu belassenden freibetrages lägen. 43die klägerin hat am 2.9.2019 klage erhoben, zu deren begründung sie vorträgt, dass die förderungen der bundesagentur für arbeit kein einkommen darstellten, jedenfalls aber nicht vom beginn des bewilligungszeitraums an zurückzufordern seien. 44die klägerin beantragt (sinngemäß), 45den bescheid vom 12.7.2019 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 31.7.2019 aufzuheben. 46der beklagte beantragt, 47die klage abzuweisen. 48zur begründung bezieht er sich auf die gründe der angefochtenen entscheidung. 49die beteiligten haben sich mit einer entscheidung ohne durchführung einer mündlichen verhandlung einverstanden erklärt. 50mit beschluss vom 27.3.2020 hat die kammer das verfahren gemäß § 6 abs. 1 verwaltungsgerichtsordnung (- vwgo -) dem berichterstatter zur entscheidung übertragen. 51am 7.4.2020 teilte die bundesagentur für arbeit auf vorherige nachfrage des gerichts per e-mail mit, dass sie mit der - begrenzt möglichen - förderung einen zusätzlichen rekrutierungsweg beschreite, um den bedarf an gut qualifizierten fachkräften vorausschauend und zeitnah zu decken. die dafür erforderlichen mittel würden im jährlichen personalhaushalt zugeteilt und seien insofern öffentlich. 52wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und des beigezogenen verwaltungsvorgangs des beklagten bezug genommen. 53
54der einzelrichter (vgl. § 6 vwgo) kann über die klage im einverständnis der beteiligten ohne durchführung einer mündlichen verhandlung (vgl. § 101 abs. 2 vwgo) entscheiden, obwohl das einverständnis vor der beschlussfassung über die einzelrichterübertragung erteilt wurde. unbeschadet der bereits mit der klageeingangsverfügung erfolgten anhörung bezüglich einer einzelrichterübertragung regelt der übertragungsbeschluss alleine den äußeren fortgang des verfahrens und verändert weder die sachliche entscheidungsgrundlage noch bereitet er die entscheidung wesentlich vor. 55vgl. bsg, beschluss vom 29.11.2010 - b 14 as 31/10 b -, juris rn. 9; schübel-pfister, in: eyermann (hg.), verwaltungsgerichtsordnung, 15. aufl. 2019, § 101, rn. 9; störmer, in: fehling/kastner/störmer (hg.), verwaltungsrecht, 4. aufl. 2016, § 101 rn. 13; dolderer, in: sodan/ziekow (hg.), verwaltungsgerichtsordnung, 5. aufl. 2018, § 101 rn. 38. 56die klage hat keinen erfolg. sie ist zwar als anfechtungsklage nach § 42 abs. 1 halbsatz 1 vwgo statthaft und auch im übrigen zulässig, jedoch in der sache unbegründet. der bescheid vom 12.7.2019 in der gestalt, die er durch den widerspruchsbescheid vom 31.7.2019 gefunden hat, ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten (vgl. § 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 57der angefochtene bescheid findet seine rechtsgrundlage in § 20 abs. 1 satz 1 nr. 3 halbsatz 1 bafög. danach ist der bewilligungsbescheid - außer in den (vorliegend nicht einschlägigen) fällen der §§ 44 bis 50 des zehnten buches sozialgesetzbuch - insoweit aufzuheben und der förderbetrag zu erstatten, als der auszubildende einkommen im sinne des § 21 bafög erzielt hat, das bei der bewilligung der ausbildungsförderung nicht berücksichtigt worden ist, wenn die voraussetzungen für die leistung von ausbildungsförderung an keinem tage des kalendermonats vorgelegen, für den sie gezahlt worden ist. diese voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. 58die klägerin erzielt mit den ihr auf der grundlage des mit der bundesagentur für arbeit abgeschlossenen fördervertrages vom 27.3.2019 zukommenden leistungen einkommen im sinne des § 21 bafög, wobei - anders als noch in einem am 20.2.2020 erteilten gerichtlichen hinweis - zwischen den beiden „leistungsarten“ - den praktikumsvergütungen einerseits und den förderbeträgen andererseits - zu differenzieren ist. 59die praktikumsvergütungen, d. h. die monatlichen leistungen in höhe von 1.570 euro, die die klägerin gemäß § 4 abs. 2 i. v. m. § 1 abs. 2 des fördervertrages - neben einem nach § 1 abs. 1 und 2 des fördervertrages frühestens ab dem fünften semester zu absolvierenden praxissemester - für die während der vorlesungsfreien zeit bei der bundesagentur für arbeit nach jedem semester zu absolvierenden (zusatz-)pra-xiszeiten erhält, sind als einkommen nach § 21 abs. 1 bafög einzuordnen. nach dieser vorschrift gilt als einkommen - vorbehaltlich des satzes 3, der absätze 2a, 3 und 4 - die summe der positiven einkünfte im sinne des § 2 absätze 1 und 2 des einkommensteuergesetzes (- estg -). dazu gehören nach § 2 abs. 1 satz 1 nr. 4 estg einkünfte aus nichtselbstständiger tätigkeit. als einkünfte aus nichtselbstständiger arbeitstätigkeit werden ausbildungsförderungsrechtlich insbesondere praktikums- bzw. ausbildungsvergütungen behandelt. 60vgl. knoop, in: ramsauer/stallbaum (hg.), bafög, 7. aufl. 2020, § 21 rn. 35. 61demgegenüber sind die sog. förderbeträge, d. h. die monatlichen leistungen in höhe von 880 euro, die die klägerin gemäß § 4 abs. 1 des fördervertrages in der vorlesungszeit für den zielstrebigen und engagierten betrieb des studiums während seiner dauer erhält, als einkommen nach § 21 abs. 3 satz 1 nr. 2 halbsatz 1 bafög - wobei die (sonder-)regelungen des halbsatzes 2 nicht einschlägig sind - einzuordnen. nach dieser vorschrift gelten als einkommen in höhe der tatsächlich geleisteten beträge ausbildungsbeihilfen und gleichartige leistungen, die nicht nach dem bafög gewährt werden. solche leistungen stehen vorliegend in rede. 62zwar handelt es sich bei den förderbeträgen nicht um eine ausbildungsbeihilfe im sinne des § 21 abs. 3 satz 1 nr. 2 halbsatz 1 alternative 1 bafög. der begriff der ausbildungsbeihilfe bezeichnet die individuelle ausbildungsförderung durch den staat, die aufgrund von öffentlich-rechtlichen normen zum zwecke der durchführung einer ausbildung gewährt werden. 63vgl. humborg, in: rothe/blanke (hg.), losebl.-komm. bafög, stand: april 2012, § 21 rn. 23.1: z. b. die ausbildungsbeihilfe nach § 44 strafvollzugsgesetz. 64bei den förderbeträgen der bundesagentur für arbeit als einer bundesunmittelbaren körperschaft des öffentlichen rechts mag zwar ein staatlicher charakter gegeben sein, es fehlt aber jedenfalls am weiteren erfordernis einer öffentlich-rechtlichen normierung der förderung. die förderbeträge sind nirgends gesetzlich vorgesehen. es handelt sich vielmehr um (freiwillige) leistungen, die die bundesagentur für arbeit im rahmen eines besonderen rekrutierungsweges zur vorausschauenden deckung des personalbedarfs an gut qualifizierten fachkräften in ihrem jährlichen personalhaushalt vorsieht und daraus erbringt. 65die förderbeträge stellen jedoch mit der ausbildungsbeihilfe gleichartige leistungen im sinne des § 21 abs. 3 satz 1 nr. 2 halbsatz 1 alternative 2 bafög dar. die gleichartigkeit liegt vor, wenn die - im umkehrschluss aus § 23 abs. 4 nr. 2 bafög nicht zwingend staatlichen - leistungen in ähnlicher weise wie die ausbildungsbeihilfen darauf gerichtet sind, zum lebensunterhalt oder zu den ausbildungskosten des auszubildenden beizutragen. über eine gewisse zweckidentität hinaus müssen die leistungen gleicher art wie die staatliche ausbildungsbeihilfe sein. dies schließt neben der allgemeinen zweckrichtung der individuellen ausbildungsförderung eine karitativ-gemeinnützige zielrichtung ebenso ein wie eine von dieser zielrichtung bestimmte, sie dokumentierende rechtliche ausgestaltung der leistung. 66vgl. dazu bverwg, urteil vom 21.9.1989 - 5 c 10.87 -, juris rn. 14; siehe auch ovg nrw, urteil vom 18.2.1988 - 16 a 2230/85 -, famrz 1989, 109 f.; ovg rh.-pf., urteil vom 3.3.2016 - 7 a 10626/15 -, juris rn. 25; humborg, a. a. o., § 21 rn. 23.2; knoop, a. a. o., § 21 rn. 32. 67nach diesen maßstäben ist bei den förderbeträgen die gleichartigkeit mit der staatlichen ausbildungsbeihilfe gegeben. 68die förderbeträge haben zum einen den gleichen zweck wie die staatliche ausbildungsbeihilfe. es handelt sich um zweckidentische leistungen. ausschlaggebend ist hierfür nämlich, dass die zahlungen den lebensunterhalt des auszubildenden während der ausbildung sichern sollen und dass der auszubildende daher zur sicherung der ausbildung auf staatliche ausbildungsförderung nicht angewiesen ist. 69vgl. ovg nrw, urteil vom 18.2.1988 - 16 a 2230/85 -, famrz 1989, 109 f.; ovg bremen, urteil vom 13.7.1982 - 2 ba 87/81 -, beckrs 1982, 30472656; humborg, a. a. o., § 21 rn. 23.2. 70dies ist hier der fall. die klägerin ist angesichts der förderbeträge der bundesagentur für arbeit von vornherein nicht auf die staatliche ausbildungsförderung angewiesen. die förderbeträge dienen der finanziellen förderung ihres lebensunterhalts und ihrer ausbildung und erfüllen damit gleiche funktion wie eine staatliche ausbildungsbeihilfe. dies ergibt sich unmissverständlich bereits aus dem als „fördervertrag“ überschriebenen vertrag. er bezeichnet außerdem in § 1 abs. 1 seinen gegenstand selbst als „förderung eines wissenschaftsbezogenen und praxisorientierten studiums“. mit diesem vertrag will die bundesagentur für arbeit erklärtermaßen studierende finanziell während der wahrnehmung ihres studiums unterstützen. 71die förderbeträge weisen zum anderen die darüber hinaus erforderliche (fremd- bzw.) gemeinnützige zielrichtung auf. dem steht insbesondere nicht der umstand entgegen, dass die bundesagentur für arbeit damit zugleich auch eigene, namentlich personalpolitische ziele verfolgt und diese durch die regelung einer rückzahlungspflicht absichert. spielen in die leistungsgewährung eigennützige elemente hinein, ist die gemeinnützige zielrichtung der leistung dann noch gewahrt, wenn die leistung einen überwiegend uneigennützigen charakter aufweist. dem liegt insbesondere mit blick auf die regelung einer rückzahlungspflicht die erwägung zugrunde, dass selbst die staatliche ausbildungsförderung nach dem bafög (vgl. § 17 abs. 2 bafög) zu einem erheblichen umfang hälftig als im ausgangspunkt rückzahlungspflichtiges darlehen gewährt wird. 72vgl. hingegen zur sog. volldarlehenslösung, bverfg, beschluss vom 14.10.1997 - 1 bvl 5/93 -, juris rn. 38 ff. (= bverfge 96, 330-345). 73wenn sogar auch ein privates darlehen eine gemeinnützige zielrichtung aufweisen und damit als eine der ausbildungsbeihilfe gleichartige leistung einzuordnen sein kann, vorausgesetzt es wird zur ausbildungsförderung langfristig und zinslos gewährt, muss dies erst recht für eine leistungsgewährung wie die hier in rede stehenden förderbeträge auf der grundlage des fördervertrages mit der bundesagentur für arbeit gelten. ob sich diese leistungen als überwiegend uneigennützig darstellen, richtet sich nach einer wertenden betrachtung aller umstände des einzelfalles. als kriterien zur bewertung der (un-)eigennützigkeit der leistungsgewährung sind dabei insbesondere der damit verfolgte zweck, die vereinbarten rückzahlungsbedingungen, die zinshöhe sowie die sonstigen verpflichtungen des leistungsempfängers heranzuziehen. 74vgl. dazu knoop, a. a. o., § 21 rn. 33; humborg, a. a. o., § 21 rn. 23.2. 75hiervon ausgehend weisen die auf dem fördervertrag beruhenden förderbeträge jedenfalls eine erheblich überwiegend gemein- bzw. uneigennützige zielrichtung auf. das erklärte ziel des fördervertrages, die klägerin während der dauer ihres studiums finanziell zu fördern, steht eindeutig im vordergrund der leistungsgewährung. 76an dieser zielrichtung ändert die - auf die förderbeträge bezogene - rückzahlungspflicht nichts. dafür spricht schon der umstand, dass die rückzahlungspflicht die klägerin nicht unbesehen ihres eigenen verschuldens treffen kann. § 7 des fördervertrages knüpft die rückzahlungspflicht jeweils an von der klägerin zu vertretende gründe an. durch das verschuldenserfordernis werden die fälle einer tatsächlich eintretenden rückzahlungspflicht erheblich eingegrenzt. zugleich wird dadurch dem interesse der klägerin, hiervon möglichst verschont zu bleiben, angemessen rechnung getragen. die rückzahlungspflicht ist außerdem im ergebnis nur rein potenzieller natur. durch vertragsgemäßes verhalten hat es die klägerin in der hand, jeglicher rückzahlungspflicht zu entgehen. unter diesem gesichtspunkt steht sie wertungsmäßig sogar besser da, als sie bei der vorliegend im ausgangspunkt hälftig als rückzahlungspflichtiges darlehen auszugebenden staatlichen ausbildungsförderung nach dem bafög stehen würde. 77die bundesagentur für arbeit sucht durch die rückzahlungspflicht außerdem offenbar nur ihr nachvollziehbares personalpolitisches interesse an der frühzeitigen gewinnung gut qualifizierter fachkräfte abzusichern. die rückzahlungspflicht wird im kern für ausbildungsbezogene konstellationen und für die nichtannahme bzw. vorzeitige beendigung des auf zwei jahre zu befristenden arbeitsverhältnisses vorgesehen. ein darüber hinausgehendes (finanzielles) interesse verfolgt die bundesagentur für arbeit mit der rückzahlungspflicht erkennbar nicht. eine gewinnorientierung ist dem fördervertrag wesensfremd. er ist weder erwerbs- noch profitorientiert ausgestaltet. aus der perspektive einer etwaig eingetretenen rückzahlungspflicht stellt sich der förderbetrag als ein zinsloses darlehen dar (vgl. auch § 18 abs. 2 satz 1 bafög). selbst wenn eine rückzahlungspflicht eintreten sollte, so bezieht sich diese nach § 7 abs. 1 des fördervertrages nur auf die förderbeträge in tatsächlich gezahlter höhe; eine verzinsung der etwaig zurückzuzahlenden beträge sieht der fördervertrag nicht vor. 78eine andere bewertung der überwiegend uneigennützigen zielrichtung der förderbeträge erfordern ferner nicht die sonstigen sich aus dem fördervertrag ergebenden verpflichtungen der klägerin. diese sind im wesentlichen auf eine zielstrebige und erfolgsorientierte durchführung des geförderten studiums ausgerichtet. aber auch die verpflichtung, nach erfolgreichem abschluss des studiums ein mindestens auf zwei jahre zu befristendes arbeitsverhältnis mit der bundesagentur für arbeit einzugehen und durchzuführen, stellt die überwiegend uneigennützige zielrichtung der förderbeträge nicht durchgreifend in frage. vielmehr stellt sich dies - neben der dann gänzlich wegfallenden rückzahlungspflicht - sogar als ein (weiterer) vorteil der förderung nach dem fördervertrag gegenüber der staatlichen ausbildungsförderung nach dem bafög. anders als dies nach erfolgreichem studienabschluss regelmäßig der fall ist, muss die klägerin nicht zwingend eigene bemühungen anstellen, um einen arbeitsplatz zu erlangen. sie kann aufgrund des fördervertrages davon ausgehen, dass ihr durch die bundesagentur für arbeit ein arbeitsverhältnis tatsächlich angeboten wird. 79auch die übrigen voraussetzungen für die angefochtene (aufhebungs- und rückforderungs-)entscheidung nach § 20 abs. 1 satz 1 nr. 3 bafög sind erfüllt. 80das einkommen der klägerin ist bei der bewilligung der ausbildungsförderung mit dem bescheid vom 30.10.2018 nicht berücksichtigt worden. maßgeblich ist insoweit allein der umstand der unterbliebenen berücksichtigung. für § 20 abs. 1 satz 1 nr. 3 bafög kommt es nicht darauf an, auf wessen verantwortungssphäre dieser umstand zurückzuführen ist. 81vgl. bverwg, urteil vom 22.10.1981 - 5 c 61.79 -, juris rn. 11; s. a. rauschenberg, in: rothe/blanke (hg.), bafög losebl.-kommentar, stand: august 2017, § 20 rn. 13. 82das einkommen der klägerin führt außerdem dazu, dass die voraussetzungen für die leistung von ausbildungsförderung an keinem tage des kalendermonats vorgelegen haben, für den sie gezahlt worden ist. ein anspruch auf gewährung öffentlicher ausbildungsförderung besteht nach dem in der grundregel des § 1 halbsatz 2 bafög zum ausdruck kommenden nachrang- bzw. subsidiaritätsprinzip nur, wenn einem auszubildenden die für den lebensunterhalt und die ausbildung erforderlichen mittel anderweitig nicht zur verfügung stehen. in konkretisierung dieser grundsatznorm ordnet § 11 abs. 2 satz 1 halbsatz 1 bafög an, dass einkommen und vermögen des auszubildenden sowie einkommen seines ehegatten oder lebenspartners und seiner eltern in dieser reihenfolge auf den bedarf - nach den regelungen der §§ 21 ff. bafög - anzurechnen sind. hiernach wird der förderrechtliche bedarf der klägerin durch die leistungen aufgrund des fördervertrages vollständig abgedeckt. dabei ist sowohl gegen die anwendung von anrechnungs- (vgl. § 22 bafög) als auch - im ergebnis - gegen die anwendung von freibetragsvorschriften (vgl. § 23 bafög) aus rechtlicher sicht nichts zu erinnern. 83der gegen die (rückwirkende) anrechnung von der klägerin erhobene einwand, der beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die angefochtene (aufhebungs- und rückforderungs-)entscheidung auf die vor dem abschluss des fördervertrages liegenden monate des bewilligungszeitraums zu beziehen, greift nicht durch. nach § 22 abs. 1 satz 1 bafög sind für die anrechnung des einkommens des auszubildenden die einkommensverhältnisse im bewilligungszeitraum maßgeblich. nach § 22 abs. 2 bafög wird auf den bedarf jedes kalendermonats des bewilligungszeitraums der betrag angerechnet, der sich ergibt, wenn das gesamteinkommen durch die zahl der kalendermonate des bewilligungszeitraums geteilt wird. mit diesen regelungen will der gesetzgeber das anzurechnende einkommen des auszubildenden und die förderleistungen so eng wie möglich aufeinander abstimmen, um auf die im voraus schwerlich bis kaum exakt zu prognostizierenden änderungen der einkommensverhältnisse eines auszubildenden reagieren und zugleich den nachrang der ausbildungsförderung absichern zu können. 84vgl. dazu hartmann, in rothe/blanke (hg.), bafög, losebl.-kommentar, stand: juli 2019, § 22 rn. 6 und 7. 85danach kann die berechtigung für die gewährung der ausbildungsförderung durch einen unvorhergesehenen, im laufe des bewilligungszeitraums eintretenden einkommenszufluss rückwirkend entfallen (vgl. § 53 satz 4 bafög). dem auszubildenden wird in einem solchen fall zugemutet, das spätere einkommen, soweit es den bedarf übersteigt, im erforderlichen umfang für die rückforderung einzusetzen. 86vgl. rauschenberg, a. a. o., § 20 rn. 13. 87es besteht kein vertrauensschutz. jeder einkommenszufluss im bewilligungszeitraum ist gleichmäßig auf den bedarf eines jeden kalendermonats des bewilligungszeitraums anzurechnen. 88vgl. etwa auch schon bverwg, urteil vom 10.5.1979 - v c 84.77 -, juris rn. 16. 89für den auszubildenden ist unschwer erkennbar, dass die bewilligung hinsichtlich des eigenen einkommens gewissermaßen „unter dem stillschweigenden vorbehalt der änderung“ steht. 90vgl. bayvgh, beschluss vom 24.2.2014 - 12 zb 13.780 -, juris rn. 8; s. a. steinweg, in: ramsauer/stallbaum (hg.), bafög, 7. aufl. 2020, § 20 rn. 25 a. e. 91auch das sozialstaatsprinzip gebietet nicht, eine im laufe des bewilligungszeitraums veränderte einkommenssituation erst ab dem zeitpunkt zu berücksichtigen, ab dem die einkünfte tatsächlich erzielt worden sind. 92vgl. bayvgh, beschluss vom 24.2.2014 - 12 zb 13.780 -, juris rn. 9. 93hiervon ausgehend durfte und musste der beklagte in die neuberechnung der der klägerin zustehenden ausbildungsförderung nicht nur die monate ab dem beginn des vollzuges des fördervertrages, also von april 2019 bis zum ende des bewilligungszeitraums, sondern gerade auch die davor liegenden, an sich „einkommensfreien“ monate des bewilligungszeitraums von august 2018 bis einschließlich märz 2019 einbeziehen. der beklagte ist außerdem nach dem prinzip der gleichmäßigen aufteilung vorgegangen, wobei sich gezeigt hat, dass der förderrechtliche bedarf der klägerin durch die leistungen der bundesagentur für arbeit auf der grundlage des fördervertrages für jeden monat vollständig abgedeckt wird. 94gegen die anwendung der freibetragsvorschriften des § 23 bafög bestehen - im ergebnis - ebenfalls keine bedenken. es ist unerheblich, dass der beklagte im widerspruchsbescheid die leistungen des fördervertrages einheitlich als ausbildungsvergütung nach § 23 abs. 3 bafög eingeordnet und voll auf den förderrechtlichen bedarf der klägerin angerechnet hat, obwohl diese regelung nur auf die praktikumsvergütungen anwendbar ist. denn auch für die als gleichartige leistungen anzusehenden förderbeträge gilt nach § 23 abs. 4 nr. 2 bafög das vollanrechnungsprinzip, da sie aus öffentlichen mitteln stammen. als in diesem sinne „öffentlich“ sind nach dem zugrunde zu legenden weiten begriffsverständnis die mittel des bundes, der länder, der öffentlich-rechtlichen gebiets- und personenkörperschaften sowie der öffentlich-rechtlichen anstalten und stiftungen anzusehen, ohne dass es darauf ankommt, ob die mittel aus dem haushalt stammen, den haushalt durchlaufen oder in privatrechtlicher form zur verfügung gestellt werden, 95vgl. humborg, a. a. o., § 23 rn. 41, m. w. n., 96was bei den mitteln der bundesagentur für arbeit als einer bundesunmittelbaren körperschaft des öffentlichen rechts - auch nach ihrer eigenen bestätigung - der fall ist. der unterschied bei der anrechnung von ausbildungsvergütungen und gleichartigen leistungen besteht indes darin, dass nur bei den ersteren abzüge für werbungskosten und die sozialpauschalen vorzunehmen sind, bei den letzteren hingegen nicht, 97vgl. knoop, a. a. o., § 21 rn. 35, 98so dass sich die klägerin im ergebnis sogar ein höheres einkommen anrechnen lassen muss, als dies nach der ursprünglichen berechnung des beklagten der fall war. auf die alternativberechnung des beklagten, gegen die keine einwände erhoben oder ersichtlich sind, wird bezug genommen. 99auf rechtsfolgenseite eröffnet § 20 abs. 1 satz 1 nr. 3 bafög dem beklagten kein ermessen, wie der eindeutige gesetzliche wortlaut „… ist … der bewilligungsbescheid aufzuheben und der förderungsbetrag zu erstatten“ zeigt. demgemäß besteht auch auf dieser prüfungsebene kein raum für einen etwaigen vertrauensschutz, so dass der einwand der klägerin, der beklagte habe ihr die ursprünglich bewilligten bafög-leistungen drei monate nach vorlage sämtlicher unterlagen zum fördervertrag weiter gewährt, - unbeschadet des umstandes, dass darin keine hinreichende grundlage für ein schutzwürdiges vertrauen zu sehen ist - nicht durchdringen kann. 100es besteht ferner kein raum für einen ausschluss der rückforderung entsprechend § 814 halbsatz 1 bgb wegen einer kenntnis des beklagten von der nichtschuld hinsichtlich der drei monate nach der einreichung der unterlagen zum einkommenszufluss weiter erfolgten leistungsgewährung. die bestimmung des § 20 bafög stellt eine für die ausbildungsförderung geltende sonderregelung zur rückforderung von zu unrecht gewährten leistungen dar, die nicht nur das vertrauen des auszubildenden auf die beibehaltung einer rechtswidrigen förderung nicht schützt, sondern auch die grundsätze des bereicherungsrechts unberücksichtigt lässt. 101vgl. bverwg, urteil vom 22.10.1981 - 5 c 61.79 -, juris rn. 11 a. e. 102die kostenentscheidung beruht auf §§ 154 abs. 1, 188 satz 1, satz 2 halbsatz 1 vwgo; der ausspruch zu ihrer vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 1, abs. 2 satz 1 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 sätze 1 und 2 zpo.
Verklagte*r
0
338,600
15 K 5628/18
2021-06-18T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der am 11. April 1992 geborene Kläger beantragte Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) für den von ihm zum Wintersemester 2013/2014 aufgenommenen Bachelor-Studiengang Maschinenbau an der Hoch-schule C. am 26. August 2013 für den Bewilligungszeitraum September 2013 bis August 2014, am 8. April 2014 für den Bewilligungszeitraum September 2014 bis August 2015, am 8. April 2015 für den Bewilligungszeitraum September 2015 bis August 2016 und am 22. März 2016 für den Bewilligungszeitraum September 2016 bis Januar 2017. Für den seit dem Sommersemester 2017 aufgenommenen Master-Studiengang Maschinenbau an der S. -Universität C. beantragte er am 9. Januar 2017 Leistungen nach dem BAföG für den Bewilligungszeitraum April 2017 bis März 2018 und am 8. März 2018 für den Bewilligungszeitraum April 2018 bis September 2018. 3Am 13. Juni 2013 schloss der Kläger eine „Darlehensvereinbarung und Arbeitsvertrag zur Studienförderung im Rahmen eines Studiums an der Fachhochschule N. “ mit der L. Betriebs GmbH aus F. , in der es auszugsweise wie folgt lautete: 4„Präambel: 5Die Firma beabsichtigt zur langfristigen Sicherstellung des Ingenieurbedarfs den Student/die Studentin für den Studiengang in finanzieller Hinsicht zu fördern. Aus diesem Grund gewährt die Firma das nachfolgend dargestellte Darlehen sowie einen Semesterferienarbeitsvertrag und die Parteien versichern, dass die Zusammenarbeit entsprechend der nachfolgenden Regelung in einer vertrauensvollen Art und Weise erfolgen wird und der Student/die Studentin mit größtmöglichen Studieneinsatz seine/ihre Leistungen erbringen wird. 6(…) 7I. Vertragsgegenstand 81. Die Firma gewährt dem Studenten/der Studentin ein zinsloses Darlehen für die Dauer der Regelstudienzeit und zahlt aus diesem gewährten Darlehen monatlich einen Betrag in Höhe von 828,97 € an den Studenten. 92, Voraussetzung für die Gewährung dieses zinslosen Dar-lehens ist die Aufnahme des Studiums der Fachrichtung Maschinenbau der Fachhochschule N. . Nimmt der Student/die Studentin dieses konkrete Studium zu dem vereinbarten Zeitraum nicht auf, entfällt die Verpflichtung zur monatlichen Auszahlung des Darlehens. 103. Die Zahlung des monatlichen Darlehens erfolgt sowohl während der Vorlesungszeit als auch der vorlesungsfreien Zeit. 11(…) 125. Während der vorlesungsfreien Zeit verpflichtet sich der Student zur Arbeit in den Betriebsstätten der Firma. Der genaue Arbeitsplan ergibt sich aus der als Anlage 1 beigefügten Aufstellung der jeweils gültigen Studienordnung. Die Firma gewährt dem Studenten einen Urlaubsanspruch von 2 Tagen/Monat pro Kalenderjahr. 13Für den Zeitraum der Regelstudienzeit übernimmt die Firma anfallende Studiengebühren. 14(…) 15II. Vertragsdauer 161. Die Laufzeit dieser Vereinbarung beginnt am 19.06.2013. 17(…) 182. Während der Dauer des jeweiligen Sommer-/ Wintersemesters ist eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen. Die Darlehensvereinbarung kann ordentlich nur 19mit einer Frist von einem Monat zum jeweiligen Semester-ende aufgekündigt werden. Für den Fall der Kündigung wird das ausgezahlte Darlehen sofort zur Rückzahlung fällig. Ansonsten gelten die Regelungen des Bürgerlichen Gesetz-buches. 20(…) 21III. Tätigkeiten nach dem Studium 221. Die Parteien gehen davon aus, dass der Student/die Studentin nach erfolgreichem Abschluss des Studiengangs für mindestens 3 Jahre in einer Betriebsstätte der Firma tätig sein wird. Dabei verpflichtet sich die Firma dem Student/der Studentin eine dem Studienabschluss entsprechenden Anstellungsvertrag zu den in der Firma üblichen Einstellungsbedingungen anzubieten. 23Pro Jahr der entsprechenden Betriebszugehörigkeit gilt 1/3 des ausgezahlten Darlehens als getilgt. 242. Sollte der Student/die Studentin trotz Unterbreitung eines Anstellungsvertrages keine Tätigkeit bei der Firma aufnehmen, verpflichtet sich dieser/diese zur Rückzahlung des insgesamt gewährten Darlehens. 25(…)“ 26Für den weiteren Inhalt des Vertrags wird auf die in dem Verwaltungsvorgang befindliche Ablichtung Bezug genommen (Beiakte Heft 1, Bl. 84 ff.). 27Mit Schreiben vom 29. August 2013 führte die L. Betriebs GmbH aus, dass der am 13. Juni 2013 geschlossene „Arbeitsvertrag und Darlehensvereinbarung zur Studienförderung“ auch für die Hochschule C. gültig sei. 28Mit E-Mail vom 9. September 2013 fragte der Kläger beim Beklagten nach, wie das Darlehen mit seiner Firma in die Berechnungen einbezogen werde. 29Mit Bescheid vom 12. September 2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger Ausbildungsförderungsleistungen in Höhe von 380 € monatlich für den Bewilligungszeitraum September 2013 bis August 2014. Mit Bescheid vom 14. Mai 2014 wurde dieser Bescheid aufgehoben und dem Kläger wurden Ausbildungsförderungsleistungen in Höhe von 380 € monatlich für den Bewilligungszeitraum September 2013 bis Dezember 2013 und in Höhe von 163 € monatlich für den Bewilligungszeitraum Januar 2014 bis August 2014 bewilligt. Mit weiterem Bescheid vom 28. Mai 2014 wurden dem Kläger abweichend Ausbildungsförderungsleistungen in Höhe von 425 € monatlich für den Bewilligungszeitraum Januar 2014 bis August 2014 bewilligt. 30Mit Bescheid vom 29. September 2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger Ausbildungsförderungsleistungen in Höhe von 432 € für den Monat September 2014 und in Höhe von 384 € monatlich für den weiteren Bewilligungszeitraum Oktober 2014 bis August 2015. 31Mit E-Mail vom 28. April 2015 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er die Brutto-Einkünfte der L. Betriebs GmbH nicht als Einnahmen berücksichtigen solle, da es sich um ein Darlehen handele. 32Mit Bescheid vom 28. August 2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger Ausbildungsförderungsleistungen in Höhe von 311 € monatlich für den Bewilligungszeitraum September 2015 bis August 2016. 33Mit Bescheid vom 30. August 2016 bewilligte der Beklagte dem Kläger Ausbildungsförderungsleistungen in Höhe von 391 € monatlich für den Bewilligungszeitraum September 2016 bis Februar 2017. Mit Bescheid vom 14. Februar 2017 wurde dieser Bescheid aufgehoben und der Bewilligungszeitraum auf September 2016 bis Januar 2017 aufgrund des Bestehens der Abschlussprüfung am 13. Januar 2017 neu festgesetzt. In der Folge sei ein Betrag in Höhe von 391 € zu erstatten. 34Mit Bescheid vom 12. April 2017 bewilligte der Beklagte dem Kläger Ausbildungs-förderungsleistungen in Höhe von 369 € monatlich für den Bewilligungszeitraum April 2017 bis März 2018. Am 28. September 2017 erging ein weiterer Bescheid, der abweichend hiervon dem Kläger ab Oktober 2017 Ausbildungsförderungsleistungen in Höhe von 90 € bewilligte. Mit Bescheid vom 12. Oktober 2017 wurde dieser Bescheid wiederum aufgehoben und dem Kläger wieder Ausbildungsförderungs-leistungen in Höhe von 369 € monatlich für den Bewilligungszeitraum April 2017 bis März 2018 bewilligt. In der Folge erhielt der Kläger eine Nachzahlung in Höhe von 279 €. 35Am 29. März 2018 reichte der Kläger bei dem Beklagten Entgeltabrechnungen der L. Betriebs GmbH für den Zeitraum April 2017 bis Februar 2018 ein. Die Entgeltabrechnungen wiesen u.a. den Posten „Ausbildungsvergütung“ aus, wobei vom Gesamtbrutto-Betrag Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden. Für die weiteren Einzelheiten zu den Entgeltabrechnungen wird auf die in dem Verwaltungsvorgang befindlichen Ablichtungen Bezug genommen (Beiakte Heft 3, Bl. 325/18 ff.). 36Auf Nachfrage des Beklagten führte die L. Betriebs GmbH mit Schreiben vom 13. April 2018 aus, dass das monatliche Darlehen an den Kläger in Form einer Ausbildungsvergütung gezahlt werde. Die Höhe des monatlichen Darlehensbetrages bzw. der Ausbildungsvergütung werde regelmäßig angepasst und orientiere sich dabei an der Entgeltveränderung in ihrem Unternehmen. 37Am 7. Mai 2018 und am 14. Mai 2018 reichte der Kläger bei dem Beklagten weitere Entgeltabrechnungen der L. Betriebs GmbH für den Zeitraum September 2013 bis Januar 2017 und für den Monat März 2018 ein. Bezüglich der weiteren Einzelheiten zu den Entgeltabrechnungen wird auf die in dem Verwaltungsvorgang befindlichen Ablichtungen Bezug genommen (Beiakten Heft 1, Bl. 76/4 ff. und 140/1 ff.; Heft 2, Bl. 204/1 ff. und 261/5 ff.; Heft 3, Bl. 325/32). 38Mit Bescheid vom 14. Mai 2018 hob der Beklagte den Bescheid vom 12. Oktober 2017 für den Bewilligungszeitraum April 2017 bis März 2018 auf. Das Einkommen des Klägers sei bisher nicht oder nicht in voller Höhe berücksichtigt worden. Der Kläger habe in dem Bewilligungszeitraum keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung gehabt. Dem folgend sei es im Bewilligungszeitraum April 2017 bis März 2018 zu einer Überzahlung in Höhe von 4.428 € gekommen, welche zu erstatten sei. 39Mit weiteren Bescheid vom 14. Mai 2018 lehnte der Beklagte die Bewilligung von Ausbildungsförderungsleistungen für den Bewilligungszeitraum April 2018 bis September 2018 ab, da das anzurechnende Einkommen des Klägers in Höhe von 1.226,65 € seinen Gesamtbedarf von 649 € überschreite. 40Am 22. Mai 2018 erhob der Kläger gegen die beiden Bescheide vom 14. Mai 2018 Widerspruch, den er im Wesentlichen damit begründete, dass der ihm von der L. Betriebs GmbH gewährte monatliche Darlehensbetrag nicht als Einkommen gewertet werden könne. 41Mit vier Bescheiden vom 14. Juni 2018 hob der Beklagte die Bescheide vom 28. Mai 2014 für den Bewilligungszeitraum September 2013 bis August 2014, vom 29. September 2014 für den Bewilligungszeitraum September 2014 bis August 2015, vom 28. August 2015 für den Bewilligungszeitraum September 2015 bis August 2016 und vom 14. Februar 2017 für den Bewilligungszeitraum September 2016 bis Januar 2017 auf. Das Einkommen des Klägers sei bisher nicht oder nicht in voller Höhe berücksichtigt worden. Der Kläger habe in sämtlichen Bewilligungszeiträumen keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung gehabt. Dem folgend sei es im Bewilligungszeitraum September 2013 bis August 2014 zu einer Überzahlung in Höhe von 4.920 €, im Bewilligungszeitraum September 2014 bis August 2015 zu einer Überzahlung in Höhe von 4.656 €, im Bewilligungszeitraum September 2015 bis August 2016 zu einer Überzahlung in Höhe von 3.732 € und im Bewilligungszeitraum September 2016 bis Januar 2017 zu einer Überzahlung in Höhe von 1.955 € gekommen, welche zu erstatten sei. 42Am 10. Juli 2018 erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers Widerspruch gegen sämtliche Rückforderungsbescheide der Beklagten, den er mit weiterem Schreiben vom 24. September 2018 wie folgt begründete: Es lägen Tilgungsleistungen des Klägers auf die Darlehensschuld insoweit vor, als die Schulden in die Offerte der L. Betriebs GmbH eingestellt und eingepreist würden. Sie sei gemäß Ziffer III des Darlehensvertrags berechtigt, das Gehalt einseitig festzulegen. Die Tilgung erfolge somit dergestalt, dass der Kläger weniger verdiene als dies ohne den Abschluss des Darlehensvertrags der Fall sei. Auch habe er zu jeder Zeit richtige und vollständige Angaben gemacht. Der Beklagte sei jederzeit über die Einkommensentwicklung und den Darlehensvertrag informiert gewesen. Der Kläger habe daher auf den Bestand der Bewilligungsbescheide vertrauen dürfen. 43Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2018 wies der Beklagte die Wider-sprüche des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesent-lichen aus: Insgesamt würden von dem Kläger 4.428 € für sein Masterstudium und 15.263 € für sein Bachelorstudium (insgesamt also 19.691 €) nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG zurückgefordert. Er habe keine Angaben darüber gemacht, dass er in dem gesamten Zeitraum eine Ausbildungsvergütung mit Arbeitgeberleistungen bezogen habe. Bei der Bewilligung von Ausbildungsförderungsleistungen sei erkennbar für den Kläger davon ausgegangen worden, dass er lediglich monatliche Kreditraten ausgezahlt erhalte und dass eine Anrechnung nicht vorgenommen worden sei. Am 29. März 2018 habe er erstmalig eine Verdienstabrechnung für den März 2018 eingereicht, aus der sich ergeben habe, dass er entgegen seinen bis-herigen Angaben bereits seit Beginn seines Studiums im September 2013 eine monatliche Ausbildungsvergütung bezogen habe. Nachdem er im Anschluss sämtliche Ausbildungsvergütungsabrechnungen für den Zeitraum September 2013 bis Februar 2018 eingereicht habe, seien die entsprechenden Beträge zurückgefordert worden. Es könne dahinstehen, ob der Kläger überhaupt Kreditbeträge erhalten oder angerechnet bekommen habe, da die Anhäufung von Schulden auch in monatlichen Raten sich nur bei der Vermögensanrechnung bemerkbar mache. Die Inanspruchnahme eines monatlichen Kreditbetrages wirke sich nicht auf die Anrechnung eines monatlichen Arbeitsverdienstes oder einer Ausbildungsvergütung aus. Da neben der Auszahlung der Ausbildungsvergütung die Auszahlung eines Kreditbetrags nicht nachgewiesen sei und eine Kreditrückzahlungsforderung nach den Vereinbarungen auch erst entstehen sollte, wenn der Kläger trotz Unterbreitung eines Anstellungsvertrags keine Tätigkeit bei der L. Betriebs GmbH aufnehme, sei davon auszugehen, dass zurzeit eine Kreditforderung überhaupt noch nicht bestehe. Der Kläger habe pflichtwidrig eine ordnungsgemäße Mitteilung seines Einkommens unterlassen und dieses sogar als Darlehen verschleiert, sodass die Anrechnung und Geltend-machung der Rückforderung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 3 BAföG nicht verwirkt sei. Im Übrigen komme § 45 SGB X nicht zur Anwendung. Der Kläger könne sich auch nicht auf Entreicherung berufen. 44Der Kläger hat am 5. November 2018 die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und führt ergänzend im Wesentlichen aus: Mit einem arbeitgeberseitigen Ausbildungsdarlehen würden Arbeitgeber ihre potentiell interessanten Mitarbeiter frühzeitig an ihr Unternehmen binden. Denn gemäß Ziffer III Nr. 2 des Darlehensvertrags vom 13. Juni 2013 sei das Darlehen jedenfalls voll zu erstatten, sofern trotz Unterbreitung eines Anstellungsvertrags keine Tätigkeit vom Darlehensnehmer aufgenommen werde. Gemäß Ziffer III Nr. 1 des Darlehensvertrags setze eine vollumfängliche Tilgung im Übrigen auch eine mindestens dreijährige Beschäftigung voraus. Die dem Kläger bislang ausgezahlten Darlehensvaluten stellten somit kein Einkommen im Sinne des § 21 BAföG dar. Zwar könnten auf diese Weise Unternehmen ihren zukünftigen Mit-arbeitern auch ohne eine direkte Gehaltszahlung einen geldwerten Vorteil zukommen lassen, dieser Vorteil bestehe aber nur im gewährten Zinsvorteil. Ein aktuelles BMF-Schreiben stelle klar, dass sich der geldwerte Vorteil bei einem Arbeitgeber-darlehen aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem marktüblichen Zins und demjenigen Zinssatz ergebe, den der Darlehensnehmer im Einzelfall zu zahlen habe. Maßgeblich sei dabei der während der gesamten Vertragslaufzeit gewährte Zinssatz seit Vertragsschluss. Das hier gewährte Ausbildungsdarlehen sei zinsfrei, sodass allein der allerdings nur marginale Zinsvorteil als Einkommen von dem Beklagten hätte angerechnet werden dürfen. Der Umstand, dass der Darlehensgeber das gewährte Ausbildungsdarlehen vorsorglich aus steuerlichen Gründen als Ausbildungsvergütung deklariert und auch versteuert habe, stehe dem Darlehenscharakter der Zahlungen nicht entgegen. Die Zahlungen seien nicht als Entgelt für geleistete Arbeit im Betrieb gewährt worden, sondern ausschließlich als Darlehensvorschuss. Der Beklagte habe zudem von Anfang an um die monatlichen Zahlungen in Höhe von 828,97 € brutto gemäß des Vertrags vom 13. Juni 2013 gewusst, der auch ausdrücklich als „Darlehensvereinbarung und Arbeitsvertrag zur Studienförderung“ deklariert gewesen sei. Es sei damit klar erkennbar gewesen, dass die monatlichen Dar-lehenszahlungen auch als Ausbildungsvergütung abgerechnet worden seien. Der Kläger habe dies auch in seiner E-Mail vom 28. April 2015 dem Beklagten mitgeteilt. Der Beklagte hätte ausdrücklich die Vorlage der offenkundig bestehenden monatlichen Abrechnungen sofort verlangen müssen. Jedenfalls habe er seit 2015 Kenntnis von dem Umstand, dass die monatlichen Darlehenszahlungen als Ausbildungsvergütung deklariert worden seien; die Fristen des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X seien nicht beachtet worden. Auch lägen Wiederaufnahmegründe insoweit nicht vor. Im Übrigen habe der Beklagte auch nicht die einjährige Frist des § 45 Abs. 4 SGB X beachtet. Der Kläger erhebe ferner die Einrede der Entreicherung. Ferner sei § 20 Abs. 1 Nr. 3 BAföG auch keine Sonderregelung, die einem Rückgriff auf § 45 SGB X entgegenstehe. 45Der Kläger beantragt, 46die Bescheide des Beklagten vom 14. Mai 2018 und 14. Juni 2018 zu den Fördernummern 00000 und 00000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2018 aufzuheben. 47Der Beklagte beantragt, 48die Klage abzuweisen. 49Zur Begründung bezieht er sich auf seine Ausführungen im Vorverfahren und führt ergänzend aus: Der Kläger habe die monatlichen Zahlungen als Ausbildungsver-gütung erhalten. Es sei fraglich, ob überhaupt eine Darlehensverpflichtung bestehe. Bei dem Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger und der L. Betriebs GmbH handele es sich um einen typischen Vertrag als Werkstudent. Die monatlichen Zahlungen würden versteuert und es würden Sozialversicherungsbeiträge hierfür abgeführt. Für den Kläger sei in den Abrechnungen auch ein Urlaubsanspruch ausgewiesen worden. Ob er zusätzliche Zahlungen im Rahmen eines Darlehensvertrags erhalten habe, sei nicht bekannt und nicht nachgewiesen. Der in dem vorgelegten Darlehensvertrag aufgeführte Betrag entspreche nicht dem Betrag der Ausbildungsvergütung. Auch seien genaue Vereinbarungen über Zinszahlungen, Rückzahlungs-modalitäten usw. nicht getroffen worden. Gerade auch mangels genauer Vereinbarungen hinsichtlich der Rückabwicklung des angeblichen Darlehens könne von einer rechtlich wirksamen Vereinbarung eines solchen Darlehens nicht ausgegangen werden. Der Kläger habe damit keine monatliche Darlehensgewährung erhalten, sondern eine Werkstudentenvergütung, die als Einkommen zu berücksichtigen sei. Da er zu keinem Zeitpunkt die Abrechnung als Ausbildungsvergütung mitgeteilt und vorgelegt, sondern lediglich von der Auszahlung eines monatlich festen Darlehensbetrags unter Vorlage des Darlehensvertrags gesprochen habe, sei eine Täuschung des Beklagten erfolgt. Die Ausbildungsvergütung sei nachträglich anzurechnen. Zum Zeitpunkt der E-Mail des Klägers vom 28. April 2015 habe der monatliche Betrag des Darlehens als Bruttoeinkünfte im Raum gestanden, von den tatsächlichen Einkünften des Klägers habe keine Kenntnis bestanden. 50Mit Beschluss vom 3. Mai 2021 hat das Gericht den Beteiligten gestattet, im Wege der Bild- und Tonübertragung an der mündlichen Verhandlung von den Kanzlei-räumen bzw. den behördlichen Räumlichkeiten aus teilzunehmen. 51Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen. 52Entscheidungsgründe: 53Die Klage hat keinen Erfolg. 54Sie ist als statthafte Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO zulässig, aber unbegründet. Die Bescheide des Beklagten vom 14. Mai 2018 und 14. Juni 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2018 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 55Rechtsgrundlage für die Aufhebung der streitbefangenen Bescheide und die Erstattungspflicht geleisteter Ausbildungsförderung ist vorliegend § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG. Danach ist, außer in den Fällen der §§ 44 bis 50 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), wenn die Voraussetzungen für die Ausbildungsförderung an keinem Tage des Kalendermonats vorgelegen haben, insoweit der Bewilligungsbescheid aufzuheben und der Förderungsbetrag zu erstatten, als der Auszubildende Einkommen im Sinne des § 21 BAföG erzielt hat, das bei der Bewilligung der Ausbildungsförderung nicht berücksichtigt worden ist; Regelanpassungen gesetzlicher Renten und Versorgungsbezüge bleiben hierbei außer Betracht. Die Vorschrift trifft eine von der Erfüllung rein objektiver Kriterien abhängende Erstattungsregelung, die der Behörde kein (Entschließungs-)Ermessen hinsichtlich der Geltendmachung des Rückzahlungsverlangens einräumt. 56Vgl. Oberverwaltungsgericht (OVG) des Saarlandes, Beschluss vom 24. Juni 2014 – 1 D 279/14 –, juris, Rn. 12 f. m.w.N. 57Die Regelung des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG stellt eine gegenüber den Bestimmungen des SGB X über die Rücknahme und die Aufhebung begünstigender Verwaltungsakte und die Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen vorgehende Sonderregelung dar. Der Hinweis auf die Fälle der §§ 44 bis 50 SGB X soll nicht etwa die Anwendung des § 20 Abs. 1 Satz 1 BAföG für die Fälle einschränken, in denen zugleich die Aufhebungs- und Erstattungstatbestände der §§ 44 bis 50 SGB X vorliegen. Er soll vielmehr zum Ausdruck bringen, dass diese unberührt bleiben und zusätzlich zu § 20 Abs. 1 Satz 1 BAföG zum Zuge kommen können, indem in den von § 20 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 3 und 4 BAföG nicht erfassten Fällen die Aufhebung des Förderungsbescheides sich nach den tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der allgemeinen Vorschriften des SGB X richten soll. 58Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 17. September 1987 – 5 C 26.84 –, und vom 8. Juni 1989 – 5 C 38.86 –, jeweils juris; Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, Urteil vom 30. April 2015 – 12 S 1871/14 –, juris; Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 6. Auflage, § 20 Rn. 4; Rothe/Blanke, BAföG, 5. Auflage, § 20 Rn. 3.2. 59Als Einkommen gilt im Ausbildungsförderungsrecht nach § 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG die Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). 60Unabhängig von der Frage, ob durch Private gewährte Darlehen grundsätzlich unter den Einkommensbegriff des § 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG fallen, 61vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 18. Februar 1988– 16 A 2230/85 –, FamRZ 1989, S. 109 f.; diese Frage offen lassend: BVerwG, Urteil vom 21. September 1989– 5 C 10.87 –, juris, Rn. 11, 62handelt es sich vorliegend nach einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls bei den an den Kläger durch die L. Betriebs GmbH gewährten Zahlungen jedenfalls um nach § 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG zu berücksichtigende Ausbildungsvergütungen und nicht um reine Darlehensleistungen. 63Dafür spricht bereits der Umstand, dass in den Entgeltabrechnungen der L. GmbH selbst von „Ausbildungsvergütung“ als Posten die Rede ist. Darüber hinaus wurde eine feste Gesamt-Darlehenssumme zwischen dem Kläger und der L. GmbH nie vereinbart, sondern variable Beträge monatlich an den Kläger überwiesen. So hat der Kläger schon im September 2013, also rund drei Monate nach Vertragsschluss, anstelle der im Vertrag vereinbarten 828,97 € einen Betrag in Höhe von 857,15 € erhalten. Dieser Betrag stieg in der Folge ab Mai 2014 auf 876,01 € und betrug nach weiteren, sukzessiven Steigerungen in der Zwischenzeit im März 2018 schlussendlich 949,77 €. Die Ausführungen der L. Betriebs GmbH in dem Schreiben vom 13. April 2018, dass sich der monatliche Darlehensbetrag an der Entgeltveränderung in ihrem Unternehmen orientiere und dementsprechend regelmäßig angepasst werde, finden in dem zwischen ihr und dem Kläger geschlossenen Vertrag – der ausdrücklich von einem monatlichen Betrag in Höhe von 828,97 € spricht und keine Möglichkeit der dynamischen Anpassung vorsieht – keine Stütze und überzeugen im Ergebnis auch nicht. Maßgeblich für die Annahme einer Ausbildungsvergütung spricht sodann der Umstand, dass die L. Betriebs GmbH auf die gewährten Leistungen durchgängig Sozialversicherungsbeiträge abgeführt hat. Sie ist demnach auch selbst von einer Steuerpflichtigkeit der gewährten Leistungen ausgegangen, die im Falle eines gewährten Darlehens schlichtweg nicht bestanden hätte. Dieser Befund wird im Übrigen gestützt durch die weitere Gestaltung des abgeschlossenen Vertrags, der schon mit „Darlehensvereinbarung und Arbeitsvertrag zur Studienförderung“ überschrieben ist und eine klare Differenzierung zwischen einem in Rede stehenden Darlehensverhältnis einerseits und einem Arbeitsverhältnis andererseits nicht erkennen lässt. Dies folgt schon aus der Tatsache, dass ein konkretes Entgelt für das reine Arbeitsverhältnis – also eine wesentliche Modalität – nicht vereinbart wurde, sondern wohl vielmehr durch die monatlich gewährte, vermeintliche Darlehenszahlung abgegolten werden sollte. 64Dabei ist vorliegend auch nicht aufgrund des Umstands, dass es sich bei den an den Kläger durch die L. Betriebs GmbH gewährten Zahlungen nicht um Ausbildungsbeihilfen bzw. gleichartige Leistungen im Sinne des § 21 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG handelt, darauf zu schließen, dass auch ein Einkommen im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG nicht vorliegt. Denn aus Systematik und Wortlaut des Gesetzes („Als Einkommen gelten ferner…“) geht eindeutig hervor, dass die in Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 genannten Einkünfte lediglich zusätzlich in den Einkommensbegriff einbezogen sind. Die mangelnde Einschlägigkeit des § 21 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG schließt die Anwendbarkeit des § 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG nicht aus. 65Nach § 21 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG gelten als Einkommen Ausbildungsbeihilfen und gleichartige Leistungen, die nicht nach dem BAföG gewährt werden. Der Begriff der Ausbildungsbeihilfe bezieht sich ausschließlich auf die individuelle Ausbildungsförderung durch den Staat. Gleichartige Leistungen im Sinne der Vorschrift können auch Förderungsleistungen von privater Hand sein. Beide Formen der Förderung können auch Leistungen sein, die darlehensweise erbracht werden. 66Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. September 1989 – 5 C 10.87 –, juris, Rn. 11, 14; Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 6. Auflage, 2016, § 21 Rn. 32; Humborg, in: Rothe/Blanke, BAföG, 5. Auflage, Stand: April 2012, § 21 Rn. 23.2. 67Gleichartig mit einer staatlichen Ausbildungsbeihilfe aber sind derartige private Leistungen nur dann, wenn sie nicht nur den gleichen Zweck verfolgen, sondern über die Zweckidentität hinaus auch gleicher Art wie die staatliche Ausbildungsbeihilfe sind. Es genügt daher nicht, dass während der Ausbildung irgendwelche Leistungen erbracht werden; sie müssen vielmehr auf die Förderung der Ausbildung gerichtet sein. Dies schließt neben der allgemeinen Zweckrichtung der individuellen Ausbildungsförderung eine karitativ-gemeinnützige Zielrichtung ebenso ein wie eine von dieser Zielrichtung bestimmte, sie dokumentierende rechtliche Ausgestaltung der Leistung. Darlehen, die keinen überwiegend uneigennützigen Subventionierungs-charakter haben, fallen nicht unter den Anwendungsbereich der Vorschrift. 68Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. September 1989 – 5 C 10.87 –, juris, Rn. 14; Humborg, in: Rothe/Blanke, BAföG, 5. Auflage, Stand: April 2012, § 21 Rn. 23.2; Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 6. Auflage, 2016, § 21 Rn. 33. 69Nach dem Vorstehenden handelt es sich bei den an den Kläger durch die L. Betriebs GmbH gewährten Leistungen nicht um Ausbildungsbeihilfen bzw. gleichartige Leistungen im Sinne des § 21 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG. Ausweislich der Präambel sollte die getroffene Vereinbarung dazu dienen, den Ingenieurbedarf bei der L. GmbH langfristig sicherzustellen und den Kläger als Arbeitskraft für einen Zeitraum von mindestens drei Jahren nach Abschluss seines Studiums an das Unternehmen zu binden. Dem liegt somit im Schwerpunkt eine eigennützige, erwerbs- und wettbewerbsorientierte Zielrichtung zugrunde. Die Leistungen lassen sich auch nicht mit sonstigen Ausbildungsbeihilfen vergleichen, da sie eine Gegenleistung – in Gestalt der fortdauernden Betriebszugehörigkeit – des Klägers vorsehen. 70Der Berücksichtigung der gewährten Ausbildungsvergütungen als Einkommen im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG steht vorliegend auch nicht der Ausnahmetatbestand des § 21 Abs. 4 Nr. 4 BAföG entgegen. Hiernach gelten nicht als Einkommen solche Einnahmen, deren Zweckbestimmung einer Anrechnung auf den Bedarf entgegensteht; dies gilt insbesondere für Einnahmen, die für einen anderen Zweck als für die Deckung des Bedarfs im Sinne dieses Gesetzes bestimmt sind. 71Vorliegend steht die Zweckbestimmung der gewährten Ausbildungsvergütung nicht einer Anrechnung auf den Bedarf des Klägers im Sinne des § 11 Abs. 1 BAföG entgegen. Der zwischen dem Kläger und der L. Betriebs GmbH geschlossene Vertrag bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass die gewährte Vergütung nicht der Bestreitung des Lebensunterhalts des Klägers und seiner Ausbildung dienen sollte. Sie sollte ersichtlich auch nicht zur Deckung der Studiengebühren dienen, da sich die L. Betriebs GmbH gesondert zur Übernahme dieser Kosten bereit erklärt hat. Zwar mag die L. Betriebs GmbH daneben die Vergütung auch zur Bindung des Klägers an ihr Unternehmen geleistet haben; eine solche Zweckbestimmung steht jedoch einer Anrechnung auf den Bedarf nicht entgegen, da hierdurch der von der L. Betriebs GmbH verfolgte Zweck nicht vereitelt oder eingeschränkt wird. 72Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung berufen. Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass der in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG geregelte Rückforderungstatbestand eine eigenständige und in sich abgeschlossene Anspruchsgrundlage darstellt. Der Rückforderungsanspruch entsteht hiernach dann, wenn zwei objektive Umstände vorliegen, nämlich die Einkommenserzielung des Auszubildenden nach Stellung des Förderungsantrags und die fehlende Berücksichtigung dieses Einkommens durch die Behörde bei Bewilligung der Ausbildungsförderung. Subjektive Elemente spielen für das Entstehen des Rückforderungsanspruchs weder auf Seiten des Auszubildenden noch auf Seiten der Behörde eine Rolle. Ohne rechtliche Bedeutung ist demnach, ob der Auszubildende oder die Behörde gewusst hat oder hätte wissen müssen, der Auszubildende werde nach dem maßgeblichen Zeitpunkt Einkommen erzielen. Ferner kommt es nicht darauf an, ob dem Auszubildenden vorwerfbar ist, er habe die Behörde auf die Einkommenserzielung nicht hingewiesen, oder ob es in den Verantwortungsbereich der Behörde fällt, dass sie das Einkommen bei der Bewilligung unberücksichtigt gelassen hat. Dem Rückforderungsanspruch steht ferner nicht entgegen, dass der Auszubildende darauf vertraut hat, er habe die Förderung zu Recht erhalten, oder dass er den gezahlten Betrag für seinen Lebensunterhalt bereits verwendet hat. § 20 BAföG stellt insgesamt eine für die Ausbildungsförderung geltende Sonderregelung zur Rückforderung von zu Unrecht gewährten Leistungen dar, die das Vertrauen des Auszubildenden auf die Beibehaltung einer rechtswidrigen Förderung nicht schützt und Grundsätze aus dem Bereicherungsrecht unberücksichtigt lässt. Diese an objektiven Merkmalen orientierte Auslegung entspricht dem Sinn der Vorschrift. Er liegt darin, dem Nachrang der Ausbildungsförderung Rechnung zu tragen. 73Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1981 – 5 C 61.79 –,juris, Rn. 11 f.; Sächsisches OVG, Urteil vom 12. November 2020 – 3 A 1020/19 –, juris, Rn. 31 mit weiteren, zahlreichen Nachweisen; Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen, Beschluss vom 15. November 2016 – 15 K 3811/15 –, n.v., S. 4 f. 74Die Ausschlussfristen des § 45 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 2 SGB X gelten nicht. § 50 Abs. 4 SGB X ist jedoch als „sachnächste“ Verjährungsregelung entsprechend anwendbar, wenngleich sie hier auch mangels unanfechtbaren Erstattungsbescheids nicht unmittelbar einschlägig ist. Die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG bleibt damit auch dann anwendbar, wenn zu berücksichtigendes Einkommen bereits im Zeitpunkt der Bewilligung von dem zuständigen Amt für Ausbildungsförderung hätte angerechnet werden müssen. Insbesondere wird der Anwendungsbereich der Vorschrift nicht durch Vertrauensschutz beschränkt. Etwaiges Vertrauen von Auszubildenden auf den Bestand des Bewilligungsbescheids hat der Gesetzgeber nicht für schutzwürdig erachtet. 75Vgl. Sächsisches OVG, Urteil vom 12. November 2020 – 3 A 1020/19 –, juris, Rn. 32; OVG NRW, Beschluss vom 21. Mai 2019 – 12 E 513/18 –, juris, Rn. 6. 76Im Übrigen sind nach dem Vorstehenden auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, die hier ausnahmsweise der Rückforderung der gewährten Ausbildungsförderungs-leistungen aus Gründen des Vertrauensschutzes entgegenstehen. Soweit dadurch unbefriedigende Ergebnisse in Fällen entstehen, in denen der Auszubildende sein Einkommen ordnungsgemäß angegeben hat, das Förderungsamt dieses aber pflichtwidrig nicht berücksichtigt hat, obliegt es dem Gesetzgeber, eine Änderung herbeizuführen. 77Ferner kommt auch eine Verwirkung des Rückforderungsbegehrens nicht in Betracht. Der Einwand der Verwirkung ist in der Rechtsprechung seit langem als Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung für den Fall der verspäteten Geltendmachung eines Anspruchs anerkannt. Für die Annahme eines Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB) reicht der bloße Zeitablauf indes nicht aus; hinzukommen muss vielmehr, dass der Schuldner dem Verhalten des Gläubigers, das zur verspäteten Geltendmachung des Anspruchs geführt hat, entnehmen musste, dass dieser den Anspruch nicht mehr geltend machen wollte, wenn sich also der Schuldner darauf einrichten durfte, dass er mit diesem Anspruch nicht mehr zu rechnen brauche, und sich darauf auch eingerichtet hat. Diese Grundsätze sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf das öffentliche Recht übertragen worden. Verwirkt ist ein Anspruch, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die spätere Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen (Umstandsmoment). Der Verpflichtete muss sich infolge seines Vertrauens so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde. 78Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. August 2018 – 3 B 24.18 –, Rn. 14 ff. 79Mit der Annahme einer Verwirkung darf jedoch die gesetzgeberische Wertung nicht unterlaufen werden, dass im Rahmen des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG die Jahresfrist aus § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X keine Anwendung findet. Zu einem erheb-lichen Zeitablauf müssen besondere Umstände hinzutreten; allein ein Schweigen bzw. eine Untätigkeit der Behörde führt grundsätzlich nicht zur Verwirkung. Die Rechtsprechung ist hinsichtlich der Anerkennung einer Verwirkung dementsprechend äußerst zurückhaltend. Selbst ein Zeitraum von „fast acht Jahren“ ist für die Annahme einer Verwirkung im Sinne des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG noch nicht als ausreichend angesehen worden. 80Vgl. VG Augsburg, Beschluss vom 5. Februar 2015– Au 3 K 14.933 –, juris, Rn. 51 m.w.N. 81Nach Maßgabe dieser Grundsätze fehlt es vorliegend jedenfalls an dem zu fordernden Zeitmoment. Zwischen der erstmaligen Antragstellung im August 2013 und den hier streitbefangenen Bescheiden aus Mai und Juni 2018 liegen weniger als fünf Jahre. Dabei handelt es sich schon um einen Zeitraum, der nach den restriktiven Maßstäben der Rechtsprechung für sich genommen eine Verwirkung nicht zu begründen vermag. Ferner liegen auch keine besonderen Umstände vor, welche die Annahme 82eines erheblichen Zeitablaufs begründen. Vielmehr befand sich der Kläger zum Zeitpunkt der Rückforderung noch in der Ausbildung, nämlich im dritten Fachsemester seines Master-Studiums. Somit konnte und musste er – jedenfalls noch bis zum Zeitpunkt der Förderungshöchstdauer im September 2018 – davon ausgehen, dass das Verwaltungsverfahren bei dem Beklagten noch nicht abgeschlossen war und ge-gebenenfalls auch die Voraussetzungen für die Leistung von Ausbildungsförderung für vergangene Bewilligungszeiträume erneut geprüft werden könnten. 83Es kann auch kein Entreicherungseinwand gegen die Rückforderung erhoben werden. Anders als bei der Rücknahme nach § 45 SGB X findet der Rechtsgedanke des § 818 Abs. 3 des BGB im Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 BAföG aufgrund des Vorstehenden auch keine entsprechende Anwendung. 84Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Januar 1987 – 5 C 54.82 –, juris, Rn. 30; Rothe/Blanke, BAföG, 5. Auflage, § 20 Rn. 3.1. 85Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 188 Satz 2 VwGO. 86Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 87Rechtsmittelbelehrung: 88Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 891. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 902. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 913. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 924. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 935. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 94Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV), bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV, einzureichen. 95Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der am 11. april 1992 geborene kläger beantragte leistungen nach dem bundesausbildungsförderungsgesetz (bafög) für den von ihm zum wintersemester 2013/2014 aufgenommenen bachelor-studiengang maschinenbau an der hoch-schule c. am 26. august 2013 für den bewilligungszeitraum september 2013 bis august 2014, am 8. april 2014 für den bewilligungszeitraum september 2014 bis august 2015, am 8. april 2015 für den bewilligungszeitraum september 2015 bis august 2016 und am 22. märz 2016 für den bewilligungszeitraum september 2016 bis januar 2017. für den seit dem sommersemester 2017 aufgenommenen master-studiengang maschinenbau an der s. -universität c. beantragte er am 9. januar 2017 leistungen nach dem bafög für den bewilligungszeitraum april 2017 bis märz 2018 und am 8. märz 2018 für den bewilligungszeitraum april 2018 bis september 2018. 3am 13. juni 2013 schloss der kläger eine „darlehensvereinbarung und arbeitsvertrag zur studienförderung im rahmen eines studiums an der fachhochschule n. “ mit der l. betriebs gmbh aus f. , in der es auszugsweise wie folgt lautete: 4„präambel: 5die firma beabsichtigt zur langfristigen sicherstellung des ingenieurbedarfs den student/die studentin für den studiengang in finanzieller hinsicht zu fördern. aus diesem grund gewährt die firma das nachfolgend dargestellte darlehen sowie einen semesterferienarbeitsvertrag und die parteien versichern, dass die zusammenarbeit entsprechend der nachfolgenden regelung in einer vertrauensvollen art und weise erfolgen wird und der student/die studentin mit größtmöglichen studieneinsatz seine/ihre leistungen erbringen wird. 6(…) 7i. vertragsgegenstand 81. die firma gewährt dem studenten/der studentin ein zinsloses darlehen für die dauer der regelstudienzeit und zahlt aus diesem gewährten darlehen monatlich einen betrag in höhe von 828,97 € an den studenten. 92, voraussetzung für die gewährung dieses zinslosen dar-lehens ist die aufnahme des studiums der fachrichtung maschinenbau der fachhochschule n. . nimmt der student/die studentin dieses konkrete studium zu dem vereinbarten zeitraum nicht auf, entfällt die verpflichtung zur monatlichen auszahlung des darlehens. 103. die zahlung des monatlichen darlehens erfolgt sowohl während der vorlesungszeit als auch der vorlesungsfreien zeit. 11(…) 125. während der vorlesungsfreien zeit verpflichtet sich der student zur arbeit in den betriebsstätten der firma. der genaue arbeitsplan ergibt sich aus der als anlage 1 beigefügten aufstellung der jeweils gültigen studienordnung. die firma gewährt dem studenten einen urlaubsanspruch von 2 tagen/monat pro kalenderjahr. 13für den zeitraum der regelstudienzeit übernimmt die firma anfallende studiengebühren. 14(…) 15ii. vertragsdauer 161. die laufzeit dieser vereinbarung beginnt am 19.06.2013. 17(…) 182. während der dauer des jeweiligen sommer-/ wintersemesters ist eine ordentliche kündigung ausgeschlossen. die darlehensvereinbarung kann ordentlich nur 19mit einer frist von einem monat zum jeweiligen semester-ende aufgekündigt werden. für den fall der kündigung wird das ausgezahlte darlehen sofort zur rückzahlung fällig. ansonsten gelten die regelungen des bürgerlichen gesetz-buches. 20(…) 21iii. tätigkeiten nach dem studium 221. die parteien gehen davon aus, dass der student/die studentin nach erfolgreichem abschluss des studiengangs für mindestens 3 jahre in einer betriebsstätte der firma tätig sein wird. dabei verpflichtet sich die firma dem student/der studentin eine dem studienabschluss entsprechenden anstellungsvertrag zu den in der firma üblichen einstellungsbedingungen anzubieten. 23pro jahr der entsprechenden betriebszugehörigkeit gilt 1/3 des ausgezahlten darlehens als getilgt. 242. sollte der student/die studentin trotz unterbreitung eines anstellungsvertrages keine tätigkeit bei der firma aufnehmen, verpflichtet sich dieser/diese zur rückzahlung des insgesamt gewährten darlehens. 25(…)“ 26für den weiteren inhalt des vertrags wird auf die in dem verwaltungsvorgang befindliche ablichtung bezug genommen (beiakte heft 1, bl. 84 ff.). 27mit schreiben vom 29. august 2013 führte die l. betriebs gmbh aus, dass der am 13. juni 2013 geschlossene „arbeitsvertrag und darlehensvereinbarung zur studienförderung“ auch für die hochschule c. gültig sei. 28mit e-mail vom 9. september 2013 fragte der kläger beim beklagten nach, wie das darlehen mit seiner firma in die berechnungen einbezogen werde. 29mit bescheid vom 12. september 2013 bewilligte der beklagte dem kläger ausbildungsförderungsleistungen in höhe von 380 € monatlich für den bewilligungszeitraum september 2013 bis august 2014. mit bescheid vom 14. mai 2014 wurde dieser bescheid aufgehoben und dem kläger wurden ausbildungsförderungsleistungen in höhe von 380 € monatlich für den bewilligungszeitraum september 2013 bis dezember 2013 und in höhe von 163 € monatlich für den bewilligungszeitraum januar 2014 bis august 2014 bewilligt. mit weiterem bescheid vom 28. mai 2014 wurden dem kläger abweichend ausbildungsförderungsleistungen in höhe von 425 € monatlich für den bewilligungszeitraum januar 2014 bis august 2014 bewilligt. 30mit bescheid vom 29. september 2014 bewilligte der beklagte dem kläger ausbildungsförderungsleistungen in höhe von 432 € für den monat september 2014 und in höhe von 384 € monatlich für den weiteren bewilligungszeitraum oktober 2014 bis august 2015. 31mit e-mail vom 28. april 2015 teilte der kläger dem beklagten mit, dass er die brutto-einkünfte der l. betriebs gmbh nicht als einnahmen berücksichtigen solle, da es sich um ein darlehen handele. 32mit bescheid vom 28. august 2015 bewilligte der beklagte dem kläger ausbildungsförderungsleistungen in höhe von 311 € monatlich für den bewilligungszeitraum september 2015 bis august 2016. 33mit bescheid vom 30. august 2016 bewilligte der beklagte dem kläger ausbildungsförderungsleistungen in höhe von 391 € monatlich für den bewilligungszeitraum september 2016 bis februar 2017. mit bescheid vom 14. februar 2017 wurde dieser bescheid aufgehoben und der bewilligungszeitraum auf september 2016 bis januar 2017 aufgrund des bestehens der abschlussprüfung am 13. januar 2017 neu festgesetzt. in der folge sei ein betrag in höhe von 391 € zu erstatten. 34mit bescheid vom 12. april 2017 bewilligte der beklagte dem kläger ausbildungs-förderungsleistungen in höhe von 369 € monatlich für den bewilligungszeitraum april 2017 bis märz 2018. am 28. september 2017 erging ein weiterer bescheid, der abweichend hiervon dem kläger ab oktober 2017 ausbildungsförderungsleistungen in höhe von 90 € bewilligte. mit bescheid vom 12. oktober 2017 wurde dieser bescheid wiederum aufgehoben und dem kläger wieder ausbildungsförderungs-leistungen in höhe von 369 € monatlich für den bewilligungszeitraum april 2017 bis märz 2018 bewilligt. in der folge erhielt der kläger eine nachzahlung in höhe von 279 €. 35am 29. märz 2018 reichte der kläger bei dem beklagten entgeltabrechnungen der l. betriebs gmbh für den zeitraum april 2017 bis februar 2018 ein. die entgeltabrechnungen wiesen u.a. den posten „ausbildungsvergütung“ aus, wobei vom gesamtbrutto-betrag sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden. für die weiteren einzelheiten zu den entgeltabrechnungen wird auf die in dem verwaltungsvorgang befindlichen ablichtungen bezug genommen (beiakte heft 3, bl. 325/18 ff.). 36auf nachfrage des beklagten führte die l. betriebs gmbh mit schreiben vom 13. april 2018 aus, dass das monatliche darlehen an den kläger in form einer ausbildungsvergütung gezahlt werde. die höhe des monatlichen darlehensbetrages bzw. der ausbildungsvergütung werde regelmäßig angepasst und orientiere sich dabei an der entgeltveränderung in ihrem unternehmen. 37am 7. mai 2018 und am 14. mai 2018 reichte der kläger bei dem beklagten weitere entgeltabrechnungen der l. betriebs gmbh für den zeitraum september 2013 bis januar 2017 und für den monat märz 2018 ein. bezüglich der weiteren einzelheiten zu den entgeltabrechnungen wird auf die in dem verwaltungsvorgang befindlichen ablichtungen bezug genommen (beiakten heft 1, bl. 76/4 ff. und 140/1 ff.; heft 2, bl. 204/1 ff. und 261/5 ff.; heft 3, bl. 325/32). 38mit bescheid vom 14. mai 2018 hob der beklagte den bescheid vom 12. oktober 2017 für den bewilligungszeitraum april 2017 bis märz 2018 auf. das einkommen des klägers sei bisher nicht oder nicht in voller höhe berücksichtigt worden. der kläger habe in dem bewilligungszeitraum keinen anspruch auf ausbildungsförderung gehabt. dem folgend sei es im bewilligungszeitraum april 2017 bis märz 2018 zu einer überzahlung in höhe von 4.428 € gekommen, welche zu erstatten sei. 39mit weiteren bescheid vom 14. mai 2018 lehnte der beklagte die bewilligung von ausbildungsförderungsleistungen für den bewilligungszeitraum april 2018 bis september 2018 ab, da das anzurechnende einkommen des klägers in höhe von 1.226,65 € seinen gesamtbedarf von 649 € überschreite. 40am 22. mai 2018 erhob der kläger gegen die beiden bescheide vom 14. mai 2018 widerspruch, den er im wesentlichen damit begründete, dass der ihm von der l. betriebs gmbh gewährte monatliche darlehensbetrag nicht als einkommen gewertet werden könne. 41mit vier bescheiden vom 14. juni 2018 hob der beklagte die bescheide vom 28. mai 2014 für den bewilligungszeitraum september 2013 bis august 2014, vom 29. september 2014 für den bewilligungszeitraum september 2014 bis august 2015, vom 28. august 2015 für den bewilligungszeitraum september 2015 bis august 2016 und vom 14. februar 2017 für den bewilligungszeitraum september 2016 bis januar 2017 auf. das einkommen des klägers sei bisher nicht oder nicht in voller höhe berücksichtigt worden. der kläger habe in sämtlichen bewilligungszeiträumen keinen anspruch auf ausbildungsförderung gehabt. dem folgend sei es im bewilligungszeitraum september 2013 bis august 2014 zu einer überzahlung in höhe von 4.920 €, im bewilligungszeitraum september 2014 bis august 2015 zu einer überzahlung in höhe von 4.656 €, im bewilligungszeitraum september 2015 bis august 2016 zu einer überzahlung in höhe von 3.732 € und im bewilligungszeitraum september 2016 bis januar 2017 zu einer überzahlung in höhe von 1.955 € gekommen, welche zu erstatten sei. 42am 10. juli 2018 erhob der prozessbevollmächtigte des klägers widerspruch gegen sämtliche rückforderungsbescheide der beklagten, den er mit weiterem schreiben vom 24. september 2018 wie folgt begründete: es lägen tilgungsleistungen des klägers auf die darlehensschuld insoweit vor, als die schulden in die offerte der l. betriebs gmbh eingestellt und eingepreist würden. sie sei gemäß ziffer iii des darlehensvertrags berechtigt, das gehalt einseitig festzulegen. die tilgung erfolge somit dergestalt, dass der kläger weniger verdiene als dies ohne den abschluss des darlehensvertrags der fall sei. auch habe er zu jeder zeit richtige und vollständige angaben gemacht. der beklagte sei jederzeit über die einkommensentwicklung und den darlehensvertrag informiert gewesen. der kläger habe daher auf den bestand der bewilligungsbescheide vertrauen dürfen. 43mit widerspruchsbescheid vom 29. oktober 2018 wies der beklagte die wider-sprüche des klägers als unbegründet zurück. zur begründung führte er im wesent-lichen aus: insgesamt würden von dem kläger 4.428 € für sein masterstudium und 15.263 € für sein bachelorstudium (insgesamt also 19.691 €) nach § 20 abs. 1 satz 1 nr. 3 bafög zurückgefordert. er habe keine angaben darüber gemacht, dass er in dem gesamten zeitraum eine ausbildungsvergütung mit arbeitgeberleistungen bezogen habe. bei der bewilligung von ausbildungsförderungsleistungen sei erkennbar für den kläger davon ausgegangen worden, dass er lediglich monatliche kreditraten ausgezahlt erhalte und dass eine anrechnung nicht vorgenommen worden sei. am 29. märz 2018 habe er erstmalig eine verdienstabrechnung für den märz 2018 eingereicht, aus der sich ergeben habe, dass er entgegen seinen bis-herigen angaben bereits seit beginn seines studiums im september 2013 eine monatliche ausbildungsvergütung bezogen habe. nachdem er im anschluss sämtliche ausbildungsvergütungsabrechnungen für den zeitraum september 2013 bis februar 2018 eingereicht habe, seien die entsprechenden beträge zurückgefordert worden. es könne dahinstehen, ob der kläger überhaupt kreditbeträge erhalten oder angerechnet bekommen habe, da die anhäufung von schulden auch in monatlichen raten sich nur bei der vermögensanrechnung bemerkbar mache. die inanspruchnahme eines monatlichen kreditbetrages wirke sich nicht auf die anrechnung eines monatlichen arbeitsverdienstes oder einer ausbildungsvergütung aus. da neben der auszahlung der ausbildungsvergütung die auszahlung eines kreditbetrags nicht nachgewiesen sei und eine kreditrückzahlungsforderung nach den vereinbarungen auch erst entstehen sollte, wenn der kläger trotz unterbreitung eines anstellungsvertrags keine tätigkeit bei der l. betriebs gmbh aufnehme, sei davon auszugehen, dass zurzeit eine kreditforderung überhaupt noch nicht bestehe. der kläger habe pflichtwidrig eine ordnungsgemäße mitteilung seines einkommens unterlassen und dieses sogar als darlehen verschleiert, sodass die anrechnung und geltend-machung der rückforderung gemäß § 20 abs. 1 nr. 3 bafög nicht verwirkt sei. im übrigen komme § 45 sgb x nicht zur anwendung. der kläger könne sich auch nicht auf entreicherung berufen. 44der kläger hat am 5. november 2018 die vorliegende klage erhoben. zur begründung wiederholt er sein vorbringen aus dem verwaltungsverfahren und führt ergänzend im wesentlichen aus: mit einem arbeitgeberseitigen ausbildungsdarlehen würden arbeitgeber ihre potentiell interessanten mitarbeiter frühzeitig an ihr unternehmen binden. denn gemäß ziffer iii nr. 2 des darlehensvertrags vom 13. juni 2013 sei das darlehen jedenfalls voll zu erstatten, sofern trotz unterbreitung eines anstellungsvertrags keine tätigkeit vom darlehensnehmer aufgenommen werde. gemäß ziffer iii nr. 1 des darlehensvertrags setze eine vollumfängliche tilgung im übrigen auch eine mindestens dreijährige beschäftigung voraus. die dem kläger bislang ausgezahlten darlehensvaluten stellten somit kein einkommen im sinne des § 21 bafög dar. zwar könnten auf diese weise unternehmen ihren zukünftigen mit-arbeitern auch ohne eine direkte gehaltszahlung einen geldwerten vorteil zukommen lassen, dieser vorteil bestehe aber nur im gewährten zinsvorteil. ein aktuelles bmf-schreiben stelle klar, dass sich der geldwerte vorteil bei einem arbeitgeber-darlehen aus dem unterschiedsbetrag zwischen dem marktüblichen zins und demjenigen zinssatz ergebe, den der darlehensnehmer im einzelfall zu zahlen habe. maßgeblich sei dabei der während der gesamten vertragslaufzeit gewährte zinssatz seit vertragsschluss. das hier gewährte ausbildungsdarlehen sei zinsfrei, sodass allein der allerdings nur marginale zinsvorteil als einkommen von dem beklagten hätte angerechnet werden dürfen. der umstand, dass der darlehensgeber das gewährte ausbildungsdarlehen vorsorglich aus steuerlichen gründen als ausbildungsvergütung deklariert und auch versteuert habe, stehe dem darlehenscharakter der zahlungen nicht entgegen. die zahlungen seien nicht als entgelt für geleistete arbeit im betrieb gewährt worden, sondern ausschließlich als darlehensvorschuss. der beklagte habe zudem von anfang an um die monatlichen zahlungen in höhe von 828,97 € brutto gemäß des vertrags vom 13. juni 2013 gewusst, der auch ausdrücklich als „darlehensvereinbarung und arbeitsvertrag zur studienförderung“ deklariert gewesen sei. es sei damit klar erkennbar gewesen, dass die monatlichen dar-lehenszahlungen auch als ausbildungsvergütung abgerechnet worden seien. der kläger habe dies auch in seiner e-mail vom 28. april 2015 dem beklagten mitgeteilt. der beklagte hätte ausdrücklich die vorlage der offenkundig bestehenden monatlichen abrechnungen sofort verlangen müssen. jedenfalls habe er seit 2015 kenntnis von dem umstand, dass die monatlichen darlehenszahlungen als ausbildungsvergütung deklariert worden seien; die fristen des § 45 abs. 3 satz 1 sgb x seien nicht beachtet worden. auch lägen wiederaufnahmegründe insoweit nicht vor. im übrigen habe der beklagte auch nicht die einjährige frist des § 45 abs. 4 sgb x beachtet. der kläger erhebe ferner die einrede der entreicherung. ferner sei § 20 abs. 1 nr. 3 bafög auch keine sonderregelung, die einem rückgriff auf § 45 sgb x entgegenstehe. 45der kläger beantragt, 46die bescheide des beklagten vom 14. mai 2018 und 14. juni 2018 zu den fördernummern 00000 und 00000 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 29. oktober 2018 aufzuheben. 47der beklagte beantragt, 48die klage abzuweisen. 49zur begründung bezieht er sich auf seine ausführungen im vorverfahren und führt ergänzend aus: der kläger habe die monatlichen zahlungen als ausbildungsver-gütung erhalten. es sei fraglich, ob überhaupt eine darlehensverpflichtung bestehe. bei dem vertragsverhältnis zwischen dem kläger und der l. betriebs gmbh handele es sich um einen typischen vertrag als werkstudent. die monatlichen zahlungen würden versteuert und es würden sozialversicherungsbeiträge hierfür abgeführt. für den kläger sei in den abrechnungen auch ein urlaubsanspruch ausgewiesen worden. ob er zusätzliche zahlungen im rahmen eines darlehensvertrags erhalten habe, sei nicht bekannt und nicht nachgewiesen. der in dem vorgelegten darlehensvertrag aufgeführte betrag entspreche nicht dem betrag der ausbildungsvergütung. auch seien genaue vereinbarungen über zinszahlungen, rückzahlungs-modalitäten usw. nicht getroffen worden. gerade auch mangels genauer vereinbarungen hinsichtlich der rückabwicklung des angeblichen darlehens könne von einer rechtlich wirksamen vereinbarung eines solchen darlehens nicht ausgegangen werden. der kläger habe damit keine monatliche darlehensgewährung erhalten, sondern eine werkstudentenvergütung, die als einkommen zu berücksichtigen sei. da er zu keinem zeitpunkt die abrechnung als ausbildungsvergütung mitgeteilt und vorgelegt, sondern lediglich von der auszahlung eines monatlich festen darlehensbetrags unter vorlage des darlehensvertrags gesprochen habe, sei eine täuschung des beklagten erfolgt. die ausbildungsvergütung sei nachträglich anzurechnen. zum zeitpunkt der e-mail des klägers vom 28. april 2015 habe der monatliche betrag des darlehens als bruttoeinkünfte im raum gestanden, von den tatsächlichen einkünften des klägers habe keine kenntnis bestanden. 50mit beschluss vom 3. mai 2021 hat das gericht den beteiligten gestattet, im wege der bild- und tonübertragung an der mündlichen verhandlung von den kanzlei-räumen bzw. den behördlichen räumlichkeiten aus teilzunehmen. 51wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und des beigezogenen verwaltungsvorgangs bezug genommen. 52
53die klage hat keinen erfolg. 54sie ist als statthafte anfechtungsklage nach § 42 abs. 1 alt. 1 vwgo zulässig, aber unbegründet. die bescheide des beklagten vom 14. mai 2018 und 14. juni 2018 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 29. oktober 2018 sind rechtmäßig und verletzen den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 55rechtsgrundlage für die aufhebung der streitbefangenen bescheide und die erstattungspflicht geleisteter ausbildungsförderung ist vorliegend § 20 abs. 1 satz 1 nr. 3 bafög. danach ist, außer in den fällen der §§ 44 bis 50 des zehnten buches sozialgesetzbuch (sgb x), wenn die voraussetzungen für die ausbildungsförderung an keinem tage des kalendermonats vorgelegen haben, insoweit der bewilligungsbescheid aufzuheben und der förderungsbetrag zu erstatten, als der auszubildende einkommen im sinne des § 21 bafög erzielt hat, das bei der bewilligung der ausbildungsförderung nicht berücksichtigt worden ist; regelanpassungen gesetzlicher renten und versorgungsbezüge bleiben hierbei außer betracht. die vorschrift trifft eine von der erfüllung rein objektiver kriterien abhängende erstattungsregelung, die der behörde kein (entschließungs-)ermessen hinsichtlich der geltendmachung des rückzahlungsverlangens einräumt. 56vgl. oberverwaltungsgericht (ovg) des saarlandes, beschluss vom 24. juni 2014 – 1 d 279/14 –, juris, rn. 12 f. m.w.n. 57die regelung des § 20 abs. 1 satz 1 nr. 3 bafög stellt eine gegenüber den bestimmungen des sgb x über die rücknahme und die aufhebung begünstigender verwaltungsakte und die erstattung zu unrecht erbrachter leistungen vorgehende sonderregelung dar. der hinweis auf die fälle der §§ 44 bis 50 sgb x soll nicht etwa die anwendung des § 20 abs. 1 satz 1 bafög für die fälle einschränken, in denen zugleich die aufhebungs- und erstattungstatbestände der §§ 44 bis 50 sgb x vorliegen. er soll vielmehr zum ausdruck bringen, dass diese unberührt bleiben und zusätzlich zu § 20 abs. 1 satz 1 bafög zum zuge kommen können, indem in den von § 20 abs. 1 satz 1 nrn. 3 und 4 bafög nicht erfassten fällen die aufhebung des förderungsbescheides sich nach den tatbestandsmäßigen voraussetzungen der allgemeinen vorschriften des sgb x richten soll. 58vgl. bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteile vom 17. september 1987 – 5 c 26.84 –, und vom 8. juni 1989 – 5 c 38.86 –, jeweils juris; verwaltungsgerichtshof (vgh) baden-württemberg, urteil vom 30. april 2015 – 12 s 1871/14 –, juris; ramsauer/stallbaum, bafög, 6. auflage, § 20 rn. 4; rothe/blanke, bafög, 5. auflage, § 20 rn. 3.2. 59als einkommen gilt im ausbildungsförderungsrecht nach § 21 abs. 1 satz 1 bafög die summe der positiven einkünfte im sinne des § 2 abs. 1 und 2 des einkommensteuergesetzes (estg). 60unabhängig von der frage, ob durch private gewährte darlehen grundsätzlich unter den einkommensbegriff des § 21 abs. 1 satz 1 bafög fallen, 61vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), urteil vom 18. februar 1988– 16 a 2230/85 –, famrz 1989, s. 109 f.; diese frage offen lassend: bverwg, urteil vom 21. september 1989– 5 c 10.87 –, juris, rn. 11, 62handelt es sich vorliegend nach einer gesamtwürdigung der umstände des einzelfalls bei den an den kläger durch die l. betriebs gmbh gewährten zahlungen jedenfalls um nach § 21 abs. 1 satz 1 bafög zu berücksichtigende ausbildungsvergütungen und nicht um reine darlehensleistungen. 63dafür spricht bereits der umstand, dass in den entgeltabrechnungen der l. gmbh selbst von „ausbildungsvergütung“ als posten die rede ist. darüber hinaus wurde eine feste gesamt-darlehenssumme zwischen dem kläger und der l. gmbh nie vereinbart, sondern variable beträge monatlich an den kläger überwiesen. so hat der kläger schon im september 2013, also rund drei monate nach vertragsschluss, anstelle der im vertrag vereinbarten 828,97 € einen betrag in höhe von 857,15 € erhalten. dieser betrag stieg in der folge ab mai 2014 auf 876,01 € und betrug nach weiteren, sukzessiven steigerungen in der zwischenzeit im märz 2018 schlussendlich 949,77 €. die ausführungen der l. betriebs gmbh in dem schreiben vom 13. april 2018, dass sich der monatliche darlehensbetrag an der entgeltveränderung in ihrem unternehmen orientiere und dementsprechend regelmäßig angepasst werde, finden in dem zwischen ihr und dem kläger geschlossenen vertrag – der ausdrücklich von einem monatlichen betrag in höhe von 828,97 € spricht und keine möglichkeit der dynamischen anpassung vorsieht – keine stütze und überzeugen im ergebnis auch nicht. maßgeblich für die annahme einer ausbildungsvergütung spricht sodann der umstand, dass die l. betriebs gmbh auf die gewährten leistungen durchgängig sozialversicherungsbeiträge abgeführt hat. sie ist demnach auch selbst von einer steuerpflichtigkeit der gewährten leistungen ausgegangen, die im falle eines gewährten darlehens schlichtweg nicht bestanden hätte. dieser befund wird im übrigen gestützt durch die weitere gestaltung des abgeschlossenen vertrags, der schon mit „darlehensvereinbarung und arbeitsvertrag zur studienförderung“ überschrieben ist und eine klare differenzierung zwischen einem in rede stehenden darlehensverhältnis einerseits und einem arbeitsverhältnis andererseits nicht erkennen lässt. dies folgt schon aus der tatsache, dass ein konkretes entgelt für das reine arbeitsverhältnis – also eine wesentliche modalität – nicht vereinbart wurde, sondern wohl vielmehr durch die monatlich gewährte, vermeintliche darlehenszahlung abgegolten werden sollte. 64dabei ist vorliegend auch nicht aufgrund des umstands, dass es sich bei den an den kläger durch die l. betriebs gmbh gewährten zahlungen nicht um ausbildungsbeihilfen bzw. gleichartige leistungen im sinne des § 21 abs. 3 satz 1 nr. 2 bafög handelt, darauf zu schließen, dass auch ein einkommen im sinne des § 21 abs. 1 satz 1 bafög nicht vorliegt. denn aus systematik und wortlaut des gesetzes („als einkommen gelten ferner…“) geht eindeutig hervor, dass die in absatz 3 satz 1 nr. 2 genannten einkünfte lediglich zusätzlich in den einkommensbegriff einbezogen sind. die mangelnde einschlägigkeit des § 21 abs. 3 satz 1 nr. 2 bafög schließt die anwendbarkeit des § 21 abs. 1 satz 1 bafög nicht aus. 65nach § 21 abs. 3 satz 1 nr. 2 bafög gelten als einkommen ausbildungsbeihilfen und gleichartige leistungen, die nicht nach dem bafög gewährt werden. der begriff der ausbildungsbeihilfe bezieht sich ausschließlich auf die individuelle ausbildungsförderung durch den staat. gleichartige leistungen im sinne der vorschrift können auch förderungsleistungen von privater hand sein. beide formen der förderung können auch leistungen sein, die darlehensweise erbracht werden. 66vgl. bverwg, urteil vom 21. september 1989 – 5 c 10.87 –, juris, rn. 11, 14; ramsauer/stallbaum, bafög, 6. auflage, 2016, § 21 rn. 32; humborg, in: rothe/blanke, bafög, 5. auflage, stand: april 2012, § 21 rn. 23.2. 67gleichartig mit einer staatlichen ausbildungsbeihilfe aber sind derartige private leistungen nur dann, wenn sie nicht nur den gleichen zweck verfolgen, sondern über die zweckidentität hinaus auch gleicher art wie die staatliche ausbildungsbeihilfe sind. es genügt daher nicht, dass während der ausbildung irgendwelche leistungen erbracht werden; sie müssen vielmehr auf die förderung der ausbildung gerichtet sein. dies schließt neben der allgemeinen zweckrichtung der individuellen ausbildungsförderung eine karitativ-gemeinnützige zielrichtung ebenso ein wie eine von dieser zielrichtung bestimmte, sie dokumentierende rechtliche ausgestaltung der leistung. darlehen, die keinen überwiegend uneigennützigen subventionierungs-charakter haben, fallen nicht unter den anwendungsbereich der vorschrift. 68vgl. bverwg, urteil vom 21. september 1989 – 5 c 10.87 –, juris, rn. 14; humborg, in: rothe/blanke, bafög, 5. auflage, stand: april 2012, § 21 rn. 23.2; ramsauer/stallbaum, bafög, 6. auflage, 2016, § 21 rn. 33. 69nach dem vorstehenden handelt es sich bei den an den kläger durch die l. betriebs gmbh gewährten leistungen nicht um ausbildungsbeihilfen bzw. gleichartige leistungen im sinne des § 21 abs. 3 satz 1 nr. 2 bafög. ausweislich der präambel sollte die getroffene vereinbarung dazu dienen, den ingenieurbedarf bei der l. gmbh langfristig sicherzustellen und den kläger als arbeitskraft für einen zeitraum von mindestens drei jahren nach abschluss seines studiums an das unternehmen zu binden. dem liegt somit im schwerpunkt eine eigennützige, erwerbs- und wettbewerbsorientierte zielrichtung zugrunde. die leistungen lassen sich auch nicht mit sonstigen ausbildungsbeihilfen vergleichen, da sie eine gegenleistung – in gestalt der fortdauernden betriebszugehörigkeit – des klägers vorsehen. 70der berücksichtigung der gewährten ausbildungsvergütungen als einkommen im sinne des § 21 abs. 1 satz 1 bafög steht vorliegend auch nicht der ausnahmetatbestand des § 21 abs. 4 nr. 4 bafög entgegen. hiernach gelten nicht als einkommen solche einnahmen, deren zweckbestimmung einer anrechnung auf den bedarf entgegensteht; dies gilt insbesondere für einnahmen, die für einen anderen zweck als für die deckung des bedarfs im sinne dieses gesetzes bestimmt sind. 71vorliegend steht die zweckbestimmung der gewährten ausbildungsvergütung nicht einer anrechnung auf den bedarf des klägers im sinne des § 11 abs. 1 bafög entgegen. der zwischen dem kläger und der l. betriebs gmbh geschlossene vertrag bietet keine anhaltspunkte dafür, dass die gewährte vergütung nicht der bestreitung des lebensunterhalts des klägers und seiner ausbildung dienen sollte. sie sollte ersichtlich auch nicht zur deckung der studiengebühren dienen, da sich die l. betriebs gmbh gesondert zur übernahme dieser kosten bereit erklärt hat. zwar mag die l. betriebs gmbh daneben die vergütung auch zur bindung des klägers an ihr unternehmen geleistet haben; eine solche zweckbestimmung steht jedoch einer anrechnung auf den bedarf nicht entgegen, da hierdurch der von der l. betriebs gmbh verfolgte zweck nicht vereitelt oder eingeschränkt wird. 72der kläger kann sich auch nicht mit erfolg auf die einrede der verjährung berufen. es ist in der rechtsprechung geklärt, dass der in § 20 abs. 1 satz 1 nr. 3 bafög geregelte rückforderungstatbestand eine eigenständige und in sich abgeschlossene anspruchsgrundlage darstellt. der rückforderungsanspruch entsteht hiernach dann, wenn zwei objektive umstände vorliegen, nämlich die einkommenserzielung des auszubildenden nach stellung des förderungsantrags und die fehlende berücksichtigung dieses einkommens durch die behörde bei bewilligung der ausbildungsförderung. subjektive elemente spielen für das entstehen des rückforderungsanspruchs weder auf seiten des auszubildenden noch auf seiten der behörde eine rolle. ohne rechtliche bedeutung ist demnach, ob der auszubildende oder die behörde gewusst hat oder hätte wissen müssen, der auszubildende werde nach dem maßgeblichen zeitpunkt einkommen erzielen. ferner kommt es nicht darauf an, ob dem auszubildenden vorwerfbar ist, er habe die behörde auf die einkommenserzielung nicht hingewiesen, oder ob es in den verantwortungsbereich der behörde fällt, dass sie das einkommen bei der bewilligung unberücksichtigt gelassen hat. dem rückforderungsanspruch steht ferner nicht entgegen, dass der auszubildende darauf vertraut hat, er habe die förderung zu recht erhalten, oder dass er den gezahlten betrag für seinen lebensunterhalt bereits verwendet hat. § 20 bafög stellt insgesamt eine für die ausbildungsförderung geltende sonderregelung zur rückforderung von zu unrecht gewährten leistungen dar, die das vertrauen des auszubildenden auf die beibehaltung einer rechtswidrigen förderung nicht schützt und grundsätze aus dem bereicherungsrecht unberücksichtigt lässt. diese an objektiven merkmalen orientierte auslegung entspricht dem sinn der vorschrift. er liegt darin, dem nachrang der ausbildungsförderung rechnung zu tragen. 73vgl. bverwg, urteil vom 22. oktober 1981 – 5 c 61.79 –,juris, rn. 11 f.; sächsisches ovg, urteil vom 12. november 2020 – 3 a 1020/19 –, juris, rn. 31 mit weiteren, zahlreichen nachweisen; verwaltungsgericht (vg) gelsenkirchen, beschluss vom 15. november 2016 – 15 k 3811/15 –, n.v., s. 4 f. 74die ausschlussfristen des § 45 abs. 3 und abs. 4 satz 2 sgb x gelten nicht. § 50 abs. 4 sgb x ist jedoch als „sachnächste“ verjährungsregelung entsprechend anwendbar, wenngleich sie hier auch mangels unanfechtbaren erstattungsbescheids nicht unmittelbar einschlägig ist. die vorschrift des § 20 abs. 1 satz 1 nr. 3 bafög bleibt damit auch dann anwendbar, wenn zu berücksichtigendes einkommen bereits im zeitpunkt der bewilligung von dem zuständigen amt für ausbildungsförderung hätte angerechnet werden müssen. insbesondere wird der anwendungsbereich der vorschrift nicht durch vertrauensschutz beschränkt. etwaiges vertrauen von auszubildenden auf den bestand des bewilligungsbescheids hat der gesetzgeber nicht für schutzwürdig erachtet. 75vgl. sächsisches ovg, urteil vom 12. november 2020 – 3 a 1020/19 –, juris, rn. 32; ovg nrw, beschluss vom 21. mai 2019 – 12 e 513/18 –, juris, rn. 6. 76im übrigen sind nach dem vorstehenden auch keine anhaltspunkte ersichtlich, die hier ausnahmsweise der rückforderung der gewährten ausbildungsförderungs-leistungen aus gründen des vertrauensschutzes entgegenstehen. soweit dadurch unbefriedigende ergebnisse in fällen entstehen, in denen der auszubildende sein einkommen ordnungsgemäß angegeben hat, das förderungsamt dieses aber pflichtwidrig nicht berücksichtigt hat, obliegt es dem gesetzgeber, eine änderung herbeizuführen. 77ferner kommt auch eine verwirkung des rückforderungsbegehrens nicht in betracht. der einwand der verwirkung ist in der rechtsprechung seit langem als sonderfall der unzulässigen rechtsausübung für den fall der verspäteten geltendmachung eines anspruchs anerkannt. für die annahme eines verstoßes gegen den grundsatz von treu und glauben (vgl. § 242 des bürgerlichen gesetzbuchs – bgb) reicht der bloße zeitablauf indes nicht aus; hinzukommen muss vielmehr, dass der schuldner dem verhalten des gläubigers, das zur verspäteten geltendmachung des anspruchs geführt hat, entnehmen musste, dass dieser den anspruch nicht mehr geltend machen wollte, wenn sich also der schuldner darauf einrichten durfte, dass er mit diesem anspruch nicht mehr zu rechnen brauche, und sich darauf auch eingerichtet hat. diese grundsätze sind in der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts auf das öffentliche recht übertragen worden. verwirkt ist ein anspruch, wenn seit der möglichkeit der geltendmachung längere zeit verstrichen ist (zeitmoment) und besondere umstände hinzutreten, die die spätere geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen (umstandsmoment). der verpflichtete muss sich infolge seines vertrauens so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete durchsetzung des rechts ein unzumutbarer nachteil entstehen würde. 78vgl. bverwg, beschluss vom 29. august 2018 – 3 b 24.18 –, rn. 14 ff. 79mit der annahme einer verwirkung darf jedoch die gesetzgeberische wertung nicht unterlaufen werden, dass im rahmen des § 20 abs. 1 satz 1 nr. 4 bafög die jahresfrist aus § 45 abs. 4 satz 2 sgb x keine anwendung findet. zu einem erheb-lichen zeitablauf müssen besondere umstände hinzutreten; allein ein schweigen bzw. eine untätigkeit der behörde führt grundsätzlich nicht zur verwirkung. die rechtsprechung ist hinsichtlich der anerkennung einer verwirkung dementsprechend äußerst zurückhaltend. selbst ein zeitraum von „fast acht jahren“ ist für die annahme einer verwirkung im sinne des § 20 abs. 1 satz 1 nr. 4 bafög noch nicht als ausreichend angesehen worden. 80vgl. vg augsburg, beschluss vom 5. februar 2015– au 3 k 14.933 –, juris, rn. 51 m.w.n. 81nach maßgabe dieser grundsätze fehlt es vorliegend jedenfalls an dem zu fordernden zeitmoment. zwischen der erstmaligen antragstellung im august 2013 und den hier streitbefangenen bescheiden aus mai und juni 2018 liegen weniger als fünf jahre. dabei handelt es sich schon um einen zeitraum, der nach den restriktiven maßstäben der rechtsprechung für sich genommen eine verwirkung nicht zu begründen vermag. ferner liegen auch keine besonderen umstände vor, welche die annahme 82eines erheblichen zeitablaufs begründen. vielmehr befand sich der kläger zum zeitpunkt der rückforderung noch in der ausbildung, nämlich im dritten fachsemester seines master-studiums. somit konnte und musste er – jedenfalls noch bis zum zeitpunkt der förderungshöchstdauer im september 2018 – davon ausgehen, dass das verwaltungsverfahren bei dem beklagten noch nicht abgeschlossen war und ge-gebenenfalls auch die voraussetzungen für die leistung von ausbildungsförderung für vergangene bewilligungszeiträume erneut geprüft werden könnten. 83es kann auch kein entreicherungseinwand gegen die rückforderung erhoben werden. anders als bei der rücknahme nach § 45 sgb x findet der rechtsgedanke des § 818 abs. 3 des bgb im anwendungsbereich des § 20 abs. 1 bafög aufgrund des vorstehenden auch keine entsprechende anwendung. 84vgl. bverwg, urteil vom 21. januar 1987 – 5 c 54.82 –, juris, rn. 30; rothe/blanke, bafög, 5. auflage, § 20 rn. 3.1. 85die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo i.v.m. § 188 satz 2 vwgo. 86die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit der kostenentscheidung beruht auf § 167 vwgo i.v.m. den §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 87rechtsmittelbelehrung: 88gegen dieses urteil steht den beteiligten die berufung an das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. die berufung ist nur zuzulassen, wenn 891. ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 902. die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 913. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 924. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 935. ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 94die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils schriftlich oder als elektronisches dokument, letzteres nach maßgabe des § 55a der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv), bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, zu beantragen. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, schriftlich oder als elektronisches dokument, letzteres nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv, einzureichen. 95im berufungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für den antrag auf zulassung der berufung. der kreis der als prozessbevollmächtigte zugelassenen personen und organisationen bestimmt sich nach § 67 abs. 4 vwgo.
Verklagte*r
0
190,297
S 8 KR 966/10
2013-08-15T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Verfahrenskosten werden der Klägerin auferlegt. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Rückforderung über die Vergütungshöhe für eine stationäre Behandlung unter Anwendung der Vakuumversiegelungstherapie (strittiger Betrag: 3.227,60 Euro). 3Der Versicherte der Klägerin, geb. 1928, wurde im Krankenhaus der Beklagten wegen eines Hämatoms des Unterschenkels bei Markumaranwendung stationär behandelt, nach- dem ihm eine Tischplatte auf das Bein gefallen war. Des Weiteren litt der Versicherte an diabetes mellitus, pAVK II a (Arteriosklerose) und Niereninsuffizienz. Er wurde in der Zeit vom 06. bis zum 19.02.2009 behandelt. Am 09.02.2009 führten die Ärzte der Beklagten eine operative Wundrevision durch. Später führten sie eine zweite Wundrevision am 13.02.2009 durch und legten anschließend einen Vakuumversiegelungsverband (VAC, "vacuum assisted closure") an. Innerhalb von 4 Tagen verbesserten sich die Wundverhältnisse derart, dass der Versicherte am 19.02.2009 entlassen wurde. 4Die diesbezügliche Rechnung der Beklagten vom 06./10.03.2009 in Höhe von 4.946,52 Euro (DRG J08B) bezahlte die Klägerin. Nach einer Überprüfung des Falles durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) machte sie eine Rückforderung in Höhe von 3.227,60 Euro gegenüber der Beklagten geltend. Es sei lediglich die Abrechnung der Fallpauschale DRG J65A berechtigt gewesen. Die angewandte VAC-Therapie hätte bei der Abrechnung nicht berücksichtigt werden dürfen, da die Überlegenheit dieser Methode gegenüber herkömmlichen Wundbehandlungen nicht wissenschaftlich nachgewiesen sei. Eine entsprechende Befürwortung sei weder durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) noch durch das Institut für Qualität- und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) empfohlen worden. 5Außergerichtliche Zahlungsaufforderungen der Klägerin sind ohne Erfolg und Einigung der Beteiligten geblieben. 6Die Klägerin hat daraufhin beim Sozialgericht Klage auf Zahlung von 3.227,60 Euro erhoben. Für die umstrittene VAC-Therapie bestehe kein Nachweis der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, insbesondere des jüngsten Urteils vom 21.03.2013 – B 3 KR 2/12 R – sei dies auch im stationären Bereich erforderlich. Die Anwendung herkömmlicher Wundverbände wäre ausreichend gewesen. Insofern hätten verschiedene konventionelle Verbandsarten zur Verfügung gestanden. Um den von der Beklagten in Rechnung gestellten Betrag zu erreichen, hätte die obere Grenzverweildauer der zutreffenden DRG J65A um 22 Tage überschritten werden müssen. 7Die Klägerin beantragt, 8die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.227,60 Euro nebst 2 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13.11.2009 zu zahlen. 9Die Beklagte beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Sie hält die geltend gemachte Forderung für unbegründet. Die Durchführung der VAC–Therapie sei medizinisch notwendig gewesen. Dies ergäbe sich bereits aus der Vielzahl der Begleiterkrankungen des Versicherten, die zu einem deutlich erhöhten Risiko von Wund- und Heilungsstörungen führten. Dieses Risiko habe sich während der stationären Behandlung auch manifestiert: Ursprünglich habe eine großflächige Blutergussbildung nach älterer Prellung bestanden. Nach der ersten Wundrevision sei es unter Anwendung konventioneller Behandlungsmethoden zu einer Verschlechterung der Wundverhältnisse gekommen, dagegen habe sich nach der zweiten Wundrevision mit Anwendung des VAC-Verbandes bereits nach wenigen Tagen eine deutliche Verbesserung dargestellt. 12Zur weiteren Sachdarstellung wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze und Unterlagen der Beteiligten sowie die beigezogene Krankenakte der Beklagten Bezug genommen. 13Entscheidungsgründe: 14Die zulässige Leistungsklage ist unbegründet. 15Der Klägerin steht der geltend gemachte Rückforderungsanspruch nicht zu. 16Der Zahlungsanspruch in Höhe von 3.227,60 Euro ist nach der übereinstimmenden Darstellung beider Beteiligter allein auf die Frage der Berücksichtigung der angewandten VAC-Therapie im Rahmen der Abrechnung und Fallpauschalen zurückzuführen. 17Entgegen dem diesbezüglichen Standpunkt der Klägerin durfte die Beklagte bei der Abrechnung der stationären Behandlung die angewandte VAC-Therapie bei der Festlegung der einschlägigen Fallpauschale zu Grunde legen. 18Dem steht nicht entgegen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss zu dieser Therapie keine positive Empfehlung abgegeben hat. Denn nach der gesetzlichen Regelung ist - anders als im ambulanten Bereich (§ 135a SGB V) - für die Anwendung einer sog. neuen unkonventionellen Behandlungsmethode eine vorangegangene Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht notwendig. So hat der Gesetzgeber eine diesbezügliche Differenzierung zwischen der ambulanten und stationären Behandlung dahingehend kodifiziert, dass im ambulanten Bereich neue Behandlungsmethoden ohne Empfehlung des Bundesausschusses verboten sind, während im stationären Bereich neue Behandlungsmethoden so lange anwendbar sind, bis sie vom Gemeinsamen Bundesausschuss durch einen Beschluss ausgeschlossen werden, §§ 135a, 137c des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V). Vorliegend führt auch nicht das Erfordernis der Einhaltung der Qualitätskriterien des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V ("Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.") zu einem Verbot der Anwendung der VAC-Therapie im stationären Bereich. Denn entgegen dem Standpunkt der Klägerin und dem möglicherweise so zu interpretierenden Urteil des Bundessozialgerichts vom 21.03.2013 (a.a.O.) kann jedenfalls hinsichtlich der hier diskutierten Therapie nicht davon ausgegangen werden, dass ihre Qualität im Sinne der Einhaltung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse derart durch Studien bereits belegt sein muss, dass der Gemeinsame Bundesausschuss diese Therapie als empfehlungswürdig einschätzen würde. Das Aufstellen eines solch hohen Erfordernisses würde der ausdrücklichen gesetzgeberischen Regelung des § 137c Abs. 1 SGB V entgegenlaufen. Denn insbesondere aus der aktuellen, seit dem 01.01.2012 geltenden Fassung wird das Anliegen des Gesetzgebers deutlich, dass auch Methoden, deren Nutzen noch nicht hinreichend belegt ist, aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten, zunächst zu Lasten der Krankenkassen weiterhin erbracht werden können. Dies folgt aus § 137c Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 137e Abs. 1 SGB V. Dass diese Gesetzesänderung des § 137c Abs. 1 SGB V zum 01.01.2012 keine konstruktive Änderung i.S.e. neuen Gesetzeslage darstellt, sondern eine Klarstellung beinhaltet, ergibt sich aus der Gesetzesbegründung: "Die Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, die zutreffend eine sektorenübergreifende Nutzenbewertung als Ausgangspunkt haben, berücksichtigen auf der Grundlage des geltenden Rechts nicht hinreichend den besonderen Bedarf nach – bisher noch nicht auf hohem Niveau belegten – Behandlungsalternativen in der Versorgung von stationär Behandlungsbedürftigen und daher typischerweise schwerer erkrankten Versicherten." (BT-Drucks. 17/6906, S. 86). Darüber hinaus ist auch zur Änderung des § 137c Abs. 1 Satz 2 SGB V ausdrücklich ausgeführt: "Die Änderung in Satz 2 bewirkt, dass der unmittelbare Ausschluss einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode aus der Krankenhausversorgung grundsätzlich nur dann erfolgen kann, wenn nach Feststellung des Gemeinsamen Bundesausschusses der Nutzen nicht hinreichend belegt ist und darüber hinaus die überprüfte Methode kein Potenzial als erforderliche Behandlungsmethode in der stationären Versorgung bietet. Ein Potenzial für eine Erforderlichkeit kann sich etwa daraus ergeben, dass die Methode aufgrund ihres Wirkprinzips und der bisher vorliegenden Erkenntnisse mit der Erwartung verbunden ist, dass andere aufwändigere, für den Patienten invasivere oder bei bestimmten Patienten nicht erfolgreiche Methode ersetzt werden können, die Methode weniger Nebenwirkungen hat, sie eine Optimierung der Behandlung bedeutet oder die Methode in sonstiger Weise eine effektivere Behandlung ermöglichen kann." (BT-Drucks. 17/6906, S. 86 f.). 19Diese, vom Gesetzgeber aufgestellten Voraussetzungen für einen Ausschluss der Behandlungsmethode sind bei der VAC-Therapie nicht gegeben. Vielmehr ist unter Berücksichtigung der Handlungen und Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses davon auszugehen, dass diese Methode das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Denn der Gemeinsame Bundesausschuss hat zur Vakuumversiegelungstherapie in seiner zusammenfassenden Dokumentation des Unterausschusses "Ärztliche Behandlung" vom 15.02.2008 zu Punkt 3 - Fazit - ausgeführt: "Trotz unzureichender Daten zum Beleg des Nutzens der Vakuumversiegelungstherapie sollte die Methode aufgrund der Hinweise zum Nutzen derzeit nicht ausgeschlossen werden." Diese Einschätzung hatte auch dazu geführt, dass der Gemeinsame Bundesausschuss im Jahre 2007 diese Therapieform nicht ausgeschlossen, sondern die Beschlussfassung ausgesetzt, und im Jahr 2010 erneut ausgesetzt hat mit dem Ziel, zusätzliche Erkenntnisse aus der Anwendung der Methode zu gewinnen (Aussetzungsbeschlüsse vom 15.11.2007 und 19.08.2010). Unter Berücksichtigung des Inhalts dieser Beschlüsse und den zu Grunde liegenden Ausführungen stellt diese Vorgehensweise des Gemeinsamen Bundesausschusses im Ergebnis praktisch und inhaltlich keine andere Handlung als das Beschließen einer Richtlinie zur Erprobung im Sinne des § 137c Abs. 1 Satz 3 SGB V in der erst später in Kraft getretenen Fassung dar. Auch das Verwaltungsgericht Stuttgart ist davon ausgegangen, dass es sich bei der Vakuumversiegelungstherapie um eine in der Fachwelt anerkannte Behandlungsmethode handelt (Urteil vom 03.08.2009 – 12 K 409/09 – m.w.N., juris.de, Rn. 26). 20Unter Berücksichtigung dieser ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen kann jedenfalls für die in diesem Fall umstrittene VAC-Behandlungsmethode weder eine positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses noch das Vorliegen von z.B. Studien der Phase III oder vergleichbar starke Wirksamkeitsnachweise gefordert werden. Damit kann dahingestellt bleiben, ob die Urteilsbegründung des Bundessozialgerichts (a.a.O., vgl. juris.de, Rn. 13) als so weitgehend verstanden werden kann und ob sie mit der Gesetzeslage noch übereinstimmt. Das Gericht hat aus den ausgeführten Gründen jedenfalls den hier vorliegenden Fall als nicht vergleichbar mit dem vom Bundessozialgericht am 21.03.2013 entschiedenen Fall erachtet. Hinzu kommt, dass zu der dem Urteil des Bundessozialgerichts zu Grunde liegenden Behandlungsmethode der in-vitro Aufbereitung offensichtlich nur eine kleine Studie oder unklare Studien existieren. 21Im konkret zu bewertenden Behandlungsfall des Versicherten der Klägerin hat diese bzw. der MDK keine konkreten Einwände zur medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (erhebliche Begleiterkrankungen, Notwendigkeit von zwei operativen Wundrevisionen) erhoben. 22Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 VwGO. 23&8195;
die klage wird abgewiesen. die verfahrenskosten werden der klägerin auferlegt. 1
2die beteiligten streiten im rahmen einer rückforderung über die vergütungshöhe für eine stationäre behandlung unter anwendung der vakuumversiegelungstherapie (strittiger betrag: 3.227,60 euro). 3der versicherte der klägerin, geb. 1928, wurde im krankenhaus der beklagten wegen eines hämatoms des unterschenkels bei markumaranwendung stationär behandelt, nach- dem ihm eine tischplatte auf das bein gefallen war. des weiteren litt der versicherte an diabetes mellitus, pavk ii a (arteriosklerose) und niereninsuffizienz. er wurde in der zeit vom 06. bis zum 19.02.2009 behandelt. am 09.02.2009 führten die ärzte der beklagten eine operative wundrevision durch. später führten sie eine zweite wundrevision am 13.02.2009 durch und legten anschließend einen vakuumversiegelungsverband (vac, "vacuum assisted closure") an. innerhalb von 4 tagen verbesserten sich die wundverhältnisse derart, dass der versicherte am 19.02.2009 entlassen wurde. 4die diesbezügliche rechnung der beklagten vom 06./10.03.2009 in höhe von 4.946,52 euro (drg j08b) bezahlte die klägerin. nach einer überprüfung des falles durch den medizinischen dienst der krankenversicherung (mdk) machte sie eine rückforderung in höhe von 3.227,60 euro gegenüber der beklagten geltend. es sei lediglich die abrechnung der fallpauschale drg j65a berechtigt gewesen. die angewandte vac-therapie hätte bei der abrechnung nicht berücksichtigt werden dürfen, da die überlegenheit dieser methode gegenüber herkömmlichen wundbehandlungen nicht wissenschaftlich nachgewiesen sei. eine entsprechende befürwortung sei weder durch den gemeinsamen bundesausschuss (g-ba) noch durch das institut für qualität- und wirtschaftlichkeit im gesundheitswesen (iqwig) empfohlen worden. 5außergerichtliche zahlungsaufforderungen der klägerin sind ohne erfolg und einigung der beteiligten geblieben. 6die klägerin hat daraufhin beim sozialgericht klage auf zahlung von 3.227,60 euro erhoben. für die umstrittene vac-therapie bestehe kein nachweis der wirksamkeit und wirtschaftlichkeit. nach der rechtsprechung des bundessozialgerichts, insbesondere des jüngsten urteils vom 21.03.2013 – b 3 kr 2/12 r – sei dies auch im stationären bereich erforderlich. die anwendung herkömmlicher wundverbände wäre ausreichend gewesen. insofern hätten verschiedene konventionelle verbandsarten zur verfügung gestanden. um den von der beklagten in rechnung gestellten betrag zu erreichen, hätte die obere grenzverweildauer der zutreffenden drg j65a um 22 tage überschritten werden müssen. 7die klägerin beantragt, 8die beklagte zu verurteilen, an die klägerin 3.227,60 euro nebst 2 prozent zinsen über dem basiszinssatz seit dem 13.11.2009 zu zahlen. 9die beklagte beantragt, 10die klage abzuweisen. 11sie hält die geltend gemachte forderung für unbegründet. die durchführung der vac–therapie sei medizinisch notwendig gewesen. dies ergäbe sich bereits aus der vielzahl der begleiterkrankungen des versicherten, die zu einem deutlich erhöhten risiko von wund- und heilungsstörungen führten. dieses risiko habe sich während der stationären behandlung auch manifestiert: ursprünglich habe eine großflächige blutergussbildung nach älterer prellung bestanden. nach der ersten wundrevision sei es unter anwendung konventioneller behandlungsmethoden zu einer verschlechterung der wundverhältnisse gekommen, dagegen habe sich nach der zweiten wundrevision mit anwendung des vac-verbandes bereits nach wenigen tagen eine deutliche verbesserung dargestellt. 12zur weiteren sachdarstellung wird auf die zu den gerichtsakten gereichten schriftsätze und unterlagen der beteiligten sowie die beigezogene krankenakte der beklagten bezug genommen. 13
14die zulässige leistungsklage ist unbegründet. 15der klägerin steht der geltend gemachte rückforderungsanspruch nicht zu. 16der zahlungsanspruch in höhe von 3.227,60 euro ist nach der übereinstimmenden darstellung beider beteiligter allein auf die frage der berücksichtigung der angewandten vac-therapie im rahmen der abrechnung und fallpauschalen zurückzuführen. 17entgegen dem diesbezüglichen standpunkt der klägerin durfte die beklagte bei der abrechnung der stationären behandlung die angewandte vac-therapie bei der festlegung der einschlägigen fallpauschale zu grunde legen. 18dem steht nicht entgegen, dass der gemeinsame bundesausschuss zu dieser therapie keine positive empfehlung abgegeben hat. denn nach der gesetzlichen regelung ist - anders als im ambulanten bereich (§ 135a sgb v) - für die anwendung einer sog. neuen unkonventionellen behandlungsmethode eine vorangegangene empfehlung des gemeinsamen bundesausschusses nicht notwendig. so hat der gesetzgeber eine diesbezügliche differenzierung zwischen der ambulanten und stationären behandlung dahingehend kodifiziert, dass im ambulanten bereich neue behandlungsmethoden ohne empfehlung des bundesausschusses verboten sind, während im stationären bereich neue behandlungsmethoden so lange anwendbar sind, bis sie vom gemeinsamen bundesausschuss durch einen beschluss ausgeschlossen werden, §§ 135a, 137c des fünften buches des sozialgesetzbuches (sgb v). vorliegend führt auch nicht das erfordernis der einhaltung der qualitätskriterien des § 2 abs. 1 satz 3 sgb v ("qualität und wirksamkeit der leistungen haben dem allgemein anerkannten stand der medizinischen erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen fortschritt zu berücksichtigen.") zu einem verbot der anwendung der vac-therapie im stationären bereich. denn entgegen dem standpunkt der klägerin und dem möglicherweise so zu interpretierenden urteil des bundessozialgerichts vom 21.03.2013 (a.a.o.) kann jedenfalls hinsichtlich der hier diskutierten therapie nicht davon ausgegangen werden, dass ihre qualität im sinne der einhaltung des allgemein anerkannten standes der medizinischen erkenntnisse derart durch studien bereits belegt sein muss, dass der gemeinsame bundesausschuss diese therapie als empfehlungswürdig einschätzen würde. das aufstellen eines solch hohen erfordernisses würde der ausdrücklichen gesetzgeberischen regelung des § 137c abs. 1 sgb v entgegenlaufen. denn insbesondere aus der aktuellen, seit dem 01.01.2012 geltenden fassung wird das anliegen des gesetzgebers deutlich, dass auch methoden, deren nutzen noch nicht hinreichend belegt ist, aber das potenzial einer erforderlichen behandlungsalternative bieten, zunächst zu lasten der krankenkassen weiterhin erbracht werden können. dies folgt aus § 137c abs. 1 satz 3 i.v.m. § 137e abs. 1 sgb v. dass diese gesetzesänderung des § 137c abs. 1 sgb v zum 01.01.2012 keine konstruktive änderung i.s.e. neuen gesetzeslage darstellt, sondern eine klarstellung beinhaltet, ergibt sich aus der gesetzesbegründung: "die entscheidungen des gemeinsamen bundesausschusses, die zutreffend eine sektorenübergreifende nutzenbewertung als ausgangspunkt haben, berücksichtigen auf der grundlage des geltenden rechts nicht hinreichend den besonderen bedarf nach – bisher noch nicht auf hohem niveau belegten – behandlungsalternativen in der versorgung von stationär behandlungsbedürftigen und daher typischerweise schwerer erkrankten versicherten." (bt-drucks. 17/6906, s. 86). darüber hinaus ist auch zur änderung des § 137c abs. 1 satz 2 sgb v ausdrücklich ausgeführt: "die änderung in satz 2 bewirkt, dass der unmittelbare ausschluss einer untersuchungs- oder behandlungsmethode aus der krankenhausversorgung grundsätzlich nur dann erfolgen kann, wenn nach feststellung des gemeinsamen bundesausschusses der nutzen nicht hinreichend belegt ist und darüber hinaus die überprüfte methode kein potenzial als erforderliche behandlungsmethode in der stationären versorgung bietet. ein potenzial für eine erforderlichkeit kann sich etwa daraus ergeben, dass die methode aufgrund ihres wirkprinzips und der bisher vorliegenden erkenntnisse mit der erwartung verbunden ist, dass andere aufwändigere, für den patienten invasivere oder bei bestimmten patienten nicht erfolgreiche methode ersetzt werden können, die methode weniger nebenwirkungen hat, sie eine optimierung der behandlung bedeutet oder die methode in sonstiger weise eine effektivere behandlung ermöglichen kann." (bt-drucks. 17/6906, s. 86 f.). 19diese, vom gesetzgeber aufgestellten voraussetzungen für einen ausschluss der behandlungsmethode sind bei der vac-therapie nicht gegeben. vielmehr ist unter berücksichtigung der handlungen und beschlüsse des gemeinsamen bundesausschusses davon auszugehen, dass diese methode das potenzial einer erforderlichen behandlungsalternative bietet. denn der gemeinsame bundesausschuss hat zur vakuumversiegelungstherapie in seiner zusammenfassenden dokumentation des unterausschusses "ärztliche behandlung" vom 15.02.2008 zu punkt 3 - fazit - ausgeführt: "trotz unzureichender daten zum beleg des nutzens der vakuumversiegelungstherapie sollte die methode aufgrund der hinweise zum nutzen derzeit nicht ausgeschlossen werden." diese einschätzung hatte auch dazu geführt, dass der gemeinsame bundesausschuss im jahre 2007 diese therapieform nicht ausgeschlossen, sondern die beschlussfassung ausgesetzt, und im jahr 2010 erneut ausgesetzt hat mit dem ziel, zusätzliche erkenntnisse aus der anwendung der methode zu gewinnen (aussetzungsbeschlüsse vom 15.11.2007 und 19.08.2010). unter berücksichtigung des inhalts dieser beschlüsse und den zu grunde liegenden ausführungen stellt diese vorgehensweise des gemeinsamen bundesausschusses im ergebnis praktisch und inhaltlich keine andere handlung als das beschließen einer richtlinie zur erprobung im sinne des § 137c abs. 1 satz 3 sgb v in der erst später in kraft getretenen fassung dar. auch das verwaltungsgericht stuttgart ist davon ausgegangen, dass es sich bei der vakuumversiegelungstherapie um eine in der fachwelt anerkannte behandlungsmethode handelt (urteil vom 03.08.2009 – 12 k 409/09 – m.w.n., juris.de, rn. 26). 20unter berücksichtigung dieser ausdrücklichen gesetzlichen regelungen kann jedenfalls für die in diesem fall umstrittene vac-behandlungsmethode weder eine positive empfehlung des gemeinsamen bundesausschusses noch das vorliegen von z.b. studien der phase iii oder vergleichbar starke wirksamkeitsnachweise gefordert werden. damit kann dahingestellt bleiben, ob die urteilsbegründung des bundessozialgerichts (a.a.o., vgl. juris.de, rn. 13) als so weitgehend verstanden werden kann und ob sie mit der gesetzeslage noch übereinstimmt. das gericht hat aus den ausgeführten gründen jedenfalls den hier vorliegenden fall als nicht vergleichbar mit dem vom bundessozialgericht am 21.03.2013 entschiedenen fall erachtet. hinzu kommt, dass zu der dem urteil des bundessozialgerichts zu grunde liegenden behandlungsmethode der in-vitro aufbereitung offensichtlich nur eine kleine studie oder unklare studien existieren. 21im konkret zu bewertenden behandlungsfall des versicherten der klägerin hat diese bzw. der mdk keine konkreten einwände zur medizinischen notwendigkeit im einzelfall unter berücksichtigung der umstände des einzelfalls (erhebliche begleiterkrankungen, notwendigkeit von zwei operativen wundrevisionen) erhoben. 22die kostenentscheidung beruht auf § 197a sgg i.v.m. § 154 vwgo. 23&8195;
Verklagte*r
0
169,509
L 20 SO 484/11
2014-11-10T00:00:00
Urteil
Tenor Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 20.07.2011 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Kläger wenden sich gegen die Einstellung der Leistungen der Sozialhilfe für Deutsche im Ausland nach § 24 SGB XII zum 01.11.2010. 3Der 1947 in E geborene Kläger zu 1 und die 1973 geborene Klägerin zu 2 sind Eheleute. Sie lebten mit ihren gemeinsamen Töchtern, der im Oktober 1992 geborenen Klägerin zu 3 sowie der im August 2002 geborenen Klägerin zu 4, seit dem 00.07.2005 in Spanien. Dort hielten sie sich zunächst in Santa F (= Santa F del Rio, Ibiza; Katalonisch: Santa F des Riu) auf. Die Klägerin zu 3 ist am 04.11.2010 aus der elterlichen Wohnung ausgezogen und nach Deutschland zurückgekehrt. Die Kläger zu 1, 2 und 4 befanden sich vom 19.08. bis zum 25.08.2011 vorübergehend in Deutschland, nachdem sie ihre Unterkunft in Spanien aus finanziellen Gründen verlassen mussten und ihnen eine Zwangsausweisung drohte. Zuvor hatten sie am 16.08.2011 bei dem Deutschen Generalkonsulat in Barcelona erneut Sozialhilfe beantragt. Anlässlich des Aufenthalts in Deutschland gewährte die Stadt E den Klägern zu 1, 2 und 4 bzw. der Klägerin zu 2 auf deren Antrag vom 22.08.2011 für die Zeit vom 22. bis zum 31.08.2011 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII (Bescheid vom 24.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2012). Gegenüber dem örtlichen Sozialhilfeträger hatte der Kläger zu 1 anlässlich des dortigen Antrags auf Sozialhilfe unter dem 22.08.2011 zuvor erklärt, er werde mit den Klägerinnen zu 2 und 4 nach Ibiza zurückkehren, sofern ersterer in dem am Folgetag (23.08.2011) stattfindenden Gerichtstermin vor dem Landessozialgericht eine Rentennachzahlung zugesprochen werde. Für die Rückkehr nach Spanien benötige er ggf. ein Darlehen i.H.v. 6.000,00 EUR. Ähnlich hatte der Kläger zu 1 den Beklagten bereits im Vorfeld des Aufenthalts in Deutschland am 12.08.2011 um ein entsprechendes Darlehen gebeten, welches er zur Anmietung einer neuen Wohnung in Spanien benötige. Nachdem der Klägerin zu 2 aufgrund eines Anerkenntnisses der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Rheinland eine (im Oktober 2011 ausgezahlte) Rentennachzahlung i.H.v. ca. 13.000,00 EUR (hiervon wurden wegen eines Erstattungsanspruchs ca. 9.900,00 EUR einbehalten) zuerkannt worden war, kehrten die Kläger zu 1, 2 und 4 mit Hilfe eines Vorschusses ihres damaligen Bevollmächtigten nach Ibiza zurück. Dort bewohnten sie zunächst diverse Ferienwohnungen, bevor sie im Oktober 2011 nach G (Provinz Malaga, Andalusien) verzogen. 4Die Klägerin zu 2 leidet an Epilepsie mit täglich mehrfachen Grand-Mal Anfällen sowie Absencen, einem Gehirntumor und psychischen Störungen. Bei ihr sind seit August 1995 seitens des Versorgungsamts N ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "G", "H", "RF" und "B" festgestellt. Sie bezieht seit (spätestens) September 2002 ein Pflegegeld aus der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III (monatlich 685,00 EUR ab 01.01.2010 und 700,00 EUR ab 01.01.2012) und wird von dem Kläger zu 1 gepflegt. Ferner erhält sie seit Juni 2007 eine Rente wegen Erwerbsminderung, welche sich seit Juli 2008 auf 588,70 EUR (Stand Februar 2014: 638,00 EUR) belief. 5Der Kläger zu 1 bezieht seit Januar 2010 eine vorgezogene Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit (ab November 2010: 410,55 EUR; Stand Februar 2014: 422,00 EUR), welche die DRV Rheinland mit Bescheid vom 20.09.2011 rückwirkend für die Zeit ab Januar 2010 (mit einer Nachzahlung i.H.v. ca. 5.000,00 EUR für die Zeit von Januar 2010 bis Oktober 2011) bewilligte. Für die Klägerin zu 4 erhält die Familie Kindergeld (monatlich 184,00 EUR seit Januar 2010). 6Auf den Antrag des Klägers zu 1 vom 16.01.2007 gewährte der Beklagte der gesamten Familie seit Januar 2007 Sozialhilfe für Deutsche im Ausland nach § 24 SGB XII. In dem erstmaligen Leistungsbescheid vom 31.01.2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 21.03.2007 errechnete er einen ungedeckten Bedarf der Kläger i.H.v. 1.636,00 EUR, den er für die Zeit "ab Januar 2007" bewilligte. Dabei ging der Beklagte davon aus, dass ein Rücktransport der Klägerin zu 2 nach Deutschland aus medizinischen Gründen nicht möglich und die Voraussetzungen des § 24 SGB XII daher für die gesamte Familie erfüllt seien. 7Durch Bescheid vom 27.01.2009 brachte der Beklagte von den zuerkannten Leistungen ab dem 01.02.2009 Gutscheine für Lebensmittel und Hygieneartikel im Gesamtwert von monatlich 124,00 EUR in Abzug, welche die Stadtverwaltung (Sozialbehörde Santa F, Soziale Dienste) der Klägerin zu 2 aufgrund ihrer sozialen und gesundheitlichen Lage vorübergehend als "Primärversorgung" gewährte (Auskunft der Sozialbehörde Santa F vom 21.04.2009). Anschließend setzte der Beklagte die Leistungen für die Zeit ab dem 01.04.2009 neu fest (Bescheid vom 25.03.2009 in der Fassung des Bescheides vom 22.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2009). Zuletzt mit Bescheid vom 03.03.2010 in der Fassung des Bescheides vom 10.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2010 setzte der Beklagte die Sozialhilfeleistungen der Kläger für die Zeit "ab dem 01.04.2010" neu fest und bewilligte nunmehr monatliche Leistungen i.H.v. insgesamt 1.016,13 EUR. 8Nach Einholung diverser Auskünfte (u.a. des Auswärtigen Amts vom 09.09.2009, der Deutschen Botschaft in Madrid vom 27.07.2010, der Spanischen Botschaft in Berlin vom 01.07.2010 sowie des Deutschen Generalkonsulats in Barcelona vom 08.03.2010, auf deren Inhalt Bezug genommen wird) hob der Beklagte die zuvor ergangenen Bewilligungsbescheide (u.a. den Bescheid vom 03.03.2010 in der Fassung vom 10.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2010) durch den (hier angefochtenen) Bescheid vom 29.07.2010 nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X zum 01.11.2010 auf. Die Sach- und Rechtslage habe sich insofern geändert, als die Kläger nunmehr über einen Zeitraum von fünf Jahren in Spanien lebten und daher nach dem Europäischen Fürsorgeabkommen (EFA) gegenüber dem spanischen Staat die gleichen Leistungen wie spanische Staatsangehörige beanspruchen könnten. Da entsprechende Leistungen durch die spanischen Sozialbehörden zu erwarten seien, bestehe kein Anspruch mehr auf Sozialhilfe für Deutsche im Ausland (§§ 2 und 24 Abs. 2 SGB XII). Zugleich empfahl der Beklagte, die Leistungen bei den spanischen Behörden umgehend zu beantragen. 9Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch der Kläger wies der Beklagte unter Beteiligung sozial erfahrener Personen (vgl. § 116 SGB XII) mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 (dem damaligen Bevollmächtigten der Kläger am 02.11.2010 zugestellt) zurück. Nach den beigezogenen Auskünften könnten Deutsche in Spanien als EU-Bürger grundsätzlich Sozialhilfe beanspruchen, sofern sie sich - je nach Region - über einen Zeitraum zwischen drei und maximal fünf Jahren in Spanien aufhielten. Die spanische Sozialhilfe werde beitragsunabhängig gewährt. Die Kläger hätten zudem bislang nicht dargelegt, einen entsprechenden Antrag gestellt zu haben. Ein ablehnender Bescheid der spanischen Behörde sei nicht vorgelegt worden. 10Dagegen haben die Kläger am 05.11.2010 bei dem Sozialgericht Köln Klage erhoben. Sie haben geltend gemacht, von den spanischen Behörden keine Sozialhilfe zu erhalten. Sozialhilfe werde in Spanien grundsätzlich nur gewährt, wenn der Anspruchsteller dort eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt habe. Die Kläger seien jedoch zu keinem Zeitpunkt in Spanien versicherungspflichtig beschäftigt gewesen; Beiträge an Renten- bzw. Sozialversicherungsträger seien daher nicht entrichtet worden. Spanische Sozialhilfe erhalte darüber hinaus nur, wer das 65. Lebensjahr vollendet und über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren in Spanien gewohnt habe; auch diese Voraussetzung erfüllten die Kläger nicht. Der Kläger zu 1 habe bei den spanischen Behörden zahlreiche Anträge gestellt. Diese seien dort jedoch schon nicht angenommen worden; schriftliche Ablehnungsbescheide könnten sie daher nicht vorlegen. Lebensmittelgutscheine habe die spanische Behörde der Familie in der Vergangenheit nur vorübergehend zur Verfügung gestellt, weil die Leistungen des Beklagten nicht ausreichend gewesen seien. Zur Stützung ihres Vorbringens haben die Kläger diverse Unterlagen vorgelegt, u.a. ein Schreiben des Ministeriums für Arbeit und Einwanderung (Öffentliche Stelle für Arbeit) vom 13.10.2010, eine Bescheinigung der Regierung der Balearen (Amt für Soziales, Förderung und Immigration, Abteilung für Unterstützungsleistungen) vom 07.12.2010, eine Bescheinigung des Ministeriums für Arbeit und Immigration (Sozialversicherungsanstalt, Provinzstelle der Balearen) vom 03.12.2010 sowie ein Schreiben des Rechtsanwalts W N (ansässig in Santa F) vom 03.12.2010. Auf den Inhalt dieser Schreiben wird verwiesen. 11Die Kläger haben beantragt, 12den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2010 zu verurteilen, ihnen weiterhin ab November 2010 Sozialhilfe zu gewähren. 13Der Beklagte hat beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15Er hat die angefochtenen Bescheide für zutreffend erachtet. 16Mit Urteil vom 20.07.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Den Klägern stehe über den 31.10.2010 hinaus keine Sozialhilfe für Deutsche im Ausland zu. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung Bezug genommen. 17Gegen das ihrem damaligen Bevollmächtigten am 10.08.2011 zugestellte Urteil haben die Kläger am 02.09.2011 Berufung eingelegt. Sie tragen im Wesentlichen ergänzend vor, es handele sich bei den Auskünften der Spanischen Botschaft in Berlin und der Deutschen Botschaft in Madrid, auf welche der Beklagte die Leistungseinstellung stütze, um vorsätzlich manipulierte Gefälligkeitserklärungen. Die Darstellung der Deutschen Botschaft in Madrid im Internet, wonach in Spanien lebende Deutsche dort Sozialhilfe erhalten könnten, sei inzwischen berichtigt worden. Der Kläger zu 1 sei schon im Jahr 2009 und auch fortlaufend beim Servicio Social in Santa F vorstellig geworden, um dort Sozialhilfe zu beantragen. Zur Antragstellung zugelassen werde man jedoch nur, wenn eine geprüfte Berechtigung vorliege. Über eine solche Berechtigung verfüge die Familie nicht; dies hätten die Kläger bereits durch die vorgelegte schriftliche Bestätigung der zuständigen spanischen Behörde nachgewiesen. Weder habe die Familie ein Antragsformular erhalten, noch habe die Behörde einen Ablehnungsbescheid erteilt. Das Amt in Ibiza-Stadt habe einen Antrag der Kläger schon nicht angenommen. Auch ein Widerspruch gegen das Schreiben der Regierung der Balearen vom 15.10.2010 sei nicht angenommen worden. Die Interpretation und Übersetzung des im Berufungsverfahren vom Beklagten vorgelegten Schreibens der Regierung vom 12.03.2014 seien ebenfalls unzutreffend. Bei der Balearen- oder der Bezirksregierung könne - entgegen dem Inhalt dieses Schreibens - kein Antrag des Klägers zu 1 vorliegen, weil dieser nicht angenommen worden sei. Auf den Balearen gebe es kein Büro dieser Behörde. Die Anträge würden von den örtlichen Sozialämtern, im Falle der Kläger also vom Sozialamt in Santa F, bearbeitet. Bei positiver Antragstellung werde die Angelegenheit entweder an die Zentrale in Madrid weitergeleitet, oder das örtliche Sozialamt entscheide in eigener Kompetenz. Die Klägerin zu 2 sei im Übrigen - abweichend vom Vorbringen des Beklagten im Berufungsverfahren - nach wie vor aus gesundheitlichen Gründen an einer Rückkehr nach Deutschland gehindert. Zur Stützung ihres Vorbringens haben die Kläger weitere Unterlagen, u.a. ein Schreiben der Regierung der Balearen (Ministerium für Soziale Angelegenheiten, Förderung und Einwanderung, Generaldirektion für Soziale Betreuung) mit Registrierung vom 15.10.2010, des Staatssekretariats für soziale Angelegenheiten (Ministerium für Arbeit und Immigration) vom 05.10.2012, ein weiteres Schreiben des Ministeriums für Arbeit und Soziales (Nationales Institut der sozialen Sicherheit, Provinzverwaltung von Malaga) vom 05.10.2012, eine Bescheinigung des Ministeriums für Arbeit und Soziales (Hauptschatzamt der Sozialversicherung) vom 02.10.2012 sowie eine ärztliche Stellungnahme des Dr. L vom 09.09.2014 (zum Gesundheitszustand der Klägerin zu 2 nach ihrer Rückkehr aus E im August 2011) vorgelegt; auf deren Inhalt wird ebenfalls Bezug genommen. 18Die Kläger beantragen, 19das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 20.07.2011 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 29.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2010 aufzuheben. 20Der Beklagte beantragt, 21die Berufung zurückzuweisen. 22Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Die Kläger könnten Leistungen der Sozialhilfe für Deutsche im Ausland schon deshalb nicht mehr beanspruchen, weil die Klägerin zu 2 und damit die gesamte Familie nicht an der Rückkehr nach Deutschland gehindert sei. Aufgrund des vorübergehenden Aufenthalts in E im August 2011 sowie des späteren Umzugs innerhalb Spaniens stehe fest, dass die Klägerin zu 2 trotz ihres Gesundheitszustandes reisefähig sei. Die Kläger hätten zudem weiterhin nicht nachgewiesen, in Spanien Sozialhilfe beantragt zu haben. In der von ihnen vorgelegten Bescheinigung der Regierung der Balearen vom 15.10.2010 werde zwar ein Antrag des Klägers zu 1 auf soziale Leistungen erwähnt. Es habe sich dabei jedoch nicht um einen Antrag auf eine beitragslose Sozialleistung gehandelt; insofern legt der Beklagte ergänzend eine Auskunft der Regierung der Balearen (Ministerium für Familie und Soziale Dienste, Generaldirektion für Familie und Kinder) vom 12.03.2014 sowie eine E-Mail der Deutschen Botschaft Madrid, vom 14.03.2014 vor, auf deren Inhalt verwiesen wird. 23Der Senat hat zur weiteren Klärung u.a. die Spanische Botschaft in Berlin, Abteilung für Arbeit und Einwanderung, um Auskunft zu den Voraussetzungen u.a. der spanischen Sozialhilfe gebeten. Wegen der Einzelheiten der Auskunft vom 23.05.2012 wird auf Bl. 151 ff. der Gerichtsakten Bezug genommen. 24Ferner sind die Kläger im Hinblick auf das von ihnen vorgelegte Schreiben der Regierung der Balearen vom 15.10.2010 um Darlegung gebeten worden, welchen Antrag auf soziale Leistungen der Kläger zu 1 wann gestellt hat. Zugleich wurden sie um Übersendung einer Kopie des Antrags gebeten. Der Kläger zu 1 hat daraufhin mitgeteilt, den Ablauf einer solchen Antragstellung, die nie bearbeitet worden sei, bereits ausführlich erklärt zu haben. 25In einem Erörterungstermin vom 20.02.2014 hat der (persönlich erschienene) Kläger zu 1 u.a. Angaben zum Gesundheitszustand der Klägerin zu 2, zum Umfang ihrer Pflege, zur Flugreise nach Deutschland im August 2011 sowie zum Umzug nach Malaga (via Flugzeug) im Oktober 2011 gemacht. Ferner hat er erklärt, nicht im Besitz einer Kopie des Antrags zu sein, welcher dem Schreiben der Balearen-Regierung vom 15.10.2010 zugrunde liege. Beim Aufsuchen des Amts erhalte man ein Formular ausgehändigt, vervollständige dieses und müsse es sofort wieder abgeben. In der Regel erhalte man anlässlich eines abgelehnten Antrags auch keinen Bescheid; ein solcher werde nur bei positiver Entscheidung erteilt. Daher habe er einen Rechtsanwalt in Spanien mit der offiziellen Antragstellung beauftragt und daraufhin das Schreiben der Regierung der Balearen erhalten. Widerspruch habe er gegen dieses Schreiben nicht erhoben, weil der beauftragte Rechtsanwalt ihm erklärt habe, dass die Sach- und Rechtslage eindeutig sei. Auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 20.02.2014 wird im Übrigen verwiesen. 26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. 27Entscheidungsgründe: 28A) Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. 29I. Die auch im Übrigen zulässige Klage ist als reine Anfechtungsklage (vgl. § 54 Abs. 1 SGG) statthaft. 301. Die Kläger wenden sich gegen den Bescheid vom 29.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2010, mit welchem der Beklagte (u.a.) die zuletzt ergangenen Leistungsbescheide über die Bewilligung von Sozialhilfe für Deutsche im Ausland für die Zeit "ab dem 01.04.2010" (= Bescheid vom 03.03.2010 in der Fassung des Bescheides vom 10.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2010) mit Wirkung zum 01.11.2010 aufgehoben hat. Im Falle einer erfolgreichen Anfechtung der Aufhebungsbescheide könnten die Kläger aus den dann weiterhin Regelungswirkung entfaltenden (zuletzt ergangenen) Bewilligungsbescheiden über den 31.10.2010 hinaus Sozialhilfe in der dort zuerkannten Höhe beanspruchen. Diese Dauerverwaltungsakte entfalten über den Kalendermonat April 2010 hinaus Wirkung, weil der Beklagte darin aus der insoweit maßgeblichen Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers (vgl. zu dieser Voraussetzung bei der Auslegung behördlicher Willenserklärungen u.a. BSG, Urteil vom 17.06.2008 - B 8 AY 8/07 R) ohne zeitliche Begrenzung ("ab dem 01.04.2010") Leistungen zuerkannt hat. Dass der insoweit in erster Linie maßgebliche Verfügungssatz nicht zu Beginn des Bescheides vom 03.03.2010 zu finden ist, ist unerheblich. Den - im Rahmen der Auslegung ergänzend heranzuziehenden - (sonstigen) Gründen der Bescheide lassen sich zudem keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass (erst) in den Folgemonaten (ab Mai 2010) jeweils erneut - etwa konkludent durch faktische Auszahlung - Leistungen hätten bewilligt werden sollen. Dementsprechend hat auch der Beklagte selbst der erfolgten Leistungsbewilligung in der Vergangenheit Dauerwirkung über den Kalendermonat April 2010 hinaus beigemessen; anderenfalls hätte es einer Aufhebung dieser Bescheide nach § 48 SGB X für die Zeit ab November 2010 durch die hier angefochtenen Bescheide nicht bedurft. 312. Die Regelungswirkung der nach § 48 SGB X ergangenen, hier angefochtenen Bescheide ist auch nicht zwischenzeitlich dadurch entfallen, dass die Kläger am 16.08.2011 bei dem Deutschen Generalkonsulat erneut Sozialhilfe beantragt haben. Gleiches gilt im Hinblick auf den Umstand, dass die Stadt E den Klägern zu 1, 2 und 4 anlässlich ihres siebentägigen Aufenthalts in Deutschland vorübergehend (vom 22. bis zum 31.08.2011) Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 27 SGB XII gewährt hat. Zwar erledigt sich ein Bescheid, mit welchem eine Leistung ohne zeitliche Begrenzung abgelehnt worden ist, nach § 39 Abs. 2 SGB X, wenn zwischenzeitlich ein neuer Antrag gestellt wurde, für die von einem auf diesen Antrag ergangenen neuen Bescheid erfasste Zeit (BSG, Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R). An einem solchen Bescheid fehlt es vorliegend jedoch. 32a) Den beim Generalkonsulat gestellten, auslegungsbedürftigen Antrag vom 16.08.2011 haben die Kläger zwar - abweichend von der Auffassung des Beklagten - nicht mit Schreiben vom 08.09.2011 zurückgenommen; denn jenes Schreiben bezog sich vom Empfängerhorizont her lediglich auf einen bei dem Sozialgericht gestellten Eilantrag der Kläger. Der Antrag wurde jedoch vom Beklagten bislang jedenfalls nicht beschieden. 33b) Die (allein) seitens der Stadt E und damit ohnehin durch einen anderen Leistungsträger ergangenen Leistungsbescheide regeln aber lediglich die Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 27 SGB XII, nicht hingegen die hier in Rede stehende, gemäß § 24 SGB XII an gänzlich andere Voraussetzungen geknüpfte Sozialhilfe für Deutsche im Ausland. Ohnehin erschöpft sich der Regelungsgehalt dieser Bescheide in zeitlicher Hinsicht auf einen Bewilligungszeitraum vom 22. bis zum 31.08.2011. 34II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG). Die Kläger können vom Beklagten über den 31.10.2010 hinaus keine Leistungen der Sozialhilfe für Deutsche im Ausland beanspruchen. 351. Zu Recht hat der Beklagte die Aufhebung der zuvor ergangenen Leistungsbewilligungsbescheide auf die Vorschrift des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X gestützt, welche die Aufhebung eines Dauerverwaltungsakts mit Wirkung für die Zukunft ermöglicht. Um eine solche Aufhebung mit Wirkung für die Zukunft handelt es sich hier; denn der Beklagte hat die früheren Leistungsbewilligungsbescheide in den angefochtenen Bescheiden zum 01.11.2010 aufgehoben, also ab einem Zeitpunkt, der nach Bekanntgabe des angefochtenen Ausgangsbescheides vom 29.07.2010 liegt (vgl. zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der Bekanntgabe des Verwaltungsakts Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 48 Rn. 18, und zur Maßgeblichkeit des Ausgangsbescheides, nicht hingegen des Widerspruchsbescheides, etwa BSG, Urteil vom 29.04.1998 - B 7 AL 18/97 R). 362. Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig ergangen. 37a) Der Beklagte war als für die Erbringung der in Rede stehenden Leistungen gemäß § 24 Abs. 4 S. 1 SGB XII sachlich und örtlich zuständiger überörtlicher Sozialhilfeträger auch für die Entscheidung nach § 48 SGB X zuständig (vgl. § 48 Abs. 4 S. 1 i.V.m. § 44 Abs. 3 SGB X). Seine örtliche Zuständigkeit beruht darauf, dass der Kläger zu 1 als ältestes Familienmitglied in E und damit im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten geboren ist (vgl. § 24 Abs. 4 S. 2 i.V.m. Abs. 5 S. 1 SGB XII). 38b) Der Umstand, dass die Kläger entgegen § 24 Abs. 1 SGB X vor Erlass des sie belastenden Aufhebungsbescheides vom 29.07.2010 nicht angehört wurden, ist gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X unschädlich; denn ihnen wurde im Widerspruchsverfahren zu allen wesentlichen Tatsachen, auf welche der Beklagte seine Entscheidung gestützt hat, rechtliches Gehör gewährt und ein etwaiger Anhörungsmangel daher geheilt. Eines gesonderten Hinweises auf die Äußerungsmöglichkeit sowie auf die maßgeblichen Tatsachen bedarf es insoweit in der Regel nicht (Schütze, a.a.O., § 41 Rn. 15 m.w.N.). 393. Die angefochtenen Bescheide sind auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X sind erfüllt. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. 40a) Es handelt sich bei dem zuletzt - für die Zeit ab dem 01.04.2010 - ergangenen Bewilligungsbescheid vom 03.03.2010 in der Fassung des Bescheides vom 10.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2010, welchen der Beklagte durch die hier angefochtenen Bescheide zum 01.11.2010 aufgehoben hat, um einen begünstigenden Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (s.o.). 41Dass der Beklagte in dem (Ausgangs-)Bescheid vom 03.03.2010 darüber hinaus (nahezu) sämtliche früheren Leistungsbescheide aufgehoben hat, mit welchen er den Klägern in dem Zeitraum seit Januar 2007 Sozialhilfe zuerkannt hat, ist unschädlich. Diese Aufhebung geht - ebenso wie die eines (auch nach dem Vorbringen des Beklagten) nicht existenten Bescheides vom 20.04.2009 - lediglich "ins Leere"; denn die früheren Bewilligungsbescheide wurden bereits durch die nachfolgend ergangenen Leistungsbescheide, mit denen die Leistungen der Sozialhilfe für Deutsche im Ausland jeweils für spätere Zeiträume "neu festgesetzt" wurden, konkludent aufgehoben. 42b) In den tatsächlichen bzw. rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bewilligungsbescheides vom 03.03.2010 in der Fassung des Bescheides vom 10.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2010 vorgelegen haben, ist insofern eine wesentliche Änderung eingetreten, als die Voraussetzungen des § 24 SGB XII (jedenfalls) zum 01.11.2010 entfallen sind. 43Nach § 24 Abs. 1 S. 1 SGB XII erhalten Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, keine Leistungen. Hiervon kann im Einzelfall nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr in das Inland wegen eines der in § 24 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis 3 SGB XII genannten Hinderungsgründe nicht möglich ist (vgl. § 24 Abs. 1 S. 2 SGB XII). Dabei richten sich Art und Maß der Leistungserbringung sowie der Einsatz des Einkommens und Vermögens nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland (§ 24 Abs. 3 SGB XII). Leistungen in das Ausland werden nicht erbracht, soweit sie von dem hierzu verpflichteten Aufenthaltsland oder von anderen erbracht werden oder zu erwarten sind (§ 24 Abs. 2 SGB XII). 44aa) Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sich eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X allerdings - ohne dass es hierauf letztlich ankommt - nicht mit Erfolg darauf stützen, dass die Klägerin zu 2 (und damit die gesamte Familie) nach den Feststellungen des Senats in dem anhängig gewesenen Parallelverfahren (L 20 SO 481/11) bereits in dem dort streitbefangenen Zeitraum (von 2008 bis 2010) nicht im Sinne des § 24 Abs. 1 S. 2 SGB XII an einer Rückkehr nach Deutschland gehindert war. Bestand das Rückkehrhindernis schon im Zeitpunkt des Erlasses der aufgehobenen Bescheide über die Bewilligung von Leistungen für die Zeit ab dem 01.04.2010, so ist gerade keine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X eingetreten. Dass sich die tatsächlich bereits anfänglich vorhandene Rückkehrfähigkeit erst später - etwa wie hier nach weiteren Ermittlungen - erwiesen hat, ist unbeachtlich; denn entscheidend sind die objektiven Verhältnisse im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts (vgl. BSG, Urteil vom 21.06.2011 - B 4 AS 21/10 R). 45Eine Umdeutung der streitbefangenen Bescheide in einen - bei anfänglicher Rechtswidrigkeit allein in Betracht kommenden - Rücknahmebescheid nach § 45 SGB X kommt nicht in Betracht. Gleiches gilt unter dem Gesichtspunkt des "Nachschiebens von Gründen" (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 21.06.2011 - B 4 AS 21/10 R). Stützt die Behörde ihre Aufhebungsentscheidung (wie hier) auf § 48 SGB X, obwohl § 45 SGB X hätte Anwendung finden müssen, so wäre dies bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit nur dann unbeachtlich, wenn es einer Ermessenentscheidung nicht bedurfte hätte (vgl. BSG, a.a.O.); denn sowohl eine Umdeutung als auch ein Nachschieben von Gründen ist nur denkbar, wenn der Wesensgehalt des Verwaltungsakts hierdurch nicht verändert wird (vgl. zum Nachschieben von Gründen Schütze, a.a.O., Rn. 12 m.w.N., und zur Umdeutung auch § 43 Abs. 3 SGB X). Vorliegend würde der angefochtene Bescheid durch eine Umdeutung bzw. ein Nachschieben von Gründen aber in seinem Wesensgehalt verändert. Denn § 45 Abs. 1 S. 1 SGB X setzt - abweichend von § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X - auch bei einer Rücknahme mit Wirkung für die Zukunft die Ausübung von Ermessen voraus; der Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden jedoch kein Ermessen ausgeübt. Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung auf Null, welche die fehlende Ermessensausübung unbeachtlich erscheinen ließe (vgl. dazu Schütze, a.a.O.), sind zugleich nicht ersichtlich. 46bb) In den Verhältnissen, die bei Erlass der hier maßgeblichen, für die Zeit ab April 2010 Leistungen zuerkennenden Bewilligungsbescheide bestanden, ist jedoch insofern eine wesentliche Änderung eingetreten, als seit dem 01.11.2010 Leistungen des Aufenthaltslandes zu erwarten waren (§ 24 Abs. 2 SGB XII). Das gilt für die Klägerin zu 3 nur bis zu ihrer Rückkehr nach Deutschland am 04.11.2010 (dazu weiter unten), für die übrigen Kläger auch darüber hinaus. 47(1) Im Sinne dieser Vorschrift "zu erwarten" sind Leistungen, insbesondere der Sozialhilfeträger des Aufenthaltslandes, wenn sie überwiegend wahrscheinlich sind (vgl. Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage 2010, § 24 Rn. 22; Bieback in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Auflage 2014, § 24 SGB XII Rn. 29). Der Annahme einer niedrigeren Wahrscheinlichkeitsstufe (einfache oder hinreichende Wahrscheinlichkeit) steht die mit § 24 SGB XII intendierte generelle Zielsetzung entgegen, Leistungen für Deutsche mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland ausschließlich in den gesetzlich bestimmten drei Ausnahmefällen (vgl. § 24 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB XII) zu erbringen (Hohm, a.a.O.). Andererseits ist eine mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit schon nach dem eindeutigen Wortlaut ("zu erwarten") nicht zu verlangen (Hohm, a.a.O.). 48Für die Beurteilung, ob Leistungen zu erwarten sind, bedarf es einer gerichtlich überprüfbaren Prognoseentscheidung des Trägers der Sozialhilfe (Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 24 Rn. 51; Bieback, a.a.O., Rn. 29; vgl. ferner Hohm, a.a.O., Rn. 23). Dabei reicht indes die rechtliche Verpflichtung des Aufenthaltslandes zur Leistungserbringung - sei es aufgrund innerstaatlicher Regelungen des Landes oder aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen - nicht aus. Weigert sich das Aufenthaltsland rechts- oder vertragswidrig, Fürsorgeleistungen zu erbringen, so greift der Anspruchsausschluss nach § 24 Abs. 2 SGB XII nicht ein (Hohm, a.a.O., Rn. 24; Bieback, a.a.O., Rn. 31 m.w.N.; vgl. ferner Coseriu, a.a.O., Rn. 52 für den Fall, dass eine öffentliche Stelle Leistungen abgelehnt hat); denn derartige Leistungen müssen auch tatsächlich erwartbar sein. Hat der Betroffene Sozialhilfeleistungen im Ausland schon nicht beantragt, obwohl ein Anspruch hierauf besteht, so sind Leistungen nach § 24 Abs. 2 SGB XII hingegen nicht zu erbringen (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 09.03.2011 - L 12 SO 634/10 B ER; ferner Bieback, a.a.O., Rn. 31); denn dann hat der Betroffene nicht alles ihm Zumutbare getan, um seinen Leistungsanspruch zu verwirklichen. 49Ausgehend von der insoweit zu treffenden Prognoseentscheidung war es vorliegend schon im Zeitpunkt der Leistungseinstellung überwiegend wahrscheinlich, dass den Klägern nach fünfjährigem dauerhaften Aufenthalt in Spanien (am 22.07.2010) und damit auch ab dem 01.11.2010 Anspruch auf spanische Sozialhilfe zustand. Es lässt sich zudem (auch in der Rückschau) nicht feststellen, dass die spanischen Behörden den Klägern entsprechende Leistungen trotz Antragstellung rechts- oder vertragswidrig versagt hätten. 50(a) Es spricht mehr dafür als dagegen, dass die Kläger spätestens ab dem 01.11.2010 spanische Sozialhilfe beanspruchen konnten. Dabei kommt es lediglich darauf an, dass die Kläger seither die entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllten, ihnen spanische Sozialhilfe also dem Grunde nach mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit zustand. Dass sie - insbesondere unter Berücksichtigung etwaiger eigener Einkünfte - auch der Höhe nach leistungsberechtigt, also bedürftig waren, ist hingegen nicht erforderlich; denn Art und Maß der Leistungserbringung richten sich gemäß § 24 Abs. 3 SGB XII nach den Verhältnissen des Aufenthaltslandes. Leistungen, die über Art und Umfang der Leistungen in Spanien hinausgehen, muss der deutsche Sozialhilfeträger daher grundsätzlich nicht erbringen. Den Betroffenen steht kein Wahlrecht zwischen der Sozialhilfe nach § 24 SGB XII und Leistungen nach den rechtlichen und sonstigen Verhältnissen des Aufnahmelandes zu (vgl. zu letzterem u.a. Hohm, a.a.O., Rn. 21 und BT-Drucks. 15/176 S. 6). 51Zu Recht ist der Beklagte im Rahmen seiner Prognoseentscheidung davon ausgegangen, dass die Kläger (spätestens) zum 01.11.2010 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit dem Grunde nach die Voraussetzungen für den Erhalt spanischer Sozialhilfe erfüllten; denn sie hielten sich seit dem 21.07.2005 und damit zum 01.11.2010 bereits über einen Zeitraum von fünf Jahren in Santa F (Ibiza) auf und waren dort gemeldet. Entgegen dem Vorbringen der Kläger setzt spanische Sozialhilfe auch nicht voraus, dass der Betroffene Beiträge zur dortigen Rentenversicherung oder zu einem sonstigen dortigen Sozialversicherungssystem entrichtet hat. Es bedarf vielmehr - neben der Antragstellung und einer Anmeldung - lediglich eines Mindestaufenthalts in Spanien, der sich an dem damaligen Wohnort der Kläger jedenfalls nach der Verwaltungspraxis der örtlichen Behörden auf fünf Jahre belief. 52(aa) Dass es sich bei der spanischen Sozialhilfe um eine beitragslose Leistung handelt, steht insbesondere nach den übereinstimmenden Auskünften der Spanischen Botschaft in Berlin vom 01.07. und 19.11.2010, der Deutschen Botschaft in Madrid vom 27.07.2010 sowie des Deutschen Generalkonsulats Barcelona vom 08.03.2010 fest, welche der Beklagte im Verwaltungsverfahren beigezogen hat und die der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet hat. Die Richtigkeit der dortigen Angaben wird durch die im Berufungsverfahren beigezogene Auskunft der Spanischen Botschaft in Berlin vom 23.05.2012 bestätigt. Danach handelt es sich bei der spanischen Sozialhilfe (= auf den Balearen "renta minima de inserción", in Andalusien "salario social") um eine Leistung, die von der jeweiligen regionalen Regierung geregelt und bewilligt wird, und die lediglich eine Meldung, z.T. auch eine Wohnsitznahme in der jeweiligen Provinz für eine gewisse Dauer, nicht hingegen die Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen bzw. die vorherige Ausübung einer Erwerbstätigkeit erfordert. 53In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob Hilfebedürftige, die (wie zunächst die Kläger) auf den Balearen wohnen, nicht - wie in anderen Provinzen Spaniens - erst nach fünfjährigem Aufenthalt, sondern bereits sechs Monate nach Wohnsitznahme spanische Sozialhilfe beanspruchen können (so die Auskunft der Spanischen Botschaft vom 23.05.2012). Gleiches gilt für die Frage, ob es eines Mindestaufenthalts in der jeweiligen Provinz bei Minderjährigen bzw. solchen Personen, die Minderjährige unterhalten, nicht bedarf (vgl. die Auskunft der Spanischen Botschaft vom 19.11.2010); denn der Senat hält es im Hinblick auf die Auskünfte der Sozialbehörde am damaligen Wohnort der Kläger (Santa F) für überwiegend wahrscheinlich, dass die Kläger - unabhängig von einer etwaigen früheren Leistungsverpflichtung der Regionalregierung - erst nach fünfjährigem Aufenthalt auf Ibiza tatsächlich Zugang zum spanischen Sozialhilfesystem hätten erhalten können. Denn bereits unter dem 27.01.2006 hatte die Stadt Santa F dem Beklagten insofern mitgeteilt, dass eine beitragsunabhängige "Rente", welche für die Klägerin zu 2 allein in Betracht komme, einen legalen Aufenthalt auf spanischem Territorium von mindestens fünf Jahren voraussetze. An der diesbezüglichen Verwaltungspraxis der örtlichen Behörden hat sich nachfolgend nichts geändert. Der Senat entnimmt dies der in den Verwaltungsvorgängen des Beklagten befindlichen, ebenfalls urkundenbeweislich verwerteten E-Mail eines Mitarbeiters des Deutschen Generalkonsulats in Barcelona vom 08.03.2010, welche den entsprechenden Inhalt eines Telefonats mit der zuständigen Sozialbehörde in Santa F wiedergibt. 54Keine andere Beurteilung ergibt sich im Übrigen im Hinblick auf das EFA vom 11.02.1953, dem sowohl Spanien als auch Deutschland beigetreten sind. Auch aus Art. 1 EFA hatten die Kläger "dem Grunde nach" Leistungen erst nach fünfjährigem Aufenthalt von den örtlichen Behörden zu erwarten. Zwar entsprechen Voraussetzung, Art und Umfang der Fürsorgeleistungen nach Art. 1 EFA den Leistungen, die den eigenen Staatsangehörigen gewährt werden. Auch diese Leistungen werden nach den Erfahrungen des Deutschen Generalkonsulats jedoch (tatsächlich) erst nach fünfjährigem dortigen Aufenthalt erbracht (vgl. die in den Verwaltungsvorgängen befindliche Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 09.09.2009). 55Dass die Klägerin zu 2 von der örtlichen Sozialbehörde bereits zuvor vorübergehend (von Dezember 2008 bis April 2009) Gutscheine zum Erwerb von Lebensmitteln und Hygieneartikeln erhalten hat, lässt eine andere Beurteilung nicht zu; denn es handelte sich dabei - der Auskunft der Stadtverwaltung Santa F vom 21.04.2009 folgend - offenbar um eine freiwillige Leistung im Sinne einer Nothilfe ("Primärversorgung"), welche der Klägerin zu 2 u.a. aufgrund ihrer gesundheitlichen Lage gewährt wurde. 56Schließlich sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Kläger nach ihrem Umzug von Ibiza nach Malaga (Andalusien) im Oktober 2011 dem Grunde nach keinen Anspruch mehr auf spanische Sozialhilfe gehabt hätten; denn nach der zweitinstanzlich eingeholten Auskunft der Spanischen Botschaft in Berlin vom 23.05.2012 setzt die Gewährung spanischer Sozialhilfe an Familienverbände in Andalusien - neben Bedürftigkeit - lediglich voraus, dass die Familie unter derselben Anschrift in Andalusien gemeldet ist und bereits ein Jahr oder länger vor Antragstellung eine Familie bildete. Diese Voraussetzung erfüllten die Kläger zu 1, 2 und 4 jedoch schon im Zeitpunkt ihres Umzugs. 57(bb) Die von den Klägern im Verlauf des Verfahrens vorgelegten Unterlagen und Bescheinigungen spanischer Stellen sind nicht geeignet, die Richtigkeit der erwähnten Auskünfte in Zweifel zu ziehen. Ihnen lässt sich schon nicht entnehmen, dass die spanische Sozialhilfe über die genannten Voraussetzungen hinaus eine zuvor ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung bzw. die Entrichtung von Beiträgen erfordert. 58Soweit verschiedene öffentliche Stellen in Spanien in den übersandten Bescheinigungen schriftlich bestätigen, dass die Kläger zu 1 und 2 von dort keine Leistungen beziehen bzw. bezogen haben und auch nicht bezugsberechtigt sind, betreffen diese Schreiben/Auskünfte entweder nicht die spanische Sozialhilfe (so das Schreiben des Leiters des Büros für Leistungen des Arbeitsamtes des öffentlichen Dienstes, Hauptstelle Ibiza, vom 13.10.2010, des Direktors der Leistungsabteilung der öffentlichen Stelle für Arbeit, Leistungsabteilung Ibiza, vom 10. oder 13.10.2010, die Bescheinigung des Regionalleiters des Nationalen Instituts für Soziale Angelegenheiten, Regionaldirektion der Balearen, vom 03.12.2010, die Auskunft der Abteilung für Arbeit und Migration der Botschaft von Spanien - wohl - aus August 2009, das Schreiben des Ministeriums für Arbeit und Soziales, Hauptschatzamt der Sozialversicherung, vom 02.10.2012, das Schreiben des Staatssekretariats für soziale Angelegenheiten des Ministeriums für Arbeit und Immigration vom 05.10.2012, der Auszug aus www.spanienclub.de und die Arbeitshilfe des Deutschen Caritasverbandes). Oder sie geben keine Auskunft darüber, aus welchen Gründen die Kläger keine Sozialhilfe erhalten (so die Bescheinigung des Leiters des Amtes für Unterstützungsleistungen beim Amt für Soziales, Förderung und Immigration, Balearen, vom 07.12.2010). 59Ebenso wenig lässt das Schreiben der Regierung der Balearen (Ministerium für soziale Angelegenheiten, Förderung und Einwanderung, Generaldirektion für soziale Betreuung) mit Registrierung vom 15.10.2010 den Rückschluss zu, dass spanische Sozialhilfe nur gewährt wird, wenn zuvor (Sozialversicherungs-)Beiträge erbracht wurden. Zwar wird darin die Bearbeitung eines Antrags des Klägers zu 1 auf "soziale Leistungen" mit der Begründung abgelehnt, dass er weder in der dortigen Gemeinde noch in Spanien Sozialversicherungsbeiträge geleistet habe. Es ist jedoch schon nicht erkennbar, dass sich das Schreiben auch zu den Voraussetzungen der spanischen Sozialhilfe verhält. Zudem lag der Auskunft - dem Schreiben der Regierung der Balearen (Ministerium für Familie und Soziale Dienste) vom 12.03.2014 folgend - kein Antrag des Klägers zu 1 auf spanische Sozialhilfe zugrunde. Nach der dem Schreiben beigefügten Empfangsbestätigung der Regierung der Balearen vom 17.09.2010 handelte es sich vielmehr um einen allgemeinen, bei der Arbeitsvermittlung der Balearen in Ibiza gestellten, an "sonstige Verwaltungsbehörden" gerichteten Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung, aus der hervorgehen sollte, ob der Kläger zu 1 bzw. die Familie Anspruch auf Erhalt von Leistungen besitze oder diese zu irgendeinem Zeitpunkt in Spanien bezogen habe. 60Soweit der Direktor des Nationalen Instituts der sozialen Sicherheit, Provinzverwaltung von Malaga, Ministerium für Arbeit und Soziales, unter dem 05.10.2012 bescheinigt, dass der Kläger zu 1 im Register für öffentliche Sozialangelegenheiten nicht als Berechtigter auf "Leistungen des sozialen Sicherungssystems sowie anderer allgemeiner staatlicher Sozialleistungen" aufgeführt wird, bleibt schon unklar, um welche Leistungen es sich hierbei konkret handelt. Zudem lässt der Umstand, dass der Kläger zu 1 nicht als Berechtigter in dem dortigen Register geführt wird, nicht den Schluss zu, dass er die Voraussetzungen für den Erhalt der spanischen Sozialhilfe nicht erfüllt. 61Soweit die Kläger ferner auf angeblich inzwischen berichtigte Hinweise auf der Homepage der Deutschen Botschaft in Madrid Bezug nehmen, nach denen der spanische Staat für die Kläger nicht zuständig und von dort keine Hilfe zu erwarten sei, lässt sich dies dem Internetauftritt der Deutschen Vertretungen in Spanien (Stand November 2012; unter www.madrid.diplo.de/Vertretungen/madrid/de/05/Leben und Arbeiten) nicht entnehmen. Danach können vielmehr auch Residenten aus einem EU-Mitgliedstaat spanische Sozialhilfe beanspruchen, wenn auf Arbeitslosengeld oder -hilfe kein Anspruch (mehr) besteht. 62Einzig die "Europa-Beratung" führt in einer E-Mail vom 29.02.2012 zwar aus, dass Anspruch auf spanische Sozialhilfe nur bestehe, wenn zuvor Beiträge in das spanische Sozialsystem geleistet worden seien. Diese allgemeine Behauptung ist jedoch nicht geeignet, die Richtigkeit der hiervon abweichenden und im Wesentlichen übereinstimmenden Auskünfte der sachnäheren Deutschen bzw. der Spanischen Botschaft sowie der örtlichen Sozialbehörde in Santa F zu erschüttern. Das gilt umso mehr, als die Europa-Beratung in ihrer E-Mail selbst darauf hinweist, dass es sich bei ihr um einen unabhängigen Ratgeber handele, der nicht die Auffassung der Europäischen Kommission, einer anderen Einrichtung der EU oder ihrer Mitarbeiter widerspiegele. 63(b) Es lässt sich zudem nicht feststellen, dass den Klägern die (ihnen somit seit dem 01.11.2010 überwiegend wahrscheinlich dem Grunde nach zustehenden) spanischen Sozialhilfeleistungen seither rechts- bzw. vertragswidrig versagt wurden, obwohl sie diese beantragt haben. 64Die - insofern darlegungs- und beweispflichtigen (dazu weiter unten) - Kläger haben nicht glaubhaft gemacht, geschweige denn nachgewiesen, an der Durchsetzung eines solchen Anspruchs gehindert gewesen zu sein. Die pauschale Behauptung, einen Antrag auf spanische Sozialhilfe gestellt zu haben, welcher von der spanischen Behörde jedoch nicht angenommen worden sei, reicht insofern nicht aus. 65(aa) Die Kläger haben schon nicht konkret dargelegt, wann sie spanische Sozialhilfe für die hier streitbefangene Zeit (ab dem 01.11.2010) beantragt haben wollen. Zwar hat der Kläger zu 1 unter dem 17.11.2010 erklärt, die Familie sei "seit Januar 2009" bzw. - so seine Angaben im Verlauf des Klageverfahrens - auch fortlaufend bei dem Servicio Social in Santa F vorstellig geworden und habe entsprechende Leistungen beantragt. Zu welchem konkreten Zeitpunkt ein solcher Antrag gestellt worden sein soll, bleibt jedoch unklar. Das gilt vor allem für die Frage, ob und ggf. wann die Kläger sich nach Juli 2010 (als dem Zeitpunkt, zu dem sie nach fünfjährigem Aufenthalt auf spanischem Territorium erstmals Zugang zu einer solchen Leistung hatten, s.o.) an das - für die Feststellung der Bedürftigkeit zuständige (vgl. die Auskunft der Spanischen Botschaft in Berlin vom 01.07.2010) - lokale Bürgeramt (ayuntament) oder eine andere Behörde gewandt haben. Auf die im Zusammenhang mit dem Schreiben der Regierung der Balearen vom 15.10.2010 an die Kläger gerichtete Anfrage des Senats, welchen darin erwähnten "Antrag auf soziale Leistungen" der Kläger zu 1 wann gestellt hat, hat dieser lediglich ausweichend reagiert, ohne konkret darzulegen, zu welchem Zeitpunkt er sich mit welchem konkreten Begehren an welche Behörde gewandt hat. 66bb) Darüber hinaus fehlt es an Nachweisen eines solchen, auf die Gewährung spanischer Sozialhilfe gerichteten Antrags. Die zahlreichen schriftlichen Bescheinigungen diverser spanischer Stellen/Behörden, welche die Kläger im Verlauf des Streitverfahrens übersandt haben, sind insofern zum Nachweis ungeeignet. Denn sie beziehen sich schon nicht auf die spanische Sozialhilfe (s.o.) und verhalten sich zudem im Wesentlichen zu der Frage, ob die Kläger bestimmte sonstige Leistungen beanspruchen können. 67Insbesondere lässt sich dem bereits erwähnten Schreiben der Regierung der Balearen (Ministerium für soziale Angelegenheiten, Förderung und Einwanderung, Generaldirektion für soziale Betreuung) mit Registrierung vom 15.10.2010 nicht entnehmen, dass die Kläger Leistungen der - für sie allein in Betracht kommenden - spanischen Sozialhilfe beantragt haben. Zwar wird - einzig - in diesem Schreiben ein "Antrag auf soziale Leistungen" erwähnt. Ein derart pauschaler Antrag, der nicht konkret auf die Gewährung spanischer Sozialhilfe gerichtet ist, reicht zum Nachweis der behaupteten Antragstellung jedoch nicht aus. Das gilt umso mehr, als dieser Bescheinigung - wie bereits dargelegt - noch nicht einmal ein Leistungsantrag zugrunde lag, sondern der Kläger zu 1 lediglich die Ausstellung einer Bescheinigung beantragt hatte, aus der hervorgehen sollte, ob er Anspruch auf Erhalt von Leistungen besitze oder derartige Leistungen zu irgendeinem Zeitpunkt in Spanien bezogen habe (s.o.). 68cc) Es lässt sich im Übrigen auch nicht feststellen, dass die Kläger faktisch daran gehindert waren, ihren Anspruch auf spanische Sozialhilfe durchzusetzen, insbesondere, dass das örtlich zuständige lokale Bürgeramt (ayuntament) bzw. der Servicio Social die Annahme eines solchen Antrags rechtswidrig verweigert hätte. Haben die Kläger schon nicht schlüssig vorgetragen, wann sie dort für die hier in Rede stehende Zeit spanische Sozialhilfe beantragt haben, so bleibt auch die behauptete Weigerung der Entgegennahme eines solchen Antrags unsubstantiiert; denn insofern fehlt ebenfalls konkreter Sachvortrag, wann welcher Antrag der Kläger zurückgewiesen wurde. Zudem hat der Kläger zu 1 jedenfalls anlässlich seines "Antrags auf soziale Leistungen", den er am 17.09.2010 bei der Arbeitsvermittlung der Balearen in Ibiza gestellt hat, eine Empfangsbestätigung erhalten (s.o.), obwohl er auch insofern zuvor behauptet hatte, die Regierung der Balearen habe seinen Antrag schon nicht angenommen. Entsprechendes hatte der Kläger zu 1 im Übrigen zunächst auch im Hinblick auf seinen Widerspruch gegen das Schreiben der Regierung vom 15.10.2010 vorgetragen, dieses Vorbringen in dem zweitinstanzlich durchgeführten Erörterungstermin unter dem 20.02.2014 allerdings nicht aufrechterhalten. Die auf dem sehr pauschalen und auch uneinheitlichen Vorbringen der Kläger beruhenden Zweifel des Senats an der Richtigkeit ihrer diesbezüglichen Angaben werden schließlich dadurch verstärkt, dass die Kläger im Verlauf des Streitverfahrens - auch unter Einschaltung eines Rechtsbeistandes - eine Vielzahl schriftlicher Bescheinigungen vorgelegt haben, welche sich zu den Voraussetzungen diverser spanischer (Sozialversicherungs-)Leistungen bzw. einer fehlenden Anspruchsberechtigung der Kläger verhalten. Dass ihnen dies hingegen für eine hier in Rede stehende Beantragung spanischer Sozialhilfe trotz entsprechender Bemühungen nicht möglich gewesen sein soll, erscheint vor diesem Hintergrund nicht plausibel. 69(dd) Der Senat verkennt bei alldem nicht, dass es grundsätzlich dem Beklagten obliegt, die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 SGB X nachzuweisen, weil er hieraus eine für ihn günstige Rechtsfolge herleiten will (vgl. insoweit zu § 45 SGB X u.a. BSG, Urteil vom 24.05.2006 - B 11a AL 7/05 R m.w.N.). Für Vorgänge, welche in der persönlichen oder in der Verantwortungssphäre des Bürgers wurzeln - wie hier die Beantragung von Sozialhilfe - trägt jedoch der Bürger selbst die Darlegungs- und Beweislast (vgl. zur Umkehr der Beweislast nach der sog. Sphärentheorie BSG, a.a.O., Rn. 33). Das gilt im Übrigen auch im Hinblick auf das Vorbringen der Kläger, das lokale Bürgeramt bzw. der Servicio Social habe ihre Anträge auf spanische Sozialhilfe nicht angenommen. Zwar mag der Nachweis einer sog. negativen Tatsache nur mit größerer Mühe erbracht werden können. Dies entbindet die Kläger jedoch nicht davon, die entsprechenden Umstände zumindest konkret darzulegen. Fehlt es hieran, so ist auch der Senat nicht gehalten, gleichsam "ins Blaue hinein" zu ermitteln, ob und ggf. wann die Kläger bei wem welche Leistungen beantragt haben bzw. welche Behörde welchen Antrag zu welchem Zeitpunkt abgelehnt hat. 70(dd) Ohne dass der Senat dies letztlich entscheiden müsste, erscheint es im Übrigen mit Blick auf die Einkommensverhältnisse der Kläger ohnehin unwahrscheinlich, dass ihnen spanische Sozialhilfe (lediglich) rechts- oder vertragswidrig verweigert wurde; denn die Kläger waren nach den insofern allein maßgebenden Gegebenheiten im Aufenthaltsland (vgl. § 24 Abs. 3 SGB XII) offenbar schon seit dem 01.11.2010 nicht bedürftig. 71Nach den Auskünften der Deutschen Botschaft in Madrid vom 30.04. und 15.06.2010 beliefen sich die Höchstsätze der spanischen Sozialhilfe im Jahr 2010 bei einem Dreipersonenhaushalt auf 555,00 EUR (370,00 EUR für den Haushaltsvorstand, die folgende Person 111,00 EUR und für jede weitere Person 74,00 EUR), bei einem Vierpersonenhaushalt somit auf 629,00 EUR. Im Jahr 2011 betrug der Höchstbetrag der spanischen Sozialhilfe - der Auskunft der Spanischen Botschaft in Berlin vom 23.05.2012 folgend - 776,57 EUR. Dabei erhielt der Leistungsempfänger eine Grundleistung i.H.v. 396,00 EUR zuzüglich 118,90 EUR (30 % der Grundleistung) für das erste Familienmitglied, 79,26 EUR (= 20 % der Grundleistung) für das zweite und 39,63 EUR (10 % der Grundleistung) für das dritte Familienmitglied. Hinzu kommt eventuell ein Mietanteil, der sich im Hinblick auf eine in Spanien vorausgesetzte "Großfamilien-Mentalität" und einem damit verbundenen kostenfreien Wohnen im Familienverbund bei einer vierköpfigen Familie auf einen Betrag i.H.v. 100,00 EUR bis 200,00 EUR beschränkt (so die Auskunft der deutschen Botschaft in Madrid vom 30.04.2010). 72Die Kläger dürften jedoch schon seit November 2010 in der Lage gewesen sein, diesen Bedarf mit Hilfe ihrer monatlichen Einkünfte zu decken. Das gilt nicht nur für die Zeit ab Bewilligung der vorgezogenen Altersrente des Klägers zu 1 durch Bescheid vom 20.09.2011, sondern auch für die vorausgegangene Zeit; denn die Familie verfügte (selbst unter Außerachtlassung der finanziellen Unterstützung durch den im Februar 2014 verstorbenen, bis dahin in der Wohnung der Kläger lebenden Vater der Klägerin zu 2) schon seit November 2010 über ein monatliches Einkommen i.H.v. insgesamt ca. 1.460,00 EUR (= Erwerbsminderungsrente der Klägern zu 2 i.H.v. ca. 590,00 EUR, Pflegegeld aus der Pflegeversicherung i.H.v. 685,00 EUR sowie Kindergeld für die Klägerin zu 4 i.H.v. 184,00 EUR). Unter zusätzlicher Berücksichtigung der später bewilligten vorgezogenen Altersrente des Klägers zu 1 i.H.v. ca. 400,00 EUR beliefen sich die Einkünfte ab Oktober 2011 sogar auf ca. 1.870,00 EUR pro Monat. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob das aus der Pflegeversicherung der Klägerin zu 2 gezahlte Pflegegeld im Falle einer Sozialhilfegewährung in Deutschland nach §§ 82 ff. SGB XII anrechnungsfreies Einkommen wäre; denn auch die Einsatzpflicht von Einkommen und Vermögen richtet sich im Fall der Kläger gemäß § 24 Abs. 3 SGB XII nicht nach deutschen Gegebenheiten, sondern allein nach den Verhältnissen in Spanien. Unter Zugrundelegung der im Verwaltungsverfahren eingeholten Auskünfte der Deutschen Botschaft Madrid vom 14. und 15.06.2010 werden in Spanien jedoch sämtliche Zahlungen aus Deutschland - mithin auch das Pflegegeld aus der Pflegeversicherung - als Einkommen gewertet und von einer in Spanien gezahlten Hilfe in Abzug gebracht. 73Eine sozialhilfeweise Aufstockung des den Klägern verfügbaren Einkommens unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten kommt nicht in Betracht. Insbesondere lässt sich ein - über die im Aufenthaltsland vorgesehenen Bemessungsregelungen hinausgreifender - Anspruch nicht auf das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 SGG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG; vgl. dazu BVerfG, Urteile vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 2/09 und 4/09 sowie vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10 und 2/11) stützen (a.A. möglicherweise Coseriu, a.a.O., § 24 Rn. 55). Der ggf. anspruchsverschaffende Geltungsbereich dieses Grundrechts ist in räumlicher Hinsicht von vornherein auf den Geltungsbereich des Grundgesetzes und damit auf das Inland beschränkt. Das gilt jedenfalls und umso mehr, als bei einem EU-Mitgliedstaat wie Spanien von der Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze und nicht zuletzt mit Blick auf das EFA von der Einhaltung sozialer Mindeststandards auszugehen ist. Entspricht es der Lebensentscheidung der Kläger, ihren ständigen Aufenthalt im Ausland zu nehmen, so sind sie auf die Fürsorgeverhältnisse im Aufenthaltsland verwiesen; sie haben deshalb von Verfassungs wegen keinen Anspruch auf Ausgleich von im Vergleich zu Deutschland bestehenden sozialhilferechtlichen Schlechterstellungen durch deutsche Sozialhilfeleistungen ins Ausland. 74(2) War somit im Sinne von § 24 Abs. 2 SGB XII (rechtlich wie tatsächlich) zu erwarten, dass die Kläger ab dem 01.11.2010 dem Grunde nach Anspruch auf Erhalt spanischer Sozialhilfeleistungen haben, so gilt dies für die Klägerin zu 3 - anders als für die Kläger zu 1, 2 und 4 - zwar nur für die Zeit bis zu ihrer Rückkehr nach Deutschland am 04.11.2010; denn während die Kläger zu 1, 2 und 4 sich lediglich im August 2011 kurzzeitig und von Beginn an mit dem Willen, möglichst umgehend nach Spanien zurückzukehren, in E aufgehalten haben, hat die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien durch ihre Rückkehr nach Deutschland dauerhaft aufgegeben. Hierdurch ist jedoch eine (weitere) wesentliche Änderung eingetreten, die für die Zeit ab dem 04.11.2010 einen Anspruch der Klägerin zu 3 auf Sozialhilfe für Deutsche im Ausland weiterhin ausschließt (vgl. § 24 Abs. 1 S. 1 SGB XII); denn die Klägerin zu 3 lebt seither dauerhaft in Deutschland und hat dort ihren sozialen Mittelpunkt (vgl. zu dem Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts, der in § 24 Abs. 1 S. 1 SGB XII - soweit ersichtlich - unstreitig abweichend von § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I definiert wird, u.a. Bieback, a.a.O., § 24 SGB XII Rn. 13 ff., und Berlit in LPK-SGB XII, 9. Auflage 2012, § 24 Rn. 5, beide unter Hinweis auf BVerwG vom 31.08.1995 - 5 C 11.94; ferner Hohm, a.a.O., § 24 Rn. 6 m.w.N.). 75c) Da der Beklagte die vorherigen Bewilligungsbescheide (nur) mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben hat (s.o.), müssen vorliegend im Übrigen weder die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X (= Änderung rückwirkend vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse) erfüllt sein, noch bedarf es der Ausübung von Ermessen (vgl. den Wortlaut des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X "ist"). 76d) Ebenso wenig sind bei einer Aufhebung für die Zukunft die in § 48 Abs. 4 i.V.m. § 45 Abs. 3 bis 5 SGB X vorgesehenen Fristen einzuhalten (Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 48 SGB X Rn. 34). Im Übrigen ist sowohl die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X, welche mit Kenntnis der die Aufhebung rechtfertigenden Umstände beginnt, als auch die mit Bekanntgabe des aufgehobenen Bescheides beginnende Zweijahresfrist des § 45 Abs. 3 S. 1 SGB X gewahrt. Kenntnis der insofern maßgeblichen Tatsachen erlangte der Beklagte erst durch die Auskünfte der Spanischen Botschaft in Berlin und der Deutschen Botschaft in Madrid aus Juli 2010 sowie des Deutschen Generalkonsulats Barcelona aus März 2010. 77Hat der Beklagte die Leistungen der Sozialhilfe für Deutsche im Ausland somit zu Recht gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X zum 01.10.2011 eingestellt, so kann offen bleiben, ob der Anspruch der Kläger nach § 24 SGB XII durch die Rückkehr nach Deutschland (der Klägerin zu 3 am 04.11.2010 und der übrigen Kläger vom 19. bis 25.08.2011) kraft Gesetzes entfallen ist und es einer Aufhebung der zuvor ergangenen Bewilligungsbescheide nach § 48 SGB X seither nicht bedurfte. 78B) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache. 79C) Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
die berufung der kläger gegen das urteil des sozialgerichts köln vom 20.07.2011 wird zurückgewiesen. kosten sind auch im berufungsverfahren nicht zu erstatten. die revision wird zugelassen. 1
2die kläger wenden sich gegen die einstellung der leistungen der sozialhilfe für deutsche im ausland nach § 24 sgb xii zum 01.11.2010. 3der 1947 in e geborene kläger zu 1 und die 1973 geborene klägerin zu 2 sind eheleute. sie lebten mit ihren gemeinsamen töchtern, der im oktober 1992 geborenen klägerin zu 3 sowie der im august 2002 geborenen klägerin zu 4, seit dem 00.07.2005 in spanien. dort hielten sie sich zunächst in santa f (= santa f del rio, ibiza; katalonisch: santa f des riu) auf. die klägerin zu 3 ist am 04.11.2010 aus der elterlichen wohnung ausgezogen und nach deutschland zurückgekehrt. die kläger zu 1, 2 und 4 befanden sich vom 19.08. bis zum 25.08.2011 vorübergehend in deutschland, nachdem sie ihre unterkunft in spanien aus finanziellen gründen verlassen mussten und ihnen eine zwangsausweisung drohte. zuvor hatten sie am 16.08.2011 bei dem deutschen generalkonsulat in barcelona erneut sozialhilfe beantragt. anlässlich des aufenthalts in deutschland gewährte die stadt e den klägern zu 1, 2 und 4 bzw. der klägerin zu 2 auf deren antrag vom 22.08.2011 für die zeit vom 22. bis zum 31.08.2011 hilfe zum lebensunterhalt nach dem dritten kapitel des sgb xii (bescheid vom 24.08.2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 24.04.2012). gegenüber dem örtlichen sozialhilfeträger hatte der kläger zu 1 anlässlich des dortigen antrags auf sozialhilfe unter dem 22.08.2011 zuvor erklärt, er werde mit den klägerinnen zu 2 und 4 nach ibiza zurückkehren, sofern ersterer in dem am folgetag (23.08.2011) stattfindenden gerichtstermin vor dem landessozialgericht eine rentennachzahlung zugesprochen werde. für die rückkehr nach spanien benötige er ggf. ein darlehen i.h.v. 6.000,00 eur. ähnlich hatte der kläger zu 1 den beklagten bereits im vorfeld des aufenthalts in deutschland am 12.08.2011 um ein entsprechendes darlehen gebeten, welches er zur anmietung einer neuen wohnung in spanien benötige. nachdem der klägerin zu 2 aufgrund eines anerkenntnisses der deutschen rentenversicherung (drv) rheinland eine (im oktober 2011 ausgezahlte) rentennachzahlung i.h.v. ca. 13.000,00 eur (hiervon wurden wegen eines erstattungsanspruchs ca. 9.900,00 eur einbehalten) zuerkannt worden war, kehrten die kläger zu 1, 2 und 4 mit hilfe eines vorschusses ihres damaligen bevollmächtigten nach ibiza zurück. dort bewohnten sie zunächst diverse ferienwohnungen, bevor sie im oktober 2011 nach g (provinz malaga, andalusien) verzogen. 4die klägerin zu 2 leidet an epilepsie mit täglich mehrfachen grand-mal anfällen sowie absencen, einem gehirntumor und psychischen störungen. bei ihr sind seit august 1995 seitens des versorgungsamts n ein grad der behinderung von 100 sowie die merkzeichen "g", "h", "rf" und "b" festgestellt. sie bezieht seit (spätestens) september 2002 ein pflegegeld aus der pflegeversicherung nach der pflegestufe iii (monatlich 685,00 eur ab 01.01.2010 und 700,00 eur ab 01.01.2012) und wird von dem kläger zu 1 gepflegt. ferner erhält sie seit juni 2007 eine rente wegen erwerbsminderung, welche sich seit juli 2008 auf 588,70 eur (stand februar 2014: 638,00 eur) belief. 5der kläger zu 1 bezieht seit januar 2010 eine vorgezogene altersrente wegen arbeitslosigkeit oder nach altersteilzeitarbeit (ab november 2010: 410,55 eur; stand februar 2014: 422,00 eur), welche die drv rheinland mit bescheid vom 20.09.2011 rückwirkend für die zeit ab januar 2010 (mit einer nachzahlung i.h.v. ca. 5.000,00 eur für die zeit von januar 2010 bis oktober 2011) bewilligte. für die klägerin zu 4 erhält die familie kindergeld (monatlich 184,00 eur seit januar 2010). 6auf den antrag des klägers zu 1 vom 16.01.2007 gewährte der beklagte der gesamten familie seit januar 2007 sozialhilfe für deutsche im ausland nach § 24 sgb xii. in dem erstmaligen leistungsbescheid vom 31.01.2007 in der fassung des änderungsbescheides vom 21.03.2007 errechnete er einen ungedeckten bedarf der kläger i.h.v. 1.636,00 eur, den er für die zeit "ab januar 2007" bewilligte. dabei ging der beklagte davon aus, dass ein rücktransport der klägerin zu 2 nach deutschland aus medizinischen gründen nicht möglich und die voraussetzungen des § 24 sgb xii daher für die gesamte familie erfüllt seien. 7durch bescheid vom 27.01.2009 brachte der beklagte von den zuerkannten leistungen ab dem 01.02.2009 gutscheine für lebensmittel und hygieneartikel im gesamtwert von monatlich 124,00 eur in abzug, welche die stadtverwaltung (sozialbehörde santa f, soziale dienste) der klägerin zu 2 aufgrund ihrer sozialen und gesundheitlichen lage vorübergehend als "primärversorgung" gewährte (auskunft der sozialbehörde santa f vom 21.04.2009). anschließend setzte der beklagte die leistungen für die zeit ab dem 01.04.2009 neu fest (bescheid vom 25.03.2009 in der fassung des bescheides vom 22.07.2010 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 22.10.2009). zuletzt mit bescheid vom 03.03.2010 in der fassung des bescheides vom 10.03.2010 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 27.05.2010 setzte der beklagte die sozialhilfeleistungen der kläger für die zeit "ab dem 01.04.2010" neu fest und bewilligte nunmehr monatliche leistungen i.h.v. insgesamt 1.016,13 eur. 8nach einholung diverser auskünfte (u.a. des auswärtigen amts vom 09.09.2009, der deutschen botschaft in madrid vom 27.07.2010, der spanischen botschaft in berlin vom 01.07.2010 sowie des deutschen generalkonsulats in barcelona vom 08.03.2010, auf deren inhalt bezug genommen wird) hob der beklagte die zuvor ergangenen bewilligungsbescheide (u.a. den bescheid vom 03.03.2010 in der fassung vom 10.03.2010 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 27.05.2010) durch den (hier angefochtenen) bescheid vom 29.07.2010 nach § 48 abs. 1 s. 1 sgb x zum 01.11.2010 auf. die sach- und rechtslage habe sich insofern geändert, als die kläger nunmehr über einen zeitraum von fünf jahren in spanien lebten und daher nach dem europäischen fürsorgeabkommen (efa) gegenüber dem spanischen staat die gleichen leistungen wie spanische staatsangehörige beanspruchen könnten. da entsprechende leistungen durch die spanischen sozialbehörden zu erwarten seien, bestehe kein anspruch mehr auf sozialhilfe für deutsche im ausland (§§ 2 und 24 abs. 2 sgb xii). zugleich empfahl der beklagte, die leistungen bei den spanischen behörden umgehend zu beantragen. 9den gegen diesen bescheid eingelegten widerspruch der kläger wies der beklagte unter beteiligung sozial erfahrener personen (vgl. § 116 sgb xii) mit widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 (dem damaligen bevollmächtigten der kläger am 02.11.2010 zugestellt) zurück. nach den beigezogenen auskünften könnten deutsche in spanien als eu-bürger grundsätzlich sozialhilfe beanspruchen, sofern sie sich - je nach region - über einen zeitraum zwischen drei und maximal fünf jahren in spanien aufhielten. die spanische sozialhilfe werde beitragsunabhängig gewährt. die kläger hätten zudem bislang nicht dargelegt, einen entsprechenden antrag gestellt zu haben. ein ablehnender bescheid der spanischen behörde sei nicht vorgelegt worden. 10dagegen haben die kläger am 05.11.2010 bei dem sozialgericht köln klage erhoben. sie haben geltend gemacht, von den spanischen behörden keine sozialhilfe zu erhalten. sozialhilfe werde in spanien grundsätzlich nur gewährt, wenn der anspruchsteller dort eine versicherungspflichtige tätigkeit ausgeübt habe. die kläger seien jedoch zu keinem zeitpunkt in spanien versicherungspflichtig beschäftigt gewesen; beiträge an renten- bzw. sozialversicherungsträger seien daher nicht entrichtet worden. spanische sozialhilfe erhalte darüber hinaus nur, wer das 65. lebensjahr vollendet und über einen zeitraum von mindestens zehn jahren in spanien gewohnt habe; auch diese voraussetzung erfüllten die kläger nicht. der kläger zu 1 habe bei den spanischen behörden zahlreiche anträge gestellt. diese seien dort jedoch schon nicht angenommen worden; schriftliche ablehnungsbescheide könnten sie daher nicht vorlegen. lebensmittelgutscheine habe die spanische behörde der familie in der vergangenheit nur vorübergehend zur verfügung gestellt, weil die leistungen des beklagten nicht ausreichend gewesen seien. zur stützung ihres vorbringens haben die kläger diverse unterlagen vorgelegt, u.a. ein schreiben des ministeriums für arbeit und einwanderung (öffentliche stelle für arbeit) vom 13.10.2010, eine bescheinigung der regierung der balearen (amt für soziales, förderung und immigration, abteilung für unterstützungsleistungen) vom 07.12.2010, eine bescheinigung des ministeriums für arbeit und immigration (sozialversicherungsanstalt, provinzstelle der balearen) vom 03.12.2010 sowie ein schreiben des rechtsanwalts w n (ansässig in santa f) vom 03.12.2010. auf den inhalt dieser schreiben wird verwiesen. 11die kläger haben beantragt, 12den beklagten unter aufhebung des bescheides vom 29.07.2010 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 28.10.2010 zu verurteilen, ihnen weiterhin ab november 2010 sozialhilfe zu gewähren. 13der beklagte hat beantragt, 14die klage abzuweisen. 15er hat die angefochtenen bescheide für zutreffend erachtet. 16mit urteil vom 20.07.2011 hat das sozialgericht die klage abgewiesen. den klägern stehe über den 31.10.2010 hinaus keine sozialhilfe für deutsche im ausland zu. wegen der einzelheiten wird auf die gründe der entscheidung bezug genommen. 17gegen das ihrem damaligen bevollmächtigten am 10.08.2011 zugestellte urteil haben die kläger am 02.09.2011 berufung eingelegt. sie tragen im wesentlichen ergänzend vor, es handele sich bei den auskünften der spanischen botschaft in berlin und der deutschen botschaft in madrid, auf welche der beklagte die leistungseinstellung stütze, um vorsätzlich manipulierte gefälligkeitserklärungen. die darstellung der deutschen botschaft in madrid im internet, wonach in spanien lebende deutsche dort sozialhilfe erhalten könnten, sei inzwischen berichtigt worden. der kläger zu 1 sei schon im jahr 2009 und auch fortlaufend beim servicio social in santa f vorstellig geworden, um dort sozialhilfe zu beantragen. zur antragstellung zugelassen werde man jedoch nur, wenn eine geprüfte berechtigung vorliege. über eine solche berechtigung verfüge die familie nicht; dies hätten die kläger bereits durch die vorgelegte schriftliche bestätigung der zuständigen spanischen behörde nachgewiesen. weder habe die familie ein antragsformular erhalten, noch habe die behörde einen ablehnungsbescheid erteilt. das amt in ibiza-stadt habe einen antrag der kläger schon nicht angenommen. auch ein widerspruch gegen das schreiben der regierung der balearen vom 15.10.2010 sei nicht angenommen worden. die interpretation und übersetzung des im berufungsverfahren vom beklagten vorgelegten schreibens der regierung vom 12.03.2014 seien ebenfalls unzutreffend. bei der balearen- oder der bezirksregierung könne - entgegen dem inhalt dieses schreibens - kein antrag des klägers zu 1 vorliegen, weil dieser nicht angenommen worden sei. auf den balearen gebe es kein büro dieser behörde. die anträge würden von den örtlichen sozialämtern, im falle der kläger also vom sozialamt in santa f, bearbeitet. bei positiver antragstellung werde die angelegenheit entweder an die zentrale in madrid weitergeleitet, oder das örtliche sozialamt entscheide in eigener kompetenz. die klägerin zu 2 sei im übrigen - abweichend vom vorbringen des beklagten im berufungsverfahren - nach wie vor aus gesundheitlichen gründen an einer rückkehr nach deutschland gehindert. zur stützung ihres vorbringens haben die kläger weitere unterlagen, u.a. ein schreiben der regierung der balearen (ministerium für soziale angelegenheiten, förderung und einwanderung, generaldirektion für soziale betreuung) mit registrierung vom 15.10.2010, des staatssekretariats für soziale angelegenheiten (ministerium für arbeit und immigration) vom 05.10.2012, ein weiteres schreiben des ministeriums für arbeit und soziales (nationales institut der sozialen sicherheit, provinzverwaltung von malaga) vom 05.10.2012, eine bescheinigung des ministeriums für arbeit und soziales (hauptschatzamt der sozialversicherung) vom 02.10.2012 sowie eine ärztliche stellungnahme des dr. l vom 09.09.2014 (zum gesundheitszustand der klägerin zu 2 nach ihrer rückkehr aus e im august 2011) vorgelegt; auf deren inhalt wird ebenfalls bezug genommen. 18die kläger beantragen, 19das urteil des sozialgerichts köln vom 20.07.2011 zu ändern und den bescheid des beklagten vom 29.07.2010 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 28.10.2010 aufzuheben. 20der beklagte beantragt, 21die berufung zurückzuweisen. 22er hält das erstinstanzliche urteil für zutreffend. die kläger könnten leistungen der sozialhilfe für deutsche im ausland schon deshalb nicht mehr beanspruchen, weil die klägerin zu 2 und damit die gesamte familie nicht an der rückkehr nach deutschland gehindert sei. aufgrund des vorübergehenden aufenthalts in e im august 2011 sowie des späteren umzugs innerhalb spaniens stehe fest, dass die klägerin zu 2 trotz ihres gesundheitszustandes reisefähig sei. die kläger hätten zudem weiterhin nicht nachgewiesen, in spanien sozialhilfe beantragt zu haben. in der von ihnen vorgelegten bescheinigung der regierung der balearen vom 15.10.2010 werde zwar ein antrag des klägers zu 1 auf soziale leistungen erwähnt. es habe sich dabei jedoch nicht um einen antrag auf eine beitragslose sozialleistung gehandelt; insofern legt der beklagte ergänzend eine auskunft der regierung der balearen (ministerium für familie und soziale dienste, generaldirektion für familie und kinder) vom 12.03.2014 sowie eine e-mail der deutschen botschaft madrid, vom 14.03.2014 vor, auf deren inhalt verwiesen wird. 23der senat hat zur weiteren klärung u.a. die spanische botschaft in berlin, abteilung für arbeit und einwanderung, um auskunft zu den voraussetzungen u.a. der spanischen sozialhilfe gebeten. wegen der einzelheiten der auskunft vom 23.05.2012 wird auf bl. 151 ff. der gerichtsakten bezug genommen. 24ferner sind die kläger im hinblick auf das von ihnen vorgelegte schreiben der regierung der balearen vom 15.10.2010 um darlegung gebeten worden, welchen antrag auf soziale leistungen der kläger zu 1 wann gestellt hat. zugleich wurden sie um übersendung einer kopie des antrags gebeten. der kläger zu 1 hat daraufhin mitgeteilt, den ablauf einer solchen antragstellung, die nie bearbeitet worden sei, bereits ausführlich erklärt zu haben. 25in einem erörterungstermin vom 20.02.2014 hat der (persönlich erschienene) kläger zu 1 u.a. angaben zum gesundheitszustand der klägerin zu 2, zum umfang ihrer pflege, zur flugreise nach deutschland im august 2011 sowie zum umzug nach malaga (via flugzeug) im oktober 2011 gemacht. ferner hat er erklärt, nicht im besitz einer kopie des antrags zu sein, welcher dem schreiben der balearen-regierung vom 15.10.2010 zugrunde liege. beim aufsuchen des amts erhalte man ein formular ausgehändigt, vervollständige dieses und müsse es sofort wieder abgeben. in der regel erhalte man anlässlich eines abgelehnten antrags auch keinen bescheid; ein solcher werde nur bei positiver entscheidung erteilt. daher habe er einen rechtsanwalt in spanien mit der offiziellen antragstellung beauftragt und daraufhin das schreiben der regierung der balearen erhalten. widerspruch habe er gegen dieses schreiben nicht erhoben, weil der beauftragte rechtsanwalt ihm erklärt habe, dass die sach- und rechtslage eindeutig sei. auf den inhalt der sitzungsniederschrift vom 20.02.2014 wird im übrigen verwiesen. 26wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten bezug genommen. dieser ist gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen. 27
28a) die zulässige berufung ist unbegründet. das sozialgericht hat die klage zu recht abgewiesen. 29i. die auch im übrigen zulässige klage ist als reine anfechtungsklage (vgl. § 54 abs. 1 sgg) statthaft. 301. die kläger wenden sich gegen den bescheid vom 29.07.2010 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 28.10.2010, mit welchem der beklagte (u.a.) die zuletzt ergangenen leistungsbescheide über die bewilligung von sozialhilfe für deutsche im ausland für die zeit "ab dem 01.04.2010" (= bescheid vom 03.03.2010 in der fassung des bescheides vom 10.03.2010 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 27.05.2010) mit wirkung zum 01.11.2010 aufgehoben hat. im falle einer erfolgreichen anfechtung der aufhebungsbescheide könnten die kläger aus den dann weiterhin regelungswirkung entfaltenden (zuletzt ergangenen) bewilligungsbescheiden über den 31.10.2010 hinaus sozialhilfe in der dort zuerkannten höhe beanspruchen. diese dauerverwaltungsakte entfalten über den kalendermonat april 2010 hinaus wirkung, weil der beklagte darin aus der insoweit maßgeblichen sicht eines objektiven erklärungsempfängers (vgl. zu dieser voraussetzung bei der auslegung behördlicher willenserklärungen u.a. bsg, urteil vom 17.06.2008 - b 8 ay 8/07 r) ohne zeitliche begrenzung ("ab dem 01.04.2010") leistungen zuerkannt hat. dass der insoweit in erster linie maßgebliche verfügungssatz nicht zu beginn des bescheides vom 03.03.2010 zu finden ist, ist unerheblich. den - im rahmen der auslegung ergänzend heranzuziehenden - (sonstigen) gründen der bescheide lassen sich zudem keine anhaltspunkte dafür entnehmen, dass (erst) in den folgemonaten (ab mai 2010) jeweils erneut - etwa konkludent durch faktische auszahlung - leistungen hätten bewilligt werden sollen. dementsprechend hat auch der beklagte selbst der erfolgten leistungsbewilligung in der vergangenheit dauerwirkung über den kalendermonat april 2010 hinaus beigemessen; anderenfalls hätte es einer aufhebung dieser bescheide nach § 48 sgb x für die zeit ab november 2010 durch die hier angefochtenen bescheide nicht bedurft. 312. die regelungswirkung der nach § 48 sgb x ergangenen, hier angefochtenen bescheide ist auch nicht zwischenzeitlich dadurch entfallen, dass die kläger am 16.08.2011 bei dem deutschen generalkonsulat erneut sozialhilfe beantragt haben. gleiches gilt im hinblick auf den umstand, dass die stadt e den klägern zu 1, 2 und 4 anlässlich ihres siebentägigen aufenthalts in deutschland vorübergehend (vom 22. bis zum 31.08.2011) hilfe zum lebensunterhalt nach § 27 sgb xii gewährt hat. zwar erledigt sich ein bescheid, mit welchem eine leistung ohne zeitliche begrenzung abgelehnt worden ist, nach § 39 abs. 2 sgb x, wenn zwischenzeitlich ein neuer antrag gestellt wurde, für die von einem auf diesen antrag ergangenen neuen bescheid erfasste zeit (bsg, urteil vom 11.12.2007 - b 8/9b so 12/06 r). an einem solchen bescheid fehlt es vorliegend jedoch. 32a) den beim generalkonsulat gestellten, auslegungsbedürftigen antrag vom 16.08.2011 haben die kläger zwar - abweichend von der auffassung des beklagten - nicht mit schreiben vom 08.09.2011 zurückgenommen; denn jenes schreiben bezog sich vom empfängerhorizont her lediglich auf einen bei dem sozialgericht gestellten eilantrag der kläger. der antrag wurde jedoch vom beklagten bislang jedenfalls nicht beschieden. 33b) die (allein) seitens der stadt e und damit ohnehin durch einen anderen leistungsträger ergangenen leistungsbescheide regeln aber lediglich die bewilligung von hilfe zum lebensunterhalt nach § 27 sgb xii, nicht hingegen die hier in rede stehende, gemäß § 24 sgb xii an gänzlich andere voraussetzungen geknüpfte sozialhilfe für deutsche im ausland. ohnehin erschöpft sich der regelungsgehalt dieser bescheide in zeitlicher hinsicht auf einen bewilligungszeitraum vom 22. bis zum 31.08.2011. 34ii. die klage ist jedoch unbegründet. die angefochtenen bescheide sind rechtmäßig und verletzen die kläger nicht in ihren rechten (§ 54 abs. 2 sgg). die kläger können vom beklagten über den 31.10.2010 hinaus keine leistungen der sozialhilfe für deutsche im ausland beanspruchen. 351. zu recht hat der beklagte die aufhebung der zuvor ergangenen leistungsbewilligungsbescheide auf die vorschrift des § 48 abs. 1 s. 1 sgb x gestützt, welche die aufhebung eines dauerverwaltungsakts mit wirkung für die zukunft ermöglicht. um eine solche aufhebung mit wirkung für die zukunft handelt es sich hier; denn der beklagte hat die früheren leistungsbewilligungsbescheide in den angefochtenen bescheiden zum 01.11.2010 aufgehoben, also ab einem zeitpunkt, der nach bekanntgabe des angefochtenen ausgangsbescheides vom 29.07.2010 liegt (vgl. zu dem maßgeblichen zeitpunkt der bekanntgabe des verwaltungsakts schütze in von wulffen/schütze, sgb x, 8. auflage 2014, § 48 rn. 18, und zur maßgeblichkeit des ausgangsbescheides, nicht hingegen des widerspruchsbescheides, etwa bsg, urteil vom 29.04.1998 - b 7 al 18/97 r). 362. die angefochtenen bescheide sind formell rechtmäßig ergangen. 37a) der beklagte war als für die erbringung der in rede stehenden leistungen gemäß § 24 abs. 4 s. 1 sgb xii sachlich und örtlich zuständiger überörtlicher sozialhilfeträger auch für die entscheidung nach § 48 sgb x zuständig (vgl. § 48 abs. 4 s. 1 i.v.m. § 44 abs. 3 sgb x). seine örtliche zuständigkeit beruht darauf, dass der kläger zu 1 als ältestes familienmitglied in e und damit im örtlichen zuständigkeitsbereich des beklagten geboren ist (vgl. § 24 abs. 4 s. 2 i.v.m. abs. 5 s. 1 sgb xii). 38b) der umstand, dass die kläger entgegen § 24 abs. 1 sgb x vor erlass des sie belastenden aufhebungsbescheides vom 29.07.2010 nicht angehört wurden, ist gemäß § 41 abs. 1 nr. 3 sgb x unschädlich; denn ihnen wurde im widerspruchsverfahren zu allen wesentlichen tatsachen, auf welche der beklagte seine entscheidung gestützt hat, rechtliches gehör gewährt und ein etwaiger anhörungsmangel daher geheilt. eines gesonderten hinweises auf die äußerungsmöglichkeit sowie auf die maßgeblichen tatsachen bedarf es insoweit in der regel nicht (schütze, a.a.o., § 41 rn. 15 m.w.n.). 393. die angefochtenen bescheide sind auch in materieller hinsicht nicht zu beanstanden. die voraussetzungen des § 48 abs. 1 s. 1 sgb x sind erfüllt. danach ist ein verwaltungsakt mit dauerwirkung mit wirkung für die zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen verhältnissen, die beim seinem erlass vorgelegen haben, eine wesentliche änderung eintritt. 40a) es handelt sich bei dem zuletzt - für die zeit ab dem 01.04.2010 - ergangenen bewilligungsbescheid vom 03.03.2010 in der fassung des bescheides vom 10.03.2010 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 27.05.2010, welchen der beklagte durch die hier angefochtenen bescheide zum 01.11.2010 aufgehoben hat, um einen begünstigenden verwaltungsakt mit dauerwirkung (s.o.). 41dass der beklagte in dem (ausgangs-)bescheid vom 03.03.2010 darüber hinaus (nahezu) sämtliche früheren leistungsbescheide aufgehoben hat, mit welchen er den klägern in dem zeitraum seit januar 2007 sozialhilfe zuerkannt hat, ist unschädlich. diese aufhebung geht - ebenso wie die eines (auch nach dem vorbringen des beklagten) nicht existenten bescheides vom 20.04.2009 - lediglich "ins leere"; denn die früheren bewilligungsbescheide wurden bereits durch die nachfolgend ergangenen leistungsbescheide, mit denen die leistungen der sozialhilfe für deutsche im ausland jeweils für spätere zeiträume "neu festgesetzt" wurden, konkludent aufgehoben. 42b) in den tatsächlichen bzw. rechtlichen verhältnissen, die bei erlass des bewilligungsbescheides vom 03.03.2010 in der fassung des bescheides vom 10.03.2010 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 27.05.2010 vorgelegen haben, ist insofern eine wesentliche änderung eingetreten, als die voraussetzungen des § 24 sgb xii (jedenfalls) zum 01.11.2010 entfallen sind. 43nach § 24 abs. 1 s. 1 sgb xii erhalten deutsche, die ihren gewöhnlichen aufenthalt im ausland haben, keine leistungen. hiervon kann im einzelfall nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine rückkehr in das inland wegen eines der in § 24 abs. 1 s. 2 nr. 1 bis 3 sgb xii genannten hinderungsgründe nicht möglich ist (vgl. § 24 abs. 1 s. 2 sgb xii). dabei richten sich art und maß der leistungserbringung sowie der einsatz des einkommens und vermögens nach den besonderen verhältnissen im aufenthaltsland (§ 24 abs. 3 sgb xii). leistungen in das ausland werden nicht erbracht, soweit sie von dem hierzu verpflichteten aufenthaltsland oder von anderen erbracht werden oder zu erwarten sind (§ 24 abs. 2 sgb xii). 44aa) entgegen der auffassung des beklagten lässt sich eine wesentliche änderung im sinne des § 48 abs. 1 s. 1 sgb x allerdings - ohne dass es hierauf letztlich ankommt - nicht mit erfolg darauf stützen, dass die klägerin zu 2 (und damit die gesamte familie) nach den feststellungen des senats in dem anhängig gewesenen parallelverfahren (l 20 so 481/11) bereits in dem dort streitbefangenen zeitraum (von 2008 bis 2010) nicht im sinne des § 24 abs. 1 s. 2 sgb xii an einer rückkehr nach deutschland gehindert war. bestand das rückkehrhindernis schon im zeitpunkt des erlasses der aufgehobenen bescheide über die bewilligung von leistungen für die zeit ab dem 01.04.2010, so ist gerade keine wesentliche änderung im sinne des § 48 abs. 1 s. 1 sgb x eingetreten. dass sich die tatsächlich bereits anfänglich vorhandene rückkehrfähigkeit erst später - etwa wie hier nach weiteren ermittlungen - erwiesen hat, ist unbeachtlich; denn entscheidend sind die objektiven verhältnisse im zeitpunkt des erlasses des verwaltungsakts (vgl. bsg, urteil vom 21.06.2011 - b 4 as 21/10 r). 45eine umdeutung der streitbefangenen bescheide in einen - bei anfänglicher rechtswidrigkeit allein in betracht kommenden - rücknahmebescheid nach § 45 sgb x kommt nicht in betracht. gleiches gilt unter dem gesichtspunkt des "nachschiebens von gründen" (vgl. hierzu bsg, urteil vom 21.06.2011 - b 4 as 21/10 r). stützt die behörde ihre aufhebungsentscheidung (wie hier) auf § 48 sgb x, obwohl § 45 sgb x hätte anwendung finden müssen, so wäre dies bei der beurteilung der rechtmäßigkeit nur dann unbeachtlich, wenn es einer ermessenentscheidung nicht bedurfte hätte (vgl. bsg, a.a.o.); denn sowohl eine umdeutung als auch ein nachschieben von gründen ist nur denkbar, wenn der wesensgehalt des verwaltungsakts hierdurch nicht verändert wird (vgl. zum nachschieben von gründen schütze, a.a.o., rn. 12 m.w.n., und zur umdeutung auch § 43 abs. 3 sgb x). vorliegend würde der angefochtene bescheid durch eine umdeutung bzw. ein nachschieben von gründen aber in seinem wesensgehalt verändert. denn § 45 abs. 1 s. 1 sgb x setzt - abweichend von § 48 abs. 1 s. 1 sgb x - auch bei einer rücknahme mit wirkung für die zukunft die ausübung von ermessen voraus; der beklagte hat in den angefochtenen bescheiden jedoch kein ermessen ausgeübt. anhaltspunkte für eine ermessensreduzierung auf null, welche die fehlende ermessensausübung unbeachtlich erscheinen ließe (vgl. dazu schütze, a.a.o.), sind zugleich nicht ersichtlich. 46bb) in den verhältnissen, die bei erlass der hier maßgeblichen, für die zeit ab april 2010 leistungen zuerkennenden bewilligungsbescheide bestanden, ist jedoch insofern eine wesentliche änderung eingetreten, als seit dem 01.11.2010 leistungen des aufenthaltslandes zu erwarten waren (§ 24 abs. 2 sgb xii). das gilt für die klägerin zu 3 nur bis zu ihrer rückkehr nach deutschland am 04.11.2010 (dazu weiter unten), für die übrigen kläger auch darüber hinaus. 47(1) im sinne dieser vorschrift "zu erwarten" sind leistungen, insbesondere der sozialhilfeträger des aufenthaltslandes, wenn sie überwiegend wahrscheinlich sind (vgl. hohm in schellhorn/schellhorn/hohm, sgb xii, 18. auflage 2010, § 24 rn. 22; bieback in grube/wahrendorf, sgb xii, 5. auflage 2014, § 24 sgb xii rn. 29). der annahme einer niedrigeren wahrscheinlichkeitsstufe (einfache oder hinreichende wahrscheinlichkeit) steht die mit § 24 sgb xii intendierte generelle zielsetzung entgegen, leistungen für deutsche mit gewöhnlichem aufenthalt im ausland ausschließlich in den gesetzlich bestimmten drei ausnahmefällen (vgl. § 24 abs. 1 s. 1 und 2 sgb xii) zu erbringen (hohm, a.a.o.). andererseits ist eine mit an sicherheit grenzende wahrscheinlichkeit schon nach dem eindeutigen wortlaut ("zu erwarten") nicht zu verlangen (hohm, a.a.o.). 48für die beurteilung, ob leistungen zu erwarten sind, bedarf es einer gerichtlich überprüfbaren prognoseentscheidung des trägers der sozialhilfe (coseriu in jurispk-sgb xii, § 24 rn. 51; bieback, a.a.o., rn. 29; vgl. ferner hohm, a.a.o., rn. 23). dabei reicht indes die rechtliche verpflichtung des aufenthaltslandes zur leistungserbringung - sei es aufgrund innerstaatlicher regelungen des landes oder aufgrund zwischenstaatlicher abkommen - nicht aus. weigert sich das aufenthaltsland rechts- oder vertragswidrig, fürsorgeleistungen zu erbringen, so greift der anspruchsausschluss nach § 24 abs. 2 sgb xii nicht ein (hohm, a.a.o., rn. 24; bieback, a.a.o., rn. 31 m.w.n.; vgl. ferner coseriu, a.a.o., rn. 52 für den fall, dass eine öffentliche stelle leistungen abgelehnt hat); denn derartige leistungen müssen auch tatsächlich erwartbar sein. hat der betroffene sozialhilfeleistungen im ausland schon nicht beantragt, obwohl ein anspruch hierauf besteht, so sind leistungen nach § 24 abs. 2 sgb xii hingegen nicht zu erbringen (vgl. lsg nrw, beschluss vom 09.03.2011 - l 12 so 634/10 b er; ferner bieback, a.a.o., rn. 31); denn dann hat der betroffene nicht alles ihm zumutbare getan, um seinen leistungsanspruch zu verwirklichen. 49ausgehend von der insoweit zu treffenden prognoseentscheidung war es vorliegend schon im zeitpunkt der leistungseinstellung überwiegend wahrscheinlich, dass den klägern nach fünfjährigem dauerhaften aufenthalt in spanien (am 22.07.2010) und damit auch ab dem 01.11.2010 anspruch auf spanische sozialhilfe zustand. es lässt sich zudem (auch in der rückschau) nicht feststellen, dass die spanischen behörden den klägern entsprechende leistungen trotz antragstellung rechts- oder vertragswidrig versagt hätten. 50(a) es spricht mehr dafür als dagegen, dass die kläger spätestens ab dem 01.11.2010 spanische sozialhilfe beanspruchen konnten. dabei kommt es lediglich darauf an, dass die kläger seither die entsprechenden anspruchsvoraussetzungen erfüllten, ihnen spanische sozialhilfe also dem grunde nach mit der gebotenen wahrscheinlichkeit zustand. dass sie - insbesondere unter berücksichtigung etwaiger eigener einkünfte - auch der höhe nach leistungsberechtigt, also bedürftig waren, ist hingegen nicht erforderlich; denn art und maß der leistungserbringung richten sich gemäß § 24 abs. 3 sgb xii nach den verhältnissen des aufenthaltslandes. leistungen, die über art und umfang der leistungen in spanien hinausgehen, muss der deutsche sozialhilfeträger daher grundsätzlich nicht erbringen. den betroffenen steht kein wahlrecht zwischen der sozialhilfe nach § 24 sgb xii und leistungen nach den rechtlichen und sonstigen verhältnissen des aufnahmelandes zu (vgl. zu letzterem u.a. hohm, a.a.o., rn. 21 und bt-drucks. 15/176 s. 6). 51zu recht ist der beklagte im rahmen seiner prognoseentscheidung davon ausgegangen, dass die kläger (spätestens) zum 01.11.2010 mit überwiegender wahrscheinlichkeit dem grunde nach die voraussetzungen für den erhalt spanischer sozialhilfe erfüllten; denn sie hielten sich seit dem 21.07.2005 und damit zum 01.11.2010 bereits über einen zeitraum von fünf jahren in santa f (ibiza) auf und waren dort gemeldet. entgegen dem vorbringen der kläger setzt spanische sozialhilfe auch nicht voraus, dass der betroffene beiträge zur dortigen rentenversicherung oder zu einem sonstigen dortigen sozialversicherungssystem entrichtet hat. es bedarf vielmehr - neben der antragstellung und einer anmeldung - lediglich eines mindestaufenthalts in spanien, der sich an dem damaligen wohnort der kläger jedenfalls nach der verwaltungspraxis der örtlichen behörden auf fünf jahre belief. 52(aa) dass es sich bei der spanischen sozialhilfe um eine beitragslose leistung handelt, steht insbesondere nach den übereinstimmenden auskünften der spanischen botschaft in berlin vom 01.07. und 19.11.2010, der deutschen botschaft in madrid vom 27.07.2010 sowie des deutschen generalkonsulats barcelona vom 08.03.2010 fest, welche der beklagte im verwaltungsverfahren beigezogen hat und die der senat im wege des urkundenbeweises verwertet hat. die richtigkeit der dortigen angaben wird durch die im berufungsverfahren beigezogene auskunft der spanischen botschaft in berlin vom 23.05.2012 bestätigt. danach handelt es sich bei der spanischen sozialhilfe (= auf den balearen "renta minima de inserción", in andalusien "salario social") um eine leistung, die von der jeweiligen regionalen regierung geregelt und bewilligt wird, und die lediglich eine meldung, z.t. auch eine wohnsitznahme in der jeweiligen provinz für eine gewisse dauer, nicht hingegen die entrichtung von sozialversicherungsbeiträgen bzw. die vorherige ausübung einer erwerbstätigkeit erfordert. 53in diesem zusammenhang kann offen bleiben, ob hilfebedürftige, die (wie zunächst die kläger) auf den balearen wohnen, nicht - wie in anderen provinzen spaniens - erst nach fünfjährigem aufenthalt, sondern bereits sechs monate nach wohnsitznahme spanische sozialhilfe beanspruchen können (so die auskunft der spanischen botschaft vom 23.05.2012). gleiches gilt für die frage, ob es eines mindestaufenthalts in der jeweiligen provinz bei minderjährigen bzw. solchen personen, die minderjährige unterhalten, nicht bedarf (vgl. die auskunft der spanischen botschaft vom 19.11.2010); denn der senat hält es im hinblick auf die auskünfte der sozialbehörde am damaligen wohnort der kläger (santa f) für überwiegend wahrscheinlich, dass die kläger - unabhängig von einer etwaigen früheren leistungsverpflichtung der regionalregierung - erst nach fünfjährigem aufenthalt auf ibiza tatsächlich zugang zum spanischen sozialhilfesystem hätten erhalten können. denn bereits unter dem 27.01.2006 hatte die stadt santa f dem beklagten insofern mitgeteilt, dass eine beitragsunabhängige "rente", welche für die klägerin zu 2 allein in betracht komme, einen legalen aufenthalt auf spanischem territorium von mindestens fünf jahren voraussetze. an der diesbezüglichen verwaltungspraxis der örtlichen behörden hat sich nachfolgend nichts geändert. der senat entnimmt dies der in den verwaltungsvorgängen des beklagten befindlichen, ebenfalls urkundenbeweislich verwerteten e-mail eines mitarbeiters des deutschen generalkonsulats in barcelona vom 08.03.2010, welche den entsprechenden inhalt eines telefonats mit der zuständigen sozialbehörde in santa f wiedergibt. 54keine andere beurteilung ergibt sich im übrigen im hinblick auf das efa vom 11.02.1953, dem sowohl spanien als auch deutschland beigetreten sind. auch aus art. 1 efa hatten die kläger "dem grunde nach" leistungen erst nach fünfjährigem aufenthalt von den örtlichen behörden zu erwarten. zwar entsprechen voraussetzung, art und umfang der fürsorgeleistungen nach art. 1 efa den leistungen, die den eigenen staatsangehörigen gewährt werden. auch diese leistungen werden nach den erfahrungen des deutschen generalkonsulats jedoch (tatsächlich) erst nach fünfjährigem dortigen aufenthalt erbracht (vgl. die in den verwaltungsvorgängen befindliche auskunft des auswärtigen amtes vom 09.09.2009). 55dass die klägerin zu 2 von der örtlichen sozialbehörde bereits zuvor vorübergehend (von dezember 2008 bis april 2009) gutscheine zum erwerb von lebensmitteln und hygieneartikeln erhalten hat, lässt eine andere beurteilung nicht zu; denn es handelte sich dabei - der auskunft der stadtverwaltung santa f vom 21.04.2009 folgend - offenbar um eine freiwillige leistung im sinne einer nothilfe ("primärversorgung"), welche der klägerin zu 2 u.a. aufgrund ihrer gesundheitlichen lage gewährt wurde. 56schließlich sind auch keine anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die kläger nach ihrem umzug von ibiza nach malaga (andalusien) im oktober 2011 dem grunde nach keinen anspruch mehr auf spanische sozialhilfe gehabt hätten; denn nach der zweitinstanzlich eingeholten auskunft der spanischen botschaft in berlin vom 23.05.2012 setzt die gewährung spanischer sozialhilfe an familienverbände in andalusien - neben bedürftigkeit - lediglich voraus, dass die familie unter derselben anschrift in andalusien gemeldet ist und bereits ein jahr oder länger vor antragstellung eine familie bildete. diese voraussetzung erfüllten die kläger zu 1, 2 und 4 jedoch schon im zeitpunkt ihres umzugs. 57(bb) die von den klägern im verlauf des verfahrens vorgelegten unterlagen und bescheinigungen spanischer stellen sind nicht geeignet, die richtigkeit der erwähnten auskünfte in zweifel zu ziehen. ihnen lässt sich schon nicht entnehmen, dass die spanische sozialhilfe über die genannten voraussetzungen hinaus eine zuvor ausgeübte versicherungspflichtige beschäftigung bzw. die entrichtung von beiträgen erfordert. 58soweit verschiedene öffentliche stellen in spanien in den übersandten bescheinigungen schriftlich bestätigen, dass die kläger zu 1 und 2 von dort keine leistungen beziehen bzw. bezogen haben und auch nicht bezugsberechtigt sind, betreffen diese schreiben/auskünfte entweder nicht die spanische sozialhilfe (so das schreiben des leiters des büros für leistungen des arbeitsamtes des öffentlichen dienstes, hauptstelle ibiza, vom 13.10.2010, des direktors der leistungsabteilung der öffentlichen stelle für arbeit, leistungsabteilung ibiza, vom 10. oder 13.10.2010, die bescheinigung des regionalleiters des nationalen instituts für soziale angelegenheiten, regionaldirektion der balearen, vom 03.12.2010, die auskunft der abteilung für arbeit und migration der botschaft von spanien - wohl - aus august 2009, das schreiben des ministeriums für arbeit und soziales, hauptschatzamt der sozialversicherung, vom 02.10.2012, das schreiben des staatssekretariats für soziale angelegenheiten des ministeriums für arbeit und immigration vom 05.10.2012, der auszug aus www.spanienclub.de und die arbeitshilfe des deutschen caritasverbandes). oder sie geben keine auskunft darüber, aus welchen gründen die kläger keine sozialhilfe erhalten (so die bescheinigung des leiters des amtes für unterstützungsleistungen beim amt für soziales, förderung und immigration, balearen, vom 07.12.2010). 59ebenso wenig lässt das schreiben der regierung der balearen (ministerium für soziale angelegenheiten, förderung und einwanderung, generaldirektion für soziale betreuung) mit registrierung vom 15.10.2010 den rückschluss zu, dass spanische sozialhilfe nur gewährt wird, wenn zuvor (sozialversicherungs-)beiträge erbracht wurden. zwar wird darin die bearbeitung eines antrags des klägers zu 1 auf "soziale leistungen" mit der begründung abgelehnt, dass er weder in der dortigen gemeinde noch in spanien sozialversicherungsbeiträge geleistet habe. es ist jedoch schon nicht erkennbar, dass sich das schreiben auch zu den voraussetzungen der spanischen sozialhilfe verhält. zudem lag der auskunft - dem schreiben der regierung der balearen (ministerium für familie und soziale dienste) vom 12.03.2014 folgend - kein antrag des klägers zu 1 auf spanische sozialhilfe zugrunde. nach der dem schreiben beigefügten empfangsbestätigung der regierung der balearen vom 17.09.2010 handelte es sich vielmehr um einen allgemeinen, bei der arbeitsvermittlung der balearen in ibiza gestellten, an "sonstige verwaltungsbehörden" gerichteten antrag auf ausstellung einer bescheinigung, aus der hervorgehen sollte, ob der kläger zu 1 bzw. die familie anspruch auf erhalt von leistungen besitze oder diese zu irgendeinem zeitpunkt in spanien bezogen habe. 60soweit der direktor des nationalen instituts der sozialen sicherheit, provinzverwaltung von malaga, ministerium für arbeit und soziales, unter dem 05.10.2012 bescheinigt, dass der kläger zu 1 im register für öffentliche sozialangelegenheiten nicht als berechtigter auf "leistungen des sozialen sicherungssystems sowie anderer allgemeiner staatlicher sozialleistungen" aufgeführt wird, bleibt schon unklar, um welche leistungen es sich hierbei konkret handelt. zudem lässt der umstand, dass der kläger zu 1 nicht als berechtigter in dem dortigen register geführt wird, nicht den schluss zu, dass er die voraussetzungen für den erhalt der spanischen sozialhilfe nicht erfüllt. 61soweit die kläger ferner auf angeblich inzwischen berichtigte hinweise auf der homepage der deutschen botschaft in madrid bezug nehmen, nach denen der spanische staat für die kläger nicht zuständig und von dort keine hilfe zu erwarten sei, lässt sich dies dem internetauftritt der deutschen vertretungen in spanien (stand november 2012; unter www.madrid.diplo.de/vertretungen/madrid/de/05/leben und arbeiten) nicht entnehmen. danach können vielmehr auch residenten aus einem eu-mitgliedstaat spanische sozialhilfe beanspruchen, wenn auf arbeitslosengeld oder -hilfe kein anspruch (mehr) besteht. 62einzig die "europa-beratung" führt in einer e-mail vom 29.02.2012 zwar aus, dass anspruch auf spanische sozialhilfe nur bestehe, wenn zuvor beiträge in das spanische sozialsystem geleistet worden seien. diese allgemeine behauptung ist jedoch nicht geeignet, die richtigkeit der hiervon abweichenden und im wesentlichen übereinstimmenden auskünfte der sachnäheren deutschen bzw. der spanischen botschaft sowie der örtlichen sozialbehörde in santa f zu erschüttern. das gilt umso mehr, als die europa-beratung in ihrer e-mail selbst darauf hinweist, dass es sich bei ihr um einen unabhängigen ratgeber handele, der nicht die auffassung der europäischen kommission, einer anderen einrichtung der eu oder ihrer mitarbeiter widerspiegele. 63(b) es lässt sich zudem nicht feststellen, dass den klägern die (ihnen somit seit dem 01.11.2010 überwiegend wahrscheinlich dem grunde nach zustehenden) spanischen sozialhilfeleistungen seither rechts- bzw. vertragswidrig versagt wurden, obwohl sie diese beantragt haben. 64die - insofern darlegungs- und beweispflichtigen (dazu weiter unten) - kläger haben nicht glaubhaft gemacht, geschweige denn nachgewiesen, an der durchsetzung eines solchen anspruchs gehindert gewesen zu sein. die pauschale behauptung, einen antrag auf spanische sozialhilfe gestellt zu haben, welcher von der spanischen behörde jedoch nicht angenommen worden sei, reicht insofern nicht aus. 65(aa) die kläger haben schon nicht konkret dargelegt, wann sie spanische sozialhilfe für die hier streitbefangene zeit (ab dem 01.11.2010) beantragt haben wollen. zwar hat der kläger zu 1 unter dem 17.11.2010 erklärt, die familie sei "seit januar 2009" bzw. - so seine angaben im verlauf des klageverfahrens - auch fortlaufend bei dem servicio social in santa f vorstellig geworden und habe entsprechende leistungen beantragt. zu welchem konkreten zeitpunkt ein solcher antrag gestellt worden sein soll, bleibt jedoch unklar. das gilt vor allem für die frage, ob und ggf. wann die kläger sich nach juli 2010 (als dem zeitpunkt, zu dem sie nach fünfjährigem aufenthalt auf spanischem territorium erstmals zugang zu einer solchen leistung hatten, s.o.) an das - für die feststellung der bedürftigkeit zuständige (vgl. die auskunft der spanischen botschaft in berlin vom 01.07.2010) - lokale bürgeramt (ayuntament) oder eine andere behörde gewandt haben. auf die im zusammenhang mit dem schreiben der regierung der balearen vom 15.10.2010 an die kläger gerichtete anfrage des senats, welchen darin erwähnten "antrag auf soziale leistungen" der kläger zu 1 wann gestellt hat, hat dieser lediglich ausweichend reagiert, ohne konkret darzulegen, zu welchem zeitpunkt er sich mit welchem konkreten begehren an welche behörde gewandt hat. 66bb) darüber hinaus fehlt es an nachweisen eines solchen, auf die gewährung spanischer sozialhilfe gerichteten antrags. die zahlreichen schriftlichen bescheinigungen diverser spanischer stellen/behörden, welche die kläger im verlauf des streitverfahrens übersandt haben, sind insofern zum nachweis ungeeignet. denn sie beziehen sich schon nicht auf die spanische sozialhilfe (s.o.) und verhalten sich zudem im wesentlichen zu der frage, ob die kläger bestimmte sonstige leistungen beanspruchen können. 67insbesondere lässt sich dem bereits erwähnten schreiben der regierung der balearen (ministerium für soziale angelegenheiten, förderung und einwanderung, generaldirektion für soziale betreuung) mit registrierung vom 15.10.2010 nicht entnehmen, dass die kläger leistungen der - für sie allein in betracht kommenden - spanischen sozialhilfe beantragt haben. zwar wird - einzig - in diesem schreiben ein "antrag auf soziale leistungen" erwähnt. ein derart pauschaler antrag, der nicht konkret auf die gewährung spanischer sozialhilfe gerichtet ist, reicht zum nachweis der behaupteten antragstellung jedoch nicht aus. das gilt umso mehr, als dieser bescheinigung - wie bereits dargelegt - noch nicht einmal ein leistungsantrag zugrunde lag, sondern der kläger zu 1 lediglich die ausstellung einer bescheinigung beantragt hatte, aus der hervorgehen sollte, ob er anspruch auf erhalt von leistungen besitze oder derartige leistungen zu irgendeinem zeitpunkt in spanien bezogen habe (s.o.). 68cc) es lässt sich im übrigen auch nicht feststellen, dass die kläger faktisch daran gehindert waren, ihren anspruch auf spanische sozialhilfe durchzusetzen, insbesondere, dass das örtlich zuständige lokale bürgeramt (ayuntament) bzw. der servicio social die annahme eines solchen antrags rechtswidrig verweigert hätte. haben die kläger schon nicht schlüssig vorgetragen, wann sie dort für die hier in rede stehende zeit spanische sozialhilfe beantragt haben, so bleibt auch die behauptete weigerung der entgegennahme eines solchen antrags unsubstantiiert; denn insofern fehlt ebenfalls konkreter sachvortrag, wann welcher antrag der kläger zurückgewiesen wurde. zudem hat der kläger zu 1 jedenfalls anlässlich seines "antrags auf soziale leistungen", den er am 17.09.2010 bei der arbeitsvermittlung der balearen in ibiza gestellt hat, eine empfangsbestätigung erhalten (s.o.), obwohl er auch insofern zuvor behauptet hatte, die regierung der balearen habe seinen antrag schon nicht angenommen. entsprechendes hatte der kläger zu 1 im übrigen zunächst auch im hinblick auf seinen widerspruch gegen das schreiben der regierung vom 15.10.2010 vorgetragen, dieses vorbringen in dem zweitinstanzlich durchgeführten erörterungstermin unter dem 20.02.2014 allerdings nicht aufrechterhalten. die auf dem sehr pauschalen und auch uneinheitlichen vorbringen der kläger beruhenden zweifel des senats an der richtigkeit ihrer diesbezüglichen angaben werden schließlich dadurch verstärkt, dass die kläger im verlauf des streitverfahrens - auch unter einschaltung eines rechtsbeistandes - eine vielzahl schriftlicher bescheinigungen vorgelegt haben, welche sich zu den voraussetzungen diverser spanischer (sozialversicherungs-)leistungen bzw. einer fehlenden anspruchsberechtigung der kläger verhalten. dass ihnen dies hingegen für eine hier in rede stehende beantragung spanischer sozialhilfe trotz entsprechender bemühungen nicht möglich gewesen sein soll, erscheint vor diesem hintergrund nicht plausibel. 69(dd) der senat verkennt bei alldem nicht, dass es grundsätzlich dem beklagten obliegt, die voraussetzungen des § 48 abs. 1 sgb x nachzuweisen, weil er hieraus eine für ihn günstige rechtsfolge herleiten will (vgl. insoweit zu § 45 sgb x u.a. bsg, urteil vom 24.05.2006 - b 11a al 7/05 r m.w.n.). für vorgänge, welche in der persönlichen oder in der verantwortungssphäre des bürgers wurzeln - wie hier die beantragung von sozialhilfe - trägt jedoch der bürger selbst die darlegungs- und beweislast (vgl. zur umkehr der beweislast nach der sog. sphärentheorie bsg, a.a.o., rn. 33). das gilt im übrigen auch im hinblick auf das vorbringen der kläger, das lokale bürgeramt bzw. der servicio social habe ihre anträge auf spanische sozialhilfe nicht angenommen. zwar mag der nachweis einer sog. negativen tatsache nur mit größerer mühe erbracht werden können. dies entbindet die kläger jedoch nicht davon, die entsprechenden umstände zumindest konkret darzulegen. fehlt es hieran, so ist auch der senat nicht gehalten, gleichsam "ins blaue hinein" zu ermitteln, ob und ggf. wann die kläger bei wem welche leistungen beantragt haben bzw. welche behörde welchen antrag zu welchem zeitpunkt abgelehnt hat. 70(dd) ohne dass der senat dies letztlich entscheiden müsste, erscheint es im übrigen mit blick auf die einkommensverhältnisse der kläger ohnehin unwahrscheinlich, dass ihnen spanische sozialhilfe (lediglich) rechts- oder vertragswidrig verweigert wurde; denn die kläger waren nach den insofern allein maßgebenden gegebenheiten im aufenthaltsland (vgl. § 24 abs. 3 sgb xii) offenbar schon seit dem 01.11.2010 nicht bedürftig. 71nach den auskünften der deutschen botschaft in madrid vom 30.04. und 15.06.2010 beliefen sich die höchstsätze der spanischen sozialhilfe im jahr 2010 bei einem dreipersonenhaushalt auf 555,00 eur (370,00 eur für den haushaltsvorstand, die folgende person 111,00 eur und für jede weitere person 74,00 eur), bei einem vierpersonenhaushalt somit auf 629,00 eur. im jahr 2011 betrug der höchstbetrag der spanischen sozialhilfe - der auskunft der spanischen botschaft in berlin vom 23.05.2012 folgend - 776,57 eur. dabei erhielt der leistungsempfänger eine grundleistung i.h.v. 396,00 eur zuzüglich 118,90 eur (30 % der grundleistung) für das erste familienmitglied, 79,26 eur (= 20 % der grundleistung) für das zweite und 39,63 eur (10 % der grundleistung) für das dritte familienmitglied. hinzu kommt eventuell ein mietanteil, der sich im hinblick auf eine in spanien vorausgesetzte "großfamilien-mentalität" und einem damit verbundenen kostenfreien wohnen im familienverbund bei einer vierköpfigen familie auf einen betrag i.h.v. 100,00 eur bis 200,00 eur beschränkt (so die auskunft der deutschen botschaft in madrid vom 30.04.2010). 72die kläger dürften jedoch schon seit november 2010 in der lage gewesen sein, diesen bedarf mit hilfe ihrer monatlichen einkünfte zu decken. das gilt nicht nur für die zeit ab bewilligung der vorgezogenen altersrente des klägers zu 1 durch bescheid vom 20.09.2011, sondern auch für die vorausgegangene zeit; denn die familie verfügte (selbst unter außerachtlassung der finanziellen unterstützung durch den im februar 2014 verstorbenen, bis dahin in der wohnung der kläger lebenden vater der klägerin zu 2) schon seit november 2010 über ein monatliches einkommen i.h.v. insgesamt ca. 1.460,00 eur (= erwerbsminderungsrente der klägern zu 2 i.h.v. ca. 590,00 eur, pflegegeld aus der pflegeversicherung i.h.v. 685,00 eur sowie kindergeld für die klägerin zu 4 i.h.v. 184,00 eur). unter zusätzlicher berücksichtigung der später bewilligten vorgezogenen altersrente des klägers zu 1 i.h.v. ca. 400,00 eur beliefen sich die einkünfte ab oktober 2011 sogar auf ca. 1.870,00 eur pro monat. unerheblich ist in diesem zusammenhang, ob das aus der pflegeversicherung der klägerin zu 2 gezahlte pflegegeld im falle einer sozialhilfegewährung in deutschland nach §§ 82 ff. sgb xii anrechnungsfreies einkommen wäre; denn auch die einsatzpflicht von einkommen und vermögen richtet sich im fall der kläger gemäß § 24 abs. 3 sgb xii nicht nach deutschen gegebenheiten, sondern allein nach den verhältnissen in spanien. unter zugrundelegung der im verwaltungsverfahren eingeholten auskünfte der deutschen botschaft madrid vom 14. und 15.06.2010 werden in spanien jedoch sämtliche zahlungen aus deutschland - mithin auch das pflegegeld aus der pflegeversicherung - als einkommen gewertet und von einer in spanien gezahlten hilfe in abzug gebracht. 73eine sozialhilfeweise aufstockung des den klägern verfügbaren einkommens unter verfassungsrechtlichen gesichtspunkten kommt nicht in betracht. insbesondere lässt sich ein - über die im aufenthaltsland vorgesehenen bemessungsregelungen hinausgreifender - anspruch nicht auf das grundrecht auf gewährleistung eines menschenwürdigen existenzminimums (art. 1 abs. 1 sgg i.v.m. art. 20 abs. 1 gg; vgl. dazu bverfg, urteile vom 09.02.2010 - 1 bvl 1/09, 2/09 und 4/09 sowie vom 18.07.2012 - 1 bvl 10/10 und 2/11) stützen (a.a. möglicherweise coseriu, a.a.o., § 24 rn. 55). der ggf. anspruchsverschaffende geltungsbereich dieses grundrechts ist in räumlicher hinsicht von vornherein auf den geltungsbereich des grundgesetzes und damit auf das inland beschränkt. das gilt jedenfalls und umso mehr, als bei einem eu-mitgliedstaat wie spanien von der wahrung rechtsstaatlicher grundsätze und nicht zuletzt mit blick auf das efa von der einhaltung sozialer mindeststandards auszugehen ist. entspricht es der lebensentscheidung der kläger, ihren ständigen aufenthalt im ausland zu nehmen, so sind sie auf die fürsorgeverhältnisse im aufenthaltsland verwiesen; sie haben deshalb von verfassungs wegen keinen anspruch auf ausgleich von im vergleich zu deutschland bestehenden sozialhilferechtlichen schlechterstellungen durch deutsche sozialhilfeleistungen ins ausland. 74(2) war somit im sinne von § 24 abs. 2 sgb xii (rechtlich wie tatsächlich) zu erwarten, dass die kläger ab dem 01.11.2010 dem grunde nach anspruch auf erhalt spanischer sozialhilfeleistungen haben, so gilt dies für die klägerin zu 3 - anders als für die kläger zu 1, 2 und 4 - zwar nur für die zeit bis zu ihrer rückkehr nach deutschland am 04.11.2010; denn während die kläger zu 1, 2 und 4 sich lediglich im august 2011 kurzzeitig und von beginn an mit dem willen, möglichst umgehend nach spanien zurückzukehren, in e aufgehalten haben, hat die klägerin ihren gewöhnlichen aufenthalt in spanien durch ihre rückkehr nach deutschland dauerhaft aufgegeben. hierdurch ist jedoch eine (weitere) wesentliche änderung eingetreten, die für die zeit ab dem 04.11.2010 einen anspruch der klägerin zu 3 auf sozialhilfe für deutsche im ausland weiterhin ausschließt (vgl. § 24 abs. 1 s. 1 sgb xii); denn die klägerin zu 3 lebt seither dauerhaft in deutschland und hat dort ihren sozialen mittelpunkt (vgl. zu dem begriff des gewöhnlichen aufenthalts, der in § 24 abs. 1 s. 1 sgb xii - soweit ersichtlich - unstreitig abweichend von § 30 abs. 3 s. 2 sgb i definiert wird, u.a. bieback, a.a.o., § 24 sgb xii rn. 13 ff., und berlit in lpk-sgb xii, 9. auflage 2012, § 24 rn. 5, beide unter hinweis auf bverwg vom 31.08.1995 - 5 c 11.94; ferner hohm, a.a.o., § 24 rn. 6 m.w.n.). 75c) da der beklagte die vorherigen bewilligungsbescheide (nur) mit wirkung für die zukunft aufgehoben hat (s.o.), müssen vorliegend im übrigen weder die voraussetzungen des § 48 abs. 1 s. 2 sgb x (= änderung rückwirkend vom zeitpunkt der änderung der verhältnisse) erfüllt sein, noch bedarf es der ausübung von ermessen (vgl. den wortlaut des § 48 abs. 1 s. 1 sgb x "ist"). 76d) ebenso wenig sind bei einer aufhebung für die zukunft die in § 48 abs. 4 i.v.m. § 45 abs. 3 bis 5 sgb x vorgesehenen fristen einzuhalten (steinwedel in kasseler kommentar, § 48 sgb x rn. 34). im übrigen ist sowohl die jahresfrist des § 45 abs. 4 s. 2 sgb x, welche mit kenntnis der die aufhebung rechtfertigenden umstände beginnt, als auch die mit bekanntgabe des aufgehobenen bescheides beginnende zweijahresfrist des § 45 abs. 3 s. 1 sgb x gewahrt. kenntnis der insofern maßgeblichen tatsachen erlangte der beklagte erst durch die auskünfte der spanischen botschaft in berlin und der deutschen botschaft in madrid aus juli 2010 sowie des deutschen generalkonsulats barcelona aus märz 2010. 77hat der beklagte die leistungen der sozialhilfe für deutsche im ausland somit zu recht gemäß § 48 abs. 1 s. 1 sgb x zum 01.10.2011 eingestellt, so kann offen bleiben, ob der anspruch der kläger nach § 24 sgb xii durch die rückkehr nach deutschland (der klägerin zu 3 am 04.11.2010 und der übrigen kläger vom 19. bis 25.08.2011) kraft gesetzes entfallen ist und es einer aufhebung der zuvor ergangenen bewilligungsbescheide nach § 48 sgb x seither nicht bedurfte. 78b) die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg und folgt der entscheidung in der sache. 79c) der senat hat die revision zugelassen, weil er der rechtssache grundsätzliche bedeutung beimisst (§ 160 abs. 2 nr. 1 sgg).
Verklagte*r
0
190,214
6 K 4183/11 K
2013-08-20T00:00:00
Urteil
Tenor Der Körperschaftsteuerbescheid für 2007 wird insoweit geändert, dass die Steuer ohne Berücksichtigung der Erträge aus den RPS i.H.v. 95 % von „…“ € und ohne Anrechnung der ausländischen Körperschaftsteuer berechnet wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.Die Berechnung der festzusetzenden Steuer wird dem Beklagten übertragen.Der Beklagte trägt 95 % und die Klägerin 5 % der Kosten des Rechtsstreites.Die Revision wird zugelassen.Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet. 1Tatbestand:2Streitig ist, ob die Einnahmen der Klägerin aus Redeemable Preference Shares (im weiteren RPS) im Streitjahr 2007 gemäß § 8b Abs. 1 Satz 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) steuerbefreit sind, weil es sich nicht um Erträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Einkommensteuergesetztes (EStG), sondern um Einkünfte im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG handelt.3Die Klägerin war im Streitjahr 2007 an der „T-Limited“ (im weiteren „T“) mit „…“ % beteiligt. Die „T“ ist eine australische Kapitalgesellschaft, die ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung in Australien hat. Als Gesellschafterin hielt die Klägerin an der „T“ sowohl Stammaktien („Ordinary Shares“) als auch RPS. „…“ Der Beteiligungsbuchwert betrug zum 31.12.2007 „…“ €. Die Beteiligungserträge betrugen im Jahr 2007 „…“ €, von denen „…“ € auf die RPS entfielen. In 2005 betrugen die Beteiligungserträge aus den RPS „…“ € und in 2006 „…“ €.4Im Geschäftsbericht der „T“ auf den 31.12.2011 werden die RPS als Kredite (borrowings) und nicht als Kapital (equity) qualifiziert. Die sog. Dividenden für die Inhaber der RPS werden als Zinsen (interest expense) und nicht als Gewinnverteilung (distribution of profits) qualifiziert.5Aus „…“ der Satzung (Constitution) der „T“ ergibt sich unter anderem, dass der Ausgabepreis jeder RPS „X“ A $ betrug. Die RPS sind gemäß „Satzung“ an eine Stammaktie gekoppelt.6Die Dividende wird gemäß „Satzung“ nach „einer bestimmten“ Formel ermittelt: „…“ Der Dividendensatz wird „nach Satzung“ mit „Y“ % festgelegt. Der Inhaber jeder RPS hat für jeden Dividendenzeitraum gemäß „Satzung“ Anspruch auf eine sog. kumulative Dividende. Kumulative Dividende bedeutet, dass, wenn die für einen Dividendenzeitraum und eine RPS festgesetzte Dividende geringer ausfällt als der Dividendenanspruch für den betreffenden Dividendenzeitraum wäre, alle für die Auszahlung von Dividenden zur Verfügung stehenden Gewinne zur Barauszahlung des Fehlbetrags (die „Dividende mit aufgeschobener Fälligkeit“) verwendet werden müssen, bevor an die Inhaber anderer, den RPS in Bezug auf einen Dividendenanspruch nachgeordnete Aktiengattungen, Dividenden ausgezahlt werden können. In Bezug auf die Auszahlung von Dividenden sind die RPS gemäß „Satzung“ rangniedriger als FLIERS jedoch ranghöher als alle anderen Kapitalanteile der Gesellschaft. Eine Dividende wird gemäß „Satzung“ nur dann (aus)gezahlt, (a) wenn die Mitglieder des Verwaltungsrats nach eigenem Ermessen entscheiden, dass eine Dividendenzahlung stattfindet und (b) für die Auszahlung einer Dividende entsprechende Mittel „legal verfügbar“ sind.7Unter der Überschrift „Rückzahlung“ ist in „Satzung“ geregelt, dass vorbehaltlich der Bestimmungen des Corporations Act die Gesellschaft jede ausgegebene RPS an ihrem jeweiligen Rückerwerbstag zurückerwerben muss. Gemäß „Satzung“ kann die Gesellschaft vorbehaltlich der Bestimmung des Corporations Act alle – nicht jedoch nur einige – RPS zurückkaufen, wenn sie die Inhaber der RPS mindestens 30 Geschäftstage im Voraus im Wege eines Mitteilungsschreibens von dieser Absicht in Kenntnis setzt. Der Rückerwerbsbetrag der RPS wird in „Satzung“ als Ausgabepreis („X“ A $, plus der Restdividende zum Rückerwerbstag, plus der Rückkaufprämie in Höhe von „Z“ A $) definiert.8Die RPS verleihen ihren Inhabern gemäß „Satzung“ kein Recht auf eine Beteiligung an Gewinnen oder den Liquidationswerten einer Gesellschaft, auch nicht an anderen Kapitalrückzahlungen, außer den Kapitalrückzahlungen bei Liquidation der Gesellschaft, es sei denn, dies ist „in“ „Satzung“ anders bestimmt. Gemäß „Satzung“ sind, nachdem eine Kapitalrückzahlung für alle den RPS nachgeordneten Aktiengattungen stattgefunden hat, die verbleibenden Vermögenswerte der Gesellschaft, die für Ausschüttungen an Aktieninhaber zur Verfügung stehen, unter den Inhabern der Stammaktien und der RPS im Verhältnis der Anzahl der ihnen gehörenden, vollständig einbezahlten Aktien aufzuteilen.9Ein Inhaber einer RPS ist gemäß „Satzung“ bei Hauptversammlungen der Gesellschaft nicht stimmberechtigt, (a) außer (solange es sich um kumulative Dividenden handelt), in dem Zeitraum, in dem eine Dividende (oder ein Dividendenteil) für die RPS im Rückstand ist, (b) außer bei der Abstimmung über Vorschläge, die die Herabsetzung des Aktienkapitals der Gesellschaft betreffen, (c) außer bei Beschlüssen, welche die Genehmigung der Bedingungen einer Rückkaufsvereinbarung betreffen, (d) außer bei der Abstimmung über Vorschläge, welche die mit den RPS verbundenen Rechte betreffen, (e) außer bei der Abstimmung über Vorschläge zur Liquidation der Gesellschaft, (f) außer bei der Abstimmung über Vorschläge, die die Veräußerung des gesamten Eigentums der Gesellschaft, ihres gesamten Geschäfts- und Unternehmensbereichs betreffen und (g) außer während der Liquidation der Gesellschaft.10In „…“ der Satzung der „T“ heißt es unter der Überschrift „Anteile“ (shares): Das Unternehmen kann Vorzugsaktien ausgeben (einschließlich Vorzugsaktien, die zurückzuzahlen sind).11In „Satzung“ der „T“ ist unter der Überschrift „Dividenden sind aus Gewinnen zu bezahlen“ geregelt: Das Unternehmen darf Dividenden nur aus Unternehmensgewinnen zahlen (einschließlich aus in die Rücklage eingestellten Gewinnen).12Unter „…“ der Satzung der „T“ heißt es: Das Unternehmen kann nach den Bestimmungen der „…“ sein Grundkapital herabsetzen: (b) durch einen Aktienrückkauf nach „Satzung“. „ Nach Satzung“ ergibt sich, dass die Rückzahlung einer rückzahlbaren Vorzugsaktie auch als Rückkauf bezeichnet wird.13Wegen der weiteren Einzelheiten der Satzung wird auf die in der Gerichtsakte abgeheftete Vertragskopie mit Übersetzung Bezug genommen.14Aufgrund einer Prüfungsanordnung vom „Monat“ 2009 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung unter anderem für die Körperschaftssteuer 2007 statt.15Die Betriebsprüfung vertrat die Auffassung, dass die aufgrund der RPS gezahlten Vergütungen keine Dividenden im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG seien, da die RPS keine Anteile am Stammkapital vermittelten. Die Proprietary Limited Company sei unstreitig mit einer deutschen Körperschaft vergleichbar. Die RPS sei aufgrund der vorliegenden vertraglichen Regelungen als Fremdkapital ähnliches Recht im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu behandeln. Es sei eine feste Verzinsung von „Y“ % bezogen auf das eingezahlte Kapital sowie die noch nicht ausgezahlte Restdividende vereinbart worden. Eine erfolgsabhängige Komponente sei in der Berechnungsformel nicht enthalten. Dass die Dividendenzahlung unter dem Vorbehalt ausreichender Mittel stehe, führe zu keiner anderen Beurteilung, da sich der Vorbehalt nicht auf das Ergebnis des Gläubigers beziehe, sondern nur auf ausreichend ausschüttbare Mittel. Dies könnten somit auch thesaurierte Gewinne und Rücklagen seien. Selbst wenn man diese Reglung als ausreichend betrachten würde, spreche gegen eine Beteiligung am Gewinn, dass die Vergütung nachzuholen sei, wenn die Gesellschaft wieder Gewinne zur Verfügung habe. Die nicht ausgezahlten Dividenden seien eine Verbindlichkeit der Gläubiger-Gesellschaft und nach der Berechnungsformel ebenfalls zu verzinsen. Die Vergütungen seien somit keine Dividenden im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, sondern Zinszahlungen im Sinn des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Dies habe zur Folge, dass § 8b Abs. 1 KStG nicht anwendbar sei. Die Betriebsprüfung kam zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Vergütungen für die RPS das Einkommen der Klägerin unter Anrechnung der ausländischen Körperschaftsteuer um „…“ € („…“€ ./. 5 % „…“€) zu erhöhen sei. Wegen der Einzelheiten der Ergebnisse der Betriebsprüfung wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 09.01.2010 Bezug genommen.16Aufgrund der Ergebnisse der Betriebsprüfung erließ der Beklagte einen gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 2007 und setzte die Körperschaftsteuer auf „…“ € fest.17Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein.18Der Einspruch wurde durch Einspruchsentscheidung vom 7. November 2011 als unbegründet zurückgewiesen.19Zur Begründung seiner Entscheidung beruft sich der Beklagte darauf, dass auf einer ersten Stufe zu prüfen sei, welcher Rechtsnatur die RPS seien, d. h., ob sie Gesellschaftsanteile oder Genussrechte darstellten. Erst wenn sie als Genussrechte einzuordnen seien, erfolge auf einer zweiten Stufe die Prüfung, ob mit ihnen das Recht am Gewinn- und Liquidationserlös an einer Kapitalgesellschaft verbunden sei, d. h., ob es sich bei den RPS um qualifizierte Genussrechte, also Genussrechte mit Beteiligungscharakter handele. Nur wenn dies nicht der Fall sei, unterlägen die Beträge der Besteuerung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.20Die RPS seien keine Gesellschaftsanteile. Sie seien keine Stammanteile, sondern an Stammanteile gekoppelt. Ohne Bedeutung sei, ob die RPS bei der ausgebenden Gesellschaft als Eigenkapital zu qualifizieren seien, da eine Abgrenzung von Anteilen von Genussrechten anhand der Qualifikation als Eigen- oder Fremdkapital nicht möglich sei. Der BFH definiere Genussrechte in seinem Urteil vom 08.04.2008 VIII R 3/5 dahingehend, dass sie dem Rechtsinhaber gegen das die Genussrechte ausgebende Unternehmen zwar schuldrechtliche Ansprüche, nicht aber gesellschaftsrechtlich geprägte Mitgliedschaftsrechte vermittle, dem Rechtsinhaber Vermögensrechte zugestanden werden, die typischer Weise nur Gesellschaftern zustehen, die Rechte in großer Zahl und nicht nur vereinzelt ausgegeben und dem Rechtsinhaber keine aktiven Mitverwaltungsrechte eingeräumt werden. Zu den Vermögensrechten gehörten insbesondere das Recht auf den anteiligen Jahresüberschuss bzw. auf den anteiligen Bilanzgewinn sowie der Anspruch auf den anteiligen Liquidationserlös. Zu den Verwaltungsrechten gehörten das Recht auf Teilnahme an der Gesellschafterversammlung unter Einschluss des Stimmrechts, das zwingende Informationsrecht des § 51a GmbH-Gesetz und das Recht von Minderheiten auf Einberufung der Gesellschafterversammlung.21Wenn man diese Grundsätze zugrunde lege, seien die RPS Genussrechte. Nach „Satzung“ habe der Inhaber der RPS die Möglichkeit, bei Hauptversammlungen anwesend zu sein. Ein Anwesenheitsrecht ohne Einschluss des Stimmrechts reiche jedoch für ein Mitgliedschaftsrecht nicht aus, da eine bloße Anwesenheitsmöglichkeit nicht die Einflussnahme auf die unternehmerischen Entscheidungen ermögliche. Ein solches Teilnahmerecht und ein eventuelles Informationsrecht könne auch Genussrechtsinhabern zustehen und sei kein Indiz für eine Qualifikation der RPS als Anteile. Zwar habe der RPS-Inhaber in Ausnahmefällen ein Stimmrecht. Solche Ausnahmen längen jedoch nur in Fällen vor, in denen durch Abstimmungen in bestimmten Situationen die mit der RPS verbundenen Vermögensrechte beschnitten werden könnten. Es handele sich nicht um aktive Mitverwaltungs- und Mitgliedschaftsrechte, sondern lediglich um Rechte zur Abwehr der Anspruchsgefährdung in bestimmten Fällen. Zur Begründung dieser Rechtsansicht beruft sich der Beklagte auf das BGH-Urteil vom 05.10.1992 II ZR 172/91. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass die RPS immer an eine Stammaktie gekoppelt sein müsse. Durch diese Regelung werde lediglich der Kreis der Inhaber der RPS eingeschränkt. Die wesentlichen Mitgliedschaftsrechte wurden nur durch die Stammaktie und nicht durch die RPS vermittelt.22Die RPS sei nicht mit stimmrechtslosen Vorzugsaktien vergleichbar. Stimmrechtslose Vorzugsaktien seien als Anteile zu qualifizieren, weil abgesehen vom Stimmrecht alle weiteren Mitgliedschaftsrechte durch die Anteile gewährt werden (§ 140 Abs. 1 Aktiengesetz). Dies sei bei den RPS nicht der Fall. Es sei nicht ersichtlich, dass die RPS beispielsweise in irgendeiner Weise zur Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen berechtigten. Auch ein Recht auf Einberufung der Gesellschafterversammlung sei mit ihnen nicht verbunden. Ebensowenig sei ein Informationsrecht erkennbar.23In der zweiten Stufe sei zu prüfen, ob das Genussrecht mit einem Recht am Gewinn und Liquidationserlös verbunden sei. Nach „Satzung“ verliehen die RPS kein Recht auf die Beteiligung an Gewinnen oder den Liquidationswerten mit Ausnahme der Kapitalrückzahlungen.24Unter Beteiligung am Gewinn sei jede erfolgsabhängige Vergütung für die Überlassung des Genussrechtskapitals zu verstehen. Eine Beteiligung am Gewinn liege auch dann vor, wenn teilweise eine feste Vergütung (Prozentverzinsung) und daneben eine gewinnabhängige Vergütung gewährt werde. Dabei müsse die erfolgsabhängige Vergütung im Vordergrund stehen. Im Streitfall setze sich die Vergütung aus einer „Y“ %igen festen Verzinsung sowie einer Sondervergütung, die im Ermessen des Verwaltungsrates liege, zusammen. Beide Bestandteile seien nicht vom jeweiligen Gewinn abhängig. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei die Vergütung nicht schon deshalb gewinnabhängig, weil die Auszahlung unter dem Vorbehalt des Vorhandenseins von entsprechenden Mitteln stünde. Im Streitfall sei der Vergütungsanspruch in keiner Weise durch den Gewinn beeinflusst. Beeinflusst werde lediglich der Auszahlungszeitpunkt. Der Anspruch entstehe im jeweiligen Jahr und werde bei Nichtauszahlung als Verbindlichkeit bei der Gesellschaft verbucht. Auch für den Fall, dass bis zur Auflösung der Gesellschaft niemals genügend Mittel für die Auszahlung zur Verfügung stünden, ergebe sich nichts anderes. In diesem Fall würde sich lediglich das wie bei jeder Kapitalanlage grundsätzlich bestehende Ausfallrisiko realisieren. Die RPS seien somit lediglich als sonstige Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG anzusehen, so dass § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG nicht zum tragen komme.25Die Klägerin hat am 2. Dezember 2011 Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid und den Bescheid über den Solidaritätszuschlag für 2007 erhoben.26Sie meint, dass mit der vorliegenden Klage ausschließlich die Körperschaftsteuer 2007 und nicht auch der Solidaritätszuschlag 2007 angefochten werde.27Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfüllt sei. Die „T“ sei eine mit der deutschen GmbH vergleichbare ausländische Kapitalgesellschaft (BMF Schreiben vom 24.12.1999, BStBl I 1999, 1076 Tabelle 1).28Die RPS vermittelten sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich eine Mitgliedschaft an der „T“. Mitgliedschaft sei die Zusammenfassung aller Rechten und Pflichten des Gesellschafters aus dem Gesellschaftsverhältnis, deren Verkörperung durch den Geschäftsanteil erfolge. Es gebe eine Vielzahl von Vermögens- und Verwaltungsrechten bzw. -pflichten. Zu den Vermögensrechten zählten beispielsweise das Gewinnbezugsrecht und das Recht auf den Liquidationserlös, zu den Verwaltungsrechten das Teilnahmerecht an Gesellschafterversammlungen sowie das Stimmrecht. Einzelne Rechte und Pflichten könnten eingeschränkt oder auch völlig ausgeschlossen werden, ohne dass die körperschaftsrechtliche Mitgliedschaft an der Kapitalgesellschaft entfalle. So stehe nach der Rechtsprechung des BGH der gleichzeitige Ausschluss von Gewinnbezugsrecht und Stimmrecht der Mitgliedschaft an einer GmbH nicht entgegen, sofern neben dem Recht auf Liquidationserlös sonstige Mitwirkungsrechten wie zum Beispiel das Recht auf Teilnahme an der Gesellschafterversammlung bestehen bleibe (BGH-Urteil vom 14.07.1954 II ZR 342/53, NJW 1954, 1563).29„…“ der Satzung der „T“ bestimme die wesentlichen mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten der Klägerin aus den RPS. Wesentliche Vermögensrechte seien das „Gewinnbezugsrecht“ und das Recht auf den Liquidationserlös. Nach „Satzung“ stünden der Klägerin Gewinnbezugsrechte zu. Die Gewinnbezugsrechte gliederten sich in „Dividenden“ und „Sonderdividenden“. Der Verwaltungsrat entscheide gemäß „Satzung“ nach eigenem Ermessen darüber, ob und in welcher Höhe Gewinnausschüttungen erfolgten. Sei kein ausschüttungsfähiger Gewinn vorhanden, könne der Verwaltungsrat gemäß „Satzung“ keine Gewinnausschüttung beschließen. Ausschüttungen der „T“ seien somit vom Vorliegen eines ausschüttungsfähigen Gewinns abhängig. Dem stehe nicht die Regelung über die Berechnung der Gewinnausschüttung entgegen. Nach „Satzung“ erfolge die Berechnung der Gewinnausschüttungen - unter der Voraussetzung, dass der Verwaltungsrat eine Gewinnausschüttung beschließe und ein ausschüttungsfähiger Gewinn vorhanden sei - nach einer gesellschaftsvertraglich festgelegten Formel. Diese Formel gelte jedoch nicht für die „Sonderdividenden“. Die Höhe der Sonderdividenden bestimme der Verwaltungsrat nach eigenem Ermessen. Entgegen der Ansicht des Beklagten entstehe der Anspruch auf Gewinnausschüttung nicht automatisch im jeweiligen Jahr nach der Regelung der zugrundegelegten Formel und werde auch nicht bei Nichtauszahlung als Verbindlichkeit bei der „T“ verbucht. Die Regelung in „Satzung“ besage lediglich, dass „festgestellte, jedoch nicht ausbezahlte Dividenden für die Gesellschaft eine Verbindlichkeit“ darstellten. Diese Regelung beschreibe den auch im deutschen Recht bestehenden Grundsatz, dass mit Gewinnausschüttungsbeschluss ein vom Mitgliedschaftsrecht isolierter schuldrechtlicher Anspruch auf Gewinnauszahlung entstehe.30Weiteres wesentliches Vermögensrecht der Klägerin sei das Recht auf den Liquidationserlös. Nach „Satzung“ erhielten die Inhaber der RPS eine Barauszahlung in Höhe des „Rückerwerbsbetrages“. Der Rückerwerbsbetrag setzte sich zusammen aus dem Ausgabepreis der RPS zzgl. noch nicht beschlossener, aber nach „Satzung“ ermittelter Beträge und einer „Rückkaufprämie“ i.H.v. „Z“ A$ je Anteil. Zudem hätten die Inhaber von RPS im Anschluss an die Befriedigung sonstiger Anteilsgattungen zusammen mit den Inhabern von „Stammaktien“ das Recht auf das verbleibende Vermögen nach dem Verhältnis ihrer vollständig einbezahlten Geschäftsanteile („Satzung“). Reiche das Vermögen für eine Verteilung nach „Satzung“ nicht aus, haben die Inhaber der RPS einen Anspruch auf einen entsprechend geringeren Anteil am Liquidationserlös („Satzung“). Die Regelung des „Satzung“) entspreche dem Grundgedanken des § 72 Satz 1 GmbHG, danach werde das Vermögen der Gesellschaft unter den Gesellschaftern nach dem Verhältnis ihrer Geschäftsanteile verteilt. Die Regelung in „Satzung“ stehe der Annahme des Rechts auf Liquidationserlös ebenfalls nicht entgegen. Sie entspreche der Regelung in § 72 Satz 2 GmbHG, wonach der Gesellschaftsvertrag ein anderes Verhältnis für die Verteilung des Liquidationsvermögens bestimmen könne.31Die RPS vermittelten der Klägerin auch wesentliche Verwaltungsrechte. Nach der Regelung in „Satzung“ dürfe die Klägerin an jeder Hauptversammlung teilnehmen. Darüber hinaus habe die Klägerin ein Teilnahmerecht an außerordentlichen Gesellschafterversammlungen nach „Satzung“. Der Klägerin stünden auch wesentliche Stimmrechte zu. Vollumfängliche Stimmrechte bestünden in der Hauptversammlung, wenn Gewinnausschüttungen an die Klägerin im Rückstand seien („Satzung“) oder wenn sich die Gesellschaft in Liquidation befinde („Satzung“). Darüber hinaus stünden der Klägerin in der Hauptversammlung Stimmrechte bei grundlegenden Beschlüssen zu, die Kapitalherabsetzungen, Bedingungen der Rückkaufvereinbarung, Rechte bezogen auf die RPS, Vorschläge zur Liquidation der Gesellschaft, die Veräußerung des Eigentums, des Betriebs- oder des Unternehmens beträfen („Satzung“). Besondere Stimmrechte in außerordentlichen Gesellschafterversammlungen stünden der Klägerin nach „Satzung“ zu, wenn „Dividenden“ oder Sonderdividenden noch nicht ausbezahlt worden seien bzw. Differenzbeträge zwischen den Beträgen nach der zugrunde gelegten Formel und der tatsächlichen Gewinnausschüttung bestünden. Weitere besondere Stimmrechte bestünden nach der Regelung in „Satzung“ bei der Ausgabe oder Umwandlung von Gesellschaftsanteilen. Nach der Regelung in „Satzung“ dürften durch die Ausgabe von Vorzugsgeschäftsanteilen die Rechte der Inhaber der RPS nicht beeinträchtigt werden. „Satzung“ diene dem Schutz der Mitgliedschaftsrechte der Klägerin und entspreche dem Verständnis des deutschen Gesellschaftsrechts, wonach in den Kernbereich der Mitgliedschaft nicht eingegriffen werden dürfe. Entgegen der Auffassung des Beklagten seien die gewährten Stimmrechte nicht lediglich als „Annex zu den gewährten Verwaltungsrechten“ zu qualifizieren. Stimmrechte seien klassische Verwaltungsrechte. Die vorliegenden Beschränkungen der Stimmrechte stünden einer Mitgliedschaft der Klägerin an der „T“ nicht entgegen. Gesellschaftsrechtlich könne die Satzung einer GmbH sogar stimmrechtslose Gesellschaftsanteile schaffen. Weiteres Recht der Klägerin sei das Recht auf freie Übertragbarkeit der RPS. Die freie Übertragbarkeit unterliege nach der Regelung in „Satzung“ lediglich der Bedingung, dass mit den RPS auch die an diese gekoppelten „Stammaktien“ übertragen werde.32Die Mitgliedschaft der Klägerin an der „T“ vermittle auch eine kapitalmäßige Beteiligung an dieser. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH gehörten die nicht in § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG genannten Gesellschaften nur dann zu Körperschaften im Sinne dieser Vorschrift, wenn die Mitgliedschaftsrechte des Gesellschafters einer kapitalmäßigen Beteiligung gleich stehen. Unter welchen Umständen eine kapitalmäßige Beteiligung vorliege, bestimme eine Gesamtbetrachtung im Einzelfall. Indizien für eine kapitalmäßige Beteiligung seien beispielsweise die Übertragbarkeit der Beteiligung oder auch die Vermögensrechte, an Gewinnausschüttungen oder an der Auskehrung des Liquidationsvermögens beteiligt zu sein (BFH-Urteile vom 16.12.1992 I R 32/92, BStBl II 1993, 399, vom 15.11.1994 VIII R 74/93 BStBl II 1995, 315). Wie bereits dargelegt worden sei, vermittelten die RPS der Klägerin sämtliche dieser Rechte. Weiteres Indiz für das Bestehen einer kapitalmäßigen Beteiligung sei die Begründung der Mitgliedschaft auf Grund einer Einlage des Gesellschafters, die bei der Gesellschaft als Eigenkapital zu qualifizieren sei (BFH-Urteil vom 16.12.1992, I R 32/92, BStBl II 1993, 399). Die Pflicht zur Einlage sei eine wesentliche körperschaftsrechtliche Vermögenspflicht des Gesellschafters. Nach dem BFH-Urteil vom 30.05.1990 I R 97/88, BStBl II 1990, 875 setzte die Annahme von Eigenkapital bei einer ausländischen Kapitalgesellschaft voraus, dass 1. die Zuführung des einlagefähigen Vermögenswerts von einem Gesellschafter vorgenommen werde, 2. durch die Zuführung gebundenes Kapital entstehe, d. h. solches, dass einer freien Kreditkündigung entzogen sei, und 3. durch die Zuführung haftendes Kapital entstehe, d. h. solches bezüglich dessen Ansprüche in der Insolvenz der Gesellschaft nicht geltend gemacht werden könnten. Im Streitfall seien auf Grund des für die „T“ geltenden australischen Gesellschaftsrechts und insbesondere auch nach dem auf dieser Basis geschlossenen Gesellschaftsvertrag sämtliche Voraussetzungen erfüllt. Nach „Satzung“ habe die Klägerin pro RPS „X“ A$ an die „T“ zu leisten. Mit der Einlage des Geldes werde dieses gebundenes Kapital. Als gebundenes Kapital seien die zugeführten Vermögenswerte der freien Kreditkündigung entzogen. Der Klägerin stehe als Inhaberin der RPS kein einem Darlehenskündigungsrecht vergleichbares Kündigungsrecht zu. Der Annahme gebundenes Kapitals stehe nicht entgegen, dass die RPS übertragen werden könnten oder unter den Voraussetzungen der Regelung „Satzung“ nach 30 Jahren bzw. der Regelung „Satzung“ auf Verlangen der „T“ auf die „T“ übertragen bzw. von dieser eingezogen werden könnten. Auch nach deutschem Gesellschaftsrecht könnten Gesellschaftsanteile eingezogen werden (§ 34 GmbHG). Auch die nach der Satzung einziehbaren Anteile einer GmbH seien Anteile, die Mitgliedschaftsrechte gewähren. Ferner sei eine Auflösung der GmbH durch Zeitablauf oder aus sonstigen Gründen möglich. Schließlich entstehe durch die Einlage auch haftendes Kapital. Der Gesellschaftsvertrag enthalte keine Regelung, die eine von „Stammaktien“ abweichende gesetzliche Haftung bestimme.33Entgegen der Ansicht des Beklagten stehe der Beurteilung der Dividenden als Gewinnanteile i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht entgegen, dass die Höhe der Dividenden nach der dort zugrunde gelegten Formel berechnet werde. Auch ein nach deutschem Recht geschlossener Gesellschaftsvertrag könne besondere Regelungen über die Gewinnverteilung enthalten. Für die GmbH gelte § 29 Abs. 3 Satz 2 GmbHG. Danach könnten auch fixe Gewinnbezugsrechte vereinbart werden, so lange die Gewinnausschüttungen aus dem ausschüttungsfähigen Gewinn erfolgten. Der zivilrechtlichen Betrachtungsweise folge das Steuerrecht im Rahmen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise jedenfalls bei Kapitalgesellschaften.34Außerdem ist die Klägerin der Auffassung, dass die vorliegende gesellschaftsvertragliche Struktur der RPS mit Vorzugsaktien ohne Stimmrecht i.S.d. § 139 ff Aktiengesetz (AktG) vergleichbar sei. Nach §§ 139 ff AktG begründeten stimmrechtslose Vorzugsaktien eine Mitgliedschaft und nicht lediglich Gläubigerrechte an der Gesellschaft. Der Inhaber der Vorzugsaktie erhalte gegen Verzicht auf sein Stimmrecht einen Vorzug bei der Verteilung und Ausschüttung des Gewinns. Das Teilnahmerecht an der Hauptversammlung bleibe bestehen. Die Höhe des Gewinnbezugsrechts sei frei gestaltbar. Die Satzung könne auch Festbeträge vorsehen. Reiche der ausschüttungsfähige Gewinn nicht aus, habe der Inhaber der Vorzugsaktie das Recht auf Nachzahlung in den Folgejahren. Werde der Vorzugsbetrag in einem Jahr nicht oder nicht vollständig gezahlt und der Rückstand im nächsten Jahr nicht neben dem vollen Vorzug dieses Jahres nachgezahlt, lebe das Stimmrecht der Vorzugsaktionäre bis zur Zahlung der Rückstände auf (§ 140 Abs. 2 AktG). Stimmrechtslose Vorzugsaktien nach §§ 139 ff AktG seien Aktien i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Der Vergleichbarkeit der RPS mit stimmrechtslosen Vorzugsaktien stehe nicht entgegen, wenn einzelne Mitgliedschaftsrechte der Klägerin beschränkt seien. Beurteilungsgegenstand sei vorliegend nicht eine Aktiengesellschaft nach deutschem Aktienrecht. Beurteilungsgegenstand sei vielmehr eine Kapitalgesellschaft australischen Rechts, deren steuerrechtliche Einordnung nach steuerrechtlichen Maßstäben zu erfolgen habe. Die Vergleichbarkeit der gesellschaftsvertraglichen Struktur der RPS mit stimmrechtslosen Vorzugsaktien sei ein Indiz für die Qualifizierung der Gewinnausschüttungen der „T“ als Gewinnanteile i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG.35Da die RPS Mitgliedschaftsrechte und damit Anteile gewähre, komme es entgegen der Auffassung des Beklagten nicht darauf an, ob sie als Eigenkapitalgenussrechte i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu qualifizieren seien. Danach gehörten zu den Einkünften aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG auch Gewinnanteile aus Genussrechten, sofern mit diesen das Recht am Gewinn und Liquidationserlös einer Kapitalgesellschaft verbunden sei. Beteiligung am Gewinn sei jede erfolgsabhängige Vergütung. Bezugsgröße könne jede auf das Ergebnis der Kapitalgesellschaft bezogene Bemessungsgrundlage sein. Dies könne nicht nur der Jahresüberschuss oder der Bilanzgewinn, sondern beispielsweise auch der ausschüttungsfähige Gewinn sein. Dabei sei eine feste Verzinsung möglich (BFH-Urteil vom 28.06.1990 I 85/60, HFR 1961, 13). § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ziele auf die Gleichstellung des schuldrechtlichen Eigenkapitalgenussrechts mit der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Charakteristikum von Genussrechten sei, dass dem Genussrechtsinhaber mitgliedschaftliche Verwaltungsrechte, insbesondere Stimmrechte, nicht übertragen werden. Im Streitfall seien in jedem Fall die Voraussetzungen eines Eigenkapitalgenussrechts erfüllt. Die RPS vermittelten der Klägerin sowohl das Recht am Liquidationserlös beteiligt zu sein, als auch ein Gewinnbezugsrecht. Bemessungsgrundlage des Gewinnbezugsrechts aus den RPS sei der ausschüttungsfähige Gewinn der „T“. Der Annahme einer Gewinnbeteiligung stehe nicht entgegen, dass die Höhe des auszuschüttenden Gewinns nach der Formel des „Satzung“ berechnet werde, dies sei auch ausdrückliche Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 15.12.1994 zu 8a KStG a.F., BStBl I 1995, S. 25 ff Tz. 55). Die Höhe des maximalen Ausschüttungsbetrages werde stets durch den ausschüttungsfähigen Gewinn nach „Satzung“ begrenzt. Insofern diene die unter „Satzung“ zugrunde gelegte Formel lediglich dazu, die Höhe des tatsächlichen Ausschüttungsbetrages zu begrenzen. Eine erfolgsunabhängige Vergütung bestimme die Satzung der „T“ nicht.36Nur wenn entsprechende Mittel für die Auszahlung einer Dividende legal verfügbar seien, also ein ausschüttungsfähiger Gewinn vorliege, könne der Verwaltungsrat Gewinnausschüttungen beschließen. Der Beschluss über die Gewinnausschüttungen stehe im freien Ermessen des Verwaltungsrats. Beschließe der Verwaltungsrat keine Gewinnausschüttung, erhielten die Inhaber der RPS keine „Dividende“ oder „Sonderdividende“. Der Gesellschaftsvertrag enthalte keine Regelung, die den Verwaltungsrat zu einem Beschluss von Gewinnausschüttungen verpflichte. Von dem Beschluss einer Gewinnausschüttung sei die Höhe der Gewinnausschüttung abzugrenzen. Die Höhe der Gewinnausschüttung bemesse sich entweder nach freiem Ermessen des Verwaltungsrates („Sonderdividenden“, „Satzung“) oder nach der im „Satzung“ zugrunde gelegten Formel. Zwar liege die Höhe der Berechnung der „Dividende“ nicht im Ermessen des Verwaltungsrates. Aber nur sofern ein ausschüttungsfähiger Gewinn vorliege, könnten bis zur Höhe des ausschüttungsfähigen Gewinns Gewinnausschüttungen beschlossen werden. Dadurch werde die „Dividende“ zu einem Teilhaberrecht des Inhabers der RPS am Gewinn der „T“. Entscheidend für das Merkmal der Gewinnabhängigkeit sei, dass die Gesellschaft nicht belastet werde, wenn kein Bilanzgewinn ausgewiesen werde. Es komme darauf an, dass der erzielte handelsrechtliche Gewinn zwischen Genussrechtsinhaber (hier Vorzugsaktionär) und Gesellschafter (hier Stammaktionär) aufgeteilt werde und eine vom Vorliegen des Bilanzgewinns unabhängige Verzinsung der Einlage nicht vorgesehen sei.37Entgegen der Ansicht des Beklagten stünden der Klägerin auch Informationsrechte zu. Nach der Regelung in „Satzung“ dürfe der Inhaber der RPS an jeder Hauptversammlung des „T“ teilnehmen. Dem Inhaber der RPS stehe auch das Recht auf Einberufung von Gesellschafterversammlung zu. Dies ergebe sich aus der Regelung „…“ des Gesellschaftsvertrages. Danach könne der Inhaber von RPS nach den Grundsätzen des australischen Gesellschaftsrechts immer dann Gesellschafterversammlung einberufen, wenn in der Gesellschafterversammlung Themen behandelt werden, bezüglich derer der Inhaber der RPS Stimmrechte habe. Bezüglich der Art und Weise der Einberufung von Gesellschafterversammlungen verweise die Regelungen in Ziffer „…“ des Gesellschaftsvertrages auf die Regelung des australischen Corporations Act (§§ 249 D, 249 F und 249 G). Ferner habe der Inhaber der RPS auch das Recht, Gesellschafterbeschlüsse anzufechten. Das Anfechtungsrecht bestehe nach den Regelungen des australischen Gesellschaftsrechts dann, wenn der Inhaber der RPS an den anzufechtenden Gesellschafterbeschlüssen teilnehmen konnte, ihm also diesbezüglich ein Stimmrecht zugestanden habe.38Die Inhaber der RPS seien auch Members der Gesellschaft im Sinne des australischen Gesellschaftsrechts. Nach der Satzung der „T“ sei ein Inhaber der RPS berechtigt, am „General meeting of the Company“ teilzunehmen. „…“ der Satzung sei überschrieben mit „…“ und „…“ spreche vom „Annual general meeting“, an welchem aber nach „Satzung“ die Inhaber der RPS gerade teilnehmen können. Nach der Definition in „…“ der Constitution sei ein „Member“ jede Person, die als Inhaber eines Anteils (shares) registriert sei. Die Satzung treffe keine Unterscheidung danach, ob es sich um ordinary oder preferred shares, also Stammanteile oder Vorzugsanteile, handele. Gerade diese typischen Mitgliedschaftsrechte, Teilnahme an der Gesellschafterversammlung und damit auch das verbundene Anfechtungsrecht der Beschlüsse, könnten einem Genussrechtsinhaber nicht eingeräumt werden und seien Merkmale für die Gesellschafterstellung.39Entgegen der Ansicht des Beklagten erhielten die RPS-Inhaber im Rahmen einer Liquidation zum einen den Nominalbetrag der RPS zzgl. noch ausstehender Dividende und zzgl. eines Aufschlags von „Z“ A$ pro RPS, sofern der Liquidationserlös dafür ausreiche, und zum anderen von einem verbleibenden Liquidationsüberschuss nach Rückzahlung des Nennbetrags der ordinary shares einen quotalen Anteil an dem Liquidationsüberschuss berechnet nach dem Anteil am gesamten Nennkapital (gemäß „…“ der Satzung der „T“).40Wenn der Beklagte behaupte, die mangels eines Bilanzgewinns nicht gezahlte Dividende in Höhe eines Zinssatzes auf den Nominalbetrag sei nur ein Aufschub der Fälligkeit und bei der „T“ schon eine Verbindlichkeit, so finde dies in den Statuten der Gesellschaft keine Stütze. Denn nach „Satzung“ sei die Ausschüttung davon abhängig, dass eine Dividende von den Directors „declared“ (beschlossen) werde und ein entsprechender Bilanzgewinn vorhanden sei. „Satzung“ spreche ausdrücklich davon, dass Dividenden aus Gewinnrücklagen gezahlt werden können.41Die Klägerin erläutert, warum die RPS im Geschäftsbericht der „T“ als Kredite (borrowings) bezeichnet werden, wie folgt: Nach dem australischen Zivilrecht stellten die RPS einen Geschäftsanteil (share) der Gesellschaft dar. In einem Schreiben der Rechtsanwälte „H“ und „U“ wird erläutert, dass gemäß § 254 H (1) des Corporations Act Gesellschaften die Möglichkeit haben, rückzahlbare Vorzugsanteile auszugeben. Der Begriff „Vorzugsanteil“ werde im Coporations Act nicht definiert. Er werde generell für einen Anteil benutzt, der irgendeine Art von Vorzug oder Vorrang über eine andere Klasse von Anteilen gewähre, insbesondere in Bezug auf Kapitalrückzahlung, auf den Vermögensüberschuss oder Gewinnüberschuss, kumulative und nicht kumulative Dividenden und Stimmrecht sowie Vorrang in Bezug auf Zahlung von Kapitaldividenden im Verhältnis zu anderen Anteilen oder Klassen von Anteilen. Ein rückzahlbarer Vorzugsanteil sei nach dem Corporations Act eindeutig ein Anteil am Kapital der ausgebenden Gesellschaft. Ein rückzahlbarer Vorzugsanteil könne für australische steuerliche Zwecke wie Fremdkapital behandelt werden, wenn er bestimmte fremdkapitalmäßige Eigenschaften habe, dies ändere aber nichts daran, dass ein rückzahlbarer Vorzugsanteil gesellschaftsrechtlich nach dem Corporations Act ein Anteil am Eigenkapital der Gesellschaft sei. Bilanzrechtlich sei für den Ausweis im Geschäftsbericht der „T“ der IAS Standard 32.18 (a) zu beachten. Der IAS Standard 31.18 bestimme ex Definitionen, dass ein Finanzinstrument, das zu einem bestimmten Zeitpunkt vom Emittenten zurückgekauft werden müsse, als eine finanzielle Verbindlichkeit ausgewiesen werden müsse. Auf Grund dieser Regelung sei das RPS-Kapital im Geschäftsbericht der „T“ als Verbindlichkeit ausgewiesen worden. Nach australischem Steuerrecht seien die Voraussetzungen für das Vorliegen von Fremdkapital bereits dann erfüllt, wenn die empfangene Gesellschaft verpflichtet sei, die ihr zur Verfügung gestellten Mittel an den Geldgeber bei einer Einziehung (Redemption) zurückzuzahlen. Auf Grund dieses Verständnisses von Fremdkapital seien die RPS ex definitione für australische steuerliche Zwecke als Fremdkapital zu behandeln. Zusammenfassend sei festzustellen, dass dem australischen Recht ein vom deutschen Recht abweichendes, viel weiteres Verständnis von „debts“ und „borrowings“ für bestimmte steuerliche und finanzielle Zwecke zugrunde liege. Aus deutscher steuerlicher Sicht komme es hingegen maßgeblich auf das australische Gesellschaftsrecht an, weil der Gesellschaft hiernach auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage einlagefähige Vermögensgegenstände zugeführt werden, durch die haftendes Kapital entstehe. Danach seien die RPS mangels Kündigungsrechts durch den Gesellschafter als Anteile i.S.d. § 8 b KStG anzusehen (BFH-Urteil vom 30.05.1990 I R 97/88, BStBl II 1990, 875). Auf ein divergierendes Verständnis von Fremd- und Eigenkapital bei hybriden Finanzinstrumenten weise auch der Bundesrat für Zwecke der Einführung des sog. Korrespondenzprinzips in § 8 b Abs. 1 KStG n.F. hin (BR-Drucksache 302/1/12). Dies ändere jedoch nichts daran, dass die australischen RPS sowohl nach australischem Zivilrecht als auch nach deutschem Recht als Geschäftsanteil gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG und damit gemäß § 8 b Abs. 1 KStG einzuordnen seien.42Die Regelung in „…“ der Satzung der „T“, das die Auszahlung einer Dividende von legal verfügbaren Mitteln abhängt, erläutert die Klägerin wie folgt: Für die Auszahlung einer Dividende seien nach Maßgabe der Satzung und den Vorschriften des australischen Corporations Act nur Mittel verfügbar, die aus Gewinnen der Gesellschaft stammen. Die Klausel „…“ der „T“ Satzung, die unabhängig von den einschlägigen Bestimmungen des Corporations Act Regelungswirkung entfalte, schließe es aus, dass die Gesellschaft Dividenden aus dem Aktienkapital im Wege der Kapitalherabsetzung ausschütte. In einem Schreiben der Rechtsanwälte „H“ und „U“ wird der Terminus „funds legally available for the payment of dividends“ dahingehend erläutert, dass in § 254 T des Corporations Act bis 2010 geregelt worden sei, dass eine Dividende nur aus Gewinnen der Gesellschaft ausgezahlt werden könne (a dividend may only be payed out of profits of the company). Unabhängig von der Regelung im Corporations Act regele die „T“ Satzung in „…“, dass die Gesellschaft außer aus Gewinnen der Gesellschaft keine Dividende zahlen dürfe (dies gelte auch für Gewinne, die in eine Rücklage eingestellt worden seien). Ein Beschluss des Vorstands hinsichtlich der Höhe der Gewinne der Gesellschaft und dem Betrag, der für Dividenden zur Verfügen stehe, sei bindend. Zusammenfassend sei festzustellen, dass Mittel im Sinne der Klausel „der Satzung“ der „T“ dann als Dividende ausschüttbar seien, wenn die Dividende aus Gewinnen gezahlt werde, die der Vorstand der „T“ beschlossen habe und die in § 254 T des Corporations Act 2001 enthaltenen Kriterien erfüllt seien.43Die Klägerin beantragt,441. den Bescheid für Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag für 2007 insoweit zu ändern, dass die Steuern und der Zuschlag ohne Berücksichtigung der Erträge aus den RPS i.H.v. 95 % von „…“ € und ohne Anrechnung der ausländischen Körperschaftsteuer berechnet wird,452. hilfsweise, die Revision zuzulassen,463. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären.47Der Beklagte beantragt,48die Klage als unbegründet abzuweisen,49hilfsweise, die Revision zuzulassen.50Zur Begründung eines Antrags beruft sich der Beklagte darauf, dass der Dividendensatz von „Y“ Prozent faktisch eine Festverzinsung darstelle, welche aber erst bei entsprechenden Gewinnen fällig werde („Dividende mit aufgeschobener Fälligkeit“). Es bestehe kein gewinnabhängiger Vergütungsanspruch. Die Vergütung sei zwar in Höhe des Gewinns gedeckelt, es liege aber kein anteiliges Recht am Gewinn der Gesellschaft, sondern eine feste Vergütung von „Y“ Prozent vor.51Da ein Recht am Gewinn und am Liquidationserlös auch regelmäßig dem Genussrechtsinhaber zustehe, seien diese Rechte für die Abgrenzung zwischen Gesellschaftsanteilen und Genussrechten von untergeordneter Bedeutung.52Entscheidend für die Abgrenzung zwischen Gesellschaftsanteilen und Genussrechten seien die bestehenden Verwaltungsrechte. Als wichtigste Rechte seien das Recht auf Teilnahme an der Gesellschafterversammlung unter Einschluss des Stimmrechts, das Recht von Minderheiten auf Einberufung von Gesellschafterversammlungen und das Informationsrecht nach § 51 a GmbHG zu nennen. Stimmrechte stünden dem Inhaber der RPS grundsätzlich nicht zu. Die in bestimmten Einzelfällen bestehenden Stimmrechte gewährten kein aktives Mitverwaltungsrecht, sondern sicherten lediglich die Vermögensrechte. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die RPS nach der Regelung in „…“ des Vertrages vorzeitig zurückerworben werden könnten. Dies zeige, dass kein dauerhaftes Mitgliedschaftsrecht an der Gesellschaft bestehe. Auch bei einem Recht der Inhaber der RPS zur Einberufung der Gesellschafterversammlung seien die RPS nicht als Gesellschaftsanteile, sondern als Genussrechte zu qualifizieren.53Mit den stimmrechtslosen Vorzugsaktien seien die RPS nicht zu vergleichen, da bei Vorzugsaktien außer dem fehlenden Stimmrecht alle Verwaltungsrechte uneingeschränkt dem Vorzugsaktieninhaber zustünden.54Entscheidungsgründe:55Die ausweislich Seite 3 der Klageschrift erhobene Klage bezüglich des Solidaritätszuschlages ist unzulässig.56Betreffen Einwendungen einer Kapitalgesellschaft ausschließlich die Ermittlung ihres Gewinns als Grundlage ihres zu versteuernden Einkommens, ist insoweit der Körperschaftsteuerbescheid Grundlagenbescheid für die Festsetzung des Solidaritätszuschlags. Die diesbezüglichen Einwendungen können deshalb nur im Rechtsbehelfsverfahren gegen den Körperschaftsteuerbescheid als Grundlagenbescheid, nicht aber im Verfahren gegen den Folgebescheid geltend gemacht werden (BFH-Urteil vom 12.7.2012 I R 23/11, BFHE 238, 344, HFR 2012, 1186).57Die Klage bezüglich des Körperschaftsteuerbescheides ist begründet.58Der Beklagte hat zu Unrecht die Einnahmen der Klägerin aus den RPS nicht als Gewinnanteile aus Aktien im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder zumindest als Genussrechte im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, mit denen sowohl ein Recht am Liquidationserlös als auch ein Recht am Gewinn einer Kapitalgesellschaft verbunden ist, anerkannt.59Nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG bleiben bei der Einkommensermittlung Bezüge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchstabe a EStG außer Ansatz. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören u. a. Gewinnanteile (Dividenden), Ausbeuten und sonstige Bezüge aus Aktien und Genussrechten, mit denen das Recht am Gewinn und Liquidationserlös einer Kapitalgesellschaft verbunden ist.601. Gewinnanteile und sonstige Bezüge aus Aktien im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind nach der Rechtsprechung des BFH alle Zuwendungen in Geld oder Geldeswert, die dem Gesellschafter - entweder von der Kapitalgesellschaft selbst oder von einem Dritten - aufgrund seines Gesellschaftsverhältnisses zufließen, soweit die Vorteilszuwendungen nicht als Kapitalrückzahlung zu werten sind. Unerheblich ist, ob die Bezüge zu Lasten des Gewinns oder zu Lasten der Vermögenssubstanz der Gesellschaft geleistet werden; auch kommt es nicht darauf an, in welche zivilrechtliche Form die Vorteilsgewährung gekleidet ist. (BFH-Urteil vom 6.6.2012 I R 6, 8/11, I R 6/11, I R 8/11, BFHE 237, 346, BStBl II 2013, 111). Zuwendungen sind durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, wenn nur Gesellschafter diese erhalten können. Das Stammrecht, aus dem sich der Ertrag ableitet, muss die Beteiligung am Gesellschaftskapital sein, so dass der Ertrag eine Eigenkapitalverzinsung verkörpert.61Unter den Begriff "Kapitalgesellschaft" im Sinn des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG fallen nicht nur nach deutschem Recht errichtete Gesellschaften, sondern auch ausländische Rechtsgebilde, die z. B. ihrer inneren Struktur nach einer nach deutschem Aktienrecht errichteten Aktiengesellschaft im Wesentlichen entsprechen. Bei dem Vergleich ist darauf abzustellen, ob die ausländische Personenvereinigung wie eine juristische Person körperschaftlich strukturiert ist und ob die Beteiligung an ihr (abstrakt gesehen) das Vermögensrecht mitumfasst, an Gewinnausschüttungen und an der Auskehrung des Liquidationsvermögens beteiligt zu werden. Unerheblich ist dagegen, ob die Personenvereinigung im Ausland als Körperschaft oder als Mitunternehmerschaft besteuert wird und ob das ausländische Recht ihr eigene Rechtsfähigkeit zuerkennt (BFH-Urteil vom 16.12.1992 I R 32/92, BFHE 170, 354, BStBl II 1993, 399). Ob die Zuwendungen der „T“ Gewinnanteile oder sonstige Bezüge aus Aktien sind, ist nach deutschem Steuerrecht zu bestimmen (BFH-Urteil vom 3.2.1988 I R 134/84, BFHE 153, 14, BStBl II 1988, 588; Wassermeyer in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 20 Rdnr. C 6 m. w. N.).62Bei der „T“ handelt es sich um eine public company limited by shares, die mit der deutschen Aktiengesellschaft vergleichbar ist (BMF-Schreiben vom 24.12.1999 IV B 4-S 1300-111/99, B/3-1-391/99 S-1300, S 1300-85-33 21, S 1300-72-St 221, BStBl I 1999, 1076 Anlage Tabelle 1). Bei einer public company folgt nach dem Gesellschaftsnamen das Wort Limited. Bei einer privat company oder proprietary company, die mit einer GmbH vergleichbar ist, folgen die Worte Ptv Limited oder Pty Limited nach dem Gesellschaftsnamen (vgl. Kobras, Unternehmensformen in Australien – ein allgemeiner Überblick, Rz. 4).63Nicht nur die ordinary shares, sondern auch die RPS sind Beteiligungen an der „T“, die das Vermögensrecht mitumfassen, an Gewinnausschüttungen und an der Auskehrung des Liquidationsvermögens beteiligt zu werden.64Die RPS sind nach australischem Zivilrecht Gesellschaftsanteile an der „T“, wie die Klägerin überzeugend dargelegt und der Beklagte nicht bestritten hat. Aus § 254 A (1) Corporations Act ergibt sich, dass rückzahlbare Vorzugsanteile Gesellschaftsanteile sind. Aus „…“ der „T“ Satzung ergibt sich, dass die RPS Teil des Stammkapitals der „T“ sind.65Die RPS sind auch Beteiligungen, die das Vermögensrecht mitumfassen, an Gewinnausschüttungen und an der Auskehrung des Liquidationsvermögens beteiligt zu werden.66Ein Recht am Liquidationserlös steht den Inhabern der RPS unstreitig zu. Gemäß „Satzung“ der „T“ hat die Klägerin für den Fall der Liquidation der Gesellschaft einen Anspruch auf die verbleibenden Vermögenswerte der Gesellschaft, die für Ausschüttungen an Aktieninhaber zur Verfügung stehen. Die Inhaber der RPS haben zwar kein Recht auf den Liquidationserlös, wenn die RPS vor der Liquidation zurückgezahlt werden. Da die Inhaber der RPS dann aber auch nicht mehr an der Gesellschaft beteiligt sind, ist dies ohne Bedeutung.67Die Inhaber der RPS sind nach Auffassung des Senates auch am Gewinn der „T“ beteiligt.68Eine Beteiligung am Gewinn liegt nach der Rechtsprechung des BFH vor, wenn die Leistung, die der Forderungsinhaber verlangen kann, unmittelbar oder auch nur mittelbar von der Höhe des Gewinns abhängt. Nach der Rechtsprechung des BFH bedarf es für die Annahme einer Gewinnbeteiligung im Sinne des Art. 11 Abs. 2 DBA Österreich 2000 keiner Orientierung am Gewinn dergestalt, dass Bezugsgröße für die Ausschüttung zwingend die Dividende der Aktionäre, der Jahresüberschuss oder eine andere Bilanzkennziffer ist. Der BFH begründet dies damit, dass Gewinnbeteiligungen im Gegensatz zu solchen Vergütungen (Zinsen) stünden, die unabhängig von der Erzielung eines Gewinns, also auch im Verlustfall, zu entrichten seien. Für die Annahme einer Gewinnbeteiligung reiche daher eine bloße Gewinnabhängigkeit der geschuldeten Vergütung, die sich auch am Bilanzgewinn oder –verlust orientieren könne, aus. Der BFH hat eine Vergütung nach einem festen Prozentsatz als gewinnabhängig angesehen, die durch die Notwendigkeit eines ausreichenden Bilanzgewinns ertragsabhängig war, weil die Verzinsung – je nach Höhe des erzielten Bilanzgewinns – zwischen null und der jeweils vereinbarten höchsten Verzinsung liegen konnte (BFH-Urteil vom 26.8.2010 I R 53/09, BFHE 231, 63, HFR 2011, 141). Bei einem partiarischen Darlehen hat der BFH die Erfolgs- bzw. Ergebnisabhängigkeit einer Vergütung daran festgemacht, dass die vereinbarten Zinsen erst dann zur Zahlung fällig werden sollten, wenn die auszahlende Gesellschaft über ausreichende Liquidität verfügte. Er hat dies damit begründet, dass diese zeitlich nicht begrenzte Stundung faktisch dazu führe, dass der Zahlungsempfänger erst und nur dann einen durchsetzbaren Anspruch auf den Darlehnszins erlangte, wenn die zahlende Gesellschaft ein entsprechendes positives Betriebsergebnis erzielte (BFH-Urteil vom 22.6.2010 I R 78/09, HFR 2011, 300).69Im Streitfall steht zur Überzeugung des Senates fest, dass die Vergütung für die RPS gewinnabhängig war.70Die Vergütung für die RPS wird gemäß „Satzung“ nur dann (aus)gezahlt, wenn für die Auszahlung einer Dividende entsprechende Mittel „legal verfügbar“ sind (funds legally availble for the payment of dividends). „Legal verfügbar“ bedeutet nach Auffassung des Senates, dass die Dividenden nur aus Gewinnen oder Gewinnrücklagen gezahlt werden dürfen. Nach „…“ der „T“ Satzung darf das Unternehmen Dividenden nur aus Unternehmensgewinnen einschließlich aus in die Rücklage eingestellten Gewinnen zahlen. Dies entspricht auch dem in den Streitjahren gültigen § 254 T des Corporations Act, der regelt, dass eine Dividende nur aus Gewinnen der Gesellschaft gezahlt werden kann.71Damit sind im Streitfall die von der Klägerin im Streitjahr bezogenen sog. Dividenden gewinnabhängig im Sinne der Rechtsprechung des BFH, da sie von der Notwendigkeit eines ausreichenden Bilanzgewinns abhängig waren und somit die Verzinsung - je nach Höhe des erzielten Bilanzgewinns - zwischen 0 und der vereinbarten Verzinsung liegen konnte. Soweit der Beklagte der Auffassung ist, dass im Streitfall bei Abwägung der einzelnen Vertragsbestandteile die gewinnunabhängige Vergütung im Vordergrund stehe, übersieht er, dass die Klägerin, wenn die „T“ keine oder keine ausreichenden Gewinne erzielt hätte, die vereinbarte sog. Dividende niemals erhalten hätte.72Entgegen der Ansicht des Beklagten ist es ohne Bedeutung, dass im Streitfall wohl nur der Dividendenauszahlungsanspruch und nicht der Dividendenanspruch von „legal verfügbaren“ Mitteln abhängig ist. Der Inhaber jeder RPS hat für jeden Dividendenzeitraum gemäß „Satzung“ Anspruch auf eine sog. kumulative Dividende. Kumulative Dividende bedeutet, dass, wenn die für einen Dividendenzeitraum und eine RPS festgesetzte Dividende geringer ausfällt, als der Dividendenanspruch für den betreffenden Dividendenzeitraum wäre, alle für die Auszahlung von Dividenden zur Verfügung stehenden Gewinne zur Barauszahlung des Fehlbetrags (die „Dividende mit aufgeschobener Fälligkeit“) verwendet werden müssen, bevor an die Inhaber anderer, den RPS in Bezug auf einen Dividendenanspruch nachgeordneter Aktiengattungen, Dividenden ausgezahlt werden können. Auch die Dividendenberechnungsformel spricht dafür, dass der Dividendenanspruch vom Dividendenauszahlungsanspruch zu unterscheiden ist, denn die Restdividende ist danach zu verzinsen. Dies war in dem vom BFH entschiedenen Fall jedoch ähnlich, denn auch dort bestand ein „Nachzahlungsrecht“ (BFH-Urteil vom 26.8.2010 I R 53/09, BFHE 231, 63, HFR 2011, 141).73Die sog. Dividendenzahlungen auf Grund der RPS sind auch Gewinnanteile oder sonstige Bezüge aus Aktien im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG.74Wenn ein Steuerpflichtiger - wie im Streitfall - nach dem Gesellschaftsrecht, das für die ausländische Kapitalgesellschaft gilt, an einer ausländischen Kapitalgesellschaft als Gesellschafter beteiligt ist, ist nach deutschem Steuerrecht zu bestimmen, ob Vergütungen, die auf Grund der Beteiligung gezahlt werden, Gewinnanteile oder sonstige Bezüge aus Aktien im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind. Dass die RPS nach australischen Steuerrecht und Bilanzrecht kein Eigenkapital, sondern Fremdkapital darstellen, ist entgegen der Auffassung des Beklagten ohne Bedeutung.75Da Gewinnanteile und sonstige Bezüge aus Aktien im Sinn des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG eine Eigenkapitalverzinsung verkörpern, ist entscheidend, ob die Erträge der RPS nach deutschem Recht eine Eigenkapital- oder eine Fremdkapitalverzinsung darstellen. Nach der Rechtsprechung des BFH setzt die Annahme von Eigenkapital bei Kapitalgesellschaften voraus, dass die Zuführung des einlagefähigen Vermögenswertes von einem Gesellschafter vorgenommen wird, durch die Zuführung gebundenes Kapital entsteht, d.h. solches, das einer freien Kreditkündigung entzogen ist, und durch die Zuführung haftendes Kapital entsteht, d.h. solches, bezüglich dessen Ansprüche im Konkurs der Gesellschaft nicht geltend gemacht werden können. Die Frage, ob diese Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind, ist nach dem ausländischen Zivilrecht zu beurteilen, das sich aus dem Gesellschaftsstatut der Kapitalgesellschaft ergibt (BFH-Urteil vom 30.5.1990 I R 97/88, BFHE 160, 567, BStBl II 1990, 875 unter Berufung auf Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 382; Fischer/Lohbeck, IStR 2012, 678).76Wenn man diese Rechtsprechung zugrunde legt, sind die RPS nach Auffassung des Senates Eigenkapital der „T“.77Die Klägerin ist – wie oben bereits dargelegt - nach australischem Gesellschaftsrecht auf Grund der RPS als Gesellschafterin an der „T“ beteiligt. Die Klägerin hat der „T“ Geld und damit einen einlagefähigen Vermögenswert zugeführt. Mit dieser Geldzuführung hat die Klägerin der „T“ auch gebundenes Kapital zugeführt, bezüglich dessen Ansprüche im Konkurs der Gesellschaft nicht geltend gemacht werden können. Nach § 536 A (1) Corporations Act muss die Erfüllung des nachrangigen Anspruchs der Klägerin gegen die „T“ zurückgestellt werden, bis alle anderen Verbindlichkeiten, die fällig und gegen die Gesellschaft gerichtet sind, erfüllt worden sind.78Das von der Klägerin bei Erwerb der RPS der „T“ übertragene Kapital ist auch der freien Kreditkündigung entzogen. Nach Auffassung des Senates ist insoweit nur auf das Recht des Geldgebers nicht aber auf das Recht des Geldnehmers abzustellen. Denn entscheidendes Merkmal für die Bestimmung des Eigenkapitals ist, dass es haftendes Kapital ist, das der Unternehmenserhaltung dient. Bei der deutschen Aktiengesellschaft besteht eine Kapitalsicherung gemäß §§ 57 ff. AktG des Inhalts, dass eine Einlagenrückgewähr ohne Kapitalherabsetzung verboten und nur die Auszahlung von Bilanzgewinnen erlaubt ist (Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 518). Dem vergleichbar können die RPS – zumindest bei Rückkauf vor dem bei Ausgabe festgesetzten Rückerwerbstag - gemäß § 254 K Corporations Act nur aus Gewinnen und aus Erträgen aus der Ausgabe neuer Aktien zum Zweck des Rückkaufs zurückgekauft werden. Die sog. Dividenden fließen der Klägerin auch auf Grund des Gesellschaftsverhältnisses zu.79Dass die RPS von der Gesellschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt zurückgekauft werden und dass die Gesellschaft, wenn sie die Inhaber der RPS mindestens 30 Geschäftstage im voraus in Kenntnis setzt, das Kapital jederzeit vorzeitig zurückzahlen kann, ist ohne Bedeutung, weil im Streitfall das nur auf Zeit gewährte Eigenkapital trotz der zeitlichen Beschränkung auf Grund der Besonderheiten des australischen Gesellschaftsrechts die vom BFH aufgestellten Voraussetzungen für Eigenkapital bei Kapitalgesellschaften erfüllt.80Entgegen der Ansicht des Beklagten kommt es für die Qualifikation der RPS als Geschäftsanteil nicht entscheidend auf die mit den RPS verbundenen Verwaltungsrechte an. Nach Auffassung des Senates ist es - wie oben bereits dargelegt – für die Frage, ob der Ertrag gemäß § 8 b Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG steuerfrei bleibt, entscheidend, ob der Ertrag eine Eigenkapitalverzinsung verkörpert. Im Übrigen stehen den RPS-Inhabern in gewissem Umfang Stimm- und andere Rechte zu, wie die Klägerin substantiiert dargelegt hat.812. Wenn man die Beteiligung der Klägerin an der „T“ auf Grund der RPS nicht als Gesellschaftsanteile, sondern als Genussrechte ansehen würde, wie es der Beklagte tut, sind die Dividendenzahlungen auf Grund der RPS Bezüge aus Genussrechten im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, mit denen sowohl ein Recht am Liquidationserlös als auch ein Recht am Gewinn einer Kapitalgesellschaft verbunden ist.82Der Inhalt und Begriff des Genussrechts ist gesetzlich nicht näher geregelt. Bei seiner Ausgestaltung im Einzelnen sind die Vertragsparteien weitgehend frei. Ein Genussrecht liegt vor, wenn dem Rechtsinhaber zwar schuldrechtliche Ansprüche, nicht aber gesellschaftsrechtlich geprägte Mitgliedschaftsrechte vermittelt werden, ihm Vermögensrechte zugestanden werden, die typischerweise nur Gesellschaftern zustehen, die Rechte in großer Zahl und nicht nur vereinzelt begeben und dem Rechtsinhaber keine aktiven Mitverwaltungsrechte eingeräumt werden (BFH-Urteil vom 8.4.2008 VIII R 3/05, BFHE 221, 25, BStBl II 2008, 852). Trotz des formal schuldrechtlichen Charakters kann das Genussrecht nicht nur obligationsähnlich, sondern auch aktienähnlich ausgestaltet sein (BGH-Urteil vom 5.10.1992 II ZR 172/91, BGHZ 119, 305; FG Düsseldorf, Urteil vom 15.11.2012 11 K 234/11 E, EFG 2013, 295).83Unter § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG fallen nur Genussrechte, mit denen das Recht am Gewinn und Liquidationserlös einer Kapitalgesellschaft verbunden ist. Ein Recht am Liquidationserlös steht den Inhabern der RPS jedoch unstreitig zu, wie oben bereits dargelegt wurde, und die Inhaber der RPS sind nach Auffassung des Senates auch am Gewinn der „T“ beteiligt, wie ebenfalls oben bereits dargelegt wurde.84Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.85Die Übertragung der Steuerberechnung auf den Beklagten beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.86Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.87Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren beruht auf § 139 Abs. 3 Satz 2 FGO.88Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
der körperschaftsteuerbescheid für 2007 wird insoweit geändert, dass die steuer ohne berücksichtigung der erträge aus den rps i.h.v. 95 % von „…“ € und ohne anrechnung der ausländischen körperschaftsteuer berechnet wird. im übrigen wird die klage abgewiesen.die berechnung der festzusetzenden steuer wird dem beklagten übertragen.der beklagte trägt 95 % und die klägerin 5 % der kosten des rechtsstreites.die revision wird zugelassen.die hinzuziehung eines bevollmächtigten zum vorverfahren wird für notwendig erklärt.das urteil ist wegen der kosten ohne sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. der beklagte kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des kostenerstattungsanspruchs der klägerin abwenden, soweit nicht die klägerin zuvor sicherheit in derselben höhe leistet. 1
2streitig ist, ob die einnahmen der klägerin aus redeemable preference shares (im weiteren rps) im streitjahr 2007 gemäß § 8b abs. 1 satz 1 körperschaftsteuergesetz (kstg) steuerbefreit sind, weil es sich nicht um erträge im sinne des § 20 abs. 1 nr. 7 einkommensteuergesetztes (estg), sondern um einkünfte im sinne des § 20 abs. 1 nr. 1 estg handelt.3die klägerin war im streitjahr 2007 an der „t-limited“ (im weiteren „t“) mit „…“ % beteiligt. die „t“ ist eine australische kapitalgesellschaft, die ihren sitz und ihre geschäftsleitung in australien hat. als gesellschafterin hielt die klägerin an der „t“ sowohl stammaktien („ordinary shares“) als auch rps. „…“ der beteiligungsbuchwert betrug zum 31.12.2007 „…“ €. die beteiligungserträge betrugen im jahr 2007 „…“ €, von denen „…“ € auf die rps entfielen. in 2005 betrugen die beteiligungserträge aus den rps „…“ € und in 2006 „…“ €.4im geschäftsbericht der „t“ auf den 31.12.2011 werden die rps als kredite (borrowings) und nicht als kapital (equity) qualifiziert. die sog. dividenden für die inhaber der rps werden als zinsen (interest expense) und nicht als gewinnverteilung (distribution of profits) qualifiziert.5aus „…“ der satzung (constitution) der „t“ ergibt sich unter anderem, dass der ausgabepreis jeder rps „x“ a $ betrug. die rps sind gemäß „satzung“ an eine stammaktie gekoppelt.6die dividende wird gemäß „satzung“ nach „einer bestimmten“ formel ermittelt: „…“ der dividendensatz wird „nach satzung“ mit „y“ % festgelegt. der inhaber jeder rps hat für jeden dividendenzeitraum gemäß „satzung“ anspruch auf eine sog. kumulative dividende. kumulative dividende bedeutet, dass, wenn die für einen dividendenzeitraum und eine rps festgesetzte dividende geringer ausfällt als der dividendenanspruch für den betreffenden dividendenzeitraum wäre, alle für die auszahlung von dividenden zur verfügung stehenden gewinne zur barauszahlung des fehlbetrags (die „dividende mit aufgeschobener fälligkeit“) verwendet werden müssen, bevor an die inhaber anderer, den rps in bezug auf einen dividendenanspruch nachgeordnete aktiengattungen, dividenden ausgezahlt werden können. in bezug auf die auszahlung von dividenden sind die rps gemäß „satzung“ rangniedriger als fliers jedoch ranghöher als alle anderen kapitalanteile der gesellschaft. eine dividende wird gemäß „satzung“ nur dann (aus)gezahlt, (a) wenn die mitglieder des verwaltungsrats nach eigenem ermessen entscheiden, dass eine dividendenzahlung stattfindet und (b) für die auszahlung einer dividende entsprechende mittel „legal verfügbar“ sind.7unter der überschrift „rückzahlung“ ist in „satzung“ geregelt, dass vorbehaltlich der bestimmungen des corporations act die gesellschaft jede ausgegebene rps an ihrem jeweiligen rückerwerbstag zurückerwerben muss. gemäß „satzung“ kann die gesellschaft vorbehaltlich der bestimmung des corporations act alle – nicht jedoch nur einige – rps zurückkaufen, wenn sie die inhaber der rps mindestens 30 geschäftstage im voraus im wege eines mitteilungsschreibens von dieser absicht in kenntnis setzt. der rückerwerbsbetrag der rps wird in „satzung“ als ausgabepreis („x“ a $, plus der restdividende zum rückerwerbstag, plus der rückkaufprämie in höhe von „z“ a $) definiert.8die rps verleihen ihren inhabern gemäß „satzung“ kein recht auf eine beteiligung an gewinnen oder den liquidationswerten einer gesellschaft, auch nicht an anderen kapitalrückzahlungen, außer den kapitalrückzahlungen bei liquidation der gesellschaft, es sei denn, dies ist „in“ „satzung“ anders bestimmt. gemäß „satzung“ sind, nachdem eine kapitalrückzahlung für alle den rps nachgeordneten aktiengattungen stattgefunden hat, die verbleibenden vermögenswerte der gesellschaft, die für ausschüttungen an aktieninhaber zur verfügung stehen, unter den inhabern der stammaktien und der rps im verhältnis der anzahl der ihnen gehörenden, vollständig einbezahlten aktien aufzuteilen.9ein inhaber einer rps ist gemäß „satzung“ bei hauptversammlungen der gesellschaft nicht stimmberechtigt, (a) außer (solange es sich um kumulative dividenden handelt), in dem zeitraum, in dem eine dividende (oder ein dividendenteil) für die rps im rückstand ist, (b) außer bei der abstimmung über vorschläge, die die herabsetzung des aktienkapitals der gesellschaft betreffen, (c) außer bei beschlüssen, welche die genehmigung der bedingungen einer rückkaufsvereinbarung betreffen, (d) außer bei der abstimmung über vorschläge, welche die mit den rps verbundenen rechte betreffen, (e) außer bei der abstimmung über vorschläge zur liquidation der gesellschaft, (f) außer bei der abstimmung über vorschläge, die die veräußerung des gesamten eigentums der gesellschaft, ihres gesamten geschäfts- und unternehmensbereichs betreffen und (g) außer während der liquidation der gesellschaft.10in „…“ der satzung der „t“ heißt es unter der überschrift „anteile“ (shares): das unternehmen kann vorzugsaktien ausgeben (einschließlich vorzugsaktien, die zurückzuzahlen sind).11in „satzung“ der „t“ ist unter der überschrift „dividenden sind aus gewinnen zu bezahlen“ geregelt: das unternehmen darf dividenden nur aus unternehmensgewinnen zahlen (einschließlich aus in die rücklage eingestellten gewinnen).12unter „…“ der satzung der „t“ heißt es: das unternehmen kann nach den bestimmungen der „…“ sein grundkapital herabsetzen: (b) durch einen aktienrückkauf nach „satzung“. „ nach satzung“ ergibt sich, dass die rückzahlung einer rückzahlbaren vorzugsaktie auch als rückkauf bezeichnet wird.13wegen der weiteren einzelheiten der satzung wird auf die in der gerichtsakte abgeheftete vertragskopie mit übersetzung bezug genommen.14aufgrund einer prüfungsanordnung vom „monat“ 2009 fand bei der klägerin eine betriebsprüfung unter anderem für die körperschaftssteuer 2007 statt.15die betriebsprüfung vertrat die auffassung, dass die aufgrund der rps gezahlten vergütungen keine dividenden im sinne des § 20 abs. 1 nr. 1 estg seien, da die rps keine anteile am stammkapital vermittelten. die proprietary limited company sei unstreitig mit einer deutschen körperschaft vergleichbar. die rps sei aufgrund der vorliegenden vertraglichen regelungen als fremdkapital ähnliches recht im sinne des § 8 abs. 3 satz 2 kstg zu behandeln. es sei eine feste verzinsung von „y“ % bezogen auf das eingezahlte kapital sowie die noch nicht ausgezahlte restdividende vereinbart worden. eine erfolgsabhängige komponente sei in der berechnungsformel nicht enthalten. dass die dividendenzahlung unter dem vorbehalt ausreichender mittel stehe, führe zu keiner anderen beurteilung, da sich der vorbehalt nicht auf das ergebnis des gläubigers beziehe, sondern nur auf ausreichend ausschüttbare mittel. dies könnten somit auch thesaurierte gewinne und rücklagen seien. selbst wenn man diese reglung als ausreichend betrachten würde, spreche gegen eine beteiligung am gewinn, dass die vergütung nachzuholen sei, wenn die gesellschaft wieder gewinne zur verfügung habe. die nicht ausgezahlten dividenden seien eine verbindlichkeit der gläubiger-gesellschaft und nach der berechnungsformel ebenfalls zu verzinsen. die vergütungen seien somit keine dividenden im sinne des § 20 abs. 1 nr. 1 estg, sondern zinszahlungen im sinn des § 20 abs. 1 nr. 7 estg. dies habe zur folge, dass § 8b abs. 1 kstg nicht anwendbar sei. die betriebsprüfung kam zu dem ergebnis, dass aufgrund der vergütungen für die rps das einkommen der klägerin unter anrechnung der ausländischen körperschaftsteuer um „…“ € („…“€ ./. 5 % „…“€) zu erhöhen sei. wegen der einzelheiten der ergebnisse der betriebsprüfung wird auf den betriebsprüfungsbericht vom 09.01.2010 bezug genommen.16aufgrund der ergebnisse der betriebsprüfung erließ der beklagte einen gemäß § 164 abs. 2 abgabenordnung (ao) geänderten körperschaftsteuerbescheid für 2007 und setzte die körperschaftsteuer auf „…“ € fest.17gegen diesen bescheid legte die klägerin fristgerecht einspruch ein.18der einspruch wurde durch einspruchsentscheidung vom 7. november 2011 als unbegründet zurückgewiesen.19zur begründung seiner entscheidung beruft sich der beklagte darauf, dass auf einer ersten stufe zu prüfen sei, welcher rechtsnatur die rps seien, d. h., ob sie gesellschaftsanteile oder genussrechte darstellten. erst wenn sie als genussrechte einzuordnen seien, erfolge auf einer zweiten stufe die prüfung, ob mit ihnen das recht am gewinn- und liquidationserlös an einer kapitalgesellschaft verbunden sei, d. h., ob es sich bei den rps um qualifizierte genussrechte, also genussrechte mit beteiligungscharakter handele. nur wenn dies nicht der fall sei, unterlägen die beträge der besteuerung gemäß § 20 abs. 1 nr. 7 estg.20die rps seien keine gesellschaftsanteile. sie seien keine stammanteile, sondern an stammanteile gekoppelt. ohne bedeutung sei, ob die rps bei der ausgebenden gesellschaft als eigenkapital zu qualifizieren seien, da eine abgrenzung von anteilen von genussrechten anhand der qualifikation als eigen- oder fremdkapital nicht möglich sei. der bfh definiere genussrechte in seinem urteil vom 08.04.2008 viii r 3/5 dahingehend, dass sie dem rechtsinhaber gegen das die genussrechte ausgebende unternehmen zwar schuldrechtliche ansprüche, nicht aber gesellschaftsrechtlich geprägte mitgliedschaftsrechte vermittle, dem rechtsinhaber vermögensrechte zugestanden werden, die typischer weise nur gesellschaftern zustehen, die rechte in großer zahl und nicht nur vereinzelt ausgegeben und dem rechtsinhaber keine aktiven mitverwaltungsrechte eingeräumt werden. zu den vermögensrechten gehörten insbesondere das recht auf den anteiligen jahresüberschuss bzw. auf den anteiligen bilanzgewinn sowie der anspruch auf den anteiligen liquidationserlös. zu den verwaltungsrechten gehörten das recht auf teilnahme an der gesellschafterversammlung unter einschluss des stimmrechts, das zwingende informationsrecht des § 51a gmbh-gesetz und das recht von minderheiten auf einberufung der gesellschafterversammlung.21wenn man diese grundsätze zugrunde lege, seien die rps genussrechte. nach „satzung“ habe der inhaber der rps die möglichkeit, bei hauptversammlungen anwesend zu sein. ein anwesenheitsrecht ohne einschluss des stimmrechts reiche jedoch für ein mitgliedschaftsrecht nicht aus, da eine bloße anwesenheitsmöglichkeit nicht die einflussnahme auf die unternehmerischen entscheidungen ermögliche. ein solches teilnahmerecht und ein eventuelles informationsrecht könne auch genussrechtsinhabern zustehen und sei kein indiz für eine qualifikation der rps als anteile. zwar habe der rps-inhaber in ausnahmefällen ein stimmrecht. solche ausnahmen längen jedoch nur in fällen vor, in denen durch abstimmungen in bestimmten situationen die mit der rps verbundenen vermögensrechte beschnitten werden könnten. es handele sich nicht um aktive mitverwaltungs- und mitgliedschaftsrechte, sondern lediglich um rechte zur abwehr der anspruchsgefährdung in bestimmten fällen. zur begründung dieser rechtsansicht beruft sich der beklagte auf das bgh-urteil vom 05.10.1992 ii zr 172/91. etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem umstand, dass die rps immer an eine stammaktie gekoppelt sein müsse. durch diese regelung werde lediglich der kreis der inhaber der rps eingeschränkt. die wesentlichen mitgliedschaftsrechte wurden nur durch die stammaktie und nicht durch die rps vermittelt.22die rps sei nicht mit stimmrechtslosen vorzugsaktien vergleichbar. stimmrechtslose vorzugsaktien seien als anteile zu qualifizieren, weil abgesehen vom stimmrecht alle weiteren mitgliedschaftsrechte durch die anteile gewährt werden (§ 140 abs. 1 aktiengesetz). dies sei bei den rps nicht der fall. es sei nicht ersichtlich, dass die rps beispielsweise in irgendeiner weise zur anfechtung von gesellschafterbeschlüssen berechtigten. auch ein recht auf einberufung der gesellschafterversammlung sei mit ihnen nicht verbunden. ebensowenig sei ein informationsrecht erkennbar.23in der zweiten stufe sei zu prüfen, ob das genussrecht mit einem recht am gewinn und liquidationserlös verbunden sei. nach „satzung“ verliehen die rps kein recht auf die beteiligung an gewinnen oder den liquidationswerten mit ausnahme der kapitalrückzahlungen.24unter beteiligung am gewinn sei jede erfolgsabhängige vergütung für die überlassung des genussrechtskapitals zu verstehen. eine beteiligung am gewinn liege auch dann vor, wenn teilweise eine feste vergütung (prozentverzinsung) und daneben eine gewinnabhängige vergütung gewährt werde. dabei müsse die erfolgsabhängige vergütung im vordergrund stehen. im streitfall setze sich die vergütung aus einer „y“ %igen festen verzinsung sowie einer sondervergütung, die im ermessen des verwaltungsrates liege, zusammen. beide bestandteile seien nicht vom jeweiligen gewinn abhängig. entgegen der auffassung der klägerin sei die vergütung nicht schon deshalb gewinnabhängig, weil die auszahlung unter dem vorbehalt des vorhandenseins von entsprechenden mitteln stünde. im streitfall sei der vergütungsanspruch in keiner weise durch den gewinn beeinflusst. beeinflusst werde lediglich der auszahlungszeitpunkt. der anspruch entstehe im jeweiligen jahr und werde bei nichtauszahlung als verbindlichkeit bei der gesellschaft verbucht. auch für den fall, dass bis zur auflösung der gesellschaft niemals genügend mittel für die auszahlung zur verfügung stünden, ergebe sich nichts anderes. in diesem fall würde sich lediglich das wie bei jeder kapitalanlage grundsätzlich bestehende ausfallrisiko realisieren. die rps seien somit lediglich als sonstige kapitalforderungen im sinne des § 20 abs. 1 nr. 7 estg anzusehen, so dass § 8b abs. 1 satz 1 kstg nicht zum tragen komme.25die klägerin hat am 2. dezember 2011 klage gegen den körperschaftsteuerbescheid und den bescheid über den solidaritätszuschlag für 2007 erhoben.26sie meint, dass mit der vorliegenden klage ausschließlich die körperschaftsteuer 2007 und nicht auch der solidaritätszuschlag 2007 angefochten werde.27die klägerin ist der ansicht, dass der tatbestand des § 20 abs. 1 nr. 1 estg erfüllt sei. die „t“ sei eine mit der deutschen gmbh vergleichbare ausländische kapitalgesellschaft (bmf schreiben vom 24.12.1999, bstbl i 1999, 1076 tabelle 1).28die rps vermittelten sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich eine mitgliedschaft an der „t“. mitgliedschaft sei die zusammenfassung aller rechten und pflichten des gesellschafters aus dem gesellschaftsverhältnis, deren verkörperung durch den geschäftsanteil erfolge. es gebe eine vielzahl von vermögens- und verwaltungsrechten bzw. -pflichten. zu den vermögensrechten zählten beispielsweise das gewinnbezugsrecht und das recht auf den liquidationserlös, zu den verwaltungsrechten das teilnahmerecht an gesellschafterversammlungen sowie das stimmrecht. einzelne rechte und pflichten könnten eingeschränkt oder auch völlig ausgeschlossen werden, ohne dass die körperschaftsrechtliche mitgliedschaft an der kapitalgesellschaft entfalle. so stehe nach der rechtsprechung des bgh der gleichzeitige ausschluss von gewinnbezugsrecht und stimmrecht der mitgliedschaft an einer gmbh nicht entgegen, sofern neben dem recht auf liquidationserlös sonstige mitwirkungsrechten wie zum beispiel das recht auf teilnahme an der gesellschafterversammlung bestehen bleibe (bgh-urteil vom 14.07.1954 ii zr 342/53, njw 1954, 1563).29„…“ der satzung der „t“ bestimme die wesentlichen mitgliedschaftlichen rechte und pflichten der klägerin aus den rps. wesentliche vermögensrechte seien das „gewinnbezugsrecht“ und das recht auf den liquidationserlös. nach „satzung“ stünden der klägerin gewinnbezugsrechte zu. die gewinnbezugsrechte gliederten sich in „dividenden“ und „sonderdividenden“. der verwaltungsrat entscheide gemäß „satzung“ nach eigenem ermessen darüber, ob und in welcher höhe gewinnausschüttungen erfolgten. sei kein ausschüttungsfähiger gewinn vorhanden, könne der verwaltungsrat gemäß „satzung“ keine gewinnausschüttung beschließen. ausschüttungen der „t“ seien somit vom vorliegen eines ausschüttungsfähigen gewinns abhängig. dem stehe nicht die regelung über die berechnung der gewinnausschüttung entgegen. nach „satzung“ erfolge die berechnung der gewinnausschüttungen - unter der voraussetzung, dass der verwaltungsrat eine gewinnausschüttung beschließe und ein ausschüttungsfähiger gewinn vorhanden sei - nach einer gesellschaftsvertraglich festgelegten formel. diese formel gelte jedoch nicht für die „sonderdividenden“. die höhe der sonderdividenden bestimme der verwaltungsrat nach eigenem ermessen. entgegen der ansicht des beklagten entstehe der anspruch auf gewinnausschüttung nicht automatisch im jeweiligen jahr nach der regelung der zugrundegelegten formel und werde auch nicht bei nichtauszahlung als verbindlichkeit bei der „t“ verbucht. die regelung in „satzung“ besage lediglich, dass „festgestellte, jedoch nicht ausbezahlte dividenden für die gesellschaft eine verbindlichkeit“ darstellten. diese regelung beschreibe den auch im deutschen recht bestehenden grundsatz, dass mit gewinnausschüttungsbeschluss ein vom mitgliedschaftsrecht isolierter schuldrechtlicher anspruch auf gewinnauszahlung entstehe.30weiteres wesentliches vermögensrecht der klägerin sei das recht auf den liquidationserlös. nach „satzung“ erhielten die inhaber der rps eine barauszahlung in höhe des „rückerwerbsbetrages“. der rückerwerbsbetrag setzte sich zusammen aus dem ausgabepreis der rps zzgl. noch nicht beschlossener, aber nach „satzung“ ermittelter beträge und einer „rückkaufprämie“ i.h.v. „z“ a$ je anteil. zudem hätten die inhaber von rps im anschluss an die befriedigung sonstiger anteilsgattungen zusammen mit den inhabern von „stammaktien“ das recht auf das verbleibende vermögen nach dem verhältnis ihrer vollständig einbezahlten geschäftsanteile („satzung“). reiche das vermögen für eine verteilung nach „satzung“ nicht aus, haben die inhaber der rps einen anspruch auf einen entsprechend geringeren anteil am liquidationserlös („satzung“). die regelung des „satzung“) entspreche dem grundgedanken des § 72 satz 1 gmbhg, danach werde das vermögen der gesellschaft unter den gesellschaftern nach dem verhältnis ihrer geschäftsanteile verteilt. die regelung in „satzung“ stehe der annahme des rechts auf liquidationserlös ebenfalls nicht entgegen. sie entspreche der regelung in § 72 satz 2 gmbhg, wonach der gesellschaftsvertrag ein anderes verhältnis für die verteilung des liquidationsvermögens bestimmen könne.31die rps vermittelten der klägerin auch wesentliche verwaltungsrechte. nach der regelung in „satzung“ dürfe die klägerin an jeder hauptversammlung teilnehmen. darüber hinaus habe die klägerin ein teilnahmerecht an außerordentlichen gesellschafterversammlungen nach „satzung“. der klägerin stünden auch wesentliche stimmrechte zu. vollumfängliche stimmrechte bestünden in der hauptversammlung, wenn gewinnausschüttungen an die klägerin im rückstand seien („satzung“) oder wenn sich die gesellschaft in liquidation befinde („satzung“). darüber hinaus stünden der klägerin in der hauptversammlung stimmrechte bei grundlegenden beschlüssen zu, die kapitalherabsetzungen, bedingungen der rückkaufvereinbarung, rechte bezogen auf die rps, vorschläge zur liquidation der gesellschaft, die veräußerung des eigentums, des betriebs- oder des unternehmens beträfen („satzung“). besondere stimmrechte in außerordentlichen gesellschafterversammlungen stünden der klägerin nach „satzung“ zu, wenn „dividenden“ oder sonderdividenden noch nicht ausbezahlt worden seien bzw. differenzbeträge zwischen den beträgen nach der zugrunde gelegten formel und der tatsächlichen gewinnausschüttung bestünden. weitere besondere stimmrechte bestünden nach der regelung in „satzung“ bei der ausgabe oder umwandlung von gesellschaftsanteilen. nach der regelung in „satzung“ dürften durch die ausgabe von vorzugsgeschäftsanteilen die rechte der inhaber der rps nicht beeinträchtigt werden. „satzung“ diene dem schutz der mitgliedschaftsrechte der klägerin und entspreche dem verständnis des deutschen gesellschaftsrechts, wonach in den kernbereich der mitgliedschaft nicht eingegriffen werden dürfe. entgegen der auffassung des beklagten seien die gewährten stimmrechte nicht lediglich als „annex zu den gewährten verwaltungsrechten“ zu qualifizieren. stimmrechte seien klassische verwaltungsrechte. die vorliegenden beschränkungen der stimmrechte stünden einer mitgliedschaft der klägerin an der „t“ nicht entgegen. gesellschaftsrechtlich könne die satzung einer gmbh sogar stimmrechtslose gesellschaftsanteile schaffen. weiteres recht der klägerin sei das recht auf freie übertragbarkeit der rps. die freie übertragbarkeit unterliege nach der regelung in „satzung“ lediglich der bedingung, dass mit den rps auch die an diese gekoppelten „stammaktien“ übertragen werde.32die mitgliedschaft der klägerin an der „t“ vermittle auch eine kapitalmäßige beteiligung an dieser. nach ständiger rechtsprechung des bfh gehörten die nicht in § 20 abs. 1 nr. 1 estg genannten gesellschaften nur dann zu körperschaften im sinne dieser vorschrift, wenn die mitgliedschaftsrechte des gesellschafters einer kapitalmäßigen beteiligung gleich stehen. unter welchen umständen eine kapitalmäßige beteiligung vorliege, bestimme eine gesamtbetrachtung im einzelfall. indizien für eine kapitalmäßige beteiligung seien beispielsweise die übertragbarkeit der beteiligung oder auch die vermögensrechte, an gewinnausschüttungen oder an der auskehrung des liquidationsvermögens beteiligt zu sein (bfh-urteile vom 16.12.1992 i r 32/92, bstbl ii 1993, 399, vom 15.11.1994 viii r 74/93 bstbl ii 1995, 315). wie bereits dargelegt worden sei, vermittelten die rps der klägerin sämtliche dieser rechte. weiteres indiz für das bestehen einer kapitalmäßigen beteiligung sei die begründung der mitgliedschaft auf grund einer einlage des gesellschafters, die bei der gesellschaft als eigenkapital zu qualifizieren sei (bfh-urteil vom 16.12.1992, i r 32/92, bstbl ii 1993, 399). die pflicht zur einlage sei eine wesentliche körperschaftsrechtliche vermögenspflicht des gesellschafters. nach dem bfh-urteil vom 30.05.1990 i r 97/88, bstbl ii 1990, 875 setzte die annahme von eigenkapital bei einer ausländischen kapitalgesellschaft voraus, dass 1. die zuführung des einlagefähigen vermögenswerts von einem gesellschafter vorgenommen werde, 2. durch die zuführung gebundenes kapital entstehe, d. h. solches, dass einer freien kreditkündigung entzogen sei, und 3. durch die zuführung haftendes kapital entstehe, d. h. solches bezüglich dessen ansprüche in der insolvenz der gesellschaft nicht geltend gemacht werden könnten. im streitfall seien auf grund des für die „t“ geltenden australischen gesellschaftsrechts und insbesondere auch nach dem auf dieser basis geschlossenen gesellschaftsvertrag sämtliche voraussetzungen erfüllt. nach „satzung“ habe die klägerin pro rps „x“ a$ an die „t“ zu leisten. mit der einlage des geldes werde dieses gebundenes kapital. als gebundenes kapital seien die zugeführten vermögenswerte der freien kreditkündigung entzogen. der klägerin stehe als inhaberin der rps kein einem darlehenskündigungsrecht vergleichbares kündigungsrecht zu. der annahme gebundenes kapitals stehe nicht entgegen, dass die rps übertragen werden könnten oder unter den voraussetzungen der regelung „satzung“ nach 30 jahren bzw. der regelung „satzung“ auf verlangen der „t“ auf die „t“ übertragen bzw. von dieser eingezogen werden könnten. auch nach deutschem gesellschaftsrecht könnten gesellschaftsanteile eingezogen werden (§ 34 gmbhg). auch die nach der satzung einziehbaren anteile einer gmbh seien anteile, die mitgliedschaftsrechte gewähren. ferner sei eine auflösung der gmbh durch zeitablauf oder aus sonstigen gründen möglich. schließlich entstehe durch die einlage auch haftendes kapital. der gesellschaftsvertrag enthalte keine regelung, die eine von „stammaktien“ abweichende gesetzliche haftung bestimme.33entgegen der ansicht des beklagten stehe der beurteilung der dividenden als gewinnanteile i.s.d. § 20 abs. 1 nr. 1 estg nicht entgegen, dass die höhe der dividenden nach der dort zugrunde gelegten formel berechnet werde. auch ein nach deutschem recht geschlossener gesellschaftsvertrag könne besondere regelungen über die gewinnverteilung enthalten. für die gmbh gelte § 29 abs. 3 satz 2 gmbhg. danach könnten auch fixe gewinnbezugsrechte vereinbart werden, so lange die gewinnausschüttungen aus dem ausschüttungsfähigen gewinn erfolgten. der zivilrechtlichen betrachtungsweise folge das steuerrecht im rahmen der wirtschaftlichen betrachtungsweise jedenfalls bei kapitalgesellschaften.34außerdem ist die klägerin der auffassung, dass die vorliegende gesellschaftsvertragliche struktur der rps mit vorzugsaktien ohne stimmrecht i.s.d. § 139 ff aktiengesetz (aktg) vergleichbar sei. nach §§ 139 ff aktg begründeten stimmrechtslose vorzugsaktien eine mitgliedschaft und nicht lediglich gläubigerrechte an der gesellschaft. der inhaber der vorzugsaktie erhalte gegen verzicht auf sein stimmrecht einen vorzug bei der verteilung und ausschüttung des gewinns. das teilnahmerecht an der hauptversammlung bleibe bestehen. die höhe des gewinnbezugsrechts sei frei gestaltbar. die satzung könne auch festbeträge vorsehen. reiche der ausschüttungsfähige gewinn nicht aus, habe der inhaber der vorzugsaktie das recht auf nachzahlung in den folgejahren. werde der vorzugsbetrag in einem jahr nicht oder nicht vollständig gezahlt und der rückstand im nächsten jahr nicht neben dem vollen vorzug dieses jahres nachgezahlt, lebe das stimmrecht der vorzugsaktionäre bis zur zahlung der rückstände auf (§ 140 abs. 2 aktg). stimmrechtslose vorzugsaktien nach §§ 139 ff aktg seien aktien i.s.d. § 20 abs. 1 nr. 1 estg. der vergleichbarkeit der rps mit stimmrechtslosen vorzugsaktien stehe nicht entgegen, wenn einzelne mitgliedschaftsrechte der klägerin beschränkt seien. beurteilungsgegenstand sei vorliegend nicht eine aktiengesellschaft nach deutschem aktienrecht. beurteilungsgegenstand sei vielmehr eine kapitalgesellschaft australischen rechts, deren steuerrechtliche einordnung nach steuerrechtlichen maßstäben zu erfolgen habe. die vergleichbarkeit der gesellschaftsvertraglichen struktur der rps mit stimmrechtslosen vorzugsaktien sei ein indiz für die qualifizierung der gewinnausschüttungen der „t“ als gewinnanteile i.s.d. § 20 abs. 1 nr. 1 estg.35da die rps mitgliedschaftsrechte und damit anteile gewähre, komme es entgegen der auffassung des beklagten nicht darauf an, ob sie als eigenkapitalgenussrechte i.s.d. § 8 abs. 3 satz 2 kstg zu qualifizieren seien. danach gehörten zu den einkünften aus kapitalvermögen i.s.d. § 20 abs. 1 nr. 1 estg auch gewinnanteile aus genussrechten, sofern mit diesen das recht am gewinn und liquidationserlös einer kapitalgesellschaft verbunden sei. beteiligung am gewinn sei jede erfolgsabhängige vergütung. bezugsgröße könne jede auf das ergebnis der kapitalgesellschaft bezogene bemessungsgrundlage sein. dies könne nicht nur der jahresüberschuss oder der bilanzgewinn, sondern beispielsweise auch der ausschüttungsfähige gewinn sein. dabei sei eine feste verzinsung möglich (bfh-urteil vom 28.06.1990 i 85/60, hfr 1961, 13). § 20 abs. 1 nr. 1 estg ziele auf die gleichstellung des schuldrechtlichen eigenkapitalgenussrechts mit der mitgliedschaftlichen beteiligung an einer kapitalgesellschaft. charakteristikum von genussrechten sei, dass dem genussrechtsinhaber mitgliedschaftliche verwaltungsrechte, insbesondere stimmrechte, nicht übertragen werden. im streitfall seien in jedem fall die voraussetzungen eines eigenkapitalgenussrechts erfüllt. die rps vermittelten der klägerin sowohl das recht am liquidationserlös beteiligt zu sein, als auch ein gewinnbezugsrecht. bemessungsgrundlage des gewinnbezugsrechts aus den rps sei der ausschüttungsfähige gewinn der „t“. der annahme einer gewinnbeteiligung stehe nicht entgegen, dass die höhe des auszuschüttenden gewinns nach der formel des „satzung“ berechnet werde, dies sei auch ausdrückliche auffassung der finanzverwaltung (bmf-schreiben vom 15.12.1994 zu 8a kstg a.f., bstbl i 1995, s. 25 ff tz. 55). die höhe des maximalen ausschüttungsbetrages werde stets durch den ausschüttungsfähigen gewinn nach „satzung“ begrenzt. insofern diene die unter „satzung“ zugrunde gelegte formel lediglich dazu, die höhe des tatsächlichen ausschüttungsbetrages zu begrenzen. eine erfolgsunabhängige vergütung bestimme die satzung der „t“ nicht.36nur wenn entsprechende mittel für die auszahlung einer dividende legal verfügbar seien, also ein ausschüttungsfähiger gewinn vorliege, könne der verwaltungsrat gewinnausschüttungen beschließen. der beschluss über die gewinnausschüttungen stehe im freien ermessen des verwaltungsrats. beschließe der verwaltungsrat keine gewinnausschüttung, erhielten die inhaber der rps keine „dividende“ oder „sonderdividende“. der gesellschaftsvertrag enthalte keine regelung, die den verwaltungsrat zu einem beschluss von gewinnausschüttungen verpflichte. von dem beschluss einer gewinnausschüttung sei die höhe der gewinnausschüttung abzugrenzen. die höhe der gewinnausschüttung bemesse sich entweder nach freiem ermessen des verwaltungsrates („sonderdividenden“, „satzung“) oder nach der im „satzung“ zugrunde gelegten formel. zwar liege die höhe der berechnung der „dividende“ nicht im ermessen des verwaltungsrates. aber nur sofern ein ausschüttungsfähiger gewinn vorliege, könnten bis zur höhe des ausschüttungsfähigen gewinns gewinnausschüttungen beschlossen werden. dadurch werde die „dividende“ zu einem teilhaberrecht des inhabers der rps am gewinn der „t“. entscheidend für das merkmal der gewinnabhängigkeit sei, dass die gesellschaft nicht belastet werde, wenn kein bilanzgewinn ausgewiesen werde. es komme darauf an, dass der erzielte handelsrechtliche gewinn zwischen genussrechtsinhaber (hier vorzugsaktionär) und gesellschafter (hier stammaktionär) aufgeteilt werde und eine vom vorliegen des bilanzgewinns unabhängige verzinsung der einlage nicht vorgesehen sei.37entgegen der ansicht des beklagten stünden der klägerin auch informationsrechte zu. nach der regelung in „satzung“ dürfe der inhaber der rps an jeder hauptversammlung des „t“ teilnehmen. dem inhaber der rps stehe auch das recht auf einberufung von gesellschafterversammlung zu. dies ergebe sich aus der regelung „…“ des gesellschaftsvertrages. danach könne der inhaber von rps nach den grundsätzen des australischen gesellschaftsrechts immer dann gesellschafterversammlung einberufen, wenn in der gesellschafterversammlung themen behandelt werden, bezüglich derer der inhaber der rps stimmrechte habe. bezüglich der art und weise der einberufung von gesellschafterversammlungen verweise die regelungen in ziffer „…“ des gesellschaftsvertrages auf die regelung des australischen corporations act (§§ 249 d, 249 f und 249 g). ferner habe der inhaber der rps auch das recht, gesellschafterbeschlüsse anzufechten. das anfechtungsrecht bestehe nach den regelungen des australischen gesellschaftsrechts dann, wenn der inhaber der rps an den anzufechtenden gesellschafterbeschlüssen teilnehmen konnte, ihm also diesbezüglich ein stimmrecht zugestanden habe.38die inhaber der rps seien auch members der gesellschaft im sinne des australischen gesellschaftsrechts. nach der satzung der „t“ sei ein inhaber der rps berechtigt, am „general meeting of the company“ teilzunehmen. „…“ der satzung sei überschrieben mit „…“ und „…“ spreche vom „annual general meeting“, an welchem aber nach „satzung“ die inhaber der rps gerade teilnehmen können. nach der definition in „…“ der constitution sei ein „member“ jede person, die als inhaber eines anteils (shares) registriert sei. die satzung treffe keine unterscheidung danach, ob es sich um ordinary oder preferred shares, also stammanteile oder vorzugsanteile, handele. gerade diese typischen mitgliedschaftsrechte, teilnahme an der gesellschafterversammlung und damit auch das verbundene anfechtungsrecht der beschlüsse, könnten einem genussrechtsinhaber nicht eingeräumt werden und seien merkmale für die gesellschafterstellung.39entgegen der ansicht des beklagten erhielten die rps-inhaber im rahmen einer liquidation zum einen den nominalbetrag der rps zzgl. noch ausstehender dividende und zzgl. eines aufschlags von „z“ a$ pro rps, sofern der liquidationserlös dafür ausreiche, und zum anderen von einem verbleibenden liquidationsüberschuss nach rückzahlung des nennbetrags der ordinary shares einen quotalen anteil an dem liquidationsüberschuss berechnet nach dem anteil am gesamten nennkapital (gemäß „…“ der satzung der „t“).40wenn der beklagte behaupte, die mangels eines bilanzgewinns nicht gezahlte dividende in höhe eines zinssatzes auf den nominalbetrag sei nur ein aufschub der fälligkeit und bei der „t“ schon eine verbindlichkeit, so finde dies in den statuten der gesellschaft keine stütze. denn nach „satzung“ sei die ausschüttung davon abhängig, dass eine dividende von den directors „declared“ (beschlossen) werde und ein entsprechender bilanzgewinn vorhanden sei. „satzung“ spreche ausdrücklich davon, dass dividenden aus gewinnrücklagen gezahlt werden können.41die klägerin erläutert, warum die rps im geschäftsbericht der „t“ als kredite (borrowings) bezeichnet werden, wie folgt: nach dem australischen zivilrecht stellten die rps einen geschäftsanteil (share) der gesellschaft dar. in einem schreiben der rechtsanwälte „h“ und „u“ wird erläutert, dass gemäß § 254 h (1) des corporations act gesellschaften die möglichkeit haben, rückzahlbare vorzugsanteile auszugeben. der begriff „vorzugsanteil“ werde im coporations act nicht definiert. er werde generell für einen anteil benutzt, der irgendeine art von vorzug oder vorrang über eine andere klasse von anteilen gewähre, insbesondere in bezug auf kapitalrückzahlung, auf den vermögensüberschuss oder gewinnüberschuss, kumulative und nicht kumulative dividenden und stimmrecht sowie vorrang in bezug auf zahlung von kapitaldividenden im verhältnis zu anderen anteilen oder klassen von anteilen. ein rückzahlbarer vorzugsanteil sei nach dem corporations act eindeutig ein anteil am kapital der ausgebenden gesellschaft. ein rückzahlbarer vorzugsanteil könne für australische steuerliche zwecke wie fremdkapital behandelt werden, wenn er bestimmte fremdkapitalmäßige eigenschaften habe, dies ändere aber nichts daran, dass ein rückzahlbarer vorzugsanteil gesellschaftsrechtlich nach dem corporations act ein anteil am eigenkapital der gesellschaft sei. bilanzrechtlich sei für den ausweis im geschäftsbericht der „t“ der ias standard 32.18 (a) zu beachten. der ias standard 31.18 bestimme ex definitionen, dass ein finanzinstrument, das zu einem bestimmten zeitpunkt vom emittenten zurückgekauft werden müsse, als eine finanzielle verbindlichkeit ausgewiesen werden müsse. auf grund dieser regelung sei das rps-kapital im geschäftsbericht der „t“ als verbindlichkeit ausgewiesen worden. nach australischem steuerrecht seien die voraussetzungen für das vorliegen von fremdkapital bereits dann erfüllt, wenn die empfangene gesellschaft verpflichtet sei, die ihr zur verfügung gestellten mittel an den geldgeber bei einer einziehung (redemption) zurückzuzahlen. auf grund dieses verständnisses von fremdkapital seien die rps ex definitione für australische steuerliche zwecke als fremdkapital zu behandeln. zusammenfassend sei festzustellen, dass dem australischen recht ein vom deutschen recht abweichendes, viel weiteres verständnis von „debts“ und „borrowings“ für bestimmte steuerliche und finanzielle zwecke zugrunde liege. aus deutscher steuerlicher sicht komme es hingegen maßgeblich auf das australische gesellschaftsrecht an, weil der gesellschaft hiernach auf gesellschaftsrechtlicher grundlage einlagefähige vermögensgegenstände zugeführt werden, durch die haftendes kapital entstehe. danach seien die rps mangels kündigungsrechts durch den gesellschafter als anteile i.s.d. § 8 b kstg anzusehen (bfh-urteil vom 30.05.1990 i r 97/88, bstbl ii 1990, 875). auf ein divergierendes verständnis von fremd- und eigenkapital bei hybriden finanzinstrumenten weise auch der bundesrat für zwecke der einführung des sog. korrespondenzprinzips in § 8 b abs. 1 kstg n.f. hin (br-drucksache 302/1/12). dies ändere jedoch nichts daran, dass die australischen rps sowohl nach australischem zivilrecht als auch nach deutschem recht als geschäftsanteil gemäß § 20 abs. 1 nr. 1 estg und damit gemäß § 8 b abs. 1 kstg einzuordnen seien.42die regelung in „…“ der satzung der „t“, das die auszahlung einer dividende von legal verfügbaren mitteln abhängt, erläutert die klägerin wie folgt: für die auszahlung einer dividende seien nach maßgabe der satzung und den vorschriften des australischen corporations act nur mittel verfügbar, die aus gewinnen der gesellschaft stammen. die klausel „…“ der „t“ satzung, die unabhängig von den einschlägigen bestimmungen des corporations act regelungswirkung entfalte, schließe es aus, dass die gesellschaft dividenden aus dem aktienkapital im wege der kapitalherabsetzung ausschütte. in einem schreiben der rechtsanwälte „h“ und „u“ wird der terminus „funds legally available for the payment of dividends“ dahingehend erläutert, dass in § 254 t des corporations act bis 2010 geregelt worden sei, dass eine dividende nur aus gewinnen der gesellschaft ausgezahlt werden könne (a dividend may only be payed out of profits of the company). unabhängig von der regelung im corporations act regele die „t“ satzung in „…“, dass die gesellschaft außer aus gewinnen der gesellschaft keine dividende zahlen dürfe (dies gelte auch für gewinne, die in eine rücklage eingestellt worden seien). ein beschluss des vorstands hinsichtlich der höhe der gewinne der gesellschaft und dem betrag, der für dividenden zur verfügen stehe, sei bindend. zusammenfassend sei festzustellen, dass mittel im sinne der klausel „der satzung“ der „t“ dann als dividende ausschüttbar seien, wenn die dividende aus gewinnen gezahlt werde, die der vorstand der „t“ beschlossen habe und die in § 254 t des corporations act 2001 enthaltenen kriterien erfüllt seien.43die klägerin beantragt,441. den bescheid für körperschaftsteuer und solidaritätszuschlag für 2007 insoweit zu ändern, dass die steuern und der zuschlag ohne berücksichtigung der erträge aus den rps i.h.v. 95 % von „…“ € und ohne anrechnung der ausländischen körperschaftsteuer berechnet wird,452. hilfsweise, die revision zuzulassen,463. die hinzuziehung eines bevollmächtigten zum vorverfahren für notwendig zu erklären.47der beklagte beantragt,48die klage als unbegründet abzuweisen,49hilfsweise, die revision zuzulassen.50zur begründung eines antrags beruft sich der beklagte darauf, dass der dividendensatz von „y“ prozent faktisch eine festverzinsung darstelle, welche aber erst bei entsprechenden gewinnen fällig werde („dividende mit aufgeschobener fälligkeit“). es bestehe kein gewinnabhängiger vergütungsanspruch. die vergütung sei zwar in höhe des gewinns gedeckelt, es liege aber kein anteiliges recht am gewinn der gesellschaft, sondern eine feste vergütung von „y“ prozent vor.51da ein recht am gewinn und am liquidationserlös auch regelmäßig dem genussrechtsinhaber zustehe, seien diese rechte für die abgrenzung zwischen gesellschaftsanteilen und genussrechten von untergeordneter bedeutung.52entscheidend für die abgrenzung zwischen gesellschaftsanteilen und genussrechten seien die bestehenden verwaltungsrechte. als wichtigste rechte seien das recht auf teilnahme an der gesellschafterversammlung unter einschluss des stimmrechts, das recht von minderheiten auf einberufung von gesellschafterversammlungen und das informationsrecht nach § 51 a gmbhg zu nennen. stimmrechte stünden dem inhaber der rps grundsätzlich nicht zu. die in bestimmten einzelfällen bestehenden stimmrechte gewährten kein aktives mitverwaltungsrecht, sondern sicherten lediglich die vermögensrechte. ferner sei zu berücksichtigen, dass die rps nach der regelung in „…“ des vertrages vorzeitig zurückerworben werden könnten. dies zeige, dass kein dauerhaftes mitgliedschaftsrecht an der gesellschaft bestehe. auch bei einem recht der inhaber der rps zur einberufung der gesellschafterversammlung seien die rps nicht als gesellschaftsanteile, sondern als genussrechte zu qualifizieren.53mit den stimmrechtslosen vorzugsaktien seien die rps nicht zu vergleichen, da bei vorzugsaktien außer dem fehlenden stimmrecht alle verwaltungsrechte uneingeschränkt dem vorzugsaktieninhaber zustünden.54
55die ausweislich seite 3 der klageschrift erhobene klage bezüglich des solidaritätszuschlages ist unzulässig.56betreffen einwendungen einer kapitalgesellschaft ausschließlich die ermittlung ihres gewinns als grundlage ihres zu versteuernden einkommens, ist insoweit der körperschaftsteuerbescheid grundlagenbescheid für die festsetzung des solidaritätszuschlags. die diesbezüglichen einwendungen können deshalb nur im rechtsbehelfsverfahren gegen den körperschaftsteuerbescheid als grundlagenbescheid, nicht aber im verfahren gegen den folgebescheid geltend gemacht werden (bfh-urteil vom 12.7.2012 i r 23/11, bfhe 238, 344, hfr 2012, 1186).57die klage bezüglich des körperschaftsteuerbescheides ist begründet.58der beklagte hat zu unrecht die einnahmen der klägerin aus den rps nicht als gewinnanteile aus aktien im sinne des § 20 abs. 1 nr. 1 estg oder zumindest als genussrechte im sinne des § 20 abs. 1 nr. 1 estg, mit denen sowohl ein recht am liquidationserlös als auch ein recht am gewinn einer kapitalgesellschaft verbunden ist, anerkannt.59nach § 8b abs. 1 satz 1 kstg bleiben bei der einkommensermittlung bezüge im sinne des § 20 abs. 1 nr. 1, 2, 9 und 10 buchstabe a estg außer ansatz. zu den einkünften aus kapitalvermögen im sinne des § 20 abs. 1 nr. 1 estg gehören u. a. gewinnanteile (dividenden), ausbeuten und sonstige bezüge aus aktien und genussrechten, mit denen das recht am gewinn und liquidationserlös einer kapitalgesellschaft verbunden ist.601. gewinnanteile und sonstige bezüge aus aktien im sinne des § 20 abs. 1 nr. 1 estg sind nach der rechtsprechung des bfh alle zuwendungen in geld oder geldeswert, die dem gesellschafter - entweder von der kapitalgesellschaft selbst oder von einem dritten - aufgrund seines gesellschaftsverhältnisses zufließen, soweit die vorteilszuwendungen nicht als kapitalrückzahlung zu werten sind. unerheblich ist, ob die bezüge zu lasten des gewinns oder zu lasten der vermögenssubstanz der gesellschaft geleistet werden; auch kommt es nicht darauf an, in welche zivilrechtliche form die vorteilsgewährung gekleidet ist. (bfh-urteil vom 6.6.2012 i r 6, 8/11, i r 6/11, i r 8/11, bfhe 237, 346, bstbl ii 2013, 111). zuwendungen sind durch das gesellschaftsverhältnis veranlasst, wenn nur gesellschafter diese erhalten können. das stammrecht, aus dem sich der ertrag ableitet, muss die beteiligung am gesellschaftskapital sein, so dass der ertrag eine eigenkapitalverzinsung verkörpert.61unter den begriff "kapitalgesellschaft" im sinn des § 20 abs. 1 nr. 1 estg fallen nicht nur nach deutschem recht errichtete gesellschaften, sondern auch ausländische rechtsgebilde, die z. b. ihrer inneren struktur nach einer nach deutschem aktienrecht errichteten aktiengesellschaft im wesentlichen entsprechen. bei dem vergleich ist darauf abzustellen, ob die ausländische personenvereinigung wie eine juristische person körperschaftlich strukturiert ist und ob die beteiligung an ihr (abstrakt gesehen) das vermögensrecht mitumfasst, an gewinnausschüttungen und an der auskehrung des liquidationsvermögens beteiligt zu werden. unerheblich ist dagegen, ob die personenvereinigung im ausland als körperschaft oder als mitunternehmerschaft besteuert wird und ob das ausländische recht ihr eigene rechtsfähigkeit zuerkennt (bfh-urteil vom 16.12.1992 i r 32/92, bfhe 170, 354, bstbl ii 1993, 399). ob die zuwendungen der „t“ gewinnanteile oder sonstige bezüge aus aktien sind, ist nach deutschem steuerrecht zu bestimmen (bfh-urteil vom 3.2.1988 i r 134/84, bfhe 153, 14, bstbl ii 1988, 588; wassermeyer in kirchhof/söhn/mellinghoff, estg, § 20 rdnr. c 6 m. w. n.).62bei der „t“ handelt es sich um eine public company limited by shares, die mit der deutschen aktiengesellschaft vergleichbar ist (bmf-schreiben vom 24.12.1999 iv b 4-s 1300-111/99, b/3-1-391/99 s-1300, s 1300-85-33 21, s 1300-72-st 221, bstbl i 1999, 1076 anlage tabelle 1). bei einer public company folgt nach dem gesellschaftsnamen das wort limited. bei einer privat company oder proprietary company, die mit einer gmbh vergleichbar ist, folgen die worte ptv limited oder pty limited nach dem gesellschaftsnamen (vgl. kobras, unternehmensformen in australien – ein allgemeiner überblick, rz. 4).63nicht nur die ordinary shares, sondern auch die rps sind beteiligungen an der „t“, die das vermögensrecht mitumfassen, an gewinnausschüttungen und an der auskehrung des liquidationsvermögens beteiligt zu werden.64die rps sind nach australischem zivilrecht gesellschaftsanteile an der „t“, wie die klägerin überzeugend dargelegt und der beklagte nicht bestritten hat. aus § 254 a (1) corporations act ergibt sich, dass rückzahlbare vorzugsanteile gesellschaftsanteile sind. aus „…“ der „t“ satzung ergibt sich, dass die rps teil des stammkapitals der „t“ sind.65die rps sind auch beteiligungen, die das vermögensrecht mitumfassen, an gewinnausschüttungen und an der auskehrung des liquidationsvermögens beteiligt zu werden.66ein recht am liquidationserlös steht den inhabern der rps unstreitig zu. gemäß „satzung“ der „t“ hat die klägerin für den fall der liquidation der gesellschaft einen anspruch auf die verbleibenden vermögenswerte der gesellschaft, die für ausschüttungen an aktieninhaber zur verfügung stehen. die inhaber der rps haben zwar kein recht auf den liquidationserlös, wenn die rps vor der liquidation zurückgezahlt werden. da die inhaber der rps dann aber auch nicht mehr an der gesellschaft beteiligt sind, ist dies ohne bedeutung.67die inhaber der rps sind nach auffassung des senates auch am gewinn der „t“ beteiligt.68eine beteiligung am gewinn liegt nach der rechtsprechung des bfh vor, wenn die leistung, die der forderungsinhaber verlangen kann, unmittelbar oder auch nur mittelbar von der höhe des gewinns abhängt. nach der rechtsprechung des bfh bedarf es für die annahme einer gewinnbeteiligung im sinne des art. 11 abs. 2 dba österreich 2000 keiner orientierung am gewinn dergestalt, dass bezugsgröße für die ausschüttung zwingend die dividende der aktionäre, der jahresüberschuss oder eine andere bilanzkennziffer ist. der bfh begründet dies damit, dass gewinnbeteiligungen im gegensatz zu solchen vergütungen (zinsen) stünden, die unabhängig von der erzielung eines gewinns, also auch im verlustfall, zu entrichten seien. für die annahme einer gewinnbeteiligung reiche daher eine bloße gewinnabhängigkeit der geschuldeten vergütung, die sich auch am bilanzgewinn oder –verlust orientieren könne, aus. der bfh hat eine vergütung nach einem festen prozentsatz als gewinnabhängig angesehen, die durch die notwendigkeit eines ausreichenden bilanzgewinns ertragsabhängig war, weil die verzinsung – je nach höhe des erzielten bilanzgewinns – zwischen null und der jeweils vereinbarten höchsten verzinsung liegen konnte (bfh-urteil vom 26.8.2010 i r 53/09, bfhe 231, 63, hfr 2011, 141). bei einem partiarischen darlehen hat der bfh die erfolgs- bzw. ergebnisabhängigkeit einer vergütung daran festgemacht, dass die vereinbarten zinsen erst dann zur zahlung fällig werden sollten, wenn die auszahlende gesellschaft über ausreichende liquidität verfügte. er hat dies damit begründet, dass diese zeitlich nicht begrenzte stundung faktisch dazu führe, dass der zahlungsempfänger erst und nur dann einen durchsetzbaren anspruch auf den darlehnszins erlangte, wenn die zahlende gesellschaft ein entsprechendes positives betriebsergebnis erzielte (bfh-urteil vom 22.6.2010 i r 78/09, hfr 2011, 300).69im streitfall steht zur überzeugung des senates fest, dass die vergütung für die rps gewinnabhängig war.70die vergütung für die rps wird gemäß „satzung“ nur dann (aus)gezahlt, wenn für die auszahlung einer dividende entsprechende mittel „legal verfügbar“ sind (funds legally availble for the payment of dividends). „legal verfügbar“ bedeutet nach auffassung des senates, dass die dividenden nur aus gewinnen oder gewinnrücklagen gezahlt werden dürfen. nach „…“ der „t“ satzung darf das unternehmen dividenden nur aus unternehmensgewinnen einschließlich aus in die rücklage eingestellten gewinnen zahlen. dies entspricht auch dem in den streitjahren gültigen § 254 t des corporations act, der regelt, dass eine dividende nur aus gewinnen der gesellschaft gezahlt werden kann.71damit sind im streitfall die von der klägerin im streitjahr bezogenen sog. dividenden gewinnabhängig im sinne der rechtsprechung des bfh, da sie von der notwendigkeit eines ausreichenden bilanzgewinns abhängig waren und somit die verzinsung - je nach höhe des erzielten bilanzgewinns - zwischen 0 und der vereinbarten verzinsung liegen konnte. soweit der beklagte der auffassung ist, dass im streitfall bei abwägung der einzelnen vertragsbestandteile die gewinnunabhängige vergütung im vordergrund stehe, übersieht er, dass die klägerin, wenn die „t“ keine oder keine ausreichenden gewinne erzielt hätte, die vereinbarte sog. dividende niemals erhalten hätte.72entgegen der ansicht des beklagten ist es ohne bedeutung, dass im streitfall wohl nur der dividendenauszahlungsanspruch und nicht der dividendenanspruch von „legal verfügbaren“ mitteln abhängig ist. der inhaber jeder rps hat für jeden dividendenzeitraum gemäß „satzung“ anspruch auf eine sog. kumulative dividende. kumulative dividende bedeutet, dass, wenn die für einen dividendenzeitraum und eine rps festgesetzte dividende geringer ausfällt, als der dividendenanspruch für den betreffenden dividendenzeitraum wäre, alle für die auszahlung von dividenden zur verfügung stehenden gewinne zur barauszahlung des fehlbetrags (die „dividende mit aufgeschobener fälligkeit“) verwendet werden müssen, bevor an die inhaber anderer, den rps in bezug auf einen dividendenanspruch nachgeordneter aktiengattungen, dividenden ausgezahlt werden können. auch die dividendenberechnungsformel spricht dafür, dass der dividendenanspruch vom dividendenauszahlungsanspruch zu unterscheiden ist, denn die restdividende ist danach zu verzinsen. dies war in dem vom bfh entschiedenen fall jedoch ähnlich, denn auch dort bestand ein „nachzahlungsrecht“ (bfh-urteil vom 26.8.2010 i r 53/09, bfhe 231, 63, hfr 2011, 141).73die sog. dividendenzahlungen auf grund der rps sind auch gewinnanteile oder sonstige bezüge aus aktien im sinne des § 20 abs. 1 nr. 1 estg.74wenn ein steuerpflichtiger - wie im streitfall - nach dem gesellschaftsrecht, das für die ausländische kapitalgesellschaft gilt, an einer ausländischen kapitalgesellschaft als gesellschafter beteiligt ist, ist nach deutschem steuerrecht zu bestimmen, ob vergütungen, die auf grund der beteiligung gezahlt werden, gewinnanteile oder sonstige bezüge aus aktien im sinne des § 20 abs. 1 nr. 1 estg sind. dass die rps nach australischen steuerrecht und bilanzrecht kein eigenkapital, sondern fremdkapital darstellen, ist entgegen der auffassung des beklagten ohne bedeutung.75da gewinnanteile und sonstige bezüge aus aktien im sinn des § 20 abs. 1 nr. 1 estg eine eigenkapitalverzinsung verkörpern, ist entscheidend, ob die erträge der rps nach deutschem recht eine eigenkapital- oder eine fremdkapitalverzinsung darstellen. nach der rechtsprechung des bfh setzt die annahme von eigenkapital bei kapitalgesellschaften voraus, dass die zuführung des einlagefähigen vermögenswertes von einem gesellschafter vorgenommen wird, durch die zuführung gebundenes kapital entsteht, d.h. solches, das einer freien kreditkündigung entzogen ist, und durch die zuführung haftendes kapital entsteht, d.h. solches, bezüglich dessen ansprüche im konkurs der gesellschaft nicht geltend gemacht werden können. die frage, ob diese voraussetzungen im einzelfall erfüllt sind, ist nach dem ausländischen zivilrecht zu beurteilen, das sich aus dem gesellschaftsstatut der kapitalgesellschaft ergibt (bfh-urteil vom 30.5.1990 i r 97/88, bfhe 160, 567, bstbl ii 1990, 875 unter berufung auf karsten schmidt, gesellschaftsrecht, s. 382; fischer/lohbeck, istr 2012, 678).76wenn man diese rechtsprechung zugrunde legt, sind die rps nach auffassung des senates eigenkapital der „t“.77die klägerin ist – wie oben bereits dargelegt - nach australischem gesellschaftsrecht auf grund der rps als gesellschafterin an der „t“ beteiligt. die klägerin hat der „t“ geld und damit einen einlagefähigen vermögenswert zugeführt. mit dieser geldzuführung hat die klägerin der „t“ auch gebundenes kapital zugeführt, bezüglich dessen ansprüche im konkurs der gesellschaft nicht geltend gemacht werden können. nach § 536 a (1) corporations act muss die erfüllung des nachrangigen anspruchs der klägerin gegen die „t“ zurückgestellt werden, bis alle anderen verbindlichkeiten, die fällig und gegen die gesellschaft gerichtet sind, erfüllt worden sind.78das von der klägerin bei erwerb der rps der „t“ übertragene kapital ist auch der freien kreditkündigung entzogen. nach auffassung des senates ist insoweit nur auf das recht des geldgebers nicht aber auf das recht des geldnehmers abzustellen. denn entscheidendes merkmal für die bestimmung des eigenkapitals ist, dass es haftendes kapital ist, das der unternehmenserhaltung dient. bei der deutschen aktiengesellschaft besteht eine kapitalsicherung gemäß §§ 57 ff. aktg des inhalts, dass eine einlagenrückgewähr ohne kapitalherabsetzung verboten und nur die auszahlung von bilanzgewinnen erlaubt ist (karsten schmidt, gesellschaftsrecht, 4. aufl., s. 518). dem vergleichbar können die rps – zumindest bei rückkauf vor dem bei ausgabe festgesetzten rückerwerbstag - gemäß § 254 k corporations act nur aus gewinnen und aus erträgen aus der ausgabe neuer aktien zum zweck des rückkaufs zurückgekauft werden. die sog. dividenden fließen der klägerin auch auf grund des gesellschaftsverhältnisses zu.79dass die rps von der gesellschaft zu einem bestimmten zeitpunkt zurückgekauft werden und dass die gesellschaft, wenn sie die inhaber der rps mindestens 30 geschäftstage im voraus in kenntnis setzt, das kapital jederzeit vorzeitig zurückzahlen kann, ist ohne bedeutung, weil im streitfall das nur auf zeit gewährte eigenkapital trotz der zeitlichen beschränkung auf grund der besonderheiten des australischen gesellschaftsrechts die vom bfh aufgestellten voraussetzungen für eigenkapital bei kapitalgesellschaften erfüllt.80entgegen der ansicht des beklagten kommt es für die qualifikation der rps als geschäftsanteil nicht entscheidend auf die mit den rps verbundenen verwaltungsrechte an. nach auffassung des senates ist es - wie oben bereits dargelegt – für die frage, ob der ertrag gemäß § 8 b abs. 1 satz 1 kstg i.v.m. § 20 abs. 1 nr. 1 estg steuerfrei bleibt, entscheidend, ob der ertrag eine eigenkapitalverzinsung verkörpert. im übrigen stehen den rps-inhabern in gewissem umfang stimm- und andere rechte zu, wie die klägerin substantiiert dargelegt hat.812. wenn man die beteiligung der klägerin an der „t“ auf grund der rps nicht als gesellschaftsanteile, sondern als genussrechte ansehen würde, wie es der beklagte tut, sind die dividendenzahlungen auf grund der rps bezüge aus genussrechten im sinne des § 20 abs. 1 nr. 1 estg, mit denen sowohl ein recht am liquidationserlös als auch ein recht am gewinn einer kapitalgesellschaft verbunden ist.82der inhalt und begriff des genussrechts ist gesetzlich nicht näher geregelt. bei seiner ausgestaltung im einzelnen sind die vertragsparteien weitgehend frei. ein genussrecht liegt vor, wenn dem rechtsinhaber zwar schuldrechtliche ansprüche, nicht aber gesellschaftsrechtlich geprägte mitgliedschaftsrechte vermittelt werden, ihm vermögensrechte zugestanden werden, die typischerweise nur gesellschaftern zustehen, die rechte in großer zahl und nicht nur vereinzelt begeben und dem rechtsinhaber keine aktiven mitverwaltungsrechte eingeräumt werden (bfh-urteil vom 8.4.2008 viii r 3/05, bfhe 221, 25, bstbl ii 2008, 852). trotz des formal schuldrechtlichen charakters kann das genussrecht nicht nur obligationsähnlich, sondern auch aktienähnlich ausgestaltet sein (bgh-urteil vom 5.10.1992 ii zr 172/91, bghz 119, 305; fg düsseldorf, urteil vom 15.11.2012 11 k 234/11 e, efg 2013, 295).83unter § 20 abs. 1 nr. 1 estg fallen nur genussrechte, mit denen das recht am gewinn und liquidationserlös einer kapitalgesellschaft verbunden ist. ein recht am liquidationserlös steht den inhabern der rps jedoch unstreitig zu, wie oben bereits dargelegt wurde, und die inhaber der rps sind nach auffassung des senates auch am gewinn der „t“ beteiligt, wie ebenfalls oben bereits dargelegt wurde.84die kostenentscheidung ergibt sich aus § 136 abs. 1 satz 1 fgo.85die übertragung der steuerberechnung auf den beklagten beruht auf § 100 abs. 2 satz 2 fgo.86die zulassung der revision beruht auf § 115 abs. 2 nr. 1 fgo.87die hinzuziehung eines bevollmächtigten zum vorverfahren beruht auf § 139 abs. 3 satz 2 fgo.88die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 abs. 3, 155 fgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 der zivilprozessordnung.
Verklagte*r
0
342,070
21 K 6278/20
2021-11-12T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist Trägerin des I. L. L1. , welches mit Feststellungsbescheid der Bezirksregierung E. vom 11. Februar 2019 in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen worden ist. 3Am 7. April 2020 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie die Genehmigung zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmung. In dem Antrag gab sie an, bis zum 16. März 2020 über 31 intensivmedizinische Betten ohne maschinelle Beatmung (ICU low care) und 52 Betten mit maschineller Beatmung (ICU high care) verfügt zu haben. Ab dem 16. März 2020 halte sie weitere 41 high care-Betten vor. 4Unter dem 9. April 2020 legte die Klägerin den Antrag erneut auf einem abgeänderten Formblatt vor. Dort gab sie an, am 15. März 2020 über 31 Betten intensivmedizinische Betten mit nicht-invasiver Beatmung (ICU low care) und 52 Betten mit invasiver Beatmung (ICU high care) verfügt zu haben und ab dem 16. März 2021 weitere 41 intensivmedizinische Betten mit invasiver Beatmung (ICU high care) vorzuhalten. 5Mit Teilgenehmigungsbescheid vom 3. Juni 2020 genehmigte der Beklagte die Aufstellung von 5 der beantragten 41 high care-Betten und lehnte den Antrag im Übrigen ab. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass der dargelegte Aufwuchs nicht Gänze den in J. .NRW zur Verfügung stehenden Intensivbetten entspreche. Genehmigt und anschließend gefördert werden könnten nur zur Verfügung stehende intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit. Der Klägerin stehe es jedoch frei, falls sie weitere Bettenkapazitäten geschaffen habe oder vorhalte, einen erneuten Antrag auf Genehmigung zu stellen. 6Am 9. Juni 2020 meldete sich die Klägerin per E-Mail bei dem Beklagten und teilte im Ergebnis mit, dass sie nicht nachvollziehen könne, dass ihr lediglich fünf zusätzliche Betten genehmigt worden seien. Sie habe in den letzten Wochen in erheblichem Umfang intensiv- und beatmungspflichtige Covid-19-Patienten behandelt, auch aus dem Ausland. Den Kapazitätsausbau habe sie auch in J. .NRW gemeldet. 7Mit E-Mail vom 18. Juni 2020 führte der Beklagte gegenüber der Klägerin aus, dass nur tatsächliche geschaffene Kapazitäten berücksichtigt werden könnten. Hierzu gleiche er die Anträge und die Meldungen aus J. .NRW zum 21. April 2020 ab. Die Meldung in J. .NRW sei für die Krankenhäuser verpflichtend und werde auch künftige im Antragsverfahren berücksichtiget, daher sei es in einigen Fällen, zu Teilgenehmigungen gekommen, wie auch bei der Klägerin. Es stehe der Klägerin indes frei, weitere Anträge zu stellen. Voraussetzung sei immer, dass die Kapazitäten auch tatsächlich geschaffen worden seien. 8Am 25. Juni 2020 meldete sich die Klägerin erneut per E-Mail bei dem Beklagten und legte dar, dass sie die Entscheidung weiterhin nicht nachvollziehen könne. Aus der Meldehistorie in J. .NRW sei nachvollziehbar, dass am 1. März 2020 34 high care-Betten, am 6. April 2020 44 high care-Betten, am 10. April 2020 48 high care-Betten und später 64 high care-Betten gemeldet gewesen seien. Diese seien auch zur Patientenversorgung tatsächlich genutzt worden. Zum Nachweis legte sie einen Ausdruck aus J. NRW für den Zeitraum vom 6. April 2020 bis zum 21. April 2020 bei. Aus diesem ging hervor, dass die Beklagte zum 1. März 2020 26 low care-Betten und 34 high care-Betten aufgestellt hatte. 9Am 30. Juni 2020 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten erneut die Genehmigung der Aufstellung von 41 high care-Betten. Hierzu führte sie aus, dass sie beim Erstantrag vom 9. April 2020 versehentlich falsche Zahlen angegeben habe. Zum 15. März 2020 habe sie insgesamt 47 high care-Betten für Erwachsene und 15 high care-Betten für Kinder sowie 31 IMC-Betten ohne Möglichkeit der maschinellen Beatmung für Erwachsene betrieben. Bis zum April seien dann weitere Kapazitäten geschaffen worden so dass sie auf 77 high care-Betten für Erwachsene und 15 high care-Betten für Kinder gekommen sei. Der Aufbau dieser Kapazitäten sei auch fortlaufend und nachvollziehbar in J. -NRW gemeldet worden. Des Weiteren seien Mitte April Vorbereitungen zur Inbetriebnahme weitere 11 high care-Betten getroffen worden. Diese Betten hätten im Bedarfsfall binnen einer Stunde in Betrieb genommen werden können. 10Mit Teilgenehmigungsbescheid vom 21. September 2020 genehmigte der Beklagte dann die Aufstellung 25 weiterer high care-Betten und lehnte den Antrag im Übrigen ab. Zur Begründung führte sie aus, dass der dargelegte Aufwuchs an zusätzlichen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten nicht im vollen Umfang in J. .NRW abgebildet sei. Genehmigt und anschließend gefördert werden könnten nur bereitgestellte intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit. 11Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 21. Oktober 2020 Klage erhoben. 12Sie trägt vor, die ablehnende Entscheidung sei mangels Vortrages und Vorlage der vermeintlichen J. .NRW-Meldung nicht nachvollziehbar. Tatsächlich habe sie Ende Juni den Ausgangswert von 62 Betten in J. .NRW angegeben und nachfolgend einen Aufwuchs von 41 Betten ebenfalls in J. .NRW hinterlegt. Wie der Beklagte zu einer anderen Einschätzung komme, sei nicht nachvollziehbar. Darüber hinaus habe sie unabhängig von den Meldungen die zusätzlichen Betten auch tatsächlich geschaffen, sodass diese auch betriebsbereit waren. Dies allein müsse schlussendlich maßgebend sein. Das kein anderer Nachweis als die J. .NRW-Meldungen möglich sei, gehe weder aus dem Gesetz hervor noch aus irgendeiner anderen Äußerung des Beklagten. Das Gesetz sehe auch nicht vor, dass die zusätzlich geschaffenen Kapazitäten in J. .NRW gemeldet werden. Vielmehr sehe der Gesetzestext vor, dass das Krankenhaus zunächst eine Genehmigung erhält und dann die Betten schafft oder umwidmet. Mithin könne es für die Genehmigung nicht auf eine Ist-Meldung ankommen. Darüber hinaus sei der Beklagte auch nicht berechtigt gewesen, mit dem Erfordernis einer Meldung der zusätzlichen Betten in J. .NRW eine weitere materielle Voraussetzung mit Ausschlusswirkung zu schaffen, denn eine solche Meldung sehe die einschlägige bundesrechtliche Regelung nicht vor. Die Förderfähigkeit der Betten scheitere zudem nicht daran, dass es sich um aufgerüstete IMC-Betten handele, denn es reiche aus, dass zusätzliche maschinelle Beatmungsmöglichkeiten geschaffen wurden; ob dies nun durch die Hinzuziehung von Betten anderer Stationen, die Neuaufstellung von Intensivbetten oder die Aufrüstung bereits bestehender Intensivbetten erfolge, sei im Hinblick auf Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung irrelevant. Vielmehr entspreche es im Hinblick auf die besonderen infrastrukturellen Anforderungen an ein Intensivbett mit maschineller Beatmung gerade dem Sinn und Zweck des Gesetzes, Betten einer Intensivstation aufzurüsten. Auch sei es aufgrund der abgefragten Kategorien nicht möglich gewesen, ein IMC-Bett zu melden. Das gleiche Problem habe sich bei der Meldung neonatologischer high care-Betten gestellt. Sie habe 15 solcher Betten zur Verfügung gehabt, diese aber nicht korrekt melden können, da neonatologische Betten in der Koordination des Rettungsdienstes keine Rolle gespielt hätten. Aufgrund dieser mangelhaften Erhebung seien demnach im Endbestand 15 Betten weniger gemeldet gewesen, als für Covid-19-Patienten zur Verfügung gestanden hätten. Des Weiteren zeige auch die Verwaltungspraxis anderer Bundesländer, dass kein Bedürfnis bestanden habe, nur den Nachweis durch Eintragungen in J. .NRW zuzulassen. 13Die Klägerin beantragt, 14die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 21. September 2020 zu verpflichten, elf weitere intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmung zu genehmigen. 15Der Beklagte beantragt, 16die Klage abzuweisen. 17Er trägt vor, zum maßgeblichen Stichtag seien in J. .NRW lediglich 92 high care-Betten gemeldet gewesen. Der Abgleich mit J. .NRW sei auch rechtmäßig, denn es handele sich nicht um eine zusätzliche Voraussetzung oder um eine Präklusionsvorschrift, sondern um eine verfahrensgestaltende Regelung, die er in Ausübung des ihm zukommenden Spielraums zur Verfahrensgestaltung getroffen habe. An einer materiellen Präklusion fehle es schon deshalb, weil die Klägerin ohne weiteres die Möglichkeit gehabt hätte, einen neuen Antrag zu stellen. Den Rückgriff auf J. .NW habe er auch im Sinne einer einheitlichen Verwaltungspraxis bei allen entsprechenden Anträgen vorgenommen. Der Rückgriff auf J. .NRW liege schließlich auch im Interesse der Klägerin, denn der Abgleich sei deutlich schneller und einfacher als der aufwendige Vor-Ort-Abgleich. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem hier in Rede stehenden Genehmigungsverfahren um Massenverwaltung handele und er daher Wert auf eine möglichst schnelle Bescheidung der Anträge gelegt habe. Auf die Verwaltungspraxis in anderen Bundesländern komme es nicht an. Auch seien die aufgerüsteten IMC-Betten generell nicht förderfähig. Erforderlich sei, dass neue Intensivbetten erstmalig aufgestellt würden oder Betten au anderen Stationen auf die Intensivstation verbracht und aufgerüstet würden. 18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Der Einzelrichter ist für die Entscheidung zuständig, nachdem ihm der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 18. Januar 2021 gemäß § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zur Entscheidung übertragen worden ist. 21Die zulässige Klage hat keinen Erfolg; sie ist unbegründet. 22Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die beantragte Genehmigung von elf zusätzlichen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmung nach COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz i.V.m. § 21 Abs. 5 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Der angefochtene Bescheid vom 21.09.2020 erweist sich im Ergebnis als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, §113 Abs. 1 S. 1 und Abs. 5 VwGO. 23Gemäß § 21 Abs. 5 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) erhalten zugelassene Krankenhäuser, die mit Genehmigung der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde zusätzliche intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmung schaffen oder durch die Einbeziehung von Betten aus anderen Stationen vorhalten, für jedes bis zum 30. September 2020 aufgestellte oder vorgehaltene Bett einmalig einen Betrag in Höhe von 50.000,00 Euro aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds. 24Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht, denn für weitere elf Betten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit, die im Aufwachräumen der Beklagten eingerichtet worden sein sollen, ergab sich der Aufwuchs nicht aus den zu berücksichtigenden Einträgen in der J. .NRW-Datenbank. 251. 26Entgegen der Auffassung der Klägerin ist in rechtlicher Hinsicht nichts dagegen zu erinnern, dass der Beklagte sich dazu entscheiden hat, die Datenbank J. .NRW als Nachweis für die Errichtung neuer Intensivbetten mit maschineller Beatmungskapazität zu bestimmen. 27a) 28Insbesondere war es der Klägerin möglich, sämtliche von ihr vorgehaltenen Betten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit ordnungsgemäß in J. -NRW abzubilden. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 der Verordnung zur Aufrechterhaltung und Sicherung intensivmedizinischer Krankenhauskapazitäten (DIVI-IntensivRegister-Verordnung (DIVI-IR-VO) vom 8. April 2020, die am 10. April 2020 in Kraft getreten ist, sind high care-Betten solche mir der Möglichkeit der invasiven maschinellen Beatmung und low care-Betten solche mit der Möglichkeit einer nicht-invasiven maschinellen Beatmung. Diese Kategorien gibt auch J. .NRW vor und sie wurden von dem Beklagten auch der Berechnung des Bettenaufwuchses zu Grunde gelegt. 29Ausweislich der im Verwaltungsvorgang des Beklagten befindlichen Übersicht aus der Berechnungstabelle ist der Beklagte von einem Ausgangsbestand zum 15. März 2020 von 62 Betten mit der Möglichkeit maschineller Beatmung ausgegangen, die sich aus der Summe von 62 high care-Betten mit der Möglichkeit invasiver Beatmung und 0 low care-Betten mit der Möglichkeit nicht-invasiver Beatmung zusammensetzte. Dies entspricht exakt den Angaben der Klägerin in ihrer E-Mail vom 30. Juni 2020, denn sie hat dort angegeben, zum 15. März 2020 über 47 high care-Betten für Erwachsene und 15 high care-Betten für Kinder, jeweils mit der Möglichkeit der maschinellen invasiven Beatmung, verfügt zu haben, insgesamt also 62 high-care-Betten. Zu low care-Betten hat die Klägerin damals und auch im weiteren Verfahren keine Angaben gemacht, sodass der Ausgangswert des Beklagten insoweit nicht fehlsam und nicht ersichtlich ist, welche Betten sie nicht hat melden können. 30Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe die 15 neonatologischen high care-Betten nicht richtig melden können, überzeugt dies nicht, da diese in dem Ausgangswert der high care-Betten zum 15. März 2020 enthalten waren. Zudem wäre es verwunderlich, dass es bei 15 nicht ordnungsgemäß meldefähigen neonatologischen high care-Betten am Ende zu einer Bettendifferenz von 11 Betten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit kommt, nicht jedoch zu einer Differenz von 15 Betten. Insoweit liegt vielmehr nahe, dass die Differenz von 11 Betten jene 11 Betten sind, die die Klägerin zusätzlich in Aufwachräumen eingerichtet haben will. Dass die Klägerin diese nicht in J. .NRW gemeldet haben könnte, legt bereits die E-Mail der Klägerin vom 30. Juni 2020 nahe, denn dort spricht die Klägerin, bezüglich der 30 bereits genehmigten zusätzlichen maschinellen Beatmungskapazitäten davon, dass dieser Aufwuchs ordnungsgemäß in J. .NRW gemeldet worden sei, ein Passus, der bei ihren Ausführungen zu den elf im Aufwachraum eingerichteten weiteren Betten fehlt. Zudem hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass es sich um einen Meldefehler gehandelt habe, die elf Betten also tatsächlich nicht in J. .NRW gemeldet worden sind. 31Auch soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Verfahren ausgeführt hat, die vom Beklagten abgefragten Daten seien nicht geeignet, sämtliche in Krankenhäusern vorgehaltenen Arten von Intensivbetten abzubilden, steht dies einer Eignung einer J. .NRW-Abfrage zur Nachweisführung nicht entgegen, denn es kommt gar nicht darauf an, sämtliche in einem Krankenhaus vorgehaltenen Intensivbetten abzubilden. Für das Genehmigungsverfahren nach § 21 Abs. 5 KHG kommt es allein auf einen Abgleich der intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten mit Möglichkeit der maschinellen Beatmung bis zum 15. März 2020 und ab dem 16. März 2020 an. Dies ist in J. .NRW abbildbar. Ob ein Krankenhaus darüber hinaus noch weitere intensivmedizinische Behandlungskapazitäten ohne Möglichkeit der maschinellen Beatmung vorhält, ist irrelevant. Insbesondere kam es nicht auf die vom der Beklagten zum 15. März 2020 vorgehaltenen 31 IMC-Betten an, denn diese waren ausweislich der E-Mail der Beklagten vom 30. Juni 2020 nicht mit der Möglichkeit der maschinellen Beatmung ausgestattet und damit für die Betrachtung ohne Belang. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin suggerieren möchte, es gebe einen fließenden Übergang vom IMC-, über das low care-, bis zum high care-Bett, je nachdem, wie sich der Zustand des Patienten entwickele, ist dies spätestens mit dem Inkrafttreten der DIVI-IR-VO und der damit einhergehenden Legaldefinition von low care- und high care-Betten, zumindest rechtlich ausgeschlossen. 32b) 33Der Einzelrichter folgt auch nicht der Auffassung der Klägerin, mit der von dem Beklagten geübten Verwaltungspraxis des Abstellens auf die J. .NRW-Meldungen werde faktisch eine materielle Präklusion verfolgt, die dem Wortlaut der bundesrechtlichen Normen des § 21 Abs. 5 KHG widerspreche. 34Die vom Beklagten aufgestellten Fördervoraussetzungen halten sich unter Beachtung des Rechtsstaatsprinzips an den von § 21 Abs. 5 KHG aufgestellten Rahmen. Der Bundesgesetzgeber hat mit dieser Regelung die Förderung zusätzlicher intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit durch Aufstellung von Betten oder durch Einbeziehung von Betten anderen Stationen ermöglicht und dafür für jedes bis zum 30.09.2020 aufgestellte oder vorgehaltene Bett einmalig einen Betrag in Höhe von 50.000,00 EUR aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds bereitgestellt. Die materielle Prüfung der Fördervoraussetzungen erfolgt durch die für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörden (§ 21 Abs. 5 Satz 1 KHG); nach durchgeführter Genehmigung erfolgt die Auszahlung durch das Bundesamt für Soziale Sicherung (§ 21 Abs. 5 Satz 3 KHG). Die Durchführung der Genehmigungsverfahren wird den für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörden überlassen und damit der jeweiligen Landesverwaltungspraxis unterworfen. Insoweit können die Bundesländer jeweils unterschiedliche Anforderungen an den Nachweis aufstellen, z.B. durch Förderrichtlinien. Die von dem Ministerium aufgestellten Grundsätze des Förderverfahrens sind niedergelegt in dem den antragstellenden Krankenhäusern zugänglich gemachten „Ergänzenden Merkblatt für die Pauschale für die Schaffung zusätzlich intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten nach § 21 Abs. 5 KHG i.V.m. COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz“ und in der innerministeriellen Handreichung Auswahlverfahren „Soforthilfe zum Aufbau von Beatmungsplatzkapazitäten“ (Beatmungsgeräte) und „Förderung zusätzlicher Intensivkapazitäten mit maschineller Beatmung“ (Intensivbetten). 35Diese Fördergrundsätze unterliegen der rechtlichen Charakterisierung als förderrichtlinien-ähnliche Vorgaben, die das Verwaltungshandeln der Genehmigungsbehörde zu steuern geeignet sind. Sie bewirken eine interne rechtliche Bindung des Verwaltungshandelns. Eine über die der Verwaltungsvorschrift innewohnende interne Bindung der Verwaltung hinausgehende anspruchsbegründende Außenwirkung wird nur durch den Gleichheitssatz und das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot des Vertrauensschutzes vermittelt, jedoch nur in der Ausprägung, welche die Verwaltungsvorschriften durch die ständige Verwaltungspraxis gefunden haben. 36OVG Nds., Beschluss vom 07.10 2011 – 8 LA 93/11 -, in: juris (Rn. 6) m.w.N.;vgl. auch Urteil der Kammer vom 19.02.2021 – 21 K 3928/20 ‑. 37Maßgeblich ist mithin, wie die zur Anwendung der Verwaltungsvorschriften berufenen Behörden die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, vom Urheber der Vorschrift gebilligter oder jedenfalls geduldeter Praxis gehandhabt haben und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den grundgesetzlichen Gleichheitssatz gebunden sind. 38OVG Nds., Beschluss vom 07.10.2011 – 8 LA 93/11 -, in: juris (Rn. 6) m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 03.09.2002 – 15 A 2777/00 -, in: juris (Rn. 36). 39Hält sich die Bewilligungsbehörde an die Förderrichtlinien, ist sie durch den Gleichheitssatz verpflichtet, dies auch weiterhin zu tun, sofern nicht sachliche Gründe eine Abweichung rechtfertigen oder gar gebieten. 40BVerwG, Urteil vom 25.04.2012 – 8 C 18/11 -, in: juris (Rn. 32). 41Weicht die Behörde indes generell von den Förderrichtlinien ab, so verlieren diese ihre ermessensbindende Wirkung, sodass sich die Vereinbarkeit des Verwaltungshandelns mit dem Gleichheitssatz dann nur noch nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis beurteilt. 42BVerwG, Urteil vom 25.04.2012 – 8 C 18/11 -, in: juris (Rn. 32). 43Gemessen an diesen Voraussetzungen stellt sich die Entscheidung des Beklagten, die Genehmigung zu versagen, als rechtmäßig dar. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz setzt im Regelfall die Feststellung einer ansonsten abweichenden Verwaltungspraxis voraus. 44Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2003 – 3 C 25/02 -, in: juris (rn. 18). 45An einer solch abweichenden Verwaltungspraxis fehlt es vorliegend. Der Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass er bei der Antragstellung aller interessierten Krankenhäuser, die Überprüfung des Bettenbestandes auf zusätzliche Intensivbetten mit maschineller Beatmungskapazität mit dem Abgleich der in dem landeseigenen Meldesystem J. .NRW hinterlegten Intensivbetten abhängig gemacht hat. Damit hat er allen antragstellenden Krankenhäusern ‑ und damit auch der Klägerin ‑ ermöglicht, durch die Eintragung in J. .NRW im Sinne einer „Selbstauskunft“, 46Nr. 1 Pkt. 4 der Handreichung Auswahlverfahren „Soforthilfe zum Aufbau von Beatmungsplatzkapazitäten“ (Beatmungsgeräte) und „Förderung zusätzlicher Intensivkapazitäten mit maschineller Beatmung“ (Intensivbetten), 47den Nachweis für die Schaffung der zusätzlichen Bettenkapazität zu erbringen. 48Nach den Fördergrundsätzen ist für die Bestimmung der förderungsfähigen intensivmedizinischen Kapazitäten der tatsächlich aufgestellte Bettenbestand zum 16.03.2020 maßgebend. Für die zweite Prüfungsrunde (Anträge nach dem 21.04.2020) wurde der Stichtag 01./02.07.2020 ausgewählt. Das Verfahren sieht die Nutzung von Formblättern vor. Mit dem Nachweis des tatsächlichen intensivmedizinischen Bettenbestandes zu einem bestimmten Zeitpunkt ist die Eintragung der intensivmedizinischen Kapazitäten im landeseigenen Meldesystem J. .NRW verbunden. Es erfolgt ein entsprechender Abgleich der beantragten zusätzlichen Betten mit den in J. .NRW hinterlegten Intensivbetten. Darauf wurden die antragstellenden Krankenhäuser zudem mit Begleit-E-Mails hingewiesen (vgl. E-Mail an die Klägerin vom 18.06.2020). 49Die für das Förderverfahren niedergelegten Vorgaben widersprechen nicht dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, da sie geeignet, erforderlich und angemessen sind. Mit dem Eintrag im Meldesystem J. .NRW konnten die antragstellenden Krankenhäuser, die das Meldeportal J. .NRW ohnehin auch in anderen Angelegenheiten des Krankenhausbetriebs nutzen, ohne großen Aufwand, zeitnah und wenig personalintensiv die Voraussetzungen für eine Förderung nachweisen. Die Klägerin trägt nicht vor, dass es ihr tatsächlich unmöglich gewesen wäre, das Meldeportal J. .NRW zu nutzen. Für den Nachweis des Aufwuchses an Beatmungskapazitäten war damit der Eintrag im Meldeportal J. .NRW (auch für die Klägerin) geeignet. Letztlich bedeutet der vorgeschriebene Nachweis nichts anderes als die Verwendung eines (elektronischen) Formulars. 50Der Einzelrichter tritt der Auffassung der Klägerin nicht bei, dem Beklagten sei es unproblematisch möglich gewesen, zum Zeitpunkt der Antragstellung den tatsächlichen Aufwuchs und den hieraus resultierenden Refinanzierungsaufwand unabhängig von einer Meldung in einem Datenportal zu ermitteln. Zwar mag die Vorlage von Nachweisen (z.B. Kaufvertrag oder Aufstellplänen etc.) eine denkbare Möglichkeit sein; der Beklagte hat sich in seiner Verwaltungspraxis – wie dargestellt zulässigerweise – auf den Eintrag in J. .NRW beschränkt. Soweit die Klägerin mit ihrem Einwurf vorbringen will, der Beklagte hätte bei Zweifeln an der Richtigkeit von Angaben auch selbst vor Ort im Krankenhaus ermitteln können, erscheint dies lebensfremd. Dies widerspricht den allgemein bekannten tatsächlichen Verhältnissen im Rahmen der Pandemielage im Jahr 2020. Über den höherer verwaltungstechnischer Aufwand (z.B. Vorlage von Rechnungen, Auslieferungsbelegen, Aufstellungsdokumentationen) hätte dies einen höherer personeller Aufwand (z.B. Nachprüfung der vorgelegten Dokumente, Überprüfung vor Ort in den Krankenhäusern (z.B. durch Beschäftigte der zuständigen Behörden) bedeutet, der verbunden gewesen wäre mit hoher zeitlicher Inanspruchnahme. Dies widersprach zum damaligen Zeitpunkt der überwiegend vertretenen fachlichen Vorgaben der Reduzierung persönlicher Kontakte und der Notwendigkeit zügigen Eingreifens im Rahmen der Pandemielage unter schneller Schaffung finanzieller Mittel für die betroffenen Krankenhäuser zur Schaffung der erwünschten Kapazitäten unter beständiger Vorgabe der Herabsetzung des allgemeinen Infektionsrisikos. 51BT-Drs. 19/18112, passim, vgl. nur S. 2, 3, 21 f. 52Soweit die Klägerin darauf hinweist, die Verwaltungspraxis in anderen Bundesländer zeige, dass auch ein anderer Nachweis zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten möglich sei 53‑ Antragstellung versehen mit Nachweisen (Angaben zum maschinellen Beatmungsgerät, Rechnungen, Lieferscheine sowie Auflistungen), verbunden mit Schilderung der intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten vor der Pandemie sowie die getroffenen Anpassungsmöglichkeiten (Auflistung des Bestandes an Beatmungsgeräten vor und nach den Anpassungsnahmen unter Angabe der Bezeichnung, des Herstellers, der ID-Nummer, der Seriennummer sowie des IMT-Typ; Lageplan, in welchem Bereich Umbaumaßnahmen zum Betrieb der zusätzlichen Beatmungsplätze getroffen wurden) ‑, 54steht dies nicht der vom Land Nordrhein-Westfalen ausgewählten Verwaltungspraxis entgegen, die den Nachweis an den Eintrag in der Datenbank J. .NRW vorgesehen hat und damit den Weg zur möglichen Detailprüfung in einem subventionsrechtlichen Nachprüfungsverfahren – zum Zweck der Überprüfung, ob die beantragten und genehmigten zusätzlichen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit tatsächlich geschaffen worden sind ‑ eröffnet hat. Der Beklagte hat sich im Rahmen des ihm eingeräumten weiten Ermessens zur Regelung seiner Verwaltungspraxis gegen die von der Klägerin vorgeschlagenen aufwendigen Nachweismöglichkeiten zum Zeitpunkt der Genehmigungsentscheidung und für die Form einer „Selbstauskunft“ entschieden. Es ist dem Einzelrichter nicht ersichtlich, dass der Beklagte mit einer solchen letztlich den beteiligten Krankenhäuser entgegenkommende Lösung den rechtsstaatlichen Rahmen der Gestaltung seiner Verwaltungspraxis verlassen hätte. Im Übrigen ist damit eine auch in anderen Subventionsverfahren nicht unübliche Praxis der „Nachkontrolle“ verbunden, beispielsweise durch spätere Überprüfung der tatsächlichen Verhältnisse nach Vorlage von Verwendungsnachweisen. Auch in den vorliegenden Fällen der Förderung zusätzlicher Intensivbehandlungskapazitäten im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie erscheint eine spätere „Nachkontrolle“ genehmigter Kapazitäten und bewilligter Auszahlungen durch die zuständigen Behörden nicht ausgeschlossen. 55Durch die Abfrage der Daten aus J. .NRW zu bestimmten Stichtagen ist auch keine materielle Präklusion eingetreten, da die Krankenhäuser stets weitere Anträge stellen konnte, sie also nicht aufgrund einer fehlerhaften Eintragung in J. .NRW zu einem bestimmten Stichtag von der Leistung ausgeschlossen waren. Hierauf wurde die Klägerin sowohl in dem Bescheid vom 3. Juni 2020 als auch in der E-Mail vom 18. Juni 2020 hingewiesen. In dieser Mail heißt es: 5657Hierzu hat das MAGS die Anträge mit den Meldungen in J. .NRW zum Stichtag 21.04.2020 abgeglichen. Die Meldung in J. .NRW ist für die Krankenhäuser verpflichtend und wird auch zukünftig im Antragsverfahren berücksichtigt. In einigen Fällen kam es wie bei Ihnen deshalb zu einer teilweisen Genehmigung. 58Es steht Ihnen frei, weitere Anträge zu stellen. Voraussetzung ist immer. Dass die Kapazitäten tatsächlich geschaffen worden sind. 59Hieraus wird nicht nur deutlich, dass die Meldungen in J. .NRW maßgeblich für die Antragsbearbeitung sind, sondern durch die Verwendung des Plurals („weitere Anträge“), dass auch mehrere Wiederholungsanträge möglich sind, sofern die tatsächlich weitere Kapazitäten geschaffen und diese in J. .NRW gemeldet worden sind. Dass ein entsprechender Hinweis nicht auch noch in dem angefochtenen Bescheid vom 21. September 2021 enthalten ist, ist vor diesem Hintergrund unschädlich. 602. 61Jedoch selbst wenn die Klägerin die elf in den Aufwachräumen geschaffenen weiteren intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmung ordnungsgemäß in J. .NRW gemeldet hätte oder diese nun noch nachmelden oder den Nachweis auf andere Weise erbringen könnte, hätte sie – selbständig tragend – keine Anspruch auf die Genehmigung weiterer elf intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmung, denn mit den bereits genehmigten 30 Kapazitäten wäre dieser Anspruch bereits erfüllt, da die Klägerin keinen Anspruch auf Genehmigung dieser Betten hatte, denn diese stammten nach den Angaben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung aus der Abteilung Intensivmedizin. 62Die Kammer – und sich dieser anschließend der Einzelrichter ‑ vertritt die Auffassung, 63Urteil vom 19.02.2021 – 4112/20 ‑, 64dass die Nachrüstung bestehender intensivmedizinischer Betten mit Beatmungsgeräten die gesetzlichen Voraussetzungen für die Genehmigung nach § 21 Abs. 5 Satz 1 KHG durch die für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde nicht erfüllt. 65Für diese Auslegung spricht Sinn und Zweck der Regelung, die die erforderlichen Kapazitäten im Rahmen der Pandemie schaffen will. § 21 Abs. 5 Satz 1 KHG wurde im Rahmen des COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetzes eingefügt. Damit wollte der Gesetzgeber leistungsfähige Intensivmedizin fördern, die in der Lage ist, einen effektiven Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie zu leisten. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass es aufgrund der COVID-19-Pandemie einen erwartbar steigenden Bedarf an Intensiv- und Beatmungskapazitäten geben wird, daher sollten die Krankenhäuser für zusätzlich provisorisch geschaffene oder vorgehaltene Intensivbetten einen Bonus erhalten. 66BT-Drs. 19/18112, S. 21. 67Mit Aufstellung von Betten ist die Schaffung gänzlich neuer Bettenkapazitäten gemeint, was bei der bloßen Aufrüstung bereits vorhandener Betten nicht der Fall ist. Auch die Einbeziehung von Betten anderer Stationen spricht vorliegend dafür, dass es sich um Betten handeln muss, die nicht der Intensivstation zugehören, denn dann würde es sich um Betten derselben Station handeln. 68Das Ziel der Erhöhung von Bettenkapazitäten für die Behandlung von COVID-19-Erkrankten durch Schaffung zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten wird aber nicht erreicht, wenn bestehende Intensivbetten lediglich aufgerüstet werden, denn dadurch wird keine zusätzliche intensivmedizinische Behandlungskapazität geschaffen. 69Daher sollte der Pauschbetrag von 50.000,00 Euro auch ausdrücklich für zusätzlich geschaffene oder vorgehaltene Intensivbetten gezahlt werden. 70BT-Drs. 19/18112, S. 2. 71Da der Gesetzgeber vor diesem Hintergrund auch von einem steigenden Bedarf an Intensivbetten ohne Beatmungsmöglichkeit ausgegangen ist, war die Aufrüstung bereits bestehender Intensivkapazitäten mangels zusätzlicher Bereitstellung für ihn kein förderungswürdiger Vorgang. Vielmehr sollte nach seiner Intention die Förderung daran geknüpft werden, dass die zusätzlich vorgehaltenen oder geschaffenen Intensivbetten über eine maschinelle Beatmungsmöglichkeit verfügen. 72BT-Drs. 19/18112, S. 28. 73Vor diesem Hintergrund wird hinreichend deutlich, dass der Gesetzgeber die Förderung an zwei Voraussetzungen knüpfen wollte. Zum einen mussten zusätzliche Intensivbetten geschaffen werden, sei es durch Neuaufstellung oder Einbeziehung von Betten anderer (Nicht-Intensiv-) Stationen, und zum anderen mussten diese zusätzlichen Betten mit der Möglichkeit zur maschinellen Beatmung ausgestattet werden. 74Gegen diese Auslegung der Bestimmung des § 21 Abs. 5 S. 1 KHG spricht auch nicht, dass – wie die Prozessbevollmächtigten nochmals in der mündlichen Verhandlung auch unter Hinweis auf die „Empfehlungen zur Struktur und Ausstattung von Intensivstationen ‑ Hintergrundtext ‑, verabschiedet mit Beschluss des Präsidiums der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) vom 30.11.2010“ vorgetragen haben ‑ ein Ausbau einer Intensivstation mit erheblichen technischen, baulichen und infrastrukturellen Schwierigkeiten sowie mit personellen Notwendigkeiten verbunden ist, die nicht in kurzen Zeit erreicht werden könnten, so dass aufgrund dessen dem Willen des Gesetzgebers zum raschen Aufbau von Beatmungskapazitäten keineswegs rechtzeitig hätte nachgekommen werden können. Diese Überlegungen müssten auch bei der Auslegung des gesetzlichen Tatbestandes berücksichtigt werden; dem Willen des Gesetzgebers werde man nur gerecht, wenn auch eine Aufrüstung bestehender Intensivbetten im Sinne des § 21 Abs. 5 Satz 1 KHG genehmigungsfähig sei. 75Dieser Argumentation steht entgegen, dass der Gesetzgeber im Rahmen der COVID-19-Pandemie auch von einem steigenden Bedarf an Intensivbetten ohne Beatmungsmöglichkeit ausgegangen ist. Dieser steigende Bedarf hätte nicht dadurch gedeckt werden können, die bestehenden Intensivbetten – ohne ihre Anzahl zu erhöhen – mit Beatmungskapazität auszustatten, wie die Klägerin vorbringt. Davon abgesehen, kann die Kammer nicht erkennen, dass es anderen Krankenhäusern, als dem der Klägerin, nicht möglich gewesen wäre, bestehende Strukturen in den Intensivstationen durch zusätzliche Intensivbetten auszubauen und mit der erforderlichen Beatmungskapazität auszustatten. 76Maßgeblich ist auch nicht der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Stationsbegriff des § 2 Abs. 4 Satz 1 Pflegepersonaluntergrenzen -Verordnung (PPuGV). Unabhängig davon, dass die Klägerin es versäumt hat substantiiert darzulegen, dass die aufgerüsteten IMC-Betten der Abteilung Intensivmedizin tatsächlich nicht der Intensivstation im engeren Sinne zugeordnet waren, kommt es hierauf im Ergebnis auch nicht an. Das Maß an intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten, welches der Gesetzgeber durch die Einführung des § 21 Abs. 5 KHG hat aufstocken wollen, bestimmt sich nach dem krankenhausplanerisch festgestellten intensivmedizinischen Versorgungsauftrag eines jeden Krankenhauses. Nur wenn nach dem Aufwuchs der Kapazitäten die Zahl intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten des Krankenhauses im Vergleich zu der im Feststellungsbescheid ausgewiesenen Anzahl der Intensivpflegebetten am Ende steigt, ist das gesetzgeberische Ziel erreicht, unabhängig davon, wo die ursprünglichen Intensivpflegebetten vormals räumlich und organisatorisch zugeordnet waren. Hierfür spricht auch das in § 21 Abs. 5 Satz 1 KHG festgelegte Genehmigungserfordernis für die neuen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmung, denn krankenhausplanerisch wird lediglich eine bestimmte Anzahl von Intensivpflegebetten genehmigt, ohne deren konkrete Ausstattung zu bestimmen. Werden aufgrund des Feststellungsbescheides bereits genehmigte Intensivpflegebetten mit eine Möglichkeit zur maschinellen Beatmung aufgerüstet, so bedürfte es hierfür keiner gesonderten Genehmigung durch die für Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde. Einer solchen bedarf es nur, wenn neue, bisher vom Feststellungsbescheid nicht erfasste intensivmedizinische Behandlungskapazitäten aufgestellt oder Betten, die nicht Intensivpflegebetten sind, umgewidmet werden. 77Da die Klägerin mit der Aufrüstung der 30 IMC-Betten die dargestellten Voraussetzungen des § 21 Abs. 5 Satz 1 KHG schon nicht erfüllt hat, im Ergebnis mithin bereits 30 zusätzliche Kapazitäten zu viel genehmigt worden sind, hat sie gegen den Beklagten auch unter diesem Gesichtspunkt keinen Anspruch auf die Genehmigung weiterer elf intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmung. 783. 79Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 80Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO, 709 Zivilprozessordnung. 81Rechtsmittelbelehrung: 82Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 83Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 84Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 85Die Berufung ist nur zuzulassen, 861. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 872. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 883. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 894. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 905. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 91Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 92Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 93Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 94Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 95Beschluss: 96Der Streitwert wird auf 550.000,00 Euro festgesetzt. 97Gründe: 98Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 3 GKG erfolgt. 99Rechtsmittelbelehrung: 100Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 101Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 102Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 103Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 104Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 105War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2die klägerin ist trägerin des i. l. l1. , welches mit feststellungsbescheid der bezirksregierung e. vom 11. februar 2019 in den krankenhausplan des landes nordrhein-westfalen aufgenommen worden ist. 3am 7. april 2020 beantragte die klägerin bei dem beklagten im zusammenhang mit der covid-19-pandemie die genehmigung zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungskapazitäten mit maschineller beatmung. in dem antrag gab sie an, bis zum 16. märz 2020 über 31 intensivmedizinische betten ohne maschinelle beatmung (icu low care) und 52 betten mit maschineller beatmung (icu high care) verfügt zu haben. ab dem 16. märz 2020 halte sie weitere 41 high care-betten vor. 4unter dem 9. april 2020 legte die klägerin den antrag erneut auf einem abgeänderten formblatt vor. dort gab sie an, am 15. märz 2020 über 31 betten intensivmedizinische betten mit nicht-invasiver beatmung (icu low care) und 52 betten mit invasiver beatmung (icu high care) verfügt zu haben und ab dem 16. märz 2021 weitere 41 intensivmedizinische betten mit invasiver beatmung (icu high care) vorzuhalten. 5mit teilgenehmigungsbescheid vom 3. juni 2020 genehmigte der beklagte die aufstellung von 5 der beantragten 41 high care-betten und lehnte den antrag im übrigen ab. zur begründung führte der beklagte aus, dass der dargelegte aufwuchs nicht gänze den in j. .nrw zur verfügung stehenden intensivbetten entspreche. genehmigt und anschließend gefördert werden könnten nur zur verfügung stehende intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit. der klägerin stehe es jedoch frei, falls sie weitere bettenkapazitäten geschaffen habe oder vorhalte, einen erneuten antrag auf genehmigung zu stellen. 6am 9. juni 2020 meldete sich die klägerin per e-mail bei dem beklagten und teilte im ergebnis mit, dass sie nicht nachvollziehen könne, dass ihr lediglich fünf zusätzliche betten genehmigt worden seien. sie habe in den letzten wochen in erheblichem umfang intensiv- und beatmungspflichtige covid-19-patienten behandelt, auch aus dem ausland. den kapazitätsausbau habe sie auch in j. .nrw gemeldet. 7mit e-mail vom 18. juni 2020 führte der beklagte gegenüber der klägerin aus, dass nur tatsächliche geschaffene kapazitäten berücksichtigt werden könnten. hierzu gleiche er die anträge und die meldungen aus j. .nrw zum 21. april 2020 ab. die meldung in j. .nrw sei für die krankenhäuser verpflichtend und werde auch künftige im antragsverfahren berücksichtiget, daher sei es in einigen fällen, zu teilgenehmigungen gekommen, wie auch bei der klägerin. es stehe der klägerin indes frei, weitere anträge zu stellen. voraussetzung sei immer, dass die kapazitäten auch tatsächlich geschaffen worden seien. 8am 25. juni 2020 meldete sich die klägerin erneut per e-mail bei dem beklagten und legte dar, dass sie die entscheidung weiterhin nicht nachvollziehen könne. aus der meldehistorie in j. .nrw sei nachvollziehbar, dass am 1. märz 2020 34 high care-betten, am 6. april 2020 44 high care-betten, am 10. april 2020 48 high care-betten und später 64 high care-betten gemeldet gewesen seien. diese seien auch zur patientenversorgung tatsächlich genutzt worden. zum nachweis legte sie einen ausdruck aus j. nrw für den zeitraum vom 6. april 2020 bis zum 21. april 2020 bei. aus diesem ging hervor, dass die beklagte zum 1. märz 2020 26 low care-betten und 34 high care-betten aufgestellt hatte. 9am 30. juni 2020 beantragte die klägerin bei dem beklagten erneut die genehmigung der aufstellung von 41 high care-betten. hierzu führte sie aus, dass sie beim erstantrag vom 9. april 2020 versehentlich falsche zahlen angegeben habe. zum 15. märz 2020 habe sie insgesamt 47 high care-betten für erwachsene und 15 high care-betten für kinder sowie 31 imc-betten ohne möglichkeit der maschinellen beatmung für erwachsene betrieben. bis zum april seien dann weitere kapazitäten geschaffen worden so dass sie auf 77 high care-betten für erwachsene und 15 high care-betten für kinder gekommen sei. der aufbau dieser kapazitäten sei auch fortlaufend und nachvollziehbar in j. -nrw gemeldet worden. des weiteren seien mitte april vorbereitungen zur inbetriebnahme weitere 11 high care-betten getroffen worden. diese betten hätten im bedarfsfall binnen einer stunde in betrieb genommen werden können. 10mit teilgenehmigungsbescheid vom 21. september 2020 genehmigte der beklagte dann die aufstellung 25 weiterer high care-betten und lehnte den antrag im übrigen ab. zur begründung führte sie aus, dass der dargelegte aufwuchs an zusätzlichen intensivmedizinischen behandlungskapazitäten nicht im vollen umfang in j. .nrw abgebildet sei. genehmigt und anschließend gefördert werden könnten nur bereitgestellte intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit. 11gegen diesen bescheid hat die klägerin am 21. oktober 2020 klage erhoben. 12sie trägt vor, die ablehnende entscheidung sei mangels vortrages und vorlage der vermeintlichen j. .nrw-meldung nicht nachvollziehbar. tatsächlich habe sie ende juni den ausgangswert von 62 betten in j. .nrw angegeben und nachfolgend einen aufwuchs von 41 betten ebenfalls in j. .nrw hinterlegt. wie der beklagte zu einer anderen einschätzung komme, sei nicht nachvollziehbar. darüber hinaus habe sie unabhängig von den meldungen die zusätzlichen betten auch tatsächlich geschaffen, sodass diese auch betriebsbereit waren. dies allein müsse schlussendlich maßgebend sein. das kein anderer nachweis als die j. .nrw-meldungen möglich sei, gehe weder aus dem gesetz hervor noch aus irgendeiner anderen äußerung des beklagten. das gesetz sehe auch nicht vor, dass die zusätzlich geschaffenen kapazitäten in j. .nrw gemeldet werden. vielmehr sehe der gesetzestext vor, dass das krankenhaus zunächst eine genehmigung erhält und dann die betten schafft oder umwidmet. mithin könne es für die genehmigung nicht auf eine ist-meldung ankommen. darüber hinaus sei der beklagte auch nicht berechtigt gewesen, mit dem erfordernis einer meldung der zusätzlichen betten in j. .nrw eine weitere materielle voraussetzung mit ausschlusswirkung zu schaffen, denn eine solche meldung sehe die einschlägige bundesrechtliche regelung nicht vor. die förderfähigkeit der betten scheitere zudem nicht daran, dass es sich um aufgerüstete imc-betten handele, denn es reiche aus, dass zusätzliche maschinelle beatmungsmöglichkeiten geschaffen wurden; ob dies nun durch die hinzuziehung von betten anderer stationen, die neuaufstellung von intensivbetten oder die aufrüstung bereits bestehender intensivbetten erfolge, sei im hinblick auf wortlaut sowie sinn und zweck der regelung irrelevant. vielmehr entspreche es im hinblick auf die besonderen infrastrukturellen anforderungen an ein intensivbett mit maschineller beatmung gerade dem sinn und zweck des gesetzes, betten einer intensivstation aufzurüsten. auch sei es aufgrund der abgefragten kategorien nicht möglich gewesen, ein imc-bett zu melden. das gleiche problem habe sich bei der meldung neonatologischer high care-betten gestellt. sie habe 15 solcher betten zur verfügung gehabt, diese aber nicht korrekt melden können, da neonatologische betten in der koordination des rettungsdienstes keine rolle gespielt hätten. aufgrund dieser mangelhaften erhebung seien demnach im endbestand 15 betten weniger gemeldet gewesen, als für covid-19-patienten zur verfügung gestanden hätten. des weiteren zeige auch die verwaltungspraxis anderer bundesländer, dass kein bedürfnis bestanden habe, nur den nachweis durch eintragungen in j. .nrw zuzulassen. 13die klägerin beantragt, 14die beklagte unter entsprechender aufhebung des bescheides vom 21. september 2020 zu verpflichten, elf weitere intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmung zu genehmigen. 15der beklagte beantragt, 16die klage abzuweisen. 17er trägt vor, zum maßgeblichen stichtag seien in j. .nrw lediglich 92 high care-betten gemeldet gewesen. der abgleich mit j. .nrw sei auch rechtmäßig, denn es handele sich nicht um eine zusätzliche voraussetzung oder um eine präklusionsvorschrift, sondern um eine verfahrensgestaltende regelung, die er in ausübung des ihm zukommenden spielraums zur verfahrensgestaltung getroffen habe. an einer materiellen präklusion fehle es schon deshalb, weil die klägerin ohne weiteres die möglichkeit gehabt hätte, einen neuen antrag zu stellen. den rückgriff auf j. .nw habe er auch im sinne einer einheitlichen verwaltungspraxis bei allen entsprechenden anträgen vorgenommen. der rückgriff auf j. .nrw liege schließlich auch im interesse der klägerin, denn der abgleich sei deutlich schneller und einfacher als der aufwendige vor-ort-abgleich. hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem hier in rede stehenden genehmigungsverfahren um massenverwaltung handele und er daher wert auf eine möglichst schnelle bescheidung der anträge gelegt habe. auf die verwaltungspraxis in anderen bundesländern komme es nicht an. auch seien die aufgerüsteten imc-betten generell nicht förderfähig. erforderlich sei, dass neue intensivbetten erstmalig aufgestellt würden oder betten au anderen stationen auf die intensivstation verbracht und aufgerüstet würden. 18wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte sowie den beigezogenen verwaltungsvorgang des beklagten bezug genommen. 19
20der einzelrichter ist für die entscheidung zuständig, nachdem ihm der rechtsstreit durch beschluss der kammer vom 18. januar 2021 gemäß § 6 abs. 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) zur entscheidung übertragen worden ist. 21die zulässige klage hat keinen erfolg; sie ist unbegründet. 22die klägerin hat keinen anspruch auf die beantragte genehmigung von elf zusätzlichen intensivmedizinischen behandlungskapazitäten mit maschineller beatmung nach covid-19-krankenhausentlastungsgesetz i.v.m. § 21 abs. 5 krankenhausfinanzierungsgesetz (khg). der angefochtene bescheid vom 21.09.2020 erweist sich im ergebnis als rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, §113 abs. 1 s. 1 und abs. 5 vwgo. 23gemäß § 21 abs. 5 krankenhausfinanzierungsgesetz (khg) erhalten zugelassene krankenhäuser, die mit genehmigung der für die krankenhausplanung zuständigen landesbehörde zusätzliche intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmung schaffen oder durch die einbeziehung von betten aus anderen stationen vorhalten, für jedes bis zum 30. september 2020 aufgestellte oder vorgehaltene bett einmalig einen betrag in höhe von 50.000,00 euro aus der liquiditätsreserve des gesundheitsfonds. 24diese voraussetzungen erfüllt die klägerin nicht, denn für weitere elf betten mit maschineller beatmungsmöglichkeit, die im aufwachräumen der beklagten eingerichtet worden sein sollen, ergab sich der aufwuchs nicht aus den zu berücksichtigenden einträgen in der j. .nrw-datenbank. 251. 26entgegen der auffassung der klägerin ist in rechtlicher hinsicht nichts dagegen zu erinnern, dass der beklagte sich dazu entscheiden hat, die datenbank j. .nrw als nachweis für die errichtung neuer intensivbetten mit maschineller beatmungskapazität zu bestimmen. 27a) 28insbesondere war es der klägerin möglich, sämtliche von ihr vorgehaltenen betten mit maschineller beatmungsmöglichkeit ordnungsgemäß in j. -nrw abzubilden. nach § 1 abs. 2 satz 1 nr. 1 und 2 der verordnung zur aufrechterhaltung und sicherung intensivmedizinischer krankenhauskapazitäten (divi-intensivregister-verordnung (divi-ir-vo) vom 8. april 2020, die am 10. april 2020 in kraft getreten ist, sind high care-betten solche mir der möglichkeit der invasiven maschinellen beatmung und low care-betten solche mit der möglichkeit einer nicht-invasiven maschinellen beatmung. diese kategorien gibt auch j. .nrw vor und sie wurden von dem beklagten auch der berechnung des bettenaufwuchses zu grunde gelegt. 29ausweislich der im verwaltungsvorgang des beklagten befindlichen übersicht aus der berechnungstabelle ist der beklagte von einem ausgangsbestand zum 15. märz 2020 von 62 betten mit der möglichkeit maschineller beatmung ausgegangen, die sich aus der summe von 62 high care-betten mit der möglichkeit invasiver beatmung und 0 low care-betten mit der möglichkeit nicht-invasiver beatmung zusammensetzte. dies entspricht exakt den angaben der klägerin in ihrer e-mail vom 30. juni 2020, denn sie hat dort angegeben, zum 15. märz 2020 über 47 high care-betten für erwachsene und 15 high care-betten für kinder, jeweils mit der möglichkeit der maschinellen invasiven beatmung, verfügt zu haben, insgesamt also 62 high-care-betten. zu low care-betten hat die klägerin damals und auch im weiteren verfahren keine angaben gemacht, sodass der ausgangswert des beklagten insoweit nicht fehlsam und nicht ersichtlich ist, welche betten sie nicht hat melden können. 30soweit die klägerin vorträgt, sie habe die 15 neonatologischen high care-betten nicht richtig melden können, überzeugt dies nicht, da diese in dem ausgangswert der high care-betten zum 15. märz 2020 enthalten waren. zudem wäre es verwunderlich, dass es bei 15 nicht ordnungsgemäß meldefähigen neonatologischen high care-betten am ende zu einer bettendifferenz von 11 betten mit maschineller beatmungsmöglichkeit kommt, nicht jedoch zu einer differenz von 15 betten. insoweit liegt vielmehr nahe, dass die differenz von 11 betten jene 11 betten sind, die die klägerin zusätzlich in aufwachräumen eingerichtet haben will. dass die klägerin diese nicht in j. .nrw gemeldet haben könnte, legt bereits die e-mail der klägerin vom 30. juni 2020 nahe, denn dort spricht die klägerin, bezüglich der 30 bereits genehmigten zusätzlichen maschinellen beatmungskapazitäten davon, dass dieser aufwuchs ordnungsgemäß in j. .nrw gemeldet worden sei, ein passus, der bei ihren ausführungen zu den elf im aufwachraum eingerichteten weiteren betten fehlt. zudem hat der prozessbevollmächtigte der klägerin in der mündlichen verhandlung angegeben, dass es sich um einen meldefehler gehandelt habe, die elf betten also tatsächlich nicht in j. .nrw gemeldet worden sind. 31auch soweit der prozessbevollmächtigte der klägerin im verfahren ausgeführt hat, die vom beklagten abgefragten daten seien nicht geeignet, sämtliche in krankenhäusern vorgehaltenen arten von intensivbetten abzubilden, steht dies einer eignung einer j. .nrw-abfrage zur nachweisführung nicht entgegen, denn es kommt gar nicht darauf an, sämtliche in einem krankenhaus vorgehaltenen intensivbetten abzubilden. für das genehmigungsverfahren nach § 21 abs. 5 khg kommt es allein auf einen abgleich der intensivmedizinischen behandlungskapazitäten mit möglichkeit der maschinellen beatmung bis zum 15. märz 2020 und ab dem 16. märz 2020 an. dies ist in j. .nrw abbildbar. ob ein krankenhaus darüber hinaus noch weitere intensivmedizinische behandlungskapazitäten ohne möglichkeit der maschinellen beatmung vorhält, ist irrelevant. insbesondere kam es nicht auf die vom der beklagten zum 15. märz 2020 vorgehaltenen 31 imc-betten an, denn diese waren ausweislich der e-mail der beklagten vom 30. juni 2020 nicht mit der möglichkeit der maschinellen beatmung ausgestattet und damit für die betrachtung ohne belang. soweit der prozessbevollmächtigte der klägerin suggerieren möchte, es gebe einen fließenden übergang vom imc-, über das low care-, bis zum high care-bett, je nachdem, wie sich der zustand des patienten entwickele, ist dies spätestens mit dem inkrafttreten der divi-ir-vo und der damit einhergehenden legaldefinition von low care- und high care-betten, zumindest rechtlich ausgeschlossen. 32b) 33der einzelrichter folgt auch nicht der auffassung der klägerin, mit der von dem beklagten geübten verwaltungspraxis des abstellens auf die j. .nrw-meldungen werde faktisch eine materielle präklusion verfolgt, die dem wortlaut der bundesrechtlichen normen des § 21 abs. 5 khg widerspreche. 34die vom beklagten aufgestellten fördervoraussetzungen halten sich unter beachtung des rechtsstaatsprinzips an den von § 21 abs. 5 khg aufgestellten rahmen. der bundesgesetzgeber hat mit dieser regelung die förderung zusätzlicher intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit durch aufstellung von betten oder durch einbeziehung von betten anderen stationen ermöglicht und dafür für jedes bis zum 30.09.2020 aufgestellte oder vorgehaltene bett einmalig einen betrag in höhe von 50.000,00 eur aus der liquiditätsreserve des gesundheitsfonds bereitgestellt. die materielle prüfung der fördervoraussetzungen erfolgt durch die für die krankenhausplanung zuständigen landesbehörden (§ 21 abs. 5 satz 1 khg); nach durchgeführter genehmigung erfolgt die auszahlung durch das bundesamt für soziale sicherung (§ 21 abs. 5 satz 3 khg). die durchführung der genehmigungsverfahren wird den für die krankenhausplanung zuständigen landesbehörden überlassen und damit der jeweiligen landesverwaltungspraxis unterworfen. insoweit können die bundesländer jeweils unterschiedliche anforderungen an den nachweis aufstellen, z.b. durch förderrichtlinien. die von dem ministerium aufgestellten grundsätze des förderverfahrens sind niedergelegt in dem den antragstellenden krankenhäusern zugänglich gemachten „ergänzenden merkblatt für die pauschale für die schaffung zusätzlich intensivmedizinischer behandlungskapazitäten nach § 21 abs. 5 khg i.v.m. covid-19-krankenhausentlastungsgesetz“ und in der innerministeriellen handreichung auswahlverfahren „soforthilfe zum aufbau von beatmungsplatzkapazitäten“ (beatmungsgeräte) und „förderung zusätzlicher intensivkapazitäten mit maschineller beatmung“ (intensivbetten). 35diese fördergrundsätze unterliegen der rechtlichen charakterisierung als förderrichtlinien-ähnliche vorgaben, die das verwaltungshandeln der genehmigungsbehörde zu steuern geeignet sind. sie bewirken eine interne rechtliche bindung des verwaltungshandelns. eine über die der verwaltungsvorschrift innewohnende interne bindung der verwaltung hinausgehende anspruchsbegründende außenwirkung wird nur durch den gleichheitssatz und das im rechtsstaatsprinzip verankerte gebot des vertrauensschutzes vermittelt, jedoch nur in der ausprägung, welche die verwaltungsvorschriften durch die ständige verwaltungspraxis gefunden haben. 36ovg nds., beschluss vom 07.10 2011 – 8 la 93/11 -, in: juris (rn. 6) m.w.n.;vgl. auch urteil der kammer vom 19.02.2021 – 21 k 3928/20 ‑. 37maßgeblich ist mithin, wie die zur anwendung der verwaltungsvorschriften berufenen behörden die verwaltungsvorschrift im maßgeblichen zeitpunkt in ständiger, vom urheber der vorschrift gebilligter oder jedenfalls geduldeter praxis gehandhabt haben und in welchem umfang sie infolgedessen durch den grundgesetzlichen gleichheitssatz gebunden sind. 38ovg nds., beschluss vom 07.10.2011 – 8 la 93/11 -, in: juris (rn. 6) m.w.n.; ovg nrw, urteil vom 03.09.2002 – 15 a 2777/00 -, in: juris (rn. 36). 39hält sich die bewilligungsbehörde an die förderrichtlinien, ist sie durch den gleichheitssatz verpflichtet, dies auch weiterhin zu tun, sofern nicht sachliche gründe eine abweichung rechtfertigen oder gar gebieten. 40bverwg, urteil vom 25.04.2012 – 8 c 18/11 -, in: juris (rn. 32). 41weicht die behörde indes generell von den förderrichtlinien ab, so verlieren diese ihre ermessensbindende wirkung, sodass sich die vereinbarkeit des verwaltungshandelns mit dem gleichheitssatz dann nur noch nach der tatsächlichen verwaltungspraxis beurteilt. 42bverwg, urteil vom 25.04.2012 – 8 c 18/11 -, in: juris (rn. 32). 43gemessen an diesen voraussetzungen stellt sich die entscheidung des beklagten, die genehmigung zu versagen, als rechtmäßig dar. ein verstoß gegen den gleichheitssatz setzt im regelfall die feststellung einer ansonsten abweichenden verwaltungspraxis voraus. 44vgl. bverwg, urteil vom 23.04.2003 – 3 c 25/02 -, in: juris (rn. 18). 45an einer solch abweichenden verwaltungspraxis fehlt es vorliegend. der beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass er bei der antragstellung aller interessierten krankenhäuser, die überprüfung des bettenbestandes auf zusätzliche intensivbetten mit maschineller beatmungskapazität mit dem abgleich der in dem landeseigenen meldesystem j. .nrw hinterlegten intensivbetten abhängig gemacht hat. damit hat er allen antragstellenden krankenhäusern ‑ und damit auch der klägerin ‑ ermöglicht, durch die eintragung in j. .nrw im sinne einer „selbstauskunft“, 46nr. 1 pkt. 4 der handreichung auswahlverfahren „soforthilfe zum aufbau von beatmungsplatzkapazitäten“ (beatmungsgeräte) und „förderung zusätzlicher intensivkapazitäten mit maschineller beatmung“ (intensivbetten), 47den nachweis für die schaffung der zusätzlichen bettenkapazität zu erbringen. 48nach den fördergrundsätzen ist für die bestimmung der förderungsfähigen intensivmedizinischen kapazitäten der tatsächlich aufgestellte bettenbestand zum 16.03.2020 maßgebend. für die zweite prüfungsrunde (anträge nach dem 21.04.2020) wurde der stichtag 01./02.07.2020 ausgewählt. das verfahren sieht die nutzung von formblättern vor. mit dem nachweis des tatsächlichen intensivmedizinischen bettenbestandes zu einem bestimmten zeitpunkt ist die eintragung der intensivmedizinischen kapazitäten im landeseigenen meldesystem j. .nrw verbunden. es erfolgt ein entsprechender abgleich der beantragten zusätzlichen betten mit den in j. .nrw hinterlegten intensivbetten. darauf wurden die antragstellenden krankenhäuser zudem mit begleit-e-mails hingewiesen (vgl. e-mail an die klägerin vom 18.06.2020). 49die für das förderverfahren niedergelegten vorgaben widersprechen nicht dem verhältnismäßigkeitsprinzip, da sie geeignet, erforderlich und angemessen sind. mit dem eintrag im meldesystem j. .nrw konnten die antragstellenden krankenhäuser, die das meldeportal j. .nrw ohnehin auch in anderen angelegenheiten des krankenhausbetriebs nutzen, ohne großen aufwand, zeitnah und wenig personalintensiv die voraussetzungen für eine förderung nachweisen. die klägerin trägt nicht vor, dass es ihr tatsächlich unmöglich gewesen wäre, das meldeportal j. .nrw zu nutzen. für den nachweis des aufwuchses an beatmungskapazitäten war damit der eintrag im meldeportal j. .nrw (auch für die klägerin) geeignet. letztlich bedeutet der vorgeschriebene nachweis nichts anderes als die verwendung eines (elektronischen) formulars. 50der einzelrichter tritt der auffassung der klägerin nicht bei, dem beklagten sei es unproblematisch möglich gewesen, zum zeitpunkt der antragstellung den tatsächlichen aufwuchs und den hieraus resultierenden refinanzierungsaufwand unabhängig von einer meldung in einem datenportal zu ermitteln. zwar mag die vorlage von nachweisen (z.b. kaufvertrag oder aufstellplänen etc.) eine denkbare möglichkeit sein; der beklagte hat sich in seiner verwaltungspraxis – wie dargestellt zulässigerweise – auf den eintrag in j. .nrw beschränkt. soweit die klägerin mit ihrem einwurf vorbringen will, der beklagte hätte bei zweifeln an der richtigkeit von angaben auch selbst vor ort im krankenhaus ermitteln können, erscheint dies lebensfremd. dies widerspricht den allgemein bekannten tatsächlichen verhältnissen im rahmen der pandemielage im jahr 2020. über den höherer verwaltungstechnischer aufwand (z.b. vorlage von rechnungen, auslieferungsbelegen, aufstellungsdokumentationen) hätte dies einen höherer personeller aufwand (z.b. nachprüfung der vorgelegten dokumente, überprüfung vor ort in den krankenhäusern (z.b. durch beschäftigte der zuständigen behörden) bedeutet, der verbunden gewesen wäre mit hoher zeitlicher inanspruchnahme. dies widersprach zum damaligen zeitpunkt der überwiegend vertretenen fachlichen vorgaben der reduzierung persönlicher kontakte und der notwendigkeit zügigen eingreifens im rahmen der pandemielage unter schneller schaffung finanzieller mittel für die betroffenen krankenhäuser zur schaffung der erwünschten kapazitäten unter beständiger vorgabe der herabsetzung des allgemeinen infektionsrisikos. 51bt-drs. 19/18112, passim, vgl. nur s. 2, 3, 21 f. 52soweit die klägerin darauf hinweist, die verwaltungspraxis in anderen bundesländer zeige, dass auch ein anderer nachweis zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungskapazitäten möglich sei 53‑ antragstellung versehen mit nachweisen (angaben zum maschinellen beatmungsgerät, rechnungen, lieferscheine sowie auflistungen), verbunden mit schilderung der intensivmedizinischen behandlungskapazitäten vor der pandemie sowie die getroffenen anpassungsmöglichkeiten (auflistung des bestandes an beatmungsgeräten vor und nach den anpassungsnahmen unter angabe der bezeichnung, des herstellers, der id-nummer, der seriennummer sowie des imt-typ; lageplan, in welchem bereich umbaumaßnahmen zum betrieb der zusätzlichen beatmungsplätze getroffen wurden) ‑, 54steht dies nicht der vom land nordrhein-westfalen ausgewählten verwaltungspraxis entgegen, die den nachweis an den eintrag in der datenbank j. .nrw vorgesehen hat und damit den weg zur möglichen detailprüfung in einem subventionsrechtlichen nachprüfungsverfahren – zum zweck der überprüfung, ob die beantragten und genehmigten zusätzlichen intensivmedizinischen behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit tatsächlich geschaffen worden sind ‑ eröffnet hat. der beklagte hat sich im rahmen des ihm eingeräumten weiten ermessens zur regelung seiner verwaltungspraxis gegen die von der klägerin vorgeschlagenen aufwendigen nachweismöglichkeiten zum zeitpunkt der genehmigungsentscheidung und für die form einer „selbstauskunft“ entschieden. es ist dem einzelrichter nicht ersichtlich, dass der beklagte mit einer solchen letztlich den beteiligten krankenhäuser entgegenkommende lösung den rechtsstaatlichen rahmen der gestaltung seiner verwaltungspraxis verlassen hätte. im übrigen ist damit eine auch in anderen subventionsverfahren nicht unübliche praxis der „nachkontrolle“ verbunden, beispielsweise durch spätere überprüfung der tatsächlichen verhältnisse nach vorlage von verwendungsnachweisen. auch in den vorliegenden fällen der förderung zusätzlicher intensivbehandlungskapazitäten im zusammenhang mit der covid-19-pandemie erscheint eine spätere „nachkontrolle“ genehmigter kapazitäten und bewilligter auszahlungen durch die zuständigen behörden nicht ausgeschlossen. 55durch die abfrage der daten aus j. .nrw zu bestimmten stichtagen ist auch keine materielle präklusion eingetreten, da die krankenhäuser stets weitere anträge stellen konnte, sie also nicht aufgrund einer fehlerhaften eintragung in j. .nrw zu einem bestimmten stichtag von der leistung ausgeschlossen waren. hierauf wurde die klägerin sowohl in dem bescheid vom 3. juni 2020 als auch in der e-mail vom 18. juni 2020 hingewiesen. in dieser mail heißt es: 5657hierzu hat das mags die anträge mit den meldungen in j. .nrw zum stichtag 21.04.2020 abgeglichen. die meldung in j. .nrw ist für die krankenhäuser verpflichtend und wird auch zukünftig im antragsverfahren berücksichtigt. in einigen fällen kam es wie bei ihnen deshalb zu einer teilweisen genehmigung. 58es steht ihnen frei, weitere anträge zu stellen. voraussetzung ist immer. dass die kapazitäten tatsächlich geschaffen worden sind. 59hieraus wird nicht nur deutlich, dass die meldungen in j. .nrw maßgeblich für die antragsbearbeitung sind, sondern durch die verwendung des plurals („weitere anträge“), dass auch mehrere wiederholungsanträge möglich sind, sofern die tatsächlich weitere kapazitäten geschaffen und diese in j. .nrw gemeldet worden sind. dass ein entsprechender hinweis nicht auch noch in dem angefochtenen bescheid vom 21. september 2021 enthalten ist, ist vor diesem hintergrund unschädlich. 602. 61jedoch selbst wenn die klägerin die elf in den aufwachräumen geschaffenen weiteren intensivmedizinischen behandlungskapazitäten mit maschineller beatmung ordnungsgemäß in j. .nrw gemeldet hätte oder diese nun noch nachmelden oder den nachweis auf andere weise erbringen könnte, hätte sie – selbständig tragend – keine anspruch auf die genehmigung weiterer elf intensivmedizinischer behandlungskapazitäten mit maschineller beatmung, denn mit den bereits genehmigten 30 kapazitäten wäre dieser anspruch bereits erfüllt, da die klägerin keinen anspruch auf genehmigung dieser betten hatte, denn diese stammten nach den angaben des prozessbevollmächtigten der klägerin in der mündlichen verhandlung aus der abteilung intensivmedizin. 62die kammer – und sich dieser anschließend der einzelrichter ‑ vertritt die auffassung, 63urteil vom 19.02.2021 – 4112/20 ‑, 64dass die nachrüstung bestehender intensivmedizinischer betten mit beatmungsgeräten die gesetzlichen voraussetzungen für die genehmigung nach § 21 abs. 5 satz 1 khg durch die für die krankenhausplanung zuständigen landesbehörde nicht erfüllt. 65für diese auslegung spricht sinn und zweck der regelung, die die erforderlichen kapazitäten im rahmen der pandemie schaffen will. § 21 abs. 5 satz 1 khg wurde im rahmen des covid-19-krankenhausentlastungsgesetzes eingefügt. damit wollte der gesetzgeber leistungsfähige intensivmedizin fördern, die in der lage ist, einen effektiven beitrag zur bekämpfung der pandemie zu leisten. der gesetzgeber ging davon aus, dass es aufgrund der covid-19-pandemie einen erwartbar steigenden bedarf an intensiv- und beatmungskapazitäten geben wird, daher sollten die krankenhäuser für zusätzlich provisorisch geschaffene oder vorgehaltene intensivbetten einen bonus erhalten. 66bt-drs. 19/18112, s. 21. 67mit aufstellung von betten ist die schaffung gänzlich neuer bettenkapazitäten gemeint, was bei der bloßen aufrüstung bereits vorhandener betten nicht der fall ist. auch die einbeziehung von betten anderer stationen spricht vorliegend dafür, dass es sich um betten handeln muss, die nicht der intensivstation zugehören, denn dann würde es sich um betten derselben station handeln. 68das ziel der erhöhung von bettenkapazitäten für die behandlung von covid-19-erkrankten durch schaffung zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungskapazitäten wird aber nicht erreicht, wenn bestehende intensivbetten lediglich aufgerüstet werden, denn dadurch wird keine zusätzliche intensivmedizinische behandlungskapazität geschaffen. 69daher sollte der pauschbetrag von 50.000,00 euro auch ausdrücklich für zusätzlich geschaffene oder vorgehaltene intensivbetten gezahlt werden. 70bt-drs. 19/18112, s. 2. 71da der gesetzgeber vor diesem hintergrund auch von einem steigenden bedarf an intensivbetten ohne beatmungsmöglichkeit ausgegangen ist, war die aufrüstung bereits bestehender intensivkapazitäten mangels zusätzlicher bereitstellung für ihn kein förderungswürdiger vorgang. vielmehr sollte nach seiner intention die förderung daran geknüpft werden, dass die zusätzlich vorgehaltenen oder geschaffenen intensivbetten über eine maschinelle beatmungsmöglichkeit verfügen. 72bt-drs. 19/18112, s. 28. 73vor diesem hintergrund wird hinreichend deutlich, dass der gesetzgeber die förderung an zwei voraussetzungen knüpfen wollte. zum einen mussten zusätzliche intensivbetten geschaffen werden, sei es durch neuaufstellung oder einbeziehung von betten anderer (nicht-intensiv-) stationen, und zum anderen mussten diese zusätzlichen betten mit der möglichkeit zur maschinellen beatmung ausgestattet werden. 74gegen diese auslegung der bestimmung des § 21 abs. 5 s. 1 khg spricht auch nicht, dass – wie die prozessbevollmächtigten nochmals in der mündlichen verhandlung auch unter hinweis auf die „empfehlungen zur struktur und ausstattung von intensivstationen ‑ hintergrundtext ‑, verabschiedet mit beschluss des präsidiums der deutschen interdisziplinären vereinigung für intensiv- und notfallmedizin (divi) vom 30.11.2010“ vorgetragen haben ‑ ein ausbau einer intensivstation mit erheblichen technischen, baulichen und infrastrukturellen schwierigkeiten sowie mit personellen notwendigkeiten verbunden ist, die nicht in kurzen zeit erreicht werden könnten, so dass aufgrund dessen dem willen des gesetzgebers zum raschen aufbau von beatmungskapazitäten keineswegs rechtzeitig hätte nachgekommen werden können. diese überlegungen müssten auch bei der auslegung des gesetzlichen tatbestandes berücksichtigt werden; dem willen des gesetzgebers werde man nur gerecht, wenn auch eine aufrüstung bestehender intensivbetten im sinne des § 21 abs. 5 satz 1 khg genehmigungsfähig sei. 75dieser argumentation steht entgegen, dass der gesetzgeber im rahmen der covid-19-pandemie auch von einem steigenden bedarf an intensivbetten ohne beatmungsmöglichkeit ausgegangen ist. dieser steigende bedarf hätte nicht dadurch gedeckt werden können, die bestehenden intensivbetten – ohne ihre anzahl zu erhöhen – mit beatmungskapazität auszustatten, wie die klägerin vorbringt. davon abgesehen, kann die kammer nicht erkennen, dass es anderen krankenhäusern, als dem der klägerin, nicht möglich gewesen wäre, bestehende strukturen in den intensivstationen durch zusätzliche intensivbetten auszubauen und mit der erforderlichen beatmungskapazität auszustatten. 76maßgeblich ist auch nicht der von dem prozessbevollmächtigten der klägerin erstmals in der mündlichen verhandlung vorgebrachte stationsbegriff des § 2 abs. 4 satz 1 pflegepersonaluntergrenzen -verordnung (ppugv). unabhängig davon, dass die klägerin es versäumt hat substantiiert darzulegen, dass die aufgerüsteten imc-betten der abteilung intensivmedizin tatsächlich nicht der intensivstation im engeren sinne zugeordnet waren, kommt es hierauf im ergebnis auch nicht an. das maß an intensivmedizinischen behandlungskapazitäten, welches der gesetzgeber durch die einführung des § 21 abs. 5 khg hat aufstocken wollen, bestimmt sich nach dem krankenhausplanerisch festgestellten intensivmedizinischen versorgungsauftrag eines jeden krankenhauses. nur wenn nach dem aufwuchs der kapazitäten die zahl intensivmedizinischen behandlungskapazitäten des krankenhauses im vergleich zu der im feststellungsbescheid ausgewiesenen anzahl der intensivpflegebetten am ende steigt, ist das gesetzgeberische ziel erreicht, unabhängig davon, wo die ursprünglichen intensivpflegebetten vormals räumlich und organisatorisch zugeordnet waren. hierfür spricht auch das in § 21 abs. 5 satz 1 khg festgelegte genehmigungserfordernis für die neuen intensivmedizinischen behandlungskapazitäten mit maschineller beatmung, denn krankenhausplanerisch wird lediglich eine bestimmte anzahl von intensivpflegebetten genehmigt, ohne deren konkrete ausstattung zu bestimmen. werden aufgrund des feststellungsbescheides bereits genehmigte intensivpflegebetten mit eine möglichkeit zur maschinellen beatmung aufgerüstet, so bedürfte es hierfür keiner gesonderten genehmigung durch die für krankenhausplanung zuständige landesbehörde. einer solchen bedarf es nur, wenn neue, bisher vom feststellungsbescheid nicht erfasste intensivmedizinische behandlungskapazitäten aufgestellt oder betten, die nicht intensivpflegebetten sind, umgewidmet werden. 77da die klägerin mit der aufrüstung der 30 imc-betten die dargestellten voraussetzungen des § 21 abs. 5 satz 1 khg schon nicht erfüllt hat, im ergebnis mithin bereits 30 zusätzliche kapazitäten zu viel genehmigt worden sind, hat sie gegen den beklagten auch unter diesem gesichtspunkt keinen anspruch auf die genehmigung weiterer elf intensivmedizinischer behandlungskapazitäten mit maschineller beatmung. 783. 79die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 80die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit findet ihre grundlage in §§ 167 abs. 1 satz 1 und abs. 2 vwgo, 709 zivilprozessordnung. 81rechtsmittelbelehrung: 82gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 83der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 84innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 85die berufung ist nur zuzulassen, 861. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 872. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 883. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 894. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 905. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 91die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 92über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 93im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 94die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 95beschluss: 96der streitwert wird auf 550.000,00 euro festgesetzt. 97gründe: 98die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 3 gkg erfolgt. 99rechtsmittelbelehrung: 100gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 101die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 102die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 103die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 104die beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 105war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
Verklagte*r
0
126,788
23 K 2262/15
2016-01-25T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2015 verurteilt, dem Kläger eine Fahrkostenerstattung in Höhe von 78,60 Euro zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten können die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweils andere vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist Feuerwehrbeamter im Dienste der Beklagten. Am späten Abend des 14. April 2013 wurde der Löschzug des Klägers zu einem Einsatz auf dem Gelände eines ehemaligen Papierwerkes in E. gerufen. Im Rahmen dieses Einsatzes sollte der Kläger ein ca. 2,5 m – 3 m hohes Tor mittels einer Steckleiter überklettern. Beim Umsteigen verlor der Kläger das Gleichgewicht und fiel auf der Rückseite des Tores herunter. Er landete dabei nach seiner Schilderung mit gestreckten Beinen auf den Füßen und verspürte daraufhin unmittelbar Schmerzen in beiden Kniegelenken. 3Bei einer Untersuchung des Klägers am 8. Juli 2013 im Universitätsklinikum F. wurde eine osteochondrale Läsion am rechten lateralen Tibiaplateau festgestellt. Am 9. Juli 2013 reichte der Kläger eine Dienstunfallanzeige bei der Beklagten ein. Ende Juli 2013 nahm der Kläger seinen Dienst zunächst wieder auf. 4Der Kläger wurde daraufhin am 4. Oktober 2013 durch das Gesundheitsamt der Beklagten untersucht. Der Amtsarzt stellte eine Stauchung beider Kniegelenke, rechts mehr als links, fest. Zugleich stellte der Amtsarzt fest, dass mit größerer Wahrscheinlichkeit eine bisher nicht bekannte symptomlose Vorschädigung im gleichen Diagnosebereich vorgelegen habe. 5Die Stauchung beider Kniegelenke erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 16. Oktober 2013 als Dienstunfall an. 6Nachdem erneut Beschwerden auftraten, ließ der Kläger am 17. Januar 2014 im N.- krankenhaus E. -L. eine Arthroskopie des rechten Kniegelenkes durchführen. Zuvor war dort ein Außenmeniskuskomplexriss, eine Synovialitis sowie ein Knorpelschaden femoral II-III, tibial III-IV diagnostiziert worden. Der behandelnde Arzt stellte in einem Schreiben vom 4. Februar 2014 fest, dass „die bei der Operation am 17. Januar 2014 vorgefunden Schäden“ Folgen des Dienstunfalls vom 14. April 2013 seien. In einem weiteren, nicht datierten Schreiben des N. krankenhauses an die Unfallversicherung des Klägers bescheinigte eine behandelnde Ärztin, „dass Verletzungen im Bereich beider Kniegelenke zu 100% auf den Unfall vom 14. April 2013 zurückzuführen“ seien. Die Knorpelschädigung sei rein traumatischer Genese, eine degenerative Vorschädigung könne sicher ausgeschlossen werden. Am 25. April 2014 ließ der Kläger eine Arthroskopie des linken Kniegelenkes durchführen. Am 16. Juli 2014 kehrte der Kläger in den Dienst zurück. 7Am 17. Juli 2014 erfolgte eine Nachuntersuchung des Klägers durch das Gesundheitsamt der Beklagten. Der Amtsarzt diagnostizierte dabei dienstunfallabhängig eine schwere, beidseitige Kniegelenksprellung mit wahrscheinlichem Knorpelschaden im Bereich der Tibia lateral, sowie dienstunfallunabhängig eine beginnende Femoropatellargelenkarthrose, eine Außenmeniskusläsion rechts sowie eine Innen- und Außenmeniskusläsion links. Insgesamt sei die Begutachtung äußerst schwierig gewesen. Es liege kein objektiver Untersuchungsbefund unmittelbar nach dem Unfall vor. Wenn der Unfallmechanismus tatsächlich wie vom Kläger beschrieben gewesen sein sollte, sei von einer axialen Stauchung des Kniegelenks auszugehen. Eine solche könne, bei großer Höhe, laut Literatur etwa 4 m, auch zu Knorpelschäden führen. Ein Meniskusschaden sei jedoch bei einer axialen Belastung des Kniegelenks nicht als Folge eines Unfalls anzusehen. Die operative Versorgung der Kniegelenke sei erst neun Monate nach dem Unfall erfolgt. Der Operateur habe bei der Arthroskopie den Knorpelschaden sicher feststellen können. Allerdings könne man bereits nach drei Monaten keine Unterscheidungen mehr treffen, ob der Knorpelschaden durch einen Unfall bedingt oder degenerativ schon vorhanden gewesen sei. Am 4. Juni 2013 und am 13. November 2013 sei das rechte Knie zweimal mittels Kernspintomographie untersucht worden. Am rechten Kniegelenk hätten sich dabei dienstunfallunabhängige degenerative Veränderungen an der Kniescheibe (Kantenausziehungen an den Patellapolen), aber auch posttraumatische Veränderungen im Bereich des Schienbeins gezeigt. Zusammenfassend sei das Unfallereignis, eine erhebliche axiale Belastung, wahrscheinlich geeignet gewesen, eine Knorpelverletzung im Bereich beider Kniegelenke zu verursachen. 8Mit Bescheid vom 8. August 2014 erkannte die Beklagte in Abänderung ihres Bescheides vom 16. Oktober 2013 den Körperschaden „schwere beidseitige Kniegelenksprellung, Knorpelschaden im Bereich der Tibia lateral“ als Folgen des Dienstunfallgeschehens an. Zur Begründung dafür, dass die festgestellte beginnende Femoropatellargelenkarthrose, eine Außenmeniskusläsion rechts sowie eine Innen- und Außenmeniskusläsion links nicht als Dienstunfallfolge anerkannt wurden, wiederholte die Beklagte im Wesentlichen die Ausführungen ihres Amtsarztes vom 17. Juli 2014. 9Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 1. September 2014 Widerspruch. Zur Begründung führte der Kläger aus, das Gutachten des Amtsarztes stehe im Widerspruch zu den Attesten des N. krankenhauses L. . Es habe sich zudem um einen qualifizierten Dienstunfall gehandelt. Bei dem in Rede stehenden Sturz habe er sich in objektiver Lebensgefahr befunden. Er sei mitten in der Nacht, im Brandfall, bei Dunkelheit und nicht gesichert von einem 4 m hohen Tor gefallen. Da unklar gewesen sei, ob sich im Brandobjekt Menschen befanden, habe es schnell gehen müssen. Zudem habe er einen Anspruch auf Fortzahlung seiner Besoldung mit Erschwerniszulagen. Schließlich seien ihm auch Fahrtkosten für Fahrten im Zusammenhang mit der Heilbehandlung zu erstatten. Diese Fahrten betrafen zum einen die 8,8 km vom Wohnort des Klägers entfernte orthopädische Gemeinschaftspraxis G. und K. (zehn Fahrten), zum anderen das 58,7 km entfernte N. krankenhaus in E. -L. (acht Fahrten). 10Der Amtsarzt der Beklagten führte in einem Schreiben vom 1. Oktober 2014 zu den Ausführungen im Widerspruch des Klägers aus, dass die durch den Kläger vorgelegten Atteste, die Knorpelschädigung sei rein traumatischer Genese und eine degenerative Vorschädigung könne ausgeschlossen werden, nicht nachvollziehbar seien. Voruntersuchungen oder präoperative radiologische Medien lägen nicht vor. Die Tatsache, dass der Kläger vor dem Unfall niemals Beschwerden und niemals eine Behandlung an den Kniegelenken gehabt habe, beweise nicht, dass keine Vorschädigung vorgelegen habe. Der Kläger sei bis dato überdurchschnittlich sportlich aktiv gewesen. Das Ergebnis seien typische Veränderungen eines sportlich orientierten jungen Mannes. 11Das Unfallereignis sei generell nicht geeignet gewesen, eine beginnende Femoropatellargelenkarthrose auszulösen. Das Landen auf fast gestreckten Beinen führe aufgrund der Lage des Kraftvektors zu keiner Belastung des Femoropatellargelenkes. Arthrosen entstünden dort in der Regel über viele Jahre durch erhöhten Anpressdruck der Kniescheibe bei gebeugtem Kniegelenk und/oder muskuläre Dysbalancen. Die beginnende Femoropatellargelenkarthrose sei daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht dienstunfallbedingt und als asymptomatischer Vorschaden anzusehen. 12Mit Bescheid vom 25. Februar 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus: Ein qualifizierter Dienstunfall liege nicht vor. Die Annahme eines solchen setze voraus, dass sich der betroffene Beamte bei der Diensthandlung der für sein Leben bestehenden Gefahr bewusst sei. Nach dem Einsatzbericht der Feuerwehr habe für die im Einsatz befindlichen Feuerwehrbeamten keine ihnen selbst drohende, über das Maß des normalen Einsatzgeschehens hinausgehende, besondere Gefährdung bestanden. Auch das Hinaufklettern auf eine Leiter stelle für sich genommen keine besondere Lebensgefahr dar. Erschwerniszulagen seien entsprechend nicht zu leisten, da diese das Vorliegen eines qualifizierten Dienstunfalls voraussetzten. Hinsichtlich der Anerkennung der weiteren Schädigungen des Klägers als Dienstunfallfolgen bezog sich die Beklagte zur Begründung auf die Gutachten ihres Amtsarztes vom 17. Juli 2014 und 1. Oktober 2014. Die geltend gemachten Fahrtkosten in Höhe von 331,74 Euro seien nicht zu erstatten, weil für die Zeit einer Dienstunfähigkeit geltend gemachten Fahrtkosten hierdurch zugleich entstandene Ersparnisse gegengerechnet werden müssten. Der Kläger habe während seiner Dienstunfähigkeit ca. 530 Euro für Fahrten zum Dienst erspart. 13Der Kläger hat am 23. März 2015 Klage erhoben. Zur Begründung verweist er auf seine Widerspruchsbegründung vom 1. September 2014. Ergänzend führt er aus: Zum Unfallzeitpunkt sei es stockdunkel gewesen. Der Innenbereich des Geländes sei nicht erkennbar gewesen. Nicht nur aufgrund der Dunkelheit, sondern zusätzlich durch Rauchentwicklung sei ihm die Sicht versperrt gewesen. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass er etwa 30 kg Ausrüstungsgewicht am Körper getragen habe. Dieses zusätzliche Gewicht müsse bei der Beurteilung der Aufpralllast berücksichtigt werden. Aufgrund dessen habe es sich bei dem Unfall um einen qualifizierten Dienstunfall gehandelt. Ihm sei aus seiner Ausbildung bekannt, dass bei Stürzen ab einer Höhe von 3 m die Gefahr eines Polytraumas bestehe, wobei die Verletzung durchaus tödlich verlaufen könne. Er sei sich dieser Gefahren auch bewusst gewesen. Hinsichtlich der Unfallfolgen bestehe ein Widerspruch zwischen den Ausführungen des Amtsarztes und der behandelnden Ärzte des N. krankenhauses L. . Die Beurteilung der behandelnden Ärzte müsse Vorrang vor der Beurteilung des Amtsarztes haben, da diese den Zustand intraoperativ hätten betrachten und bewerten können. Entsprechend beruhten die Ausführungen des Amtsarztes nur auf Annahmen und Schlussfolgerungen. Das Gesundheitsamt E. sei zudem für die amtsärztliche Untersuchung und Beurteilung des Unfallgeschehens nicht zuständig gewesen. Der Kläger habe seinen privaten Wohnsitz in S. , daher sei das dortige Gesundheitsamt zuständig. Im Hinblick auf die Erstattung von Fahrtkosten sei die von der Beklagten im Widerspruchsbescheid vorgenommene Gegenrechnung unstatthaft. Weder gebe es einen aufrechenbaren Gegenanspruch der Beklagten noch habe er durch seine Dienstunfähigkeit einen vermögenswerten Vorteil erlangt. 14Der Kläger beantragt, 151.16die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 18. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2015 zu verpflichten, festzustellen, dass das Unfallereignis vom 14. April 2013 ein qualifizierter Dienstunfall im Sinne von § 37 Abs. 1 Beamtenversorgungsgesetz gewesen ist, 2.17die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 18. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2015 zu verpflichten, die beginnende Femoropatellargelenkarthrose, die Außenmeniskusläsion rechts sowie die Innen- und Außenmeniskusläsion links als weitere Folgen des Dienstunfalls vom 14. April 2013 anzuerkennen, 3.18die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2015 zu verurteilen, ihm für die Zeit seiner vorübergehenden Dienstunfähigkeit Erschwerniszulagen in Höhe von 2.276,40 € zu zahlen, 4.19die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2015 zu verurteilen, ihm eine Fahrkostenerstattung in Höhe von 331,74 € zu zahlen. 20Die Beklagte beantragt, 21die Klage abzuweisen. 22Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend führt sie aus: Das Vorliegen eines qualifizierten Dienstunfalls setze die hohe Wahrscheinlichkeit voraus, bei der Dienstausübung umzukommen. Es sei nicht nachvollziehbar, wie bei der konkreten Situation des Unfallgeschehens die hohe Wahrscheinlichkeit bestanden haben soll, dass der Kläger sein Leben verliere. Die Ablehnung der Fahrtkostenerstattung rechtfertige sich bereits vor dem Hintergrund, dass der Kläger nicht den nächstgelegenen kompetenten Behandler aufgesucht habe. Für den Unfallverletzten bestehe grundsätzlich das Gebot, die Fahrtkosten zur Heilbehandlung möglichst gering zu halten. Der Kläger habe im Wesentlichen Fahrtkosten für Fahrten zum N. krankenhaus in E. -L. geltend gemacht, obwohl im St. B. Hospital in I. ein Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie vorhanden sei, das zu den größten Zentren dieser Art in Deutschland zähle. Die Fahrtstrecke zur Behandlung nach I. hätte 12 km statt 117,4 km (Hin- und Rückweg) betragen. 23Die Kammer hat Beweis erhoben durch ergänzende Befragung des Amtsarztes der Beklagten, Herrn Dr. H. , als Sachverständigen sowie Vernehmung des Zeugen E1. . Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. 24Entscheidungsgründe: 25Die Klage ist zulässig, jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. 261. 27Der Antrag zu 1. ist zulässig, aber unbegründet. 28Der Antrag ist als Verpflichtungsantrag im Sinne des § 42 Abs. 1 2. Alt. Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft. Ob das Dienstunfallgeschehen vom 14. April 2013 die Voraussetzungen eines qualifizierten Dienstunfalls erfüllt, kann durch die Beklagte - ebenso wie konkrete Unfallfolgen - durch einen Verwaltungsakt festgestellt werden, 29vgl. VG Mainz, Urteil vom 28. Juni 2006 - 7 K 603/05.MZ -, in: juris (Rn. 21); OVG Niedersachsen, Urteil vom 26. Januar 1993 – 5 L 2634/91 –, in: juris (Rn. 1). 30Der Kläger hat auch das erforderliche Rechtschutzbedürfnis. Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass er derzeit durch das Dienstunfallgeschehen weder dienstunfähig, noch in den Ruhestand getreten ist. Ein schutzwürdiges Interesse des Klägers, bereits zum gegebenen Zeitpunkt durch die Beklagte feststellen zu lassen, dass er einen qualifizierten Dienstunfall erlitten hat, ist bereits deswegen anzunehmen, weil sich die Beweissituation des Klägers für die Tatsache des Vorliegens einer besonderen Lebensgefahr mit weiterem Zeitablauf verschlechtern wird. Gerade weil eine Dienstunfähigkeit aufgrund der erlittenen Schädigungen derzeit noch nicht absehbar, ihr Eintritt zugleich aber nicht auszuschließen ist, besteht auf Seiten des Klägers ein entsprechendes Rechtschutzbedürfnis. 31Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass es sich bei dem Unfallereignis vom 14. April 2013 um einen qualifizierten Dienstunfall gehandelt hat. Der Bescheid vom 18. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2015 erweist sich insoweit als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). 32Bei dem Unfallgeschehen vom 14. April 2013 handelte sich nicht um einen qualifizierten Dienstunfall im Sinne des § 37 Abs. 1 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG). Gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG, der hier in der zum Unfallzeitpunkt geltenden Fassung vom 31. August 2006 anzuwenden ist, 33BVerwG, Urteil vom 26. November 2013 - 2 C 9.12 -, in: juris (Rn. 6); OVG NRW, Urteil vom 4. April 2011 - 1 A 3037/08 -, in: juris (Rn. 38); BVerwG, Urteil vom 6. Januar 1969 - VI C 38.66 -, in: juris (Rn. 16); OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Januar 2005 - 2 A 11761/04 -, in: juris (Rn. 21); Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, § 37 BeamtVG Rn. 11b, 34liegt ein qualifizierter Dienstunfall vor, wenn sich ein Beamter bei Ausübung einer Diensthandlung einer damit verbundenen besonderen Lebensgefahr ausgesetzt hat und er infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall erleidet. 35Das Tatbestandsmerkmal des Aussetzens besonderer Lebensgefahr erfordert in objektiver Hinsicht eine Diensthandlung, mit der für den Beamten typischerweise eine besondere, über das übliche Maß der Lebens- oder nur Gesundheitsgefährdung hinausgehende Lebensgefahr verbunden ist. Dies setzt eine Dienstverrichtung voraus, die bei typischem Verlauf das Risiko entsprechender Verletzungen in sich birgt, sodass deren Eintritt als Realisierung der gesteigerten Gefährdungslage und nicht als Verwirklichung eines allgemeinen Berufsrisikos erscheint, 36BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 2014 - 2 B 12/14 -, in: juris (Rn. 10); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. März 2014 - OVG 4 B 3.11 -, in: juris (Rn. 28). 37Dabei müssen solche gravierenden, gefahrerhöhenden Umstände bestehen, welche die Gefährdung weit über das „normale“ Maß hinaus reichen lassen; der Verlust des Lebens muss wahrscheinlich bzw. sehr naheliegend sein oder unmittelbar bevorstehend erscheinen, 38OVG NRW, Urteil vom 7. Juli 2004 - 1 A 2881/02 -, in: juris (Rn. 32); VG Düsseldorf, Urteil vom 31. März 2014 - 23 K 5822/13; für das Erfordernis einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit des qualifizierten Verletzungserfolges: VG Aachen, Urteil vom 19. März 2015 - 1 K 1700/12 -, in: juris (Rn. 23); OVG Niedersachsen, Beschluss vom 28. Oktober 2010 - 5 LA 280/09 -, in: juris (Rn. 7). 39Weiter ist für die Annahme eines qualifizierten Dienstunfalls erforderlich, dass der Beamte sich der Gefährdung seines Lebens bewusst ist; dieses Bewusstsein folgt in aller Regel bereits aus der Kenntnis der die Gefahr begründenden objektiven Umstände, 40BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 2014 - 2 B 12/14 -, in: juris (Rn. 10). 41Ob die Diensthandlung für das Leben des Beamten eine solche Gefahr begründet hat, erfordert eine wertende Betrachtung der Umstände des konkreten Einzelfalls, 42BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 2014 - 2 B 12/14 -, in: juris (Rn. 10); BVerwG, Beschluss vom 30. August 1993 - 2 B 67/93 -, in: juris (Rn. 6); Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, § 37 BeamtVG Rn. 16. 43Auch eine ihrer Art nach nicht generell besonders gefährliche Dienstverrichtung kann im Einzelfall aufgrund besonderer Bedingungen - etwa schlechte Witterung, unzureichend gewordene körperliche oder psychische Verfassung oder erkannte Mängel in der Ausrüstung oder Ausbildung - mit einer erhöhten Lebensgefahr verbunden sein, 44OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26. November 2013 - 2 A 10479/13 -, in: juris (Rn. 32). 45Nach diesen Grundsätzen hat sich der Kläger bei seiner zum Dienstunfall führenden Diensthandlung keiner besonderen Lebensgefahr im Sinne des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ausgesetzt. 46Die Diensthandlung stellt sich als solche abstrakt zunächst nicht als besonders gefährlich dar. Das Übersteigen eines Hindernisses mittels Steckleiter begründet keine über das allgemeine Berufsrisiko eines Feuerwehrmannes hinausgehende besondere Lebensgefahr. 47Auch die konkreten Umstände der Dienstverrichtung führen nicht zu einer Verdichtung der allgemeinen Gefahren derart, dass der Verlust des Lebens des Klägers wahrscheinlich oder sehr naheliegend war. Nach Vernehmung des Zeugen E1. stellt sich der Ablauf der Dienstverrichtung des Klägers bis zum Unfallereignis wie folgt dar: Der Einsatzort war bei der Ankunft des Löschzuges bereits leicht verraucht. Flammen waren nicht zu sehen, es war jedoch damit zu rechnen, dass es sich um einen größeren Brand handelte. Die Sichtweite betrug auf der Straße ca. 10-20 m. Da bekannt war, dass sich des Öfteren Obdachlose in den Räumlichkeiten aufhielten, war damit zu rechnen, dass sich Personen im Gebäude befanden. Der Kläger, der normale Feuerwehrschutzbekleidung ohne Atemschutz trug, sollte sich Zutritt zu dem Gebäude verschaffen, um zu überprüfen, ob sich dort Personen aufhielten. Hierzu brachte er auf Anordnung eine ca. 2,70 m lange Steckleiter an einem geschlossenen Stahltor an, setzte sich rittlings auf dieses und ließ auf der anderen Seite des Tores eine zweite Steckleiter herab. Auf dieser Seite des Tores war die Sicht eingeschränkt, da durch das geschlossene Tor kein Licht in den Innenbereich fiel. Beim Umsteigen auf die zweite angebrachte Steckleiter stürzte der Kläger. Das Tor hatte eine Höhe von mindestens 2,50 m, dürfte eine Höhe von 3 m jedoch nicht überschritten haben. 48Dieser Ablauf steht zur Überzeugung der Kammer nach Vernehmung des Zeugen E1. fest. Der Zeuge konnte detaillierte Angaben zu den Kernaspekten des Geschehens machen. Er konnte für die Kammer plastisch darstellen, wie der Einsatz am 14. April 2013 abgelaufen ist. Die Angaben waren schlüssig und widerspruchsfrei. Der Zeuge hatte schon aufgrund seiner Position bei dem Einsatz als der für den Kläger verantwortliche Fahrzeugführer einen entsprechenden Wahrnehmungsanreiz, zudem war dem Zeugen die Örtlichkeit des Dienstunfalls schon deswegen besonders bekannt, weil es sich bereits um den dritten Einsatz dort im April 2013 handelte. Für die Glaubhaftigkeit der Aussage spricht ferner, dass der Zeuge vereinzelte Erinnerungslücken eingeräumt und entsprechend angegeben hat, wenn er sich bei einem Aspekt nicht sicher war. Zugleich hat der Zeuge an anderen Stellen dargelegt, warum er sich an bestimmte Details erinnert. So hat der Zeuge etwa die Höhe des Tores mit mindestens 2,50 m beschrieben, weil dieses mit nur einem Steckleiterteil mit einer Länge von 2,70 m überstiegen werden sollte. Den Zeitpunkt des Unfalls selbst hat der Zeuge ebenfalls sehr anschaulich beschrieben: der Kläger sei umgestiegen und sei dann „plötzlich“ weg gewesen. Er habe dann einen Kollegen beauftragt, nach dem Kläger zu sehen. Diese lebensnahe und klare Schilderung spricht dafür, dass der Zeuge das Einsatzgeschehen tatsächlich so verfolgt hat. Für die Glaubhaftigkeit spricht schließlich auch, dass der Zeuge in seiner Aussage zugunsten keines Beteiligten besondere Be- oder Entlastungstendenzen gezeigt hat, obwohl er zum einen selbst im Dienste der Beklagten steht, zugleich kollegial mit dem Kläger verbunden ist und zudem während des Einsatzes für den Kläger verantwortlich war. 49Als besondere Umstände der Diensthandlung hat die Kammer hiervon ausgehend eine besondere Eile im Einsatz, eine Sturzhöhe von ca. 2,50 - 3 m sowie eine aufgrund von Rauch und Dunkelheit eingeschränkte Sicht auf der Rückseite des Tores berücksichtigt. Ein besonderes Gewicht der Ausrüstung des Klägers war hingegen auf Grundlage der Zeugenaussage - entgegen der Klagebegründung - ebenso wenig zu berücksichtigten, wie aus dem Gebäude schlagende Flammen oder eine Sturzhöhe von 3-4 m. Unter Einbeziehung dieser Faktoren bestand für den Kläger bei der Dienstverrichtung keine besondere Lebensgefahr. 50Abzustellen ist hinsichtlich des Vorliegens einer besonderen Lebensgefahr allein darauf, ob die Diensthandlung als solche, nicht aber das Dienstunfallgeschehen in besonderem Maße lebensgefährlich war. Das Übersteigen eines 2,50 - 3 m hohen Tores mittels einer Leiter erfüllt diese Voraussetzungen auch dann nicht, wenn es bei schlechter Sicht und in Eile erfolgt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nicht auf dem Tor balancieren musste, sondern sich zunächst rittlings auf dieses setzen konnte und anschließend beim Umsteigen stürzte. Hierdurch wird zum einen die Fallhöhe - gerechnet vom Kopf des Klägers - reduziert und zugleich die Wahrscheinlichkeit eines Sturzes verringert. Unabhängig davon, wie wahrscheinlich es ist, bei einem solchen Manöver überhaupt zu stürzen, ist der Verlust des Lebens durch das Übersteigen eines Tores unter den hiesigen Umständen nicht naheliegend. Auch vor dem Hintergrund, dass es sich nach den Angaben des Zeugen E1. um ein für Feuerwehrbeamte nicht ungewöhnliches Manöver handelte, lag keine über das allgemeine Berufsrisiko hinausgehende Gefahr für das Leben des Klägers vor. 512. 52Der Antrag zu 2. ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung der beginnenden Femoropatellargelenkarthrose, der Außenmeniskusläsion rechts und der Innen- und Außenmeniskusläsion links als weitere Folgen des Dienstunfallgeschehens vom 14. April 2013. Der Bescheid der Beklagten erweist sich insoweit ebenfalls als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). 53Der Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG in der zum Unfallzeitpunkt geltenden Fassung vom 31. August 2006. Demnach ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. 54Die Voraussetzungen der Anerkennung der beginnenden Femoropatellargelenkarthrose, der Außenmeniskusläsion rechts und der Innen- und Außenmeniskusläsion links als weitere Folgen des Dienstunfallgeschehens vom 14. April 2013 liegen aber nicht vor, da diese Körperschäden nicht durch den Dienstunfall verursacht wurden. 55Im Dienstunfallrecht der Beamten sind als Ursache im Rechtssinne nur solche für den eingetretenen Schaden ursächliche Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise an dessen Eintritt mitgewirkt haben, die also insofern als „wesentlich" anzusehen sind (Theorie der wesentlich mitwirkenden Ursache). Dies zielt auf eine sachgerechte Risikoverteilung. Dem Dienstherrn sollen nur die spezifischen Gefahren der Beamtentätigkeit oder die nach der Lebenserfahrung auf sie zurückführbaren, für den Schaden wesentlichen Risiken aufgebürdet werden. Diejenigen Risiken, die sich aus persönlichen, von der Norm abweichenden Anlagen oder aus anderen als dienstlich gesetzten Gründen ergeben, sollen hingegen bei dem Beamten belassen werden. Dementsprechend ist der Dienstunfall dann als wesentliche Ursache im Rechtsinne anzuerkennen, wenn er bei natürlicher Betrachtungsweise entweder überragend zum Erfolg (Körperschaden) beigetragen hat oder zumindest annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Schadens hatte wie die anderen Umstände insgesamt. 56Wesentliche Ursache im Dienstunfallrecht kann auch ein äußeres Ereignis sein, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder (nur) beschleunigt, wenn diesem Ereignis nicht im Verhältnis zu anderen Bedingungen - zu denen auch die bei Eintritt des äußeren Ereignisses schon vorhandene Veranlagung gehört - eine derart untergeordnete Bedeutung für den Eintritt der Schadensfolge zukommt, dass diese anderen Bedingungen bei natürlicher Betrachtung allein als maßgeblich anzusehen sind. Nicht Ursachen im Rechtssinne sind demnach so genannte Gelegenheitsursachen, also Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienstunfall eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte. 57Haben hieran gemessen mehrere Bedingungen im Rechtsinne einen bestimmten Erfolg (Körperschaden) herbeigeführt, so sind sie jeweils als wesentliche (Mit-)Ursachen einzustufen. Die materielle Beweislast für den Nachweis des geforderten Kausalzusammenhangs trägt der (anspruchstellende) Beamte. Grundsätzlich bedarf es insoweit des vollen Beweises im Sinne „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit", 58OVG NRW, Urteil vom 28. November 2014 - 1 A 1860/14 -, in: juris (Rn. 46); BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2009 - 2 C 134.07 -, in: juris (Rn. 26). 59Ausgehend von diesen Maßstäben sind die beginnende Femoropatellargelenkarthrose, die Außenmeniskusläsion rechts sowie die Innen- und Außenmeniskusläsion links nicht durch den Dienstunfall wesentlich verursacht worden. Dies steht auf Grundlage der Ausführungen des Amtsarztes sowie dessen Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung der Kammer fest. Der Amtsarzt der Beklagten hat sowohl in seinen schriftlichen Gutachten als auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung für die Kammer nachvollziehbar, schlüssig und in Übereinstimmung mit Angaben aus der Fachliteratur dargelegt, dass es sich aufgrund des Unfallgeschehens bei den geltend gemachten Verletzungen nicht um Folgen des Dienstunfallgeschehens handeln kann. 60Im Hinblick auf die diagnostizierten Meniskusschäden hat der Amtsarzt in seinen schriftlichen Gutachten maßgeblich auf den Unfallmechanismus abgestellt, der sich aus der Schilderung des Klägers ergibt. Aufgrund der Landung mit gestreckten Beinen müsse dabei maßgeblich eine axiale Belastung auf die Kniegelenke des Klägers gewirkt haben. Wie der Amtsarzt ausgeführt und im Rahmen der mündlichen Verhandlung anhand eines Modells veranschaulicht hat, ist eine derartige Belastung aufgrund der Lage der Menisken im Gelenk schon nicht geeignet, die hier vorliegenden Schädigungen hervorzurufen. Ein Verletzungsmechanismus, der zu isolierter Zerreißung eines Meniskus führt, ist die Verwindung des gebeugten Kniegelenks (Verwindungstrauma, Drehsturz). Für den Meniskusriss sind in der Regel eine passive Rotation des gebeugten Kniegelenks oder die plötzliche passive Streckung des gebeugten und protestierten Unterschenkels bei gleichzeitiger Verhinderung der physiologischen Schlussrotation ursächlich. Auch nach der entsprechenden Fachliteratur zerreißt der Meniskus bei einem Absprung mit Aufkommen auf den Füßen nur, wenn degenerative Veränderungen so weit fortgeschritten waren, dass eine unwesentliche Belastung ausreicht, 61Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, rechtliche und medizinische Grundlagen für Gutachter, Sozialverwaltung, Berater und Gerichte, 8. Auflage 2010, Seite 618. 62Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Amtsarzt ferner unmittelbar einleuchtend dargelegt, warum auch aus anderen Gründen ausgeschlossen werden kann, dass das Unfallgeschehen wesentlich ursächlich für die Meniskusschäden gewesen ist: Eine Torsion beim Aufprall sei ausgeschlossen, da die Schädigung an beiden Knien stattgefunden habe und sich diese gegenseitig stabilisiert haben dürften. Tatsächlich erscheint es äußerst unwahrscheinlich - wenn überhaupt vorstellbar - dass bei einer Landung eine Torsion beider Knie zugleich stattfindet, zumal der Kraftvektor aufgrund der Sturzrichtung vornehmlich vertikal gerichtet gewesen sein muss. Zudem spricht nach den Ausführungen des Amtsarztes gegen ein Verdrehen, dass keine Schwellung in der Art und Weise vorhanden gewesen ist, die eine Punktierung erforderlich machte. Zudem gab es ein beschwerdefreies Intervall, was dafür spricht, dass nur eine axiale Belastung auf die Knorpel einwirkte. Schließlich war an der geschädigten Außenseite des Knies nach der Schilderung des Klägers keine Schwellung erkennbar, die bei einer entsprechenden Schädigung durch das Unfallgeschehen jedoch zu erwarten gewesen wäre. 63Nach den Ausführungen des Amtsarztes ist auch die beginnende Femoropatellargelenkarthrose nicht durch das Unfallereignis wesentlich verursacht worden. Auch insoweit hat der Sachverständige überzeugend und nachvollziehbar dargelegt, dass eine solche Verletzung bei Unterstellung des seitens des Klägers beschriebenen Unfallmechanismus ausgeschlossen werden kann. Der Amtsarzt hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung plastisch am Modell dargestellt, dass das Femoropatellargelenk, also das Gelenk zwischen Oberschenkel (Femur) und Kniescheibe (Patella), bei einer axialen Belastung nicht einbezogen ist. Da insoweit durch den Sturz keine besondere Belastung auf das Gelenk bestanden hat, scheidet der Knorpelschaden im Knie auch in einer sekundären Form, das heißt als Folgezustand nach anderen Traumata, 64Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, rechtliche und medizinische Grundlagen für Gutachter, Sozialverwaltung, Berater und Gerichte, Seite 645, 65aus. Wie der Amtsarzt in seinen schriftlichen Gutachten ausgeführt hat, handelte es sich nach dem Befund um typische Veränderungen eines sportlich orientierten jungen Mannes. 66Diesen Einschätzungen des Amtsarztes steht auch nicht entgegen, dass die behandelnden Ärzte des Klägers im Rahmen der beim Kläger durchgeführten Arthroskopien festgestellt haben, dass die vorgefundenen Schädigungen im Knie Folgen des Dienstunfallgeschehens sein müssen. Dabei kommt den äußerst kurzen Feststellungen ohnehin ein nur geringer Beweiswert zu. Die Schreiben enthalten keinerlei Begründung für die medizinischen Feststellungen, die durch die Kammer überprüfbar wären. Die kurzen Stellungnahmen unterscheiden auch nicht nach den geltend gemachten Verletzungen, sondern erschöpfen sich in der Feststellung, dass „die Knorpelschädigung“ bzw. die „vorgefundenen Schäden“ Folgen des Dienstunfalls seien. Zugleich hat der Amtsarzt auch insoweit schlüssig und nachvollziehbar dargelegt und begründet, dass im Rahmen einer Arthroskopie neun Monaten nach dem Unfallgeschehen nicht mehr festgestellt werden kann, ob eine Schädigung durch einen Unfall bedingt oder degenerativ bereits vorhanden gewesen ist. Auch histologisch ist dies nach den Ausführungen des Amtsarztes zum Zeitpunkt der Arthroskopien nicht mehr aufklärbar gewesen, da in der fachmedizinischen Literatur davon ausgegangen wird, dass nach drei bis vier Monaten, spätestens aber nach sechs Monaten auch eine solche Gewebeuntersuchung nicht mehr zur Aufklärung beitragen kann, weil sich das Gewebe entsprechend zurückbildet. 67Soweit der Kläger schließlich vorgetragen hat, der Amtsarzt sei für die Begutachtung örtlich nicht zuständig gewesen, spricht auch dies nicht gegen die gutachterliche Stellungnahme. Zwar besteht gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen (ÖGDG NRW) eine Zuständigkeit der unteren Gesundheitsbehörde am Wohnort der zu begutachtenden Person für die amtlichen Untersuchungen zur Ausstellung von gutachterlichen Stellungnahmen in beamtenrechtlichen Verfahren. Nach § 19 Abs. 2 Satz 2 ÖGDG NRW kann die Behörde oder Einrichtung, die das beamtenrechtliche Verfahren durchführt, hiervon abweichend die untere Gesundheitsbehörde am Dienstort der zu begutachtenden Person - hier also das Gesundheitsamt E. - beauftragen. 683. 69Der auf die Fortzahlung der Erschwerniszulage gerichtete Antrag zu 3. ist ebenfalls unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Fortzahlung der Erschwerniszulage. Der Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 4a Abs. 1 Satz 1 Erschwerniszulagenverordnung (EZulV). Nach dieser Vorschrift wird Beamten des Einsatzdienstes der Feuerwehr die Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten während einer vorübergehenden Dienstunfähigkeit infolge eines Unfalls im Sinne des § 37 BeamtVG weitergezahlt. Ein Unfall in diesem Sinne liegt jedoch - wie unter 1. dargelegt - nicht vor. 704. 71Soweit der Kläger schließlich mit seinem Antrag zu 4. die Erstattung von Fahrtkosten zur Heilbehandlung geltend macht, ist die Klage nur in einer Höhe von 78,60 Euro begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung in dieser Höhe aus §§ 30 Abs. 2 Nr. 2, 33 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 BeamtVG, § 8 Abs. 1 Heilverfahrensverordung (HeilVfV), § 6 Abs. 1 Satz 2 Landesreisekostengesetz (LRKG NRW). Im Übrigen ist der Antrag unbegründet. 72Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG wird einem Beamten Unfallfürsorge gewährt, wenn dieser durch einen Dienstunfall verletzt worden ist. Dies umfasst nach § 30 Abs. 2 Nr. 2 BeamtVG insbesondere das Heilverfahren. Das Heilverfahren wiederum erstreckt sich gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 BeamtVG auf die notwendige ärztliche Behandlung (Nr. 1). 73Gemäß § 33 Abs. 5 BeamtVG regelt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Durchführung der Heilbehandlung gemäß § 33 BeamtVG. Insofern ist die mittlerweile in Landesrecht überführte HeilVfV ergangen, die die Einzelheiten zur Kostenerstattung bei Durchführung des Heilverfahrens im Rahmen der Unfallfürsorge regelt. Zu den zu erstattenden Kosten der Heilbehandlung gehören nach § 8 HeilVfV auch die Fahrtkosten.Gemäß § 8 Abs. 1 HeilVfV werden die Kosten für die Benutzung von Beförderungsmitteln erstattet, wenn die Benutzung aus Anlass der Heilbehandlung notwendig war (Satz 1). Nach Satz 2 richtet sich die Höhe der zu erstattenden Kosten nach den Vorschriften über Fahrkostenerstattung des Bundesreisekostengesetzes oder den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 LRKG NRW wird für Fahrten mit einem PKW eine Wegstreckenentschädigung von 30 Cent je Kilometer gewährt. 74Die Erstattung von Fahrtkosten gemäß § 33 Abs. 1 BeamtVG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 HeilVfV setzt voraus, dass es sich um vom Beamten tatsächlich durchgeführte Fahrten zu notwendigen Maßnahmen der Heilbehandlung im Sinne von § 33 BeamtVG handelt, die nach Art und Umfang der Fahrten ihrerseits notwendig waren. Zugleich müssen die Fahrtkosten auch nach ihrem Aufwand und den entsprechenden Kosten nicht übermäßig, also auch angemessen (§ 1 Abs. 1 HeilVfV) sein, 75VG Düsseldorf, Urteil vom 25. August 2014 - 23 K 4654/13 -, in: juris (Rn. 135). 76Die Prüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit von Fahrtkosten zur Unfall-Heilbehandlung im Sinne von §§ 33 BeamtVG, 8 HeilVfV umfasst insbesondere die Frage, bei welchem Behandler (also auch: an welchem Ort) diese zu erfolgen hat. Für die Beurteilung der Notwendigkeit und Angemessenheit ist der dem Unfallfürsorgerecht und insbesondere dem Teilbereich der Erstattung von Fahrtkosten innewohnende Sparsamkeitsgrundsatz zu berücksichtigen. Was Kosten erzeugt und nicht geboten - also notwendig - ist, ist zu unterlassen. Dies deckt sich in Bezug auf die Fahrtkosten mit dem Reisekostenrecht, auf welches § 8 Abs. 1 Satz 2 HeilVfV Bezug nimmt. Für das Reisekostenrecht ist anerkannt, dass das dort ebenfalls geltende Sparsamkeitsgebot nicht unbeschränkt gilt. Es darf insbesondere nicht ohne jede Rücksicht auf den Dienstreisenden und dessen persönliche Belange durchgesetzt werden. Insoweit findet es in der Fürsorgepflicht eine Grenze, jenseits derer es dem Dienstherrn verboten ist, den Dienstreisenden im Interesse der Einsparung von Reisekosten finanziellen oder persönlichen Belastungen auszusetzen, die nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der zu erzielenden Kostenersparnis stehen, 77VG Düsseldorf, Urteil vom 25. August 2014 - 23 K 4654/13 -, in: juris (Rn. 141) unter Verweis auf BVerwG, Urteile vom 3. Februar 1982 - 6 C 194/80 -, in: juris (Rn. 14), und vom 21. Juni 1989 ‑ 6 C 4/87 -, in: juris (Rn. 20). 78Diese Grundsätze sind auf die Frage der Erstattungsfähigkeit von Fahrtkosten zur Heilbehandlung in der Unfallfürsorge zu übertragen. 79Ist ein (geeigneter, fachkundiger) Behandler am Wohnort des Betroffenen nicht verfügbar, ist ersichtlich, dass auch die Fahrtkosten zum nächstgelegenen kompetenten Behandler übernommen werden müssen. Bei entsprechender medizinischer Indikation kann damit auch der Weg zu einer gegebenenfalls weit entfernten „Koryphäe“ notwendig und angemessen sein, wenn allein dieser Spezialist über die erforderliche Fachkunde verfügt, 80VG Düsseldorf, Urteil vom 25. August 2014 - 23 K 4654/13 -, in: juris (Rn. 144). 81Es kann aufgrund besonderer Umstände auch eine auswärtige Behandlung notwendig sein, obwohl ein wohnortnäherer Behandler vorhanden ist, z. B. wenn zu einem auswärtigen Arzt ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht und ohne dieses Vertrauensverhältnis die Aussicht auf Behandlungserfolg ernstlich in Zweifel gestellt wäre, 82VG Düsseldorf, Urteil vom 25. August 2014 - 23 K 4654/13 -, in: juris (Rn. 146). 83Nach diesen Grundsätzen sind dem Kläger nur die Fahrtkosten zu der orthopädischen Gemeinschaftspraxis G. und K. in S. ungekürzt zu ersetzen. Hinsichtlich der Fahrtkosten in das N. hospital in E. -L. sind hingegen nur diejenigen Kosten erstattungsfähig, die entstanden wären, wenn der Kläger den nächstgelegenen Behandler aufgesucht hätte. Nur insoweit waren die Fahrten notwendig im dargestellten Sinne. 84Das N. krankenhaus in E. -L. liegt vom Wohnort des Klägers 58,7 km entfernt. In einer Entfernung von nur 6 km vom Wohnort des Klägers bestand mit dem St. B. Hospital in I. eine deutlich nähergelegene Behandlungsmöglichkeit. Dass eine medizinische Indikation oder ein besonderes Vertrauensverhältnis zu den Ärzten die Fahrten in das N. krankenhaus L. notwendig gemacht hätten, ist weder vorgetragen, noch ersichtlich. Tatsächlich gehört das St. B. Hospital in I. hinsichtlich Knorpelverletzungen im Kniegelenk bundesweit zu den erfahrensten Krankenhäusern, 85AOK Gesundheitsnavigator, Zahlen für 2014, abrufbar unter: https://weisse-liste.krankenhaus.aok.de/ de/krankenhaus/krankenhaussuche/ergebnisliste/?searchHospital=Sch%C3%A4digung+von+B%C3%A4ndern+bzw.+Knorpeln+des+Kniegelenkes&searchKey=M23&searchType=ICD&searchDistance=ALL&userInput=true, Stand: 25. Januar 2016. 86Der Kläger kann daher nur diejenigen Kosten verlangen, die angefallen wären, wenn er anstelle des N. krankenhauses das St. B. Hospital in I. aufgesucht hätte. Bei acht Fahrten à 12 km (Hin- und Rückweg) ergibt dies bei einer Erstattung von 30 Cent pro Kilometer einen Erstattungsbetrag von 28,80 Euro. In der Summe mit den für die Fahrten zur orthopädischen Gemeinschaftspraxis G. und K. in S. anzusetzenden Fahrtkosten von 49,80 Euro ergibt dies die im Tenor genannte Summe von 78,60 Euro. 87Entgegen der Ausführungen der Beklagten muss sich der Kläger keine ersparten Aufwendungen anrechnen lassen. Hierfür besteht - wie die Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt hat - bereits keine gesetzliche Grundlage. Zwar ist der HeilVfV die Anrechnung von Vorteilen durch die Heilbehandlungsmaßnahme nicht fremd. Nach § 12 Abs. 6 Satz 1 und 2 HeilVfV muss sich ein Verletzter, der in einer zur Pflege geeigneten Einrichtung untergebracht wird, einen angemessenen Betrag für Einsparungen im Haushalt anrechnen lassen. Für die Anrechnung ersparter Fahrtkosten sieht die HeilVfV hingegen keine Regelung vor. Es kann hier auch dahinstehen, ob der Vorschrift ein allgemeiner Rechtsgedanke hinsichtlich der Anrechnung ersparter Aufwendungen im Heilverfahren zu entnehmen ist, denn die von der Beklagten behaupteten Ersparnisse des Klägers in Höhe von ca. 530 Euro stehen schon nicht in dem erforderlichen Kausalzusammenhang mit den streitgegenständlichen Fahrtkosten zur Heilbehandlung. Der Kläger hat die Fahrtkosten allenfalls aufgrund seiner Dienstunfähigkeit, nicht aber aufgrund der Fahrten zur Heilbehandlung erspart. Im Falle des § 12 Abs. 6 Satz 1 und 2 HeilVfV findet eine Anrechnung hingegen statt, weil der Verletzte aufgrund der anderweitigen Unterbringung Kosten für seine private Haushaltsführung einspart. 88Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Danach können einem Beteiligten die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Dies ist hier der Fall. 89Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO). 90Beschluss: 91Der Streitwert wird auf 12.608,14 Euro festgesetzt. 92Gründe: 93Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz erfolgt. 94Der Kläger hat die Feststellung eines qualifizierten Dienstunfalls (Auffangwert 5.000,00 Euro), die Anerkennung weiterer Körperschäden als Dienstunfallfolge (Auffangwert 5.000,00 Euro), die Zahlung einer Erschwerniszulage für die Vergangenheit (nach Berechnung der Beklagten 2.276,40 Euro) sowie die Erstattung von Fahrtkosten in Höhe von 331,74 Euro begehrt.
die beklagte wird unter teilweiser aufhebung des widerspruchsbescheides vom 25. februar 2015 verurteilt, dem kläger eine fahrkostenerstattung in höhe von 78,60 euro zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des verfahrens werden dem kläger auferlegt. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. die beteiligten können die vollstreckung jeweils durch sicherheitsleistung in höhe von 110% des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der jeweils andere vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der kläger ist feuerwehrbeamter im dienste der beklagten. am späten abend des 14. april 2013 wurde der löschzug des klägers zu einem einsatz auf dem gelände eines ehemaligen papierwerkes in e. gerufen. im rahmen dieses einsatzes sollte der kläger ein ca. 2,5 m – 3 m hohes tor mittels einer steckleiter überklettern. beim umsteigen verlor der kläger das gleichgewicht und fiel auf der rückseite des tores herunter. er landete dabei nach seiner schilderung mit gestreckten beinen auf den füßen und verspürte daraufhin unmittelbar schmerzen in beiden kniegelenken. 3bei einer untersuchung des klägers am 8. juli 2013 im universitätsklinikum f. wurde eine osteochondrale läsion am rechten lateralen tibiaplateau festgestellt. am 9. juli 2013 reichte der kläger eine dienstunfallanzeige bei der beklagten ein. ende juli 2013 nahm der kläger seinen dienst zunächst wieder auf. 4der kläger wurde daraufhin am 4. oktober 2013 durch das gesundheitsamt der beklagten untersucht. der amtsarzt stellte eine stauchung beider kniegelenke, rechts mehr als links, fest. zugleich stellte der amtsarzt fest, dass mit größerer wahrscheinlichkeit eine bisher nicht bekannte symptomlose vorschädigung im gleichen diagnosebereich vorgelegen habe. 5die stauchung beider kniegelenke erkannte die beklagte mit bescheid vom 16. oktober 2013 als dienstunfall an. 6nachdem erneut beschwerden auftraten, ließ der kläger am 17. januar 2014 im n.- krankenhaus e. -l. eine arthroskopie des rechten kniegelenkes durchführen. zuvor war dort ein außenmeniskuskomplexriss, eine synovialitis sowie ein knorpelschaden femoral ii-iii, tibial iii-iv diagnostiziert worden. der behandelnde arzt stellte in einem schreiben vom 4. februar 2014 fest, dass „die bei der operation am 17. januar 2014 vorgefunden schäden“ folgen des dienstunfalls vom 14. april 2013 seien. in einem weiteren, nicht datierten schreiben des n. krankenhauses an die unfallversicherung des klägers bescheinigte eine behandelnde ärztin, „dass verletzungen im bereich beider kniegelenke zu 100% auf den unfall vom 14. april 2013 zurückzuführen“ seien. die knorpelschädigung sei rein traumatischer genese, eine degenerative vorschädigung könne sicher ausgeschlossen werden. am 25. april 2014 ließ der kläger eine arthroskopie des linken kniegelenkes durchführen. am 16. juli 2014 kehrte der kläger in den dienst zurück. 7am 17. juli 2014 erfolgte eine nachuntersuchung des klägers durch das gesundheitsamt der beklagten. der amtsarzt diagnostizierte dabei dienstunfallabhängig eine schwere, beidseitige kniegelenksprellung mit wahrscheinlichem knorpelschaden im bereich der tibia lateral, sowie dienstunfallunabhängig eine beginnende femoropatellargelenkarthrose, eine außenmeniskusläsion rechts sowie eine innen- und außenmeniskusläsion links. insgesamt sei die begutachtung äußerst schwierig gewesen. es liege kein objektiver untersuchungsbefund unmittelbar nach dem unfall vor. wenn der unfallmechanismus tatsächlich wie vom kläger beschrieben gewesen sein sollte, sei von einer axialen stauchung des kniegelenks auszugehen. eine solche könne, bei großer höhe, laut literatur etwa 4 m, auch zu knorpelschäden führen. ein meniskusschaden sei jedoch bei einer axialen belastung des kniegelenks nicht als folge eines unfalls anzusehen. die operative versorgung der kniegelenke sei erst neun monate nach dem unfall erfolgt. der operateur habe bei der arthroskopie den knorpelschaden sicher feststellen können. allerdings könne man bereits nach drei monaten keine unterscheidungen mehr treffen, ob der knorpelschaden durch einen unfall bedingt oder degenerativ schon vorhanden gewesen sei. am 4. juni 2013 und am 13. november 2013 sei das rechte knie zweimal mittels kernspintomographie untersucht worden. am rechten kniegelenk hätten sich dabei dienstunfallunabhängige degenerative veränderungen an der kniescheibe (kantenausziehungen an den patellapolen), aber auch posttraumatische veränderungen im bereich des schienbeins gezeigt. zusammenfassend sei das unfallereignis, eine erhebliche axiale belastung, wahrscheinlich geeignet gewesen, eine knorpelverletzung im bereich beider kniegelenke zu verursachen. 8mit bescheid vom 8. august 2014 erkannte die beklagte in abänderung ihres bescheides vom 16. oktober 2013 den körperschaden „schwere beidseitige kniegelenksprellung, knorpelschaden im bereich der tibia lateral“ als folgen des dienstunfallgeschehens an. zur begründung dafür, dass die festgestellte beginnende femoropatellargelenkarthrose, eine außenmeniskusläsion rechts sowie eine innen- und außenmeniskusläsion links nicht als dienstunfallfolge anerkannt wurden, wiederholte die beklagte im wesentlichen die ausführungen ihres amtsarztes vom 17. juli 2014. 9gegen diesen bescheid erhob der kläger mit schreiben vom 1. september 2014 widerspruch. zur begründung führte der kläger aus, das gutachten des amtsarztes stehe im widerspruch zu den attesten des n. krankenhauses l. . es habe sich zudem um einen qualifizierten dienstunfall gehandelt. bei dem in rede stehenden sturz habe er sich in objektiver lebensgefahr befunden. er sei mitten in der nacht, im brandfall, bei dunkelheit und nicht gesichert von einem 4 m hohen tor gefallen. da unklar gewesen sei, ob sich im brandobjekt menschen befanden, habe es schnell gehen müssen. zudem habe er einen anspruch auf fortzahlung seiner besoldung mit erschwerniszulagen. schließlich seien ihm auch fahrtkosten für fahrten im zusammenhang mit der heilbehandlung zu erstatten. diese fahrten betrafen zum einen die 8,8 km vom wohnort des klägers entfernte orthopädische gemeinschaftspraxis g. und k. (zehn fahrten), zum anderen das 58,7 km entfernte n. krankenhaus in e. -l. (acht fahrten). 10der amtsarzt der beklagten führte in einem schreiben vom 1. oktober 2014 zu den ausführungen im widerspruch des klägers aus, dass die durch den kläger vorgelegten atteste, die knorpelschädigung sei rein traumatischer genese und eine degenerative vorschädigung könne ausgeschlossen werden, nicht nachvollziehbar seien. voruntersuchungen oder präoperative radiologische medien lägen nicht vor. die tatsache, dass der kläger vor dem unfall niemals beschwerden und niemals eine behandlung an den kniegelenken gehabt habe, beweise nicht, dass keine vorschädigung vorgelegen habe. der kläger sei bis dato überdurchschnittlich sportlich aktiv gewesen. das ergebnis seien typische veränderungen eines sportlich orientierten jungen mannes. 11das unfallereignis sei generell nicht geeignet gewesen, eine beginnende femoropatellargelenkarthrose auszulösen. das landen auf fast gestreckten beinen führe aufgrund der lage des kraftvektors zu keiner belastung des femoropatellargelenkes. arthrosen entstünden dort in der regel über viele jahre durch erhöhten anpressdruck der kniescheibe bei gebeugtem kniegelenk und/oder muskuläre dysbalancen. die beginnende femoropatellargelenkarthrose sei daher mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit nicht dienstunfallbedingt und als asymptomatischer vorschaden anzusehen. 12mit bescheid vom 25. februar 2015 wies die beklagte den widerspruch zurück. zur begründung führte sie aus: ein qualifizierter dienstunfall liege nicht vor. die annahme eines solchen setze voraus, dass sich der betroffene beamte bei der diensthandlung der für sein leben bestehenden gefahr bewusst sei. nach dem einsatzbericht der feuerwehr habe für die im einsatz befindlichen feuerwehrbeamten keine ihnen selbst drohende, über das maß des normalen einsatzgeschehens hinausgehende, besondere gefährdung bestanden. auch das hinaufklettern auf eine leiter stelle für sich genommen keine besondere lebensgefahr dar. erschwerniszulagen seien entsprechend nicht zu leisten, da diese das vorliegen eines qualifizierten dienstunfalls voraussetzten. hinsichtlich der anerkennung der weiteren schädigungen des klägers als dienstunfallfolgen bezog sich die beklagte zur begründung auf die gutachten ihres amtsarztes vom 17. juli 2014 und 1. oktober 2014. die geltend gemachten fahrtkosten in höhe von 331,74 euro seien nicht zu erstatten, weil für die zeit einer dienstunfähigkeit geltend gemachten fahrtkosten hierdurch zugleich entstandene ersparnisse gegengerechnet werden müssten. der kläger habe während seiner dienstunfähigkeit ca. 530 euro für fahrten zum dienst erspart. 13der kläger hat am 23. märz 2015 klage erhoben. zur begründung verweist er auf seine widerspruchsbegründung vom 1. september 2014. ergänzend führt er aus: zum unfallzeitpunkt sei es stockdunkel gewesen. der innenbereich des geländes sei nicht erkennbar gewesen. nicht nur aufgrund der dunkelheit, sondern zusätzlich durch rauchentwicklung sei ihm die sicht versperrt gewesen. es müsse auch berücksichtigt werden, dass er etwa 30 kg ausrüstungsgewicht am körper getragen habe. dieses zusätzliche gewicht müsse bei der beurteilung der aufpralllast berücksichtigt werden. aufgrund dessen habe es sich bei dem unfall um einen qualifizierten dienstunfall gehandelt. ihm sei aus seiner ausbildung bekannt, dass bei stürzen ab einer höhe von 3 m die gefahr eines polytraumas bestehe, wobei die verletzung durchaus tödlich verlaufen könne. er sei sich dieser gefahren auch bewusst gewesen. hinsichtlich der unfallfolgen bestehe ein widerspruch zwischen den ausführungen des amtsarztes und der behandelnden ärzte des n. krankenhauses l. . die beurteilung der behandelnden ärzte müsse vorrang vor der beurteilung des amtsarztes haben, da diese den zustand intraoperativ hätten betrachten und bewerten können. entsprechend beruhten die ausführungen des amtsarztes nur auf annahmen und schlussfolgerungen. das gesundheitsamt e. sei zudem für die amtsärztliche untersuchung und beurteilung des unfallgeschehens nicht zuständig gewesen. der kläger habe seinen privaten wohnsitz in s. , daher sei das dortige gesundheitsamt zuständig. im hinblick auf die erstattung von fahrtkosten sei die von der beklagten im widerspruchsbescheid vorgenommene gegenrechnung unstatthaft. weder gebe es einen aufrechenbaren gegenanspruch der beklagten noch habe er durch seine dienstunfähigkeit einen vermögenswerten vorteil erlangt. 14der kläger beantragt, 151.16die beklagte unter teilweiser aufhebung des bescheides vom 18. august 2014 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 25. februar 2015 zu verpflichten, festzustellen, dass das unfallereignis vom 14. april 2013 ein qualifizierter dienstunfall im sinne von § 37 abs. 1 beamtenversorgungsgesetz gewesen ist, 2.17die beklagte unter teilweiser aufhebung des bescheides vom 18. august 2014 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 25. februar 2015 zu verpflichten, die beginnende femoropatellargelenkarthrose, die außenmeniskusläsion rechts sowie die innen- und außenmeniskusläsion links als weitere folgen des dienstunfalls vom 14. april 2013 anzuerkennen, 3.18die beklagte unter teilweiser aufhebung des widerspruchsbescheides vom 25. februar 2015 zu verurteilen, ihm für die zeit seiner vorübergehenden dienstunfähigkeit erschwerniszulagen in höhe von 2.276,40 € zu zahlen, 4.19die beklagte unter teilweiser aufhebung des widerspruchsbescheides vom 25. februar 2015 zu verurteilen, ihm eine fahrkostenerstattung in höhe von 331,74 € zu zahlen. 20die beklagte beantragt, 21die klage abzuweisen. 22zur begründung wiederholt und vertieft sie ihren vortrag aus dem verwaltungsverfahren. ergänzend führt sie aus: das vorliegen eines qualifizierten dienstunfalls setze die hohe wahrscheinlichkeit voraus, bei der dienstausübung umzukommen. es sei nicht nachvollziehbar, wie bei der konkreten situation des unfallgeschehens die hohe wahrscheinlichkeit bestanden haben soll, dass der kläger sein leben verliere. die ablehnung der fahrtkostenerstattung rechtfertige sich bereits vor dem hintergrund, dass der kläger nicht den nächstgelegenen kompetenten behandler aufgesucht habe. für den unfallverletzten bestehe grundsätzlich das gebot, die fahrtkosten zur heilbehandlung möglichst gering zu halten. der kläger habe im wesentlichen fahrtkosten für fahrten zum n. krankenhaus in e. -l. geltend gemacht, obwohl im st. b. hospital in i. ein zentrum für orthopädie und unfallchirurgie vorhanden sei, das zu den größten zentren dieser art in deutschland zähle. die fahrtstrecke zur behandlung nach i. hätte 12 km statt 117,4 km (hin- und rückweg) betragen. 23die kammer hat beweis erhoben durch ergänzende befragung des amtsarztes der beklagten, herrn dr. h. , als sachverständigen sowie vernehmung des zeugen e1. . wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte sowie die beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten verwiesen. 24
25die klage ist zulässig, jedoch nur in dem aus dem tenor ersichtlichen umfang begründet. 261. 27der antrag zu 1. ist zulässig, aber unbegründet. 28der antrag ist als verpflichtungsantrag im sinne des § 42 abs. 1 2. alt. verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) statthaft. ob das dienstunfallgeschehen vom 14. april 2013 die voraussetzungen eines qualifizierten dienstunfalls erfüllt, kann durch die beklagte - ebenso wie konkrete unfallfolgen - durch einen verwaltungsakt festgestellt werden, 29vgl. vg mainz, urteil vom 28. juni 2006 - 7 k 603/05.mz -, in: juris (rn. 21); ovg niedersachsen, urteil vom 26. januar 1993 – 5 l 2634/91 –, in: juris (rn. 1). 30der kläger hat auch das erforderliche rechtschutzbedürfnis. dem steht insbesondere nicht entgegen, dass er derzeit durch das dienstunfallgeschehen weder dienstunfähig, noch in den ruhestand getreten ist. ein schutzwürdiges interesse des klägers, bereits zum gegebenen zeitpunkt durch die beklagte feststellen zu lassen, dass er einen qualifizierten dienstunfall erlitten hat, ist bereits deswegen anzunehmen, weil sich die beweissituation des klägers für die tatsache des vorliegens einer besonderen lebensgefahr mit weiterem zeitablauf verschlechtern wird. gerade weil eine dienstunfähigkeit aufgrund der erlittenen schädigungen derzeit noch nicht absehbar, ihr eintritt zugleich aber nicht auszuschließen ist, besteht auf seiten des klägers ein entsprechendes rechtschutzbedürfnis. 31der antrag ist jedoch nicht begründet. der kläger hat keinen anspruch auf die feststellung, dass es sich bei dem unfallereignis vom 14. april 2013 um einen qualifizierten dienstunfall gehandelt hat. der bescheid vom 18. august 2014 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 25. februar 2015 erweist sich insoweit als rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo). 32bei dem unfallgeschehen vom 14. april 2013 handelte sich nicht um einen qualifizierten dienstunfall im sinne des § 37 abs. 1 satz 1 beamtenversorgungsgesetz (beamtvg). gemäß § 37 abs. 1 satz 1 beamtvg, der hier in der zum unfallzeitpunkt geltenden fassung vom 31. august 2006 anzuwenden ist, 33bverwg, urteil vom 26. november 2013 - 2 c 9.12 -, in: juris (rn. 6); ovg nrw, urteil vom 4. april 2011 - 1 a 3037/08 -, in: juris (rn. 38); bverwg, urteil vom 6. januar 1969 - vi c 38.66 -, in: juris (rn. 16); ovg rheinland-pfalz, urteil vom 21. januar 2005 - 2 a 11761/04 -, in: juris (rn. 21); brockhaus, in: schütz/maiwald, beamtenrecht des bundes und der länder, § 37 beamtvg rn. 11b, 34liegt ein qualifizierter dienstunfall vor, wenn sich ein beamter bei ausübung einer diensthandlung einer damit verbundenen besonderen lebensgefahr ausgesetzt hat und er infolge dieser gefährdung einen dienstunfall erleidet. 35das tatbestandsmerkmal des aussetzens besonderer lebensgefahr erfordert in objektiver hinsicht eine diensthandlung, mit der für den beamten typischerweise eine besondere, über das übliche maß der lebens- oder nur gesundheitsgefährdung hinausgehende lebensgefahr verbunden ist. dies setzt eine dienstverrichtung voraus, die bei typischem verlauf das risiko entsprechender verletzungen in sich birgt, sodass deren eintritt als realisierung der gesteigerten gefährdungslage und nicht als verwirklichung eines allgemeinen berufsrisikos erscheint, 36bverwg, beschluss vom 7. oktober 2014 - 2 b 12/14 -, in: juris (rn. 10); ovg berlin-brandenburg, urteil vom 25. märz 2014 - ovg 4 b 3.11 -, in: juris (rn. 28). 37dabei müssen solche gravierenden, gefahrerhöhenden umstände bestehen, welche die gefährdung weit über das „normale“ maß hinaus reichen lassen; der verlust des lebens muss wahrscheinlich bzw. sehr naheliegend sein oder unmittelbar bevorstehend erscheinen, 38ovg nrw, urteil vom 7. juli 2004 - 1 a 2881/02 -, in: juris (rn. 32); vg düsseldorf, urteil vom 31. märz 2014 - 23 k 5822/13; für das erfordernis einer überwiegenden wahrscheinlichkeit des qualifizierten verletzungserfolges: vg aachen, urteil vom 19. märz 2015 - 1 k 1700/12 -, in: juris (rn. 23); ovg niedersachsen, beschluss vom 28. oktober 2010 - 5 la 280/09 -, in: juris (rn. 7). 39weiter ist für die annahme eines qualifizierten dienstunfalls erforderlich, dass der beamte sich der gefährdung seines lebens bewusst ist; dieses bewusstsein folgt in aller regel bereits aus der kenntnis der die gefahr begründenden objektiven umstände, 40bverwg, beschluss vom 7. oktober 2014 - 2 b 12/14 -, in: juris (rn. 10). 41ob die diensthandlung für das leben des beamten eine solche gefahr begründet hat, erfordert eine wertende betrachtung der umstände des konkreten einzelfalls, 42bverwg, beschluss vom 7. oktober 2014 - 2 b 12/14 -, in: juris (rn. 10); bverwg, beschluss vom 30. august 1993 - 2 b 67/93 -, in: juris (rn. 6); brockhaus, in: schütz/maiwald, beamtenrecht des bundes und der länder, § 37 beamtvg rn. 16. 43auch eine ihrer art nach nicht generell besonders gefährliche dienstverrichtung kann im einzelfall aufgrund besonderer bedingungen - etwa schlechte witterung, unzureichend gewordene körperliche oder psychische verfassung oder erkannte mängel in der ausrüstung oder ausbildung - mit einer erhöhten lebensgefahr verbunden sein, 44ovg rheinland-pfalz, urteil vom 26. november 2013 - 2 a 10479/13 -, in: juris (rn. 32). 45nach diesen grundsätzen hat sich der kläger bei seiner zum dienstunfall führenden diensthandlung keiner besonderen lebensgefahr im sinne des § 37 abs. 1 satz 1 beamtvg ausgesetzt. 46die diensthandlung stellt sich als solche abstrakt zunächst nicht als besonders gefährlich dar. das übersteigen eines hindernisses mittels steckleiter begründet keine über das allgemeine berufsrisiko eines feuerwehrmannes hinausgehende besondere lebensgefahr. 47auch die konkreten umstände der dienstverrichtung führen nicht zu einer verdichtung der allgemeinen gefahren derart, dass der verlust des lebens des klägers wahrscheinlich oder sehr naheliegend war. nach vernehmung des zeugen e1. stellt sich der ablauf der dienstverrichtung des klägers bis zum unfallereignis wie folgt dar: der einsatzort war bei der ankunft des löschzuges bereits leicht verraucht. flammen waren nicht zu sehen, es war jedoch damit zu rechnen, dass es sich um einen größeren brand handelte. die sichtweite betrug auf der straße ca. 10-20 m. da bekannt war, dass sich des öfteren obdachlose in den räumlichkeiten aufhielten, war damit zu rechnen, dass sich personen im gebäude befanden. der kläger, der normale feuerwehrschutzbekleidung ohne atemschutz trug, sollte sich zutritt zu dem gebäude verschaffen, um zu überprüfen, ob sich dort personen aufhielten. hierzu brachte er auf anordnung eine ca. 2,70 m lange steckleiter an einem geschlossenen stahltor an, setzte sich rittlings auf dieses und ließ auf der anderen seite des tores eine zweite steckleiter herab. auf dieser seite des tores war die sicht eingeschränkt, da durch das geschlossene tor kein licht in den innenbereich fiel. beim umsteigen auf die zweite angebrachte steckleiter stürzte der kläger. das tor hatte eine höhe von mindestens 2,50 m, dürfte eine höhe von 3 m jedoch nicht überschritten haben. 48dieser ablauf steht zur überzeugung der kammer nach vernehmung des zeugen e1. fest. der zeuge konnte detaillierte angaben zu den kernaspekten des geschehens machen. er konnte für die kammer plastisch darstellen, wie der einsatz am 14. april 2013 abgelaufen ist. die angaben waren schlüssig und widerspruchsfrei. der zeuge hatte schon aufgrund seiner position bei dem einsatz als der für den kläger verantwortliche fahrzeugführer einen entsprechenden wahrnehmungsanreiz, zudem war dem zeugen die örtlichkeit des dienstunfalls schon deswegen besonders bekannt, weil es sich bereits um den dritten einsatz dort im april 2013 handelte. für die glaubhaftigkeit der aussage spricht ferner, dass der zeuge vereinzelte erinnerungslücken eingeräumt und entsprechend angegeben hat, wenn er sich bei einem aspekt nicht sicher war. zugleich hat der zeuge an anderen stellen dargelegt, warum er sich an bestimmte details erinnert. so hat der zeuge etwa die höhe des tores mit mindestens 2,50 m beschrieben, weil dieses mit nur einem steckleiterteil mit einer länge von 2,70 m überstiegen werden sollte. den zeitpunkt des unfalls selbst hat der zeuge ebenfalls sehr anschaulich beschrieben: der kläger sei umgestiegen und sei dann „plötzlich“ weg gewesen. er habe dann einen kollegen beauftragt, nach dem kläger zu sehen. diese lebensnahe und klare schilderung spricht dafür, dass der zeuge das einsatzgeschehen tatsächlich so verfolgt hat. für die glaubhaftigkeit spricht schließlich auch, dass der zeuge in seiner aussage zugunsten keines beteiligten besondere be- oder entlastungstendenzen gezeigt hat, obwohl er zum einen selbst im dienste der beklagten steht, zugleich kollegial mit dem kläger verbunden ist und zudem während des einsatzes für den kläger verantwortlich war. 49als besondere umstände der diensthandlung hat die kammer hiervon ausgehend eine besondere eile im einsatz, eine sturzhöhe von ca. 2,50 - 3 m sowie eine aufgrund von rauch und dunkelheit eingeschränkte sicht auf der rückseite des tores berücksichtigt. ein besonderes gewicht der ausrüstung des klägers war hingegen auf grundlage der zeugenaussage - entgegen der klagebegründung - ebenso wenig zu berücksichtigten, wie aus dem gebäude schlagende flammen oder eine sturzhöhe von 3-4 m. unter einbeziehung dieser faktoren bestand für den kläger bei der dienstverrichtung keine besondere lebensgefahr. 50abzustellen ist hinsichtlich des vorliegens einer besonderen lebensgefahr allein darauf, ob die diensthandlung als solche, nicht aber das dienstunfallgeschehen in besonderem maße lebensgefährlich war. das übersteigen eines 2,50 - 3 m hohen tores mittels einer leiter erfüllt diese voraussetzungen auch dann nicht, wenn es bei schlechter sicht und in eile erfolgt. dabei ist zu berücksichtigen, dass der kläger nicht auf dem tor balancieren musste, sondern sich zunächst rittlings auf dieses setzen konnte und anschließend beim umsteigen stürzte. hierdurch wird zum einen die fallhöhe - gerechnet vom kopf des klägers - reduziert und zugleich die wahrscheinlichkeit eines sturzes verringert. unabhängig davon, wie wahrscheinlich es ist, bei einem solchen manöver überhaupt zu stürzen, ist der verlust des lebens durch das übersteigen eines tores unter den hiesigen umständen nicht naheliegend. auch vor dem hintergrund, dass es sich nach den angaben des zeugen e1. um ein für feuerwehrbeamte nicht ungewöhnliches manöver handelte, lag keine über das allgemeine berufsrisiko hinausgehende gefahr für das leben des klägers vor. 512. 52der antrag zu 2. ist unbegründet. der kläger hat keinen anspruch auf anerkennung der beginnenden femoropatellargelenkarthrose, der außenmeniskusläsion rechts und der innen- und außenmeniskusläsion links als weitere folgen des dienstunfallgeschehens vom 14. april 2013. der bescheid der beklagten erweist sich insoweit ebenfalls als rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo). 53der anspruch folgt insbesondere nicht aus § 31 abs. 1 satz 1 beamtvg in der zum unfallzeitpunkt geltenden fassung vom 31. august 2006. demnach ist ein dienstunfall ein auf äußerer einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen körperschaden verursachendes ereignis, das in ausübung oder infolge des dienstes eingetreten ist. 54die voraussetzungen der anerkennung der beginnenden femoropatellargelenkarthrose, der außenmeniskusläsion rechts und der innen- und außenmeniskusläsion links als weitere folgen des dienstunfallgeschehens vom 14. april 2013 liegen aber nicht vor, da diese körperschäden nicht durch den dienstunfall verursacht wurden. 55im dienstunfallrecht der beamten sind als ursache im rechtssinne nur solche für den eingetretenen schaden ursächliche bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) sinne anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen beziehung zum erfolg nach natürlicher betrachtungsweise an dessen eintritt mitgewirkt haben, die also insofern als „wesentlich" anzusehen sind (theorie der wesentlich mitwirkenden ursache). dies zielt auf eine sachgerechte risikoverteilung. dem dienstherrn sollen nur die spezifischen gefahren der beamtentätigkeit oder die nach der lebenserfahrung auf sie zurückführbaren, für den schaden wesentlichen risiken aufgebürdet werden. diejenigen risiken, die sich aus persönlichen, von der norm abweichenden anlagen oder aus anderen als dienstlich gesetzten gründen ergeben, sollen hingegen bei dem beamten belassen werden. dementsprechend ist der dienstunfall dann als wesentliche ursache im rechtsinne anzuerkennen, wenn er bei natürlicher betrachtungsweise entweder überragend zum erfolg (körperschaden) beigetragen hat oder zumindest annähernd die gleiche bedeutung für den eintritt des schadens hatte wie die anderen umstände insgesamt. 56wesentliche ursache im dienstunfallrecht kann auch ein äußeres ereignis sein, das ein anlagebedingtes leiden auslöst oder (nur) beschleunigt, wenn diesem ereignis nicht im verhältnis zu anderen bedingungen - zu denen auch die bei eintritt des äußeren ereignisses schon vorhandene veranlagung gehört - eine derart untergeordnete bedeutung für den eintritt der schadensfolge zukommt, dass diese anderen bedingungen bei natürlicher betrachtung allein als maßgeblich anzusehen sind. nicht ursachen im rechtssinne sind demnach so genannte gelegenheitsursachen, also ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen schaden und dem dienstunfall eine rein zufällige beziehung besteht, wenn also die krankhafte veranlagung oder das anlagebedingte leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur auslösung akuter erscheinungen keiner besonderen, in ihrer eigenart unersetzlichen einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes, alltäglich vorkommendes ereignis zum selben erfolg geführt hätte. 57haben hieran gemessen mehrere bedingungen im rechtsinne einen bestimmten erfolg (körperschaden) herbeigeführt, so sind sie jeweils als wesentliche (mit-)ursachen einzustufen. die materielle beweislast für den nachweis des geforderten kausalzusammenhangs trägt der (anspruchstellende) beamte. grundsätzlich bedarf es insoweit des vollen beweises im sinne „an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit", 58ovg nrw, urteil vom 28. november 2014 - 1 a 1860/14 -, in: juris (rn. 46); bverwg, urteil vom 29. oktober 2009 - 2 c 134.07 -, in: juris (rn. 26). 59ausgehend von diesen maßstäben sind die beginnende femoropatellargelenkarthrose, die außenmeniskusläsion rechts sowie die innen- und außenmeniskusläsion links nicht durch den dienstunfall wesentlich verursacht worden. dies steht auf grundlage der ausführungen des amtsarztes sowie dessen angaben im rahmen der mündlichen verhandlung zur überzeugung der kammer fest. der amtsarzt der beklagten hat sowohl in seinen schriftlichen gutachten als auch im rahmen der mündlichen verhandlung für die kammer nachvollziehbar, schlüssig und in übereinstimmung mit angaben aus der fachliteratur dargelegt, dass es sich aufgrund des unfallgeschehens bei den geltend gemachten verletzungen nicht um folgen des dienstunfallgeschehens handeln kann. 60im hinblick auf die diagnostizierten meniskusschäden hat der amtsarzt in seinen schriftlichen gutachten maßgeblich auf den unfallmechanismus abgestellt, der sich aus der schilderung des klägers ergibt. aufgrund der landung mit gestreckten beinen müsse dabei maßgeblich eine axiale belastung auf die kniegelenke des klägers gewirkt haben. wie der amtsarzt ausgeführt und im rahmen der mündlichen verhandlung anhand eines modells veranschaulicht hat, ist eine derartige belastung aufgrund der lage der menisken im gelenk schon nicht geeignet, die hier vorliegenden schädigungen hervorzurufen. ein verletzungsmechanismus, der zu isolierter zerreißung eines meniskus führt, ist die verwindung des gebeugten kniegelenks (verwindungstrauma, drehsturz). für den meniskusriss sind in der regel eine passive rotation des gebeugten kniegelenks oder die plötzliche passive streckung des gebeugten und protestierten unterschenkels bei gleichzeitiger verhinderung der physiologischen schlussrotation ursächlich. auch nach der entsprechenden fachliteratur zerreißt der meniskus bei einem absprung mit aufkommen auf den füßen nur, wenn degenerative veränderungen so weit fortgeschritten waren, dass eine unwesentliche belastung ausreicht, 61schönberger/mehrtens/valentin, arbeitsunfall und berufskrankheit, rechtliche und medizinische grundlagen für gutachter, sozialverwaltung, berater und gerichte, 8. auflage 2010, seite 618. 62im rahmen der mündlichen verhandlung hat der amtsarzt ferner unmittelbar einleuchtend dargelegt, warum auch aus anderen gründen ausgeschlossen werden kann, dass das unfallgeschehen wesentlich ursächlich für die meniskusschäden gewesen ist: eine torsion beim aufprall sei ausgeschlossen, da die schädigung an beiden knien stattgefunden habe und sich diese gegenseitig stabilisiert haben dürften. tatsächlich erscheint es äußerst unwahrscheinlich - wenn überhaupt vorstellbar - dass bei einer landung eine torsion beider knie zugleich stattfindet, zumal der kraftvektor aufgrund der sturzrichtung vornehmlich vertikal gerichtet gewesen sein muss. zudem spricht nach den ausführungen des amtsarztes gegen ein verdrehen, dass keine schwellung in der art und weise vorhanden gewesen ist, die eine punktierung erforderlich machte. zudem gab es ein beschwerdefreies intervall, was dafür spricht, dass nur eine axiale belastung auf die knorpel einwirkte. schließlich war an der geschädigten außenseite des knies nach der schilderung des klägers keine schwellung erkennbar, die bei einer entsprechenden schädigung durch das unfallgeschehen jedoch zu erwarten gewesen wäre. 63nach den ausführungen des amtsarztes ist auch die beginnende femoropatellargelenkarthrose nicht durch das unfallereignis wesentlich verursacht worden. auch insoweit hat der sachverständige überzeugend und nachvollziehbar dargelegt, dass eine solche verletzung bei unterstellung des seitens des klägers beschriebenen unfallmechanismus ausgeschlossen werden kann. der amtsarzt hat im rahmen der mündlichen verhandlung plastisch am modell dargestellt, dass das femoropatellargelenk, also das gelenk zwischen oberschenkel (femur) und kniescheibe (patella), bei einer axialen belastung nicht einbezogen ist. da insoweit durch den sturz keine besondere belastung auf das gelenk bestanden hat, scheidet der knorpelschaden im knie auch in einer sekundären form, das heißt als folgezustand nach anderen traumata, 64schönberger/mehrtens/valentin, arbeitsunfall und berufskrankheit, rechtliche und medizinische grundlagen für gutachter, sozialverwaltung, berater und gerichte, seite 645, 65aus. wie der amtsarzt in seinen schriftlichen gutachten ausgeführt hat, handelte es sich nach dem befund um typische veränderungen eines sportlich orientierten jungen mannes. 66diesen einschätzungen des amtsarztes steht auch nicht entgegen, dass die behandelnden ärzte des klägers im rahmen der beim kläger durchgeführten arthroskopien festgestellt haben, dass die vorgefundenen schädigungen im knie folgen des dienstunfallgeschehens sein müssen. dabei kommt den äußerst kurzen feststellungen ohnehin ein nur geringer beweiswert zu. die schreiben enthalten keinerlei begründung für die medizinischen feststellungen, die durch die kammer überprüfbar wären. die kurzen stellungnahmen unterscheiden auch nicht nach den geltend gemachten verletzungen, sondern erschöpfen sich in der feststellung, dass „die knorpelschädigung“ bzw. die „vorgefundenen schäden“ folgen des dienstunfalls seien. zugleich hat der amtsarzt auch insoweit schlüssig und nachvollziehbar dargelegt und begründet, dass im rahmen einer arthroskopie neun monaten nach dem unfallgeschehen nicht mehr festgestellt werden kann, ob eine schädigung durch einen unfall bedingt oder degenerativ bereits vorhanden gewesen ist. auch histologisch ist dies nach den ausführungen des amtsarztes zum zeitpunkt der arthroskopien nicht mehr aufklärbar gewesen, da in der fachmedizinischen literatur davon ausgegangen wird, dass nach drei bis vier monaten, spätestens aber nach sechs monaten auch eine solche gewebeuntersuchung nicht mehr zur aufklärung beitragen kann, weil sich das gewebe entsprechend zurückbildet. 67soweit der kläger schließlich vorgetragen hat, der amtsarzt sei für die begutachtung örtlich nicht zuständig gewesen, spricht auch dies nicht gegen die gutachterliche stellungnahme. zwar besteht gemäß § 19 abs. 2 satz 1 gesetz über den öffentlichen gesundheitsdienst des landes nordrhein-westfalen (ögdg nrw) eine zuständigkeit der unteren gesundheitsbehörde am wohnort der zu begutachtenden person für die amtlichen untersuchungen zur ausstellung von gutachterlichen stellungnahmen in beamtenrechtlichen verfahren. nach § 19 abs. 2 satz 2 ögdg nrw kann die behörde oder einrichtung, die das beamtenrechtliche verfahren durchführt, hiervon abweichend die untere gesundheitsbehörde am dienstort der zu begutachtenden person - hier also das gesundheitsamt e. - beauftragen. 683. 69der auf die fortzahlung der erschwerniszulage gerichtete antrag zu 3. ist ebenfalls unbegründet. der kläger hat keinen anspruch auf fortzahlung der erschwerniszulage. der anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 4a abs. 1 satz 1 erschwerniszulagenverordnung (ezulv). nach dieser vorschrift wird beamten des einsatzdienstes der feuerwehr die zulage für dienst zu ungünstigen zeiten während einer vorübergehenden dienstunfähigkeit infolge eines unfalls im sinne des § 37 beamtvg weitergezahlt. ein unfall in diesem sinne liegt jedoch - wie unter 1. dargelegt - nicht vor. 704. 71soweit der kläger schließlich mit seinem antrag zu 4. die erstattung von fahrtkosten zur heilbehandlung geltend macht, ist die klage nur in einer höhe von 78,60 euro begründet. der kläger hat einen anspruch auf zahlung in dieser höhe aus §§ 30 abs. 2 nr. 2, 33 abs. 1 nr. 1 und abs. 5 beamtvg, § 8 abs. 1 heilverfahrensverordung (heilvfv), § 6 abs. 1 satz 2 landesreisekostengesetz (lrkg nrw). im übrigen ist der antrag unbegründet. 72gemäß § 30 abs. 1 satz 1 beamtvg wird einem beamten unfallfürsorge gewährt, wenn dieser durch einen dienstunfall verletzt worden ist. dies umfasst nach § 30 abs. 2 nr. 2 beamtvg insbesondere das heilverfahren. das heilverfahren wiederum erstreckt sich gemäß § 33 abs. 1 nr. 1 beamtvg auf die notwendige ärztliche behandlung (nr. 1). 73gemäß § 33 abs. 5 beamtvg regelt die bundesregierung durch rechtsverordnung mit zustimmung des bundesrates die durchführung der heilbehandlung gemäß § 33 beamtvg. insofern ist die mittlerweile in landesrecht überführte heilvfv ergangen, die die einzelheiten zur kostenerstattung bei durchführung des heilverfahrens im rahmen der unfallfürsorge regelt. zu den zu erstattenden kosten der heilbehandlung gehören nach § 8 heilvfv auch die fahrtkosten.gemäß § 8 abs. 1 heilvfv werden die kosten für die benutzung von beförderungsmitteln erstattet, wenn die benutzung aus anlass der heilbehandlung notwendig war (satz 1). nach satz 2 richtet sich die höhe der zu erstattenden kosten nach den vorschriften über fahrkostenerstattung des bundesreisekostengesetzes oder den entsprechenden landesrechtlichen vorschriften. nach § 6 abs. 1 satz 2 lrkg nrw wird für fahrten mit einem pkw eine wegstreckenentschädigung von 30 cent je kilometer gewährt. 74die erstattung von fahrtkosten gemäß § 33 abs. 1 beamtvg in verbindung mit § 8 abs. 1 heilvfv setzt voraus, dass es sich um vom beamten tatsächlich durchgeführte fahrten zu notwendigen maßnahmen der heilbehandlung im sinne von § 33 beamtvg handelt, die nach art und umfang der fahrten ihrerseits notwendig waren. zugleich müssen die fahrtkosten auch nach ihrem aufwand und den entsprechenden kosten nicht übermäßig, also auch angemessen (§ 1 abs. 1 heilvfv) sein, 75vg düsseldorf, urteil vom 25. august 2014 - 23 k 4654/13 -, in: juris (rn. 135). 76die prüfung der notwendigkeit und angemessenheit von fahrtkosten zur unfall-heilbehandlung im sinne von §§ 33 beamtvg, 8 heilvfv umfasst insbesondere die frage, bei welchem behandler (also auch: an welchem ort) diese zu erfolgen hat. für die beurteilung der notwendigkeit und angemessenheit ist der dem unfallfürsorgerecht und insbesondere dem teilbereich der erstattung von fahrtkosten innewohnende sparsamkeitsgrundsatz zu berücksichtigen. was kosten erzeugt und nicht geboten - also notwendig - ist, ist zu unterlassen. dies deckt sich in bezug auf die fahrtkosten mit dem reisekostenrecht, auf welches § 8 abs. 1 satz 2 heilvfv bezug nimmt. für das reisekostenrecht ist anerkannt, dass das dort ebenfalls geltende sparsamkeitsgebot nicht unbeschränkt gilt. es darf insbesondere nicht ohne jede rücksicht auf den dienstreisenden und dessen persönliche belange durchgesetzt werden. insoweit findet es in der fürsorgepflicht eine grenze, jenseits derer es dem dienstherrn verboten ist, den dienstreisenden im interesse der einsparung von reisekosten finanziellen oder persönlichen belastungen auszusetzen, die nicht in einem angemessenen verhältnis zu der zu erzielenden kostenersparnis stehen, 77vg düsseldorf, urteil vom 25. august 2014 - 23 k 4654/13 -, in: juris (rn. 141) unter verweis auf bverwg, urteile vom 3. februar 1982 - 6 c 194/80 -, in: juris (rn. 14), und vom 21. juni 1989 ‑ 6 c 4/87 -, in: juris (rn. 20). 78diese grundsätze sind auf die frage der erstattungsfähigkeit von fahrtkosten zur heilbehandlung in der unfallfürsorge zu übertragen. 79ist ein (geeigneter, fachkundiger) behandler am wohnort des betroffenen nicht verfügbar, ist ersichtlich, dass auch die fahrtkosten zum nächstgelegenen kompetenten behandler übernommen werden müssen. bei entsprechender medizinischer indikation kann damit auch der weg zu einer gegebenenfalls weit entfernten „koryphäe“ notwendig und angemessen sein, wenn allein dieser spezialist über die erforderliche fachkunde verfügt, 80vg düsseldorf, urteil vom 25. august 2014 - 23 k 4654/13 -, in: juris (rn. 144). 81es kann aufgrund besonderer umstände auch eine auswärtige behandlung notwendig sein, obwohl ein wohnortnäherer behandler vorhanden ist, z. b. wenn zu einem auswärtigen arzt ein besonderes vertrauensverhältnis besteht und ohne dieses vertrauensverhältnis die aussicht auf behandlungserfolg ernstlich in zweifel gestellt wäre, 82vg düsseldorf, urteil vom 25. august 2014 - 23 k 4654/13 -, in: juris (rn. 146). 83nach diesen grundsätzen sind dem kläger nur die fahrtkosten zu der orthopädischen gemeinschaftspraxis g. und k. in s. ungekürzt zu ersetzen. hinsichtlich der fahrtkosten in das n. hospital in e. -l. sind hingegen nur diejenigen kosten erstattungsfähig, die entstanden wären, wenn der kläger den nächstgelegenen behandler aufgesucht hätte. nur insoweit waren die fahrten notwendig im dargestellten sinne. 84das n. krankenhaus in e. -l. liegt vom wohnort des klägers 58,7 km entfernt. in einer entfernung von nur 6 km vom wohnort des klägers bestand mit dem st. b. hospital in i. eine deutlich nähergelegene behandlungsmöglichkeit. dass eine medizinische indikation oder ein besonderes vertrauensverhältnis zu den ärzten die fahrten in das n. krankenhaus l. notwendig gemacht hätten, ist weder vorgetragen, noch ersichtlich. tatsächlich gehört das st. b. hospital in i. hinsichtlich knorpelverletzungen im kniegelenk bundesweit zu den erfahrensten krankenhäusern, 85aok gesundheitsnavigator, zahlen für 2014, abrufbar unter: https://weisse-liste.krankenhaus.aok.de/ de/krankenhaus/krankenhaussuche/ergebnisliste/?searchhospital=sch%c3%a4digung+von+b%c3%a4ndern+bzw.+knorpeln+des+kniegelenkes&searchkey=m23&searchtype=icd&searchdistance=all&userinput=true, stand: 25. januar 2016. 86der kläger kann daher nur diejenigen kosten verlangen, die angefallen wären, wenn er anstelle des n. krankenhauses das st. b. hospital in i. aufgesucht hätte. bei acht fahrten à 12 km (hin- und rückweg) ergibt dies bei einer erstattung von 30 cent pro kilometer einen erstattungsbetrag von 28,80 euro. in der summe mit den für die fahrten zur orthopädischen gemeinschaftspraxis g. und k. in s. anzusetzenden fahrtkosten von 49,80 euro ergibt dies die im tenor genannte summe von 78,60 euro. 87entgegen der ausführungen der beklagten muss sich der kläger keine ersparten aufwendungen anrechnen lassen. hierfür besteht - wie die beklagte im rahmen der mündlichen verhandlung selbst eingeräumt hat - bereits keine gesetzliche grundlage. zwar ist der heilvfv die anrechnung von vorteilen durch die heilbehandlungsmaßnahme nicht fremd. nach § 12 abs. 6 satz 1 und 2 heilvfv muss sich ein verletzter, der in einer zur pflege geeigneten einrichtung untergebracht wird, einen angemessenen betrag für einsparungen im haushalt anrechnen lassen. für die anrechnung ersparter fahrtkosten sieht die heilvfv hingegen keine regelung vor. es kann hier auch dahinstehen, ob der vorschrift ein allgemeiner rechtsgedanke hinsichtlich der anrechnung ersparter aufwendungen im heilverfahren zu entnehmen ist, denn die von der beklagten behaupteten ersparnisse des klägers in höhe von ca. 530 euro stehen schon nicht in dem erforderlichen kausalzusammenhang mit den streitgegenständlichen fahrtkosten zur heilbehandlung. der kläger hat die fahrtkosten allenfalls aufgrund seiner dienstunfähigkeit, nicht aber aufgrund der fahrten zur heilbehandlung erspart. im falle des § 12 abs. 6 satz 1 und 2 heilvfv findet eine anrechnung hingegen statt, weil der verletzte aufgrund der anderweitigen unterbringung kosten für seine private haushaltsführung einspart. 88die kostenentscheidung folgt aus § 155 abs. 1 satz 3 vwgo. danach können einem beteiligten die kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen teil unterlegen ist. dies ist hier der fall. 89die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 1 satz 1 und abs. 2 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 satz 1 der zivilprozessordnung (zpo). 90beschluss: 91der streitwert wird auf 12.608,14 euro festgesetzt. 92gründe: 93die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1 gerichtskostengesetz erfolgt. 94der kläger hat die feststellung eines qualifizierten dienstunfalls (auffangwert 5.000,00 euro), die anerkennung weiterer körperschäden als dienstunfallfolge (auffangwert 5.000,00 euro), die zahlung einer erschwerniszulage für die vergangenheit (nach berechnung der beklagten 2.276,40 euro) sowie die erstattung von fahrtkosten in höhe von 331,74 euro begehrt.
Klaeger*in
1
344,485
6z K 3877/21
2022-03-18T00:00:00
Gerichtsbescheid
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Gerichtsbescheides vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die am 00.00.0000 geborene Klägerin erwarb im Juni 2020 in C. bei C1. die allgemeine Hochschulreife (Abitur) mit der Durchschnittsnote 1,1 (816 Punkte). 3Zum Wintersemester 2021/2022 bewarb die Klägerin sich bei der Beklagten um die Zulassung zum Studium der Humanmedizin an der Universität M. . Zugleich machte sie einen Härtefall geltend und legte neben ihrem Schwerbehindertenausweis (GdB: 100 und Merkzeichen G) einen Arztbrief des Facharztes für Innere Medizin und Hämatologie/Onkologie am I. Klinikum, Zentrum für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin Dr. S. H. vom 14. März 2021 vor. Dem Arztbrief zufolge wurde bei der Klägerin im März 2013 ein metastasierendes Malignes Osteosarkom festgestellt. Nach diversen Operationen und Chemotherapien befinde sich die Erkrankung aktuell in kompletter Remission. Ferner machte sie geltend, sie betreibe seit 2014 Behindertensport und sei seit 2019 im Kader der Sitzvolleyball-Nationalmannschaft der Frauen. In M. könne sie Studium und Training am besten miteinander verbinden. 4Mit Bescheiden vom 8. September 2021 lehnte die Beklagte den Zulassungsantrag der Klägerin ab und führte unter anderem aus: Der Härtefallantrag sei nicht anerkannt worden, da die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass die sofortige Aufnahme des Studiums zwingend erforderlich sei. 5Die Klägerin hat am 8. Oktober 2021 Klage erhoben. 6Zur Begründung führt sie unter Vorlage einer ergänzenden Stellungnahme des Dr. S. H. vom 20. September 2021 aus: Sie erfülle die Voraussetzungen für eine Härtefallzulassung. Aufgrund der hochgradig aggressiven Knochentumorerkrankung und mehrmaligen Rückfällen (2017 und 2020) sei die Gefahr eines weiteren Rückfalls mit möglicherweise tödlichem Ausgang eine ernstzunehmende Gefahr. Deshalb müsse das Studium frühestmöglich begonnen werden, damit ein erfolgreicher Abschluss möglich sei. 7Sie sei seit 2019 im Kader der Sitzvolleyball-Nationalmannschaft der Frauen und habe trotz der körperlichen Strapazen an diversen Wettkämpfen und Trainingslagern, u. a. während ihres Abiturs, teilgenommen. Zum Nachweis hat die Klägerin eine Bestätigung des Deutschen Behindertensportverbandes vom 5. Oktober 2021 nebst einer Auflistung von ihr absolvierter Turniere und Trainingslager sowie eine Einladung zur Teilnahme an der Europameisterschaft im Oktober 2021 vorgelegt. 8Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 9die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 8. September 2021 zu verpflichten, ihr einen Humanmedizinstudienplatz (erstes Fachsemester) nach den Sach- und Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2021/22 an der Universität in M. zuzuweisen. 10Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 11die Klage abzuweisen. 12Sie tritt der Klage entgegen. Der im Bewerbungsverfahren vorgelegte Arztbrief des Dr. H. vom 14. März 2021 sei für einen Laien nur bedingt verständlich. Unabhängig davon setze er sich auch nicht mit der Studierfähigkeit der Klägerin auseinander und enthalte keine Prognose über den zu erwartenden weiteren Krankheitsverlauf. Die Notwendigkeit von Kontrolluntersuchungen und die bestehende Möglichkeit eines erneuten Auftretens der Krebserkrankung reichten nicht aus, eine sofortige Zulassung zu begründen. Der durch Vorlage des Schwerbehindertenausweises belegte GdB 100 mit Merkzeichen G sei bei der Beurteilung des Härtefallantrags eine Entscheidungshilfe, ersetze jedoch nicht das aktuelle fachärztliche Gutachten. Darüber hinaus fehlten in dem Arztbrief Angaben dazu, ob die Klägerin gesundheitlich in der Lage sei, ihre Auswahlkriterien durch eine Ausbildung oder einschlägige Tests zu verbessern. 13Die in der Klageschrift angeführte „Zugehörigkeit zu relevanten Sportkadern“ sei ein Antragsgrund für einen Nachteilsausgleich, nicht für den Härtefall. 14In der Abiturbestenquote sei an der Universität in M. nur eine Zulassung bis zu einer Punktzahl der Hochschulzugangsberechtigung von mindestens 846 Punkten möglich gewesen, was einer Durchschnittsnote von 1,0 entspreche. 15Die Klägerin hält dem entgegen, sofern die Beklagte dem Unterschied zwischen einem Arztbrief und einem fachärztlichen Gutachten eine solche Bedeutung beimesse, hätte die Beklagte sie darauf hinweisen müssen und ihr Benutzerkonto nicht den Status „korrekt“ anzeigen dürfen. Um die Kritik der Beklagten an dem im Bewerbungsverfahren vorgelegten Arztbrief zu entkräften, habe sie die ergänzende Stellungnahme des Dr. S. H. vom 20. September 2021 vorgelegt. Sie verstehe, dass das Argument eines möglichen Rückfalls im Allgemeinen nicht ausreiche. Allerdings könne diese Gefahr nicht losgelöst von ihrem bisherigen Krankheitsverlauf betrachtet werden. Die Gefahr eines Rezidivs sei real, wie die Vergangenheit gezeigt habe und mit jedem Rückfall sinke die Überlebenschance. Im Fall eines erneut auftretenden Tumors wäre sie aufgrund einer umfangreichen Behandlung, die eine Immunsuppression sowie massive Leistungseinbußen in Bezug auf Konzentration und Belastbarkeit zufolge hätte, nicht mehr studierfähig. Zudem sei nicht bekannt, inwiefern eine erneute Behandlung zu irreversiblen Organschäden sowie einem Fatigue-Syndrom (allgemeine chronische Erschöpfung nach Chemotherapie) führen würde, sodass fraglich sei, ob sie je wieder so leistungsfähig würde, dass sie ein Studium aufnehmen könne. Der Einwand der Beklagten, sie könne ihre Zulassungschancen durch eine Ausbildung oder einschlägige Tests erhöhen, sei nicht nachvollziehbar. Zudem dauere eine Ausbildung mindestens zwei Jahre, nach denen sie möglicherweise nicht mehr studierfähig sei. Außerdem habe die Beklagte vergleichbare Sachverhalte als Härtefälle angesehen. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die von der Beklagten übersandten Bewerbungsunterlagen ergänzend Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18Die Kammer entscheidet über die Klage gemäß § 84 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, weil sie der Auffassung ist, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind dazu gehört worden. 19Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 20Der Ablehnungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuteilung des beantragten Studienplatzes im Studiengang Humanmedizin an der Universität M. nach den für das Wintersemester 2021/22 maßgeblichen Regeln und tatsächlichen Verhältnissen. 21Studienplätze im Studiengang Humanmedizin werden in einem zentralen Vergabeverfahren nach den Regelungen des in allen Bundesländern ratifizierten, am 1. Dezember 2019 in Kraft getretenen Staatsvertrages über die Hochschulzulassung (Vergabe-Staatsvertrag) in Verbindung mit den in den einzelnen Ländern erlassenen, die Vorgaben des Staatsvertrages konkretisierenden Rechtsverordnungen vergeben. Diese Verordnungen müssen nach Art. 12 Abs. 2 des Vergabe-Staatsvertrages in den für die zentrale Vergabe wesentlichen Punkten übereinstimmen. Im Folgenden wird – auch stellvertretend für die einschlägigen Verordnungen der übrigen Länder – auf die Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen in Nordrhein-Westfalen (StudienplatzVVO NRW) vom 13. November 2020 (GVBl. NRW 2020, S. 1060), geändert durch Verordnung vom 29. April 2021 (GVBl. NRW 2021, S. 566), Bezug genommen. 22Die Studienplätze der in das zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengänge werden in verschiedenen, in Art. 9 und 10 des Vergabe-Staatsvertrages beschriebenen Zulassungsquoten vergeben. Während die Studienplätze der „Zusätzlichen Eignungsquote“ und der „Auswahlquote der Hochschulen“ von den einzelnen Hochschulen vergeben werden, die sich dabei der Unterstützung durch die Beklagte bedienen, werden die Studienplätze der „Vorabquoten“ und der „Abiturbestenquote“ von der Beklagten in eigener Verantwortung vergeben (Art. 5 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1 Vergabe-Staatsvertrag). 23Die Studienplätze der Abiturbestenquote werden gemäß Artikel 10 Abs. 1 des Vergabe-Staatsvertrages in Verbindung mit § 15 StudienplatzVVO NRW nach dem Ergebnis der Hochschulzugangsberechtigung vergeben. Mit der von ihr im Abitur erreichten Abiturnote 1,1 erfüllt die Klägerin nicht die zum Wintersemester 2021/2022 in der Abiturbestenquote hinsichtlich der von ihr ausschließlich benannten Universität M. maßgebliche Auswahlgrenze. Diese lag bei einer Abiturnote von 1,0. 24Die Klägerin hat auch keinen Anspruch, mit einer verbesserten fiktiven Durchschnittsnote am Vergabeverfahren beteiligt zu werden. § 15 Abs. 4 StudienplatzVVO NRW in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 Vergabe-Staatsvertrag ermöglicht einen Nachteilsausgleich, wenn jemand aus nicht selbst zu vertretenden Gründen daran gehindert war, eine bessere Durchschnittsnote zu erreichen. Ein entsprechender Nachteilsausgleich wird nur auf Antrag gewährt. 25Vorliegend hat die Klägerin bereits keinen entsprechenden Antrag gestellt, sondern lediglich im Rahmen ihres Härtefallantrages darauf hingewiesen, dass sie seit 2014 Behindertensport betreibe und seit 2019 im Kader der Sitzvolleyball-Frauennationalmannschaft sei. Erstmals im Klageverfahren legte sie entsprechende Unterlagen betreffend ihre seit 2019 (nicht näher datiert) bestehende Zugehörigkeit zum Olympiakader vor. Ob mit diesen Unterlagen die für eine begehrte Leistungsverbesserung erforderliche Zugehörigkeit zu einem Kader der Bundessportfachverbände von mindestens einjähriger ununterbrochener Dauer während der letzten drei Jahre vor Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung im Juni 2020 dargetan wurde, kann dahinstehen. Denn neben dem Nachweis einer entsprechenden Zugehörigkeit ist zusätzlich nachzuweisen, wie sich dieser Umstand auf die Durchschnittsnote ausgewirkt hat. Insoweit ist dem Antrag ein Schulgutachten beizufügen. In einem Schulgutachten ist für jedes in Betracht kommende Unterrichtsfach glaubhaft festzustellen, welche bessere Note bzw. höhere Punktzahl ohne die Beeinträchtigung durch die zeitintensiven sportlichen Aktivitäten in einem Kader zu erwarten gewesen wäre. Daran mangelt es vorliegend, ein Schulgutachten hat die Klägerin nicht vorgelegt. 26Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Auswahl nach Härtegesichtspunkten (§ 10 StudienplatzVVO NRW). Die Studienplätze der Härtefallquote werden an Bewerber vergeben, für die es eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde, wenn sie keine Zulassung erhielten. Eine außergewöhnliche Härte liegt gemäß § 10 Satz 2 StudienplatzVVO NRW vor, wenn in der eigenen Person liegende besondere soziale oder familiäre Gründe die sofortige Aufnahme des Studiums zwingend erfordern. Da die Zulassung im Härtefallwege nach dem System des § 8 Abs. 2 StudienplatzVVO NRW zwangsläufig zur Zurückweisung eines anderen, noch nicht zugelassenen Erstbewerbers führt, ist eine strenge Betrachtungsweise geboten. 27Vgl. Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW, Beschlüsse vom 17. Mai 2010 - 13 B 504/10 -, vom 2. Juli 2012 - 13 B 656/12 - und vom 10. Januar 2022 - 13 E 979/21 -, abrufbar auf www.nrwe.de; Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen, Urteil vom 17. August 2015 - 6z K 3872/14 - und Gerichtsbescheid vom 4. Juni 2018 - 6z K 10273/17 -; Bahro/C1. , Das Hochschulzulassungsrecht in der BRD, 4. Aufl. 2003, § 21 VergabeVO Rn. 1. 28Im Blick zu behalten ist überdies die Funktion der Härtefallregelung. Sie soll – wie schon der Wortlaut der Vorschrift zeigt – innerhalb des notwendigerweise schematisierten Massenverfahrens der Studienzulassung einen Ausgleich für besondere Einzelfälle schaffen, in denen die Anwendung der regulären Auswahlkriterien dem Gebot der Chancengleichheit nicht gerecht wird; nach Möglichkeit soll niemand infolge wirtschaftlicher, gesundheitlicher, familiärer oder sonstiger sozialer Benachteiligungen an der Erreichung seines Berufsziels gehindert werden. Anderen Zwecken – etwa der Kompensation erlittener Schicksalsschläge oder erfahrenen Leids – darf die Härtefallzulassung hingegen nicht dienen. 29Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Juni 2013 - 13 B 440/13 -, vom 11. Dezember 2014 - 13 B 1297/14 - und vom 18. Dezember 2014 - 13 B 1360/14 -; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 21. Dezember 2016 - 6z L 2869/16 - und vom 24. November 2020 - 6z L 1418/20 -, alle auf www.nrwe.de und mit weiteren Nachweisen; Brehm/Maier, DVBl. 2016, 1166 (1169 ff.). 30Gemessen an diesen Überlegungen sind die Voraussetzungen für eine Zulassung nach § 10 StudienplatzVVO NRW vorliegend nicht dargetan. Eine solche Zulassung kommt unter anderem dann in Betracht, wenn nachgewiesen wird, dass eine Krankheit mit Tendenz zur Verschlimmerung vorliegt, die dazu führen wird, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit bei einem späteren Studienbeginn die Belastungen des Studiums in diesem Studiengang nicht durchgestanden werden können. 31So auch die Beklagte selbst in der auf ihrer Homepage abrufbaren Publikation „Ergänzende Informationen für Ihre Studienplatzbewerbung im Zentralen Vergabeverfahren für bundesweit zulassungsbeschränkte Studiengänge“ (Stand: WS 2021/2022), S. 17 f. 32Insoweit ist als Nachweis ein fachärztliches Gutachten vorzulegen, das zu diesen Kriterien hinreichend Stellung nimmt und konkrete Aussagen über Entstehung, Schwere, Verlauf und Behandlungsmöglichkeiten der Erkrankung sowie eine fundierte Prognose über den weiteren Krankheitsverlauf enthält. Der von der Klägerin mit den Bewerbungsunterlagen eingereichte Arztbrief des behandelnden Facharztes für Innere Medizin und Hämatologie/Onkologie Dr. H. vom 14. März 2021 genügt den vorgenannten Anforderungen nicht. In dem Arztbrief wird der Klägerin attestiert, 2013 an einem metastasierenden malignen Osteosarkom erkrankt zu sein. In der Folgezeit, zuletzt 2020, seien wiederholt Metastasen aufgetreten, die operativ und teilweise mit zusätzlicher Chemotherapie hätten behandelt werden müssen. Bei den letzten beiden Verlaufskontrollen im Dezember 2020 und im März 2021 sei eine komplette Remission feststellbar gewesen. 33Auf der Grundlage dieser Stellungnahme lässt sich nicht feststellen, dass der eng auszulegende Tatbestand der Härtefallregelung erfüllt ist, obwohl die Klägerin zweifellos an einer sehr ernsthaften Erkrankung leidet. Die Ausführungen zur Prognose des weiteren Krankheitsverlaufs und denkbaren Behandlungsmöglichkeiten reichen insoweit nicht aus. Hierbei verkennt das Gericht nicht, dass eine exakte Vorhersage der zukünftigen gesundheitlichen Entwicklung eines Patienten wegen des stets individuellen Verlaufs einer jeden Erkrankung häufig kaum möglich sein wird. Dennoch erfordert § 10 StudienplatzVVO NRW, dass der Facharzt eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Prognose abgibt und diese eingehend begründet. Denn die Beklagte und auch das Gericht sind im Interesse der Chancengleichheit der Mitbewerber um einen Medizinstudienplatz gehalten, die ihnen vorgelegten ärztlichen Atteste kritisch zu hinterfragen. Entscheidend ist, dass diejenigen Symptome, die für das Absolvieren des Studiums von besonderer Bedeutung sind und die Wahrscheinlichkeit ihres künftigen Auftretens im Gutachten konkret benannt werden. Angaben zu der Frage, welche Symptome zu welchem Zeitpunkt in der Zukunft nach statistischen Erkenntnissen oder nach der Erfahrung des Arztes mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, ob sie in massiver, die Unterbrechung des Studiums erzwingender Form und für einen mehr als unerheblichen Zeitraum einzutreten pflegen, inwieweit sie durch eine Therapie gelindert werden können und worauf die Prognose beruht, sind unverzichtbar, um die Voraussetzungen des Härtefalltatbestands feststellen und diejenigen Studienbewerber herausfiltern zu können, bei denen eine sofortige Zulassung zur Wahrung der Chancengleichheit geboten ist. Daraus folgt auch, dass die Anerkennung eines Härtefalls allein aufgrund der Diagnose einer bestimmten Krankheit, unabhängig von ihren konkreten Auswirkungen auf den Studienbewerber, nicht in Betracht kommt. 34Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 12. Dezember 2018 - 13 B 1561/18 - und vom 10. Januar 2022 - 13 E 979/21 -, juris; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 15. Oktober 2014 - 6z L 1403/14 -, vom 31. März 2017 - 6z L 787/17 - und vom 25. März 2021 - 6z L 303/21 - sowie Urteil vom 17. August 2015 - 6 K 3872/14 -, juris und www.nrwe.de. 35Vorliegend ist auf der Grundlage der Stellungnahme des Facharztes Dr. H. letztlich nicht erkennbar, mit welcher weiteren Entwicklung im Falle der Klägerin wann zu rechnen ist und inwieweit diese - auch bei entsprechender Behandlung eines im Raume stehenden Rezidivs - den Verlauf eines Humanmedizinstudiums beeinträchtigen würde. Das Gericht verkennt nicht, dass sich insbesondere insoweit eine individuelle Prognose für den behandelnden Arzt schwierig gestalten dürfte. Gleichwohl darf erwartet werden, dass sich das ärztliche Gutachten darüber verhält, mit welcher Wahrscheinlichkeit nach seiner Erfahrung bei der Klägerin ein (erneuter) Rückfall zu erwarten ist und welche Auswirkungen dies auf ihre Studierfähigkeit hätte. 36Es stellt sich im Übrigen die Frage, ob die Klägerin, die auch ein Praktikum hat absolvieren können, nicht in der Lage ist, durch die Absolvierung der einschlägigen Tests sowie eine einschlägige Berufsausbildung und -tätigkeit Zulassungschancen in der „Zusätzlichen Eignungsquote“ und im „Auswahlverfahren der Hochschulen“ zu erwerben. Soweit die Klägerin meint, diese Verfahrensweise könne letztlich jedem Studienbewerber angeraten werden, der einen Härtefallanspruch auf Zulassung habe, kann dem nicht gefolgt werden. Eine außergewöhnliche Härte gemäß § 10 Satz 2 StudienplatzVVO NRW liegt dann vor, wenn in der eigenen Person liegende besondere soziale oder familiäre Gründe die sofortige Aufnahme des Studiums zwingend erfordern. Hinsichtlich eines mit einer Erkrankung begründeten Härtefalles ist die Vorschrift dahingehend zu verstehen, dass der Gesundheitszustand des Studienbewerbers keine weitere Verzögerung der Studienaufnahme zulässt, da ansonsten das Studium mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit nicht mehr zum Abschluss gebracht werden kann. Ein solcher Studienbewerber ist selbstverständlich weder auf eine Berufsausbildung noch auf einschlägige Tests zu verweisen, um eine spätere Studienaufnahme zu ermöglichen. So liegt der Fall der Klägerin mit Blick auf den vorgelegten Arztbrief des behandelnden Facharztes für Innere Medizin und Hämatologie/Onkologie Dr. H. vom 14. März 2021, der jedwede prognostischen Ausführungen zum weiteren Krankheitsverlauf vermissen lässt, gerade nicht. Von einer bevorstehenden Verschlechterung ist nicht die Rede, vielmehr sei bei den letzten beiden Verlaufskontrollen im Dezember 2020 und im März 2021 eine komplette Remission feststellbar gewesen. Vor diesem Hintergrund hält die Kammer es nicht für unzumutbar, die Klägerin auf einen entsprechenden Test zu verweisen, der ihr in Verbindung mit ihrer hervorragenden Abiturnote durchaus eine realistische Zulassungschance an der Universität M. in den oben genannten Quoten verschaffen könnte. 37Weitergehende Ermittlungen, warum andere Studienbewerber, deren Situation der der Klägerin ähneln, in der Vergangenheit als Härtefall eine Zulassung zum Studium bekommen haben, hält die Kammer nicht für zielführend, weil es - wie bereits ausgeführt - nicht auf die Diagnose einer bestimmten Krankheit, sondern auf die konkreten, dem fachärztlichen Attest zu entnehmenden Umstände des jeweiligen Einzelfalls ankommt. 38Die Nachweismängel werden sich für das Bewerbungsverfahren zum Wintersemester 2021/2022 auch nicht mehr beheben lassen. Erst im gerichtlichen Verfahren eingereichte Unterlagen dürfen von der Kammer nicht berücksichtigt werden. Denn die für das Auswahl- und Verteilungsverfahren maßgeblichen Unterlagen mussten in Bezug auf das Wintersemester 2021/2022 spätestens bis zum 5. August (bzw. 15. Juni für sog. Altbewerber) vorliegen (§ 6 Abs. 1 Satz 3 StudienplatzVVO NRW). Die Vorschrift statuiert eine gesetzliche Ausschlussfrist, so dass die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Beklagten über einen Zulassungsantrag auch vom Gericht ausschließlich anhand derjenigen Unterlagen zu prüfen ist, die innerhalb der Bewerbungs- bzw. Nachfrist bei der Beklagten vorgelegen haben. 39Vgl. auch OVG NRW, Beschlüsse vom 27. Dezember 2017 - 13 B 1333/17 -, www.nrwe.de, und vom 12. Dezember 2018 - 13 B 1561/18 -, n.v., mit weiteren Nachweisen. 40Nach ständiger Rechtsprechung ist die Statuierung der Ausschlussfristen mit Blick auf die Besonderheiten der Studienplatzvergabe sachgerecht und notwendig und unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Von der Beklagten ist innerhalb eines recht kurzen Zeitraums eine sehr große Zahl von Zulassungsanträgen (mehrere zehntausend) im Zentralen Verfahren zu bearbeiten und praktisch jede nachträgliche Veränderung des Datenbestandes führt zu einer Verschiebung in den Auswahllisten. Das durchzuführende Auswahl- und Verteilungsverfahren kann erst in Gang gesetzt werden, wenn sämtliche für die Auswahl und Verteilung erheblichen Daten aller Bewerber feststehen. Das Interesse der Allgemeinheit und auch der Studienbewerber selbst an einer funktionierenden und rechtzeitigen Vergabe der Studienplätze rechtfertigt eine strikte Handhabung der den Studienbewerbern gesetzten Fristen. 41Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 12. September 2011 - 13 A 1090/11 - und vom 7. Dezember 2010 - 13 B 1481/10 -, juris; VG Gelsenkirchen, Gerichtsbescheid vom 13. Dezember 2012 - 6z K 4229/12 - sowie Beschlüsse vom 1. Oktober 2015 - 6z L 1905/15 - und vom 10. September 2019 - 6z L 1304/19 -. 42Aus den vorgenannten Gründen kann die Kammer die erstmals im Klageverfahren vorgelegte weitere ärztliche Stellungnahme des behandelnden Facharztes für Innere Medizin und Hämatologie/Onkologie Dr. H. vom 20. September 2021 nicht berücksichtigen. Auch diese dürfte im Übrigen nicht den oben dargestellten Ansprüchen genügen, da erneut nicht hinreichend ausgeführt wird, mit welcher Wahrscheinlichkeit nach der Erfahrung des behandelnden Arztes bei der Klägerin ein (erneuter) Rückfall zu erwarten ist, sondern dort lediglich von „eingeschränkter Prognose für den Langzeitverlauf“ und „relevantem Risiko eines erneuten Rückfalles“ die Rede ist. 43Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 44Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO). 45Rechtsmittelbelehrung: 46Gegen diesen Gerichtsbescheid können die Beteiligten die Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt. 47Belehrung für den Fall, dass die Zulassung der Berufung beantragt wird: 48Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Über den Antrag, der den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen muss, entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Gerichtsbescheides sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen. 49Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 501. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheids bestehen, 512. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 523. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 534. der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 545. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 55Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 56Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO. 57Belehrung für den Fall, dass mündliche Verhandlung beantragt wird: 58Der Antrag auf mündliche Verhandlung ist bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu stellen. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, gilt der Gerichtsbescheid als nicht ergangen; sonst wirkt er als rechtskräftiges Urteil. 59Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. der gerichtsbescheid ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der klägerin wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des gerichtsbescheides vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die am 00.00.0000 geborene klägerin erwarb im juni 2020 in c. bei c1. die allgemeine hochschulreife (abitur) mit der durchschnittsnote 1,1 (816 punkte). 3zum wintersemester 2021/2022 bewarb die klägerin sich bei der beklagten um die zulassung zum studium der humanmedizin an der universität m. . zugleich machte sie einen härtefall geltend und legte neben ihrem schwerbehindertenausweis (gdb: 100 und merkzeichen g) einen arztbrief des facharztes für innere medizin und hämatologie/onkologie am i. klinikum, zentrum für hämatologie, onkologie und palliativmedizin dr. s. h. vom 14. märz 2021 vor. dem arztbrief zufolge wurde bei der klägerin im märz 2013 ein metastasierendes malignes osteosarkom festgestellt. nach diversen operationen und chemotherapien befinde sich die erkrankung aktuell in kompletter remission. ferner machte sie geltend, sie betreibe seit 2014 behindertensport und sei seit 2019 im kader der sitzvolleyball-nationalmannschaft der frauen. in m. könne sie studium und training am besten miteinander verbinden. 4mit bescheiden vom 8. september 2021 lehnte die beklagte den zulassungsantrag der klägerin ab und führte unter anderem aus: der härtefallantrag sei nicht anerkannt worden, da die klägerin nicht nachgewiesen habe, dass die sofortige aufnahme des studiums zwingend erforderlich sei. 5die klägerin hat am 8. oktober 2021 klage erhoben. 6zur begründung führt sie unter vorlage einer ergänzenden stellungnahme des dr. s. h. vom 20. september 2021 aus: sie erfülle die voraussetzungen für eine härtefallzulassung. aufgrund der hochgradig aggressiven knochentumorerkrankung und mehrmaligen rückfällen (2017 und 2020) sei die gefahr eines weiteren rückfalls mit möglicherweise tödlichem ausgang eine ernstzunehmende gefahr. deshalb müsse das studium frühestmöglich begonnen werden, damit ein erfolgreicher abschluss möglich sei. 7sie sei seit 2019 im kader der sitzvolleyball-nationalmannschaft der frauen und habe trotz der körperlichen strapazen an diversen wettkämpfen und trainingslagern, u. a. während ihres abiturs, teilgenommen. zum nachweis hat die klägerin eine bestätigung des deutschen behindertensportverbandes vom 5. oktober 2021 nebst einer auflistung von ihr absolvierter turniere und trainingslager sowie eine einladung zur teilnahme an der europameisterschaft im oktober 2021 vorgelegt. 8die klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 9die beklagte unter aufhebung des ablehnungsbescheides vom 8. september 2021 zu verpflichten, ihr einen humanmedizinstudienplatz (erstes fachsemester) nach den sach- und rechtsverhältnissen des wintersemesters 2021/22 an der universität in m. zuzuweisen. 10die beklagte beantragt schriftsätzlich, 11die klage abzuweisen. 12sie tritt der klage entgegen. der im bewerbungsverfahren vorgelegte arztbrief des dr. h. vom 14. märz 2021 sei für einen laien nur bedingt verständlich. unabhängig davon setze er sich auch nicht mit der studierfähigkeit der klägerin auseinander und enthalte keine prognose über den zu erwartenden weiteren krankheitsverlauf. die notwendigkeit von kontrolluntersuchungen und die bestehende möglichkeit eines erneuten auftretens der krebserkrankung reichten nicht aus, eine sofortige zulassung zu begründen. der durch vorlage des schwerbehindertenausweises belegte gdb 100 mit merkzeichen g sei bei der beurteilung des härtefallantrags eine entscheidungshilfe, ersetze jedoch nicht das aktuelle fachärztliche gutachten. darüber hinaus fehlten in dem arztbrief angaben dazu, ob die klägerin gesundheitlich in der lage sei, ihre auswahlkriterien durch eine ausbildung oder einschlägige tests zu verbessern. 13die in der klageschrift angeführte „zugehörigkeit zu relevanten sportkadern“ sei ein antragsgrund für einen nachteilsausgleich, nicht für den härtefall. 14in der abiturbestenquote sei an der universität in m. nur eine zulassung bis zu einer punktzahl der hochschulzugangsberechtigung von mindestens 846 punkten möglich gewesen, was einer durchschnittsnote von 1,0 entspreche. 15die klägerin hält dem entgegen, sofern die beklagte dem unterschied zwischen einem arztbrief und einem fachärztlichen gutachten eine solche bedeutung beimesse, hätte die beklagte sie darauf hinweisen müssen und ihr benutzerkonto nicht den status „korrekt“ anzeigen dürfen. um die kritik der beklagten an dem im bewerbungsverfahren vorgelegten arztbrief zu entkräften, habe sie die ergänzende stellungnahme des dr. s. h. vom 20. september 2021 vorgelegt. sie verstehe, dass das argument eines möglichen rückfalls im allgemeinen nicht ausreiche. allerdings könne diese gefahr nicht losgelöst von ihrem bisherigen krankheitsverlauf betrachtet werden. die gefahr eines rezidivs sei real, wie die vergangenheit gezeigt habe und mit jedem rückfall sinke die überlebenschance. im fall eines erneut auftretenden tumors wäre sie aufgrund einer umfangreichen behandlung, die eine immunsuppression sowie massive leistungseinbußen in bezug auf konzentration und belastbarkeit zufolge hätte, nicht mehr studierfähig. zudem sei nicht bekannt, inwiefern eine erneute behandlung zu irreversiblen organschäden sowie einem fatigue-syndrom (allgemeine chronische erschöpfung nach chemotherapie) führen würde, sodass fraglich sei, ob sie je wieder so leistungsfähig würde, dass sie ein studium aufnehmen könne. der einwand der beklagten, sie könne ihre zulassungschancen durch eine ausbildung oder einschlägige tests erhöhen, sei nicht nachvollziehbar. zudem dauere eine ausbildung mindestens zwei jahre, nach denen sie möglicherweise nicht mehr studierfähig sei. außerdem habe die beklagte vergleichbare sachverhalte als härtefälle angesehen. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte sowie die von der beklagten übersandten bewerbungsunterlagen ergänzend bezug genommen. 17
18die kammer entscheidet über die klage gemäß § 84 abs. 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) ohne mündliche verhandlung durch gerichtsbescheid, weil sie der auffassung ist, dass die sache keine besonderen schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher art aufweist und der sachverhalt geklärt ist. die beteiligten sind dazu gehört worden. 19die klage ist zulässig, aber unbegründet. 20der ablehnungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 5 satz 1 vwgo. die klägerin hat keinen anspruch auf zuteilung des beantragten studienplatzes im studiengang humanmedizin an der universität m. nach den für das wintersemester 2021/22 maßgeblichen regeln und tatsächlichen verhältnissen. 21studienplätze im studiengang humanmedizin werden in einem zentralen vergabeverfahren nach den regelungen des in allen bundesländern ratifizierten, am 1. dezember 2019 in kraft getretenen staatsvertrages über die hochschulzulassung (vergabe-staatsvertrag) in verbindung mit den in den einzelnen ländern erlassenen, die vorgaben des staatsvertrages konkretisierenden rechtsverordnungen vergeben. diese verordnungen müssen nach art. 12 abs. 2 des vergabe-staatsvertrages in den für die zentrale vergabe wesentlichen punkten übereinstimmen. im folgenden wird – auch stellvertretend für die einschlägigen verordnungen der übrigen länder – auf die verordnung über die vergabe von studienplätzen in nordrhein-westfalen (studienplatzvvo nrw) vom 13. november 2020 (gvbl. nrw 2020, s. 1060), geändert durch verordnung vom 29. april 2021 (gvbl. nrw 2021, s. 566), bezug genommen. 22die studienplätze der in das zentrale vergabeverfahren einbezogenen studiengänge werden in verschiedenen, in art. 9 und 10 des vergabe-staatsvertrages beschriebenen zulassungsquoten vergeben. während die studienplätze der „zusätzlichen eignungsquote“ und der „auswahlquote der hochschulen“ von den einzelnen hochschulen vergeben werden, die sich dabei der unterstützung durch die beklagte bedienen, werden die studienplätze der „vorabquoten“ und der „abiturbestenquote“ von der beklagten in eigener verantwortung vergeben (art. 5 abs. 1, art. 10 abs. 1 vergabe-staatsvertrag). 23die studienplätze der abiturbestenquote werden gemäß artikel 10 abs. 1 des vergabe-staatsvertrages in verbindung mit § 15 studienplatzvvo nrw nach dem ergebnis der hochschulzugangsberechtigung vergeben. mit der von ihr im abitur erreichten abiturnote 1,1 erfüllt die klägerin nicht die zum wintersemester 2021/2022 in der abiturbestenquote hinsichtlich der von ihr ausschließlich benannten universität m. maßgebliche auswahlgrenze. diese lag bei einer abiturnote von 1,0. 24die klägerin hat auch keinen anspruch, mit einer verbesserten fiktiven durchschnittsnote am vergabeverfahren beteiligt zu werden. § 15 abs. 4 studienplatzvvo nrw in verbindung mit art. 8 abs. 2 vergabe-staatsvertrag ermöglicht einen nachteilsausgleich, wenn jemand aus nicht selbst zu vertretenden gründen daran gehindert war, eine bessere durchschnittsnote zu erreichen. ein entsprechender nachteilsausgleich wird nur auf antrag gewährt. 25vorliegend hat die klägerin bereits keinen entsprechenden antrag gestellt, sondern lediglich im rahmen ihres härtefallantrages darauf hingewiesen, dass sie seit 2014 behindertensport betreibe und seit 2019 im kader der sitzvolleyball-frauennationalmannschaft sei. erstmals im klageverfahren legte sie entsprechende unterlagen betreffend ihre seit 2019 (nicht näher datiert) bestehende zugehörigkeit zum olympiakader vor. ob mit diesen unterlagen die für eine begehrte leistungsverbesserung erforderliche zugehörigkeit zu einem kader der bundessportfachverbände von mindestens einjähriger ununterbrochener dauer während der letzten drei jahre vor erwerb der hochschulzugangsberechtigung im juni 2020 dargetan wurde, kann dahinstehen. denn neben dem nachweis einer entsprechenden zugehörigkeit ist zusätzlich nachzuweisen, wie sich dieser umstand auf die durchschnittsnote ausgewirkt hat. insoweit ist dem antrag ein schulgutachten beizufügen. in einem schulgutachten ist für jedes in betracht kommende unterrichtsfach glaubhaft festzustellen, welche bessere note bzw. höhere punktzahl ohne die beeinträchtigung durch die zeitintensiven sportlichen aktivitäten in einem kader zu erwarten gewesen wäre. daran mangelt es vorliegend, ein schulgutachten hat die klägerin nicht vorgelegt. 26die klägerin hat auch keinen anspruch auf auswahl nach härtegesichtspunkten (§ 10 studienplatzvvo nrw). die studienplätze der härtefallquote werden an bewerber vergeben, für die es eine außergewöhnliche härte bedeuten würde, wenn sie keine zulassung erhielten. eine außergewöhnliche härte liegt gemäß § 10 satz 2 studienplatzvvo nrw vor, wenn in der eigenen person liegende besondere soziale oder familiäre gründe die sofortige aufnahme des studiums zwingend erfordern. da die zulassung im härtefallwege nach dem system des § 8 abs. 2 studienplatzvvo nrw zwangsläufig zur zurückweisung eines anderen, noch nicht zugelassenen erstbewerbers führt, ist eine strenge betrachtungsweise geboten. 27vgl. oberverwaltungsgericht (ovg) nrw, beschlüsse vom 17. mai 2010 - 13 b 504/10 -, vom 2. juli 2012 - 13 b 656/12 - und vom 10. januar 2022 - 13 e 979/21 -, abrufbar auf www.nrwe.de; verwaltungsgericht (vg) gelsenkirchen, urteil vom 17. august 2015 - 6z k 3872/14 - und gerichtsbescheid vom 4. juni 2018 - 6z k 10273/17 -; bahro/c1. , das hochschulzulassungsrecht in der brd, 4. aufl. 2003, § 21 vergabevo rn. 1. 28im blick zu behalten ist überdies die funktion der härtefallregelung. sie soll – wie schon der wortlaut der vorschrift zeigt – innerhalb des notwendigerweise schematisierten massenverfahrens der studienzulassung einen ausgleich für besondere einzelfälle schaffen, in denen die anwendung der regulären auswahlkriterien dem gebot der chancengleichheit nicht gerecht wird; nach möglichkeit soll niemand infolge wirtschaftlicher, gesundheitlicher, familiärer oder sonstiger sozialer benachteiligungen an der erreichung seines berufsziels gehindert werden. anderen zwecken – etwa der kompensation erlittener schicksalsschläge oder erfahrenen leids – darf die härtefallzulassung hingegen nicht dienen. 29vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 14. juni 2013 - 13 b 440/13 -, vom 11. dezember 2014 - 13 b 1297/14 - und vom 18. dezember 2014 - 13 b 1360/14 -; vg gelsenkirchen, beschlüsse vom 21. dezember 2016 - 6z l 2869/16 - und vom 24. november 2020 - 6z l 1418/20 -, alle auf www.nrwe.de und mit weiteren nachweisen; brehm/maier, dvbl. 2016, 1166 (1169 ff.). 30gemessen an diesen überlegungen sind die voraussetzungen für eine zulassung nach § 10 studienplatzvvo nrw vorliegend nicht dargetan. eine solche zulassung kommt unter anderem dann in betracht, wenn nachgewiesen wird, dass eine krankheit mit tendenz zur verschlimmerung vorliegt, die dazu führen wird, dass mit hoher wahrscheinlichkeit bei einem späteren studienbeginn die belastungen des studiums in diesem studiengang nicht durchgestanden werden können. 31so auch die beklagte selbst in der auf ihrer homepage abrufbaren publikation „ergänzende informationen für ihre studienplatzbewerbung im zentralen vergabeverfahren für bundesweit zulassungsbeschränkte studiengänge“ (stand: ws 2021/2022), s. 17 f. 32insoweit ist als nachweis ein fachärztliches gutachten vorzulegen, das zu diesen kriterien hinreichend stellung nimmt und konkrete aussagen über entstehung, schwere, verlauf und behandlungsmöglichkeiten der erkrankung sowie eine fundierte prognose über den weiteren krankheitsverlauf enthält. der von der klägerin mit den bewerbungsunterlagen eingereichte arztbrief des behandelnden facharztes für innere medizin und hämatologie/onkologie dr. h. vom 14. märz 2021 genügt den vorgenannten anforderungen nicht. in dem arztbrief wird der klägerin attestiert, 2013 an einem metastasierenden malignen osteosarkom erkrankt zu sein. in der folgezeit, zuletzt 2020, seien wiederholt metastasen aufgetreten, die operativ und teilweise mit zusätzlicher chemotherapie hätten behandelt werden müssen. bei den letzten beiden verlaufskontrollen im dezember 2020 und im märz 2021 sei eine komplette remission feststellbar gewesen. 33auf der grundlage dieser stellungnahme lässt sich nicht feststellen, dass der eng auszulegende tatbestand der härtefallregelung erfüllt ist, obwohl die klägerin zweifellos an einer sehr ernsthaften erkrankung leidet. die ausführungen zur prognose des weiteren krankheitsverlaufs und denkbaren behandlungsmöglichkeiten reichen insoweit nicht aus. hierbei verkennt das gericht nicht, dass eine exakte vorhersage der zukünftigen gesundheitlichen entwicklung eines patienten wegen des stets individuellen verlaufs einer jeden erkrankung häufig kaum möglich sein wird. dennoch erfordert § 10 studienplatzvvo nrw, dass der facharzt eine auf den konkreten einzelfall bezogene prognose abgibt und diese eingehend begründet. denn die beklagte und auch das gericht sind im interesse der chancengleichheit der mitbewerber um einen medizinstudienplatz gehalten, die ihnen vorgelegten ärztlichen atteste kritisch zu hinterfragen. entscheidend ist, dass diejenigen symptome, die für das absolvieren des studiums von besonderer bedeutung sind und die wahrscheinlichkeit ihres künftigen auftretens im gutachten konkret benannt werden. angaben zu der frage, welche symptome zu welchem zeitpunkt in der zukunft nach statistischen erkenntnissen oder nach der erfahrung des arztes mit einiger wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, ob sie in massiver, die unterbrechung des studiums erzwingender form und für einen mehr als unerheblichen zeitraum einzutreten pflegen, inwieweit sie durch eine therapie gelindert werden können und worauf die prognose beruht, sind unverzichtbar, um die voraussetzungen des härtefalltatbestands feststellen und diejenigen studienbewerber herausfiltern zu können, bei denen eine sofortige zulassung zur wahrung der chancengleichheit geboten ist. daraus folgt auch, dass die anerkennung eines härtefalls allein aufgrund der diagnose einer bestimmten krankheit, unabhängig von ihren konkreten auswirkungen auf den studienbewerber, nicht in betracht kommt. 34vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 12. dezember 2018 - 13 b 1561/18 - und vom 10. januar 2022 - 13 e 979/21 -, juris; vg gelsenkirchen, beschlüsse vom 15. oktober 2014 - 6z l 1403/14 -, vom 31. märz 2017 - 6z l 787/17 - und vom 25. märz 2021 - 6z l 303/21 - sowie urteil vom 17. august 2015 - 6 k 3872/14 -, juris und www.nrwe.de. 35vorliegend ist auf der grundlage der stellungnahme des facharztes dr. h. letztlich nicht erkennbar, mit welcher weiteren entwicklung im falle der klägerin wann zu rechnen ist und inwieweit diese - auch bei entsprechender behandlung eines im raume stehenden rezidivs - den verlauf eines humanmedizinstudiums beeinträchtigen würde. das gericht verkennt nicht, dass sich insbesondere insoweit eine individuelle prognose für den behandelnden arzt schwierig gestalten dürfte. gleichwohl darf erwartet werden, dass sich das ärztliche gutachten darüber verhält, mit welcher wahrscheinlichkeit nach seiner erfahrung bei der klägerin ein (erneuter) rückfall zu erwarten ist und welche auswirkungen dies auf ihre studierfähigkeit hätte. 36es stellt sich im übrigen die frage, ob die klägerin, die auch ein praktikum hat absolvieren können, nicht in der lage ist, durch die absolvierung der einschlägigen tests sowie eine einschlägige berufsausbildung und -tätigkeit zulassungschancen in der „zusätzlichen eignungsquote“ und im „auswahlverfahren der hochschulen“ zu erwerben. soweit die klägerin meint, diese verfahrensweise könne letztlich jedem studienbewerber angeraten werden, der einen härtefallanspruch auf zulassung habe, kann dem nicht gefolgt werden. eine außergewöhnliche härte gemäß § 10 satz 2 studienplatzvvo nrw liegt dann vor, wenn in der eigenen person liegende besondere soziale oder familiäre gründe die sofortige aufnahme des studiums zwingend erfordern. hinsichtlich eines mit einer erkrankung begründeten härtefalles ist die vorschrift dahingehend zu verstehen, dass der gesundheitszustand des studienbewerbers keine weitere verzögerung der studienaufnahme zulässt, da ansonsten das studium mit einer gewissen wahrscheinlichkeit nicht mehr zum abschluss gebracht werden kann. ein solcher studienbewerber ist selbstverständlich weder auf eine berufsausbildung noch auf einschlägige tests zu verweisen, um eine spätere studienaufnahme zu ermöglichen. so liegt der fall der klägerin mit blick auf den vorgelegten arztbrief des behandelnden facharztes für innere medizin und hämatologie/onkologie dr. h. vom 14. märz 2021, der jedwede prognostischen ausführungen zum weiteren krankheitsverlauf vermissen lässt, gerade nicht. von einer bevorstehenden verschlechterung ist nicht die rede, vielmehr sei bei den letzten beiden verlaufskontrollen im dezember 2020 und im märz 2021 eine komplette remission feststellbar gewesen. vor diesem hintergrund hält die kammer es nicht für unzumutbar, die klägerin auf einen entsprechenden test zu verweisen, der ihr in verbindung mit ihrer hervorragenden abiturnote durchaus eine realistische zulassungschance an der universität m. in den oben genannten quoten verschaffen könnte. 37weitergehende ermittlungen, warum andere studienbewerber, deren situation der der klägerin ähneln, in der vergangenheit als härtefall eine zulassung zum studium bekommen haben, hält die kammer nicht für zielführend, weil es - wie bereits ausgeführt - nicht auf die diagnose einer bestimmten krankheit, sondern auf die konkreten, dem fachärztlichen attest zu entnehmenden umstände des jeweiligen einzelfalls ankommt. 38die nachweismängel werden sich für das bewerbungsverfahren zum wintersemester 2021/2022 auch nicht mehr beheben lassen. erst im gerichtlichen verfahren eingereichte unterlagen dürfen von der kammer nicht berücksichtigt werden. denn die für das auswahl- und verteilungsverfahren maßgeblichen unterlagen mussten in bezug auf das wintersemester 2021/2022 spätestens bis zum 5. august (bzw. 15. juni für sog. altbewerber) vorliegen (§ 6 abs. 1 satz 3 studienplatzvvo nrw). die vorschrift statuiert eine gesetzliche ausschlussfrist, so dass die rechtmäßigkeit der entscheidung der beklagten über einen zulassungsantrag auch vom gericht ausschließlich anhand derjenigen unterlagen zu prüfen ist, die innerhalb der bewerbungs- bzw. nachfrist bei der beklagten vorgelegen haben. 39vgl. auch ovg nrw, beschlüsse vom 27. dezember 2017 - 13 b 1333/17 -, www.nrwe.de, und vom 12. dezember 2018 - 13 b 1561/18 -, n.v., mit weiteren nachweisen. 40nach ständiger rechtsprechung ist die statuierung der ausschlussfristen mit blick auf die besonderheiten der studienplatzvergabe sachgerecht und notwendig und unterliegt keinen verfassungsrechtlichen bedenken. von der beklagten ist innerhalb eines recht kurzen zeitraums eine sehr große zahl von zulassungsanträgen (mehrere zehntausend) im zentralen verfahren zu bearbeiten und praktisch jede nachträgliche veränderung des datenbestandes führt zu einer verschiebung in den auswahllisten. das durchzuführende auswahl- und verteilungsverfahren kann erst in gang gesetzt werden, wenn sämtliche für die auswahl und verteilung erheblichen daten aller bewerber feststehen. das interesse der allgemeinheit und auch der studienbewerber selbst an einer funktionierenden und rechtzeitigen vergabe der studienplätze rechtfertigt eine strikte handhabung der den studienbewerbern gesetzten fristen. 41vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 12. september 2011 - 13 a 1090/11 - und vom 7. dezember 2010 - 13 b 1481/10 -, juris; vg gelsenkirchen, gerichtsbescheid vom 13. dezember 2012 - 6z k 4229/12 - sowie beschlüsse vom 1. oktober 2015 - 6z l 1905/15 - und vom 10. september 2019 - 6z l 1304/19 -. 42aus den vorgenannten gründen kann die kammer die erstmals im klageverfahren vorgelegte weitere ärztliche stellungnahme des behandelnden facharztes für innere medizin und hämatologie/onkologie dr. h. vom 20. september 2021 nicht berücksichtigen. auch diese dürfte im übrigen nicht den oben dargestellten ansprüchen genügen, da erneut nicht hinreichend ausgeführt wird, mit welcher wahrscheinlichkeit nach der erfahrung des behandelnden arztes bei der klägerin ein (erneuter) rückfall zu erwarten ist, sondern dort lediglich von „eingeschränkter prognose für den langzeitverlauf“ und „relevantem risiko eines erneuten rückfalles“ die rede ist. 43die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 44die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung (zpo). 45rechtsmittelbelehrung: 46gegen diesen gerichtsbescheid können die beteiligten die zulassung der berufung oder mündliche verhandlung beantragen; wird von beiden rechtsbehelfen gebrauch gemacht, findet mündliche verhandlung statt. 47belehrung für den fall, dass die zulassung der berufung beantragt wird: 48die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des gerichtsbescheids schriftlich bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, zu beantragen. über den antrag, der den angefochtenen gerichtsbescheid bezeichnen muss, entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des gerichtsbescheides sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, schriftlich einzureichen. 49die berufung ist nur zuzulassen, wenn 501. ernstliche zweifel an der richtigkeit des gerichtsbescheids bestehen, 512. die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 523. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 534. der gerichtsbescheid von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 545. ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 55auf die unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 56im berufungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für den antrag auf zulassung der berufung. der kreis der als prozessbevollmächtigte zugelassenen personen und organisationen bestimmt sich nach § 67 abs. 4 vwgo. 57belehrung für den fall, dass mündliche verhandlung beantragt wird: 58der antrag auf mündliche verhandlung ist bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, innerhalb eines monats nach zustellung des gerichtsbescheids schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle zu stellen. wird der antrag rechtzeitig gestellt, gilt der gerichtsbescheid als nicht ergangen; sonst wirkt er als rechtskräftiges urteil. 59auf die unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen.
Verklagte*r
0
343,856
27 C 40/21
2022-02-03T00:00:00
Urteil
Tenor In dem Rechtsstreit der Frau L2, Klägerin, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C2, gegen Herrn L, Beklagten, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C, hat das Amtsgericht Düsseldorf im schriftlichen Verfahren mit einer Schriftsatzeinreichungsfrist bis zum 20.12.2021 durch den Richter am Amtsgericht N für Recht erkannt: Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 476,55 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.02.2021 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 90,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.05.2021 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten um Schadensersatz aufgrund eines Hundebisses. 3Die Klägerin ist Eigentümerin eines Hundes Bichon Frisé mit dem Namen C3. Der Hund, den die Klägerin am 18.11.2012 zu einem Kaufpreis von 1.200,00 EUR erworben hatte, war zum Vorfallzeitpunkt 8 Jahre alt bei einer Lebenserwartung von 12 – 15 Jahren. Vorerkrankungen bestanden nicht. 4Der Beklagte ist Eigentümer und Halter eines Schäferhundes mit dem Namen M. 5Am 10.12.2020 trafen die beiden Hunde, die jeweils von der Zeugin L2 und dem Beklagten an einer Leine geführt wurden, auf der Grünfläche vor der Immobilie X in Düsseldorf, aufeinander. Nachdem die Hunde sich beschnupperten, biss sich M an C3 fest. Anschließend wurde C3 von M durch die Luft gewirbelt. 6Nachdem C3 auf dem Boden aufkam, jaulte und winselte sie und blutete infolge einer erlittenen Fleischwunde. 7Die Klägerin ließ den Hund C3 tierärztlich untersuchen, wobei sie insgesamt einen Betrag in Höhe von 1.906,20 EUR zahlte. 8Die Klägerin forderte die Haftpflichtversicherung des Beklagten dazu auf, den vorgenannten Betrag zu regulieren, woraufhin die Haftpflichtversicherung mit Schreiben vom 10.02.2021 mitteilte, dass sie den Schaden hälftig reguliere, was sie in der Folgezeit auch tat. 9Mit anwaltlichem Schreiben forderte die Klägerin die Haftpflichtversicherung des Beklagten erfolglos zu einer weiteren Regulierung auf. 10Die Klägerin ist der Ansicht, dass im vorliegenden Fall insbesondere die Größe der Hunde berücksichtigt werden müsse mit der Folge, dass der Beklagte für den eingetreten Schaden zu 100 % haftet. 11Die Klägerin beantragt, 12den Beklagten zu verurteilen, an sie 953,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.02.2021 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 159,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 13Der Beklagte beantragt, 14 die Klage abzuweisen. 15Der Beklagte ist der Ansicht, dass die geltend gemachten Kosten den Wert des Hundes übersteigen würden mit der Folge, dass er jedenfalls aus diesem Grund nicht zum Schadenersatz verpflichtet sei. 16Für den weiteren Sach- und Streitstand wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. 17Entscheidungsgründe: 18Die zulässige Klage ist teilweise begründet. 19Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 476,55 EUR gemäß § 833 Satz 1 BGB zu. 20Danach ist derjenige, welcher ein Tier hält, dem Verletzten zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn durch ein Tier eine Sache beschädigt wird. 21Bei M handelt es sich um ein Luxustier, dessen Halter der Beklagte ist. 22M hat auch eine Sache beschädigt, denn gemäß § 90 a BGB sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend auf Tiere anzuwenden. 23Bei einem Schadensereignis an dem zwei Hunde beteiligt sind, ist bei einem Anspruch aus § 833 BGB die mitwirkende Tiergefahr des jeweils anderen Hundes gemäß § 254 analog zu berücksichtigen. Eine mitwirkende Tiergefahr ist selbst dann zu berücksichtigen, wenn sich der verletzte Hund bei dem Schadensereignis lediglich passiv verhalten hat. In einem entsprechenden Fall wäre lediglich diejenige Gefahr aus §§ 833, 254 BGB in Anschlag zu bringen, die von einem Hund originär ausgeht. Aufgrund der Tatsache, dass es sich um Tiere handelt, die angeborenen Instinkten und Revierverhalten nachgehen, ist aus Sicht des Gericht grundsätzlich zunächst von einer Mithaftung beider Hunde von 50% auszugehen, sofern nicht Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Schaden von einem der beiden Hunde vornehmlich oder alleinig verursacht worden ist. Ferner ist im Rahmen der zu berücksichtigenden Tiergefahren auch die Größe und Konstitution der jeweiligen Hunde von Entscheidung. Insbesondere von größeren Hunden geht allein aufgrund deren Größe regelmäßig die besondere Gefahr aus, dass diese im Falle einer Auseinandersetzung zwischen zwei Hunden dem jeweils anderen Hund erhebliche körperliche Nachteile zufügen können. 24Danach ist vorliegend von einer Haftungsverteilung von 25 % zu 75 % zu Lasten des Beklagten auszugehen. 25M ist als Schäferhündin unstreitig um ein Vielfaches größer und stärker als die Hündin C3, weswegen ihr eine höhere Tiergefahr zuzubilligen ist. Die Tiergefahr von C3 tritt indes trotz ihrer Größe nicht vollumfänglich zurück, denn vorliegend ist zu berücksichtigen, dass C3 während des Vorfalls nicht passiv war, sondern sich beide Hunde aktiv beschnupperten. Mithin ist es zu dem Biss gekommen, weil sich beide Tiere zueinander hingezogen gefühlt haben und sich eben die hundeeigenen Instinkte realisiert haben, sodass die von C3 ausgehende Tiergefahr nicht gänzlich in den Hintergrund tritt (OLG München, Urteil vom 11.04.2011, Az. 21 U 5534/10). 26Nachdem der der Klägerin unstreitig entstanden Schaden in Höhe von insgesamt 1.906,20 EUR hälftig reguliert worden ist, mithin in Höhe von 953,10 EUR, steht der Klägerin noch in weiterer Anspruch auf Zahlung von 476,55 EUR zu. 27Die Kosten sind auch nicht unverhältnismäßig, denn bei Tieren sind anders als bei Sachen gemäß § 251 Abs. 2 Satz 2 BGB die aus der Heilbehandlung eines verletzten Tieres entstandenen Aufwendungen nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie deren Wert erheblich übersteigen. Anders als bei Sachen ist insbesondere nicht die Verhältnismäßigkeitsschwelle von 130 % anzusetzen, sondern eine – deutlich – höhere. Die Verhältnismäßigkeitsschwelle liegt bei einem Vielfachen des Marktwertes. Hierbei ist auch das Affektionsinteresse der Klägerin zu berücksichtigen (OLG München, Urteil vom 11.04.2011, Az. 21 U 5534/10). Der Hund, der zum Vorfallzeitpunkt 8 Jahre alt war und zu einem Kaufpreis von 1.200,00 EUR erworben worden war, hat noch eine hinreichende Lebenserwartung vor sich und war nicht vorerkrankt, weswegen die Kosten nicht zu beanstanden sind. 28Die Klägerin hat insoweit auch einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen beruht auf §§ 286, 288 BGB. Infolge der weiteren Haftungsablehnung durch die Haftpflichtversicherung befand sich der Beklagte ab dem Folgetag in Verzug, § 187 BGB. 29Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 90,96 EUR, § 286 BGB. 30Die Anwaltskosten berechnen sich indes entgegen der Ansicht der Klägerin nach einem berechtigten Gegenstandswert in Höhe von 476,55 EUR. 31Der Anspruch auf Zahlung von Zinsen folgt insoweit aus §§ 291, 288 BGB. 32Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 ZPO. 33Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO. 34Der Streitwert wird auf 953,10 EUR festgesetzt. 35Rechtsbehelfsbelehrung: 36Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 371. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 382. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 39Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 40Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen. 41Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 42Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 43Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr: 44Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen. 45Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de. 46N
in dem rechtsstreit der frau l2, klägerin, prozessbevollmächtigte: rechtsanwälte c2, gegen herrn l, beklagten, prozessbevollmächtigte: rechtsanwälte c, hat das amtsgericht düsseldorf im schriftlichen verfahren mit einer schriftsatzeinreichungsfrist bis zum 20.12.2021 durch den richter am amtsgericht n für recht erkannt: der beklagte wird verurteilt, an die klägerin 476,55 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 11.02.2021 sowie vorgerichtliche rechtsanwaltsgebühren in höhe von 90,96 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit 22.05.2021 zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. 1
2die parteien streiten um schadensersatz aufgrund eines hundebisses. 3die klägerin ist eigentümerin eines hundes bichon frisé mit dem namen c3. der hund, den die klägerin am 18.11.2012 zu einem kaufpreis von 1.200,00 eur erworben hatte, war zum vorfallzeitpunkt 8 jahre alt bei einer lebenserwartung von 12 – 15 jahren. vorerkrankungen bestanden nicht. 4der beklagte ist eigentümer und halter eines schäferhundes mit dem namen m. 5am 10.12.2020 trafen die beiden hunde, die jeweils von der zeugin l2 und dem beklagten an einer leine geführt wurden, auf der grünfläche vor der immobilie x in düsseldorf, aufeinander. nachdem die hunde sich beschnupperten, biss sich m an c3 fest. anschließend wurde c3 von m durch die luft gewirbelt. 6nachdem c3 auf dem boden aufkam, jaulte und winselte sie und blutete infolge einer erlittenen fleischwunde. 7die klägerin ließ den hund c3 tierärztlich untersuchen, wobei sie insgesamt einen betrag in höhe von 1.906,20 eur zahlte. 8die klägerin forderte die haftpflichtversicherung des beklagten dazu auf, den vorgenannten betrag zu regulieren, woraufhin die haftpflichtversicherung mit schreiben vom 10.02.2021 mitteilte, dass sie den schaden hälftig reguliere, was sie in der folgezeit auch tat. 9mit anwaltlichem schreiben forderte die klägerin die haftpflichtversicherung des beklagten erfolglos zu einer weiteren regulierung auf. 10die klägerin ist der ansicht, dass im vorliegenden fall insbesondere die größe der hunde berücksichtigt werden müsse mit der folge, dass der beklagte für den eingetreten schaden zu 100 % haftet. 11die klägerin beantragt, 12den beklagten zu verurteilen, an sie 953,10 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 11.02.2021 sowie vorgerichtliche rechtsanwaltsgebühren in höhe von 159,94 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 13der beklagte beantragt, 14 die klage abzuweisen. 15der beklagte ist der ansicht, dass die geltend gemachten kosten den wert des hundes übersteigen würden mit der folge, dass er jedenfalls aus diesem grund nicht zum schadenersatz verpflichtet sei. 16für den weiteren sach- und streitstand wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätze nebst anlagen verwiesen. 17
18die zulässige klage ist teilweise begründet. 19der klägerin steht gegen den beklagten ein anspruch auf zahlung von 476,55 eur gemäß § 833 satz 1 bgb zu. 20danach ist derjenige, welcher ein tier hält, dem verletzten zum ersatz des schadens verpflichtet, wenn durch ein tier eine sache beschädigt wird. 21bei m handelt es sich um ein luxustier, dessen halter der beklagte ist. 22m hat auch eine sache beschädigt, denn gemäß § 90 a bgb sind die für sachen geltenden vorschriften entsprechend auf tiere anzuwenden. 23bei einem schadensereignis an dem zwei hunde beteiligt sind, ist bei einem anspruch aus § 833 bgb die mitwirkende tiergefahr des jeweils anderen hundes gemäß § 254 analog zu berücksichtigen. eine mitwirkende tiergefahr ist selbst dann zu berücksichtigen, wenn sich der verletzte hund bei dem schadensereignis lediglich passiv verhalten hat. in einem entsprechenden fall wäre lediglich diejenige gefahr aus §§ 833, 254 bgb in anschlag zu bringen, die von einem hund originär ausgeht. aufgrund der tatsache, dass es sich um tiere handelt, die angeborenen instinkten und revierverhalten nachgehen, ist aus sicht des gericht grundsätzlich zunächst von einer mithaftung beider hunde von 50% auszugehen, sofern nicht anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der schaden von einem der beiden hunde vornehmlich oder alleinig verursacht worden ist. ferner ist im rahmen der zu berücksichtigenden tiergefahren auch die größe und konstitution der jeweiligen hunde von entscheidung. insbesondere von größeren hunden geht allein aufgrund deren größe regelmäßig die besondere gefahr aus, dass diese im falle einer auseinandersetzung zwischen zwei hunden dem jeweils anderen hund erhebliche körperliche nachteile zufügen können. 24danach ist vorliegend von einer haftungsverteilung von 25 % zu 75 % zu lasten des beklagten auszugehen. 25m ist als schäferhündin unstreitig um ein vielfaches größer und stärker als die hündin c3, weswegen ihr eine höhere tiergefahr zuzubilligen ist. die tiergefahr von c3 tritt indes trotz ihrer größe nicht vollumfänglich zurück, denn vorliegend ist zu berücksichtigen, dass c3 während des vorfalls nicht passiv war, sondern sich beide hunde aktiv beschnupperten. mithin ist es zu dem biss gekommen, weil sich beide tiere zueinander hingezogen gefühlt haben und sich eben die hundeeigenen instinkte realisiert haben, sodass die von c3 ausgehende tiergefahr nicht gänzlich in den hintergrund tritt (olg münchen, urteil vom 11.04.2011, az. 21 u 5534/10). 26nachdem der der klägerin unstreitig entstanden schaden in höhe von insgesamt 1.906,20 eur hälftig reguliert worden ist, mithin in höhe von 953,10 eur, steht der klägerin noch in weiterer anspruch auf zahlung von 476,55 eur zu. 27die kosten sind auch nicht unverhältnismäßig, denn bei tieren sind anders als bei sachen gemäß § 251 abs. 2 satz 2 bgb die aus der heilbehandlung eines verletzten tieres entstandenen aufwendungen nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie deren wert erheblich übersteigen. anders als bei sachen ist insbesondere nicht die verhältnismäßigkeitsschwelle von 130 % anzusetzen, sondern eine – deutlich – höhere. die verhältnismäßigkeitsschwelle liegt bei einem vielfachen des marktwertes. hierbei ist auch das affektionsinteresse der klägerin zu berücksichtigen (olg münchen, urteil vom 11.04.2011, az. 21 u 5534/10). der hund, der zum vorfallzeitpunkt 8 jahre alt war und zu einem kaufpreis von 1.200,00 eur erworben worden war, hat noch eine hinreichende lebenserwartung vor sich und war nicht vorerkrankt, weswegen die kosten nicht zu beanstanden sind. 28die klägerin hat insoweit auch einen anspruch auf zahlung von zinsen beruht auf §§ 286, 288 bgb. infolge der weiteren haftungsablehnung durch die haftpflichtversicherung befand sich der beklagte ab dem folgetag in verzug, § 187 bgb. 29die klägerin hat gegen den beklagten einen anspruch auf zahlung vorgerichtlicher anwaltskosten in höhe von 90,96 eur, § 286 bgb. 30die anwaltskosten berechnen sich indes entgegen der ansicht der klägerin nach einem berechtigten gegenstandswert in höhe von 476,55 eur. 31der anspruch auf zahlung von zinsen folgt insoweit aus §§ 291, 288 bgb. 32die entscheidung über die kosten beruht auf § 92 zpo. 33die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 nr. 11, 711, 713 zpo. 34der streitwert wird auf 953,10 eur festgesetzt. 35rechtsbehelfsbelehrung: 36gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 371. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 382. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 39die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils bei dem landgericht düsseldorf, werdener straße 1, 40227 düsseldorf, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 40die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils gegenüber dem landgericht düsseldorf zu begründen. 41die parteien müssen sich vor dem landgericht düsseldorf durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 42mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 43hinweis zum elektronischen rechtsverkehr: 44die einlegung ist auch durch übertragung eines elektronischen dokuments an die elektronische poststelle des gerichts möglich. das elektronische dokument muss für die bearbeitung durch das gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen signatur der verantwortenden person versehen sein oder von der verantwortenden person signiert und auf einem sicheren übermittlungsweg gemäß § 130a zpo nach näherer maßgabe der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (bgbl. 2017 i, s. 3803) eingereicht werden. auf die pflicht zur elektronischen einreichung durch professionelle einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das gesetz zum ausbau des elektronischen rechtsverkehrs mit den gerichten und zur änderung weiterer vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen. 45weitere informationen erhalten sie auf der internetseite www.justiz.de. 46n
Klaeger*in
1
143,843
15 O 29/14
2015-10-29T00:00:00
Urteil
Tenor 1. Die Zwangsvollstreckung aus dem Teilanerkenntnisurteil des LG Bonn vom 15.06.2011 in der berichtigten Fassung vom 27.06.2011, Az.: 15 O 109/11, sowie dem Beschluss des OLG Köln vom 30.09.2013, Az.: 15 W 37/13, in der berichtigten Fassung vom 17.10.2013 gegen die Klägerinnen zu 1) und 2) wird für unzulässig erklärt. 2. Der Beklagte wird verurteilt, die ihm erteilte Ausfertigung des vorgenannten Urteils des LG Bonn (Az: 15 O 109/11) sowie die vollstreckbare Ausfertigung des Beschlusses des OLG Köln vom 30.09.2013 (Az.: 15 W 37/13), jeweils berichtigt durch die Beschlüsse des LG Bonn vom 27.06.2011 bzw. des OLG Köln vom 17.10.2013 an die Klägerinnen herauszugeben. 3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte. 4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.600 € vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerinnen wenden sich gegen die Vollstreckung aus dem Teilanerkenntnisurteil des Landgerichts Bonn vom 15.06.2011 in der berichtigten Fassung vom 27.06.2011, Az.: 15 O 109/11, sowie dem Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 30.09.2013, Az.: 15 W 37/13, in der berichtigten Fassung vom 17.10.2013. 3Die Parteien sind Geschwister. Die Klägerinnen sind gemeinsam mit der am ##.##.2009 verstorbenen weiteren Schwester, Frau U, Erben ihrer am ##.##.2008 verstorbenen Mutter, Frau U2. Der Beklagte wurde von der Erblasserin nicht als Erbe eingesetzt. Im Wege der Stufenklage gemäß § 254 ZPO macht der Beklagte gegen die Klägerinnen als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Auskunft, Abgabe einer eidesstattliche Versicherung und Zahlung des Pflichtteils geltend. 4Mit Teilanerkenntnisurteil des Landgerichts Bonn vom 15.06.2011, korrigiert durch den Berichtigungsbeschluss des Landgerichts Bonn vom 27.06.2011, wurden die beiden Klägerinnen gesamtschuldnerisch verpflichtet, Auskunft über den Wert und Bestand des Nachlasses der am ##.##.2008 verstorbenen Frau U2 durch Vorlage eines durch einen Notar aufgenommenen Verzeichnisses zu erteilen. 5Der Notar Dr. T, N-Straße, ##### C, erstellte daraufhin unter dem 22.12.2011 ein notarielles Nachlassverzeichnis nach der Frau U2 (Urkundennr. $ ####/2011). 6Nachdem ein Antrag des Beklagten vom 09.01.2013 auf Festsetzung eines Zwangsgeldes, ersatzweise Zwangshaft, gegen die Klägerinnen wegen Unvollständigkeit des vorgenannten Nachlassverzeichnisses vom Landgericht Bonn durch Beschluss vom 14.05.2013 (Az.: 15 O 109/11) zurückgewiesen und der hiergegen erhobenen sofortigen Beschwerde vom Landgericht Bonn durch Beschluss vom 24.06.2013 nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt wurde, stellte das Oberlandesgericht Köln mit Beschluss vom 30.09.2013 (Az.: 15 W 37/13), der durch Berichtigungsbeschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 17.10.2013 korrigiert wurde, einen Anspruch auf Ergänzung des vorgenannten Nachlassverzeichnisses fest. Des Weiteren hat das Oberlandesgericht Köln mit dem Beschluss vom 30.09.2013 ein Zwangsgeld gegenüber den Klägerinnen in Höhe von 500,00 € festgesetzt. Gemäß dem Beschluss entfallen die gesetzten Zwangsmittel, sobald die zu vollstreckende Verpflichtung erfüllt wird. Zur Begründung führte das Oberlandesgericht Köln aus, dass die Auskunftsansprüche des Beklagten gegen die Klägerinnen durch Vorlage des Nachlassverzeichnisses vom 23.12.2011 noch nicht erfüllt wurden, weil dieses Nachlassverzeichnis nicht in allen Punkten ausreichend gewesen sei. Die Angabe „Fehlanzeige“ betreffend die Darlehensschulden unter dem Punkt III. E.1. des Nachlassverzeichnisses sei nicht ausreichend. Ferner seien Auskünfte zu Aktiva bzw. Passiva nicht ordnungsgemäß, weil insoweit Guthaben oder Verbindlichkeiten bei der D AG, der Q I, der T2 L, der E AG und der L2-Bankengruppe keine Berücksichtigung gefunden haben. Auch die Auskunft zum Stand des Kontos der Erblasserin bei der W EG sei nicht formell ordnungsgemäß. Im Hinblick auf das angegebenen Kfz B $# fehle es an Angaben zu Alter, Datum der Zulassung, Laufleistung etc. Nicht ausreichend seien auch die Angaben unter den Ziffern IV. und V. des Nachlassverzeichnisses zu ergänzungspflichtigen Schenkungen der Erblasserin zu ihren Lebzeiten sowie zu unter Abkömmlingen ausgleichspflichtigen Zuwendungen der Erblasserin gemäß §§ 2050, 2052ff. BGB. 7Am 13.12.2013 wurden dem Beklagten drei vollstreckbare Ausfertigungen des Beschlusses vom 30.09.2013 erteilt. Am 20.12.2013 erteilte der Beklagte einen Auftrag zur Vollstreckung aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 30.09.2013. Mit Schreiben vom 09.01.2014 an den Obergerichtsvollzieher L3 beantragte der Beklagte, den Klägerinnen bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Vermögensauskunft abzunehmen und gegebenenfalls auch den Erlass eines Haftbefehls in die Wege zu leiten. 8Unter dem 24.01.2014 hat der von den Klägerinnen beauftragte Notar Dr. T ein ergänztes notarielles Nachlassverzeichnis erstellt. Ungeachtet dessen erhielt die Klägerin zu 2) ein Schreiben des Obergerichtsvollziehers L3 vom 03.02.2015, aus dem sich ergibt, dass der Beklagte die Zwangsvollstreckung und die Abgabe der Vermögensauskunft beantragt hat. 9Mit Beschluss vom 17.02.2014, korrigiert durch Beschluss vom 07.05.2014, hat das Landgericht Bonn die Zwangsvollstreckung aus den in dem Klageantrag zu 1) bezeichneten Titeln gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000,00 € einstweilen bis zur Entscheidung über die Vollstreckungsabwehrklage, eingestellt. 10Die Klägerinnen sind der Auffassung, die titulierten Auskunftsansprüche des Beklagten seien erloschen. Das ergänzte notarielle Nachlassverzeichnis vom 24.01.2014 weise keine Defizite auf. Sie behaupten, keine Kenntnis von einem weiteren Konto bei der T2 L zu haben. 11Die Klägerinnen beantragen, 12 1. Die Zwangsvollstreckung aus dem Teilanerkenntnisurteil des LG Bonn vom 15.06.2011 in der berichtigten Fassung vom 27.06.2011, Az.: 15 O 109/11, sowie dem Beschluss des OLG Köln vom 30.09.2013, Az.: 15 W 37/13, in der berichtigten Fassung vom 17.10.2013 gegen sie für unzulässig zu erklären. 13 2. Den Beklagten zu verurteilen, die ihm erteilte Ausfertigung des vorgenannten Urteils des LG Bonn (Az: 15 O 109/11) sowie die vollstreckbare Ausfertigung des Beschlusses des OLG Köln vom 30.09.2013 (Az.: 15 W 37/13), jeweils berichtigt durch die Beschlüsse des LG Bonn vom 27.06.2011 bzw. des OLG Köln vom 17.10.2013 an sie herauszugeben. 14Der Beklagte beantragt, 15 die Klage abzuweisen. 16Der Beklagte ist der Auffassung, auch das ergänzte notarielle Nachlassverzeichnis weise erhebliche Defizite auf, weshalb der Auskunftsanspruch nicht erloschen sei. Hierzu behauptet er insbesondere, der Notar habe weiterhin bei den Darlehensschulden keine eigenständige Überprüfung der Grundpfandrechte vorgenommen und auch keine entsprechenden Auskünfte eingeholt. Im Punkt Bankguthaben ergäben sich weiterhin keine hinreichenden Erkenntnisse, die Rückschlüsse auf die tatsächlichen Bestände und Umsätze zuließen. Es sei nicht ersichtlich, dass der Notar eine hinreichende, der Wahrscheinlichkeit des Bestehens von Konten der Erblasserin entsprechende Anzahl an Banken angesprochen hätte. Bezüglich des Fahrzeugs B $# fehle weiterhin die Angabe des Verkehrswerts. Zu dem Punkt ergänzungspflichtige Schenkungen sei in weiten Teilen lediglich der Zeitraum ab dem Tode der Erblasserin berücksichtigt worden. Ferner existiere ein weiteres Konto bei der T2 L, zu dem auch in dem ergänzten Nachlassverzeichnis keine Angaben gemacht worden seien. 17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen überreichten Urkunden Bezug genommen. Die beigezogene Akte des Landgerichts Bonn (15 O 109/11) sowie der Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 30.09.2013 waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Erörterung. 18Entscheidungsgründe: 19Die Klage ist zulässig und begründet. 20Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die Vollstreckungsgegenklage der statthafte Rechtsbehelf für die Klägerinnen. Die Klage nach § 767 ZPO ist immer dann statthaft, wenn der Kläger materiell-rechtliche Einwendungen gegen den titulierten Anspruch geltend macht. Dies ist vorliegend gegeben, da sich die Klägerinnen auf Erfüllung des titulierten Anspruchs berufen. Das Landgericht Bonn ist für die Entscheidung auch sachlich und örtlich zuständig. Den Klägerinnen steht auch ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite, denn der Beklagte betreibt gegen sie die Zwangsvollstreckung. Auch an der Herausgabe der vollstreckbaren Titel besteht ein schützenswertes Interesse der Klägerinnen, weil die Gefahr besteht, dass der Beklagte die Titel behält und weitere Vollstreckungsanträge stellt. Aus Gründen der Prozessökonomie ist das Landgericht Bonn auch für den Herausgabeantrag zuständig. 21Der Klageantrag zu 1) hat auch in der Sache Erfolg. Die Klägerinnen haben den titulierten Anspruch gemäß § 362 BGB erfüllt. Mit dem Einwand der Erfüllung sind sie auch nicht gemäß § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert. 22Der von den Klägerinnen beauftragte Notar Dr. T hat am 24.01.2014 ein notarielles Nachlassverzeichnis zur Ergänzung des notariellen Nachlassverzeichnisses vom 22.12.2012 erstellt und dem Beklagten übermittelt. Hierdurch sind die titulierten Auskunftsansprüche des Beklagten aus dem Teilanerkenntnisurteil des Landgerichts Bonn vom 15.06.2011 sowie aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 30.09.2013 durch Erfüllung erloschen. Anhaltspunkte für eine Unvollständigkeit des notariellen Nachlassverzeichnisses bestehen nicht. 23Erfüllung des aus § 2314 BGB folgenden Auskunftsanspruchs tritt ein, wenn alle auskunftspflichtigen Umstände in formal ordnungsgemäßer Weise dem Auskunftsberechtigten mitgeteilt worden sind (Krüger in: MüKo BGB, 6. Auflage 2012, § 260 Rn. 43). Der Berechtigte muss aufgrund des Verzeichnisses in der Lage sein, sich über die Höhe seines Zahlungsanspruchs zu unterrichten (OLG Celle, DNotZ 2003, 62ff.). 24Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe sind die seitens des Beklagten geltend gemachten Einwände gegen das Nachlassverzeichnis nicht begründet. Ein Anspruch auf Ergänzung steht dem Auskunftsberechtigten nur dann zu, wenn in sachlicher oder zeitlicher Hinsicht über Teile des Auskunftsgegenstandes keine Auskunft erteilt worden ist oder eine erkennbare Unvollständigkeit der Auskunft vorliegt (vgl. etwa OLG Saarbrücken, FamRZ 2010, 2026 ff.; Krüger in: MüKo BGB, 6. Auflage 2012, § 260 Rn. 43). 25Sämtliche Unzulänglichkeiten im Hinblick auf die Vollständigkeit des notariellen Nachlassverzeichnis vom 22.12.2011, die das Oberlandesgericht Köln im Beschluss vom 30.09.2013 gegen das Nachlassverzeichnis vom 22.12.2011 ausgesprochen hat, wurden durch das ergänzte Nachlassverzeichnis behoben. Auch im Übrigen sind berechtigte Zweifel daran, dass das Nachlassverzeichnis auch in ergänzter Form unvollständig ist, nicht begründet. 26Bezüglich der Darlehensschulden betreffend die für das Hausgrundstück „X #“ eingetragenen Grundpfandrechte (Punkt III. E.1. des Nachlassverzeichnisses) hat der Notar nunmehr dargetan, welche eigenständigen Überprüfungen er vorgenommen hat. Hieraus ergibt sich, dass der Notar die den Grundpfandrechten zugrunde liegenden Verbindlichkeiten hinreichend überprüft und aufgrund dessen zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Grundpfandrechte nicht mehr valutieren. Ausweislich S. 3 des ergänzten Nachlassverzeichnisses hat der Notar diesbezüglich die Erklärungen der eingetragenen Gläubiger L4 vom 22.10.2012, Bankhaus G & Söhne KG vom 18.10.201 und D Aktiengesellschaft vom 24.10.2012 angefordert und überprüft. 27Darüber hinaus hat der Notar nunmehr auch sämtliche Auskünfte zu Aktiva bzw. Passiva ordnungsgemäß eingeholt. Ausweislich S. 4ff. des ergänzten Nachlassverzeichnisses haben Guthaben und Verbindlichkeiten bei der D AG, der Q I, der T2 L, der E AG und der L2-Bankengruppe Berücksichtigung gefunden. Der Notar führt aus, sämtliche der genannten Kreditinstitute im Rahmen der ergänzenden Ermittlungen unter Angabe des Sterbedatums schriftlich um Auskunft über das Bestehen einer Geschäftsverbindung mit Frau U2 und über Art und Umfang einer eventuell bestehenden Geschäftsbeziehung gebeten zu haben. Soweit die Banken keine Fehlanzeige erstattet haben, hat der Notar dann auch die einzelnen Kontostände im ergänzten Nachlassverzeichnis angegeben. 28Das unter dem 24.01.2014 erstellte Nachlassverzeichnis enthält auch formell ordnungsgemäße Angaben zum Stand des Kontos der Erblasserin bei der W eG. Ausweislich eines Schreibens der W eG vom 09.10.2013 betrug der Saldo des Sparkontos der Erblasserin zum Stichtag 18.06.2008 2.307,96 €. In diesem Schreiben führt die W eG weiter aus, dass bis zum angegebenen Stichtag Zinsen in Höhe von 5,39 € aufgelaufen seien. 29Auch im Hinblick auf das im Nachlassverzeichnis angegebenen Kfz B $# sind die Angaben im ergänzten Nachlassverzeichnis nicht als lückenhaft zu bewerten. Die wesentlichen wertbestimmenden Faktoren des B $# sind im Nachlassverzeichnis angegeben. Sowohl das Datum der Erstzulassung (25.07.1997) und der Kilometerstand am 15.12.2011 (76.474 Kilometer) sind auf S. 17 und 18 des ergänzten notariellen Verzeichnisses angegeben. Hierbei handelt es sich um die wesentlichen Daten, um die Verkehrswertermittlung des Fahrzeugs vornehmen zu können. Der Notar selbst ist nicht verpflichtet, einen Verkehrswert zu ermitteln und anzugeben. 30Im ergänzten notariellen Nachlassverzeichnis hat der Notar nunmehr auch ausreichende Angaben zu ergänzungspflichtigen Schenkungen der Erblasserin zu ihren Lebzeiten sowie zu unter Abkömmlingen ausgleichspflichtigen Zuwendungen der Erblasserin gemäß §§ 2050, 2052ff. BGB gemacht. Der Notar hat dargelegt, welche weiteren Ermittlungsmaßnahmen er angestellt hat. Dabei hat er insbesondere ausgeführt, welche Kontoauszüge er in Bezug auf diese Aspekte durchgesehen hat. 31Eine Unvollständigkeit des Nachlassverzeichnisses ergibt sich auch nicht aus der seitens des Beklagten behaupteten Existenz eines weiteren Kontos bei der T2 L. Die bloße Vermutung, dass Angaben der Auskunftspflichtigen nicht vollständig sind, ist nicht ausreichend. Hinreichende Anhaltspunkte für das Vorhandensein weiterer Konten sind nicht ersichtlich. Die bloße Vermutung, die Angaben der Auskunftspflichtigen seien nicht vollständig, reicht insofern nicht aus. Der Beklagte ist bei Anhaltspunkten für eine inhaltlich lückenhafte Auskunft auf den Weg der eidesstattlichen Versicherung verwiesen. Darüber hinaus haben die Klägerinnen versichert, keine Kenntnis über die Existenz eines weiteren Kontos bei der T2 L zu haben. Der Beklagte stellt diesbezüglich lediglich eine Behauptung auf, ohne Belege für das Vorhandensein eines solchen weiteren Kontos beizubringen oder zumindest diesbezüglich konkrete Anhaltspunkte vorzubringen. 32Der Klageantrag zu 2) ist begründet. Der Herausgabeanspruch folgt aus § 371 BGB analog. Eine Klage auf Herausgabe eines Titels analog § 371 BGB ist begründet, wenn die Forderung von Anfang nicht bestanden hat oder diese mit Sicherheit erloschen ist (Seiler in: Thomas/Putzo, 34. Auflage 2013, § 767 Rn. 6). Der sich aus den im Klageantrag zu 1) angegebene Titeln ergebende Auskunftsanspruch gegen die Klägerinnen ist durch Erfüllung erloschen. 33Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. 34Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 ZPO. 35Streitwert: bis zu 4.000 €
1. die zwangsvollstreckung aus dem teilanerkenntnisurteil des lg bonn vom 15.06.2011 in der berichtigten fassung vom 27.06.2011, az.: 15 o 109/11, sowie dem beschluss des olg köln vom 30.09.2013, az.: 15 w 37/13, in der berichtigten fassung vom 17.10.2013 gegen die klägerinnen zu 1) und 2) wird für unzulässig erklärt. 2. der beklagte wird verurteilt, die ihm erteilte ausfertigung des vorgenannten urteils des lg bonn (az: 15 o 109/11) sowie die vollstreckbare ausfertigung des beschlusses des olg köln vom 30.09.2013 (az.: 15 w 37/13), jeweils berichtigt durch die beschlüsse des lg bonn vom 27.06.2011 bzw. des olg köln vom 17.10.2013 an die klägerinnen herauszugeben. 3. die kosten des rechtsstreits trägt der beklagte. 4. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 4.600 € vorläufig vollstreckbar. 1
2die klägerinnen wenden sich gegen die vollstreckung aus dem teilanerkenntnisurteil des landgerichts bonn vom 15.06.2011 in der berichtigten fassung vom 27.06.2011, az.: 15 o 109/11, sowie dem beschluss des oberlandesgerichts köln vom 30.09.2013, az.: 15 w 37/13, in der berichtigten fassung vom 17.10.2013. 3die parteien sind geschwister. die klägerinnen sind gemeinsam mit der am ##.##.2009 verstorbenen weiteren schwester, frau u, erben ihrer am ##.##.2008 verstorbenen mutter, frau u2. der beklagte wurde von der erblasserin nicht als erbe eingesetzt. im wege der stufenklage gemäß § 254 zpo macht der beklagte gegen die klägerinnen als gesamtschuldner einen anspruch auf auskunft, abgabe einer eidesstattliche versicherung und zahlung des pflichtteils geltend. 4mit teilanerkenntnisurteil des landgerichts bonn vom 15.06.2011, korrigiert durch den berichtigungsbeschluss des landgerichts bonn vom 27.06.2011, wurden die beiden klägerinnen gesamtschuldnerisch verpflichtet, auskunft über den wert und bestand des nachlasses der am ##.##.2008 verstorbenen frau u2 durch vorlage eines durch einen notar aufgenommenen verzeichnisses zu erteilen. 5der notar dr. t, n-straße, ##### c, erstellte daraufhin unter dem 22.12.2011 ein notarielles nachlassverzeichnis nach der frau u2 (urkundennr. $ ####/2011). 6nachdem ein antrag des beklagten vom 09.01.2013 auf festsetzung eines zwangsgeldes, ersatzweise zwangshaft, gegen die klägerinnen wegen unvollständigkeit des vorgenannten nachlassverzeichnisses vom landgericht bonn durch beschluss vom 14.05.2013 (az.: 15 o 109/11) zurückgewiesen und der hiergegen erhobenen sofortigen beschwerde vom landgericht bonn durch beschluss vom 24.06.2013 nicht abgeholfen und die sache dem beschwerdegericht zur entscheidung vorgelegt wurde, stellte das oberlandesgericht köln mit beschluss vom 30.09.2013 (az.: 15 w 37/13), der durch berichtigungsbeschluss des oberlandesgerichts köln vom 17.10.2013 korrigiert wurde, einen anspruch auf ergänzung des vorgenannten nachlassverzeichnisses fest. des weiteren hat das oberlandesgericht köln mit dem beschluss vom 30.09.2013 ein zwangsgeld gegenüber den klägerinnen in höhe von 500,00 € festgesetzt. gemäß dem beschluss entfallen die gesetzten zwangsmittel, sobald die zu vollstreckende verpflichtung erfüllt wird. zur begründung führte das oberlandesgericht köln aus, dass die auskunftsansprüche des beklagten gegen die klägerinnen durch vorlage des nachlassverzeichnisses vom 23.12.2011 noch nicht erfüllt wurden, weil dieses nachlassverzeichnis nicht in allen punkten ausreichend gewesen sei. die angabe „fehlanzeige“ betreffend die darlehensschulden unter dem punkt iii. e.1. des nachlassverzeichnisses sei nicht ausreichend. ferner seien auskünfte zu aktiva bzw. passiva nicht ordnungsgemäß, weil insoweit guthaben oder verbindlichkeiten bei der d ag, der q i, der t2 l, der e ag und der l2-bankengruppe keine berücksichtigung gefunden haben. auch die auskunft zum stand des kontos der erblasserin bei der w eg sei nicht formell ordnungsgemäß. im hinblick auf das angegebenen kfz b $# fehle es an angaben zu alter, datum der zulassung, laufleistung etc. nicht ausreichend seien auch die angaben unter den ziffern iv. und v. des nachlassverzeichnisses zu ergänzungspflichtigen schenkungen der erblasserin zu ihren lebzeiten sowie zu unter abkömmlingen ausgleichspflichtigen zuwendungen der erblasserin gemäß §§ 2050, 2052ff. bgb. 7am 13.12.2013 wurden dem beklagten drei vollstreckbare ausfertigungen des beschlusses vom 30.09.2013 erteilt. am 20.12.2013 erteilte der beklagte einen auftrag zur vollstreckung aus dem beschluss des oberlandesgerichts köln vom 30.09.2013. mit schreiben vom 09.01.2014 an den obergerichtsvollzieher l3 beantragte der beklagte, den klägerinnen bei vorliegen der gesetzlichen voraussetzungen die vermögensauskunft abzunehmen und gegebenenfalls auch den erlass eines haftbefehls in die wege zu leiten. 8unter dem 24.01.2014 hat der von den klägerinnen beauftragte notar dr. t ein ergänztes notarielles nachlassverzeichnis erstellt. ungeachtet dessen erhielt die klägerin zu 2) ein schreiben des obergerichtsvollziehers l3 vom 03.02.2015, aus dem sich ergibt, dass der beklagte die zwangsvollstreckung und die abgabe der vermögensauskunft beantragt hat. 9mit beschluss vom 17.02.2014, korrigiert durch beschluss vom 07.05.2014, hat das landgericht bonn die zwangsvollstreckung aus den in dem klageantrag zu 1) bezeichneten titeln gegen sicherheitsleistung in höhe von 4.000,00 € einstweilen bis zur entscheidung über die vollstreckungsabwehrklage, eingestellt. 10die klägerinnen sind der auffassung, die titulierten auskunftsansprüche des beklagten seien erloschen. das ergänzte notarielle nachlassverzeichnis vom 24.01.2014 weise keine defizite auf. sie behaupten, keine kenntnis von einem weiteren konto bei der t2 l zu haben. 11die klägerinnen beantragen, 12 1. die zwangsvollstreckung aus dem teilanerkenntnisurteil des lg bonn vom 15.06.2011 in der berichtigten fassung vom 27.06.2011, az.: 15 o 109/11, sowie dem beschluss des olg köln vom 30.09.2013, az.: 15 w 37/13, in der berichtigten fassung vom 17.10.2013 gegen sie für unzulässig zu erklären. 13 2. den beklagten zu verurteilen, die ihm erteilte ausfertigung des vorgenannten urteils des lg bonn (az: 15 o 109/11) sowie die vollstreckbare ausfertigung des beschlusses des olg köln vom 30.09.2013 (az.: 15 w 37/13), jeweils berichtigt durch die beschlüsse des lg bonn vom 27.06.2011 bzw. des olg köln vom 17.10.2013 an sie herauszugeben. 14der beklagte beantragt, 15 die klage abzuweisen. 16der beklagte ist der auffassung, auch das ergänzte notarielle nachlassverzeichnis weise erhebliche defizite auf, weshalb der auskunftsanspruch nicht erloschen sei. hierzu behauptet er insbesondere, der notar habe weiterhin bei den darlehensschulden keine eigenständige überprüfung der grundpfandrechte vorgenommen und auch keine entsprechenden auskünfte eingeholt. im punkt bankguthaben ergäben sich weiterhin keine hinreichenden erkenntnisse, die rückschlüsse auf die tatsächlichen bestände und umsätze zuließen. es sei nicht ersichtlich, dass der notar eine hinreichende, der wahrscheinlichkeit des bestehens von konten der erblasserin entsprechende anzahl an banken angesprochen hätte. bezüglich des fahrzeugs b $# fehle weiterhin die angabe des verkehrswerts. zu dem punkt ergänzungspflichtige schenkungen sei in weiten teilen lediglich der zeitraum ab dem tode der erblasserin berücksichtigt worden. ferner existiere ein weiteres konto bei der t2 l, zu dem auch in dem ergänzten nachlassverzeichnis keine angaben gemacht worden seien. 17wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der wechselseitigen schriftsätze der parteien und der von ihnen überreichten urkunden bezug genommen. die beigezogene akte des landgerichts bonn (15 o 109/11) sowie der beschluss des oberlandesgerichts köln vom 30.09.2013 waren gegenstand der mündlichen verhandlung und erörterung. 18
19die klage ist zulässig und begründet. 20die klage ist zulässig. insbesondere ist die vollstreckungsgegenklage der statthafte rechtsbehelf für die klägerinnen. die klage nach § 767 zpo ist immer dann statthaft, wenn der kläger materiell-rechtliche einwendungen gegen den titulierten anspruch geltend macht. dies ist vorliegend gegeben, da sich die klägerinnen auf erfüllung des titulierten anspruchs berufen. das landgericht bonn ist für die entscheidung auch sachlich und örtlich zuständig. den klägerinnen steht auch ein rechtsschutzbedürfnis zur seite, denn der beklagte betreibt gegen sie die zwangsvollstreckung. auch an der herausgabe der vollstreckbaren titel besteht ein schützenswertes interesse der klägerinnen, weil die gefahr besteht, dass der beklagte die titel behält und weitere vollstreckungsanträge stellt. aus gründen der prozessökonomie ist das landgericht bonn auch für den herausgabeantrag zuständig. 21der klageantrag zu 1) hat auch in der sache erfolg. die klägerinnen haben den titulierten anspruch gemäß § 362 bgb erfüllt. mit dem einwand der erfüllung sind sie auch nicht gemäß § 767 abs. 2 zpo präkludiert. 22der von den klägerinnen beauftragte notar dr. t hat am 24.01.2014 ein notarielles nachlassverzeichnis zur ergänzung des notariellen nachlassverzeichnisses vom 22.12.2012 erstellt und dem beklagten übermittelt. hierdurch sind die titulierten auskunftsansprüche des beklagten aus dem teilanerkenntnisurteil des landgerichts bonn vom 15.06.2011 sowie aus dem beschluss des oberlandesgerichts köln vom 30.09.2013 durch erfüllung erloschen. anhaltspunkte für eine unvollständigkeit des notariellen nachlassverzeichnisses bestehen nicht. 23erfüllung des aus § 2314 bgb folgenden auskunftsanspruchs tritt ein, wenn alle auskunftspflichtigen umstände in formal ordnungsgemäßer weise dem auskunftsberechtigten mitgeteilt worden sind (krüger in: müko bgb, 6. auflage 2012, § 260 rn. 43). der berechtigte muss aufgrund des verzeichnisses in der lage sein, sich über die höhe seines zahlungsanspruchs zu unterrichten (olg celle, dnotz 2003, 62ff.). 24bei zugrundelegung dieser maßstäbe sind die seitens des beklagten geltend gemachten einwände gegen das nachlassverzeichnis nicht begründet. ein anspruch auf ergänzung steht dem auskunftsberechtigten nur dann zu, wenn in sachlicher oder zeitlicher hinsicht über teile des auskunftsgegenstandes keine auskunft erteilt worden ist oder eine erkennbare unvollständigkeit der auskunft vorliegt (vgl. etwa olg saarbrücken, famrz 2010, 2026 ff.; krüger in: müko bgb, 6. auflage 2012, § 260 rn. 43). 25sämtliche unzulänglichkeiten im hinblick auf die vollständigkeit des notariellen nachlassverzeichnis vom 22.12.2011, die das oberlandesgericht köln im beschluss vom 30.09.2013 gegen das nachlassverzeichnis vom 22.12.2011 ausgesprochen hat, wurden durch das ergänzte nachlassverzeichnis behoben. auch im übrigen sind berechtigte zweifel daran, dass das nachlassverzeichnis auch in ergänzter form unvollständig ist, nicht begründet. 26bezüglich der darlehensschulden betreffend die für das hausgrundstück „x #“ eingetragenen grundpfandrechte (punkt iii. e.1. des nachlassverzeichnisses) hat der notar nunmehr dargetan, welche eigenständigen überprüfungen er vorgenommen hat. hieraus ergibt sich, dass der notar die den grundpfandrechten zugrunde liegenden verbindlichkeiten hinreichend überprüft und aufgrund dessen zu dem ergebnis gelangt ist, dass die grundpfandrechte nicht mehr valutieren. ausweislich s. 3 des ergänzten nachlassverzeichnisses hat der notar diesbezüglich die erklärungen der eingetragenen gläubiger l4 vom 22.10.2012, bankhaus g & söhne kg vom 18.10.201 und d aktiengesellschaft vom 24.10.2012 angefordert und überprüft. 27darüber hinaus hat der notar nunmehr auch sämtliche auskünfte zu aktiva bzw. passiva ordnungsgemäß eingeholt. ausweislich s. 4ff. des ergänzten nachlassverzeichnisses haben guthaben und verbindlichkeiten bei der d ag, der q i, der t2 l, der e ag und der l2-bankengruppe berücksichtigung gefunden. der notar führt aus, sämtliche der genannten kreditinstitute im rahmen der ergänzenden ermittlungen unter angabe des sterbedatums schriftlich um auskunft über das bestehen einer geschäftsverbindung mit frau u2 und über art und umfang einer eventuell bestehenden geschäftsbeziehung gebeten zu haben. soweit die banken keine fehlanzeige erstattet haben, hat der notar dann auch die einzelnen kontostände im ergänzten nachlassverzeichnis angegeben. 28das unter dem 24.01.2014 erstellte nachlassverzeichnis enthält auch formell ordnungsgemäße angaben zum stand des kontos der erblasserin bei der w eg. ausweislich eines schreibens der w eg vom 09.10.2013 betrug der saldo des sparkontos der erblasserin zum stichtag 18.06.2008 2.307,96 €. in diesem schreiben führt die w eg weiter aus, dass bis zum angegebenen stichtag zinsen in höhe von 5,39 € aufgelaufen seien. 29auch im hinblick auf das im nachlassverzeichnis angegebenen kfz b $# sind die angaben im ergänzten nachlassverzeichnis nicht als lückenhaft zu bewerten. die wesentlichen wertbestimmenden faktoren des b $# sind im nachlassverzeichnis angegeben. sowohl das datum der erstzulassung (25.07.1997) und der kilometerstand am 15.12.2011 (76.474 kilometer) sind auf s. 17 und 18 des ergänzten notariellen verzeichnisses angegeben. hierbei handelt es sich um die wesentlichen daten, um die verkehrswertermittlung des fahrzeugs vornehmen zu können. der notar selbst ist nicht verpflichtet, einen verkehrswert zu ermitteln und anzugeben. 30im ergänzten notariellen nachlassverzeichnis hat der notar nunmehr auch ausreichende angaben zu ergänzungspflichtigen schenkungen der erblasserin zu ihren lebzeiten sowie zu unter abkömmlingen ausgleichspflichtigen zuwendungen der erblasserin gemäß §§ 2050, 2052ff. bgb gemacht. der notar hat dargelegt, welche weiteren ermittlungsmaßnahmen er angestellt hat. dabei hat er insbesondere ausgeführt, welche kontoauszüge er in bezug auf diese aspekte durchgesehen hat. 31eine unvollständigkeit des nachlassverzeichnisses ergibt sich auch nicht aus der seitens des beklagten behaupteten existenz eines weiteren kontos bei der t2 l. die bloße vermutung, dass angaben der auskunftspflichtigen nicht vollständig sind, ist nicht ausreichend. hinreichende anhaltspunkte für das vorhandensein weiterer konten sind nicht ersichtlich. die bloße vermutung, die angaben der auskunftspflichtigen seien nicht vollständig, reicht insofern nicht aus. der beklagte ist bei anhaltspunkten für eine inhaltlich lückenhafte auskunft auf den weg der eidesstattlichen versicherung verwiesen. darüber hinaus haben die klägerinnen versichert, keine kenntnis über die existenz eines weiteren kontos bei der t2 l zu haben. der beklagte stellt diesbezüglich lediglich eine behauptung auf, ohne belege für das vorhandensein eines solchen weiteren kontos beizubringen oder zumindest diesbezüglich konkrete anhaltspunkte vorzubringen. 32der klageantrag zu 2) ist begründet. der herausgabeanspruch folgt aus § 371 bgb analog. eine klage auf herausgabe eines titels analog § 371 bgb ist begründet, wenn die forderung von anfang nicht bestanden hat oder diese mit sicherheit erloschen ist (seiler in: thomas/putzo, 34. auflage 2013, § 767 rn. 6). der sich aus den im klageantrag zu 1) angegebene titeln ergebende auskunftsanspruch gegen die klägerinnen ist durch erfüllung erloschen. 33die entscheidung über die kosten folgt aus § 91 abs. 1 zpo. 34die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 709 s. 1 zpo. 35streitwert: bis zu 4.000 €
Klaeger*in
1
143,408
12 A 1639/14
2015-11-16T00:00:00
Urteil
Tenor Das angefochtene Urteil wird geändert. Die Beklagte wird über die bereits im angegriffenen Urteil ausgesprochene Verpflichtung hinaus verpflichtet, die Kosten des Privatschulbesuchs des Klägers - bestehend aus Schulgeld, Fahrtkosten, Aufwendungen für Lernmittel sowie Klassenfahrten und -ausflüge - im Zeitraum vom 22. August 2012 bis zum Juli 2013 zu übernehmen. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt der Kläger zu 15 %, die Beklagte zu 85 %, die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu 10 %, die Beklagte zu 90 %. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten für die Beschulung des Klägers auf der G. Q. O. . 3Bei dem im Februar 2000 geborenen Kläger wurde im Jahr 2004 die Diagnose ADHS gestellt. Im Jahr 2006 wurden u.a. ein Aspergersyndrom (ICD-10: F84.5) mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung sowie eine umschriebene motorische Entwicklungsstörung (ICD-10: F82) diagnostiziert. Im Jahr 2010 wurden zusätzlich Zwangsgedanken und -handlungen (ICD-10: F42.2) und eine chronische motorische oder vokale Ticstörung (ICD-10: F95.1) festgestellt. Von 2007 bis 2009 wurde der Kläger heilpädagogisch gefördert. Aufgrund eines Antrags nach § 35a SGB VIII wurde in einem Hilfeplan vom 4. November 2010 dem Kläger, der zu diesem Zeitpunkt im fünften Schuljahr war und die L. -T. -Schule (Förderschule Sprache) besuchte, ein Integrationshelfer ab dem 25. Oktober 2010 gewährt. Diese Hilfe wurde nach kurzer Zeit - am 5. November 2010 - eingestellt, da an diesem Tag ein Wechsel in die 5. Klasse der F. -L1. -Schule, Kompetenzzentrum für sonderpädagogische Förderung mit den Förderschwerpunkten Sprache, Lernen und emotionale und soziale Entwicklung stattfand. 4Vom 25. Januar 2012 bis zum 29. März 2012 wurde der Kläger stationär in der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der S. L2. W. behandelt. 5Mit Schreiben vom 10. April 2012, bei der Beklagten eingegangen am 11. April 2012, beantragte der Kläger, vertreten durch seine Eltern, die Übernahme der Kosten einer Privatschule. Beigefügt war ein Entlassungsbericht des Fachbereichs Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der S. L2. W. vom 26. März 2012, in dem als Diagnosen Asperger-Syndrom (ICD-10: F84.5), Hyperkinetische Störung Sozialverhalten (ICD-10: F90.1), Enuresis nichtorganisch (ICD-10: F98.0) sowie Zwangsgedanken und Zwangshandlungen gemischt (ICD-10: F42.2) genannt werden. Weiter heißt es: 6„Unseren Informationen und unserem klinischen Eindruck nach ist Q2. in seiner aktuellen Klasse kognitiv stark unterfordert. Er zeigte in unserer Klinikschule eine gute kognitive Leistungsfähigkeit und einen, in Anbetracht der restlichen Problematik erstaunlichen, Wissendurst und Wunsch nach mehr Anforderung. Die kognitive Unterforderung triggert Q1. generellen Drang andere Kinder zu drangsalieren und abzuwerten, zudem führt die Langeweile zu noch mehr Störverhalten. Wir empfehlen einen Schulrahmen mit möglichst kleinen Klassen, einer möglichst hohen Betreuungsdichte, einem geringen Stundenumfang, wenigen anderen auffälligen Schülern und einer stabilen Begleitung durch möglichst wenig Lehrerwechsel. Eine Betreuung durch ein gut geschultes, im Umgang mit stark auffälligen, sozialverhaltensgestörten und autistischen Kindern erfahrenes pädagogisches Team ist dringend anzuraten. Aktuell halten wir Q1. für nicht regelschulfähig.“ 7Nach den Osterferien, d.h. ab dem 17. April 2012, hospitierte der Kläger in der 5. Klasse der G. Q. O. in L3. . Zum Mai 2012 erfolgte die Anmeldung des Klägers auf dieser Schule. 8Am 27. April 2012 überreichten die Eltern des Klägers persönlich eine Aufstellung des Schulgeldes der G. Q. O. , in der ein klassenstufenabhängiges Schulgeld von monatlich zwischen 700 und 875 € sowie eine einmalige Aufnahmegebühr in Höhe von 1.250 € aufgeführt waren. 9Mit Schreiben vom 30. April 2012 erinnerten die Eltern des Klägers an ihren Antrag vom 10. April 2012 und teilten - offenbar in Reaktion auf eine mündliche Anfrage während der Übergabe der Kostenaufstellung am 27. April 2012 - mit, dass sie sich nicht im Besitz der Unterlagen des AO-SF-Verfahrens befänden. Mit Schreiben vom 2. Mai 2012 wurden den Eltern des Klägers auszufüllende Formulare und Fragebögen übersandt. Ein ausgefüllter Formularantrag auf Leistungen nach § 35a SGB VIII ging am 9. Mai 2012 bei der Beklagten ein. Der Schulbericht der F. -L1. -Schule vom 10. Mai 2012 ging am 15. Mai 2012 bei der Beklagten ein. Hierin heißt es u.a.: 10„Q2. zeigt eine extrem hohe Ablenkbarkeit, Q1. ist in einer Lerngruppe von 11 Schülern, die sich aus ES und LE Schülern zusammensetzt, nur schwer zu fördern. 11(…) 12Q2. ist ein Einzelgänger, seine Kontaktaufnahme zu Mitschülern kommt selten an. Meist ist diese unangemessen, unangepasst. Sozialkontakte sind aufgrund Q2. Störung kaum möglich. Es entstehen regelmäßig Konflikte mit Mitschülern. 13(…) 14Q2. benötigt eine wirklich kleine Lerngruppe (4-5 Schüler) durchschnittlich intelligenter Schüler, um seiner Leistungsfähigkeit entsprechend gefördert zu werden. Größere Lerngruppen führen bei Q2. zu einer hohen Konflikt-Problematik, die der Entwicklung seiner schulischen Leistungen, aufgrund seines speziellen Störungsbildes, entgegen stehen. Sonderpädagogische Maßnahmen bei einem autistischen Störungsbild wie Asperger greifen am Kompetenzzentrum aufgrund der Gruppengröße und der Zusammensetzung der Lerngruppen nicht.“ 15Unter dem 18. Mai 2012 bat die Sachbearbeiterin der zentralen Koordinierungsstelle § 35a SGB VIII (51/32) den zuständigen Sachbearbeiter im Bereich 51/30 16- Hilfen für junge Menschen und ihre Familien und Bezirkssozialarbeit - um Abgabe einer sozialpädagogischen Stellungnahme. Wohl kurz danach ging eine „Stellungnahme zur Einteilung nach dem multiaxialen Klassifikationsschema nach ICD“ der S. L2. W. , Fachbereich Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters vom 15. Mai 2012 bei der Beklagten ein. Sie führte auf: 17„Achse I: klinisch psychiatrisches Syndrom 18Hyperkinetische Störung Sozialverhalten (ICD10: F90.1) 19Zwangsgedanken und Zwangshandlungen gemischt (ICD10: F42.2) 20Enuresis nichtorganisch (ICD10: F98.0) 21Achse II: Umschriebene Entwicklungsstörungen 22Asperger-Syndrom (ICD10: F84.5) 23Achse III: Intelligenzniveau 24Eine Testung mittels eines HAWIK ergab einen durchschnittlichen IQ von 102 IQ-Punkten. Die einzelnen Untertests ergaben 25- Sprachverständnis 107 26- Wahrnehmungsgebundenes logisches Denken 94 27- Verarbeitungsgeschwindigkeit 109 28- Arbeitsgedächtnis 99 29Achse IV: körperliche Symptomatik 30diverse Allergien (Frühblüher, Katzen, Hunde) und Asthma. 31Achse V: Assoziierte aktuelle abnorme psychosoziale Umstände 32- 6.3 Ereignisse, die zur Herabsetzung der Selbstachtung führen 33- 8. Chronische zwischenmenschliche Belastung im Zusammenhang mit Schule oder Arbeit 34358.0 Streitbeziehungen mit Schülern/Mitarbeitern 368.1 Sündenbockzuweisung durch Lehrer/Ausbilder 378.2 Allgemeine Unruhe in der Schule bzw. Arbeitssituation 38Achse VI: Globalbeurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus 39Tiefgreifende und schwerwiegende soziale Beeinträchtigung“ 40Anlässlich eines Telefongesprächs am 15. Juni 2012 teilte der zuständige Sachbearbeiter der Mutter des Klägers mit, dass alle Antragsunterlagen vorlägen und nunmehr ein Hausbesuch zur Prüfung der Teilhabebeeinträchtigung stattfinden müsse, dessen Termin noch mitgeteilt werde. Aufgrund des hohen Arbeitsanfalls sei mit einer längeren Bearbeitungsdauer zu rechnen. 41Bei einem weiteren Telefongespräch am 6. Juli 2012 teilte die Mutter des Klägers telefonisch mit, dass der sonderpädagogische Förderbedarf für den Kläger aufgehoben worden sei und sie den Bescheid übermitteln werde. 42Mit Schreiben vom 12. Juli 2012, Eingang am selben Tag, überreichten die Eltern des Klägers den Bescheid vom 19. Juni 2012 über die Aufhebung des Förderbedarfs für den Kläger sowie drei Absagen von zwei Realschulen und einer Gesamtschule. 43Unter dem 16. Juli 2012 wandte sich die Beklagte an die Eltern des Klägers und forderte sie auf, sich mit den Absagen der Schulen an das Schulamt der Stadt L3. zu wenden und angesichts des Nachrangs der Jugendhilfe die Suche nach einer entsprechenden Schule fortzuführen. Unabhängig davon werde das Prüfungsverfahren, ob beim Kläger eine Teilhabebeeinträchtigung vorliege, weiter betrieben. Es werde um Vorlage einer Kopie des Antrags auf Beendigung der sonderpädagogischen Förderung gebeten. Die Eltern des Klägers teilten telefonisch am 2. August 2012 mit, dass sie keine Kopie dieses Antrags besäßen. Auf ein weiteres Schreiben vom 15. August 2012, dass der Antrag auf Beendigung der sonderpädagogischen Förderung benötigt werde, baten die Eltern des Klägers die Beklagte mit Schreiben vom 23. August 2012, sich selbst an das Schulamt zu wenden, und übersandten dem Schulamt eine Einverständniserklärung vom 26. August 2012. Mit Schreiben vom 27. August 2012 forderte das Jugendamt die Antragsunterlagen beim Schulamt an. Sie gingen am 29. August 2012 dort ein. Das Jugendamt wandte sich daraufhin mit Schreiben vom 10. September 2012 an das Schulamt und bat, die vorrangigen Leistungen der Schule zu realisieren. Die Eltern des Klägers wurden mit Schreiben vom selben Tag aufgefordert, die Suche nach einer Schule für den Kläger fortzusetzen. 44Mitte Juli bis Anfang August 2012 befand sich der Kläger mit seiner Familie im Urlaub. Am 13. August 2012 wurde ein Hausbesuch für den 23. August 2012 vereinbart. 45Unter dem 20. September 2012 erstellte der zuständige Sozialpädagoge eine Sozialpädagogische Stellungnahme, in der er eine Teilhabebeeinträchtigung des Klägers in den Bereichen Familienbeziehungen, Umfeld/soziale Kontakte, Schule, Alltagsbewältigung/Selbstversorgung und Erholung und Freizeit feststellte. Die Voraussetzungen für eine Hilfegewährung nach § 35a SGB VIII lägen vor. Als geeignete Maßnahmen wurden nach der Beratung im Team der Zentralen Fachstelle am 20. September 2012 ein Integrationshelfer für den Fall einer Regelbeschulung und eine begleitende Autismustherapie erachtet. Mit Schreiben vom 1. Oktober 2012 hörte die Beklagte den Kläger daraufhin zu einer beabsichtigten Ablehnung der Übernahme der Kosten für die G. Q. O. an. Mit Schreiben vom 15. Oktober 2012 bat der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers um Akteneinsicht und übersandte am 6. November 2012 eine Vollmacht. Nach im November 2012 gewährter Akteneinsicht erinnerte die Beklagte unter dem 9. Januar 2012 an das Anhörungsschreiben vom 1. Oktober 2012 und setzte eine Frist zur Stellungnahme bis zum 30. Januar 2013. Am 5. Februar 2013 ging die Stellungnahme bei der Beklagten sein. Hierin wurde u.a. aufgeführt: Das sowohl von der F. -L1. -Schule als auch den S. L2. W. für den Kläger geforderte Lernumfeld finde sich in der G. Q. O. . Dort werde der Kläger aktuell in einer Klasse mit fünf weiteren Kindern unterrichtet. Die Schule habe betreut und betreue mehrere Kinder mit der Diagnose Asperger, so dass die Pädagogen dieser Schule mit den damit einhergehenden Anforderungen vertraut seien. Beigefügt war ein Abschlussbericht der S. L2. W. vom 27. August 2012, in dem die Aussagen zum Lernumfeld, die bereits im Kurzbericht vom 26. März 2012 enthalten waren, wiederholt wurden. 46Mit Bescheid vom 19. März 2013 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für die Freie Q. O. ab. Die Vermittlung einer Schulausbildung sei in erster Linie Aufgabe der staatlichen Schulverwaltung, die Gewährung von Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII sei demgegenüber nachrangig. Von der Eingliederungshilfe seien nur unterstützende Hilfsmaßnahmen zum Schulbesuch, nicht jedoch die Schulkosten selbst umfasst. Kinder mit Autismus seien nach der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vorrangig in die Regelschule zu integrieren. Es kämen verschiedene unterstützende Hilfsmaßnahmen in Betracht. Eine Prüfung hinsichtlich eines anderen Förderbedarfs als des Förderbedarfs Sprache sei nicht durchgeführt oder angestrebt worden. Bereits bei der Antragstellung am 10. April 2012 sei die Hospitation des Klägers auf der G. Q. O. ab dem 17. April 2012 vereinbart gewesen. Andere Fördermöglichkeiten innerhalb des staatlichen Schulsystems seien überhaupt nicht mehr in Erwägung gezogen worden und hätten nicht mehr hinreichend geklärt werden können. Die ärztliche Stellungnahme der S. L2. W. zur fehlenden Regelbeschulbarkeit des Klägers mache das vom Schulamt und Jugendamt durchzuführende Verfahren nicht obsolet; zudem sei nicht erkennbar, ob und in welchem Umfang die Ärzte über die Fördermöglichkeiten des staatlichen Schulsystems unterrichtet seien. Zudem solle durch die Leistungen der Jugendhilfe nur eine angemessene, nicht die bestmögliche Schulbildung ermöglicht werden. Die G. Q. O. entspreche in ihrem Profil eher einer Regelschule. Sie unterscheide sich von einer solchen im Wesentlichen nur durch die geringere Anzahl von Schülern und andere pädagogische Konzepte. Über speziell ausgebildetes Personal zur Betreuung und Förderung von Kindern mit Autismusstörung verfüge die Schule nicht. 47Der Kläger hat am 23. April 2013 Klage erhoben, zu deren Begründung er ausgeführt hat: Die Beklagte habe ihm, dem Kläger, eine konkrete, individuell bedarfsgerechte Fördermöglichkeit nicht benennen können. Sie lasse völlig unberücksichtigt, dass er in einem Regelschulsetting nicht adäquat beschulbar sei. Es habe nicht zu seinen Pflichten gehört, den Nachweis zu führen, dass eine Beschulung im öffentlichen Schulsystem nicht möglich sei. Vielmehr sei die Prüfung dieser Voraussetzungen Aufgabe der Beklagten, die dieser aber nicht nachgekommen sei. Der Nachweis einer Beschulungsmöglichkeit im öffentlichen Schulwesen sei damit nicht geführt, so dass § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII seinem Anspruch nicht entgegenstehe. 48An der F. -L1. -Schule sei er unterfordert gewesen, eine Hospitation an einer Gesamtschule habe aber wiederum bestätigt, dass er in großen Klassen nicht beschulbar sei. Die Beschulung auf der Q. sei ohne jede Einschränkung erfolgreich. Das Lehr- und Betreuungspersonal der G. Q. O. besuche regelmäßig Fortbildungen und habe reichhaltige Erfahrungen mit seelisch beeinträchtigten Kindern, insbesondere würden dort regelmäßig auch Kinder mit Asperger-Syndrom beschult. Zwar sei es richtig, dass der Antrag auf Leistungen nach § 35a SGB VIII seinerzeit kurzfristig gestellt worden sei. Allerdings seien er, der Kläger, sowie seine Problematik der Beklagten bekannt gewesen. Er habe unter seiner schulischen Situation und der Ausgrenzung gelitten, weshalb er zu Hause kaum noch zu führen gewesen sei. Eine Rückkehr in die schulische Situation, welche für seine psychische Dekompensation mitverantwortlich gewesen sei, sei ihm nach der Klinikentlassung nicht zumutbar gewesen. 49Seine Eltern hätten im Zeitraum von Mai 2012 bis Mai 2014 folgende Kosten aufgewandt: 50Aufnahmegebühr 1.250,00 € 51Schulgeld Mai 2012 bis Mai 2013 je 700 € 9.100,00 € 52Schulgeld Juni 2013 und Juli 2013 je 750 € 1.500,00 € 53Schulgeld August 2013 bis Mai 2014 je 825 € 8.250,00 € 54Schulbücher 483,90 € 55Deutsch-Lektüren 13,90 € 56Klassenausflüge/Klassenfahrten 635,00 € 57Schülerfahrtkosten (Differenz zu Schoko-Ticket) 305,85 € 58Gesamtaufwendungen = 21.538,65 € 59Zur Erstattung dieser Aufwendungen sei die Beklagte verpflichtet, weil er, der Kläger, sich diese Leistungen zulässigerweise selbst beschafft habe. Der Antrag auf Kostenübernahme sei bereits am 10. April 2012 gestellt worden. Überdies sei sein jugendhilferechtlicher Bedarf bereits seit dem nicht abgeschlossenen Verfahren auf Bewilligung eines Integrationshelfers, welches im Jahr 2010 beim Jugendamt anhängig gewesen sei, bekannt gewesen. Die Selbstbeschaffung habe auch keinen Aufschub geduldet, es habe eine dringliche Bedarfslage vorgelegen. 60Der Kläger hat beantragt, 61die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19. März 2013 zu verpflichten, dem Kläger Eingliederungshilfe durch Übernahme der Kosten der Beschulung in der G. Schule O. für die Zeit von Mai 2012 bis zum 31. Mai 2014 zu bewilligen. 62Die Beklagte hat beantragt, 63die Klage abzuweisen. 64Zur Begründung hat sie auf den Nachrang der Jugendhilfe verwiesen. Die Eltern des Klägers hätten sich lediglich bei drei Regelschulen um eine Aufnahme des Klägers bemüht; im Gebiet der Beklagten gebe es aber eine Vielzahl von Schulen, bei denen sich die Eltern des Klägers hätten erkundigen müssen. Die Eltern des Klägers hätten stattdessen im Wege der nicht akzeptablen Selbstbeschaffung für Tatsachen gesorgt, indem sie den Kläger bereits im April 2012 in der streitbefangenen Privatschule hätten hospitieren lassen, was in eine regel- und planmäßige Unterrichtsteilnahme übergegangen sei. 65Mit Urteil vom 27. Mai 2014 hat das Verwaltungsgericht der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger Eingliederungshilfe durch Übernahme der Kosten (Schulkosten und Fahrtkosten) der Beschulung in der G. Schule O. für die Zeit von August 2013 bis Mai 2014 zu bewilligen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. 66Zwar könnten Leistungen nach § 35a SGB VIII grundsätzlich nicht für alle Zukunft erstritten werden, sondern nur zeitabschnittsweise, hier grundsätzlich nur für ein Schuljahr. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 19. März 2013 enthalte daher auch keine über das Schuljahr 2012/2013 hinausgehende Regelung. Der Kläger habe nach seinem von der Beklagten nicht bestrittenen Vortrag aber für das Schuljahr 2013/2014 rechtzeitig einen neuen Antrag gestellt, so dass die Klage hinsichtlich dieses Schuljahres als Untätigkeitsklage zulässig sei. 67Die Klage sei allerdings nur teilweise begründet. Der Kläger habe für die Zeit von Mai 2012 bis Ende des Schuljahres 2012/2013 (Juli 2013), die in dem angegriffenen Bescheid geregelt sei, keinen Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII. Dem geltend gemachten Anspruch stehe insoweit bereits die Vorschrift des § 36a SGB VIII entgegen. Für die Zeit von Mai 2012 bis Juli 2013 sei der Kläger nicht zur Selbstbeschaffung berechtigt gewesen. Den Eltern des Klägers sei es zuzumuten gewesen, die Deckung des Bedarfs über den Zeitpunkt der Antragstellung - 10. April 2012 - hinaus bis zum Abschluss der notwendigen Ermittlungen hinauszuschieben. Die Eltern des Klägers hätten die Hospitation und Aufnahme ihres Kindes auf der G. Q. O. nach den Osterferien 2012 bereits selbst durchgeführt, ohne dass die Beklagte Gelegenheit gehabt habe, über den Antrag vom 10. April 2012 in angemessener Zeit, wofür in der Regel drei bis vier Monate zuzubilligen seien, zu entscheiden. Daraus lasse sich schließen, dass die Eltern von vornherein auf eine Beschulung auf der G. Q. O. festgelegt gewesen seien und damit keine Grundlage für das erforderliche kooperative Zusammenwirken mit der Beklagten geschaffen hätten. 68Für die Zeit von Mai 2012 bis Juli 2012 sei die Beklagte bereits rechtlich an der begehrten Entscheidung gehindert gewesen. Denn ihr sei die Aufhebung des sonderpädagogischen Förderbedarfs durch Bescheid des Schulamtes vom 19. Juni 2012 erst am 12. Juli 2012 mitgeteilt worden. Während des Bestehens des sonderpädagogischen Förderbedarfs habe der Kläger eine allgemeine Schule, zu der auch die Freie Q. O. als Ganztagsschule gehöre, schulrechtlich nicht besuchen dürfen. Nachdem die Eltern die Aufhebung des sonderpädagogischen Förderbedarfs erst im Juli 2012 mitgeteilt hätten, hätten sie nicht damit rechnen können, dass es schon kurze Zeit später vor Beginn des neuen Schuljahres zu einer Entscheidung der Beklagten kommen würde. Dies habe zur Folge, dass aufgrund der abschnittsweisen Bewilligung für den gesamten Zeitraum des Schuljahres 2012/2013 der geltend gemachte Anspruch entfalle, denn die Prüffrist habe erst mit dem Monat August 2012 begonnen. Zu jenem Zeitpunkt sei die Hilfe schon beschafft gewesen. Es liege auch keine Ausnahme im Sinne von § 36a Abs. 3 SGB VIII vor. Die Deckung des Bedarfs sei vorliegend auch nach Aufhebung des sonderpädagogischen Förderbedarfs nicht unaufschiebbar gewesen. Den vorliegenden Stellungnahmen sei nicht zu entnehmen gewesen, dass ein Eilfall vorgelegen habe und der Schulwechsel sofort oder binnen weniger Tage habe erfolgen müssen. 69Soweit die Klage auch die Erstattung der Schulkosten betreffend das weitere Schuljahr 2013/2014 betreffe, lägen dagegen die Voraussetzungen des § 36a Abs. 3 SGB VIII vor. Bezüglich dieses Schuljahres sei dem Kläger zuzubilligen, den Träger der öffentlichen Jugendhilfe über den Hilfebedarf rechtzeitig im Sinne von § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII in Kenntnis gesetzt zu haben. Auf eine unzulässige Selbstbeschaffung könne sich die Beklagte insoweit nicht mehr berufen. Trotz der aufgezeigten unzulässigen Selbstbeschaffung, die den geltend gemachten Anspruch für das Schuljahr 2012/2013 ausgeschlossen habe, komme ab dem sich anschließenden abtrennbaren Leistungsabschnitt, also mit Beginn des Schuljahres 2013/2014, eine Kostenübernahme in Betracht. In dem hier maßgeblichen Zeitraum hätten auch im Sinne des § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe nach § 35a SGB VIII vorgelegen. Die Kammer sehe es als gegeben an, dass der Kläger gegen die Beklagte gemäß § 35a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 SGB VIII i.V.m. §§ 53, 54 SGB XII, § 12 Nr. 2 EinglVO einen Anspruch im Schuljahr 2013/2014 auf Übernahme der Kosten für die Beschulung auf der G. Q. O. zur Erreichung einer angemessenen Bildung besessen habe. 70Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 35a SGB VIII sei zwischen den Beteiligten nicht streitig und im Übrigen auch gegeben. Bei dem Kläger liege seit mehr als sechs Monaten eine Beeinträchtigung seiner seelischen Gesundheit vor. Aus den ärztlichen Stellungnahmen der S. L. W. , in der der Kläger mehrere Monate stationär behandelt worden sei, vom 26. März 2012 und 27. August 2012 ergebe sich, dass der Kläger im Sommer 2012 an einem Asperger-Syndrom (ICD-10: F84.5), an einer hyperkinetischen Störung des Sozialverhaltens (ICD-10: F90.1), an einer nichtorganischen Enuresis (ICD-10: F98.0) und an Zwangsgedanken und gemischten Zwangshandlungen (ICD-10: F42.2) gelitten habe. Die ärztlichen Berichte seien auf der Grundlage der geforderten ICD-Klas-sifikation ergangen und von dem Chefarzt der Abt.1, Dr. T1. C. , der Ltd. Oberärztin der Abt. 1, S1. , sowie der fallführenden Therapeutin und Dipl.-Psychologin I. und der Stationsärztin X. erstellt worden. Aufgrund der eingehend beschriebenen, umfangreichen Diagnosen gehe die Kammer davon aus, dass auch im Schuljahr 2013/2014 eine seelische Störung im Sinne der ICD vorlag, die nach Auffassung der Gutachter auch durch die damalige schulische Unterforderung entstanden sei. Hierdurch sei die Teilnahme des Klägers am Leben in der Gesellschaft im maßgeblichen Zeitraum zumindest bedroht gewesen. Zu beurteilen sei in diesem Zusammenhang die selbstbestimmte und altersgemäße Ausübung sozialer Funktionen und Rollen in den zentralen Lebensbereichen Familie, Schule und sozialem Umfeld, wie etwa Freundeskreis und Sport. Die zuständige Fachkraft der Beklagten komme in der sozialpädagogischen Stellungnahme zur Teilhabebeeinträchtigung vom 20. September 2012 zu dem Ergebnis, dass die Teilhabe des Klägers am Leben in der Gemeinschaft in den Bereichen Familienbeziehungen, Umfeld, Bildung/Ausbildung, Selbstversorgung/häusliches Leben, Erholung und Freizeit beeinträchtigt sei oder eine Beeinträchtigung zu erwarten sei. Die Kammer habe keinen Anlass, an diesen Feststellungen zu zweifeln. Der Besuch der G. Q. O. stelle sich auch für das Schuljahr 2013/2014 als erforderliche und geeignete Maßnahme der Jugendhilfe dar. Inwieweit eine selbstbeschaffte Maßnahme nicht nur geeignet, sondern auch alternativlos sein müsse, könne dahinstehen, weil die Beklagte trotz ihrer prüfenden, beratenden und steuernden Aufgabe im Rahmen des kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses dem Kläger keine hinreichend konkrete und geeignete Alternative nachgewiesen habe. Namentlich auf das öffentliche Schulsystem müsse sich der Kläger in Anwendung des Nachranggrundsatzes aus § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nur dann verweisen lassen, wenn nach den konkreten Umstanden des Einzelfalles im öffentlichen Schulwesen eine bedarfsdeckende Hilfe in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht zur Verfügung stehe. Die Beklagte habe nicht konkret dargelegt, dass und an welchen öffentlichen Schulen die besonderen Unterrichtsbedingungen geboten würden, mit denen man der seelischen Erkrankung des Klägers hatte begegnen können. Sie habe nur allgemein auf das öffentliche Schulsystem und den möglichen Einsatz eines Integrationshelfers hingewiesen. Damit stelle sich die Fortsetzung der derzeitigen Beschulung als alternativlos dar, so dass die Beklagte sich auch nicht darauf berufen könne, dass der Besuch der G. Q. O. keine geeignete Maßnahme darstelle. 71Von den geltend gemachten Aufwendungen für die Zeit von August 2013 bis Mai 2014 seien allerdings nur die Schulkosten und Fahrtkosten zu übernehmen. Der Erstattungsanspruch nach § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII sei am Aufwendungsersatz im zivilrechtlichen Auftragsverhältnis bzw. bei der Geschäftsführung ohne Auftrag orientiert, namentlich an § 683 BGB. Lege man dies zugrunde, umfasse der Erstattungsanspruch die Aufwendungen, die die Eltern nach ihrem subjektiv vernünftigen Ermessen unter Berücksichtigung der Interessen des Jugendhilfeträgers für erforderlich hätten halten dürfen. Das treffe für die Aufwendungen für die Schulkosten und Fahrtkosten zu, nicht aber für die Aufwendungen für Schulbücher, die Klassenausflüge und Klassenfahrten, die zum maßgeblichen Zeitpunkt der Tätigung der Aufwendungen insbesondere im Hinblick auf die noch ungeklärte Kostenfrage und die grundsätzlich nachrangige Verpflichtung des Jugendhilfeträgers nicht übernommen werden brauchten, zumal die Kosten auch bei öffentlichen Schulen von den Eltern zu tragen seien. 72Mit Beschluss vom 30. Oktober 2014 hat der Senat auf den Zulassungsantrag des Klägers die Berufung insoweit zugelassen, als es um die Übernahme der Beschulungskosten vom 22. August 2012 bis Juli 2013 geht. Im Übrigen hat er den Zulassungsantrag abgelehnt. 73Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vor: Die Beklagte sei jedenfalls noch vor Schulbeginn im August 2012 in der Lage gewesen, sowohl die Anspruchsvoraussetzungen als auch die infrage kommenden Hilfemaßnahmen pflichtgemäß zu prüfen, weshalb er, der Kläger, ab Schuljahresbeginn zur Selbstbeschaffung berechtigt gewesen sei. Das Jugendamt habe schon seit vielen Jahren Kenntnis von seiner Bedarfslage besessen und noch im Jahr 2010 in einem Hilfeplanverfahren die Notwendigkeit einer Integrationshilfe anerkannt. Das Jugendamt habe auf reichhaltige Vorbefunde zurückgreifen können, so dass Anlass zu der Annahme bestehe, dass es für den streitgegenständlichen Antrag nicht unbedingt der Ausschöpfung eines Zeitraumes von drei Monaten bedurft habe, um eine Entscheidungsreife herzustellen. Seine Bedarfslage sei dadurch geprägt gewesen, dass er kurz vor der Hospitation an der G. Q. O. langfristig in der Kinder- und Jugendpsychiatrie der S. L2. W. untergebracht gewesen sei, die ausweislich der vorliegenden Berichte infolge seiner kognitiven Unterforderung dringend einen Schulwechsel in eine Schule mit möglichst kleinen Klassen nahegelegt habe, was im Übrigen auch durch den Schulbericht bestätigt werde. Zudem habe die Existenz einer schulrechtlichen Entscheidung über den sonderpädagogischen Förderbedarf nicht einer Entscheidung der Beklagten, sondern allenfalls einer Bewilligung entgegengestanden. Nichts habe das Jugendamt davon abgehalten, die übrigen Anspruchsvoraussetzungen nach Antragstellung soweit zu prüfen, dass im Fall der Aufhebung des sonderpädagogischen Förderbedarfs eine zeitnahe Entscheidung möglich gewesen wäre. Gerade aufgrund der bestehenden Vorkenntnisse der Beklagten habe erwartet werden können, dass diese bereits ab Antragstellung am 10. April 2012 Aktivitäten zur Herbeiführung der Entscheidungsreife des Antrags entfalten würde. Dies gelte umso mehr, als die Beklagte mit dem Schulbericht vom 10. Mai 2012 bereits darüber informiert worden sei, dass sonderpädagogische Maßnahmen nicht griffen, es also naheliegend gewesen sei, jugendhilfliche Lösungsansätze zu prüfen. Im Übrigen sei die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs Sprache nur pro forma erfolgt, weil man angenommen habe, dass die Förderschule für sprachliche Entwicklung, der man den Kläger dann zugewiesen habe, angesichts der dortigen Rahmenbedingungen - vergleichsweise kleine Klassen, Mitschüler mit uneingeschränkten kognitiven Fähigkeiten - auch zur Förderung des Klägers als Autisten geeignet gewesen seien. Dies erkläre auch die sofortige Aufhebung des sonderpädagogischen Förderbedarfs auf Antrag der Eltern des Klägers. 74Die Aufhebung des sonderpädagogischen Förderbedarfs im Juli 2012 könne nicht zur Folge haben, dass für den gesamten Zeitraum des Schuljahres 2012/2013 der geltend gemachte Anspruch entfalle. Die Frist für die Prüfung des Antrags habe nicht erst im August 2012 begonnen. Auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Eltern des Klägers hätten sich von vornherein auf eine Beschulung auf der G. Q. O. festgelegt und damit keine Grundlage für das erforderliche kooperative Zusammenwirken mit der Beklagten geschaffen, entbehre jeglicher Rechtfertigung. Dies zeige sich bereits darin, dass die Eltern des Klägers sogar mit Schreiben vom 1. Februar 2013 die ersatzweise durch die Beklagte angebotene Autismustherapie angenommen hätten. Nach den Erfahrungen im Jahr 2010 hätten die Eltern des Klägers zudem damit rechnen müssen, dass die Beklagte die Entscheidung zeitlich hinauszögern würde. Im Übrigen sei es ohne Belang, ob seine Eltern sich auf die Privatschule festgelegt hätten, denn jedenfalls habe das Jugendamt der beklagten keine Schule oder eine tragfähige Konzeption zur Deckung seiner, des Klägers, Bedarfslage vorgeschlagen. 75Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe ein Eilfall vorgelegen. In diesem Zusammenhang sei auf den Kurzbericht der S. L2. W. hinzuweisen, nach dem der Kläger zum damaligen Zeitpunkt nicht für regelschulfähig gehalten worden sei. Daher habe die dringende Notwendigkeit bestanden, eine Lösung außerhalb des Regelschulsystems zu suchen. Angesichts dessen habe die Beklagte nicht mehrere Monate Zeit gehabt, um ein Konzept zu entwickeln; auch wäre der Einsatz eines Integrationshelfers keine denkbare Alternative gewesen, da die festgestellte Regelschul-Unfähigkeit eine solche Maßnahme sinnlos erscheinen lasse. Aus den Verwaltungsakten ergebe sich zudem, dass für die Beklagte bereits im Oktober 2012 ein Bewilligungsbescheid nicht mehr denkbar gewesen sei. Auch lasse die Begründung des Ablehnungsbescheides, die ausschließlich auf den Vorrang von Leistungen des öffentlichen Schulsystems abstelle, erkennen, dass eine Kostenübernahme zu einem Privatschulbesuch nicht zum Instrumentarium möglicher Jugendhilfeleistungen der Beklagten gehöre; diese Feststellung hätte aber bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt getroffen werden können. 76Es sei hervorzuheben, dass seine Eltern unmittelbar vor seiner Aufnahme in die S. L2. W. unter einem erheblichen Belastungsdruck gestanden hätten, da er, der Kläger, aufgrund seiner permanenten schulischen Unterforderungssituation einerseits und wegen der behinderungsspezifisch eingeschränkten emotionalen Kontrolle ein massives Aggressionspotential habe erkennen lassen, welches ihn schließlich selbst veranlasst habe, um seine stationäre Aufnahme zu bitten. Von daher sei für seine Eltern vollkommen klar gewesen, dass sofort nach seiner Entlassung eine schulische Alternative mit dem Ziel einer stärkeren intellektuellen Herausforderung habe gefunden werden müssen. 77Die angefochtene Entscheidung sei auch insoweit zu ändern als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen den Umfang des geltend gemachten Anspruchs auf Schulgeld und Fahrtkosten reduziere und eine Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen für Schulbücher, Klassenausflüge und Klassenfahrten hingegen verneine. Bezüglich der Aufwendungen für Schulbücher sei die Annahme des Verwaltungsgerichts, diese Kosten müssten auch die Eltern von Kindern an staatlichen Schulen tragen, unzutreffend. Gemäß § 96 SchulG bestehe grundsätzlich Lernmittelfreiheit unter Anrechnung eines Eigenanteils. Klassenausflüge und Klassenfahrten seien an der G. Q. O. ein untrennbarer Bestandteil des pädagogischen Konzeptes. An der Schule befinde sich eine große Zahl von Schülerinnen und Schülern mit vergleichbaren Verhaltensstörungen und -auffälligkeiten. Die Schule habe eine erhebliche Integrationsaufgabe zu bewältigen, insbesondere wenn man berücksichtige, dass ein Schulwechsel an eine Privatschule häufig unterjährig erfolge. Angesichts dessen würden an der Privatschule die Klassenfahrten als wesentlicher Bestandteil der zu leistenden Integrationsaufgabe betrachtet und auch regelmäßig und häufiger durchgeführt als an öffentlichen Schulen. An einer Entscheidung hierüber sei der Senat nicht gehindert. 78Der Kläger beantragt, 79das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte auch zu verpflichten, die Kosten des Besuches der G. Q. O. - bestehend aus Schulgeld, Fahrtkosten, Aufwendungen für Lernmittel und Klassenausflüge und Klassenfahrten - im Schuljahr 2012/2013 zu übernehmen. 80Die Beklagte beantragt, 81die Berufung zurückzuweisen. 82Sie ist der Ansicht, dass die Berufung zu Unrecht zugelassen worden sei, weil das Zulassungsvorbringen unzureichend gewesen sei. Weiter trägt sie vor: Nachdem die Eltern des Klägers sich damit einverstanden erklärt hätten, dass die Beklagte die Unterlagen des AO-SF-Verfahrens direkt beim Schulamt anforderte, seien diese am 3. September 2012 bei der Beklagten eingegangen. Aus dem Kurzbericht der F. -L1. -Schule habe sich ergeben, dass der Kläger seit der Entlassung aus der Klinik in der G. Q. O. hospitierte. Es habe geheißen, dass er weiterhin eine kleine Lerngruppe und individuelle Förderung benötige. Ein Förderbedarf im Sinn des sonderpädagogischen Förderbedarfs „Sprache“ habe danach nicht mehr vorgelegen. Die Eltern des Klägers, so habe es geheißen, wünschten eine Aufhebung des Förderbedarfs, da sie einen Wechsel zur Privatschule beabsichtigten. Dies alles sei dem Jugendamt zuvor nicht bekannt gewesen. Aus den Unterlagen lasse sich schließen, dass die Eltern sich zugleich mit der Antragstellung auf die G. Q. O. unwiderruflich festgelegt hätten. Diesbezüglich hätten sie nicht mit offenen Karten gespielt. Entgegen der Auffassung des Senates sei es daher auf schulische Alternativvorschläge der Beklagten gar nicht angekommen. Im Übrigen habe der Kläger auf die Anhörung vom 1. Oktober 2012 erst mit anwaltlichem Schreiben vom 1. Februar 2013 reagiert. Eine Kostenübernahme für Schulbücher und Klassenfahrten komme nicht in Betracht. Dieses Begehren sei auch mit dem Zulassungsschriftsatz nicht geltend gemacht worden. Auch die Zulassung der Berufung verhalte sich hierzu nicht. 83Mit Bescheid vom 6. August 2014 hob die Beklagte den Ablehnungsbescheid vom 19. März 2013 auf. Zur Begründung wurde ausgeführt: Gemäß dem Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf sei die Beklagte verpflichtet, für den Kläger unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 19. März 2013 die Schul- und Fahrtkosten für die Beschulung an der G. Q. O. für den Zeitraum August 2013 bis Mai 2014 zu übernehmen. Nach Beratung in der Fachkonferenz vom 24. Juli 2014 würden die Schul- und Fahrtkosten bis zum 10. Juli 2016 übernommen. Die Kosten im Zeitraum August 2013 bis Juli 2014 würden erstattet. 84Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. 85Entscheidungsgründe: 86Die Berufung ist zulässig und begründet. Die Rüge der Beklagten, die Zulassung der Berufung sei zu Unrecht erfolgt, ist insoweit unerheblich, denn wegen der Bindung des Berufungsgerichts an die Berufungszulassung sind Zulässigkeit oder Begründetheit des Zulassungsantrags nicht Gegenstand der Prüfung im Berufungsverfahrens. 87Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Juli 1999 - 1 C 15.98 -, juris. 88Im hier nach dem Zulassungsbeschluss allein verfahrensgegenständlichen Zeitraum des Schuljahrs 2012/2013 - d.h. vom 22. August 2012 bis Juli 2013 - ist die Verpflichtungsklage des Klägers zulässig und begründet. 89Der Zulässigkeit der Klage steht dabei nicht entgegen, dass die Beklagte den ablehnenden Bescheid vom 19. März 2013 mit Bescheid vom 6. August 2014 aufgehoben hat. Das Klagebegehren hat sich damit nicht erledigt, da die Beklagte in dem Bescheid vom 6. August 2014 eine Kostenübernahme - in Reaktion auf das verwaltungsgerichtliche Urteil - erst für den hier nicht verfahrensgegenständlichen Zeitraum ab August 2013 erklärt hat. Der Zulässigkeit der Verpflichtungsklage steht auch nicht entgegen, dass nach der Aufhebung des Ablehnungsbescheides keine den Anspruch des Klägers für das Schuljahr 2012/2013 ablehnende Entscheidung der Beklagten vorliegt. Denn die Aufhebung des Ablehnungsbescheids ändert nichts am prozessualen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, der durch das Gericht zu prüfen ist. 90Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1985 91- 3 C 63.84 -, juris. 92Die Klage ist für den hier noch verfahrensgegenständlichen Zeitraum des Schul-jahres 2012/2013 auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Erstattung der vom 22. August 2012 bis Juli 2013 entstandenen Kosten seiner Beschulung auf der G. Q. O. aus §§ 35a, 36a Abs. 3 SGB VIII. 93Haben Leistungsberechtigte sich - wie hier - eine Leistung, die grundsätzlich im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe gewährt werden kann, ohne Mitwirkung und Zustimmung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe bereits von Dritten selbst beschafft, so führt eine solche Selbstbeschaffung schon nach der früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des erkennenden Senats nicht zum ersatzlosen Wegfall des Primäranspruchs auf Hilfe durch das Jugendamt. Vielmehr ist anerkannt, dass der Träger der Jugendhilfe (sekundär) zur Erstattung von Kosten bzw. Aufwendungen für bereits anderweitig durchgeführte Maßnahmen verpflichtet sein kann. 94Vgl. auch zu Folgendem: OVG O. , Urteile vom 25. April 2012 - 12 A 659/11 -, JAmt 2012, 548, juris, und vom 20. Juni 2008 - 12 A 739/06 -, jeweils m.w.N. 95Der (sekundäre) Anspruch auf Erstattung der Kosten bzw. Aufwendungen ist in derselben Weise vom Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des Hilfetatbestands abhängig wie die primäre Verpflichtung des Jugendhilfeträgers zur Hilfegewährung. 96Vgl. OVG O. , Urteil vom 14. März 2003 - 12 A 1193/01 -, FEVS 55, 86, juris, m.w.N. insbesondere zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, und Beschluss vom 18. August 2004 - 12 A 1174/01 -, juris; vgl. ferner BVerwG, Urteil vom 11. August 2005 97- 5 C 18.04 -, BVerwGE 124, 83, juris. 98Allerdings ist der Hilfesuchende nur dann zur Selbstbeschaffung einer Jugendhilfeleistung berechtigt, wenn er hierauf zur effektiven Durchsetzung eines bestehenden Jugendhilfeanspruchs angewiesen ist, weil der öffentliche Jugendhilfeträger sie nicht rechtzeitig erbracht oder zu Unrecht abgelehnt hat, das für die Leistungsgewährung vorgesehene System also versagt hat. Ein solches "Systemversagen" liegt vor, wenn die Leistung vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht erbracht wird, obwohl der Hilfesuchende die Leistungserbringung durch eine rechtzeitige Antragstellung und seine hinreichende Mitwirkung ermöglicht hat und auch die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen für die Leistungsgewährung vorliegen. In einer solchen Situation darf sich der Leistungsberechtigte die Leistung selbst beschaffen, wenn es ihm wegen der Dringlichkeit seines Bedarfs nicht zuzumuten ist, die Bedarfsdeckung aufzuschieben. 99Vgl. OVG O. , Beschluss vom 18. August 2004 100- 12 A 1174/01 – juris, m.w.N. 101Diese Grundsätze sind als § 36a Abs. 3 SGB VIII durch das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz - KICK - vom 8. September 2005 (BGBl. I S. 2729) zum 1. Oktober 2005 ausdrücklich normiert worden, 102so schon OVG O. , Urteil vom 4. Februar 2009 103- 12 A 255/08 -, m.w.N. 104Nach § 36a Abs. 3 SGB VIII ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen für Hilfen, die abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft wurden, nur verpflichtet, 1. wenn der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat (Nr. 1), 2. die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen (Nr. 2) und 3. die Deckung des Bedarfs bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat (Nr. 3). 105Diese Voraussetzungen liegen hier vor. 106Zum einen hat der Kläger die Beklagte auch im Hinblick auf das Schuljahr 2012/2013 rechtzeitig von seinem Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt, § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII. 107Das „Inkenntnissetzen" umfasst grundsätzlich auch eine Beantragung der begehrten Jugendhilfeleistungen, wobei für einen solchen Antrag keine besondere Form vorgeschrieben ist und er auch in der Form schlüssigen Verhaltens gestellt werden kann. 108Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Februar 2011 - 5 B 43.10 -, JAmt 2011, 274, juris, mit Hinweis auf Beschluss vom 22. Mai 2008 - 5 B 130.07 -, JAmt 2008, 600, juris. 109Der Antrag muss dabei so rechtzeitig gestellt werden, dass der Jugendhilfeträger zur pflichtgemäßen Prüfung sowohl der Anspruchsvoraussetzungen als auch möglicher Hilfemaßnahmen in der Lage ist. 110Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. August 2005 111- 5 C 18.04 -, BVerwGE 124, 83, juris. 112Das Jugendhilferecht ist nämlich kein Recht der reinen Kostenerstattung für selbst beschaffte Leistungen, sondern verpflichtet den Träger der Jugendhilfe zur partnerschaftlichen Hilfe. Nur so kann der Jugendhilfeträger seiner Gesamtverantwortung i.S.d. § 79 Abs. 1 SGB VIII und seiner Planungsverantwortung nach § 80 Abs. 1 Nr. 2, 3 SGB VIII gerecht werden. 113Vgl. OVG O. , Urteil vom 22. August 2014 114- 12 A 3019/11 -, juris. 115In diesem Sinne ist der am 11. April 2012 bei der Beklagten eingegangene Antrag, der ausdrücklich auf die Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII in Form der Kostenübernahme für den Besuch einer Privatschule gerichtet war, rechtzeitig angebracht worden. Der Antrag verhielt sich bereits zur Ungeeignetheit der Förderschule; ihm war mit dem „Kurzbericht“ der S. L2. W. vom 26. März 2012 ein fachärztlicher Bericht i.S.v. § 35a Abs. 1a SGB VIII beigefügt, der die seelische Erkrankung des Klägers i.S.v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII beschrieb sowie Hinweise auf die Teilhabebeeinträchtigung des Klägers und Empfehlungen für seine adäquate Beschulung enthielt. Der Beklagten verblieb damit ausreichend Zeit, bis zum Beginn des neuen Schuljahres, gut vier Monate nach Antragseingang, die notwendigen eigenen Feststellungen zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII zu treffen und dem Kläger auf der Grundlage des sich ergebenden Gesamtbildes eine seinem Förderungsbedarf entsprechende Schule vorzuschlagen. Zwar musste das Jugendamt der Beklagten im Hinblick auf eine alternative Schule frühestens ab dem 6. Juli 2012 in den Entscheidungsprozess eintreten, als ihm von den Eltern die Aufhebung des sonderpädagogischen Förderbedarfs telefonisch mitgeteilt wurde. Dennoch ist nicht erkennbar, dass erst nach Kenntnis von der Aufhebung des sonderpädagogischen Förderbedarfs Veranlassung zur Prüfung der Voraussetzungen des § 35 SGB VII und zur Erarbeitung eines Hilfekonzepts bestanden hätte. Dass die bisherige Beschulung des Klägers keine angemessene Schulbildung darstellte, war der Beklagten spätestens nach Vorlage des Schulberichts vom 10. Mai 2012 am 15. Mai 2012 bekannt; angesichts dessen hätte bereits ab diesem Zeitpunkt Veranlassung bestanden, den konkreten Hilfebedarf und die konkreten Hilfsmöglichkeiten - etwa auch durch Nachfragen beim Schulamt - zu ermitteln. Nachdem den Eltern des Klägers bereits am 15. Juni 2012 mitgeteilt worden war, die Unterlagen seien vollständig und nunmehr sei ein Hausbesuch durchzuführen, wäre wohl auch angesichts des Familienurlaubs von Mitte Juli bis Anfang August noch ausreichend Zeit für einen Hausbesuch und die Prüfung der Teilhabebeeinträchtigung des Klägers bis zu Beginn des neuen Schuljahres gewesen. Dass bei derart zeitnaher Klärung - zumal der Hilfefall der Beklagten bekannt und die Problematik weitgehend geklärt war - dann nach Vorlage des Bescheides über die Aufhebung des sonderpädagogischen Förderbedarfs bei der gebotenen straffen Verfahrensführung keine Entscheidung innerhalb der noch verbleibenden sechs Wochen bis zum Beginn des Schuljahres hätte erfolgen können, ist nicht ersichtlich. Die Notwendigkeit zu zügiger Entscheidung musste sich der Beklagten auch bereits deshalb aufdrängen, weil nach der Aufhebung des sonderpädagogischen Förderbedarfs die bisherige Beschulung des Klägers auf der F. -L1. -Schule nicht mehr in Betracht kam und der sowohl im Bericht der S. L2. W. vom 26. März 2012 als auch im Schulbericht vom 10. Mai 2012 aufgeführte Hilfebedarf des Klägers eine Beschulung im Regelschulsystem jedenfalls als äußerst problematisch erscheinen lassen musste. 116Soweit die Beklagte im Berufungsverfahren vorträgt, ihr Jugendamt habe erst mit dem Eingang der Unterlagen aus dem AO-SF-Verfahren am 3. September 2012 erfahren, dass der Kläger seit der Entlassung aus der Klinik in der G. Q. O. hospitierte, er weiterhin eine kleine Lerngruppe und individuelle Förderung benötige und ein sonderpädagogischer Förderbedarf „Sprache“ nicht mehr vorgelegen habe, ist dies – ungeachtet des Umstandes, dass die Unterlagen des Schulamtes am 29. August 2012 bei der Beklagten eingingen - angesichts der zuvor durch den Kläger überreichten Informationen - des Berichts der S. L2. W. , des Berichts der F. -L1. -Schule und des Bescheides über die Aufhebung des sonderpädagogischen Förderbedarfs - sowie der Mitteilung vom 30. April 2012 über die Hospitation des Klägers an der G. Q. O. nicht nachvollziehbar; sollte es aufgrund der Bearbeitung durch verschiedene Stellen innerhalb des Jugendamtes zu Informationsverlusten gekommen sein, wäre dies jedenfalls der Beklagten anzulasten. 117Dass der Kläger sich - wie von der Beklagten angeführt - bereits mit der Hospitation ab dem 17. April 2012 und dem ab Mai 2012 stattfindenden regulären Schulbesuch auf die G. Q. O. festgelegt habe, steht der Annahme einer rechtzeitigen Antragstellung im Hinblick auf das am 22. August 2012 beginnende Schuljahr 2012/2013 nicht entgegen, da bei Jugendhilfemaßnahmen, die - wie im vorliegenden Fall - in zeitliche Abschnitte unterteilt werden können, auch im Falle einer ursprünglich unzulässigen Selbstbeschaffung ein Anspruch für einen nachfolgenden Zeitabschnitt in Betracht kommt, wenn die Selbstbeschaffung nachträglich zulässig geworden ist. 118Vgl. OVG O. , Urteile vom 25. April 2012 119- 12 A 659/11 -, juris, und vom 22. März 2006 120- 12 A 806/03 -, juris, m.w.N.; Beschluss vom 18. Dezember 2013 - 12 B 1190/13 -, juris. 121Auf eine unzulässige Selbstbeschaffung kann sich das Jugendamt für derartige Zeiträume nicht mehr berufen, 122vgl. OVG O. , Beschluss vom 21. Juni 2012 123- 12 A 2229/11 -, juris, 124denn diese führt lediglich dazu, dass für den davon betroffenen Zeitraum keine Kostenerstattung in Betracht kommt; sie hat indes nicht zur Konsequenz, dass der Anspruch auch für zukünftige Zeitabschnitte ausgeschlossen ist. Insoweit enthob auch eine etwaige Festlegung des Klägers auf die G. Q. O. die Beklagte nicht von der ihr nach dem SGB VIII obliegenden Verpflichtung zur zeitgerechten Überprüfung des Anspruchs des Klägers. 125Auch die weiteren Voraussetzungen des § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII liegen vor. Zum einen ist die Anforderung des § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII erfüllt. Der Senat sieht es mit der im Nachhinein noch erreichbaren Sicherheit für das hier streitgegenständliche Schuljahr 2012/2013 als gegeben an, dass der Kläger gegen die Beklagte gemäß § 35a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 SGB VIII i.V.m. §§ 53, 54 SGB XII, § 12 Nr. 2 EinglVO einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Beschulung an der G. Q. O. zur Erreichung einer angemessenen Bildung besessen hat. 126Zunächst gehört auch die Übernahme der Kosten einer Privatbeschulung zu den grundsätzlich nach § 35a SGB VIII möglichen Hilfemaßnahmen. Die von der Beklagten im ablehnenden Bescheid vom 19. März 2013 vertretene Ansicht, dass die Übernahme von Schulgeld für eine private Ersatzschule als eine vom Kernbereich der pädagogischen Arbeit umfasste Leistung keine im Rahmen der Eingliederungshilfe vom Sozialhilfeträger zu erbringende Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII ist, 127so BSG, Urteil vom 15. November 2012 - B 8 SO 10/11 R -, BSGE 112, 196, juris, 128steht dem Kostenübernahmeanspruch des Klägers nicht entgegen, auch wenn § 35a Abs. 3 SGB VIII u.a. auf § 54 SGB XII verweist. Eine Übertragung dieser sozialgerichtlichen Rechtsprechung auf den Bereich der jugendhilferechtlichen Eingliederungshilfe, die zu dem - nach Auffassung des Senats unhaltbaren - Ergebnis führen würde, dass Privatschulkosten durch den Träger der Jugendhilfe in keinem Fall zu übernehmen sind, also auch dann nicht, wenn im Einzelfall davon auszugehen ist, dass eine bedarfsdeckende Hilfe im öffentlichen Schulwesen nicht zu erhalten ist, kommt aufgrund der folgenden Erwägungen nicht in Betracht: 129Zunächst ist aus dem Wortlaut von § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII, § 12 EinglVO nicht abzuleiten, dass „Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung“ nur die Schulbildung begleitende bzw. unterstützende Leistungen sind, wie vom Bundessozialgericht angenommen. 130Vgl. hierzu neben der vorstehend zitierten Entscheidung auch BSG, Urteil vom 22. März 2012 131- B 8 SO 30/10 R -, BSGE 110, 301, juris. 132Der Begriff der „Hilfen“ ist zielorientiert und daher umfassend zu verstehen. Er ist nicht auf Maßnahmen limitiert, die an eine anderweitig gewährleistete Schulbildung angelehnt sind. Dabei ergibt sich aus § 12 EinglVO nichts anderes. Dementsprechend hatte das Bundesverwaltungsgericht schon zum seinerzeit noch geltenden § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSHG festgestellt, dass die hiernach möglichen Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung „nicht auf solche untergeordneter oder flankierender Art beschränkt“ sind und auch solche Hilfen umfassen, die dem behinderten Menschen „Zugang zu einer angemessenen Schulbildung“ ermöglichen. 133Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2005 - 5 C 20.04 -, BVerwGE 123, 316, juris. 134Die auf der Annahme eines Verhältnisses der Spezialität beruhende Argumentation des Bundessozialgerichts lässt sich aber vor allem deshalb nicht fruchtbar machen, weil bei der hier in Rede stehenden jugendhilferechtlichen Fallgestaltung das Verständnis des § 10 Abs. 1 SGB VIII im Vordergrund steht, wonach die „Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, … durch dieses Buch nicht berührt“ werden. Diese Regelung beschreibt aber nach allgemeiner Auffassung ein Vorrang-Nachrang-Verhältnis. 135Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Mai 2010 - 5 C 7.09 -, BVerwGE 137, 85, juris; OVG O. , Beschluss vom 18. Oktober 2012 - 12 B 1018/12 -, juris; HessVGH, Urteil vom 20. August 2009 - 10 A 1874/08 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 23. April 2009 - 12 CE 09.686 -, juris; NdsOVG, Urteil vom 27. April 2005 - 4 LC 343/04 -, JAmt 2005, 360, juris; Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 10 Rn. 20 ff.; Schellhorn, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Auflage 2012, § 10 Rn. 6 ff., Meysen, in: Münder/Mey-sen/Trenczek, FK-SGB VIII, 7. Auflage 2013, § 10 Rn. 2 ff. 136Von diesem Verständnis geht auch die Begründung zum Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz vom 8. September 2005 (BGBl. I S. 2729) aus, mit dem die „Schulen“ erstmals ausdrückliche Erwähnung in § 10 Abs. 1 SGB VIII gefunden haben, indem sie darauf abstellt, dass die „Leistungen der Schulträger vorrangig gegenüber Leistungen der Sozialhilfe zu erbringen sind“. 137Vgl. BT-Drs. 15/5616, S. 25. 138Dass die Übernahme der Kosten für den Besuch einer Privatschule als Leistung der Eingliederungshilfe in der Form der Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung i.S.d. § 35a Abs. 3 des SGB VIII i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII in Betracht kommen kann, hat das Bundesverwaltungsgericht jüngst als grundsätzlich geklärt angesehen. Es hat dazu ausgeführt, dass die Bereitstellung der räumlichen, sächlichen, personellen und finanziellen Mittel für die Erlangung einer angemessenen, den Besuch weiterführender Schulen einschließenden Schulbildung auch solcher Kinder und Jugendlicher, deren seelische Behinderung festgestellt ist oder die von einer solchen bedroht sind, grundsätzlich nicht dem Träger der Kinder- und Jugendhilfe, sondern dem Träger der Schulverwaltung obliege. Da die Schulgeldfreiheit in Verbindung mit der Schulpflicht eine Leistung der staatlichen Daseinsvorsorge darstelle und aus übergreifenden bildungs- und sozialpolitischen Gründen eine eigenständige (landesrechtliche) Regelung außerhalb des Sozialgesetzbuches gefunden habe, sei grundsätzlich für einen gegen den Träger der Kinder- und Jugendhilfe gerichteten Rechtsanspruch auf Übernahme der für den Besuch einer Privatschule anfallenden Aufwendungen (Aufnahmebeitrag, Schulgeld etc.) kein Raum. Ausnahmen von diesem durch das Verhältnis der Spezialität geprägten Grundsatz seien nur für den Fall in Betracht zu nehmen, dass auch unter Einsatz unterstützender Maßnahmen keine Möglichkeit bestehe, den Hilfebedarf des jungen Menschen im Rahmen des öffentlichen Schulsystems zu decken, mithin diesem der Besuch einer öffentlichen Schule aus objektiven oder aus schwerwiegenden subjektiven (persönlichen) Gründen unmöglich bzw. unzumutbar sei. 139Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Februar 2015 140- 5 B 61.14 -, juris. 141Eine derartige Ausnahmekonstellation lag im Fall des Klägers im Schuljahr 2012/2013 vor. Dabei ist unstreitig, dass auch in diesem Zeitraum die Voraus-setzungen des § 35a SGB VIII vorlagen. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur seelischen Beeinträchtigung des Klägers und der hieraus resultierenden Teilhabebeeinträchtigung Bezug genommen werden; es erscheint ausgeschlossen, dass sich die Situation insoweit im Schuljar 2012/2013 wesentlich anders dargestellt hat als im Schuljahr 2013/2014, zu dem das Verwaltungsgericht seine Ausführungen gemacht hat. 142Der Besuch der G. Q. O. stellt sich im Schuljahr 2012/2013 auch als erforderliche und geeignete Maßnahme der Jugendhilfe dar. Dabei folgt aus den Grundsätzen zum Systemversagen, dass die Erforderlichkeit und Eignung der selbstbeschafften Maßnahme hier aus der damaligen Perspektive des leistungsberechtigten Klägers zu beurteilen ist. 143Denn auch bei der Selbstbeschaffung einer aus fachlichen Gründen abgelehnten bzw. vom Hilfeplan ausgeschlossenen Leistung ist im Hinblick auf § 36a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zunächst zu prüfen, ob der vom Jugendamt aufgestellte Hilfeplan (bzw. das Hilfekonzept) verfahrensfehlerfrei zustande gekommen, nicht von sachfremden Erwägungen beeinflusst und fachlich vertretbar ist. Diese Prüfung erstreckt sich dabei nicht auf eine reine Ergebniskontrolle, sondern erfasst auch die von der Behörde - maßgeblich ist die letzte Behördenentscheidung - gegebene Begründung. Denn diese muss für den Betroffenen nachvollziehbar sein, um ihn in die Lage zu versetzen, mittels einer Prognose selbst darüber zu entscheiden, ob eine Selbstbeschaffung (dennoch) gerechtfertigt ist. Hat das Jugendamt die begehrte Hilfe aus im vorgenannten Sinne vertretbaren Erwägungen abgelehnt, besteht weder ein Anspruch des Betroffenen auf die begehrte Eingliederungshilfeleistung noch auf den Ersatz von Aufwendungen für eine selbst beschaffte Hilfe. Der Regelung des § 36a Abs. 3 SGB VIII liegt in dem Sinne der Gedanke des Systemversagens zugrunde, dass die selbst beschaffte Leistung nicht rechtzeitig erbracht oder zu Unrecht abgelehnt worden sein muss. Hat demgegenüber das Jugendamt nicht rechtzeitig oder nicht in einer den vorgenannten Anforderungen entsprechenden Weise über die begehrte Hilfeleistung entschieden, können an dessen Stelle die Betroffenen den sonst der Behörde zustehenden nur begrenzt gerichtlich überprüfbaren Einschätzungsspielraum für sich beanspruchen. Denn in dieser Situation sind sie - obgleich ihnen der Sachverstand des Jugendamtes fehlt - dazu gezwungen, im Rahmen der Selbstbeschaffung des § 36a Abs. 3 SGB VIII eine eigene Entscheidung über die Geeignetheit und Erforderlichkeit einer Maßnahme zu treffen. Weil nun ihnen die Entscheidung aufgebürdet ist, eine angemessene Lösung für eine Belastungssituation zu treffen, hat dies zur Folge, dass die Verwaltungsgerichte nur das Vorhandensein des jugendhilferechtlichen Bedarfs uneingeschränkt zu prüfen, sich hinsichtlich der Geeignetheit und Erforderlichkeit der selbst beschafften Hilfe aber auf eine fachliche Vertretbarkeitskontrolle aus der ex-ante-Betrachtung der Leistungsberechtigten zu beschränken haben. Ist die Entscheidung der Berechtigten in diesem Sinne fachlich vertretbar, kann ihr etwa im Nachhinein nicht mit Erfolg entgegnet werden, das Jugendamt hätte eine andere Hilfe für geeignet gehalten. 144Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 2012 145- 5 C 21.11 -, BVerwGE 145, 1, juris; zum Systemversagen vgl. auch BVerwG, Urteil vom 12. September 2013 - 5 C 35.12 -, JAmt 2014, 41, juris. 146Ausgehend von diesen Maßstäben ist zunächst festzustellen, dass es bis zum Erlass des ablehnenden Bescheides der Beklagten vom 19. März 2013 schon deshalb den Eltern des Klägers oblag, über die Eignung und Erforderlichkeit der selbstbeschafften Hilfe zu befinden, weil es an einer auf ihre Vertretbarkeit hin zu prüfenden Entscheidung des Jugendamtes von vornherein fehlte. Durch den Erlass des Bescheides vom 19. März 2013 ist keine erhebliche Änderung der Sachlage eingetreten. Die der Antragsablehnung zugrundeliegenden Erwägungen offenbaren eine Überschreitung der Grenzen fachlicher Vertretbarkeit, die das Jugendamt bei seiner Entscheidungsfindung zu beachten gehabt hätte. 147Das Jugendamt der Beklagten hat im Bescheid vom 19. März 2013 darauf verwiesen, dass die Vermittlung einer Schulbildung in erster Linie Aufgabe der staatlichen Schulverwaltung sei. Nach der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen seien Kinder mit Autismus vorrangig in die Regelschule zu integrieren. Der Förderbedarf behinderter Kinder könne auch in integrativen Lerngruppen im Rahmen des gemeinsamen Unterrichts gedeckt werden. Es kämen verschiedene unterstützende Hilfemaßnahmen in Betracht, um einen durch die Behinderung bestehenden Nachteil auszugleichen. Durch ein AO-SF-Verfah-ren sei ein bestehender sonderpädagogischer Bedarf zu ermitteln und durch eine Schule mit geeignetem Förderschwerpunkt sei der bestehende Nachteil auszugleichen. 148Der damit erfolgte Verweis des Klägers auf das öffentliche Schulsystem war fachlich nicht vertretbar. Ein seelisch behindertes oder von einer solchen Behinderung bedrohtes Kind muss sich in Anwendung des Nachranggrundsatzes aus § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nur dann auf das öffentliche Schulsystem verweisen lassen, wenn nach den konkreten Umständen des Einzelfalles im öffentlichen Schulwesen eine bedarfsdeckende Hilfe in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht auch zur Verfügung steht, d. h. präsent ist, 149vgl. OVG O. , Urteil vom 25. April 2012 - 12 A 659/11 -, juris; Beschluss vom 19. September 2011 - 12 B 1040/11 -, juris; siehe auch HessVGH, Urteil vom 20. August 2009 - 10 A 1874/08 -, juris, 150beziehungsweise eine Verpflichtung des Schulsystems rechtzeitig realisierbar und nach den Umständen des Einzelfalles im öffentlichen Schulwesen eine bedarfsdeckende Hilfe zu erhalten ist. 151Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 2012 152- 5 C 21.11 -, juris. 153Der gegebenenfalls unter Beteiligung der Schulaufsichtsbehörden zu führende Nachweis einer solchen bedarfsdeckenden Hilfe im öffentlichen Schulsystem durch Aufzeigen einer konkreten Alternative zum Privatschulbesuch obliegt dem Jugendamt. 154Vgl. OVG O. , Beschluss vom 18. Dezember 2013 - 12 B 1190/13 -, juris; Urteil vom 25. April 2012 155- 12 A 659/11 -, juris. 156Ein Eingriff in die Rechte der Eltern des hilfebedürftigen Kindes ist im Nachweis einer Schule, durch deren Besuch der jeweilige Hilfebedarf gedeckt werden kann, keinesfalls zu sehen. 157Den Nachweis einer solchen konkreten Alternative zum Privatschulbesuch hat die Beklagte allein durch den bloßen Verweis darauf, es kämen „verschiedene unterstützende Hilfemaßnahmen“ in Betracht, indes nicht erbracht. Sie hat dem Kläger im gesamten Verfahren keine öffentliche Schule nachgewiesen, auf der sein sowohl im Kurzbericht der S. L2. W. vom 26. März 2012 als auch im Schulbericht vom 10. Mai 2012 beschriebener Bedarf an einem Unterricht in einer kleinen Klasse (5-6 Schüler) und hoher Betreuungsdichte hätte gedeckt werden können. Die Annahme, dieser Bedarf an einer Beschulung in einer kleinen Klasse könne bei Unterstützung durch einen Integrationshelfer auch durch den Besuch einer Regelschule mit normaler Klassenstärke gedeckt werden, ist angesichts des Fehlens jeden objektiven Anhaltspunktes für ihre Trag-fähigkeit fachlich nicht vertretbar. 158Auf den Besuch einer Förderschule konnte die Beklagte den Kläger bereits deshalb nicht verweisen, weil der Verweis auf eine Beschulung an einer öffentlichen Förderschule anstelle einer privaten Bildungseinrichtung nur in Betracht kommt, wenn eine diesbezügliche wirksame schulrechtliche Entscheidung über einen sonderpädagogischen Förderbedarf und den Förderort vorliegt, was hier nicht der Fall war. 159Vgl. OVG O. , Beschluss vom 18. Dezember 2013 - 12 B 1190/13 -, juris, m.w.N. 160Davon abgesehen hat die F. -L1. -Schule einen Wechsel des Förderschwerpunktes im Mai 2012 offenbar nicht für notwendig erachtet. Anderenfalls wäre die Schulaufsichtsbehörde darüber zu unterrichten gewesen (vgl. § 18 Abs. 3 AO-SF). 161Kommt es für die Frage der Geeignetheit und Erforderlichkeit der selbst beschafften Hilfe mithin auf die ex-ante-Betrachtung des leistungsberechtigten Klägers an, hier bezogen auf den Zeitpunkt vor Beginn des Schuljahres 2012/2013, erschien es aus dessen Perspektive - bzw. letztlich aus dem Blickwinkel der ihn gesetzlich vertretenden Eltern - ohne Weiteres fachlich vertretbar, sich für eine (weitere) Beschulung auf der G. Q. O. zu entscheiden. Dass diese Bildungseinrichtung geeignet ist, dem Kläger auch in Ansehung seines spezifischen Beeinträchtigungsprofils eine adäquate Schulbildung zu vermitteln, begegnet auch nicht deshalb Zweifeln, weil die G. Schule O. kein ausgewiesenes Konzept für die Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Erkrankungen aus dem Autismus-Spektrum besitzt, denn nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers haben die Lehrkräfte der Privatschule Erfahrungen mit Schülern mit Störungen aus dem Autismus-Spektrum und besuchen entsprechende Fortbildungen. Auch der Kurzbericht der S. L2. W. vom 26. März 2012 riet lediglich zur Betreuung durch ein gut geschultes, im Umgang mit stark auffälligen, sozialverhaltensgestörten und autistischen Kindern erfahrenes pädagogisches Team, ohne ein auf autistische Störungen spezialisiertes Konzept für angeraten zu halten. 162Die seinerzeit getroffene Entscheidung erwies sich auch nicht unter dem Erfor-derlichkeitsaspekt als unvertretbar. Nach den fachlichen Erkenntnissen und vorliegenden Erfahrungen - insbesondere mit Blick auf die Schulwechsel des Klägers in der Vergangenheit - mussten die Eltern mit der konkreten Gefahr rechnen, dass ihr Sohn auf einer staatlichen Schule nicht angemessen beschult werden könne und die ohnehin bestehende Teilhabebeeinträchtigung sich erheblich verschlimmern würde. In dieser Situation war ihnen nicht zuzumuten, den Kläger erneut auf einer Regelschule anzumelden, zumal es der Beklagten, wie dargelegt, im Verwaltungsverfahren nicht gelungen war, eine tragfähig begründete Entscheidung zu treffen, und sich überdies abzeichnete, dass der im Mai 2012 aufgenommene Besuch der Q. erfolgreich verlief. 163Auch die Bestimmungen des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BGBl. II 2008 S. 1420) stehen der Kostenübernahme der Privatschulkosten durch die Beklagte nicht entgegen. Gemäß Art. 24 Abs. 1 der Konvention erkennen die Vertragsstaaten das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung an. Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen. Dabei stellen die Vertragsstaaten nach Art. 24 Abs. 2 der Konvention sicher, dass Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden und dass Kinder mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden (a)), Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen haben (b)), angemessene Vorkehrungen für die Bedürfnisse des Einzelnen getroffen werden (c)), Menschen mit Behinderungen innerhalb des allgemeinen Bildungssystems die notwendige Unterstützung geleistet wird, um ihre erfolgreiche Bildung zu erleichtern (d)) und in Übereinstimmung mit dem Ziel der vollständigen Integration wirksame individuell angepasste Unterstützungsmaßnahmen in einem Umfeld, das die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung gestattet, angeboten werden (e)). 164Dieser Bestimmung lässt sich - unabhängig von der Frage ihrer unmittelbaren Anwendbarkeit - keinesfalls ein Verbot entnehmen, einen behinderten Schüler auf einer Privatschule, an der behinderte und nichtbehinderte Kinder und Jugendliche gemeinsam unterrichtet werden, zu fördern, wenn und soweit das staatliche Schulsystem (noch) keine adäquate Förderung zur Verfügung stellt. 165Vgl. hierzu auch DIJuF-Rechtsgutachten vom 18. März 2014 - J 1.460 Sch -, JAmt 2004, 253, wonach Art. 24 UN-Behindertenkonvention dazu führt, dass der Hilfebedürftige gegenüber dem Privatschulbesuch nicht auf den möglichen Besuch einer Förderschule verwiesen werden darf. 166Schließlich ist auch davon auszugehen, dass die Deckung des Bedarfs i.S.v. § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII keinen zeitlichen Aufschub mehr geduldet hat. Mit Blick darauf, dass der sonderpädagogische Förderbedarf aufgehoben war, eine Beschulung des Klägers auf einer Förderschule damit nicht in Betracht kam, und angesichts der sowohl im Schulbericht vom 10. Mai 2012 als auch im Bericht der S. L2. W. vom 26. März 2012 zum Ausdruck kommenden Bedarfslage des Klägers war es diesem nicht zuzumuten, sich zunächst auf eine weitere Beschulung an einer Regelschule einzulassen, nachdem die Beklagte im Rahmen ihrer Hilfeplanung nicht aufzuzeigen vermochte hatte, dass dieser Weg zu einer adäquaten Bedarfsdeckung führte. Von einem unaufschiebbaren Bedarf ist nämlich regelmäßig gerade auch dann auszugehen, wenn der bei Kindern und Jugendlichen dauerhaft bestehende Bedarf an adäquater Bildungsvermittlung wegen drohenden Verlustes an Zeit, die nicht nachgeholt, sondern nur angehängt werden kann, nicht mehr oder nicht ausreichend gedeckt werden kann. 167Vgl. bereits Zulassungsbeschluss des Senates vom 30. Oktober 2014 - 12 A 1639/14 -, juris. 168Als „erforderliche Aufwendungen", welche die Beklagte nach alldem gemäß § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII für die selbst beschaffte Hilfe im hier allein streitgegenständlichen Schuljahr 2012/2013 zu übernehmen verpflichtet ist, sind in Anwendung des Rechtsgedankens des § 683 Satz 1 i. V. m. § 670 BGB diejenigen Aufwendungen anzusehen, welche die Eltern des Klägers nach ihrem subjektiv vernünftigen Ermessen unter Berücksichtigung der Interessen des Jugendhilfeträgers für erforderlich halten durften. 169Vgl. OVG O. , Urteile vom 25. April 2012 - 12 A 659/11 -, JAmt 2012, 48, juris, und vom 22. August 2014 - 12 A 3019/11 -, juris, sowie Beschluss vom 28. Juni 2012 - 12 A 2374/11 -, juris. 170Darunter fallen zunächst das monatlich an die Privatschule zu zahlende Schulgeld sowie die Fahrtkosten. Zudem zählen hierzu auch die Kosten für Schulbücher und Klassenfahrten und -ausflüge. 171Der Senat ist nicht deshalb daran gehindert, über den Umfang der für das Schuljahr 2012/2013 zu erstattenden Kosten zu entscheiden, weil das Verwaltungsgericht für das Schuljahr 2013/2014, das auch in dieser Hinsicht nicht mehr streitgegenständlich ist, entschieden hat, dass die Kosten für Schulbücher, Klassenfahrten und -ausflüge nicht von der Beklagten zu erstatten sind. Weder aus dem Zulassungsbeschluss noch aus dem Berufungsantrag des Klägers ist eine derartige Beschränkung zu entnehmen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Kläger, soweit es den hier noch im Streit stehenden Zeitraum betrifft, am erstinstanzlich geltend gemachten Umfang des Kostenerstattungsanspruchs festhält, der sich nach der im Schriftsatz vom 20. Mai 2014 aufgeführten Kostenaufstellung ersichtlich auch auf die Aufwendungen für Lernmittel und Klassenfahrten und ‑ausflüge erstreckte. 172Die Kosten für Bücher und Klassenfahrten und -ausflüge sind auch von der Beklagten zu übernehmen. Es handelt sich insoweit um Aufwendungen die durch den Besuch einer bestimmten, aufgrund der Behinderung des Klägers für notwendig erachteten Einrichtung bedingt sind. 173Vgl. zu einer ähnlichen Konstellation auch BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1975 - V C 19.74 -, BVerwGE 48, 228, juris; VG München, Urteil vom 28. Januar 2004 - M 18 K 03.6555 -, juris. 174Diese Kosten entstehen nicht wie bei nichtbehinderten Schülern als notwendige Bedürfnisse des täglichen Lebens, sondern notwendigerweise durch die besonderen Verhältnisse der Behinderung. Dies gilt in besonderem Maße für die Kosten für Klassenfahrten und -ausflüge, die nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers wichtiger Bestandteil des pädagogischen Konzepts der Privatschule sind. Insoweit kommt es auf die hypothetische Kontrollüberlegung, ob derartige Kosten bei Besuch einer Regelschule ebenso entstehen würden, nicht an. 175Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1975 176- V C 19.74 -, BVerwGE 48, 228, juris. 177Der Kläger durfte diese Aufwendungen auch für erforderlich halten; es ist nicht ersichtlich, wie er eine angemessene Schulbildung an der Privatschule ohne Schulbücher und Deutschlektüren hätte erhalten sollen. Dasselbe gilt angesichts der Verankerung der Veranstaltungen im pädagogischen Konzept der G. Schule O. auch für die schulischen Veranstaltungen in Form von Klassenfahrten und -ausflügen. 178Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Kostenverteilung im zweitinstanzlichen Verfahren berücksichtigt dabei die unterschiedlichen Erfolgsquoten des Klägers im Berufungszulassungs- und Berufungsverfahren. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO. 179Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 180Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
das angefochtene urteil wird geändert. die beklagte wird über die bereits im angegriffenen urteil ausgesprochene verpflichtung hinaus verpflichtet, die kosten des privatschulbesuchs des klägers - bestehend aus schulgeld, fahrtkosten, aufwendungen für lernmittel sowie klassenfahrten und -ausflüge - im zeitraum vom 22. august 2012 bis zum juli 2013 zu übernehmen. die kosten des erstinstanzlichen verfahrens trägt der kläger zu 15 %, die beklagte zu 85 %, die kosten des berufungsverfahrens trägt der kläger zu 10 %, die beklagte zu 90 %. gerichtskosten werden nicht erhoben. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der jeweilige vollstreckungsschuldner darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des beizutreibenden betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger zuvor sicherheit in gleicher höhe leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die beteiligten streiten um die übernahme der kosten für die beschulung des klägers auf der g. q. o. . 3bei dem im februar 2000 geborenen kläger wurde im jahr 2004 die diagnose adhs gestellt. im jahr 2006 wurden u.a. ein aspergersyndrom (icd-10: f84.5) mit aufmerksamkeitsdefizit-hyperaktivitätsstörung sowie eine umschriebene motorische entwicklungsstörung (icd-10: f82) diagnostiziert. im jahr 2010 wurden zusätzlich zwangsgedanken und -handlungen (icd-10: f42.2) und eine chronische motorische oder vokale ticstörung (icd-10: f95.1) festgestellt. von 2007 bis 2009 wurde der kläger heilpädagogisch gefördert. aufgrund eines antrags nach § 35a sgb viii wurde in einem hilfeplan vom 4. november 2010 dem kläger, der zu diesem zeitpunkt im fünften schuljahr war und die l. -t. -schule (förderschule sprache) besuchte, ein integrationshelfer ab dem 25. oktober 2010 gewährt. diese hilfe wurde nach kurzer zeit - am 5. november 2010 - eingestellt, da an diesem tag ein wechsel in die 5. klasse der f. -l1. -schule, kompetenzzentrum für sonderpädagogische förderung mit den förderschwerpunkten sprache, lernen und emotionale und soziale entwicklung stattfand. 4vom 25. januar 2012 bis zum 29. märz 2012 wurde der kläger stationär in der abteilung für psychiatrie und psychotherapie des kindes- und jugendalters der s. l2. w. behandelt. 5mit schreiben vom 10. april 2012, bei der beklagten eingegangen am 11. april 2012, beantragte der kläger, vertreten durch seine eltern, die übernahme der kosten einer privatschule. beigefügt war ein entlassungsbericht des fachbereichs psychiatrie und psychotherapie des kindes- und jugendalters der s. l2. w. vom 26. märz 2012, in dem als diagnosen asperger-syndrom (icd-10: f84.5), hyperkinetische störung sozialverhalten (icd-10: f90.1), enuresis nichtorganisch (icd-10: f98.0) sowie zwangsgedanken und zwangshandlungen gemischt (icd-10: f42.2) genannt werden. weiter heißt es: 6„unseren informationen und unserem klinischen eindruck nach ist q2. in seiner aktuellen klasse kognitiv stark unterfordert. er zeigte in unserer klinikschule eine gute kognitive leistungsfähigkeit und einen, in anbetracht der restlichen problematik erstaunlichen, wissendurst und wunsch nach mehr anforderung. die kognitive unterforderung triggert q1. generellen drang andere kinder zu drangsalieren und abzuwerten, zudem führt die langeweile zu noch mehr störverhalten. wir empfehlen einen schulrahmen mit möglichst kleinen klassen, einer möglichst hohen betreuungsdichte, einem geringen stundenumfang, wenigen anderen auffälligen schülern und einer stabilen begleitung durch möglichst wenig lehrerwechsel. eine betreuung durch ein gut geschultes, im umgang mit stark auffälligen, sozialverhaltensgestörten und autistischen kindern erfahrenes pädagogisches team ist dringend anzuraten. aktuell halten wir q1. für nicht regelschulfähig.“ 7nach den osterferien, d.h. ab dem 17. april 2012, hospitierte der kläger in der 5. klasse der g. q. o. in l3. . zum mai 2012 erfolgte die anmeldung des klägers auf dieser schule. 8am 27. april 2012 überreichten die eltern des klägers persönlich eine aufstellung des schulgeldes der g. q. o. , in der ein klassenstufenabhängiges schulgeld von monatlich zwischen 700 und 875 € sowie eine einmalige aufnahmegebühr in höhe von 1.250 € aufgeführt waren. 9mit schreiben vom 30. april 2012 erinnerten die eltern des klägers an ihren antrag vom 10. april 2012 und teilten - offenbar in reaktion auf eine mündliche anfrage während der übergabe der kostenaufstellung am 27. april 2012 - mit, dass sie sich nicht im besitz der unterlagen des ao-sf-verfahrens befänden. mit schreiben vom 2. mai 2012 wurden den eltern des klägers auszufüllende formulare und fragebögen übersandt. ein ausgefüllter formularantrag auf leistungen nach § 35a sgb viii ging am 9. mai 2012 bei der beklagten ein. der schulbericht der f. -l1. -schule vom 10. mai 2012 ging am 15. mai 2012 bei der beklagten ein. hierin heißt es u.a.: 10„q2. zeigt eine extrem hohe ablenkbarkeit, q1. ist in einer lerngruppe von 11 schülern, die sich aus es und le schülern zusammensetzt, nur schwer zu fördern. 11(…) 12q2. ist ein einzelgänger, seine kontaktaufnahme zu mitschülern kommt selten an. meist ist diese unangemessen, unangepasst. sozialkontakte sind aufgrund q2. störung kaum möglich. es entstehen regelmäßig konflikte mit mitschülern. 13(…) 14q2. benötigt eine wirklich kleine lerngruppe (4-5 schüler) durchschnittlich intelligenter schüler, um seiner leistungsfähigkeit entsprechend gefördert zu werden. größere lerngruppen führen bei q2. zu einer hohen konflikt-problematik, die der entwicklung seiner schulischen leistungen, aufgrund seines speziellen störungsbildes, entgegen stehen. sonderpädagogische maßnahmen bei einem autistischen störungsbild wie asperger greifen am kompetenzzentrum aufgrund der gruppengröße und der zusammensetzung der lerngruppen nicht.“ 15unter dem 18. mai 2012 bat die sachbearbeiterin der zentralen koordinierungsstelle § 35a sgb viii (51/32) den zuständigen sachbearbeiter im bereich 51/30 16- hilfen für junge menschen und ihre familien und bezirkssozialarbeit - um abgabe einer sozialpädagogischen stellungnahme. wohl kurz danach ging eine „stellungnahme zur einteilung nach dem multiaxialen klassifikationsschema nach icd“ der s. l2. w. , fachbereich psychiatrie und psychotherapie des kindes- und jugendalters vom 15. mai 2012 bei der beklagten ein. sie führte auf: 17„achse i: klinisch psychiatrisches syndrom 18hyperkinetische störung sozialverhalten (icd10: f90.1) 19zwangsgedanken und zwangshandlungen gemischt (icd10: f42.2) 20enuresis nichtorganisch (icd10: f98.0) 21achse ii: umschriebene entwicklungsstörungen 22asperger-syndrom (icd10: f84.5) 23achse iii: intelligenzniveau 24eine testung mittels eines hawik ergab einen durchschnittlichen iq von 102 iq-punkten. die einzelnen untertests ergaben 25- sprachverständnis 107 26- wahrnehmungsgebundenes logisches denken 94 27- verarbeitungsgeschwindigkeit 109 28- arbeitsgedächtnis 99 29achse iv: körperliche symptomatik 30diverse allergien (frühblüher, katzen, hunde) und asthma. 31achse v: assoziierte aktuelle abnorme psychosoziale umstände 32- 6.3 ereignisse, die zur herabsetzung der selbstachtung führen 33- 8. chronische zwischenmenschliche belastung im zusammenhang mit schule oder arbeit 34358.0 streitbeziehungen mit schülern/mitarbeitern 368.1 sündenbockzuweisung durch lehrer/ausbilder 378.2 allgemeine unruhe in der schule bzw. arbeitssituation 38achse vi: globalbeurteilung des psychosozialen funktionsniveaus 39tiefgreifende und schwerwiegende soziale beeinträchtigung“ 40anlässlich eines telefongesprächs am 15. juni 2012 teilte der zuständige sachbearbeiter der mutter des klägers mit, dass alle antragsunterlagen vorlägen und nunmehr ein hausbesuch zur prüfung der teilhabebeeinträchtigung stattfinden müsse, dessen termin noch mitgeteilt werde. aufgrund des hohen arbeitsanfalls sei mit einer längeren bearbeitungsdauer zu rechnen. 41bei einem weiteren telefongespräch am 6. juli 2012 teilte die mutter des klägers telefonisch mit, dass der sonderpädagogische förderbedarf für den kläger aufgehoben worden sei und sie den bescheid übermitteln werde. 42mit schreiben vom 12. juli 2012, eingang am selben tag, überreichten die eltern des klägers den bescheid vom 19. juni 2012 über die aufhebung des förderbedarfs für den kläger sowie drei absagen von zwei realschulen und einer gesamtschule. 43unter dem 16. juli 2012 wandte sich die beklagte an die eltern des klägers und forderte sie auf, sich mit den absagen der schulen an das schulamt der stadt l3. zu wenden und angesichts des nachrangs der jugendhilfe die suche nach einer entsprechenden schule fortzuführen. unabhängig davon werde das prüfungsverfahren, ob beim kläger eine teilhabebeeinträchtigung vorliege, weiter betrieben. es werde um vorlage einer kopie des antrags auf beendigung der sonderpädagogischen förderung gebeten. die eltern des klägers teilten telefonisch am 2. august 2012 mit, dass sie keine kopie dieses antrags besäßen. auf ein weiteres schreiben vom 15. august 2012, dass der antrag auf beendigung der sonderpädagogischen förderung benötigt werde, baten die eltern des klägers die beklagte mit schreiben vom 23. august 2012, sich selbst an das schulamt zu wenden, und übersandten dem schulamt eine einverständniserklärung vom 26. august 2012. mit schreiben vom 27. august 2012 forderte das jugendamt die antragsunterlagen beim schulamt an. sie gingen am 29. august 2012 dort ein. das jugendamt wandte sich daraufhin mit schreiben vom 10. september 2012 an das schulamt und bat, die vorrangigen leistungen der schule zu realisieren. die eltern des klägers wurden mit schreiben vom selben tag aufgefordert, die suche nach einer schule für den kläger fortzusetzen. 44mitte juli bis anfang august 2012 befand sich der kläger mit seiner familie im urlaub. am 13. august 2012 wurde ein hausbesuch für den 23. august 2012 vereinbart. 45unter dem 20. september 2012 erstellte der zuständige sozialpädagoge eine sozialpädagogische stellungnahme, in der er eine teilhabebeeinträchtigung des klägers in den bereichen familienbeziehungen, umfeld/soziale kontakte, schule, alltagsbewältigung/selbstversorgung und erholung und freizeit feststellte. die voraussetzungen für eine hilfegewährung nach § 35a sgb viii lägen vor. als geeignete maßnahmen wurden nach der beratung im team der zentralen fachstelle am 20. september 2012 ein integrationshelfer für den fall einer regelbeschulung und eine begleitende autismustherapie erachtet. mit schreiben vom 1. oktober 2012 hörte die beklagte den kläger daraufhin zu einer beabsichtigten ablehnung der übernahme der kosten für die g. q. o. an. mit schreiben vom 15. oktober 2012 bat der damalige prozessbevollmächtigte des klägers um akteneinsicht und übersandte am 6. november 2012 eine vollmacht. nach im november 2012 gewährter akteneinsicht erinnerte die beklagte unter dem 9. januar 2012 an das anhörungsschreiben vom 1. oktober 2012 und setzte eine frist zur stellungnahme bis zum 30. januar 2013. am 5. februar 2013 ging die stellungnahme bei der beklagten sein. hierin wurde u.a. aufgeführt: das sowohl von der f. -l1. -schule als auch den s. l2. w. für den kläger geforderte lernumfeld finde sich in der g. q. o. . dort werde der kläger aktuell in einer klasse mit fünf weiteren kindern unterrichtet. die schule habe betreut und betreue mehrere kinder mit der diagnose asperger, so dass die pädagogen dieser schule mit den damit einhergehenden anforderungen vertraut seien. beigefügt war ein abschlussbericht der s. l2. w. vom 27. august 2012, in dem die aussagen zum lernumfeld, die bereits im kurzbericht vom 26. märz 2012 enthalten waren, wiederholt wurden. 46mit bescheid vom 19. märz 2013 lehnte die beklagte die übernahme der kosten für die freie q. o. ab. die vermittlung einer schulausbildung sei in erster linie aufgabe der staatlichen schulverwaltung, die gewährung von leistungen der eingliederungshilfe nach § 35a sgb viii sei demgegenüber nachrangig. von der eingliederungshilfe seien nur unterstützende hilfsmaßnahmen zum schulbesuch, nicht jedoch die schulkosten selbst umfasst. kinder mit autismus seien nach der un-konvention über die rechte von menschen mit behinderungen vorrangig in die regelschule zu integrieren. es kämen verschiedene unterstützende hilfsmaßnahmen in betracht. eine prüfung hinsichtlich eines anderen förderbedarfs als des förderbedarfs sprache sei nicht durchgeführt oder angestrebt worden. bereits bei der antragstellung am 10. april 2012 sei die hospitation des klägers auf der g. q. o. ab dem 17. april 2012 vereinbart gewesen. andere fördermöglichkeiten innerhalb des staatlichen schulsystems seien überhaupt nicht mehr in erwägung gezogen worden und hätten nicht mehr hinreichend geklärt werden können. die ärztliche stellungnahme der s. l2. w. zur fehlenden regelbeschulbarkeit des klägers mache das vom schulamt und jugendamt durchzuführende verfahren nicht obsolet; zudem sei nicht erkennbar, ob und in welchem umfang die ärzte über die fördermöglichkeiten des staatlichen schulsystems unterrichtet seien. zudem solle durch die leistungen der jugendhilfe nur eine angemessene, nicht die bestmögliche schulbildung ermöglicht werden. die g. q. o. entspreche in ihrem profil eher einer regelschule. sie unterscheide sich von einer solchen im wesentlichen nur durch die geringere anzahl von schülern und andere pädagogische konzepte. über speziell ausgebildetes personal zur betreuung und förderung von kindern mit autismusstörung verfüge die schule nicht. 47der kläger hat am 23. april 2013 klage erhoben, zu deren begründung er ausgeführt hat: die beklagte habe ihm, dem kläger, eine konkrete, individuell bedarfsgerechte fördermöglichkeit nicht benennen können. sie lasse völlig unberücksichtigt, dass er in einem regelschulsetting nicht adäquat beschulbar sei. es habe nicht zu seinen pflichten gehört, den nachweis zu führen, dass eine beschulung im öffentlichen schulsystem nicht möglich sei. vielmehr sei die prüfung dieser voraussetzungen aufgabe der beklagten, die dieser aber nicht nachgekommen sei. der nachweis einer beschulungsmöglichkeit im öffentlichen schulwesen sei damit nicht geführt, so dass § 10 abs. 1 satz 1 sgb viii seinem anspruch nicht entgegenstehe. 48an der f. -l1. -schule sei er unterfordert gewesen, eine hospitation an einer gesamtschule habe aber wiederum bestätigt, dass er in großen klassen nicht beschulbar sei. die beschulung auf der q. sei ohne jede einschränkung erfolgreich. das lehr- und betreuungspersonal der g. q. o. besuche regelmäßig fortbildungen und habe reichhaltige erfahrungen mit seelisch beeinträchtigten kindern, insbesondere würden dort regelmäßig auch kinder mit asperger-syndrom beschult. zwar sei es richtig, dass der antrag auf leistungen nach § 35a sgb viii seinerzeit kurzfristig gestellt worden sei. allerdings seien er, der kläger, sowie seine problematik der beklagten bekannt gewesen. er habe unter seiner schulischen situation und der ausgrenzung gelitten, weshalb er zu hause kaum noch zu führen gewesen sei. eine rückkehr in die schulische situation, welche für seine psychische dekompensation mitverantwortlich gewesen sei, sei ihm nach der klinikentlassung nicht zumutbar gewesen. 49seine eltern hätten im zeitraum von mai 2012 bis mai 2014 folgende kosten aufgewandt: 50aufnahmegebühr 1.250,00 € 51schulgeld mai 2012 bis mai 2013 je 700 € 9.100,00 € 52schulgeld juni 2013 und juli 2013 je 750 € 1.500,00 € 53schulgeld august 2013 bis mai 2014 je 825 € 8.250,00 € 54schulbücher 483,90 € 55deutsch-lektüren 13,90 € 56klassenausflüge/klassenfahrten 635,00 € 57schülerfahrtkosten (differenz zu schoko-ticket) 305,85 € 58gesamtaufwendungen = 21.538,65 € 59zur erstattung dieser aufwendungen sei die beklagte verpflichtet, weil er, der kläger, sich diese leistungen zulässigerweise selbst beschafft habe. der antrag auf kostenübernahme sei bereits am 10. april 2012 gestellt worden. überdies sei sein jugendhilferechtlicher bedarf bereits seit dem nicht abgeschlossenen verfahren auf bewilligung eines integrationshelfers, welches im jahr 2010 beim jugendamt anhängig gewesen sei, bekannt gewesen. die selbstbeschaffung habe auch keinen aufschub geduldet, es habe eine dringliche bedarfslage vorgelegen. 60der kläger hat beantragt, 61die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 19. märz 2013 zu verpflichten, dem kläger eingliederungshilfe durch übernahme der kosten der beschulung in der g. schule o. für die zeit von mai 2012 bis zum 31. mai 2014 zu bewilligen. 62die beklagte hat beantragt, 63die klage abzuweisen. 64zur begründung hat sie auf den nachrang der jugendhilfe verwiesen. die eltern des klägers hätten sich lediglich bei drei regelschulen um eine aufnahme des klägers bemüht; im gebiet der beklagten gebe es aber eine vielzahl von schulen, bei denen sich die eltern des klägers hätten erkundigen müssen. die eltern des klägers hätten stattdessen im wege der nicht akzeptablen selbstbeschaffung für tatsachen gesorgt, indem sie den kläger bereits im april 2012 in der streitbefangenen privatschule hätten hospitieren lassen, was in eine regel- und planmäßige unterrichtsteilnahme übergegangen sei. 65mit urteil vom 27. mai 2014 hat das verwaltungsgericht der klage teilweise stattgegeben und die beklagte verpflichtet, dem kläger eingliederungshilfe durch übernahme der kosten (schulkosten und fahrtkosten) der beschulung in der g. schule o. für die zeit von august 2013 bis mai 2014 zu bewilligen. im übrigen hat es die klage abgewiesen. 66zwar könnten leistungen nach § 35a sgb viii grundsätzlich nicht für alle zukunft erstritten werden, sondern nur zeitabschnittsweise, hier grundsätzlich nur für ein schuljahr. der ablehnende bescheid der beklagten vom 19. märz 2013 enthalte daher auch keine über das schuljahr 2012/2013 hinausgehende regelung. der kläger habe nach seinem von der beklagten nicht bestrittenen vortrag aber für das schuljahr 2013/2014 rechtzeitig einen neuen antrag gestellt, so dass die klage hinsichtlich dieses schuljahres als untätigkeitsklage zulässig sei. 67die klage sei allerdings nur teilweise begründet. der kläger habe für die zeit von mai 2012 bis ende des schuljahres 2012/2013 (juli 2013), die in dem angegriffenen bescheid geregelt sei, keinen anspruch auf eingliederungshilfe nach § 35a sgb viii. dem geltend gemachten anspruch stehe insoweit bereits die vorschrift des § 36a sgb viii entgegen. für die zeit von mai 2012 bis juli 2013 sei der kläger nicht zur selbstbeschaffung berechtigt gewesen. den eltern des klägers sei es zuzumuten gewesen, die deckung des bedarfs über den zeitpunkt der antragstellung - 10. april 2012 - hinaus bis zum abschluss der notwendigen ermittlungen hinauszuschieben. die eltern des klägers hätten die hospitation und aufnahme ihres kindes auf der g. q. o. nach den osterferien 2012 bereits selbst durchgeführt, ohne dass die beklagte gelegenheit gehabt habe, über den antrag vom 10. april 2012 in angemessener zeit, wofür in der regel drei bis vier monate zuzubilligen seien, zu entscheiden. daraus lasse sich schließen, dass die eltern von vornherein auf eine beschulung auf der g. q. o. festgelegt gewesen seien und damit keine grundlage für das erforderliche kooperative zusammenwirken mit der beklagten geschaffen hätten. 68für die zeit von mai 2012 bis juli 2012 sei die beklagte bereits rechtlich an der begehrten entscheidung gehindert gewesen. denn ihr sei die aufhebung des sonderpädagogischen förderbedarfs durch bescheid des schulamtes vom 19. juni 2012 erst am 12. juli 2012 mitgeteilt worden. während des bestehens des sonderpädagogischen förderbedarfs habe der kläger eine allgemeine schule, zu der auch die freie q. o. als ganztagsschule gehöre, schulrechtlich nicht besuchen dürfen. nachdem die eltern die aufhebung des sonderpädagogischen förderbedarfs erst im juli 2012 mitgeteilt hätten, hätten sie nicht damit rechnen können, dass es schon kurze zeit später vor beginn des neuen schuljahres zu einer entscheidung der beklagten kommen würde. dies habe zur folge, dass aufgrund der abschnittsweisen bewilligung für den gesamten zeitraum des schuljahres 2012/2013 der geltend gemachte anspruch entfalle, denn die prüffrist habe erst mit dem monat august 2012 begonnen. zu jenem zeitpunkt sei die hilfe schon beschafft gewesen. es liege auch keine ausnahme im sinne von § 36a abs. 3 sgb viii vor. die deckung des bedarfs sei vorliegend auch nach aufhebung des sonderpädagogischen förderbedarfs nicht unaufschiebbar gewesen. den vorliegenden stellungnahmen sei nicht zu entnehmen gewesen, dass ein eilfall vorgelegen habe und der schulwechsel sofort oder binnen weniger tage habe erfolgen müssen. 69soweit die klage auch die erstattung der schulkosten betreffend das weitere schuljahr 2013/2014 betreffe, lägen dagegen die voraussetzungen des § 36a abs. 3 sgb viii vor. bezüglich dieses schuljahres sei dem kläger zuzubilligen, den träger der öffentlichen jugendhilfe über den hilfebedarf rechtzeitig im sinne von § 36a abs. 3 satz 1 sgb viii in kenntnis gesetzt zu haben. auf eine unzulässige selbstbeschaffung könne sich die beklagte insoweit nicht mehr berufen. trotz der aufgezeigten unzulässigen selbstbeschaffung, die den geltend gemachten anspruch für das schuljahr 2012/2013 ausgeschlossen habe, komme ab dem sich anschließenden abtrennbaren leistungsabschnitt, also mit beginn des schuljahres 2013/2014, eine kostenübernahme in betracht. in dem hier maßgeblichen zeitraum hätten auch im sinne des § 36a abs. 3 satz 1 nr. 2 sgb viii die voraussetzungen für die gewährung der hilfe nach § 35a sgb viii vorgelegen. die kammer sehe es als gegeben an, dass der kläger gegen die beklagte gemäß § 35a abs. 1, abs. 2 nr. 1 und abs. 3 sgb viii i.v.m. §§ 53, 54 sgb xii, § 12 nr. 2 einglvo einen anspruch im schuljahr 2013/2014 auf übernahme der kosten für die beschulung auf der g. q. o. zur erreichung einer angemessenen bildung besessen habe. 70das vorliegen der voraussetzungen des § 35a sgb viii sei zwischen den beteiligten nicht streitig und im übrigen auch gegeben. bei dem kläger liege seit mehr als sechs monaten eine beeinträchtigung seiner seelischen gesundheit vor. aus den ärztlichen stellungnahmen der s. l. w. , in der der kläger mehrere monate stationär behandelt worden sei, vom 26. märz 2012 und 27. august 2012 ergebe sich, dass der kläger im sommer 2012 an einem asperger-syndrom (icd-10: f84.5), an einer hyperkinetischen störung des sozialverhaltens (icd-10: f90.1), an einer nichtorganischen enuresis (icd-10: f98.0) und an zwangsgedanken und gemischten zwangshandlungen (icd-10: f42.2) gelitten habe. die ärztlichen berichte seien auf der grundlage der geforderten icd-klas-sifikation ergangen und von dem chefarzt der abt.1, dr. t1. c. , der ltd. oberärztin der abt. 1, s1. , sowie der fallführenden therapeutin und dipl.-psychologin i. und der stationsärztin x. erstellt worden. aufgrund der eingehend beschriebenen, umfangreichen diagnosen gehe die kammer davon aus, dass auch im schuljahr 2013/2014 eine seelische störung im sinne der icd vorlag, die nach auffassung der gutachter auch durch die damalige schulische unterforderung entstanden sei. hierdurch sei die teilnahme des klägers am leben in der gesellschaft im maßgeblichen zeitraum zumindest bedroht gewesen. zu beurteilen sei in diesem zusammenhang die selbstbestimmte und altersgemäße ausübung sozialer funktionen und rollen in den zentralen lebensbereichen familie, schule und sozialem umfeld, wie etwa freundeskreis und sport. die zuständige fachkraft der beklagten komme in der sozialpädagogischen stellungnahme zur teilhabebeeinträchtigung vom 20. september 2012 zu dem ergebnis, dass die teilhabe des klägers am leben in der gemeinschaft in den bereichen familienbeziehungen, umfeld, bildung/ausbildung, selbstversorgung/häusliches leben, erholung und freizeit beeinträchtigt sei oder eine beeinträchtigung zu erwarten sei. die kammer habe keinen anlass, an diesen feststellungen zu zweifeln. der besuch der g. q. o. stelle sich auch für das schuljahr 2013/2014 als erforderliche und geeignete maßnahme der jugendhilfe dar. inwieweit eine selbstbeschaffte maßnahme nicht nur geeignet, sondern auch alternativlos sein müsse, könne dahinstehen, weil die beklagte trotz ihrer prüfenden, beratenden und steuernden aufgabe im rahmen des kooperativen pädagogischen entscheidungsprozesses dem kläger keine hinreichend konkrete und geeignete alternative nachgewiesen habe. namentlich auf das öffentliche schulsystem müsse sich der kläger in anwendung des nachranggrundsatzes aus § 10 abs. 1 satz 1 sgb viii nur dann verweisen lassen, wenn nach den konkreten umstanden des einzelfalles im öffentlichen schulwesen eine bedarfsdeckende hilfe in rechtlicher und tatsächlicher hinsicht zur verfügung stehe. die beklagte habe nicht konkret dargelegt, dass und an welchen öffentlichen schulen die besonderen unterrichtsbedingungen geboten würden, mit denen man der seelischen erkrankung des klägers hatte begegnen können. sie habe nur allgemein auf das öffentliche schulsystem und den möglichen einsatz eines integrationshelfers hingewiesen. damit stelle sich die fortsetzung der derzeitigen beschulung als alternativlos dar, so dass die beklagte sich auch nicht darauf berufen könne, dass der besuch der g. q. o. keine geeignete maßnahme darstelle. 71von den geltend gemachten aufwendungen für die zeit von august 2013 bis mai 2014 seien allerdings nur die schulkosten und fahrtkosten zu übernehmen. der erstattungsanspruch nach § 36a abs. 3 satz 1 sgb viii sei am aufwendungsersatz im zivilrechtlichen auftragsverhältnis bzw. bei der geschäftsführung ohne auftrag orientiert, namentlich an § 683 bgb. lege man dies zugrunde, umfasse der erstattungsanspruch die aufwendungen, die die eltern nach ihrem subjektiv vernünftigen ermessen unter berücksichtigung der interessen des jugendhilfeträgers für erforderlich hätten halten dürfen. das treffe für die aufwendungen für die schulkosten und fahrtkosten zu, nicht aber für die aufwendungen für schulbücher, die klassenausflüge und klassenfahrten, die zum maßgeblichen zeitpunkt der tätigung der aufwendungen insbesondere im hinblick auf die noch ungeklärte kostenfrage und die grundsätzlich nachrangige verpflichtung des jugendhilfeträgers nicht übernommen werden brauchten, zumal die kosten auch bei öffentlichen schulen von den eltern zu tragen seien. 72mit beschluss vom 30. oktober 2014 hat der senat auf den zulassungsantrag des klägers die berufung insoweit zugelassen, als es um die übernahme der beschulungskosten vom 22. august 2012 bis juli 2013 geht. im übrigen hat er den zulassungsantrag abgelehnt. 73zur begründung seiner berufung trägt der kläger vor: die beklagte sei jedenfalls noch vor schulbeginn im august 2012 in der lage gewesen, sowohl die anspruchsvoraussetzungen als auch die infrage kommenden hilfemaßnahmen pflichtgemäß zu prüfen, weshalb er, der kläger, ab schuljahresbeginn zur selbstbeschaffung berechtigt gewesen sei. das jugendamt habe schon seit vielen jahren kenntnis von seiner bedarfslage besessen und noch im jahr 2010 in einem hilfeplanverfahren die notwendigkeit einer integrationshilfe anerkannt. das jugendamt habe auf reichhaltige vorbefunde zurückgreifen können, so dass anlass zu der annahme bestehe, dass es für den streitgegenständlichen antrag nicht unbedingt der ausschöpfung eines zeitraumes von drei monaten bedurft habe, um eine entscheidungsreife herzustellen. seine bedarfslage sei dadurch geprägt gewesen, dass er kurz vor der hospitation an der g. q. o. langfristig in der kinder- und jugendpsychiatrie der s. l2. w. untergebracht gewesen sei, die ausweislich der vorliegenden berichte infolge seiner kognitiven unterforderung dringend einen schulwechsel in eine schule mit möglichst kleinen klassen nahegelegt habe, was im übrigen auch durch den schulbericht bestätigt werde. zudem habe die existenz einer schulrechtlichen entscheidung über den sonderpädagogischen förderbedarf nicht einer entscheidung der beklagten, sondern allenfalls einer bewilligung entgegengestanden. nichts habe das jugendamt davon abgehalten, die übrigen anspruchsvoraussetzungen nach antragstellung soweit zu prüfen, dass im fall der aufhebung des sonderpädagogischen förderbedarfs eine zeitnahe entscheidung möglich gewesen wäre. gerade aufgrund der bestehenden vorkenntnisse der beklagten habe erwartet werden können, dass diese bereits ab antragstellung am 10. april 2012 aktivitäten zur herbeiführung der entscheidungsreife des antrags entfalten würde. dies gelte umso mehr, als die beklagte mit dem schulbericht vom 10. mai 2012 bereits darüber informiert worden sei, dass sonderpädagogische maßnahmen nicht griffen, es also naheliegend gewesen sei, jugendhilfliche lösungsansätze zu prüfen. im übrigen sei die feststellung des sonderpädagogischen förderbedarfs sprache nur pro forma erfolgt, weil man angenommen habe, dass die förderschule für sprachliche entwicklung, der man den kläger dann zugewiesen habe, angesichts der dortigen rahmenbedingungen - vergleichsweise kleine klassen, mitschüler mit uneingeschränkten kognitiven fähigkeiten - auch zur förderung des klägers als autisten geeignet gewesen seien. dies erkläre auch die sofortige aufhebung des sonderpädagogischen förderbedarfs auf antrag der eltern des klägers. 74die aufhebung des sonderpädagogischen förderbedarfs im juli 2012 könne nicht zur folge haben, dass für den gesamten zeitraum des schuljahres 2012/2013 der geltend gemachte anspruch entfalle. die frist für die prüfung des antrags habe nicht erst im august 2012 begonnen. auch die annahme des verwaltungsgerichts, die eltern des klägers hätten sich von vornherein auf eine beschulung auf der g. q. o. festgelegt und damit keine grundlage für das erforderliche kooperative zusammenwirken mit der beklagten geschaffen, entbehre jeglicher rechtfertigung. dies zeige sich bereits darin, dass die eltern des klägers sogar mit schreiben vom 1. februar 2013 die ersatzweise durch die beklagte angebotene autismustherapie angenommen hätten. nach den erfahrungen im jahr 2010 hätten die eltern des klägers zudem damit rechnen müssen, dass die beklagte die entscheidung zeitlich hinauszögern würde. im übrigen sei es ohne belang, ob seine eltern sich auf die privatschule festgelegt hätten, denn jedenfalls habe das jugendamt der beklagten keine schule oder eine tragfähige konzeption zur deckung seiner, des klägers, bedarfslage vorgeschlagen. 75entgegen der auffassung des verwaltungsgerichts habe ein eilfall vorgelegen. in diesem zusammenhang sei auf den kurzbericht der s. l2. w. hinzuweisen, nach dem der kläger zum damaligen zeitpunkt nicht für regelschulfähig gehalten worden sei. daher habe die dringende notwendigkeit bestanden, eine lösung außerhalb des regelschulsystems zu suchen. angesichts dessen habe die beklagte nicht mehrere monate zeit gehabt, um ein konzept zu entwickeln; auch wäre der einsatz eines integrationshelfers keine denkbare alternative gewesen, da die festgestellte regelschul-unfähigkeit eine solche maßnahme sinnlos erscheinen lasse. aus den verwaltungsakten ergebe sich zudem, dass für die beklagte bereits im oktober 2012 ein bewilligungsbescheid nicht mehr denkbar gewesen sei. auch lasse die begründung des ablehnungsbescheides, die ausschließlich auf den vorrang von leistungen des öffentlichen schulsystems abstelle, erkennen, dass eine kostenübernahme zu einem privatschulbesuch nicht zum instrumentarium möglicher jugendhilfeleistungen der beklagten gehöre; diese feststellung hätte aber bereits zu einem deutlich früheren zeitpunkt getroffen werden können. 76es sei hervorzuheben, dass seine eltern unmittelbar vor seiner aufnahme in die s. l2. w. unter einem erheblichen belastungsdruck gestanden hätten, da er, der kläger, aufgrund seiner permanenten schulischen unterforderungssituation einerseits und wegen der behinderungsspezifisch eingeschränkten emotionalen kontrolle ein massives aggressionspotential habe erkennen lassen, welches ihn schließlich selbst veranlasst habe, um seine stationäre aufnahme zu bitten. von daher sei für seine eltern vollkommen klar gewesen, dass sofort nach seiner entlassung eine schulische alternative mit dem ziel einer stärkeren intellektuellen herausforderung habe gefunden werden müssen. 77die angefochtene entscheidung sei auch insoweit zu ändern als das verwaltungsgericht in den entscheidungsgründen den umfang des geltend gemachten anspruchs auf schulgeld und fahrtkosten reduziere und eine erstattungsfähigkeit der aufwendungen für schulbücher, klassenausflüge und klassenfahrten hingegen verneine. bezüglich der aufwendungen für schulbücher sei die annahme des verwaltungsgerichts, diese kosten müssten auch die eltern von kindern an staatlichen schulen tragen, unzutreffend. gemäß § 96 schulg bestehe grundsätzlich lernmittelfreiheit unter anrechnung eines eigenanteils. klassenausflüge und klassenfahrten seien an der g. q. o. ein untrennbarer bestandteil des pädagogischen konzeptes. an der schule befinde sich eine große zahl von schülerinnen und schülern mit vergleichbaren verhaltensstörungen und -auffälligkeiten. die schule habe eine erhebliche integrationsaufgabe zu bewältigen, insbesondere wenn man berücksichtige, dass ein schulwechsel an eine privatschule häufig unterjährig erfolge. angesichts dessen würden an der privatschule die klassenfahrten als wesentlicher bestandteil der zu leistenden integrationsaufgabe betrachtet und auch regelmäßig und häufiger durchgeführt als an öffentlichen schulen. an einer entscheidung hierüber sei der senat nicht gehindert. 78der kläger beantragt, 79das angefochtene urteil zu ändern und die beklagte auch zu verpflichten, die kosten des besuches der g. q. o. - bestehend aus schulgeld, fahrtkosten, aufwendungen für lernmittel und klassenausflüge und klassenfahrten - im schuljahr 2012/2013 zu übernehmen. 80die beklagte beantragt, 81die berufung zurückzuweisen. 82sie ist der ansicht, dass die berufung zu unrecht zugelassen worden sei, weil das zulassungsvorbringen unzureichend gewesen sei. weiter trägt sie vor: nachdem die eltern des klägers sich damit einverstanden erklärt hätten, dass die beklagte die unterlagen des ao-sf-verfahrens direkt beim schulamt anforderte, seien diese am 3. september 2012 bei der beklagten eingegangen. aus dem kurzbericht der f. -l1. -schule habe sich ergeben, dass der kläger seit der entlassung aus der klinik in der g. q. o. hospitierte. es habe geheißen, dass er weiterhin eine kleine lerngruppe und individuelle förderung benötige. ein förderbedarf im sinn des sonderpädagogischen förderbedarfs „sprache“ habe danach nicht mehr vorgelegen. die eltern des klägers, so habe es geheißen, wünschten eine aufhebung des förderbedarfs, da sie einen wechsel zur privatschule beabsichtigten. dies alles sei dem jugendamt zuvor nicht bekannt gewesen. aus den unterlagen lasse sich schließen, dass die eltern sich zugleich mit der antragstellung auf die g. q. o. unwiderruflich festgelegt hätten. diesbezüglich hätten sie nicht mit offenen karten gespielt. entgegen der auffassung des senates sei es daher auf schulische alternativvorschläge der beklagten gar nicht angekommen. im übrigen habe der kläger auf die anhörung vom 1. oktober 2012 erst mit anwaltlichem schreiben vom 1. februar 2013 reagiert. eine kostenübernahme für schulbücher und klassenfahrten komme nicht in betracht. dieses begehren sei auch mit dem zulassungsschriftsatz nicht geltend gemacht worden. auch die zulassung der berufung verhalte sich hierzu nicht. 83mit bescheid vom 6. august 2014 hob die beklagte den ablehnungsbescheid vom 19. märz 2013 auf. zur begründung wurde ausgeführt: gemäß dem urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf sei die beklagte verpflichtet, für den kläger unter aufhebung des ablehnungsbescheides vom 19. märz 2013 die schul- und fahrtkosten für die beschulung an der g. q. o. für den zeitraum august 2013 bis mai 2014 zu übernehmen. nach beratung in der fachkonferenz vom 24. juli 2014 würden die schul- und fahrtkosten bis zum 10. juli 2016 übernommen. die kosten im zeitraum august 2013 bis juli 2014 würden erstattet. 84wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts und des vorbringens der beteiligten im übrigen wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. 85
86die berufung ist zulässig und begründet. die rüge der beklagten, die zulassung der berufung sei zu unrecht erfolgt, ist insoweit unerheblich, denn wegen der bindung des berufungsgerichts an die berufungszulassung sind zulässigkeit oder begründetheit des zulassungsantrags nicht gegenstand der prüfung im berufungsverfahrens. 87vgl. bverwg, urteil vom 13. juli 1999 - 1 c 15.98 -, juris. 88im hier nach dem zulassungsbeschluss allein verfahrensgegenständlichen zeitraum des schuljahrs 2012/2013 - d.h. vom 22. august 2012 bis juli 2013 - ist die verpflichtungsklage des klägers zulässig und begründet. 89der zulässigkeit der klage steht dabei nicht entgegen, dass die beklagte den ablehnenden bescheid vom 19. märz 2013 mit bescheid vom 6. august 2014 aufgehoben hat. das klagebegehren hat sich damit nicht erledigt, da die beklagte in dem bescheid vom 6. august 2014 eine kostenübernahme - in reaktion auf das verwaltungsgerichtliche urteil - erst für den hier nicht verfahrensgegenständlichen zeitraum ab august 2013 erklärt hat. der zulässigkeit der verpflichtungsklage steht auch nicht entgegen, dass nach der aufhebung des ablehnungsbescheides keine den anspruch des klägers für das schuljahr 2012/2013 ablehnende entscheidung der beklagten vorliegt. denn die aufhebung des ablehnungsbescheids ändert nichts am prozessualen anspruch auf verpflichtung der beklagten, der durch das gericht zu prüfen ist. 90vgl. bverwg, urteil vom 24. september 1985 91- 3 c 63.84 -, juris. 92die klage ist für den hier noch verfahrensgegenständlichen zeitraum des schul-jahres 2012/2013 auch begründet. der kläger hat einen anspruch auf erstattung der vom 22. august 2012 bis juli 2013 entstandenen kosten seiner beschulung auf der g. q. o. aus §§ 35a, 36a abs. 3 sgb viii. 93haben leistungsberechtigte sich - wie hier - eine leistung, die grundsätzlich im rahmen der kinder- und jugendhilfe gewährt werden kann, ohne mitwirkung und zustimmung des trägers der öffentlichen jugendhilfe bereits von dritten selbst beschafft, so führt eine solche selbstbeschaffung schon nach der früheren rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts und des erkennenden senats nicht zum ersatzlosen wegfall des primäranspruchs auf hilfe durch das jugendamt. vielmehr ist anerkannt, dass der träger der jugendhilfe (sekundär) zur erstattung von kosten bzw. aufwendungen für bereits anderweitig durchgeführte maßnahmen verpflichtet sein kann. 94vgl. auch zu folgendem: ovg o. , urteile vom 25. april 2012 - 12 a 659/11 -, jamt 2012, 548, juris, und vom 20. juni 2008 - 12 a 739/06 -, jeweils m.w.n. 95der (sekundäre) anspruch auf erstattung der kosten bzw. aufwendungen ist in derselben weise vom vorliegen der gesetzlichen voraussetzungen des hilfetatbestands abhängig wie die primäre verpflichtung des jugendhilfeträgers zur hilfegewährung. 96vgl. ovg o. , urteil vom 14. märz 2003 - 12 a 1193/01 -, fevs 55, 86, juris, m.w.n. insbesondere zur rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, und beschluss vom 18. august 2004 - 12 a 1174/01 -, juris; vgl. ferner bverwg, urteil vom 11. august 2005 97- 5 c 18.04 -, bverwge 124, 83, juris. 98allerdings ist der hilfesuchende nur dann zur selbstbeschaffung einer jugendhilfeleistung berechtigt, wenn er hierauf zur effektiven durchsetzung eines bestehenden jugendhilfeanspruchs angewiesen ist, weil der öffentliche jugendhilfeträger sie nicht rechtzeitig erbracht oder zu unrecht abgelehnt hat, das für die leistungsgewährung vorgesehene system also versagt hat. ein solches "systemversagen" liegt vor, wenn die leistung vom träger der öffentlichen jugendhilfe nicht erbracht wird, obwohl der hilfesuchende die leistungserbringung durch eine rechtzeitige antragstellung und seine hinreichende mitwirkung ermöglicht hat und auch die übrigen gesetzlichen voraussetzungen für die leistungsgewährung vorliegen. in einer solchen situation darf sich der leistungsberechtigte die leistung selbst beschaffen, wenn es ihm wegen der dringlichkeit seines bedarfs nicht zuzumuten ist, die bedarfsdeckung aufzuschieben. 99vgl. ovg o. , beschluss vom 18. august 2004 100- 12 a 1174/01 – juris, m.w.n. 101diese grundsätze sind als § 36a abs. 3 sgb viii durch das kinder- und jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz - kick - vom 8. september 2005 (bgbl. i s. 2729) zum 1. oktober 2005 ausdrücklich normiert worden, 102so schon ovg o. , urteil vom 4. februar 2009 103- 12 a 255/08 -, m.w.n. 104nach § 36a abs. 3 sgb viii ist der träger der öffentlichen jugendhilfe zur übernahme der erforderlichen aufwendungen für hilfen, die abweichend von den absätzen 1 und 2 vom leistungsberechtigten selbst beschafft wurden, nur verpflichtet, 1. wenn der leistungsberechtigte den träger der öffentlichen jugendhilfe vor der selbstbeschaffung über den hilfebedarf in kenntnis gesetzt hat (nr. 1), 2. die voraussetzungen für die gewährung der hilfe vorlagen (nr. 2) und 3. die deckung des bedarfs bis zu einer entscheidung des trägers der öffentlichen jugendhilfe über die gewährung der leistung oder bis zu einer entscheidung über ein rechtsmittel nach einer zu unrecht abgelehnten leistung keinen zeitlichen aufschub geduldet hat (nr. 3). 105diese voraussetzungen liegen hier vor. 106zum einen hat der kläger die beklagte auch im hinblick auf das schuljahr 2012/2013 rechtzeitig von seinem hilfebedarf in kenntnis gesetzt, § 36a abs. 3 satz 1 nr. 1 sgb viii. 107das „inkenntnissetzen" umfasst grundsätzlich auch eine beantragung der begehrten jugendhilfeleistungen, wobei für einen solchen antrag keine besondere form vorgeschrieben ist und er auch in der form schlüssigen verhaltens gestellt werden kann. 108vgl. bverwg, beschluss vom 17. februar 2011 - 5 b 43.10 -, jamt 2011, 274, juris, mit hinweis auf beschluss vom 22. mai 2008 - 5 b 130.07 -, jamt 2008, 600, juris. 109der antrag muss dabei so rechtzeitig gestellt werden, dass der jugendhilfeträger zur pflichtgemäßen prüfung sowohl der anspruchsvoraussetzungen als auch möglicher hilfemaßnahmen in der lage ist. 110vgl. bverwg, urteil vom 11. august 2005 111- 5 c 18.04 -, bverwge 124, 83, juris. 112das jugendhilferecht ist nämlich kein recht der reinen kostenerstattung für selbst beschaffte leistungen, sondern verpflichtet den träger der jugendhilfe zur partnerschaftlichen hilfe. nur so kann der jugendhilfeträger seiner gesamtverantwortung i.s.d. § 79 abs. 1 sgb viii und seiner planungsverantwortung nach § 80 abs. 1 nr. 2, 3 sgb viii gerecht werden. 113vgl. ovg o. , urteil vom 22. august 2014 114- 12 a 3019/11 -, juris. 115in diesem sinne ist der am 11. april 2012 bei der beklagten eingegangene antrag, der ausdrücklich auf die gewährung von eingliederungshilfe nach § 35a sgb viii in form der kostenübernahme für den besuch einer privatschule gerichtet war, rechtzeitig angebracht worden. der antrag verhielt sich bereits zur ungeeignetheit der förderschule; ihm war mit dem „kurzbericht“ der s. l2. w. vom 26. märz 2012 ein fachärztlicher bericht i.s.v. § 35a abs. 1a sgb viii beigefügt, der die seelische erkrankung des klägers i.s.v. § 35a abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb viii beschrieb sowie hinweise auf die teilhabebeeinträchtigung des klägers und empfehlungen für seine adäquate beschulung enthielt. der beklagten verblieb damit ausreichend zeit, bis zum beginn des neuen schuljahres, gut vier monate nach antragseingang, die notwendigen eigenen feststellungen zum vorliegen der voraussetzungen des § 35a abs. 1 satz 1 nr. 2 sgb viii zu treffen und dem kläger auf der grundlage des sich ergebenden gesamtbildes eine seinem förderungsbedarf entsprechende schule vorzuschlagen. zwar musste das jugendamt der beklagten im hinblick auf eine alternative schule frühestens ab dem 6. juli 2012 in den entscheidungsprozess eintreten, als ihm von den eltern die aufhebung des sonderpädagogischen förderbedarfs telefonisch mitgeteilt wurde. dennoch ist nicht erkennbar, dass erst nach kenntnis von der aufhebung des sonderpädagogischen förderbedarfs veranlassung zur prüfung der voraussetzungen des § 35 sgb vii und zur erarbeitung eines hilfekonzepts bestanden hätte. dass die bisherige beschulung des klägers keine angemessene schulbildung darstellte, war der beklagten spätestens nach vorlage des schulberichts vom 10. mai 2012 am 15. mai 2012 bekannt; angesichts dessen hätte bereits ab diesem zeitpunkt veranlassung bestanden, den konkreten hilfebedarf und die konkreten hilfsmöglichkeiten - etwa auch durch nachfragen beim schulamt - zu ermitteln. nachdem den eltern des klägers bereits am 15. juni 2012 mitgeteilt worden war, die unterlagen seien vollständig und nunmehr sei ein hausbesuch durchzuführen, wäre wohl auch angesichts des familienurlaubs von mitte juli bis anfang august noch ausreichend zeit für einen hausbesuch und die prüfung der teilhabebeeinträchtigung des klägers bis zu beginn des neuen schuljahres gewesen. dass bei derart zeitnaher klärung - zumal der hilfefall der beklagten bekannt und die problematik weitgehend geklärt war - dann nach vorlage des bescheides über die aufhebung des sonderpädagogischen förderbedarfs bei der gebotenen straffen verfahrensführung keine entscheidung innerhalb der noch verbleibenden sechs wochen bis zum beginn des schuljahres hätte erfolgen können, ist nicht ersichtlich. die notwendigkeit zu zügiger entscheidung musste sich der beklagten auch bereits deshalb aufdrängen, weil nach der aufhebung des sonderpädagogischen förderbedarfs die bisherige beschulung des klägers auf der f. -l1. -schule nicht mehr in betracht kam und der sowohl im bericht der s. l2. w. vom 26. märz 2012 als auch im schulbericht vom 10. mai 2012 aufgeführte hilfebedarf des klägers eine beschulung im regelschulsystem jedenfalls als äußerst problematisch erscheinen lassen musste. 116soweit die beklagte im berufungsverfahren vorträgt, ihr jugendamt habe erst mit dem eingang der unterlagen aus dem ao-sf-verfahren am 3. september 2012 erfahren, dass der kläger seit der entlassung aus der klinik in der g. q. o. hospitierte, er weiterhin eine kleine lerngruppe und individuelle förderung benötige und ein sonderpädagogischer förderbedarf „sprache“ nicht mehr vorgelegen habe, ist dies – ungeachtet des umstandes, dass die unterlagen des schulamtes am 29. august 2012 bei der beklagten eingingen - angesichts der zuvor durch den kläger überreichten informationen - des berichts der s. l2. w. , des berichts der f. -l1. -schule und des bescheides über die aufhebung des sonderpädagogischen förderbedarfs - sowie der mitteilung vom 30. april 2012 über die hospitation des klägers an der g. q. o. nicht nachvollziehbar; sollte es aufgrund der bearbeitung durch verschiedene stellen innerhalb des jugendamtes zu informationsverlusten gekommen sein, wäre dies jedenfalls der beklagten anzulasten. 117dass der kläger sich - wie von der beklagten angeführt - bereits mit der hospitation ab dem 17. april 2012 und dem ab mai 2012 stattfindenden regulären schulbesuch auf die g. q. o. festgelegt habe, steht der annahme einer rechtzeitigen antragstellung im hinblick auf das am 22. august 2012 beginnende schuljahr 2012/2013 nicht entgegen, da bei jugendhilfemaßnahmen, die - wie im vorliegenden fall - in zeitliche abschnitte unterteilt werden können, auch im falle einer ursprünglich unzulässigen selbstbeschaffung ein anspruch für einen nachfolgenden zeitabschnitt in betracht kommt, wenn die selbstbeschaffung nachträglich zulässig geworden ist. 118vgl. ovg o. , urteile vom 25. april 2012 119- 12 a 659/11 -, juris, und vom 22. märz 2006 120- 12 a 806/03 -, juris, m.w.n.; beschluss vom 18. dezember 2013 - 12 b 1190/13 -, juris. 121auf eine unzulässige selbstbeschaffung kann sich das jugendamt für derartige zeiträume nicht mehr berufen, 122vgl. ovg o. , beschluss vom 21. juni 2012 123- 12 a 2229/11 -, juris, 124denn diese führt lediglich dazu, dass für den davon betroffenen zeitraum keine kostenerstattung in betracht kommt; sie hat indes nicht zur konsequenz, dass der anspruch auch für zukünftige zeitabschnitte ausgeschlossen ist. insoweit enthob auch eine etwaige festlegung des klägers auf die g. q. o. die beklagte nicht von der ihr nach dem sgb viii obliegenden verpflichtung zur zeitgerechten überprüfung des anspruchs des klägers. 125auch die weiteren voraussetzungen des § 36a abs. 3 satz 1 sgb viii liegen vor. zum einen ist die anforderung des § 36a abs. 3 satz 1 nr. 2 sgb viii erfüllt. der senat sieht es mit der im nachhinein noch erreichbaren sicherheit für das hier streitgegenständliche schuljahr 2012/2013 als gegeben an, dass der kläger gegen die beklagte gemäß § 35a abs. 1, abs. 2 nr. 1 und abs. 3 sgb viii i.v.m. §§ 53, 54 sgb xii, § 12 nr. 2 einglvo einen anspruch auf übernahme der kosten für die beschulung an der g. q. o. zur erreichung einer angemessenen bildung besessen hat. 126zunächst gehört auch die übernahme der kosten einer privatbeschulung zu den grundsätzlich nach § 35a sgb viii möglichen hilfemaßnahmen. die von der beklagten im ablehnenden bescheid vom 19. märz 2013 vertretene ansicht, dass die übernahme von schulgeld für eine private ersatzschule als eine vom kernbereich der pädagogischen arbeit umfasste leistung keine im rahmen der eingliederungshilfe vom sozialhilfeträger zu erbringende hilfe zu einer angemessenen schulbildung im sinne von § 54 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb xii ist, 127so bsg, urteil vom 15. november 2012 - b 8 so 10/11 r -, bsge 112, 196, juris, 128steht dem kostenübernahmeanspruch des klägers nicht entgegen, auch wenn § 35a abs. 3 sgb viii u.a. auf § 54 sgb xii verweist. eine übertragung dieser sozialgerichtlichen rechtsprechung auf den bereich der jugendhilferechtlichen eingliederungshilfe, die zu dem - nach auffassung des senats unhaltbaren - ergebnis führen würde, dass privatschulkosten durch den träger der jugendhilfe in keinem fall zu übernehmen sind, also auch dann nicht, wenn im einzelfall davon auszugehen ist, dass eine bedarfsdeckende hilfe im öffentlichen schulwesen nicht zu erhalten ist, kommt aufgrund der folgenden erwägungen nicht in betracht: 129zunächst ist aus dem wortlaut von § 54 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb xii, § 12 einglvo nicht abzuleiten, dass „hilfen zu einer angemessenen schulbildung“ nur die schulbildung begleitende bzw. unterstützende leistungen sind, wie vom bundessozialgericht angenommen. 130vgl. hierzu neben der vorstehend zitierten entscheidung auch bsg, urteil vom 22. märz 2012 131- b 8 so 30/10 r -, bsge 110, 301, juris. 132der begriff der „hilfen“ ist zielorientiert und daher umfassend zu verstehen. er ist nicht auf maßnahmen limitiert, die an eine anderweitig gewährleistete schulbildung angelehnt sind. dabei ergibt sich aus § 12 einglvo nichts anderes. dementsprechend hatte das bundesverwaltungsgericht schon zum seinerzeit noch geltenden § 40 abs. 1 satz 1 nr. 4 bshg festgestellt, dass die hiernach möglichen hilfen zu einer angemessenen schulbildung „nicht auf solche untergeordneter oder flankierender art beschränkt“ sind und auch solche hilfen umfassen, die dem behinderten menschen „zugang zu einer angemessenen schulbildung“ ermöglichen. 133vgl. bverwg, urteil vom 28. april 2005 - 5 c 20.04 -, bverwge 123, 316, juris. 134die auf der annahme eines verhältnisses der spezialität beruhende argumentation des bundessozialgerichts lässt sich aber vor allem deshalb nicht fruchtbar machen, weil bei der hier in rede stehenden jugendhilferechtlichen fallgestaltung das verständnis des § 10 abs. 1 sgb viii im vordergrund steht, wonach die „verpflichtungen anderer, insbesondere der träger anderer sozialleistungen und der schulen, … durch dieses buch nicht berührt“ werden. diese regelung beschreibt aber nach allgemeiner auffassung ein vorrang-nachrang-verhältnis. 135vgl. bverwg, urteil vom 27. mai 2010 - 5 c 7.09 -, bverwge 137, 85, juris; ovg o. , beschluss vom 18. oktober 2012 - 12 b 1018/12 -, juris; hessvgh, urteil vom 20. august 2009 - 10 a 1874/08 -, juris; bayvgh, beschluss vom 23. april 2009 - 12 ce 09.686 -, juris; ndsovg, urteil vom 27. april 2005 - 4 lc 343/04 -, jamt 2005, 360, juris; wiesner, in: wiesner, sgb viii, 4. auflage 2011, § 10 rn. 20 ff.; schellhorn, in: schellhorn/fischer/mann/kern, sgb viii, 4. auflage 2012, § 10 rn. 6 ff., meysen, in: münder/mey-sen/trenczek, fk-sgb viii, 7. auflage 2013, § 10 rn. 2 ff. 136von diesem verständnis geht auch die begründung zum kinder- und jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz vom 8. september 2005 (bgbl. i s. 2729) aus, mit dem die „schulen“ erstmals ausdrückliche erwähnung in § 10 abs. 1 sgb viii gefunden haben, indem sie darauf abstellt, dass die „leistungen der schulträger vorrangig gegenüber leistungen der sozialhilfe zu erbringen sind“. 137vgl. bt-drs. 15/5616, s. 25. 138dass die übernahme der kosten für den besuch einer privatschule als leistung der eingliederungshilfe in der form der hilfe zu einer angemessenen schulbildung i.s.d. § 35a abs. 3 des sgb viii i.v.m. § 54 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb xii in betracht kommen kann, hat das bundesverwaltungsgericht jüngst als grundsätzlich geklärt angesehen. es hat dazu ausgeführt, dass die bereitstellung der räumlichen, sächlichen, personellen und finanziellen mittel für die erlangung einer angemessenen, den besuch weiterführender schulen einschließenden schulbildung auch solcher kinder und jugendlicher, deren seelische behinderung festgestellt ist oder die von einer solchen bedroht sind, grundsätzlich nicht dem träger der kinder- und jugendhilfe, sondern dem träger der schulverwaltung obliege. da die schulgeldfreiheit in verbindung mit der schulpflicht eine leistung der staatlichen daseinsvorsorge darstelle und aus übergreifenden bildungs- und sozialpolitischen gründen eine eigenständige (landesrechtliche) regelung außerhalb des sozialgesetzbuches gefunden habe, sei grundsätzlich für einen gegen den träger der kinder- und jugendhilfe gerichteten rechtsanspruch auf übernahme der für den besuch einer privatschule anfallenden aufwendungen (aufnahmebeitrag, schulgeld etc.) kein raum. ausnahmen von diesem durch das verhältnis der spezialität geprägten grundsatz seien nur für den fall in betracht zu nehmen, dass auch unter einsatz unterstützender maßnahmen keine möglichkeit bestehe, den hilfebedarf des jungen menschen im rahmen des öffentlichen schulsystems zu decken, mithin diesem der besuch einer öffentlichen schule aus objektiven oder aus schwerwiegenden subjektiven (persönlichen) gründen unmöglich bzw. unzumutbar sei. 139vgl. bverwg, beschluss vom 17. februar 2015 140- 5 b 61.14 -, juris. 141eine derartige ausnahmekonstellation lag im fall des klägers im schuljahr 2012/2013 vor. dabei ist unstreitig, dass auch in diesem zeitraum die voraus-setzungen des § 35a sgb viii vorlagen. insoweit kann auf die zutreffenden ausführungen des verwaltungsgerichts zur seelischen beeinträchtigung des klägers und der hieraus resultierenden teilhabebeeinträchtigung bezug genommen werden; es erscheint ausgeschlossen, dass sich die situation insoweit im schuljar 2012/2013 wesentlich anders dargestellt hat als im schuljahr 2013/2014, zu dem das verwaltungsgericht seine ausführungen gemacht hat. 142der besuch der g. q. o. stellt sich im schuljahr 2012/2013 auch als erforderliche und geeignete maßnahme der jugendhilfe dar. dabei folgt aus den grundsätzen zum systemversagen, dass die erforderlichkeit und eignung der selbstbeschafften maßnahme hier aus der damaligen perspektive des leistungsberechtigten klägers zu beurteilen ist. 143denn auch bei der selbstbeschaffung einer aus fachlichen gründen abgelehnten bzw. vom hilfeplan ausgeschlossenen leistung ist im hinblick auf § 36a abs. 1 satz 1 sgb viii zunächst zu prüfen, ob der vom jugendamt aufgestellte hilfeplan (bzw. das hilfekonzept) verfahrensfehlerfrei zustande gekommen, nicht von sachfremden erwägungen beeinflusst und fachlich vertretbar ist. diese prüfung erstreckt sich dabei nicht auf eine reine ergebniskontrolle, sondern erfasst auch die von der behörde - maßgeblich ist die letzte behördenentscheidung - gegebene begründung. denn diese muss für den betroffenen nachvollziehbar sein, um ihn in die lage zu versetzen, mittels einer prognose selbst darüber zu entscheiden, ob eine selbstbeschaffung (dennoch) gerechtfertigt ist. hat das jugendamt die begehrte hilfe aus im vorgenannten sinne vertretbaren erwägungen abgelehnt, besteht weder ein anspruch des betroffenen auf die begehrte eingliederungshilfeleistung noch auf den ersatz von aufwendungen für eine selbst beschaffte hilfe. der regelung des § 36a abs. 3 sgb viii liegt in dem sinne der gedanke des systemversagens zugrunde, dass die selbst beschaffte leistung nicht rechtzeitig erbracht oder zu unrecht abgelehnt worden sein muss. hat demgegenüber das jugendamt nicht rechtzeitig oder nicht in einer den vorgenannten anforderungen entsprechenden weise über die begehrte hilfeleistung entschieden, können an dessen stelle die betroffenen den sonst der behörde zustehenden nur begrenzt gerichtlich überprüfbaren einschätzungsspielraum für sich beanspruchen. denn in dieser situation sind sie - obgleich ihnen der sachverstand des jugendamtes fehlt - dazu gezwungen, im rahmen der selbstbeschaffung des § 36a abs. 3 sgb viii eine eigene entscheidung über die geeignetheit und erforderlichkeit einer maßnahme zu treffen. weil nun ihnen die entscheidung aufgebürdet ist, eine angemessene lösung für eine belastungssituation zu treffen, hat dies zur folge, dass die verwaltungsgerichte nur das vorhandensein des jugendhilferechtlichen bedarfs uneingeschränkt zu prüfen, sich hinsichtlich der geeignetheit und erforderlichkeit der selbst beschafften hilfe aber auf eine fachliche vertretbarkeitskontrolle aus der ex-ante-betrachtung der leistungsberechtigten zu beschränken haben. ist die entscheidung der berechtigten in diesem sinne fachlich vertretbar, kann ihr etwa im nachhinein nicht mit erfolg entgegnet werden, das jugendamt hätte eine andere hilfe für geeignet gehalten. 144vgl. bverwg, urteil vom 18. oktober 2012 145- 5 c 21.11 -, bverwge 145, 1, juris; zum systemversagen vgl. auch bverwg, urteil vom 12. september 2013 - 5 c 35.12 -, jamt 2014, 41, juris. 146ausgehend von diesen maßstäben ist zunächst festzustellen, dass es bis zum erlass des ablehnenden bescheides der beklagten vom 19. märz 2013 schon deshalb den eltern des klägers oblag, über die eignung und erforderlichkeit der selbstbeschafften hilfe zu befinden, weil es an einer auf ihre vertretbarkeit hin zu prüfenden entscheidung des jugendamtes von vornherein fehlte. durch den erlass des bescheides vom 19. märz 2013 ist keine erhebliche änderung der sachlage eingetreten. die der antragsablehnung zugrundeliegenden erwägungen offenbaren eine überschreitung der grenzen fachlicher vertretbarkeit, die das jugendamt bei seiner entscheidungsfindung zu beachten gehabt hätte. 147das jugendamt der beklagten hat im bescheid vom 19. märz 2013 darauf verwiesen, dass die vermittlung einer schulbildung in erster linie aufgabe der staatlichen schulverwaltung sei. nach der un-konvention über die rechte von menschen mit behinderungen seien kinder mit autismus vorrangig in die regelschule zu integrieren. der förderbedarf behinderter kinder könne auch in integrativen lerngruppen im rahmen des gemeinsamen unterrichts gedeckt werden. es kämen verschiedene unterstützende hilfemaßnahmen in betracht, um einen durch die behinderung bestehenden nachteil auszugleichen. durch ein ao-sf-verfah-ren sei ein bestehender sonderpädagogischer bedarf zu ermitteln und durch eine schule mit geeignetem förderschwerpunkt sei der bestehende nachteil auszugleichen. 148der damit erfolgte verweis des klägers auf das öffentliche schulsystem war fachlich nicht vertretbar. ein seelisch behindertes oder von einer solchen behinderung bedrohtes kind muss sich in anwendung des nachranggrundsatzes aus § 10 abs. 1 satz 1 sgb viii nur dann auf das öffentliche schulsystem verweisen lassen, wenn nach den konkreten umständen des einzelfalles im öffentlichen schulwesen eine bedarfsdeckende hilfe in rechtlicher und tatsächlicher hinsicht auch zur verfügung steht, d. h. präsent ist, 149vgl. ovg o. , urteil vom 25. april 2012 - 12 a 659/11 -, juris; beschluss vom 19. september 2011 - 12 b 1040/11 -, juris; siehe auch hessvgh, urteil vom 20. august 2009 - 10 a 1874/08 -, juris, 150beziehungsweise eine verpflichtung des schulsystems rechtzeitig realisierbar und nach den umständen des einzelfalles im öffentlichen schulwesen eine bedarfsdeckende hilfe zu erhalten ist. 151vgl. bverwg, urteil vom 18. oktober 2012 152- 5 c 21.11 -, juris. 153der gegebenenfalls unter beteiligung der schulaufsichtsbehörden zu führende nachweis einer solchen bedarfsdeckenden hilfe im öffentlichen schulsystem durch aufzeigen einer konkreten alternative zum privatschulbesuch obliegt dem jugendamt. 154vgl. ovg o. , beschluss vom 18. dezember 2013 - 12 b 1190/13 -, juris; urteil vom 25. april 2012 155- 12 a 659/11 -, juris. 156ein eingriff in die rechte der eltern des hilfebedürftigen kindes ist im nachweis einer schule, durch deren besuch der jeweilige hilfebedarf gedeckt werden kann, keinesfalls zu sehen. 157den nachweis einer solchen konkreten alternative zum privatschulbesuch hat die beklagte allein durch den bloßen verweis darauf, es kämen „verschiedene unterstützende hilfemaßnahmen“ in betracht, indes nicht erbracht. sie hat dem kläger im gesamten verfahren keine öffentliche schule nachgewiesen, auf der sein sowohl im kurzbericht der s. l2. w. vom 26. märz 2012 als auch im schulbericht vom 10. mai 2012 beschriebener bedarf an einem unterricht in einer kleinen klasse (5-6 schüler) und hoher betreuungsdichte hätte gedeckt werden können. die annahme, dieser bedarf an einer beschulung in einer kleinen klasse könne bei unterstützung durch einen integrationshelfer auch durch den besuch einer regelschule mit normaler klassenstärke gedeckt werden, ist angesichts des fehlens jeden objektiven anhaltspunktes für ihre trag-fähigkeit fachlich nicht vertretbar. 158auf den besuch einer förderschule konnte die beklagte den kläger bereits deshalb nicht verweisen, weil der verweis auf eine beschulung an einer öffentlichen förderschule anstelle einer privaten bildungseinrichtung nur in betracht kommt, wenn eine diesbezügliche wirksame schulrechtliche entscheidung über einen sonderpädagogischen förderbedarf und den förderort vorliegt, was hier nicht der fall war. 159vgl. ovg o. , beschluss vom 18. dezember 2013 - 12 b 1190/13 -, juris, m.w.n. 160davon abgesehen hat die f. -l1. -schule einen wechsel des förderschwerpunktes im mai 2012 offenbar nicht für notwendig erachtet. anderenfalls wäre die schulaufsichtsbehörde darüber zu unterrichten gewesen (vgl. § 18 abs. 3 ao-sf). 161kommt es für die frage der geeignetheit und erforderlichkeit der selbst beschafften hilfe mithin auf die ex-ante-betrachtung des leistungsberechtigten klägers an, hier bezogen auf den zeitpunkt vor beginn des schuljahres 2012/2013, erschien es aus dessen perspektive - bzw. letztlich aus dem blickwinkel der ihn gesetzlich vertretenden eltern - ohne weiteres fachlich vertretbar, sich für eine (weitere) beschulung auf der g. q. o. zu entscheiden. dass diese bildungseinrichtung geeignet ist, dem kläger auch in ansehung seines spezifischen beeinträchtigungsprofils eine adäquate schulbildung zu vermitteln, begegnet auch nicht deshalb zweifeln, weil die g. schule o. kein ausgewiesenes konzept für die förderung von kindern und jugendlichen mit erkrankungen aus dem autismus-spektrum besitzt, denn nach dem unwidersprochenen vortrag des klägers haben die lehrkräfte der privatschule erfahrungen mit schülern mit störungen aus dem autismus-spektrum und besuchen entsprechende fortbildungen. auch der kurzbericht der s. l2. w. vom 26. märz 2012 riet lediglich zur betreuung durch ein gut geschultes, im umgang mit stark auffälligen, sozialverhaltensgestörten und autistischen kindern erfahrenes pädagogisches team, ohne ein auf autistische störungen spezialisiertes konzept für angeraten zu halten. 162die seinerzeit getroffene entscheidung erwies sich auch nicht unter dem erfor-derlichkeitsaspekt als unvertretbar. nach den fachlichen erkenntnissen und vorliegenden erfahrungen - insbesondere mit blick auf die schulwechsel des klägers in der vergangenheit - mussten die eltern mit der konkreten gefahr rechnen, dass ihr sohn auf einer staatlichen schule nicht angemessen beschult werden könne und die ohnehin bestehende teilhabebeeinträchtigung sich erheblich verschlimmern würde. in dieser situation war ihnen nicht zuzumuten, den kläger erneut auf einer regelschule anzumelden, zumal es der beklagten, wie dargelegt, im verwaltungsverfahren nicht gelungen war, eine tragfähig begründete entscheidung zu treffen, und sich überdies abzeichnete, dass der im mai 2012 aufgenommene besuch der q. erfolgreich verlief. 163auch die bestimmungen des übereinkommens der vereinten nationen vom 13. dezember 2006 über die rechte von menschen mit behinderungen (bgbl. ii 2008 s. 1420) stehen der kostenübernahme der privatschulkosten durch die beklagte nicht entgegen. gemäß art. 24 abs. 1 der konvention erkennen die vertragsstaaten das recht von menschen mit behinderungen auf bildung an. um dieses recht ohne diskriminierung und auf der grundlage der chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die vertragsstaaten ein integratives bildungssystem auf allen ebenen und lebenslanges lernen. dabei stellen die vertragsstaaten nach art. 24 abs. 2 der konvention sicher, dass menschen mit behinderungen nicht aufgrund von behinderung vom allgemeinen bildungssystem ausgeschlossen werden und dass kinder mit behinderungen nicht aufgrund von behinderung vom unentgeltlichen und obligatorischen grundschulunterricht oder vom besuch weiterführender schulen ausgeschlossen werden (a)), menschen mit behinderungen gleichberechtigt mit anderen in der gemeinschaft, in der sie leben, zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen unterricht an grundschulen und weiterführenden schulen haben (b)), angemessene vorkehrungen für die bedürfnisse des einzelnen getroffen werden (c)), menschen mit behinderungen innerhalb des allgemeinen bildungssystems die notwendige unterstützung geleistet wird, um ihre erfolgreiche bildung zu erleichtern (d)) und in übereinstimmung mit dem ziel der vollständigen integration wirksame individuell angepasste unterstützungsmaßnahmen in einem umfeld, das die bestmögliche schulische und soziale entwicklung gestattet, angeboten werden (e)). 164dieser bestimmung lässt sich - unabhängig von der frage ihrer unmittelbaren anwendbarkeit - keinesfalls ein verbot entnehmen, einen behinderten schüler auf einer privatschule, an der behinderte und nichtbehinderte kinder und jugendliche gemeinsam unterrichtet werden, zu fördern, wenn und soweit das staatliche schulsystem (noch) keine adäquate förderung zur verfügung stellt. 165vgl. hierzu auch dijuf-rechtsgutachten vom 18. märz 2014 - j 1.460 sch -, jamt 2004, 253, wonach art. 24 un-behindertenkonvention dazu führt, dass der hilfebedürftige gegenüber dem privatschulbesuch nicht auf den möglichen besuch einer förderschule verwiesen werden darf. 166schließlich ist auch davon auszugehen, dass die deckung des bedarfs i.s.v. § 36a abs. 3 satz 1 nr. 3 sgb viii keinen zeitlichen aufschub mehr geduldet hat. mit blick darauf, dass der sonderpädagogische förderbedarf aufgehoben war, eine beschulung des klägers auf einer förderschule damit nicht in betracht kam, und angesichts der sowohl im schulbericht vom 10. mai 2012 als auch im bericht der s. l2. w. vom 26. märz 2012 zum ausdruck kommenden bedarfslage des klägers war es diesem nicht zuzumuten, sich zunächst auf eine weitere beschulung an einer regelschule einzulassen, nachdem die beklagte im rahmen ihrer hilfeplanung nicht aufzuzeigen vermochte hatte, dass dieser weg zu einer adäquaten bedarfsdeckung führte. von einem unaufschiebbaren bedarf ist nämlich regelmäßig gerade auch dann auszugehen, wenn der bei kindern und jugendlichen dauerhaft bestehende bedarf an adäquater bildungsvermittlung wegen drohenden verlustes an zeit, die nicht nachgeholt, sondern nur angehängt werden kann, nicht mehr oder nicht ausreichend gedeckt werden kann. 167vgl. bereits zulassungsbeschluss des senates vom 30. oktober 2014 - 12 a 1639/14 -, juris. 168als „erforderliche aufwendungen", welche die beklagte nach alldem gemäß § 36a abs. 3 satz 1 sgb viii für die selbst beschaffte hilfe im hier allein streitgegenständlichen schuljahr 2012/2013 zu übernehmen verpflichtet ist, sind in anwendung des rechtsgedankens des § 683 satz 1 i. v. m. § 670 bgb diejenigen aufwendungen anzusehen, welche die eltern des klägers nach ihrem subjektiv vernünftigen ermessen unter berücksichtigung der interessen des jugendhilfeträgers für erforderlich halten durften. 169vgl. ovg o. , urteile vom 25. april 2012 - 12 a 659/11 -, jamt 2012, 48, juris, und vom 22. august 2014 - 12 a 3019/11 -, juris, sowie beschluss vom 28. juni 2012 - 12 a 2374/11 -, juris. 170darunter fallen zunächst das monatlich an die privatschule zu zahlende schulgeld sowie die fahrtkosten. zudem zählen hierzu auch die kosten für schulbücher und klassenfahrten und -ausflüge. 171der senat ist nicht deshalb daran gehindert, über den umfang der für das schuljahr 2012/2013 zu erstattenden kosten zu entscheiden, weil das verwaltungsgericht für das schuljahr 2013/2014, das auch in dieser hinsicht nicht mehr streitgegenständlich ist, entschieden hat, dass die kosten für schulbücher, klassenfahrten und -ausflüge nicht von der beklagten zu erstatten sind. weder aus dem zulassungsbeschluss noch aus dem berufungsantrag des klägers ist eine derartige beschränkung zu entnehmen. vielmehr ist davon auszugehen, dass der kläger, soweit es den hier noch im streit stehenden zeitraum betrifft, am erstinstanzlich geltend gemachten umfang des kostenerstattungsanspruchs festhält, der sich nach der im schriftsatz vom 20. mai 2014 aufgeführten kostenaufstellung ersichtlich auch auf die aufwendungen für lernmittel und klassenfahrten und ‑ausflüge erstreckte. 172die kosten für bücher und klassenfahrten und -ausflüge sind auch von der beklagten zu übernehmen. es handelt sich insoweit um aufwendungen die durch den besuch einer bestimmten, aufgrund der behinderung des klägers für notwendig erachteten einrichtung bedingt sind. 173vgl. zu einer ähnlichen konstellation auch bverwg, urteil vom 22. mai 1975 - v c 19.74 -, bverwge 48, 228, juris; vg münchen, urteil vom 28. januar 2004 - m 18 k 03.6555 -, juris. 174diese kosten entstehen nicht wie bei nichtbehinderten schülern als notwendige bedürfnisse des täglichen lebens, sondern notwendigerweise durch die besonderen verhältnisse der behinderung. dies gilt in besonderem maße für die kosten für klassenfahrten und -ausflüge, die nach dem unwidersprochenen vortrag des klägers wichtiger bestandteil des pädagogischen konzepts der privatschule sind. insoweit kommt es auf die hypothetische kontrollüberlegung, ob derartige kosten bei besuch einer regelschule ebenso entstehen würden, nicht an. 175vgl. hierzu auch bverwg, urteil vom 22. mai 1975 176- v c 19.74 -, bverwge 48, 228, juris. 177der kläger durfte diese aufwendungen auch für erforderlich halten; es ist nicht ersichtlich, wie er eine angemessene schulbildung an der privatschule ohne schulbücher und deutschlektüren hätte erhalten sollen. dasselbe gilt angesichts der verankerung der veranstaltungen im pädagogischen konzept der g. schule o. auch für die schulischen veranstaltungen in form von klassenfahrten und -ausflügen. 178die kostenentscheidung folgt aus § 155 abs. 1 vwgo. die kostenverteilung im zweitinstanzlichen verfahren berücksichtigt dabei die unterschiedlichen erfolgsquoten des klägers im berufungszulassungs- und berufungsverfahren. die gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 satz 2 halbsatz 1 vwgo. 179die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 180die revision ist nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen.
Klaeger*in
1
173,366
5 K 3380/13
2014-07-17T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Tatbestand: 1Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung hinsichtlich einer Nutzungsänderung auf dem Grundstück N. 50-54 in C. -X. von ehemals „Gewerbe-Hoffläche“ in einen „Sammelplatz für Altmetalle, Containerdienst“. 2Das Vorhabengrundstück liegt im Geltungsbereich des am 14. Februar 2007 bekannt gemachten Bebauungsplans Nr. 817 „N. / I.----straße “. Das Grundstück, das im Eigentum des Klägers liegt, wird von der Straße N. erschlossen und grenzt im Süden an die nicht mehr vom Plangebiet erfasste Wohnbebauung der I1. Straße. Nach dem Bebauungsplan ist für den Bereich des Grundstücks des Klägers das Gewerbegeiet GE05 festgesetzt. Die textlichen Festsetzungen sehen unter anderem vor: 3„In den Gewerbegebieten GE01, GE04, GE05 und GE11 sind Gewerbebetriebe der Abstandsklassen I-V gem. Abstandserlass NRW (SMBl. NRW v. 02-04-1998, S. 774), unzulässig. Abweichend hiervon sind Gewerbebetriebe der Abstandsklasse V, die im Abstandserlass mit (*) gekennzeichnet sind, ausnahmsweise zulässig. Gewerbebetriebe der Abstandsklasse VI sind ausnahmsweise zulässig (§ 1 Abs. 4 Nr. 2 BauNVO).“ 4Laut Ratsbeschluss vom 1. Februar 2007 ist Ziel des Bebauungsplans „die Sicherung der gewerblichen Flächen für Produktion, Handwerk, Büro- und Verwaltungseinrichtungen, Lagerplätze, Großhandel und Speditionen. Andere gewerbliche Nutzungen sollen daher ausgeschlossen werden. [...] Ziel des Bebauungsplanes ist darüber hinaus, die im Plangebiet und den benachbarten Baugebieten vorhandenen Wohngebäude vor unverträglichen gewerblichen Immissionen zu schützen.“ 5Der Kläger beantragte am 19. Juli 2012 die Erteilung einer Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung in einen „Sammelplatz für Altmetalle, Containerdienst“. Laut Betriebsbeschreibung vom 9. Dezember 2012 werden Altmetalle gesammelt, gelagert, sortiert, geladen und abgefahren. Die Arbeitsabläufe umfassen die Anlieferung und Sortierung von Altmetallen, Zwischenlagerung in Containern, Zerlegung von Kleinteilen, sowie Verladung und Abfahren zur Wertung. In dem Betrieb sollen zwei Bagger, 2 LKW, ein Radlader und ein Gabelstapler eingesetzt werden. Die Betriebszeiten sind an Werktagen von 6.15 Uhr bis 21.45 Uhr. 6Der Kläger legte zudem im Rahmen des Verwaltungsverfahrens ein Lärmschutzgutachten des Dipl.-Ing. H. I2. vom 29. November 2012 vor, der zusammenfassend zu dem Ergebnis kommt, an den benachbarten nächstgelegenen schutzwürdigen Aufenthaltsraumfenstern an der I1. Straße würden die Immissionsrichtwerte sowie die zulässigen Schallleistungspegel eingehalten werden. Schädliche Umwelteinwirkungen durch den Betrieb des Schrottplatzes sowie der dazugehörigen Stellplätze seien somit nicht zu erwarten. 7Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 24. Juni 2013 ab. Zur Begründung führte sie aus, das Vorhaben sei nach den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 817 planungsrechtlich unzulässig. Das beantragte Vorhaben falle als Schrottplatz unter Nr. 149 der Abstandsklasse V des Abstanderlasses 1998 und sei auch nicht mit dem Vermerk (*) versehen. Ob in späteren Abstanderlassen eine andere Einstufung vorgenommen worden sei, könne dahin gestellt bleiben, da Bebauungspläne keine dynamische Verweisung besäßen, sondern die Festsetzungen zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses zu treffen seien. Die Festsetzungen würden das Baugebiet in seiner besonderen Ausprägung charakterisieren und ein schutzwürdiges Vertrauen der Eigentümer und Nutzer begründen, diesen Zustand im Rahmen behördlicher Entscheidungen in der Form beizubehalten und über Änderungen allenfalls in einem weiteren Planverfahren im Rahmen einer Abwägung zu entscheiden. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB könne nicht erteilt werden. Zwar ließen sich durch das Einhausen von Sortiervorgängen immissionsschutzrechtliche Bedenken im Hinblick auf die vorhandene, benachbarte Wohnnutzung ausräumen. Es bestehe aber ein Gebietsgewährleistungsanspruch, der weiter reiche, als die alleinige Immissionsbetrachtung, sondern das Störpotential insgesamt in den Blick nehme. Dazu gehöre auch, dass der Anlieferverkehr bei einem Schrottplatz zum Teil auch aus offenen Fahrzeugen bestehe, deren Ladung beim Fahren zusätzliche Geräusche verursache, die so in dem Lärmgutachten nicht enthalten seien und auf deren Ladungssicherung der Betreiber des Schrottplatzes keinen Einfluss habe. 8Der Kläger hat am 22. Juli 2013 Klage erhoben. 9Er ist der Ansicht, die Festsetzung im Bebauungsplan sei nichtig, da der undifferenzierte Ausschluss von Gewerbebetrieben zu einer nicht gewollten Ungleichbehandlung führe. Es sei auch nicht klar, was unter dem Begriff „Schrottplatz“ zu verstehen sei. Zudem sei im Rahmen der Planaufstellung weder eine Abwägungsentscheidung getroffen worden noch ließen sich die unterschiedlichen GE-Gebiete nachvollziehen. Bei seinem Vorhaben handele es sich auch nicht um einen Schrottplatz, sondern ausweislich der Betriebsbeschreibung um einen Sammelplatz für Altmetalle. Da der hintere Grundstücksbereich nicht genutzt werden solle, würden nachbarliche Belange gewahrt. Das Sachverständigengutachten komme zu dem Ergebnis, dass die zulässigen Schallleistungspegel eingehalten werden würden. Zuvor sei an der Stelle des Vorhabens ein Baustoffhandel mit weit höheren Emissionen angesiedelt gewesen. Daher sei es ohne weiteres möglich, eine Befreiung zu erteilen. 10Der Kläger beantragt, 11den Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des Grundstücks N. 50 – 54 in C. -X. zu erteilen. 12Die Beklagte beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Zur Begründung bezieht sie sich im Wesentlichen auf die Gründe des ablehnenden Bescheides. Ergänzend trägt sie vor, bei dem Bauvorhaben des Klägers handele es sich nach der planungsrechtlich regelmäßig vorzunehmenden typisierenden Betrachtungsweise um einen Schrottplatz im Sinne der Nr. 149 des Abstanderlasses 1998. Vor allem die in dem Lärmgutachten vom 29. November 2012 berücksichtigten Arbeitsläufe und die Betriebsbeschreibung sprächen dafür, dass es sich um einen Schrottplatz handele, der unter Bezugnahme auf Ziffer 8.12.3 Anhang 1 4. BImSchV als Anlage zur zeitweiligen Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrotten - einschließlich Autowracks – zu verstehen sei. Für die Annahme des Anlagentyps „Schrottplatz“ komme es nicht auf das Vorhandensein einer Anlage zum Zerkleinern der angenommen Schrotte, beispielsweise einer Rotormühle, an. Unter Ziffer 149 seien allgemein „Schrottplätze“ ausgeschlossen, ohne die auch zum damaligen Zeitpunkt bereits bekannte immissionsschutzrechtliche Differenzierung bestimmter nach BImSchG genehmigungsbedürftiger – störintensiver - Anlagen, auszuschließen. Dem Plangeber sei es darauf angekommen, jedwede – auch „kleinere“ – Schrottplätze von einer Ansiedlung im Plangebiet auszuschließen. Dass „Schrottplatz“ im Sinne der Nr. 149 nicht nur solche Betriebe umfasse, bei denen der Einsatz einer Rotormühle stattfinde, zeige sich bereits daran, dass dieser Anlagentyp unter Nr. 49, der der Abstandsklasse IV zugeordnet sei, gefasst sei. Die Anlagentypik des Klägers sei daher vom Plangeber als potentiell störende gewerbliche Nutzung identifiziert und von einer Ansiedlung ausgeschlossen worden. Allein aus dem Umstand, dass die Anlage die Immissionsrichtwerte einhalte, könne nicht geschlossen werden, dass es sich um eine atypische und damit ausnahmsweise nicht wesentlich störende Anlage handele. Schließlich sei mit dem Plankonzept gerade kein undifferenzierter Ausschluss gewerblicher Betriebe vorgenommen worden. Schrottplätze seien bewusst komplett von einer Ansiedlung in dem Planbereich ausgenommen worden. Anlass für die planerische Konfliktbewältigung sei das im rückwärtigen Bereich der Wohnnutzungen entlang der I1. Straße bestehende Konfliktpotential mit den dort unmittelbar angrenzenden Gewerbebetrieben gewesen. Im Übrigen sei die Frist zur Rüge des Abwägungsvorgangs nach der Bekanntmachung des Bebauungsplans am 14. Februar 2007 inzwischen abgelaufen. Eine Befreiung komme schließlich nicht in Betracht, da die Grundzüge der Planung hierdurch berührt würden. Das Plankonzept verfolge gerade die Idee, die in der Örtlichkeit unmittelbar aneinander stoßenden Nutzungen sachgerecht und annähernd störungsfrei anzusiedeln. Zudem würde sich durch eine Zulassung im Befreiungswege auch für benachbarte Grundstücke eine korrespondierende Ansiedlungsfrage stellen, so dass sich eine schleichende Gebietsveränderung einstelle. 15Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. 16Entscheidungsgründe: 17Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 18Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 24. Juni 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung. 19Nach § 75 Abs. 1 Satz 1 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) besteht ein Anspruch auf eine Baugenehmigung, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. 20Das Vorhaben ist mit den bauplanungsrechtlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 817 „N. / I.----straße “ vom 14. Februar 2007, in dessen Geltungsbereich das Vorhabengrundstück liegt, nicht vereinbar. In dem als „GE05“ bezeichneten Gewerbegebiet, zu dem das Grundstück des Klägers gehört, sind nach den textlichen Festsetzungen Gewerbebetriebe der Abstandsklassen I bis V gem. Abstandserlass NRW vom 2. April 1998 (im Folgenden: Abstandserlass 1998) unzulässig. Der Kläger betreibt einen Schrottplatz, der unter Ziffer 149 der Abstandsklasse V des genannten Abstandserlasses fällt. 21Zunächst ist der Bebauungsplan nicht bereits wegen eines fehlerhaften Abwägungsvorgangs nichtig. Die vom Kläger vorgebrachten Rügen hinsichtlich der vom Gemeinderat im Rahmen der Abwägung unterbliebenen Erwägungen, wurden erstmals mit Schriftsatz vom 29. April 2013 mehr als sechs Jahre nach Bekanntmachung des Bebauungsplans geltend gemacht und sind damit nach Überschreiten der Jahresfrist gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Baugesetzbuches (BauGB) verspätet. 22Die Planerhaltungsvorschriften unterscheiden zwischen Mängeln im Abwägungsvorgang und Mängeln im Abwägungsergebnis. Mängel im Abwägungsvorgang sind nur unter den in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB genannten Voraussetzungen beachtlich. Nach beiden Vorschriften muss der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis von Einfluss gewesen sein. Ein hiernach beachtlicher Mangel des Abwägungsvorgangs muss innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sein; andernfalls wird er, wenn bei Inkraftsetzung der Satzung auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf die Rechtsfolgen hingewiesen worden ist, gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 3 BauGB unbeachtlich. Ein Mangel im Abwägungsergebnis ist demgegenüber stets beachtlich; er führt unabhängig vom Vorliegen weiterer Mängel der Abwägung zur (Teil-) Unwirksamkeit des Bebauungsplans. 23Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. September 2010 – 4 CN 2/10 -, mit weiteren Nachweisen, zitiert nach juris. 24Die Rüge des Klägers, die Beklagte habe sich bei der Planaufstellung keine Gedanken über die pauschale Bezugnahme auf den Abstandserlass 1998 und den damit verbundenen Ausschluss von Schrottplätzen gemacht, betrifft den Abwägungsvorgang als solchen und kann nicht mehr überprüft werden. Angreifbar ist im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nur noch das Abwägungsergebnis und damit der Bebauungsplan als solcher. 25Die Kammer hat auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens keine Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit dieser Festsetzung des Bebauungsplans. Insbesondere begründet der Ausschluss von Schrottplätzen unter Hinweis auf den Abstandserlass 1998 nicht die Unwirksamkeit des Bebauungsplans. Die Beklagte hat in zulässiger Weise das Plangebiet in elf Teilbereiche gegliedert. Im Wege der „Feingliederung“, die § 1 Abs. 4 Nr. 2 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) ermöglicht, wurden für die Gewerbegebiete GE01, GE04, GE05 und GE11 bestimmte Anlagen für unzulässig erklärt. Zur Bestimmung der in diesen Gebieten ausgeschlossenen Anlagen hat der Plangeber auf den Abstandserlass 1998 Bezug genommen. Insofern ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die Bezugnahme auf den Abstandserlass bzw. die in diesem als Anlage 1 beigefügte Abstandsliste sowie die inhaltliche Orientierung an den Vorgaben des Erlasses rechtlich nicht zu beanstanden sind. 26Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 17. Juni 2009 – 8 B 1864/08 – und Urteil vom 30. September 2005 – 7 D 142/04.NE -, mit weiteren Nachweisen, VG Düsseldorf, Urteil vom 15. November 2011 – 3 K 2938/08 -, mit weiteren Nachweisen; jeweils zitiert nach juris. 27Der Abstanderlass soll dazu dienen, den am Planungsverfahren unter dem Gesichtspunkt des Immissionsschutzes beteiligten Staatlichen Umweltämtern eine einheitliche Grundlage für fachliche Stellungnahmen im Hinblick auf die notwendigen Abstände zu geben. Zu diesem Zweck werden in seinem Anhang 1 in der sog. Abstandsliste Schutzabstände genannt. Nach 2.2.1 des Erlasses ist davon auszugehen, dass bei Einhaltung oder Überschreitung der angegebenen Abstände Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen durch Luftverunreinigung oder Geräusche beim bestimmungsgemäßen Betrieb des entsprechenden Anlage in den umliegenden Wohngebieten nicht entstehen, wenn die Anlage dem Stand der Technik entspricht. 28Entgegen der Ansicht des Klägers, es werde lediglich pauschal auf den Abstandserlass verwiesen und der undifferenzierte Ausschluss von Gewerbegebieten führe zu einer nicht gewollten Ungleichbehandlung, lässt die Abstandsliste jedoch durchaus einzelfallbezogene planerische Spielräume. Dies folgt bereits daraus, dass der Erlass lediglich Empfehlungen enthält, deren Unterschreitung im Einzelfall bei sachgerechter Abwägung möglich ist. 29Vgl. OVG NRW, Urteile vom 30. September 2005 – 7 D 142/04.NE - und vom 17. Oktober 1996 – 7a D 122/94.NE -; jeweils zitiert nach juris. 30Weitere Anhaltspunkte, die zur Unwirksamkeit des Bebauungsplanes führen könnten und einer Überprüfung bedürfen, wurden weder vorgetragen, noch sind sie sonst ersichtlich. 31Maßgeblich für die Beurteilung der Zulässigkeit des klägerischen Vorhabens im Rahmen des wirksamen Bebauungsplanes ist die Anwendung des Abstanderlasses 1998. 32Entgegen der Ansicht des Klägers ist nicht der Abstanderlass vom 6. Juni 2007 anwendbar. Der Verweis des Bebauungsplans auf den Abstandserlass NRW vom 2. April 1998 ist aufgrund des eindeutigen Wortlauts nicht als dynamische Verweisung zu verstehen, sondern als statische Verweisung ausdrücklich auf den Abstandserlass 1998. Hätte der Plangeber auf den Abstanderlass in der jeweils gültigen Fassung verweisen wollen, müsste dies aus eindeutigen Anhaltspunkten im Wortlaut der Festsetzung, an denen es hier jedoch mangelt, hervorgehen. Eine rechtliche Verpflichtung eines Satzungsgebers bezüglich der Verwendung einer dynamischen Verweisung auf die jeweils aktuelle Abstandsliste besteht nicht. 33Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 15. November 2011 – 3 K 2938/08 -, zitiert nach juris. 34Der Hinweis des Klägers, dass der Bebauungsplan nur wenige Tage vor Inkrafttreten des Abstandserlasses NRW vom 14. Februar 2007 bekannt gemacht wurde, steht der Auslegung als statische Verweisung ebenfalls nicht entgegen. Sofern der Kläger in der mündlichen Verhandlung ergänzend geltend macht, der Gemeinderat habe bei der Planaufstellung den unmittelbar bevorstehenden Erlass einer neuen Abstandliste ins Auge fassen und berücksichtigen müssen, betrifft dies wiederum den Abwägungsvorgang, der nach den oben getroffenen Erwägungen aufgrund des Ablaufs der Rügefrist nunmehr unbeachtlich ist. Der Verweis auf eine Abstandsliste, ohne diese wörtlich im Bebauungsplan wiederzugeben, dient schließlich lediglich der Vereinfachung und der Übersichtlichkeit der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans. Eine weitere Funktion, insbesondere eine Aussage zu später in Kraft tretende Abstandslisten, lässt sich dem Verweis dagegen nicht entnehmen. 35Das Vorhaben des Klägers ist der Ziffer 149 nach der Abstandsklasse V gemäß Abstandserlass 1998 zuzuordnen. Denn die Anlage entspricht ausweislich der im Genehmigungsverfahren vorgelegten Betriebsbeschreibung, die auch dem Lärmschutzgutachten vom 29. November 2012 zugrundeliegt, sowie den ergänzenden Erläuterungen zum Betriebsablauf im Rahmen des Genehmigungsverfahrens, nach einer vorzunehmenden typisierenden Betrachtungsweise dem Betriebstyp eines „Schrottplatzes“. 36Da der Abstandserlass 1990 genauso wie der Abstandslass 1998 lediglich zwischen „Anlagen zum Zerkleinern von Schrott durch Rotormühlen mit einer Nennleistung des Rotorantriebs von 100 kw oder mehr“ (Ziffer 52 bzw. Ziffer 49) und „Schrottplätzen“ (Ziffer 146 bzw. Ziffer 149) unterscheidet, bestehen keine Bedenken, hinsichtlich der Begriffsbestimmung die zum Abstandserlass 1990 ergangene Rechtsprechung vorliegend entsprechend anzuwenden. 37Demnach ist der Begriff des Schrottplatzes im Sinne der Abstandliste weit auszulegen. Er erfasst alle – nicht bereits durch die Ziffer 49 der Abstandsliste erfassten – Anlagen und Einrichtungen zum Umschlagen, Lagern und Behandeln von Schrott. Diese Auslegung folgt vor allem aus der Systematik der Abstandsliste, der Zielsetzung des Abstandserlasses und den hierzu ergangenen Erläuterungen des Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen. 38Vgl. zum Abstandserlass 1990 zuletzt OVG NRW, Urteil vom 22. Mai 2014 – 8 A 3002/11 -, zitiert nach juris. 39Nach den Erläuterungen zum Abstandserlass wird aus einem Vergleich der Ziffer 49 und der Ziffer 149 deutlich, dass bei den Anlagen, die von Ziffer 49 erfasst werden, der höhere Schutzabstand von 500 m gerade wegen des Einsatzes von Schredderanlagen erforderlich ist, während es sich bei den unter Ziffer 149 erfassten „Schrottplätzen“ um Anlagen handelt, denen im Verhältnis zu den unter Ziffer 49 beurteilten Betriebsarten eine geringere Emissionsträchtigkeit vor allem wegen des Fehlens von emissionsintensiven Betriebseinrichtungen wie Fallwerken oder Schredderanlagen zukommt und damit ein Schutzabstand von 300 m ausreichend ist. 40Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. Mai 2014 – 8 A 3002/11 -, mit Verweis auf Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, Immissionsschutz in der Bauleitplanung – Erläuterungen zum Abstandserlass, 1990; zitiert nach juris. 41Schließlich lässt sich aus dem Begriff des Schrottplatzes auch nicht herleiten, dass sich dieser insgesamt oder zumindest überwiegend im Freien befinden muss. Das Fehlen einer Einhausung der Überdachung ist kein Wesensmerkmal für einen Schrottplatz im Sinne der Abstandsliste. 42Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. Mai 2014 – 8 A 3002/11 -, zitiert nach juris. 43Kennzeichnend für den Betriebstyp des Schrottplatzes im Sinne der Abstandsliste sind nach alledem nicht die baulichen Gegebenheiten, sondern – entsprechend der Zielsetzung des Abstandserlasses – das Emissionsverhalten des Betriebs und damit die emissionsträchtigen „schrottplatzüblichen“ Betriebsvorgänge, nämlich dass Schrott angeliefert, zeitweilig gelagert, sortiert, verarbeitet und bzw. oder für den Weitertransport vorbereitet wird. 44Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. Mai 2014 – 8 A 3002/11 -, mit Verweis auf OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2009 - 8 B 1864/08 – und Urteil vom 27. April 1998 – 7 A 3818/96 -; jeweils zitiert nach juris. 45Dieses Begriffsverständnis zugrundgelegt, handelt es sich bei dem Vorhaben des Klägers um einen „Schrottplatz“ im Sinne der Ziffer 149 des Abstandserlasses 1998. Laut Betriebsbeschreibung vom 6. Dezember 2012 werden auf dem Betriebsgelände Altmetalle angeliefert und in Containern zwischengelagert. Die Altmetalle werden sortiert und Kleinteile werden zerlegt. Anschließend werden die Altmetalle wieder verladen und abtransportiert. Bei diesen Abläufen kommt es zum Einsatz von zwei Baggern, zwei Lastkraftwagen, einem Radlader und einem Gabelstapler. Nach einer weiteren Präzisierung der Arbeitsabläufe durch den Architekten im Rahmen des Genehmigungsverfahrens sollen die beladenen Fahrzeuge auf dem Hof gewogen, die Wertstoffe anschließend in Schubkarren umgeladen und in die auf dem Betriebsgelände vorhandene Halle gebracht werden. In der Halle werden die Metalle sortiert und in Lagerboxen umgeladen. Von dort werden die Metalle mittels Bagger weiter in Container verladen. Anschließend werden die gefüllten Container abtransportiert. 46Unabhängig von der Frage, ob – insofern abweichend von der Betriebsbeschreibung – eine Bearbeitung der Altmetalle etwa durch Zerlegung oder Zerkleinerung erfolgt, führen bereits die genannten Betriebsabläufe zu dem Schluss, dass es sich bei dem Vorhaben des Klägers um einen Schrottplatz handelt. Es kommt dabei für das Vorliegen eines Schrottplatzes nicht darauf an, ob und wie der Schrott verarbeitet wird. Nach den oben dargestellten Grundsätzen stellen bereits das Anliefern, Sortieren, Sammeln und Abtransportieren von Schrott die für einen Schrottplatz typischen Betriebsabläufe dar. 47Entgegen der Ansicht des Klägers steht der Annahme eines Schrottplatzes nicht entgegen, dass der Schrott nicht durch den Einsatz von Rotormühlen oder ähnlichen Geräten zerkleinert wird. Steht das Zerkleinern von Schrott durch Einsatz von Rotormühlen mit einer Nennleistung des Rotorantriebes von 100 KW oder mehr im Vordergrund, fällt eine solche Anlage unter Ziffer 49 der Abstandsliste, für die ein Abstand von 500 m zu den angrenzenden Wohngebieten einzuhalten ist. Da der Erlassgeber eine weitere Differenzierung nicht vorgenommen hat, fallen alle anderen Schrottplätze, bei denen es nicht zum Einsatz der genannten Maschinen kommt, unabhängig von ihrer Größe oder ihrer konkreten Betriebsabläufe unter Ziffer 149 der Abstandsliste. 48Dass im Rahmen des Abstandserlasses 2007 bei der Einordnung der Anlagen in Abstandsklassen nunmehr eine weitere Differenzierung vor allem im Hinblick auf die Größe der Schrottplätze vorgenommen wurde, steht der Einordnung des Vorhabens des Klägers als Schrottplatz im Sinne der Ziffer 149 der Abstandsliste 1998 nicht entgegen. Da, wie bereits dargelegt, aufgrund der statischen Verweisung im Bebauungsplan auf den Abstandserlass 1998 jede folgende Änderung bzw. Neufassung des Erlasses für die Einordnung des Vorhabens ohne Belang ist, führt auch nicht der Umstand, dass die von dem Kläger betriebene Anlage inzwischen aufgrund ihrer Größe von unter 1000 m² in die Abstandsklasse VI fallen würde, zur Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens. Ungeachtet dessen spricht vieles dafür, dass auch aus der Differenzierung der Anlagen in der gültigen Fassung des Abstandserlasses deutlich wird, dass der Begriff „Schrottplatz“ (vgl. Ziffer 186 der Abstandsliste 2007) wohl als Begriff mit Auffangcharakter verstanden werden muss, der sowohl Anlagen zum Zerkleinern von Schrott (vgl. Ziffer 72 a)) als auch Anlagen zur zeitweiligen Lagerung von Schrott (vgl. Ziffer 72 b) und 131) umfasst. Die Ansicht des Klägers, wonach erst der Betrieb von Maschinen zur Zerkleinerung sowie die sonstige Verarbeitung von Schrott die Annahme eines Schrottplatzes rechtfertige, würde dazu führen, dass jegliche Anlagen zum Sammeln, Sortieren, Umladen und Lagern von Schrott, unabhängig von ihrer Größe und der Menge des täglich angelieferten und umgeladenen Schrotts zulässig wären, da eine solche Anlage unter keine Betriebsart der Abstandsliste zu subsumieren wäre. Dass eine solche Auslegung des Begriffs „Schrottplatz“ vom Erlassgeber gewollt sein könnte, erscheint aufgrund der erheblichen Geräuschimmissionen, die bereits beim Ent- und Umladen von Schrott mit Hilfe eines Baggers entstehen können, wenig überzeugend. 49Dem Kläger kann schließlich nicht in der im Rahmen der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht, die vom Gericht vorgenommene Auslegung habe zur Folge, dass es sich bei jedem Wertstoffhof um einen Schrottplatz handele, gefolgt werden. Denn neben den bereits genannten Voraussetzungen verlangt das Vorliegen eines Schrottplatzes, dass es sich bei den zu lagernden Gegenständen um „Schrott“ handelt. Schrott wird allgemein als „unbrauchbar gewordene metallische Gegenstände“ verstanden, wonach allgemein Metallschrotte, das heißt Eisen- und Nichteisenschrotte und damit auch Aluminiumschrotte, erfasst werden. 50Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. Mai 2014 – 8 A 3002/11 -, zitiert nach juris. 51Gerade das Umladen und Verlagern von metallischen Gegenständen verursacht naturgemäß die zu vermeidenden Immissionen, so dass im Gegensatz zu anderen Wertstoffhöfen gerade Schrottplätze in dem Abstandserlass berücksichtigt werden mussten. Dass es sich bei den auf dem Grundstück des Klägers zu lagernden Gegenständen um Altmetalle und damit um Schrott handelt, wird von den Beteiligten nicht in Abrede gestellt. 52Hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens ist letztlich auch unerheblich, dass nach Aussage des Klägers zuvor ein immissionsträchtiger Baustoffhandel genehmigt war. Denn in Konstellationen wie der vorliegenden Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung kommt es allein darauf an, ob das Vorhaben zum aktuellen Zeitpunkt mit den aktuell geltenden öffentlich rechtlichen Vorschriften vereinbar ist. 53Nach alledem verstößt das Vorhaben gegen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 817 „N. / I.----straße “ und ist damit bauplanungsrechtlich unzulässig. 54Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB. Danach kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Denn durch die Erteilung einer Befreiung würden die Grundzüge der Planung berührt werden. 55Die Grundzüge der Planung bilden die den Festsetzungen des Bebauungsplans zugrunde liegende und in ihnen zum Ausdruck kommende planerische Konzeption. Zur Beantwortung der Frage, ob die Grundzüge der Planung berührt werden, ist in jedem Einzelfall anhand der Festsetzungen des Bebauungsplans und der entsprechenden Begründungen eine planerische Grundkonzeption herauszuarbeiten, der der jeweilige Plan auch nach der Änderung noch entsprechen muss. Die Grundzüge der Planung werden dann nicht berührt, wenn der planerische Grundgedanke, das zugrunde liegende Leitbild, erhalten bleibt und wenn eine Änderung minderem Gewicht vorliegt, die noch von dem im jeweiligen Plan zum Ausdruck gekommenen planerischen Willen der Gemeinde umfasst ist. 56Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. November 1989 – 4 B 163.89 -, zitiert nach juris; Battis / Krautzberger / Löhr, BauGB, 12. Auflage 2014, § 13 Rn. 2. 57Ein Berührtwerden der Grundzüge der Planung ist vor allem dann anzunehmen, wenn durch Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans in das Interessengeflecht des Bebauungsplans eingegriffen wird. Denn je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Es handelt sich der Sache nach um eine Berücksichtigung des Ergebnisses der Abwägung über die von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange und des durch die getroffenen Festsetzungen erfolgten Ausgleichs von Interessen, der nicht durch Befreiungen in Frage gestellt werden soll. 58Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. November 2010 – 4 C 10.09 -, mit weiteren Nachweisen; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 26. Mai 2014 – 2 A 345/13; OVG Hamburg, Urteil vom 22. Oktober 2013 – 2 Bf 169/11 -; jeweils zitiert nach juris; Ernst / Zinkhan / Bielenberg, BauGB, Stand: 1. Januar 2014, § 31 Rn. 37. 59Ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan Nr. 817 verfolgt der Plangeber das Ziel, Konfliktsituationen von benachbarten Nutzungen mit unterschiedlicher Empfindlichkeit zu bewältigen. Die unmittelbar an die Gartenseiten der Wohnnutzung entlang der I1. Straße grenzenden Gewerbebetriebe sollen in ihrem Emissionsverhalten getrennt werden (Vgl. 3.1.1). Mit den Festsetzungen zum Immissionsschutz könne einerseits ein verträgliches Nebeneinander von Wohnen und Gewerbe sichergestellt und andererseits den vorhandenen Betrieben Rechtssicherheit gegeben werden (Vgl. 5.1). Zum Schutz der vorhandenen Wohnbebauung im Plangebiet und der benachbarten Wohngebiete sei die immissionswirksame Einschränkung von Gewerbegrundstücken erforderlich, die sich nach Lage und baulichen Bestand auf das Wohnen nachteilig auswirken können. Grundlage der Emissionsgliederung sei dabei die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme (Vgl. 5.2.1.3). 60Entgegen der Ansicht des Klägers kann die Begründung des Bebauungsplans nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Gewerbeansiedlung vorrangiges Ziel der Planung und die Wohnnutzung nur nachrangig zu berücksichtigen sei. Zwar soll durch den Bebauungsplan auch die Nutzung der gewerblichen Flächen für Produktion, Handwerk, Büro- und Verwaltungseinrichtungen, Lagerplätze, Großhandel und Speditionen gesichert werden (Vgl. 5.2.1.1). Aus der vorgenommenen Feingliederung innerhalb des Plangebietes in Flächen GE01 bis GE11 wird jedoch ersichtlich, dass gerade in den Gebieten GE01, GE04, GE05 und GE11, die unmittelbar entlang der Plangrenze an Wohnbebauung grenzen und in denen Anlagen nach der Abstandsklasse I bis V des Abstandserlasses 1998 ausgeschlossen sein sollen, das Ziel, die angrenzenden Wohngebiete vor unverträglichen Immissionen zu schützen, eindeutig im Vordergrund steht. Um den Schutz der Wohnbevölkerung vor unzumutbaren Immissionen zu gewährleisten hat der Plangeber in zulässiger Weise auf den Abstandserlass und die darin enthaltene Emissionsgliederung verwiesen. Da in allen Gebieten, die unmittelbar an die Wohngebiete grenzen, die in den Abstandsklassen I bis V genannten Anlagen vollständig ausgeschlossen werden, kam es dem Plangeber in diesen Bereichen vorrangig darauf an, potentielle Nutzungskonflikte zwischen der gewerblichen Nutzung und der an das Plangebiet angrenzenden vorhandenen Wohnbebauung zu vermeiden (Vgl. 10.1.2) 61Die Beklagte hat unter Berücksichtigung des Ziels des Bebauungsplan die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB auch im Übrigen ermessensfehlerfrei abgelehnt. Sie durfte insbesondere im Rahmen ihres Ermessens darauf abstellen, dass bereits der Anlieferverkehr bei einem Schrottplatz zum Teil auch aus offenen Fahrzeugen besteht, deren Ladung beim Fahren zusätzliche Geräusche verursacht und auf deren Ladungssicherung der Betreiber eines Schrottplatzes keinen Einfluss hat. 62Entgegen der Ansicht des Klägers besteht ein Anspruch auf Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB auch nicht unter dem Aspekt, dass die Altmetalle ausschließlich in einer Halle sortiert werden und der hintere Grundstücksabschnitt ungenutzt bleiben soll. Selbst wenn die immissionsträchtigen Sortiervorgänge durch die Nutzung der Halle von der angrenzenden Wohnbebauung auf der I1. Straße weitgehend abgeschirmt werden und die zulässigen Immissionswerte laut Schallgutachten nicht überschritten werden, bleibt es dabei, dass der Schutz der angrenzenden Wohngebiete nach dem Willen den Plangebers jedenfalls in diesem Bereich des Plangebietes im Vordergrund stehen soll. Vor allem aufgrund der bereits durch den An- und Abfahrverkehr sowie das Ent- und Beladen der Lastkraftwagen entstehenden Geräuschimmissionen durfte die Beklagte hier das Erteilen einer Befreiung in zulässiger Weise ablehnen. 63Schließlich kann dem Kläger auch nicht darin gefolgt werden, eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB sei vorliegend aus dem Grund geboten, da ausweislich des zu den Akten gereichten Lärmschutzgutachtens, die Immissionswerte eingehalten würden. Insbesondere lässt sich aus dem von dem Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu dieser Argumentation in Bezug genommenen Urteil des OVG NRW vom 22. Mai 2014 – 8 A 3002/11 – ein solcher Schluss nicht ziehen. Denn dem Oberverwaltungsgericht lag bei seiner Entscheidung ein Bebauungsplan vor, nach dessen Begründung „künftige betriebliche Änderungen und Entwicklungen bei den bestehenden Betrieben so angelegt werden, dass das derzeitige Immissionsniveau nicht erhöht wird.“ 64Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. Mai 2014 – 8 A 3002/11 -, Rn. 140,zitiert nach juris. 65Der dem Oberverwaltungsgericht zugrunde liegende Fall ist damit nicht mit der hier zur Überprüfung anstehenden Genehmigungssituation in der Hinsicht vergleichbar, dass allgemein ein Befreiungsanspruch dann anzunehmen sei, wenn die Immissionswerte durch das Vorhaben nicht verschlechtert werden. Ein solches Kriterium, nach dem es dem Plangeber darum ginge, das derzeitige Immissionsniveau beizubehalten oder jedenfalls nicht zu erhöhen, ist der Begründung zum Bebauungsplan Nr. 817 nicht zu entnehmen. 66Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 67Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt der kläger. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils jeweils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte zuvor sicherheit in gleicher höhe leistet.
1der kläger begehrt die verpflichtung der beklagten zur erteilung einer baugenehmigung hinsichtlich einer nutzungsänderung auf dem grundstück n. 50-54 in c. -x. von ehemals „gewerbe-hoffläche“ in einen „sammelplatz für altmetalle, containerdienst“. 2das vorhabengrundstück liegt im geltungsbereich des am 14. februar 2007 bekannt gemachten bebauungsplans nr. 817 „n. / i.----straße “. das grundstück, das im eigentum des klägers liegt, wird von der straße n. erschlossen und grenzt im süden an die nicht mehr vom plangebiet erfasste wohnbebauung der i1. straße. nach dem bebauungsplan ist für den bereich des grundstücks des klägers das gewerbegeiet ge05 festgesetzt. die textlichen festsetzungen sehen unter anderem vor: 3„in den gewerbegebieten ge01, ge04, ge05 und ge11 sind gewerbebetriebe der abstandsklassen i-v gem. abstandserlass nrw (smbl. nrw v. 02-04-1998, s. 774), unzulässig. abweichend hiervon sind gewerbebetriebe der abstandsklasse v, die im abstandserlass mit (*) gekennzeichnet sind, ausnahmsweise zulässig. gewerbebetriebe der abstandsklasse vi sind ausnahmsweise zulässig (§ 1 abs. 4 nr. 2 baunvo).“ 4laut ratsbeschluss vom 1. februar 2007 ist ziel des bebauungsplans „die sicherung der gewerblichen flächen für produktion, handwerk, büro- und verwaltungseinrichtungen, lagerplätze, großhandel und speditionen. andere gewerbliche nutzungen sollen daher ausgeschlossen werden. [...] ziel des bebauungsplanes ist darüber hinaus, die im plangebiet und den benachbarten baugebieten vorhandenen wohngebäude vor unverträglichen gewerblichen immissionen zu schützen.“ 5der kläger beantragte am 19. juli 2012 die erteilung einer baugenehmigung für eine nutzungsänderung in einen „sammelplatz für altmetalle, containerdienst“. laut betriebsbeschreibung vom 9. dezember 2012 werden altmetalle gesammelt, gelagert, sortiert, geladen und abgefahren. die arbeitsabläufe umfassen die anlieferung und sortierung von altmetallen, zwischenlagerung in containern, zerlegung von kleinteilen, sowie verladung und abfahren zur wertung. in dem betrieb sollen zwei bagger, 2 lkw, ein radlader und ein gabelstapler eingesetzt werden. die betriebszeiten sind an werktagen von 6.15 uhr bis 21.45 uhr. 6der kläger legte zudem im rahmen des verwaltungsverfahrens ein lärmschutzgutachten des dipl.-ing. h. i2. vom 29. november 2012 vor, der zusammenfassend zu dem ergebnis kommt, an den benachbarten nächstgelegenen schutzwürdigen aufenthaltsraumfenstern an der i1. straße würden die immissionsrichtwerte sowie die zulässigen schallleistungspegel eingehalten werden. schädliche umwelteinwirkungen durch den betrieb des schrottplatzes sowie der dazugehörigen stellplätze seien somit nicht zu erwarten. 7die beklagte lehnte den antrag mit bescheid vom 24. juni 2013 ab. zur begründung führte sie aus, das vorhaben sei nach den festsetzungen des bebauungsplans nr. 817 planungsrechtlich unzulässig. das beantragte vorhaben falle als schrottplatz unter nr. 149 der abstandsklasse v des abstanderlasses 1998 und sei auch nicht mit dem vermerk (*) versehen. ob in späteren abstanderlassen eine andere einstufung vorgenommen worden sei, könne dahin gestellt bleiben, da bebauungspläne keine dynamische verweisung besäßen, sondern die festsetzungen zum zeitpunkt des satzungsbeschlusses zu treffen seien. die festsetzungen würden das baugebiet in seiner besonderen ausprägung charakterisieren und ein schutzwürdiges vertrauen der eigentümer und nutzer begründen, diesen zustand im rahmen behördlicher entscheidungen in der form beizubehalten und über änderungen allenfalls in einem weiteren planverfahren im rahmen einer abwägung zu entscheiden. eine befreiung nach § 31 abs. 2 baugb könne nicht erteilt werden. zwar ließen sich durch das einhausen von sortiervorgängen immissionsschutzrechtliche bedenken im hinblick auf die vorhandene, benachbarte wohnnutzung ausräumen. es bestehe aber ein gebietsgewährleistungsanspruch, der weiter reiche, als die alleinige immissionsbetrachtung, sondern das störpotential insgesamt in den blick nehme. dazu gehöre auch, dass der anlieferverkehr bei einem schrottplatz zum teil auch aus offenen fahrzeugen bestehe, deren ladung beim fahren zusätzliche geräusche verursache, die so in dem lärmgutachten nicht enthalten seien und auf deren ladungssicherung der betreiber des schrottplatzes keinen einfluss habe. 8der kläger hat am 22. juli 2013 klage erhoben. 9er ist der ansicht, die festsetzung im bebauungsplan sei nichtig, da der undifferenzierte ausschluss von gewerbebetrieben zu einer nicht gewollten ungleichbehandlung führe. es sei auch nicht klar, was unter dem begriff „schrottplatz“ zu verstehen sei. zudem sei im rahmen der planaufstellung weder eine abwägungsentscheidung getroffen worden noch ließen sich die unterschiedlichen ge-gebiete nachvollziehen. bei seinem vorhaben handele es sich auch nicht um einen schrottplatz, sondern ausweislich der betriebsbeschreibung um einen sammelplatz für altmetalle. da der hintere grundstücksbereich nicht genutzt werden solle, würden nachbarliche belange gewahrt. das sachverständigengutachten komme zu dem ergebnis, dass die zulässigen schallleistungspegel eingehalten werden würden. zuvor sei an der stelle des vorhabens ein baustoffhandel mit weit höheren emissionen angesiedelt gewesen. daher sei es ohne weiteres möglich, eine befreiung zu erteilen. 10der kläger beantragt, 11den bescheid der beklagten vom 24. juni 2013 aufzuheben und die beklagte zu verpflichten, die baugenehmigung zur nutzungsänderung des grundstücks n. 50 – 54 in c. -x. zu erteilen. 12die beklagte beantragt, 13die klage abzuweisen. 14zur begründung bezieht sie sich im wesentlichen auf die gründe des ablehnenden bescheides. ergänzend trägt sie vor, bei dem bauvorhaben des klägers handele es sich nach der planungsrechtlich regelmäßig vorzunehmenden typisierenden betrachtungsweise um einen schrottplatz im sinne der nr. 149 des abstanderlasses 1998. vor allem die in dem lärmgutachten vom 29. november 2012 berücksichtigten arbeitsläufe und die betriebsbeschreibung sprächen dafür, dass es sich um einen schrottplatz handele, der unter bezugnahme auf ziffer 8.12.3 anhang 1 4. bimschv als anlage zur zeitweiligen lagerung von eisen- und nichteisenschrotten - einschließlich autowracks – zu verstehen sei. für die annahme des anlagentyps „schrottplatz“ komme es nicht auf das vorhandensein einer anlage zum zerkleinern der angenommen schrotte, beispielsweise einer rotormühle, an. unter ziffer 149 seien allgemein „schrottplätze“ ausgeschlossen, ohne die auch zum damaligen zeitpunkt bereits bekannte immissionsschutzrechtliche differenzierung bestimmter nach bimschg genehmigungsbedürftiger – störintensiver - anlagen, auszuschließen. dem plangeber sei es darauf angekommen, jedwede – auch „kleinere“ – schrottplätze von einer ansiedlung im plangebiet auszuschließen. dass „schrottplatz“ im sinne der nr. 149 nicht nur solche betriebe umfasse, bei denen der einsatz einer rotormühle stattfinde, zeige sich bereits daran, dass dieser anlagentyp unter nr. 49, der der abstandsklasse iv zugeordnet sei, gefasst sei. die anlagentypik des klägers sei daher vom plangeber als potentiell störende gewerbliche nutzung identifiziert und von einer ansiedlung ausgeschlossen worden. allein aus dem umstand, dass die anlage die immissionsrichtwerte einhalte, könne nicht geschlossen werden, dass es sich um eine atypische und damit ausnahmsweise nicht wesentlich störende anlage handele. schließlich sei mit dem plankonzept gerade kein undifferenzierter ausschluss gewerblicher betriebe vorgenommen worden. schrottplätze seien bewusst komplett von einer ansiedlung in dem planbereich ausgenommen worden. anlass für die planerische konfliktbewältigung sei das im rückwärtigen bereich der wohnnutzungen entlang der i1. straße bestehende konfliktpotential mit den dort unmittelbar angrenzenden gewerbebetrieben gewesen. im übrigen sei die frist zur rüge des abwägungsvorgangs nach der bekanntmachung des bebauungsplans am 14. februar 2007 inzwischen abgelaufen. eine befreiung komme schließlich nicht in betracht, da die grundzüge der planung hierdurch berührt würden. das plankonzept verfolge gerade die idee, die in der örtlichkeit unmittelbar aneinander stoßenden nutzungen sachgerecht und annähernd störungsfrei anzusiedeln. zudem würde sich durch eine zulassung im befreiungswege auch für benachbarte grundstücke eine korrespondierende ansiedlungsfrage stellen, so dass sich eine schleichende gebietsveränderung einstelle. 15wegen der weiteren einzelheiten wird auf die gerichtsakte sowie die beigezogenen verwaltungsvorgänge verwiesen. 16
17die klage ist zulässig, aber unbegründet. 18der ablehnungsbescheid der beklagten vom 24. juni 2013 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 113 abs. 5 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). der kläger hat keinen anspruch auf erteilung der begehrten baugenehmigung. 19nach § 75 abs. 1 satz 1 der bauordnung für das land nordrhein-westfalen (bauo nrw) besteht ein anspruch auf eine baugenehmigung, wenn dem vorhaben keine öffentlich-rechtlichen vorschriften entgegenstehen. diese voraussetzungen liegen hier nicht vor. 20das vorhaben ist mit den bauplanungsrechtlichen festsetzungen des bebauungsplans nr. 817 „n. / i.----straße “ vom 14. februar 2007, in dessen geltungsbereich das vorhabengrundstück liegt, nicht vereinbar. in dem als „ge05“ bezeichneten gewerbegebiet, zu dem das grundstück des klägers gehört, sind nach den textlichen festsetzungen gewerbebetriebe der abstandsklassen i bis v gem. abstandserlass nrw vom 2. april 1998 (im folgenden: abstandserlass 1998) unzulässig. der kläger betreibt einen schrottplatz, der unter ziffer 149 der abstandsklasse v des genannten abstandserlasses fällt. 21zunächst ist der bebauungsplan nicht bereits wegen eines fehlerhaften abwägungsvorgangs nichtig. die vom kläger vorgebrachten rügen hinsichtlich der vom gemeinderat im rahmen der abwägung unterbliebenen erwägungen, wurden erstmals mit schriftsatz vom 29. april 2013 mehr als sechs jahre nach bekanntmachung des bebauungsplans geltend gemacht und sind damit nach überschreiten der jahresfrist gemäß § 215 abs. 1 satz 1 nr. 3 des baugesetzbuches (baugb) verspätet. 22die planerhaltungsvorschriften unterscheiden zwischen mängeln im abwägungsvorgang und mängeln im abwägungsergebnis. mängel im abwägungsvorgang sind nur unter den in § 214 abs. 1 satz 1 nr. 1 oder § 214 abs. 3 satz 2 baugb genannten voraussetzungen beachtlich. nach beiden vorschriften muss der mangel offensichtlich und auf das ergebnis von einfluss gewesen sein. ein hiernach beachtlicher mangel des abwägungsvorgangs muss innerhalb eines jahres seit bekanntmachung der satzung schriftlich gegenüber der gemeinde unter darlegung des die verletzung begründenden sachverhalts geltend gemacht worden sein; andernfalls wird er, wenn bei inkraftsetzung der satzung auf die voraussetzungen für die geltendmachung der verletzung von vorschriften sowie auf die rechtsfolgen hingewiesen worden ist, gemäß § 215 abs. 1 satz 1 nr. 1 oder nr. 3 baugb unbeachtlich. ein mangel im abwägungsergebnis ist demgegenüber stets beachtlich; er führt unabhängig vom vorliegen weiterer mängel der abwägung zur (teil-) unwirksamkeit des bebauungsplans. 23vgl. bverwg, urteil vom 22. september 2010 – 4 cn 2/10 -, mit weiteren nachweisen, zitiert nach juris. 24die rüge des klägers, die beklagte habe sich bei der planaufstellung keine gedanken über die pauschale bezugnahme auf den abstandserlass 1998 und den damit verbundenen ausschluss von schrottplätzen gemacht, betrifft den abwägungsvorgang als solchen und kann nicht mehr überprüft werden. angreifbar ist im zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung nur noch das abwägungsergebnis und damit der bebauungsplan als solcher. 25die kammer hat auch unter berücksichtigung des klägerischen vorbringens keine bedenken hinsichtlich der wirksamkeit dieser festsetzung des bebauungsplans. insbesondere begründet der ausschluss von schrottplätzen unter hinweis auf den abstandserlass 1998 nicht die unwirksamkeit des bebauungsplans. die beklagte hat in zulässiger weise das plangebiet in elf teilbereiche gegliedert. im wege der „feingliederung“, die § 1 abs. 4 nr. 2 der baunutzungsverordnung (baunvo) ermöglicht, wurden für die gewerbegebiete ge01, ge04, ge05 und ge11 bestimmte anlagen für unzulässig erklärt. zur bestimmung der in diesen gebieten ausgeschlossenen anlagen hat der plangeber auf den abstandserlass 1998 bezug genommen. insofern ist in der rechtsprechung geklärt, dass die bezugnahme auf den abstandserlass bzw. die in diesem als anlage 1 beigefügte abstandsliste sowie die inhaltliche orientierung an den vorgaben des erlasses rechtlich nicht zu beanstanden sind. 26vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 17. juni 2009 – 8 b 1864/08 – und urteil vom 30. september 2005 – 7 d 142/04.ne -, mit weiteren nachweisen, vg düsseldorf, urteil vom 15. november 2011 – 3 k 2938/08 -, mit weiteren nachweisen; jeweils zitiert nach juris. 27der abstanderlass soll dazu dienen, den am planungsverfahren unter dem gesichtspunkt des immissionsschutzes beteiligten staatlichen umweltämtern eine einheitliche grundlage für fachliche stellungnahmen im hinblick auf die notwendigen abstände zu geben. zu diesem zweck werden in seinem anhang 1 in der sog. abstandsliste schutzabstände genannt. nach 2.2.1 des erlasses ist davon auszugehen, dass bei einhaltung oder überschreitung der angegebenen abstände gefahren, erhebliche nachteile oder erhebliche belästigungen durch luftverunreinigung oder geräusche beim bestimmungsgemäßen betrieb des entsprechenden anlage in den umliegenden wohngebieten nicht entstehen, wenn die anlage dem stand der technik entspricht. 28entgegen der ansicht des klägers, es werde lediglich pauschal auf den abstandserlass verwiesen und der undifferenzierte ausschluss von gewerbegebieten führe zu einer nicht gewollten ungleichbehandlung, lässt die abstandsliste jedoch durchaus einzelfallbezogene planerische spielräume. dies folgt bereits daraus, dass der erlass lediglich empfehlungen enthält, deren unterschreitung im einzelfall bei sachgerechter abwägung möglich ist. 29vgl. ovg nrw, urteile vom 30. september 2005 – 7 d 142/04.ne - und vom 17. oktober 1996 – 7a d 122/94.ne -; jeweils zitiert nach juris. 30weitere anhaltspunkte, die zur unwirksamkeit des bebauungsplanes führen könnten und einer überprüfung bedürfen, wurden weder vorgetragen, noch sind sie sonst ersichtlich. 31maßgeblich für die beurteilung der zulässigkeit des klägerischen vorhabens im rahmen des wirksamen bebauungsplanes ist die anwendung des abstanderlasses 1998. 32entgegen der ansicht des klägers ist nicht der abstanderlass vom 6. juni 2007 anwendbar. der verweis des bebauungsplans auf den abstandserlass nrw vom 2. april 1998 ist aufgrund des eindeutigen wortlauts nicht als dynamische verweisung zu verstehen, sondern als statische verweisung ausdrücklich auf den abstandserlass 1998. hätte der plangeber auf den abstanderlass in der jeweils gültigen fassung verweisen wollen, müsste dies aus eindeutigen anhaltspunkten im wortlaut der festsetzung, an denen es hier jedoch mangelt, hervorgehen. eine rechtliche verpflichtung eines satzungsgebers bezüglich der verwendung einer dynamischen verweisung auf die jeweils aktuelle abstandsliste besteht nicht. 33vgl. vg düsseldorf, urteil vom 15. november 2011 – 3 k 2938/08 -, zitiert nach juris. 34der hinweis des klägers, dass der bebauungsplan nur wenige tage vor inkrafttreten des abstandserlasses nrw vom 14. februar 2007 bekannt gemacht wurde, steht der auslegung als statische verweisung ebenfalls nicht entgegen. sofern der kläger in der mündlichen verhandlung ergänzend geltend macht, der gemeinderat habe bei der planaufstellung den unmittelbar bevorstehenden erlass einer neuen abstandliste ins auge fassen und berücksichtigen müssen, betrifft dies wiederum den abwägungsvorgang, der nach den oben getroffenen erwägungen aufgrund des ablaufs der rügefrist nunmehr unbeachtlich ist. der verweis auf eine abstandsliste, ohne diese wörtlich im bebauungsplan wiederzugeben, dient schließlich lediglich der vereinfachung und der übersichtlichkeit der textlichen festsetzungen des bebauungsplans. eine weitere funktion, insbesondere eine aussage zu später in kraft tretende abstandslisten, lässt sich dem verweis dagegen nicht entnehmen. 35das vorhaben des klägers ist der ziffer 149 nach der abstandsklasse v gemäß abstandserlass 1998 zuzuordnen. denn die anlage entspricht ausweislich der im genehmigungsverfahren vorgelegten betriebsbeschreibung, die auch dem lärmschutzgutachten vom 29. november 2012 zugrundeliegt, sowie den ergänzenden erläuterungen zum betriebsablauf im rahmen des genehmigungsverfahrens, nach einer vorzunehmenden typisierenden betrachtungsweise dem betriebstyp eines „schrottplatzes“. 36da der abstandserlass 1990 genauso wie der abstandslass 1998 lediglich zwischen „anlagen zum zerkleinern von schrott durch rotormühlen mit einer nennleistung des rotorantriebs von 100 kw oder mehr“ (ziffer 52 bzw. ziffer 49) und „schrottplätzen“ (ziffer 146 bzw. ziffer 149) unterscheidet, bestehen keine bedenken, hinsichtlich der begriffsbestimmung die zum abstandserlass 1990 ergangene rechtsprechung vorliegend entsprechend anzuwenden. 37demnach ist der begriff des schrottplatzes im sinne der abstandliste weit auszulegen. er erfasst alle – nicht bereits durch die ziffer 49 der abstandsliste erfassten – anlagen und einrichtungen zum umschlagen, lagern und behandeln von schrott. diese auslegung folgt vor allem aus der systematik der abstandsliste, der zielsetzung des abstandserlasses und den hierzu ergangenen erläuterungen des ministeriums für umwelt, raumordnung und landwirtschaft des landes nordrhein-westfalen. 38vgl. zum abstandserlass 1990 zuletzt ovg nrw, urteil vom 22. mai 2014 – 8 a 3002/11 -, zitiert nach juris. 39nach den erläuterungen zum abstandserlass wird aus einem vergleich der ziffer 49 und der ziffer 149 deutlich, dass bei den anlagen, die von ziffer 49 erfasst werden, der höhere schutzabstand von 500 m gerade wegen des einsatzes von schredderanlagen erforderlich ist, während es sich bei den unter ziffer 149 erfassten „schrottplätzen“ um anlagen handelt, denen im verhältnis zu den unter ziffer 49 beurteilten betriebsarten eine geringere emissionsträchtigkeit vor allem wegen des fehlens von emissionsintensiven betriebseinrichtungen wie fallwerken oder schredderanlagen zukommt und damit ein schutzabstand von 300 m ausreichend ist. 40vgl. ovg nrw, urteil vom 22. mai 2014 – 8 a 3002/11 -, mit verweis auf ministerium für umwelt, raumordnung und landwirtschaft des landes nordrhein-westfalen, immissionsschutz in der bauleitplanung – erläuterungen zum abstandserlass, 1990; zitiert nach juris. 41schließlich lässt sich aus dem begriff des schrottplatzes auch nicht herleiten, dass sich dieser insgesamt oder zumindest überwiegend im freien befinden muss. das fehlen einer einhausung der überdachung ist kein wesensmerkmal für einen schrottplatz im sinne der abstandsliste. 42vgl. ovg nrw, urteil vom 22. mai 2014 – 8 a 3002/11 -, zitiert nach juris. 43kennzeichnend für den betriebstyp des schrottplatzes im sinne der abstandsliste sind nach alledem nicht die baulichen gegebenheiten, sondern – entsprechend der zielsetzung des abstandserlasses – das emissionsverhalten des betriebs und damit die emissionsträchtigen „schrottplatzüblichen“ betriebsvorgänge, nämlich dass schrott angeliefert, zeitweilig gelagert, sortiert, verarbeitet und bzw. oder für den weitertransport vorbereitet wird. 44vgl. ovg nrw, urteil vom 22. mai 2014 – 8 a 3002/11 -, mit verweis auf ovg nrw, beschluss vom 17. juni 2009 - 8 b 1864/08 – und urteil vom 27. april 1998 – 7 a 3818/96 -; jeweils zitiert nach juris. 45dieses begriffsverständnis zugrundgelegt, handelt es sich bei dem vorhaben des klägers um einen „schrottplatz“ im sinne der ziffer 149 des abstandserlasses 1998. laut betriebsbeschreibung vom 6. dezember 2012 werden auf dem betriebsgelände altmetalle angeliefert und in containern zwischengelagert. die altmetalle werden sortiert und kleinteile werden zerlegt. anschließend werden die altmetalle wieder verladen und abtransportiert. bei diesen abläufen kommt es zum einsatz von zwei baggern, zwei lastkraftwagen, einem radlader und einem gabelstapler. nach einer weiteren präzisierung der arbeitsabläufe durch den architekten im rahmen des genehmigungsverfahrens sollen die beladenen fahrzeuge auf dem hof gewogen, die wertstoffe anschließend in schubkarren umgeladen und in die auf dem betriebsgelände vorhandene halle gebracht werden. in der halle werden die metalle sortiert und in lagerboxen umgeladen. von dort werden die metalle mittels bagger weiter in container verladen. anschließend werden die gefüllten container abtransportiert. 46unabhängig von der frage, ob – insofern abweichend von der betriebsbeschreibung – eine bearbeitung der altmetalle etwa durch zerlegung oder zerkleinerung erfolgt, führen bereits die genannten betriebsabläufe zu dem schluss, dass es sich bei dem vorhaben des klägers um einen schrottplatz handelt. es kommt dabei für das vorliegen eines schrottplatzes nicht darauf an, ob und wie der schrott verarbeitet wird. nach den oben dargestellten grundsätzen stellen bereits das anliefern, sortieren, sammeln und abtransportieren von schrott die für einen schrottplatz typischen betriebsabläufe dar. 47entgegen der ansicht des klägers steht der annahme eines schrottplatzes nicht entgegen, dass der schrott nicht durch den einsatz von rotormühlen oder ähnlichen geräten zerkleinert wird. steht das zerkleinern von schrott durch einsatz von rotormühlen mit einer nennleistung des rotorantriebes von 100 kw oder mehr im vordergrund, fällt eine solche anlage unter ziffer 49 der abstandsliste, für die ein abstand von 500 m zu den angrenzenden wohngebieten einzuhalten ist. da der erlassgeber eine weitere differenzierung nicht vorgenommen hat, fallen alle anderen schrottplätze, bei denen es nicht zum einsatz der genannten maschinen kommt, unabhängig von ihrer größe oder ihrer konkreten betriebsabläufe unter ziffer 149 der abstandsliste. 48dass im rahmen des abstandserlasses 2007 bei der einordnung der anlagen in abstandsklassen nunmehr eine weitere differenzierung vor allem im hinblick auf die größe der schrottplätze vorgenommen wurde, steht der einordnung des vorhabens des klägers als schrottplatz im sinne der ziffer 149 der abstandsliste 1998 nicht entgegen. da, wie bereits dargelegt, aufgrund der statischen verweisung im bebauungsplan auf den abstandserlass 1998 jede folgende änderung bzw. neufassung des erlasses für die einordnung des vorhabens ohne belang ist, führt auch nicht der umstand, dass die von dem kläger betriebene anlage inzwischen aufgrund ihrer größe von unter 1000 m² in die abstandsklasse vi fallen würde, zur genehmigungsfähigkeit des vorhabens. ungeachtet dessen spricht vieles dafür, dass auch aus der differenzierung der anlagen in der gültigen fassung des abstandserlasses deutlich wird, dass der begriff „schrottplatz“ (vgl. ziffer 186 der abstandsliste 2007) wohl als begriff mit auffangcharakter verstanden werden muss, der sowohl anlagen zum zerkleinern von schrott (vgl. ziffer 72 a)) als auch anlagen zur zeitweiligen lagerung von schrott (vgl. ziffer 72 b) und 131) umfasst. die ansicht des klägers, wonach erst der betrieb von maschinen zur zerkleinerung sowie die sonstige verarbeitung von schrott die annahme eines schrottplatzes rechtfertige, würde dazu führen, dass jegliche anlagen zum sammeln, sortieren, umladen und lagern von schrott, unabhängig von ihrer größe und der menge des täglich angelieferten und umgeladenen schrotts zulässig wären, da eine solche anlage unter keine betriebsart der abstandsliste zu subsumieren wäre. dass eine solche auslegung des begriffs „schrottplatz“ vom erlassgeber gewollt sein könnte, erscheint aufgrund der erheblichen geräuschimmissionen, die bereits beim ent- und umladen von schrott mit hilfe eines baggers entstehen können, wenig überzeugend. 49dem kläger kann schließlich nicht in der im rahmen der mündlichen verhandlung geäußerten ansicht, die vom gericht vorgenommene auslegung habe zur folge, dass es sich bei jedem wertstoffhof um einen schrottplatz handele, gefolgt werden. denn neben den bereits genannten voraussetzungen verlangt das vorliegen eines schrottplatzes, dass es sich bei den zu lagernden gegenständen um „schrott“ handelt. schrott wird allgemein als „unbrauchbar gewordene metallische gegenstände“ verstanden, wonach allgemein metallschrotte, das heißt eisen- und nichteisenschrotte und damit auch aluminiumschrotte, erfasst werden. 50vgl. ovg nrw, urteil vom 22. mai 2014 – 8 a 3002/11 -, zitiert nach juris. 51gerade das umladen und verlagern von metallischen gegenständen verursacht naturgemäß die zu vermeidenden immissionen, so dass im gegensatz zu anderen wertstoffhöfen gerade schrottplätze in dem abstandserlass berücksichtigt werden mussten. dass es sich bei den auf dem grundstück des klägers zu lagernden gegenständen um altmetalle und damit um schrott handelt, wird von den beteiligten nicht in abrede gestellt. 52hinsichtlich der genehmigungsfähigkeit des vorhabens ist letztlich auch unerheblich, dass nach aussage des klägers zuvor ein immissionsträchtiger baustoffhandel genehmigt war. denn in konstellationen wie der vorliegenden verpflichtungsklage auf erteilung einer baugenehmigung kommt es allein darauf an, ob das vorhaben zum aktuellen zeitpunkt mit den aktuell geltenden öffentlich rechtlichen vorschriften vereinbar ist. 53nach alledem verstößt das vorhaben gegen festsetzungen des bebauungsplans nr. 817 „n. / i.----straße “ und ist damit bauplanungsrechtlich unzulässig. 54der kläger hat keinen anspruch auf erteilung einer befreiung nach § 31 abs. 2 baugb. danach kann von den festsetzungen des bebauungsplans befreit werden, wenn die grundzüge der planung nicht berührt werden und gründe des wohls der allgemeinheit die befreiung erfordern oder die abweichung städtebaulich vertretbar ist oder die durchführung des bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten härte führen würde und wenn die abweichung auch unter würdigung nachbarlicher interessen mit den öffentlichen belangen vereinbar ist. diese voraussetzungen liegen hier nicht vor. denn durch die erteilung einer befreiung würden die grundzüge der planung berührt werden. 55die grundzüge der planung bilden die den festsetzungen des bebauungsplans zugrunde liegende und in ihnen zum ausdruck kommende planerische konzeption. zur beantwortung der frage, ob die grundzüge der planung berührt werden, ist in jedem einzelfall anhand der festsetzungen des bebauungsplans und der entsprechenden begründungen eine planerische grundkonzeption herauszuarbeiten, der der jeweilige plan auch nach der änderung noch entsprechen muss. die grundzüge der planung werden dann nicht berührt, wenn der planerische grundgedanke, das zugrunde liegende leitbild, erhalten bleibt und wenn eine änderung minderem gewicht vorliegt, die noch von dem im jeweiligen plan zum ausdruck gekommenen planerischen willen der gemeinde umfasst ist. 56vgl. bverwg, beschluss vom 20. november 1989 – 4 b 163.89 -, zitiert nach juris; battis / krautzberger / löhr, baugb, 12. auflage 2014, § 13 rn. 2. 57ein berührtwerden der grundzüge der planung ist vor allem dann anzunehmen, wenn durch abweichungen von den festsetzungen des bebauungsplans in das interessengeflecht des bebauungsplans eingegriffen wird. denn je tiefer die befreiung in das interessengeflecht der planung eingreift, desto eher liegt der schluss auf eine änderung in der planungskonzeption nahe, die nur im wege der (um-)planung möglich ist. es handelt sich der sache nach um eine berücksichtigung des ergebnisses der abwägung über die von der planung berührten öffentlichen und privaten belange und des durch die getroffenen festsetzungen erfolgten ausgleichs von interessen, der nicht durch befreiungen in frage gestellt werden soll. 58vgl. bverwg, urteil vom 18. november 2010 – 4 c 10.09 -, mit weiteren nachweisen; ovg des saarlandes, beschluss vom 26. mai 2014 – 2 a 345/13; ovg hamburg, urteil vom 22. oktober 2013 – 2 bf 169/11 -; jeweils zitiert nach juris; ernst / zinkhan / bielenberg, baugb, stand: 1. januar 2014, § 31 rn. 37. 59ausweislich der begründung zum bebauungsplan nr. 817 verfolgt der plangeber das ziel, konfliktsituationen von benachbarten nutzungen mit unterschiedlicher empfindlichkeit zu bewältigen. die unmittelbar an die gartenseiten der wohnnutzung entlang der i1. straße grenzenden gewerbebetriebe sollen in ihrem emissionsverhalten getrennt werden (vgl. 3.1.1). mit den festsetzungen zum immissionsschutz könne einerseits ein verträgliches nebeneinander von wohnen und gewerbe sichergestellt und andererseits den vorhandenen betrieben rechtssicherheit gegeben werden (vgl. 5.1). zum schutz der vorhandenen wohnbebauung im plangebiet und der benachbarten wohngebiete sei die immissionswirksame einschränkung von gewerbegrundstücken erforderlich, die sich nach lage und baulichen bestand auf das wohnen nachteilig auswirken können. grundlage der emissionsgliederung sei dabei die pflicht zur gegenseitigen rücksichtnahme (vgl. 5.2.1.3). 60entgegen der ansicht des klägers kann die begründung des bebauungsplans nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die gewerbeansiedlung vorrangiges ziel der planung und die wohnnutzung nur nachrangig zu berücksichtigen sei. zwar soll durch den bebauungsplan auch die nutzung der gewerblichen flächen für produktion, handwerk, büro- und verwaltungseinrichtungen, lagerplätze, großhandel und speditionen gesichert werden (vgl. 5.2.1.1). aus der vorgenommenen feingliederung innerhalb des plangebietes in flächen ge01 bis ge11 wird jedoch ersichtlich, dass gerade in den gebieten ge01, ge04, ge05 und ge11, die unmittelbar entlang der plangrenze an wohnbebauung grenzen und in denen anlagen nach der abstandsklasse i bis v des abstandserlasses 1998 ausgeschlossen sein sollen, das ziel, die angrenzenden wohngebiete vor unverträglichen immissionen zu schützen, eindeutig im vordergrund steht. um den schutz der wohnbevölkerung vor unzumutbaren immissionen zu gewährleisten hat der plangeber in zulässiger weise auf den abstandserlass und die darin enthaltene emissionsgliederung verwiesen. da in allen gebieten, die unmittelbar an die wohngebiete grenzen, die in den abstandsklassen i bis v genannten anlagen vollständig ausgeschlossen werden, kam es dem plangeber in diesen bereichen vorrangig darauf an, potentielle nutzungskonflikte zwischen der gewerblichen nutzung und der an das plangebiet angrenzenden vorhandenen wohnbebauung zu vermeiden (vgl. 10.1.2) 61die beklagte hat unter berücksichtigung des ziels des bebauungsplan die erteilung einer befreiung nach § 31 abs. 2 baugb auch im übrigen ermessensfehlerfrei abgelehnt. sie durfte insbesondere im rahmen ihres ermessens darauf abstellen, dass bereits der anlieferverkehr bei einem schrottplatz zum teil auch aus offenen fahrzeugen besteht, deren ladung beim fahren zusätzliche geräusche verursacht und auf deren ladungssicherung der betreiber eines schrottplatzes keinen einfluss hat. 62entgegen der ansicht des klägers besteht ein anspruch auf erteilung einer befreiung nach § 31 abs. 2 baugb auch nicht unter dem aspekt, dass die altmetalle ausschließlich in einer halle sortiert werden und der hintere grundstücksabschnitt ungenutzt bleiben soll. selbst wenn die immissionsträchtigen sortiervorgänge durch die nutzung der halle von der angrenzenden wohnbebauung auf der i1. straße weitgehend abgeschirmt werden und die zulässigen immissionswerte laut schallgutachten nicht überschritten werden, bleibt es dabei, dass der schutz der angrenzenden wohngebiete nach dem willen den plangebers jedenfalls in diesem bereich des plangebietes im vordergrund stehen soll. vor allem aufgrund der bereits durch den an- und abfahrverkehr sowie das ent- und beladen der lastkraftwagen entstehenden geräuschimmissionen durfte die beklagte hier das erteilen einer befreiung in zulässiger weise ablehnen. 63schließlich kann dem kläger auch nicht darin gefolgt werden, eine befreiung nach § 31 abs. 2 baugb sei vorliegend aus dem grund geboten, da ausweislich des zu den akten gereichten lärmschutzgutachtens, die immissionswerte eingehalten würden. insbesondere lässt sich aus dem von dem kläger im rahmen der mündlichen verhandlung zu dieser argumentation in bezug genommenen urteil des ovg nrw vom 22. mai 2014 – 8 a 3002/11 – ein solcher schluss nicht ziehen. denn dem oberverwaltungsgericht lag bei seiner entscheidung ein bebauungsplan vor, nach dessen begründung „künftige betriebliche änderungen und entwicklungen bei den bestehenden betrieben so angelegt werden, dass das derzeitige immissionsniveau nicht erhöht wird.“ 64vgl. ovg nrw, urteil vom 22. mai 2014 – 8 a 3002/11 -, rn. 140,zitiert nach juris. 65der dem oberverwaltungsgericht zugrunde liegende fall ist damit nicht mit der hier zur überprüfung anstehenden genehmigungssituation in der hinsicht vergleichbar, dass allgemein ein befreiungsanspruch dann anzunehmen sei, wenn die immissionswerte durch das vorhaben nicht verschlechtert werden. ein solches kriterium, nach dem es dem plangeber darum ginge, das derzeitige immissionsniveau beizubehalten oder jedenfalls nicht zu erhöhen, ist der begründung zum bebauungsplan nr. 817 nicht zu entnehmen. 66die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 67die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung.
Verklagte*r
0
164,837
4 K 4110/13 E
2015-06-12T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten darüber, in welchem Umfang die Übertragung einer nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) auf einem landwirtschaftlich genutzten Grundstück gebildeten Wohneinheit zu einer Entnahme führt. 3Die Kläger sind Eheleute, die in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger betreibt eine landwirtschaftliche Rinderhaltung in E. Den Betrieb hatte er im Jahr 1993 von seiner Mutter übernommen. Der gesamte Betrieb umfasste ursprünglich eine Fläche von ca. 3,31 ha. Den größten Teil (1,9642 ha) machte das Grundstück Flur 11 Flurstück 20 aus, auf dem sich auch das (frühere) Wohnhaus, eine Mehrzweckhalle und die Wirtschaftsgebäude befanden. 4Mit notariellem Vertrag vom 13.1.2011 (UR des Notars O aus R) teilte der Kläger das Grundstück Flur 11 Flurstück 20 in zwei Wohnungs- und Teileigentumsanteile zum Zweck der geplanten Errichtung eines Doppelhauses. Die Wohneinheit 1 umfasste danach einen Miteigentumsanteil von 55/100 am Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an der südlichen Hälfte des geplanten Wohnhauses sowie mit dem Sondereigentum an sämtlichen landwirtschaftlichen Gebäuden. Die Wohneinheit 2 umfasste einen Miteigentumsanteil von 45/100 am Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an der nördlichen Hälfte des geplanten Wohnhauses. Das Sondereigentum an der Wohneinheit 1 wurde verbunden mit dem Sondernutzungsrecht an der gesamten Grundstücksfläche mit Ausnahme des Gartens und der Zufahrt der Wohneinheit 2. Dem Eigentümer der Wohneinheit 1 obliegt nach dem Vertrag die Unterhaltungspflicht bezüglich der landwirtschaftlichen Gebäude und der landwirtschaftlich genutzten Grundstücksfläche. 5Mit weiterem notariellen Vertrag vom 13.1.2011 (UR des Notars O aus R) übertrug der Kläger die Wohneinheit 2 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf seine älteste Tochter A. Der Übergang von Besitz, Nutzungen und Lasten erfolgte bereits mit Ablauf des 31.12.2010. Die Kosten für die Errichtung des geplanten Doppelhauses sollten danach für jeden Gebäudeteil anteilig vom jeweiligenEigentümer getragen werden. Unter bestimmten in § 5 des Vertrages genannten Voraussetzungen behielt sich der Kläger ein Rückforderungsrecht vor. Die Tochter bestellte den Klägern ein unentgeltliches Altenteilsrecht. Sie erklärte, mit der Übertragung vonallen erbrechtlichen Ansprüchen gegenüber ihren Eltern abgefunden zu sein (Pflichtteilsverzicht). 6Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beiden notariellen Verträge Bezug genommen. 7Die Wohneinheit 1 behielt der Kläger selbst. Die hierauf in der Folgezeit auf seine Kosten errichtete Doppelhaushälfte wird von der Familie der Kläger bewohnt. 8In seiner Gewinnermittlung für das Wirtschaftsjahr 2010/11 nach § 13a des Einkommensteuergesetzes (EStG) gab der Kläger neben dem Durchschnittssatzgewinn einen nach § 13a Abs. 6 EStG zu versteuernden Entnahmegewinn (vor Freibetrag) in Bezug auf die an seine Tochter übertragene Wohneinheit 2 in Höhe von 5.025,- EUR an. Dabei ging er von einer entnommenen Fläche von 202 m² (Doppelhaushälfte, Garten und Stellplätze der Wohneinheit 2) aus, die er mit einem Wert von 30,- EUR/m² ansetzte. Von dem so ermittelten Entnahmewert (6.060,- EUR) zog er einen Buchwert von 1.035,- EUR (202 m² * 5,12 EUR) ab. 9Der Beklagte legte den Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre 2010 und 2011 demgegenüber einen Entnahmegewinn (vor Freibetrag) des Wirtschaftsjahres 2010/11 in Höhe von insgesamt 54.103,- EUR zu Grunde. Dabei ging er davon aus, dass 45/100 der gesamten Grundstücksfläche (19.642 m² * 45 % = 8.838,90 m²) sowie die landwirtschaftlichen Gebäude insgesamt entnommen worden seien. Den Betrag ermittelte er wie folgt: 10 m² (100%) m² (45%) EUR /m² Entnahme-wert Buchwert Gewinn Neues Doppelhaus 450 202,5 30,- 6.075,00 1.036,80 5.038,20 Altes Wohnhaus 550 247,5 30,- 0,00 1.267,20 0,00 Hoffläche 880 396,0 15,- 5.940,00 2.027,52 3.912,48 Acker/Grünland 17.762 7.992,9 5,- 39.964,50 10.007,63 29.956,87 Summe Grundstück 19.642 8.838,9 38.907,55 Gebäude 15.196,00 Summe 54.103,00 11Für das bisherige Wohnhaus setzte der Beklagte keinen Entnahmegewinn an, weil der Kläger diese Fläche bereits zum 31.12.1998 steuerfrei aus seinem Betriebsvermögen entnommen hatte. Die Größe der anteiligen Grundstücksflächen, die Entnahmewerte sowie die Buchwerte sind zwischen den Beteiligten nicht streitig. 12Die hiergegen eingelegten Einsprüche der Kläger hatten insoweit Erfolg, als der Beklagte den Entnahmegewinn um den auf die Gebäude entfallenden Betrag (15.196,- EUR) auf 38.907,55 EUR minderte. Im Übrigen wies er die Einsprüche als unbegründet zurück. 13Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger vor, dass der auf die Wohneinheit 2 entfallende Miteigentumsanteil am landwirtschaftlichen Grundstück (mit Ausnahme von 202 m²) nicht entnommen worden sei. Vielmehr sei der Kläger insoweit wirtschaftlicher Eigentümer geblieben. Das verdinglichte Sondernutzungsrecht, das im Grundbuch im Bestandsverzeichnis (und nicht in Abteilung II) eingetragen sei, bestimme als eigentumsähnliches Gebrauchs- und Nutzungsrecht den Inhalt des Sondereigentums und sei damit dessen Bestandteil. Der Sondernutzungsberechtigte habe eine eigentümerähnliche Stellung. Er könne den anderen Wohnungseigentümer auf Dauer von der Nutzung ausschließen und nach Belieben mit dem Gegenstand des Sondernutzungsrechts verfahren (z.B. durch Vermietung). Dementsprechend stünden ihm auch Abwehransprüche gemäß § 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu. Das Recht könne auch nicht durch einseitige Aufgabeerklärung des Berechtigten (§ 875 BGB) aufgehoben werden. Es bestehe vielmehr für die Dauer des Teileigentums, da die Teilungserklärung keinen Anspruch auf Aufhebung oder Änderung des Sondernutzungsrechts enthalte. Zur Aufhebung sei die Vereinbarung aller Wohnungseigentümer gemäß § 10 Abs. 1 WEG erforderlich. Wirtschaftlich sei das Sondernutzungsrecht so viel wert wie die Eigentümerstellung an diesem Grundstücksanteil. Die Kläger hätten niemals beabsichtigt, ihrer Tochter einen derart großen Anteil am landwirtschaftlichen Grundstück zu übertragen. Der Anteil sei allein an dem Verhältnis der Flächen der beiden Wohnungen des zu errichtenden Doppelhauses bemessen worden. 14Die Kläger beantragen, 15die Einkommensteuerbescheide für 2010 vom 11.6.2012 und für 2011 vom 16.9.2013 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3.12.2013 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft um jeweils 16.941,- EUR niedriger als bisher angesetzt werden, 16hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen. 17Ferner beantragen die Kläger, 18die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären. 19Der Beklagte beantragt, 20die Klage abzuweisen. 21Er ist der Ansicht, dass neben dem zivilrechtlichen auch das wirtschaftliche Eigentum an 45/100 der Grundstücksfläche auf die Tochter übergegangen sei. Das Sondernutzungsrecht gebe dem Kläger nicht die Möglichkeit, sich den Substanzwert des Grundstücksanteils zu Eigen zu machen. Über die ihm als Sondernutzungsberechtigtem zustehenden Rechte hinaus könne er auch nicht nach Belieben mit dem Grundbesitz verfahren. Er trage nicht das Risiko einer Wertminderung und nehme nicht an Wertsteigerungen teil. Nach seinem rechtlichen und wirtschaftlichen Gehalt sei das Sondernutzungsrecht mit einem Nießbrauch vergleichbar. Der Nießbraucher sei aber in der Regel nicht wirtschaftlicher Eigentümer des belasteten Wirtschaftsguts. 22Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die Steuerakten des Beklagten Bezug genommen. 23In der Sache haben am 14.4.2015 ein Erörterungstermin vor dem Berichterstatter und am 12.6.2015 eine mündliche Verhandlung vor dem Senat stattgefunden. Auf die Sitzungsprotokolle wird Bezug genommen. 24Entscheidungsgründe: 25Die zulässige Klage ist unbegründet. 26I. Die Einkommensteuerbescheide für 2010 vom 11.6.2012 und für 2011 vom 16.9.2013 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3.12.2013 sind nicht rechtswidrig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung, FGO). 27Der Beklagte hat für das Wirtschaftsjahr 2010/11 zutreffend einen Entnahmegewinn in Höhe von 38.907,55 EUR bezogen auf 45/100 der gesamten Grundstücksfläche der Besteuerung zu Grunde gelegt. Bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen sind Gewinne aus der Entnahme von Grund und Boden und Gebäuden, soweit sie insgesamt 1.534,- EUR übersteigen, gemäß § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG zusätzlich zum Durchschnittswert anzusetzen. 28Der Kläger hat seinem landwirtschaftlichen Betrieb eine Grundstücksfläche von 45/100 entnommen, indem er seiner Tochter die Wohneinheit 2 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen hat. Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG). Durch die Übertragung an seine Tochter hat der Kläger einen Bruchteil von 45/100 seines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks aus dem betrieblichen Zusammenhang gelöst, weil es ihm steuerlich nicht mehr zuzurechnen ist. 291. Grundsätzlich sind Wirtschaftsgüter dem Eigentümer zuzurechnen (§ 39 Abs. 1 der Abgabenordnung, AO). Zivilrechtliche Eigentümerin der anteiligen Grundstücksfläche wurde mit der Übertragung der Wohneinheit 2 die Tochter des Klägers. Gemäß § 1 Abs. 2 WEG besteht Wohnungseigentum aus dem Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil am gemeinschaftlichen Eigentum.Gemeinschaftliches Eigentum ist unter anderem das Grundstück selbst (§ 1 Abs. 5 WEG). Dieser Miteigentumsanteil in Höhe von 45/100, der nach § 1008 BGB Bruchteileigentum darstellt, ist untrennbar mit der Wohneinheit 2 verbunden. Dies ergibt sich aus dem notariellen Vertrag vom 13.1.2011 (UR ), mit dem der Kläger die Teilung des Grundstücks vorgenommen hat und ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. 302. Der Kläger ist auch nicht wirtschaftlicher Eigentümer des auf die Wohneinheit 2 entfallenden Grundstücksteils geblieben. Durch das nach dem notariellen Vertrag mit der Wohneinheit 1, die der Kläger zurückbehalten hat, verbundene Sondernutzungsrecht an der gesamten Grundstücksfläche hat der Kläger nicht das wirtschaftlicheEigentum am Grundstücksteil zurückbehalten. Gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO ist ein Wirtschaftsgut einem anderen als dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen, wenn dieser die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. 31a. Diese Definition des wirtschaftlichen Eigentümers umfasst eine Mehrzahl ungleichartiger zivilrechtlicher Rechtslagen, die Nichteigentümern eine eigentumsähnliche Rechtsposition verschaffen. Die Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO erfordert deshalb die Bildung von Fallgruppen und eine wertende Zuordnung. Entscheidend ist danach, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer eine - auch rechtlich abgesicherte - Position hat, die es ihm ermöglicht, diesen dauerhaft derart von der Einwirkung auf den betreffenden Gegenstand auszuschließen, dass seinem Herausgabeanspruch bei dem für die gewählte Gestaltung typischen Verlauf zumindest tatsächlich keine nennenswerte praktische Bedeutung zukommt (BFH-Urteil vom 27.11.1996 X R 92/92, BStBl II 1998, 97). 32Dementsprechend ist nach ständiger Rechtsprechung ein Vorbehaltsnießbraucher nur dann wirtschaftlicher Eigentümer, wenn sich seine rechtliche und tatsächliche Stellung gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer des Grundstücks von der typischen Position eines Nießbrauches so deutlich unterscheidet, dass er die tatsächliche Herrschaft über das belastete Grundstück ausübt. Eine bloße Nutzungsbefugnis genügt für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums nicht. Vielmehr muss der Nießbraucher das wirtschaftliche Risiko einer Wertminderung tragen und an Wertsteigerungen teilnehmen, was nicht der Fall ist, wenn er weder die Möglichkeit hat, sich selbst den Substanzwert des Grundstücks zu eigen zu machen noch sonst vergleichbar einem Eigentümer nach Belieben mit dem Grundstück zu verfahren (BFH-Urteil vom 28.7.1999 X R 38/98, BStBl II 2000, 653 m.w.N.). Bei einem Dauerwohnrecht nach § 31 WEG ist der Dauernutzungsberechtigte nur dann wirtschaftlicher Eigentümer, wenn ihm Substanz und Ertrag der Wohnung wirtschaftlich zustehen. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn bei Nutzungsbeendigung dem bisher Berechtigten ein Anspruch auf Ersatz des vollen Verkehrswertes der Wohnung gegen den zivilrechtlichen Eigentümer zusteht. Dies gilt auch dann, wenn das Dauerwohnrecht zeitlich unbegrenzt und damit für die voraussichtliche Nutzungsdauer der Wohnung bestellt wurde (BFH-Urteil vom 29.3.2007 IX R 14/06, BFH/NV 2007, 1471). 33b. Unter Anwendung dieser Grundsätze auf das im Streitfall vereinbarte Sondernutzungsrecht des Klägers am gesamten Grundstück führt dies nicht zur Zurückbehaltung wirtschaftlichen Eigentums. Nach seinem wirtschaftlichen Gehalt geht das in § 5 Abs. 4 WEG vorgesehene Sondernutzungsrecht nicht über ein Nießbrauchsrecht hinaus. 34aa. Ein Sondernutzungsrecht ist das Recht zur befristeten oder unbefristeten Nutzung von Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums durch einen oder einige Wohnungseigentümer unter Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer vom Mitgebrauch. Der Gegenstand des Sondernutzungsrechts bleibt weiterhin gemeinschaftliches Eigentum gemäß § 1 Abs. 5 WEG. Es vermittelt das alleinige Gebrauchs- und Nutzungsrecht am Grundstück einschließlich der Fruchtziehung (Bassenge in Palandt, § 13 WEG Rn. 15 f.). Auch die Möglichkeit der Vermietung und Verpachtung ist umfasst. Sinn des Sondernutzungsrechts ist es, einzelnen Wohnungseigentümern den Gebrauch bestimmter Grundstücksteile (z.B. Parkplätze oder Gärten) unter Ausschluss der anderen Wohnungseigentümer zu verschaffen. Dies ist auf andere Weise nicht möglich, da Sondereigentum gemäß §§ 5 Abs. 1, 3 Abs. 1 WEG nur an Wohnungen und Räumen eingeräumt werden kann, nicht aber an Grundstücksteilen. 35Die Rechtsposition des Sondernutzungsberechtigten ist insoweit schwächer als diejenige eines Eigentümers, als bauliche Veränderungen nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer zulässig sind (§ 22 WEG). Hiervon enthält der notarielle Vertrag vom 13.1.2011 (UR 18/2011) keine abweichenden Regelungen. Vielmehr ist der Sondernutzungsberechtigte nur berechtigt, die dem Sondernutzungsrecht unterliegende Fläche in ortsüblicher Weise von der angrenzenden Sondernutzungsfläche bzw. Nachbargrundstücken durch Zaun und Bewuchs abzutrennen (§ 3 Abs. 2 des Vertrages). 36bb. Zudem ist eine isolierte Übertragung des mit dem Sondernutzungsrecht belasteten Grundstücks nicht möglich. Ein Verkauf kann nur durch alle Wohnungseigentümer gemeinsam erfolgen. Jede Abänderung des Rechts bedarf ebenfalls der Zustimmung aller Wohnungseigentümer. Dass der Sondernutzungsberechtigte die mit dem vom Sondernutzungsrecht erfassten Grundstück im Zusammenhang stehenden Aufwendungen und Lasten trägt, reicht für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums nicht aus, da die Rechtsposition auch insoweit ähnlich derjenigen eines Nießbrauchers ist, der ebenfalls grundsätzlich kein wirtschaftlicher Eigentümer ist. Ein etwaiger Abwehranspruch nach § 1004 BGB steht gemäß § 1065 BGB auch einem Nießbraucher zu, so dass sich hieraus ebenfalls keine andere Beurteilung ergeben kann. 37cc. Im Fall einer Veräußerung des Grundstücks (durch alle Wohnungseigentümer) hat der Sondernutzungsberechtigte gerade nicht die Möglichkeit, sich den Substanzwert des Grundstücks zu eigen zu machen. Vielmehr steht der auf den Miteigentumsanteil der anderen Wohnungseigentümer entfallende Kaufpreisanteil nicht ihm, sondern jedem Eigentümer anteilig zu. Im Streitfall sind hiervon abweichende Vereinbarungen aus den notariellen Verträgen vom 13.1.2011 nicht ersichtlich. Damit nimmt nicht der Kläger, sondern allein seine Tochter an Wertsteigerungen bezüglich ihres Miteigentumsanteils am Grundstück (45/100) teil. Sie trägt insoweit auch das wirtschaftliche Risiko einer Wertminderung. Im Fall etwaiger Bodenbelastungen hätte sie als Miteigentümerin einen entsprechenden Anteil der Beseitigungskosten zu tragen. 38dd. Dass das Sondernutzungsrecht zeitlich unbeschränkt vereinbart wurde und damit dauerhaft besteht, führt nicht zur Begründung wirtschaftlichen Eigentums. Diesbezüglich besteht zwar ein Unterschied zum Nießbrauchsrecht, das grundsätzlich mit dem Tod des Nießbrauchers erlischt (§ 1061 Satz 1 BGB). Andererseits wird ein Dauerwohnrecht im Sinne von § 31 WEG, das grundsätzlich kein wirtschaftliches Eigentum vermittelt (siehe oben), typischerweise ebenfalls dauerhaft eingeräumt, da es gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 WEG veräußerlich und vererblich ist. 39Das im Vertrag vom 13.1.2011 (UR 19/2011) für bestimmte Fälle vereinbarte Rückkaufsrecht des Klägers (z.B. für den Fall der Veräußerung der eigenen Wohneinheit der Tochter ohne Zustimmung des Klägers) reicht ebenfalls nicht aus, um wirtschaftliches Eigentum zu begründen. Hierbei handelt es sich um ein rein schuldrechtliches Veräußerungsverbot, das für sich genommen keine Änderung der wirtschaftlichen Zurechnung bewirken kann (vgl. BFH-Urteil vom 28.7.1999 X R 38/98, BStBl II 2000, 653). 40Auch der Umstand, dass das Sondernutzungsrecht im Grundbuch - anders als das Nießbrauchsrecht - im Bestandsverzeichnis und nicht in Abteilung II eingetragen ist, ändert an dieser Beurteilung nichts. Maßgeblich für die Annahme wirtschaftlichenEigentums ist nicht die grundbuchrechtliche Erfassung eines Rechts sondern dessen wirtschaftlicher Gehalt. 413. Der Beklagte hat die Höhe des auf die Übertragung des Miteigentumsanteils an die Tochter entfallenden Entnahmegewinns zutreffend ermittelt. Bezüglich der zu Grunde gelegten Entnahme- und Buchwerte ist zwischen den Beteiligten Einvernehmen erzielt worden. 42II. Ob der Beklagte im Hinblick auf den Miteigentumsanteil des Klägers am Grundstück, der auf die von den Klägern selbst genutzte Doppelhaushälfte nebst Garten etc. entfällt, einen weiteren Entnahmegewinn hätte berücksichtigen müssen, weil dieser Grundstücksteil insgesamt (und nicht nur zu 45/100) privat genutzt wird, kann dahinstehen. Eine Verböserung ist im Klageverfahren nicht zulässig (z.B. BFH-Urteil vom 26.11.1997 X R 146/94, BFH/NV 1998, 961). 43III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. 44IV. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen. Zu der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Sondernutzungsrecht im Sinne des WEG wirtschaftliches Eigentum begründen kann, liegt bisher keine Rechtsprechung vor.
die klage wird abgewiesen. die kläger tragen die kosten des verfahrens. die revision wird zugelassen. 1
2die beteiligten streiten darüber, in welchem umfang die übertragung einer nach dem wohnungseigentumsgesetz (weg) auf einem landwirtschaftlich genutzten grundstück gebildeten wohneinheit zu einer entnahme führt. 3die kläger sind eheleute, die in den streitjahren zusammen zur einkommensteuer veranlagt wurden. der kläger betreibt eine landwirtschaftliche rinderhaltung in e. den betrieb hatte er im jahr 1993 von seiner mutter übernommen. der gesamte betrieb umfasste ursprünglich eine fläche von ca. 3,31 ha. den größten teil (1,9642 ha) machte das grundstück flur 11 flurstück 20 aus, auf dem sich auch das (frühere) wohnhaus, eine mehrzweckhalle und die wirtschaftsgebäude befanden. 4mit notariellem vertrag vom 13.1.2011 (ur des notars o aus r) teilte der kläger das grundstück flur 11 flurstück 20 in zwei wohnungs- und teileigentumsanteile zum zweck der geplanten errichtung eines doppelhauses. die wohneinheit 1 umfasste danach einen miteigentumsanteil von 55/100 am grundstück verbunden mit dem sondereigentum an der südlichen hälfte des geplanten wohnhauses sowie mit dem sondereigentum an sämtlichen landwirtschaftlichen gebäuden. die wohneinheit 2 umfasste einen miteigentumsanteil von 45/100 am grundstück verbunden mit dem sondereigentum an der nördlichen hälfte des geplanten wohnhauses. das sondereigentum an der wohneinheit 1 wurde verbunden mit dem sondernutzungsrecht an der gesamten grundstücksfläche mit ausnahme des gartens und der zufahrt der wohneinheit 2. dem eigentümer der wohneinheit 1 obliegt nach dem vertrag die unterhaltungspflicht bezüglich der landwirtschaftlichen gebäude und der landwirtschaftlich genutzten grundstücksfläche. 5mit weiterem notariellen vertrag vom 13.1.2011 (ur des notars o aus r) übertrug der kläger die wohneinheit 2 im wege der vorweggenommenen erbfolge auf seine älteste tochter a. der übergang von besitz, nutzungen und lasten erfolgte bereits mit ablauf des 31.12.2010. die kosten für die errichtung des geplanten doppelhauses sollten danach für jeden gebäudeteil anteilig vom jeweiligeneigentümer getragen werden. unter bestimmten in § 5 des vertrages genannten voraussetzungen behielt sich der kläger ein rückforderungsrecht vor. die tochter bestellte den klägern ein unentgeltliches altenteilsrecht. sie erklärte, mit der übertragung vonallen erbrechtlichen ansprüchen gegenüber ihren eltern abgefunden zu sein (pflichtteilsverzicht). 6wegen der weiteren einzelheiten wird auf die beiden notariellen verträge bezug genommen. 7die wohneinheit 1 behielt der kläger selbst. die hierauf in der folgezeit auf seine kosten errichtete doppelhaushälfte wird von der familie der kläger bewohnt. 8in seiner gewinnermittlung für das wirtschaftsjahr 2010/11 nach § 13a des einkommensteuergesetzes (estg) gab der kläger neben dem durchschnittssatzgewinn einen nach § 13a abs. 6 estg zu versteuernden entnahmegewinn (vor freibetrag) in bezug auf die an seine tochter übertragene wohneinheit 2 in höhe von 5.025,- eur an. dabei ging er von einer entnommenen fläche von 202 m² (doppelhaushälfte, garten und stellplätze der wohneinheit 2) aus, die er mit einem wert von 30,- eur/m² ansetzte. von dem so ermittelten entnahmewert (6.060,- eur) zog er einen buchwert von 1.035,- eur (202 m² * 5,12 eur) ab. 9der beklagte legte den einkommensteuerbescheiden für die streitjahre 2010 und 2011 demgegenüber einen entnahmegewinn (vor freibetrag) des wirtschaftsjahres 2010/11 in höhe von insgesamt 54.103,- eur zu grunde. dabei ging er davon aus, dass 45/100 der gesamten grundstücksfläche (19.642 m² * 45 % = 8.838,90 m²) sowie die landwirtschaftlichen gebäude insgesamt entnommen worden seien. den betrag ermittelte er wie folgt: 10 m² (100%) m² (45%) eur /m² entnahme-wert buchwert gewinn neues doppelhaus 450 202,5 30,- 6.075,00 1.036,80 5.038,20 altes wohnhaus 550 247,5 30,- 0,00 1.267,20 0,00 hoffläche 880 396,0 15,- 5.940,00 2.027,52 3.912,48 acker/grünland 17.762 7.992,9 5,- 39.964,50 10.007,63 29.956,87 summe grundstück 19.642 8.838,9 38.907,55 gebäude 15.196,00 summe 54.103,00 11für das bisherige wohnhaus setzte der beklagte keinen entnahmegewinn an, weil der kläger diese fläche bereits zum 31.12.1998 steuerfrei aus seinem betriebsvermögen entnommen hatte. die größe der anteiligen grundstücksflächen, die entnahmewerte sowie die buchwerte sind zwischen den beteiligten nicht streitig. 12die hiergegen eingelegten einsprüche der kläger hatten insoweit erfolg, als der beklagte den entnahmegewinn um den auf die gebäude entfallenden betrag (15.196,- eur) auf 38.907,55 eur minderte. im übrigen wies er die einsprüche als unbegründet zurück. 13zur begründung ihrer klage tragen die kläger vor, dass der auf die wohneinheit 2 entfallende miteigentumsanteil am landwirtschaftlichen grundstück (mit ausnahme von 202 m²) nicht entnommen worden sei. vielmehr sei der kläger insoweit wirtschaftlicher eigentümer geblieben. das verdinglichte sondernutzungsrecht, das im grundbuch im bestandsverzeichnis (und nicht in abteilung ii) eingetragen sei, bestimme als eigentumsähnliches gebrauchs- und nutzungsrecht den inhalt des sondereigentums und sei damit dessen bestandteil. der sondernutzungsberechtigte habe eine eigentümerähnliche stellung. er könne den anderen wohnungseigentümer auf dauer von der nutzung ausschließen und nach belieben mit dem gegenstand des sondernutzungsrechts verfahren (z.b. durch vermietung). dementsprechend stünden ihm auch abwehransprüche gemäß § 1004 des bürgerlichen gesetzbuches (bgb) zu. das recht könne auch nicht durch einseitige aufgabeerklärung des berechtigten (§ 875 bgb) aufgehoben werden. es bestehe vielmehr für die dauer des teileigentums, da die teilungserklärung keinen anspruch auf aufhebung oder änderung des sondernutzungsrechts enthalte. zur aufhebung sei die vereinbarung aller wohnungseigentümer gemäß § 10 abs. 1 weg erforderlich. wirtschaftlich sei das sondernutzungsrecht so viel wert wie die eigentümerstellung an diesem grundstücksanteil. die kläger hätten niemals beabsichtigt, ihrer tochter einen derart großen anteil am landwirtschaftlichen grundstück zu übertragen. der anteil sei allein an dem verhältnis der flächen der beiden wohnungen des zu errichtenden doppelhauses bemessen worden. 14die kläger beantragen, 15die einkommensteuerbescheide für 2010 vom 11.6.2012 und für 2011 vom 16.9.2013 jeweils in gestalt der einspruchsentscheidung vom 3.12.2013 dahingehend zu ändern, dass die einkünfte des klägers aus land- und forstwirtschaft um jeweils 16.941,- eur niedriger als bisher angesetzt werden, 16hilfsweise für den unterliegensfall, die revision zuzulassen. 17ferner beantragen die kläger, 18die zuziehung eines bevollmächtigten im vorverfahren für notwendig zu erklären. 19der beklagte beantragt, 20die klage abzuweisen. 21er ist der ansicht, dass neben dem zivilrechtlichen auch das wirtschaftliche eigentum an 45/100 der grundstücksfläche auf die tochter übergegangen sei. das sondernutzungsrecht gebe dem kläger nicht die möglichkeit, sich den substanzwert des grundstücksanteils zu eigen zu machen. über die ihm als sondernutzungsberechtigtem zustehenden rechte hinaus könne er auch nicht nach belieben mit dem grundbesitz verfahren. er trage nicht das risiko einer wertminderung und nehme nicht an wertsteigerungen teil. nach seinem rechtlichen und wirtschaftlichen gehalt sei das sondernutzungsrecht mit einem nießbrauch vergleichbar. der nießbraucher sei aber in der regel nicht wirtschaftlicher eigentümer des belasteten wirtschaftsguts. 22wegen der weiteren einzelheiten wird auf die schriftsätze der beteiligten sowie auf die steuerakten des beklagten bezug genommen. 23in der sache haben am 14.4.2015 ein erörterungstermin vor dem berichterstatter und am 12.6.2015 eine mündliche verhandlung vor dem senat stattgefunden. auf die sitzungsprotokolle wird bezug genommen. 24
25die zulässige klage ist unbegründet. 26i. die einkommensteuerbescheide für 2010 vom 11.6.2012 und für 2011 vom 16.9.2013 jeweils in gestalt der einspruchsentscheidung vom 3.12.2013 sind nicht rechtswidrig und verletzen die kläger nicht in ihren rechten (§ 100 abs. 1 satz 1 der finanzgerichtsordnung, fgo). 27der beklagte hat für das wirtschaftsjahr 2010/11 zutreffend einen entnahmegewinn in höhe von 38.907,55 eur bezogen auf 45/100 der gesamten grundstücksfläche der besteuerung zu grunde gelegt. bei der gewinnermittlung nach durchschnittssätzen sind gewinne aus der entnahme von grund und boden und gebäuden, soweit sie insgesamt 1.534,- eur übersteigen, gemäß § 13a abs. 6 satz 1 nr. 2 estg zusätzlich zum durchschnittswert anzusetzen. 28der kläger hat seinem landwirtschaftlichen betrieb eine grundstücksfläche von 45/100 entnommen, indem er seiner tochter die wohneinheit 2 im wege der vorweggenommenen erbfolge übertragen hat. entnahmen sind alle wirtschaftsgüter, die der steuerpflichtige dem betrieb für sich, seinen haushalt oder für andere betriebsfremde zwecke im laufe des wirtschaftsjahres entnommen hat (§ 4 abs. 1 satz 2 estg). durch die übertragung an seine tochter hat der kläger einen bruchteil von 45/100 seines landwirtschaftlich genutzten grundstücks aus dem betrieblichen zusammenhang gelöst, weil es ihm steuerlich nicht mehr zuzurechnen ist. 291. grundsätzlich sind wirtschaftsgüter dem eigentümer zuzurechnen (§ 39 abs. 1 der abgabenordnung, ao). zivilrechtliche eigentümerin der anteiligen grundstücksfläche wurde mit der übertragung der wohneinheit 2 die tochter des klägers. gemäß § 1 abs. 2 weg besteht wohnungseigentum aus dem sondereigentum an einer wohnung in verbindung mit dem miteigentumsanteil am gemeinschaftlichen eigentum.gemeinschaftliches eigentum ist unter anderem das grundstück selbst (§ 1 abs. 5 weg). dieser miteigentumsanteil in höhe von 45/100, der nach § 1008 bgb bruchteileigentum darstellt, ist untrennbar mit der wohneinheit 2 verbunden. dies ergibt sich aus dem notariellen vertrag vom 13.1.2011 (ur ), mit dem der kläger die teilung des grundstücks vorgenommen hat und ist zwischen den beteiligten auch nicht streitig. 302. der kläger ist auch nicht wirtschaftlicher eigentümer des auf die wohneinheit 2 entfallenden grundstücksteils geblieben. durch das nach dem notariellen vertrag mit der wohneinheit 1, die der kläger zurückbehalten hat, verbundene sondernutzungsrecht an der gesamten grundstücksfläche hat der kläger nicht das wirtschaftlicheeigentum am grundstücksteil zurückbehalten. gemäß § 39 abs. 2 nr. 1 satz 1 ao ist ein wirtschaftsgut einem anderen als dem zivilrechtlichen eigentümer zuzurechnen, wenn dieser die tatsächliche herrschaft über das wirtschaftsgut in der weise ausübt, dass er den eigentümer im regelfall für die gewöhnliche nutzungsdauer von der einwirkung auf das wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. 31a. diese definition des wirtschaftlichen eigentümers umfasst eine mehrzahl ungleichartiger zivilrechtlicher rechtslagen, die nichteigentümern eine eigentumsähnliche rechtsposition verschaffen. die anwendung des § 39 abs. 2 nr. 1 ao erfordert deshalb die bildung von fallgruppen und eine wertende zuordnung. entscheidend ist danach, ob nach dem gesamtbild der verhältnisse im jeweiligen einzelfall ein anderer als der zivilrechtliche eigentümer eine - auch rechtlich abgesicherte - position hat, die es ihm ermöglicht, diesen dauerhaft derart von der einwirkung auf den betreffenden gegenstand auszuschließen, dass seinem herausgabeanspruch bei dem für die gewählte gestaltung typischen verlauf zumindest tatsächlich keine nennenswerte praktische bedeutung zukommt (bfh-urteil vom 27.11.1996 x r 92/92, bstbl ii 1998, 97). 32dementsprechend ist nach ständiger rechtsprechung ein vorbehaltsnießbraucher nur dann wirtschaftlicher eigentümer, wenn sich seine rechtliche und tatsächliche stellung gegenüber dem zivilrechtlichen eigentümer des grundstücks von der typischen position eines nießbrauches so deutlich unterscheidet, dass er die tatsächliche herrschaft über das belastete grundstück ausübt. eine bloße nutzungsbefugnis genügt für die annahme wirtschaftlichen eigentums nicht. vielmehr muss der nießbraucher das wirtschaftliche risiko einer wertminderung tragen und an wertsteigerungen teilnehmen, was nicht der fall ist, wenn er weder die möglichkeit hat, sich selbst den substanzwert des grundstücks zu eigen zu machen noch sonst vergleichbar einem eigentümer nach belieben mit dem grundstück zu verfahren (bfh-urteil vom 28.7.1999 x r 38/98, bstbl ii 2000, 653 m.w.n.). bei einem dauerwohnrecht nach § 31 weg ist der dauernutzungsberechtigte nur dann wirtschaftlicher eigentümer, wenn ihm substanz und ertrag der wohnung wirtschaftlich zustehen. dies ist unter anderem dann der fall, wenn bei nutzungsbeendigung dem bisher berechtigten ein anspruch auf ersatz des vollen verkehrswertes der wohnung gegen den zivilrechtlichen eigentümer zusteht. dies gilt auch dann, wenn das dauerwohnrecht zeitlich unbegrenzt und damit für die voraussichtliche nutzungsdauer der wohnung bestellt wurde (bfh-urteil vom 29.3.2007 ix r 14/06, bfh/nv 2007, 1471). 33b. unter anwendung dieser grundsätze auf das im streitfall vereinbarte sondernutzungsrecht des klägers am gesamten grundstück führt dies nicht zur zurückbehaltung wirtschaftlichen eigentums. nach seinem wirtschaftlichen gehalt geht das in § 5 abs. 4 weg vorgesehene sondernutzungsrecht nicht über ein nießbrauchsrecht hinaus. 34aa. ein sondernutzungsrecht ist das recht zur befristeten oder unbefristeten nutzung von teilen des gemeinschaftlichen eigentums durch einen oder einige wohnungseigentümer unter ausschluss der übrigen wohnungseigentümer vom mitgebrauch. der gegenstand des sondernutzungsrechts bleibt weiterhin gemeinschaftliches eigentum gemäß § 1 abs. 5 weg. es vermittelt das alleinige gebrauchs- und nutzungsrecht am grundstück einschließlich der fruchtziehung (bassenge in palandt, § 13 weg rn. 15 f.). auch die möglichkeit der vermietung und verpachtung ist umfasst. sinn des sondernutzungsrechts ist es, einzelnen wohnungseigentümern den gebrauch bestimmter grundstücksteile (z.b. parkplätze oder gärten) unter ausschluss der anderen wohnungseigentümer zu verschaffen. dies ist auf andere weise nicht möglich, da sondereigentum gemäß §§ 5 abs. 1, 3 abs. 1 weg nur an wohnungen und räumen eingeräumt werden kann, nicht aber an grundstücksteilen. 35die rechtsposition des sondernutzungsberechtigten ist insoweit schwächer als diejenige eines eigentümers, als bauliche veränderungen nur mit zustimmung aller wohnungseigentümer zulässig sind (§ 22 weg). hiervon enthält der notarielle vertrag vom 13.1.2011 (ur 18/2011) keine abweichenden regelungen. vielmehr ist der sondernutzungsberechtigte nur berechtigt, die dem sondernutzungsrecht unterliegende fläche in ortsüblicher weise von der angrenzenden sondernutzungsfläche bzw. nachbargrundstücken durch zaun und bewuchs abzutrennen (§ 3 abs. 2 des vertrages). 36bb. zudem ist eine isolierte übertragung des mit dem sondernutzungsrecht belasteten grundstücks nicht möglich. ein verkauf kann nur durch alle wohnungseigentümer gemeinsam erfolgen. jede abänderung des rechts bedarf ebenfalls der zustimmung aller wohnungseigentümer. dass der sondernutzungsberechtigte die mit dem vom sondernutzungsrecht erfassten grundstück im zusammenhang stehenden aufwendungen und lasten trägt, reicht für die annahme wirtschaftlichen eigentums nicht aus, da die rechtsposition auch insoweit ähnlich derjenigen eines nießbrauchers ist, der ebenfalls grundsätzlich kein wirtschaftlicher eigentümer ist. ein etwaiger abwehranspruch nach § 1004 bgb steht gemäß § 1065 bgb auch einem nießbraucher zu, so dass sich hieraus ebenfalls keine andere beurteilung ergeben kann. 37cc. im fall einer veräußerung des grundstücks (durch alle wohnungseigentümer) hat der sondernutzungsberechtigte gerade nicht die möglichkeit, sich den substanzwert des grundstücks zu eigen zu machen. vielmehr steht der auf den miteigentumsanteil der anderen wohnungseigentümer entfallende kaufpreisanteil nicht ihm, sondern jedem eigentümer anteilig zu. im streitfall sind hiervon abweichende vereinbarungen aus den notariellen verträgen vom 13.1.2011 nicht ersichtlich. damit nimmt nicht der kläger, sondern allein seine tochter an wertsteigerungen bezüglich ihres miteigentumsanteils am grundstück (45/100) teil. sie trägt insoweit auch das wirtschaftliche risiko einer wertminderung. im fall etwaiger bodenbelastungen hätte sie als miteigentümerin einen entsprechenden anteil der beseitigungskosten zu tragen. 38dd. dass das sondernutzungsrecht zeitlich unbeschränkt vereinbart wurde und damit dauerhaft besteht, führt nicht zur begründung wirtschaftlichen eigentums. diesbezüglich besteht zwar ein unterschied zum nießbrauchsrecht, das grundsätzlich mit dem tod des nießbrauchers erlischt (§ 1061 satz 1 bgb). andererseits wird ein dauerwohnrecht im sinne von § 31 weg, das grundsätzlich kein wirtschaftliches eigentum vermittelt (siehe oben), typischerweise ebenfalls dauerhaft eingeräumt, da es gemäß § 33 abs. 1 satz 1 weg veräußerlich und vererblich ist. 39das im vertrag vom 13.1.2011 (ur 19/2011) für bestimmte fälle vereinbarte rückkaufsrecht des klägers (z.b. für den fall der veräußerung der eigenen wohneinheit der tochter ohne zustimmung des klägers) reicht ebenfalls nicht aus, um wirtschaftliches eigentum zu begründen. hierbei handelt es sich um ein rein schuldrechtliches veräußerungsverbot, das für sich genommen keine änderung der wirtschaftlichen zurechnung bewirken kann (vgl. bfh-urteil vom 28.7.1999 x r 38/98, bstbl ii 2000, 653). 40auch der umstand, dass das sondernutzungsrecht im grundbuch - anders als das nießbrauchsrecht - im bestandsverzeichnis und nicht in abteilung ii eingetragen ist, ändert an dieser beurteilung nichts. maßgeblich für die annahme wirtschaftlicheneigentums ist nicht die grundbuchrechtliche erfassung eines rechts sondern dessen wirtschaftlicher gehalt. 413. der beklagte hat die höhe des auf die übertragung des miteigentumsanteils an die tochter entfallenden entnahmegewinns zutreffend ermittelt. bezüglich der zu grunde gelegten entnahme- und buchwerte ist zwischen den beteiligten einvernehmen erzielt worden. 42ii. ob der beklagte im hinblick auf den miteigentumsanteil des klägers am grundstück, der auf die von den klägern selbst genutzte doppelhaushälfte nebst garten etc. entfällt, einen weiteren entnahmegewinn hätte berücksichtigen müssen, weil dieser grundstücksteil insgesamt (und nicht nur zu 45/100) privat genutzt wird, kann dahinstehen. eine verböserung ist im klageverfahren nicht zulässig (z.b. bfh-urteil vom 26.11.1997 x r 146/94, bfh/nv 1998, 961). 43iii. die kostenentscheidung folgt aus § 135 abs. 1 fgo. 44iv. die revision ist wegen grundsätzlicher bedeutung (§ 115 abs. 2 nr. 1 fgo) zuzulassen. zu der frage, ob und unter welchen voraussetzungen ein sondernutzungsrecht im sinne des weg wirtschaftliches eigentum begründen kann, liegt bisher keine rechtsprechung vor.
Verklagte*r
0
321,786
L 19 AS 704/19
2019-07-25T00:00:00
Urteil
Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 01.10.2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger begehrt die Gewährung von höheren Grundsicherungsleistungen in Form eines Zuschusses zu den Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 26 Abs. 1 SGB II i.d. bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung für die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.04.2011. 3Der Kläger ist als selbständiger Rechtsanwalt tätig. Er bewohnte eine ca. 20 m² große Wohnung. Die Bruttowarmmiete im streitbefangenen Zeitraum belief sich auf 270,98 EUR monatlich (Grundmiete i.H.v. 203,43 EUR + Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung i.H.v. 75,55 EUR). Die Warmwassererzeugung erfolgte zentral. Mit weiterem Mietvertrag vom 20.05.2000 mietete der Kläger einen Tiefgaragenplatz gegen ein monatliches Entgelt i.H.v. 20,45 EUR an. 4Mit Bescheid vom 03.11.2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger vorläufig Grundsicherungsleistungen unter Berufung auf §§ 40 Abs. 1 Nr. 2 SGB II i.d.F. bis zum 31.12.2010, 328 SGB III für die Zeit vom 01.11.2010 bis 30.04.2011 i.H.v. 670,98 EUR monatlich (Regelbedarf 359,00 EUR + Bedarfe für Unterkunft und Heizung 270,98 EUR + Zuschuss zu den Beiträgen zur Rentenversicherung 40,80 EUR). Im Bescheid hieß es u.a., dass eine bevorstehende Rechtsänderung vorsehe, dass die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld II zum 01.01.2011 entfalle. 5Mit Bescheid vom 26.03.2011 setzte der Beklagte die bewilligten Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.04.2011 unter Berufung auf § 48 Abs. 1 SGB X auf 634,98 EUR monatlich (Regelbedarf i.H.v. 364,00 EUR + Bedarfe für Unterkunft und Heizung i.H.v. 270,98 EUR) herab. Er berücksichtigte ab dem 01.01.2011 keinen Zuschuss zu den Beiträgen zur Rentenversicherung. In dem Bescheid heißt es u.a., dass soweit die Leistungen bisher vorläufig bewilligt worden seien, bleibe die Vorläufigkeit bestehen. 6Am 11.04.2011 erhob der Kläger Klage, S 37 AS 1494/11, mit dem Begehren, den Beklagten zu verpflichten, die mit Bescheid vom 03.11.2010 bewilligten Leistungen einschließlich des Zuschusses zur Rentenversicherung für die Monate März und April 2011 auszuzahlen. Er machte geltend, dass er den Änderungsbescheid vom 26.03.2011 nicht erhalten habe. Mit Urteil vom 18.11.2011 wies das Sozialgericht Köln die Klage ab. Die hiergegen eingelegten Rechtsmittel blieben erfolglos (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.10.2012 - L 12 AS 2309/11, Bundessozialgericht, Beschluss vom 23.05.2012 - B 4 AS 294/12 B). 7Mit Schreiben 01.08.2011 legte der Kläger Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 26.03.2011 ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.09.2012 zurückwies. Mit Urteil vom 20.03.2015 hob das Sozialgericht Köln, S 5 AS 3879/12, den Bescheid vom 26.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2012 auf. 8Der Änderungsbescheid vom 26.03.2011 wurde von Mitarbeitern des Beklagten am 24.04.2015 in den Briefkasten des Klägers eingeworfen. 9Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und machte geltend, der Beklagte sei an die Regelungen aus dem Bewilligungsbescheid vom 03.11.2010 gebunden. Es liege kein Grund für eine rückwirkende Aufhebung dieser Entscheidung vor und der Änderungsbescheid leide auch an einem Begründungsmangel. Ferner fehle es an einem Rechtsgrund für einen neuen Vorläufigkeitsvorbehalt. Mit Bescheid vom 01.09.2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.12.2010 i.H.v. 670,78 EUR monatlich und für die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.04.2011 i.H.v. 634,98 EUR monatlich. 10Mit Widerspruchsbescheid vom 09.09.2015 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 26.03.2011/24.04.2015 als unzulässig zurück. Der angegriffene vorläufige Bescheid vom 24.04.2015 sei durch Erlass des endgültigen Bewilligungsbescheides vom 01.09.2015 aufgrund Zeitablaufs nach § 39 Abs. 2 SGB X erledigt. 11Mit seiner am 21.09.2015 erhobenen Klage hat der Kläger die Aufhebung des am 24.04.2015 bekanntgegebenen Änderungsbescheides in der Gestalt des Wider- spruchsbescheides vom 09.09.2015 begehrt. 12Er hat die Auffassung vertreten, dass der endgültige Bewilligungsbescheid vom 01.09.2015 aufgrund der Deckungsgleichheit des Bewilligungszeitraums nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden sei. Es fehle an einer Rechtsgrundlage für die Änderung der Leistungsbewilligung aus dem Bescheid vom 03.11.2010, die Aufhebungsgründe nach den §§ 44 ff. SGB X lägen nicht vor. Außerdem habe sich der Vorläufigkeitsvorbehalt nur auf die Einkommensanrechnung, nicht aber auf die Gewährung des Zuschusses zur Rentenversicherung bezogen. 13Mit Schriftsätzen vom 18.09.2018 und vom 28.09.2018 hat der Kläger den Kammervorsitzenden als befangen abgelehnt. 14Mit Urteil vom 01.10.2018 hat das Sozialgericht Köln die Klage abgewiesen. Das Ablehnungsgesuch sei unzulässig. Die Klage sei unzulässig, soweit der Kläger ausdrücklich eine Aufhebung des Änderungsbescheides vom 26.03.2011/24.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.09.2015 begehre. Diese Bescheide hätten sich durch die endgültige Leistungsfestsetzung nach § 39 Abs. 2 SGB X bereits vor Klageerhebung erledigt (vgl. BSG, Urteil vom 10.05.2011 - B 4 AS 139/10 R). Der Beklagte habe den vorläufigen Änderungsbescheid vom 26.03.2011/24.04.2015 durch den endgültigen Bewilligungsbescheid vom 01.09.2015 ersetzt. 15Die Klage gegen den Bescheid vom 01.09.2015 sei unbegründet. Dieser Bescheid sei rechtmäßig, weil der Kläger für die Zeit ab dem 01.01.2011 keine höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom Beklagten beanspruchen könne. Er habe - worauf sich sein Klagebegehren allein beschränke - keinen Anspruch auf Weitergewährung des Zuschusses zur (Renten-)Versicherung nach § 26 Abs. 1 SGB II. Dieser Anspruch bestehe seit dem 01.01.2011 mit dem Wegfall der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung durch den Bezug von Arbeitslosengeld II nicht mehr. Der Kläger könne die Weiterzahlung dieses Zuschusses auch nicht aus Vertrauensschutz in den Fortbestand der Regelungen aus dem vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 03.11.2010 beanspruchen. Eine nur vorläufige Entscheidung entfalte keine Bindungswirkung für die endgültige Entscheidung, eine vorläufige Leistungsbewilligung verschaffe dem Leistungsempfänger noch keine gesicherte Rechtsposition. Die Behörde könne ihre spätere endgültige Entscheidung abweichend von ihrer zuvor getroffenen vorläufigen Entscheidung treffen, ohne diese zuvor zurücknehmen, widerrufen oder sonst aufheben zu müssen (BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 31/14 R). Unabhängig hiervon habe der Kläger von vornherein keinen Vertrauensschutz in den Fortbestand der Regelungen zur Gewährung eines Zuschusses zu den (Renten-)Versicherungsbeiträgen bilden können, weil er im vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 03.11.2010 auf die bevorstehende Rechtsänderung zum Wegfall der Rentenversicherungspflicht hingewiesen worden ist. 16Gegen das ihm am 02.11.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.12.2018 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Durch Beschluss vom 02.05.2019 hat der Senat die Berufung zugelassen 17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist. 18Entscheidungsgründe: 19Der Senat hat in Abwesenheit der Beteiligten aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden. Auf diese, sich aus dem Regelungsgehalt der §§ 110 Abs. 1 S. 2, 111 Abs. 1, 124 Abs. 2, 126, 153 Abs. 1 SGG ergebende Möglichkeit sind die Beteiligten mit den ordnungsgemäß zugestellten Ladungen hingewiesen worden. 20Die zulässige Berufung ist unbegründet. 21Der Senat legt das Begehren des Klägers im Wege des Meistbegünstigungsgrundsatzes dahingehend aus, dass er unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts vom 01.10.2018 die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung von höheren Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung eines Zuschusses zu den Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 26 Abs. 1 SGB II i.d.F. vom 17.07.2009 (Gesetz vom 21.12.2008, BGBl. I, 2917- a.F.) für die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.04.2011 begehrt. Denn bei dem Zuschuss zu den Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 26 Abs. 1 SGB II a.F. handelt es sich nicht um einen eigenständigen und von der Höhe des Regelbedarfs abtrennbaren Streitgegenstand (BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 8/14 R). Der Kläger hat sein Klagebegehren zeitlich auf den Zeitraum vom 01.11.2011 bis 31.03.2011 begrenzt. 22Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 01.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.09.2015. Der Bescheid vom 01.09.2015, mit dem der Beklagte die Höhe der an den Kläger zu bewilligenden Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.03.2011 endgültig nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II (in der Neufassung des SGB II vom 13.05.2011, BGBl I 850 - a.F.) i.V.m. § 328 Abs. 3 S. 2 Halbs. 1 SGB III festgesetzt hat, ist nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 26.03.2011 geworden. Bei dem Bescheid vom 26.03.2011 hat es sich um eine vorläufige Bewilligung i.S.v. § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. i.V.m. § 328 Abs. 1 SGB III gehandelt, da der Beklagte ausdrücklich in diesem Bescheid den Vorläufigkeitsvorbehalt aufrechterhalten hat. Dieser Bescheid ist durch die abschließende Entscheidung über die Grundsicherungsleistungen durch Bescheid vom 01.09.2015 i.S.v. § 86 SGG ersetzt worden und hat sich damit nach § 36 Abs. 2 SGB X anderweitig erledigt, ohne dass es einer Aufhebung oder Änderung dieser vorläufigen Entscheidung bedurft hätte (vgl. BSG, Urteil vom 05.07.2017 - B 14 AS 36/16 R). 23Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. 24Eine Zurückverweisung an das Sozialgericht durch den Senat kommt nur in den Fällen des § 159 Abs. 1 SGG in Betracht. Danach kann der Senat den Rechtsstreit an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Sozialgericht selbst in der Sache nicht entschieden hat (§ 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG) oder das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und die Notwendigkeit einer umfangreichen und aufwendigen Beweisaufnahme aufgrund des Mangels gegeben wäre (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG). Das Sozialgericht hat weder durch ein Prozessurteil entschieden noch ist eine Beweisaufnahme notwendig. 25Die vom Kläger erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach §§ 54 Abs. 2 S. 1, Abs. 4, 56 SGG, gerichtet auf die Verpflichtung des zur Gewährung eines Zuschusses zu den Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 26 Abs. 1 SGB II a.F. ist zulässig (1), aber unbegründet (2). 261. Die vom Kläger erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach §§ 54 Abs. 2 S. 1, Abs. 4, 56 SGG ist zulässig. Ein Vorverfahren i.S.v. § 78 Abs. 1 S. 1 SGG ist durchgeführt worden. Zwar hat der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.09.2015 im Hinblick auf den Bescheid vom 01.09.2015, der nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden ist, unzutreffend als unzulässig verworfen. Die Prozessvoraussetzung des § 78 Abs. 1 S. 1 SGG liegt aber auch dann vor, wenn die Behörde nicht in der Sache über den Widerspruch entschieden, sondern diesen als unzulässig verworfen hat. Besondere Anforderungen, insbesondere hinsichtlich des Prüfungsumfangs an die Durchführung eines Vorverfahrens stellt § 78 Abs. 1 S. 1 SGG nicht, weil andernfalls die Zulässigkeit der Klage des Adressaten eines belastenden Verwaltungsakts von der Rechtmäßigkeit des weiteren Verhaltens der Behörde bzw. der zuständigen Widerspruchsbehörde abhängig wäre (BSG, Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 151/10 R m.w.N.). Ein Widerspruchsbescheid kann nur dann alleiniger Gegenstand einer Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält und ein Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der isolierten Aufhebung besteht (Schmidt, in Meyer-Ladewig, SGG, 12. Aufl. 2017, § 95 Rn. 3a und 3c m.w.N.). Als zusätzliche Beschwer gilt die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht (vgl. dazu BSG, Urteile vom 24.03.2015 - B 8 SO 16/14 R -und vom 25.03.1999 - B 9 SB 14/97 R). Der alleinige Umstand, dass die Behörde einen Widerspruch unzutreffend als unzulässig zurückgewiesen hat, statt in der Sache zu entscheiden, stellt keinen wesentlichen Verfahrensfehler dar. 27Der Bescheid vom 01.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.09.2015 ist rechtmäßig. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, höhere Grundsicherungsleistungen als bewilligt für die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.03.2011 endgültig festzusetzen. 28Der Beklagte ist berechtigt gewesen, mit Bescheid vom 01.09.2015 geringere Grundsicherungsleistungen als im Bescheid vom 03.11.2010 bewilligt nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. i.V.m. § 328 Abs. 3 S. 2 Halbs. 1 SGB III für die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.03.2011 endgültig festzusetzen. Denn der Beklagte hatte mit Bescheiden vom 03.11.2010 und vom 26.03.2011 dem Kläger für diesen Zeitraum Grundsicherungsleistungen vorläufig unter Berufung auf § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. i.V.m. § 328 SGB III bewilligt. 29Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch der Kläger auf endgültige Feststellung höherer Grundsicherungsleistungen für den streitbefangenen Zeitraum sind die §§ 19 ff i.V.m. §§ 7 ff SGB II in der Neufassung des SGB II vom 13.05.2011 (BGBl I 850). 30Im streitbefangenen Zeitraum hat der Kläger die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nrn. 1, 2,4 SGB II erfüllt. Der Kläger hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht (Nr. 1). Er ist erwerbsfähig i.S.v. § 8 Abs. 1 SGB II (Nr. 2) und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (Nr. 4). Dahinstehen kann, ob der Kläger hilfebedürftig i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II ist. 31Jedenfalls steht dem Kläger kein höherer Anspruch auf Grundsicherungsleistungen als vom Beklagten im angefochtenen Bescheid endgültig festgesetzt zu. 32Der Beklagte hat im streitbefangenen Zeitraum dem Kläger den monatlichen Regelbedarf für einen Alleinstehenden i.H.v. 364,00 EUR nach § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II (i.d.F. des Gesetzes vom 24.03.2011, BGBl I, 453 mit Wirkung zum 01.01.2011) bewilligt und die tatsächliche Bruttowarmmiete für die Wohnung als Bedarf für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II übernommen. Bei den Stellplatzkosten handelt es sich nicht um übernahmefähige Unterkunftskosten. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Mehrbedarfs nach § 21 SGB II sind nicht ersichtlich und ergeben sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers. 33Einen Zuschuss zu den Beiträgen zur Rentenversicherung sieht § 26 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 09.12.2010, BGBl. I, 1885 mit Wirkung zum 01.01.2011 nicht mehr vor. Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger nicht berufen. Der Senat nimmt Bezug auf die zutreffenden Gründe des Sozialgerichts. 34Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. 35Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
die berufung des klägers gegen das urteil des sozialgerichts köln vom 01.10.2018 wird zurückgewiesen. außergerichtliche kosten des klägers sind auch im berufungsverfahren nicht zu erstatten. die revision wird nicht zugelassen. 1
2der kläger begehrt die gewährung von höheren grundsicherungsleistungen in form eines zuschusses zu den beiträgen zur rentenversicherung nach § 26 abs. 1 sgb ii i.d. bis zum 31.12.2010 geltenden fassung für die zeit vom 01.01.2011 bis 30.04.2011. 3der kläger ist als selbständiger rechtsanwalt tätig. er bewohnte eine ca. 20 m² große wohnung. die bruttowarmmiete im streitbefangenen zeitraum belief sich auf 270,98 eur monatlich (grundmiete i.h.v. 203,43 eur + betriebs- und heizkostenvorauszahlung i.h.v. 75,55 eur). die warmwassererzeugung erfolgte zentral. mit weiterem mietvertrag vom 20.05.2000 mietete der kläger einen tiefgaragenplatz gegen ein monatliches entgelt i.h.v. 20,45 eur an. 4mit bescheid vom 03.11.2010 bewilligte der beklagte dem kläger vorläufig grundsicherungsleistungen unter berufung auf §§ 40 abs. 1 nr. 2 sgb ii i.d.f. bis zum 31.12.2010, 328 sgb iii für die zeit vom 01.11.2010 bis 30.04.2011 i.h.v. 670,98 eur monatlich (regelbedarf 359,00 eur + bedarfe für unterkunft und heizung 270,98 eur + zuschuss zu den beiträgen zur rentenversicherung 40,80 eur). im bescheid hieß es u.a., dass eine bevorstehende rechtsänderung vorsehe, dass die versicherungspflicht zur gesetzlichen rentenversicherung aufgrund des bezuges von arbeitslosengeld ii zum 01.01.2011 entfalle. 5mit bescheid vom 26.03.2011 setzte der beklagte die bewilligten grundsicherungsleistungen für die zeit vom 01.01.2011 bis 30.04.2011 unter berufung auf § 48 abs. 1 sgb x auf 634,98 eur monatlich (regelbedarf i.h.v. 364,00 eur + bedarfe für unterkunft und heizung i.h.v. 270,98 eur) herab. er berücksichtigte ab dem 01.01.2011 keinen zuschuss zu den beiträgen zur rentenversicherung. in dem bescheid heißt es u.a., dass soweit die leistungen bisher vorläufig bewilligt worden seien, bleibe die vorläufigkeit bestehen. 6am 11.04.2011 erhob der kläger klage, s 37 as 1494/11, mit dem begehren, den beklagten zu verpflichten, die mit bescheid vom 03.11.2010 bewilligten leistungen einschließlich des zuschusses zur rentenversicherung für die monate märz und april 2011 auszuzahlen. er machte geltend, dass er den änderungsbescheid vom 26.03.2011 nicht erhalten habe. mit urteil vom 18.11.2011 wies das sozialgericht köln die klage ab. die hiergegen eingelegten rechtsmittel blieben erfolglos (landessozialgericht nordrhein-westfalen, beschluss vom 16.10.2012 - l 12 as 2309/11, bundessozialgericht, beschluss vom 23.05.2012 - b 4 as 294/12 b). 7mit schreiben 01.08.2011 legte der kläger widerspruch gegen den änderungsbescheid vom 26.03.2011 ein, den der beklagte mit widerspruchsbescheid vom 11.09.2012 zurückwies. mit urteil vom 20.03.2015 hob das sozialgericht köln, s 5 as 3879/12, den bescheid vom 26.03.2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 11.09.2012 auf. 8der änderungsbescheid vom 26.03.2011 wurde von mitarbeitern des beklagten am 24.04.2015 in den briefkasten des klägers eingeworfen. 9hiergegen legte der kläger widerspruch ein und machte geltend, der beklagte sei an die regelungen aus dem bewilligungsbescheid vom 03.11.2010 gebunden. es liege kein grund für eine rückwirkende aufhebung dieser entscheidung vor und der änderungsbescheid leide auch an einem begründungsmangel. ferner fehle es an einem rechtsgrund für einen neuen vorläufigkeitsvorbehalt. mit bescheid vom 01.09.2015 bewilligte der beklagte dem kläger grundsicherungsleistungen für die zeit vom 01.11.2010 bis 31.12.2010 i.h.v. 670,78 eur monatlich und für die zeit vom 01.01.2011 bis 30.04.2011 i.h.v. 634,98 eur monatlich. 10mit widerspruchsbescheid vom 09.09.2015 wies der beklagte den widerspruch gegen den änderungsbescheid vom 26.03.2011/24.04.2015 als unzulässig zurück. der angegriffene vorläufige bescheid vom 24.04.2015 sei durch erlass des endgültigen bewilligungsbescheides vom 01.09.2015 aufgrund zeitablaufs nach § 39 abs. 2 sgb x erledigt. 11mit seiner am 21.09.2015 erhobenen klage hat der kläger die aufhebung des am 24.04.2015 bekanntgegebenen änderungsbescheides in der gestalt des wider- spruchsbescheides vom 09.09.2015 begehrt. 12er hat die auffassung vertreten, dass der endgültige bewilligungsbescheid vom 01.09.2015 aufgrund der deckungsgleichheit des bewilligungszeitraums nach § 86 sgg gegenstand des widerspruchsverfahrens geworden sei. es fehle an einer rechtsgrundlage für die änderung der leistungsbewilligung aus dem bescheid vom 03.11.2010, die aufhebungsgründe nach den §§ 44 ff. sgb x lägen nicht vor. außerdem habe sich der vorläufigkeitsvorbehalt nur auf die einkommensanrechnung, nicht aber auf die gewährung des zuschusses zur rentenversicherung bezogen. 13mit schriftsätzen vom 18.09.2018 und vom 28.09.2018 hat der kläger den kammervorsitzenden als befangen abgelehnt. 14mit urteil vom 01.10.2018 hat das sozialgericht köln die klage abgewiesen. das ablehnungsgesuch sei unzulässig. die klage sei unzulässig, soweit der kläger ausdrücklich eine aufhebung des änderungsbescheides vom 26.03.2011/24.04.2015 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 09.09.2015 begehre. diese bescheide hätten sich durch die endgültige leistungsfestsetzung nach § 39 abs. 2 sgb x bereits vor klageerhebung erledigt (vgl. bsg, urteil vom 10.05.2011 - b 4 as 139/10 r). der beklagte habe den vorläufigen änderungsbescheid vom 26.03.2011/24.04.2015 durch den endgültigen bewilligungsbescheid vom 01.09.2015 ersetzt. 15die klage gegen den bescheid vom 01.09.2015 sei unbegründet. dieser bescheid sei rechtmäßig, weil der kläger für die zeit ab dem 01.01.2011 keine höheren leistungen zur sicherung des lebensunterhalts nach dem sgb ii vom beklagten beanspruchen könne. er habe - worauf sich sein klagebegehren allein beschränke - keinen anspruch auf weitergewährung des zuschusses zur (renten-)versicherung nach § 26 abs. 1 sgb ii. dieser anspruch bestehe seit dem 01.01.2011 mit dem wegfall der versicherungspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung durch den bezug von arbeitslosengeld ii nicht mehr. der kläger könne die weiterzahlung dieses zuschusses auch nicht aus vertrauensschutz in den fortbestand der regelungen aus dem vorläufigen bewilligungsbescheid vom 03.11.2010 beanspruchen. eine nur vorläufige entscheidung entfalte keine bindungswirkung für die endgültige entscheidung, eine vorläufige leistungsbewilligung verschaffe dem leistungsempfänger noch keine gesicherte rechtsposition. die behörde könne ihre spätere endgültige entscheidung abweichend von ihrer zuvor getroffenen vorläufigen entscheidung treffen, ohne diese zuvor zurücknehmen, widerrufen oder sonst aufheben zu müssen (bsg, urteil vom 29.04.2015 - b 14 as 31/14 r). unabhängig hiervon habe der kläger von vornherein keinen vertrauensschutz in den fortbestand der regelungen zur gewährung eines zuschusses zu den (renten-)versicherungsbeiträgen bilden können, weil er im vorläufigen bewilligungsbescheid vom 03.11.2010 auf die bevorstehende rechtsänderung zum wegfall der rentenversicherungspflicht hingewiesen worden ist. 16gegen das ihm am 02.11.2018 zugestellte urteil hat der kläger am 01.12.2018 nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. durch beschluss vom 02.05.2019 hat der senat die berufung zugelassen 17wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der verwaltungsakte des beklagten bezug genommen, deren wesentlicher inhalt gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen ist. 18
19der senat hat in abwesenheit der beteiligten aufgrund mündlicher verhandlung entschieden. auf diese, sich aus dem regelungsgehalt der §§ 110 abs. 1 s. 2, 111 abs. 1, 124 abs. 2, 126, 153 abs. 1 sgg ergebende möglichkeit sind die beteiligten mit den ordnungsgemäß zugestellten ladungen hingewiesen worden. 20die zulässige berufung ist unbegründet. 21der senat legt das begehren des klägers im wege des meistbegünstigungsgrundsatzes dahingehend aus, dass er unter aufhebung des urteils des sozialgerichts vom 01.10.2018 die verurteilung des beklagten zur gewährung von höheren grundsicherungsleistungen unter berücksichtigung eines zuschusses zu den beiträgen zur rentenversicherung nach § 26 abs. 1 sgb ii i.d.f. vom 17.07.2009 (gesetz vom 21.12.2008, bgbl. i, 2917- a.f.) für die zeit vom 01.01.2011 bis 30.04.2011 begehrt. denn bei dem zuschuss zu den beiträgen zur rentenversicherung nach § 26 abs. 1 sgb ii a.f. handelt es sich nicht um einen eigenständigen und von der höhe des regelbedarfs abtrennbaren streitgegenstand (bsg, urteil vom 29.04.2015 - b 14 as 8/14 r). der kläger hat sein klagebegehren zeitlich auf den zeitraum vom 01.11.2011 bis 31.03.2011 begrenzt. 22streitgegenstand des berufungsverfahrens ist der bescheid vom 01.09.2015 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 09.09.2015. der bescheid vom 01.09.2015, mit dem der beklagte die höhe der an den kläger zu bewilligenden grundsicherungsleistungen für die zeit vom 01.11.2010 bis 31.03.2011 endgültig nach § 40 abs. 2 nr. 1 sgb ii (in der neufassung des sgb ii vom 13.05.2011, bgbl i 850 - a.f.) i.v.m. § 328 abs. 3 s. 2 halbs. 1 sgb iii festgesetzt hat, ist nach § 86 sgg gegenstand des widerspruchsverfahrens gegen den bescheid vom 26.03.2011 geworden. bei dem bescheid vom 26.03.2011 hat es sich um eine vorläufige bewilligung i.s.v. § 40 abs. 2 nr. 1 sgb ii a.f. i.v.m. § 328 abs. 1 sgb iii gehandelt, da der beklagte ausdrücklich in diesem bescheid den vorläufigkeitsvorbehalt aufrechterhalten hat. dieser bescheid ist durch die abschließende entscheidung über die grundsicherungsleistungen durch bescheid vom 01.09.2015 i.s.v. § 86 sgg ersetzt worden und hat sich damit nach § 36 abs. 2 sgb x anderweitig erledigt, ohne dass es einer aufhebung oder änderung dieser vorläufigen entscheidung bedurft hätte (vgl. bsg, urteil vom 05.07.2017 - b 14 as 36/16 r). 23das sozialgericht hat zu recht die klage abgewiesen. 24eine zurückverweisung an das sozialgericht durch den senat kommt nur in den fällen des § 159 abs. 1 sgg in betracht. danach kann der senat den rechtsstreit an das sozialgericht zurückverweisen, wenn das sozialgericht selbst in der sache nicht entschieden hat (§ 159 abs. 1 nr. 1 sgg) oder das verfahren an einem wesentlichen mangel leidet und die notwendigkeit einer umfangreichen und aufwendigen beweisaufnahme aufgrund des mangels gegeben wäre (§ 159 abs. 1 nr. 2 sgg). das sozialgericht hat weder durch ein prozessurteil entschieden noch ist eine beweisaufnahme notwendig. 25die vom kläger erhobene kombinierte anfechtungs- und leistungsklage nach §§ 54 abs. 2 s. 1, abs. 4, 56 sgg, gerichtet auf die verpflichtung des zur gewährung eines zuschusses zu den beiträgen zur rentenversicherung nach § 26 abs. 1 sgb ii a.f. ist zulässig (1), aber unbegründet (2). 261. die vom kläger erhobene kombinierte anfechtungs- und leistungsklage nach §§ 54 abs. 2 s. 1, abs. 4, 56 sgg ist zulässig. ein vorverfahren i.s.v. § 78 abs. 1 s. 1 sgg ist durchgeführt worden. zwar hat der beklagte den widerspruch mit widerspruchsbescheid vom 09.09.2015 im hinblick auf den bescheid vom 01.09.2015, der nach § 86 sgg gegenstand des widerspruchsverfahrens geworden ist, unzutreffend als unzulässig verworfen. die prozessvoraussetzung des § 78 abs. 1 s. 1 sgg liegt aber auch dann vor, wenn die behörde nicht in der sache über den widerspruch entschieden, sondern diesen als unzulässig verworfen hat. besondere anforderungen, insbesondere hinsichtlich des prüfungsumfangs an die durchführung eines vorverfahrens stellt § 78 abs. 1 s. 1 sgg nicht, weil andernfalls die zulässigkeit der klage des adressaten eines belastenden verwaltungsakts von der rechtmäßigkeit des weiteren verhaltens der behörde bzw. der zuständigen widerspruchsbehörde abhängig wäre (bsg, urteil vom 24.11.2011 - b 14 as 151/10 r m.w.n.). ein widerspruchsbescheid kann nur dann alleiniger gegenstand einer anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige beschwer enthält und ein rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der isolierten aufhebung besteht (schmidt, in meyer-ladewig, sgg, 12. aufl. 2017, § 95 rn. 3a und 3c m.w.n.). als zusätzliche beschwer gilt die verletzung einer wesentlichen verfahrensvorschrift, sofern der widerspruchsbescheid auf dieser verletzung beruht (vgl. dazu bsg, urteile vom 24.03.2015 - b 8 so 16/14 r -und vom 25.03.1999 - b 9 sb 14/97 r). der alleinige umstand, dass die behörde einen widerspruch unzutreffend als unzulässig zurückgewiesen hat, statt in der sache zu entscheiden, stellt keinen wesentlichen verfahrensfehler dar. 27der bescheid vom 01.09.2015 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 09.09.2015 ist rechtmäßig. der beklagte ist nicht verpflichtet, höhere grundsicherungsleistungen als bewilligt für die zeit vom 01.01.2011 bis 31.03.2011 endgültig festzusetzen. 28der beklagte ist berechtigt gewesen, mit bescheid vom 01.09.2015 geringere grundsicherungsleistungen als im bescheid vom 03.11.2010 bewilligt nach § 40 abs. 2 nr. 1 sgb ii a.f. i.v.m. § 328 abs. 3 s. 2 halbs. 1 sgb iii für die zeit vom 01.01.2011 bis 31.03.2011 endgültig festzusetzen. denn der beklagte hatte mit bescheiden vom 03.11.2010 und vom 26.03.2011 dem kläger für diesen zeitraum grundsicherungsleistungen vorläufig unter berufung auf § 40 abs. 2 nr. 1 sgb ii a.f. i.v.m. § 328 sgb iii bewilligt. 29rechtsgrundlage für den geltend gemachten anspruch der kläger auf endgültige feststellung höherer grundsicherungsleistungen für den streitbefangenen zeitraum sind die §§ 19 ff i.v.m. §§ 7 ff sgb ii in der neufassung des sgb ii vom 13.05.2011 (bgbl i 850). 30im streitbefangenen zeitraum hat der kläger die leistungsvoraussetzungen des § 7 abs. 1 nrn. 1, 2,4 sgb ii erfüllt. der kläger hat das 15. lebensjahr vollendet und die altersgrenze des § 7a sgb ii noch nicht erreicht (nr. 1). er ist erwerbsfähig i.s.v. § 8 abs. 1 sgb ii (nr. 2) und hat seinen gewöhnlichen aufenthalt in der bundesrepublik deutschland (nr. 4). dahinstehen kann, ob der kläger hilfebedürftig i.s.v. § 7 abs. 1 s. 1 nr. 3 sgb ii ist. 31jedenfalls steht dem kläger kein höherer anspruch auf grundsicherungsleistungen als vom beklagten im angefochtenen bescheid endgültig festgesetzt zu. 32der beklagte hat im streitbefangenen zeitraum dem kläger den monatlichen regelbedarf für einen alleinstehenden i.h.v. 364,00 eur nach § 20 abs. 2 s. 1 sgb ii (i.d.f. des gesetzes vom 24.03.2011, bgbl i, 453 mit wirkung zum 01.01.2011) bewilligt und die tatsächliche bruttowarmmiete für die wohnung als bedarf für unterkunft und heizung nach § 22 sgb ii übernommen. bei den stellplatzkosten handelt es sich nicht um übernahmefähige unterkunftskosten. anhaltspunkte für das vorliegen eines mehrbedarfs nach § 21 sgb ii sind nicht ersichtlich und ergeben sich auch nicht aus dem vortrag des klägers. 33einen zuschuss zu den beiträgen zur rentenversicherung sieht § 26 sgb ii in der fassung des gesetzes vom 09.12.2010, bgbl. i, 1885 mit wirkung zum 01.01.2011 nicht mehr vor. auf vertrauensschutz kann sich der kläger nicht berufen. der senat nimmt bezug auf die zutreffenden gründe des sozialgerichts. 34die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg. 35anlass, die revision nach § 160 abs. 2 sgg zuzulassen, besteht nicht.
Verklagte*r
0
167,404
9 K 3480/13
2015-02-26T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der Kläger darf eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden,wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet. 1 Tatbestand: 2Der Kläger ist gemeinsam mit seiner Ehefrau Miteigentümer des Grundstücks L. , Gemarkung I. , Flur 4, Flurstück 18 (I1. 10). Das 1.038 m² große Grundstück liegt östlich am Hang oberhalb der Straße und ist im rückwärtigen Bereich mit einem zweigeschossigen Wohnhaus bebaut. Im vorderen Bereich befindet sich unmittelbar an der Straße eine Dreifachgarage mit einem Garagenvorplatz. Südöstlich des Garagenvorplatzes ist ein Treppenaufgang zum Wohngebäude vorhanden, an den sich ein Stellplatz für ein Wohnmobil anschließt. Nordwestlich des Garagenvorplatzes führt eine Auffahrt von der Straße hangaufwärts zu weiteren vier Stellplätzen hinter dem Wohngebäude. 3Die Straße I1. hat in dem fraglichen Bereich Gefälle in nordwestlicher Richtung. Im Jahr 2008 hat die Beklagte die Straße einschließlich Straßenentwässerung und Beleuchtung vollständig erneuert. Bei der Straßenbaumaßnahme wurde das Höhenniveau der Straße teilweise geändert. Vor den anliegenden Grundstücken wurden jeweils Einzelzufahrten bzw. Zufahrtsstreifen angelegt. 4Bereits während der Ausbauarbeiten erhob der Kläger Einwendungen gegen die Höhenlage der Straße und wies darauf hin, dass durch die veränderte Höhenführung der Fahrbahn und aufgrund der zu geringen Neigung des Zufahrtsstreifens vor seinem Grundstück die Auffahrt zur rückwärtigen Hoffläche nicht mehr befahren werden könne, ohne dass das Heck der Pkw aufsetze. Weiter machte er geltend, dass auch die Garagen und der Stellplatz nicht mehr mit normalen Fahrzeugen angefahren werden könnten. 5Nachdem die Beklagte von dem Kläger vorgeschlagene unterschiedliche und zum Teil negative Neigungen des Zufahrtsstreifens abgelehnt hatte, machte der Kläger mit Schreiben vom 01.09.2008 einen Ersatzanspruch nach § 20 Abs. 5 StrWG NRW wegen einer erheblichen Erschwerung der Zufahrt geltend. Durch die Veränderung des Zufahrtniveaus - links 20 cm höher, rechts 20 cm niedriger als vorher - seien umfangreiche Anpassungsarbeiten auf seinem Grundstück erforderlich, da sich der Zufahrtsbereich nicht nur auf einen kleinen Teil der Grundstücksfront, sondern auf die gesamte Breite erstrecke. 6In ihren Antwortschreiben vom 22.09.2008 und 14.10.2008 wies die Beklagte darauf hin, dass die Straße bislang nicht gewidmet sei, so dass das Straßen- und Wegegesetz nicht eingreife. Unabhängig davon bestehe auch in der Sache kein Anspruch. Der Fahrbahnrand der neuen Straße sei fast deckungsgleich mit dem alten Zustand. Abweichungen von ca. + 4 cm bei der südlichen Zufahrt und ca. - 13 cm bei der nördlichen Zufahrt ergäben sich aus der Querneigung des Pflasterstreifens vor der Zufahrt, wobei im nördlichen Bereich bereits von standardmäßig 6 % auf den höchstzulässigen Wert von 10 % gegangen worden sei. Früher seien von der nördlichen Zufahrt zur Anrampung ca. 1,35 m der öffentlichen Straßenfläche in Anspruch genommen worden. Im südlichen Bereich sei die Querneigung zur Ableitung des anfallenden Oberflächenwassers beibehalten worden, weil Oberflächenwasser aus dem öffentlichen Straßengebiet nicht auf Privatgrundstücke geleitet werden dürfe. 7Der Schriftwechsel wurde in dieser Angelegenheit zunächst nicht fortgesetzt, nachdem der Kläger gegen einen Vorausleistungsbescheid auf den Erschließungsbeitrag Klage erhoben hatte. 8Nach Abschluss des Klageverfahrens machte der Kläger mit Schreiben vom 10.03.2013 erneut einen Ersatzanspruch nach § 20 Abs. 5 StrWG NRW geltend und verlangte zusätzlich eine Erstattung der Kosten für einen von ihm bezahlten neuen Anschluss der Dachentwässerung der Dreifachgarage an den öffentlichen Kanal. 9Mit Schreiben vom 21.05.2013 bot die Beklagte dem Kläger eine teilweise Übernahme der Kosten für die Angleichung der Zufahrt in Höhe von 1.410,00 € an. Die Übernahme der Kosten für die Änderung der Kanalanschlussleitung lehnte sie ab. 10Nachdem der Kläger dieses Angebot als unzureichend abgelehnt hatte, holte die Beklagte einen Kostenvoranschlag für einen vollständigen Angleich der Außenanlagen im Zufahrtsbereich ein und legte im Hinblick auf die ermittelte Kostenhöhe von 14.875,92 € den Antrag den zuständigen Ausschüssen des Gemeinderates zur Entscheidung vor. Der Haupt- und Finanzausschuss lehnte die Forderung mit Beschluss vom 17.09.2013 insgesamt ab. 11Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 04.10.2013 lehnte die Beklagte die Forderung des Klägers nach Angleichung der Zufahrten und des Zugangs seines Grundstücks an das neue Straßenniveau ab. Zur Begründung gab sie an, der eigentumsrechtliche Schutz des Anliegergebrauchs beschränke sich nur auf den notwendigen Zugang des Grundstücks zur Straße. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf eine optimale Anbindung, z. B. durch Schaffung neuer oder Beibehaltung vormals bestehender Park- oder Anfahrmöglichkeiten bestehe nicht. Es gebe auch keinen Anspruch darauf, dass die Zugangsmöglichkeiten genau in der alten Form und im früheren Höhenniveau weiterhin gewährleistet blieben. Eventuell notwendig werdende Aufwendungen zur Anpassung der Zufahrten seien im Regelfall vom Anlieger hinzunehmen. 12Der Kläger hat am 05.11.2013 Klage erhoben, zu deren Begründung er unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens ausführt, der Straßenausbau habe zu erheblichen Höhenunterschieden geführt. Während die Hinterkante des Zufahrtsstreifens vor dem (südlichen) Stellplatz ca. 13 cm höher liege als vorher, liege sie an der (nördlichen) Auffahrt ca. 25 cm niedriger als vor dem Ausbau. Hierdurch werde die Benutzung der Zufahrten erheblich erschwert, so dass ein Ersatzanspruch bestehe. Während früher die Auffahrt unproblematisch auch mit tiefer gelegten Fahrzeugen habe benutzt werden können, sei dies jetzt nicht einmal mehr mit Serienfahrzeugen möglich. Der durch den Ausbau verursachte Höhenunterschied stelle eine enteignenden Eingriff dar und lege ihm in Anbetracht der für eine Anpassung notwendigen Kosten von 14.875,92 € ein Sonderopfer auf. Zudem sei von einem nicht unerheblichen Wertverlust des Grundstücks auszugehen. 13Über eine Kostenerstattung für die durch die Umgestaltung notwendig gewordene neue Kanalanschlussleitung habe der Beklagte bis heute nicht entschieden. Die Grundstücksanschlussleitung sei nach der Entwässerungssatzung Teil der öffentlichen Abwasseranlage, zu deren Herstellung nicht er, sondern die Beklagte verpflichtet sei. 14Der Kläger beantragt, 15die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.10.2013 zu verpflichten, über seinen Antrag vom 10.03.2013 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. 16Die Beklagte beantragt, 17die Klage abzuweisen. 18Sie bezieht sich auf die Begründung des angefochtenen Bescheides. Ergänzend führt sie aus, dass das Grundstück des Klägers über einen Anschluss an den in der Straße verlegten Mischwasserhauptkanal verfüge, der bei der Erneuerung der öffentlichen Entwässerungsleitung übernommen worden sei. Bei den Bauarbeiten sei ein alter Ablauf der Straßenentwässerung, der nach dem Ausbau nicht mehr erforderlich gewesen sei, entfernt worden. Ob der Kläger früher an diesen Ablauf eine private Leitung für die Entwässerung des Daches seiner Dreifachgarage angeschlossen gehabt habe, entziehe sich ihrer Kenntnis. Eine entsprechende Entwässerungsgenehmigung sei jedenfalls nicht erteilt worden. Nach der Entwässerungsatzung stelle die Gemeinde jedem Grundstück eine Grundstücksanschlussleitung zur Verfügung. Die Abwässer einschließlich des Niederschlagswassers seien auf dem Grundstück zusammenzuführen und über diese Anschlussleitung einzuleiten. Eine Übernahme der Kosten für die vom Kläger beauftragte zusätzliche Anschlussleitung werde daher abgelehnt. 19Anlässlich eines am 16.12.2014 durchgeführten Erörterungstermins hat der Berichterstatter die Örtlichkeit in Augenschein genommen. Hinsichtlich der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Terminsniederschrift verwiesen. 20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. 21Entscheidungsgründe: 22Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. 23Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 04.10.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Neubescheidung seines Antrages vom 10.03.2013, da ihm die geltend gemachten Ersatzansprüche nicht zustehen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). 24Weder für einen Anspruch auf Schaffung eines angemessenen Ersatzes für die Erschwerung der Nutzung der Grundstückszufahrten (1.) noch für die Übernahme der Kosten für eine zweite Grundstücksanschlussleitung (2.) liegen die gesetzlichen bzw. satzungsmäßigen Voraussetzungen vor. 251. Nach § 14 a Abs. 1 des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen - StrWG NRW - dürfen die Eigentümer und Besitzer von Grundstücken, die an einer öffentlichen Straße gelegen sind (Straßenanlieger), innerhalb der geschlossenen Ortslage die an die Grundstücke angrenzenden Straßenteile über den Gemeingebrauch hinaus benutzen, soweit diese Benutzung zur Nutzung des Grundstücks erforderlich ist, den Gemeingebrauch nicht dauernd ausschließt oder erheblich beeinträchtigt oder in den Straßenkörper eingreift. Der durch diese Vorschrift geschützte Anliegergebrauch reicht nach der Rechtsprechung grundsätzlich nur so weit, wie die angemessene Nutzung des Grundstücks eine Benutzung der Straße erfordert. Gewährleistet sind danach vor allem der Zugang zur Straße und die Zugänglichkeit des Grundstücks von der Straße her. Diese Zugänglichkeit ist bei einem Grundstück im Regelfall dann gegeben, wenn das Grundstück auch mit Kraftfahrzeugen erreicht werden kann. § 14 a StrWG NRW garantiert allerdings nur eine genügende Verbindung mit der Anliegerstraße und deren Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz. Die Gewährleistung der Zugänglichkeit umfasst hingegen keine Bestandsgarantie hinsichtlich der Ausgestaltung der Straße und des Umfangs der Grundstücksverbindung mit der Straße. Sie vermittelt auch keinen Anspruch auf die Beibehaltung vorteilhafter Verkehrsverbindungen sowie der Bequemlichkeit und Leichtigkeit des Zugangs. 26OVG NRW, Beschlüsse vom 22.08.2012 - 11 E 757/12 -, juris Rn. 4; vom 13.12.2011 - 11 B 1148/11 -, NRWE Rn. 8 = juris Rn. 8; vom 04.07.2008 - 11 A 125/06 - (n.v.); vom 19.06.2008- 11 A 3064/05 - (n.v.), und vom 07.03.2002 - 11 A 5100/00 - (n.v.). 27Von dem so definierten Begriff der Erforderlichkeit ist auch bei Prüfung der Frage auszugehen, ob der Straßenanlieger nach § 20 Abs. 5 StrWG NRW einen Ersatz- oder Entschädigungsanspruch hat. Nach Satz 1 dieser Vorschrift, auf die § 14 Abs. 2 StrWG NRW abschließend verweist, hat der Träger der Straßenbaulast einen angemessenen Ersatz zu schaffen oder, soweit dies nicht zumutbar ist, eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten, wenn durch die Änderung oder Einziehung einer Straße Zufahrten oder Zugänge zu Grundstücken auf Dauer unterbrochen werden oder die Benutzung erheblich erschwert wird. Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass die in § 20 Abs. 5 StrWG NRW normierte Verpflichtung zur Schaffung eines angemessenen Ersatzes oder die Leistung einer angemessenen Entschädigung in Geld nach § 20 Abs. 5 Satz 3 StrWG NRW nicht entsteht, wenn das Grundstück eine anderweitige ausreichende Verbindung zu dem öffentlichen Straßennetz besitzt. 28OVG NRW, Beschluss vom 22.08.2012 - 11 E 757/12 -, NRWE Rn. 5. = juris Rn. 9. 29Vorliegend verfügt das Grundstück des Klägers auch nach dem Ausbau der I1. noch über eine hinreichende Verbindung mit der Straße. Zwar ist nicht zu verkennen, dass sich die Zufahrtsmöglichkeiten dadurch verschlechtert haben, dass die Hinterkante des Zufahrtsstreifens vor dem südlich gelegenen Stellplatz um 13 cm höher und vor der nördlich gelegenen Zufahrtsrampe um 25 cm niedriger liegt als das frühere Niveau der Straßenanbindung. Aus den Maßen folgt aber auch, dass in einem mittleren Bereich keine oder nur eine geringfügige Höhendifferenz besteht, die ohne größere Anpassungsarbeiten eine Zufahrt zu dem Grundstück erlaubt. Nach der Rechtsprechung ist es ausreichend, wenn ein Grundstück nach Schlussausbau der Straße weiterhin mit einer Frontbreite von ca. 4 m mit der öffentlichen Verkehrsfläche verbunden ist. Einen Anspruch, das eigene Grundstück über dessen gesamte Straßenfront jederzeit uneingeschränkt befahren zu können, gibt es nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht. 30OVG NRW, Beschluss vom 13.12.2011 - 11 B 1148/11 -, NRWE Rn. 10 = juris Rn. 10. 31Dies gilt insbesondere dann, wenn es die topografischen Verhältnisse - wie hier das Gefälle der Straße - nicht zulassen, die Straße in einer Weise auszubauen, die einerseits den technischen Regelwerken und den Ansprüchen der Verkehrsteilnehmer, andererseits aber auch den Wünschen der Anlieger entspricht. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Vorstellungen des Klägers hinsichtlich der Ausgestaltung des Zufahrtsstreifens vor seinem Grundstück nicht weiter entgegengekommen ist. Der auf dem Straßengrundstück vorhandene Zufahrtsstreifen, den die Beklagte in der vollen Breite der Straßenfront vor dem Grundstück des Klägers hat anlegen lassen und der die sonst üblichen einzelnen Grundstückszufahrten ersetzt, ist Teil der öffentlichen Straßenanlage, für dessen ordnungsgemäßen Zustand die Beklagte verantwortlich ist. Sie konnte es daher aus Sicherheitsgründen zulässigerweise ablehnen, die Querneigung des Zufahrtsstreifens vor der Rampenauffahrt von den üblichen 6 % auf mehr als 10 % anzuheben. Auch entspricht es den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Straßenentwässerung, Oberflächenwasser von der öffentlichen Straßenanlage, zu der auch der Zufahrtsstreifen zählt, nicht durch eine negative Querneigung auf das angrenzende Privatgrundstück zu leiten. 32Der Kläger kann einen Anspruch auf Anpassung der Zufahrten auch nicht damit begründen, dass sie der Erschließung "notwendiger Stellplätze" im Sinne des § 51 Abs. 1 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen - BauO NRW - dienten. Zwar kann auch unter dem Blickwinkel des straßenrechtlichen Anliegergebrauchs aus § 14 a Abs. 1 StrWG NRW die Art des Gebrauchs eines Grundstücks objektiv eine Zufahrt erfordern, wenn nach landesrechtlichen Vorschriften auf dem Grundstück Stellplätze bereitgestellt werden müssen. 33Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16.06.2014 - 11 A 1097/12 -, NRWE Rn. 85 = juris Rn. 84 m.w.N. 34Dies rechtfertigt hier jedoch nicht den geltend gemachten Anspruch auf Ausbau der Zufahrten für insgesamt acht Stellplätze. Für Wohngebäude ist nach Ziffer 1.1 der Richtzahlen für den Stellplatzbedarf (Anlage zu Nr. 51.11 VV BauO NRW) von einem Stellplatz je Wohnung auszugehen. Für die gegenwärtige Nutzung als Einfamilienhaus ist daher nur ein Stellplatz "notwendig". Auch für die vom Kläger angegebene frühere Nutzung durch drei Wohneinheiten waren nur drei Plätze erforderlich. Diese Anzahl von Stellplätzen ist weiterhin mit nur geringfügigen Anpassungsarbeiten anfahrbar. 35Bezüglich der von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung angeführten Berufungsfälle hat er bereits nicht dargelegt, dass die Zufahrtssituation auf den Grundstücken T1. 1, 2, 3 und 8 mit der auf seinem Grundstück, die durch das Vorhandensein einer Mehrzahl von Zufahrten über die gesamte Breite der Straßenfront geprägt ist, vergleichbar ist. Die Frage einer ausreichenden Verbindung zur öffentlichen Verkehrsfläche und einer erheblichen Erschwerung der Benutzung durch den Ausbau ist eine Einzelfallentscheidung, die nur unter Betrachtung der konkreten Situation, in die das Anliegergrundstück eingebunden ist, beantwortet werden kann, 36vgl. OVG NRW, Urteil vom 16.06.2014 - 11 A 1097/12 -, NRWE Rn. 64 = juris Rn. 62, 37und daher sogar für Grundstücke, die an derselben Erschließungsanlage liegen, unterschiedlich ausfallen kann. 382. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine zweite Grundstücksanschlussleitung zur Entwässerung der Dachfläche seiner Dreifachgarage und des Garagenvorplatzes. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 der Entwässerungssatzung der Gemeinde L. - ES - vom 15.12.1995 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 17.10.2002 ist jedes anzuschließende Grundstück unterirdisch mit einer eigenen Anschlussleitung […] an die öffentliche Abwasseranlage anzuschließen. Dafür ist in Gebieten mit Mischsystem - wie hier - für jedes Grundstück eine Anschlussleitung herzustellen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 ES), die von der Hauptleitung bis zur Grenze des jeweils anzuschließenden Grundstücks Teil der öffentlichen Abwasseranlage ist (§ 2 Nr. 6 b i.V.m. Nr. 7 a ES). Hieraus folgt, dass die auf dem Grundstück vorhandenen Leitungen zur Ableitung von Schmutz- und Niederschlagswasser zunächst zusammenzuführen sind und das Abwasser dann gesammelt über eine Anschlussleitung an die öffentliche Abwasseranlage zu übergeben ist. Eine solche Anschlussleitung mit Kontrollschacht ist auf dem Grundstück des Klägers zwischen der Treppe und dem südlichen Stellplatz vorhanden. Der Kläger müsste daher im Grundsatz die Entwässerung des Garagendaches und des Vorplatzes an diesen Schacht anschließen. Zwar können gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 ES auf Antrag auch mehrere Anschlussleitungen gelegt werden. Einen entsprechenden Antrag hat der Kläger jedoch nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Beklagten nicht gestellt, so dass auch die nach § 14 Abs. 1 ES erforderliche Zustimmung der Gemeinde nicht erteilt wurde. Bereits aus diesen Gründen scheidet eine Kostenübernahme aus. Aus dem Umstand, dass vor dem Ausbau der Straße vor dem Grundstück des Klägers ein Einlaufschacht für Oberflächenwasser vorhanden war, in den auch das Niederschlagswasser vom Garagenvorplatz und vom Garagendach eingeleitet wurde, kann der Kläger keine Rechte herleiten. Der Einlaufschacht lag auf dem öffentlichen Straßengrundstück und war - trotz der privaten Mitbenutzung - Teil der Straßenentwässerung. Er konnte daher bei Ausbau der Straße von der Gemeinde entschädigungslos beseitigt werden. 39Die Klage ist daher insgesamt mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. 40Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruhen auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar.der kläger darf eine vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von110 % des aufgrund des urteils beizutreibenden betrages abwenden,wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von110 % des jeweils beizutreibenden betrages leistet. 1
2der kläger ist gemeinsam mit seiner ehefrau miteigentümer des grundstücks l. , gemarkung i. , flur 4, flurstück 18 (i1. 10). das 1.038 m² große grundstück liegt östlich am hang oberhalb der straße und ist im rückwärtigen bereich mit einem zweigeschossigen wohnhaus bebaut. im vorderen bereich befindet sich unmittelbar an der straße eine dreifachgarage mit einem garagenvorplatz. südöstlich des garagenvorplatzes ist ein treppenaufgang zum wohngebäude vorhanden, an den sich ein stellplatz für ein wohnmobil anschließt. nordwestlich des garagenvorplatzes führt eine auffahrt von der straße hangaufwärts zu weiteren vier stellplätzen hinter dem wohngebäude. 3die straße i1. hat in dem fraglichen bereich gefälle in nordwestlicher richtung. im jahr 2008 hat die beklagte die straße einschließlich straßenentwässerung und beleuchtung vollständig erneuert. bei der straßenbaumaßnahme wurde das höhenniveau der straße teilweise geändert. vor den anliegenden grundstücken wurden jeweils einzelzufahrten bzw. zufahrtsstreifen angelegt. 4bereits während der ausbauarbeiten erhob der kläger einwendungen gegen die höhenlage der straße und wies darauf hin, dass durch die veränderte höhenführung der fahrbahn und aufgrund der zu geringen neigung des zufahrtsstreifens vor seinem grundstück die auffahrt zur rückwärtigen hoffläche nicht mehr befahren werden könne, ohne dass das heck der pkw aufsetze. weiter machte er geltend, dass auch die garagen und der stellplatz nicht mehr mit normalen fahrzeugen angefahren werden könnten. 5nachdem die beklagte von dem kläger vorgeschlagene unterschiedliche und zum teil negative neigungen des zufahrtsstreifens abgelehnt hatte, machte der kläger mit schreiben vom 01.09.2008 einen ersatzanspruch nach § 20 abs. 5 strwg nrw wegen einer erheblichen erschwerung der zufahrt geltend. durch die veränderung des zufahrtniveaus - links 20 cm höher, rechts 20 cm niedriger als vorher - seien umfangreiche anpassungsarbeiten auf seinem grundstück erforderlich, da sich der zufahrtsbereich nicht nur auf einen kleinen teil der grundstücksfront, sondern auf die gesamte breite erstrecke. 6in ihren antwortschreiben vom 22.09.2008 und 14.10.2008 wies die beklagte darauf hin, dass die straße bislang nicht gewidmet sei, so dass das straßen- und wegegesetz nicht eingreife. unabhängig davon bestehe auch in der sache kein anspruch. der fahrbahnrand der neuen straße sei fast deckungsgleich mit dem alten zustand. abweichungen von ca. + 4 cm bei der südlichen zufahrt und ca. - 13 cm bei der nördlichen zufahrt ergäben sich aus der querneigung des pflasterstreifens vor der zufahrt, wobei im nördlichen bereich bereits von standardmäßig 6 % auf den höchstzulässigen wert von 10 % gegangen worden sei. früher seien von der nördlichen zufahrt zur anrampung ca. 1,35 m der öffentlichen straßenfläche in anspruch genommen worden. im südlichen bereich sei die querneigung zur ableitung des anfallenden oberflächenwassers beibehalten worden, weil oberflächenwasser aus dem öffentlichen straßengebiet nicht auf privatgrundstücke geleitet werden dürfe. 7der schriftwechsel wurde in dieser angelegenheit zunächst nicht fortgesetzt, nachdem der kläger gegen einen vorausleistungsbescheid auf den erschließungsbeitrag klage erhoben hatte. 8nach abschluss des klageverfahrens machte der kläger mit schreiben vom 10.03.2013 erneut einen ersatzanspruch nach § 20 abs. 5 strwg nrw geltend und verlangte zusätzlich eine erstattung der kosten für einen von ihm bezahlten neuen anschluss der dachentwässerung der dreifachgarage an den öffentlichen kanal. 9mit schreiben vom 21.05.2013 bot die beklagte dem kläger eine teilweise übernahme der kosten für die angleichung der zufahrt in höhe von 1.410,00 € an. die übernahme der kosten für die änderung der kanalanschlussleitung lehnte sie ab. 10nachdem der kläger dieses angebot als unzureichend abgelehnt hatte, holte die beklagte einen kostenvoranschlag für einen vollständigen angleich der außenanlagen im zufahrtsbereich ein und legte im hinblick auf die ermittelte kostenhöhe von 14.875,92 € den antrag den zuständigen ausschüssen des gemeinderates zur entscheidung vor. der haupt- und finanzausschuss lehnte die forderung mit beschluss vom 17.09.2013 insgesamt ab. 11mit dem hier angefochtenen bescheid vom 04.10.2013 lehnte die beklagte die forderung des klägers nach angleichung der zufahrten und des zugangs seines grundstücks an das neue straßenniveau ab. zur begründung gab sie an, der eigentumsrechtliche schutz des anliegergebrauchs beschränke sich nur auf den notwendigen zugang des grundstücks zur straße. ein darüber hinausgehender anspruch auf eine optimale anbindung, z. b. durch schaffung neuer oder beibehaltung vormals bestehender park- oder anfahrmöglichkeiten bestehe nicht. es gebe auch keinen anspruch darauf, dass die zugangsmöglichkeiten genau in der alten form und im früheren höhenniveau weiterhin gewährleistet blieben. eventuell notwendig werdende aufwendungen zur anpassung der zufahrten seien im regelfall vom anlieger hinzunehmen. 12der kläger hat am 05.11.2013 klage erhoben, zu deren begründung er unter vertiefung seines bisherigen vorbringens ausführt, der straßenausbau habe zu erheblichen höhenunterschieden geführt. während die hinterkante des zufahrtsstreifens vor dem (südlichen) stellplatz ca. 13 cm höher liege als vorher, liege sie an der (nördlichen) auffahrt ca. 25 cm niedriger als vor dem ausbau. hierdurch werde die benutzung der zufahrten erheblich erschwert, so dass ein ersatzanspruch bestehe. während früher die auffahrt unproblematisch auch mit tiefer gelegten fahrzeugen habe benutzt werden können, sei dies jetzt nicht einmal mehr mit serienfahrzeugen möglich. der durch den ausbau verursachte höhenunterschied stelle eine enteignenden eingriff dar und lege ihm in anbetracht der für eine anpassung notwendigen kosten von 14.875,92 € ein sonderopfer auf. zudem sei von einem nicht unerheblichen wertverlust des grundstücks auszugehen. 13über eine kostenerstattung für die durch die umgestaltung notwendig gewordene neue kanalanschlussleitung habe der beklagte bis heute nicht entschieden. die grundstücksanschlussleitung sei nach der entwässerungssatzung teil der öffentlichen abwasseranlage, zu deren herstellung nicht er, sondern die beklagte verpflichtet sei. 14der kläger beantragt, 15die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 04.10.2013 zu verpflichten, über seinen antrag vom 10.03.2013 unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu entscheiden. 16die beklagte beantragt, 17die klage abzuweisen. 18sie bezieht sich auf die begründung des angefochtenen bescheides. ergänzend führt sie aus, dass das grundstück des klägers über einen anschluss an den in der straße verlegten mischwasserhauptkanal verfüge, der bei der erneuerung der öffentlichen entwässerungsleitung übernommen worden sei. bei den bauarbeiten sei ein alter ablauf der straßenentwässerung, der nach dem ausbau nicht mehr erforderlich gewesen sei, entfernt worden. ob der kläger früher an diesen ablauf eine private leitung für die entwässerung des daches seiner dreifachgarage angeschlossen gehabt habe, entziehe sich ihrer kenntnis. eine entsprechende entwässerungsgenehmigung sei jedenfalls nicht erteilt worden. nach der entwässerungsatzung stelle die gemeinde jedem grundstück eine grundstücksanschlussleitung zur verfügung. die abwässer einschließlich des niederschlagswassers seien auf dem grundstück zusammenzuführen und über diese anschlussleitung einzuleiten. eine übernahme der kosten für die vom kläger beauftragte zusätzliche anschlussleitung werde daher abgelehnt. 19anlässlich eines am 16.12.2014 durchgeführten erörterungstermins hat der berichterstatter die örtlichkeit in augenschein genommen. hinsichtlich der dabei getroffenen feststellungen wird auf die terminsniederschrift verwiesen. 20wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts und des vorbringens der beteiligten im übrigen wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. 21
22die klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. 23der ablehnungsbescheid der beklagten vom 04.10.2013 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten. der kläger hat keinen anspruch auf eine neubescheidung seines antrages vom 10.03.2013, da ihm die geltend gemachten ersatzansprüche nicht zustehen (§ 113 abs. 5 satz 1 und 2 der verwaltungsgerichtsordnung - vwgo -). 24weder für einen anspruch auf schaffung eines angemessenen ersatzes für die erschwerung der nutzung der grundstückszufahrten (1.) noch für die übernahme der kosten für eine zweite grundstücksanschlussleitung (2.) liegen die gesetzlichen bzw. satzungsmäßigen voraussetzungen vor. 251. nach § 14 a abs. 1 des straßen- und wegegesetzes des landes nordrhein-westfalen - strwg nrw - dürfen die eigentümer und besitzer von grundstücken, die an einer öffentlichen straße gelegen sind (straßenanlieger), innerhalb der geschlossenen ortslage die an die grundstücke angrenzenden straßenteile über den gemeingebrauch hinaus benutzen, soweit diese benutzung zur nutzung des grundstücks erforderlich ist, den gemeingebrauch nicht dauernd ausschließt oder erheblich beeinträchtigt oder in den straßenkörper eingreift. der durch diese vorschrift geschützte anliegergebrauch reicht nach der rechtsprechung grundsätzlich nur so weit, wie die angemessene nutzung des grundstücks eine benutzung der straße erfordert. gewährleistet sind danach vor allem der zugang zur straße und die zugänglichkeit des grundstücks von der straße her. diese zugänglichkeit ist bei einem grundstück im regelfall dann gegeben, wenn das grundstück auch mit kraftfahrzeugen erreicht werden kann. § 14 a strwg nrw garantiert allerdings nur eine genügende verbindung mit der anliegerstraße und deren anbindung an das öffentliche verkehrsnetz. die gewährleistung der zugänglichkeit umfasst hingegen keine bestandsgarantie hinsichtlich der ausgestaltung der straße und des umfangs der grundstücksverbindung mit der straße. sie vermittelt auch keinen anspruch auf die beibehaltung vorteilhafter verkehrsverbindungen sowie der bequemlichkeit und leichtigkeit des zugangs. 26ovg nrw, beschlüsse vom 22.08.2012 - 11 e 757/12 -, juris rn. 4; vom 13.12.2011 - 11 b 1148/11 -, nrwe rn. 8 = juris rn. 8; vom 04.07.2008 - 11 a 125/06 - (n.v.); vom 19.06.2008- 11 a 3064/05 - (n.v.), und vom 07.03.2002 - 11 a 5100/00 - (n.v.). 27von dem so definierten begriff der erforderlichkeit ist auch bei prüfung der frage auszugehen, ob der straßenanlieger nach § 20 abs. 5 strwg nrw einen ersatz- oder entschädigungsanspruch hat. nach satz 1 dieser vorschrift, auf die § 14 abs. 2 strwg nrw abschließend verweist, hat der träger der straßenbaulast einen angemessenen ersatz zu schaffen oder, soweit dies nicht zumutbar ist, eine angemessene entschädigung in geld zu leisten, wenn durch die änderung oder einziehung einer straße zufahrten oder zugänge zu grundstücken auf dauer unterbrochen werden oder die benutzung erheblich erschwert wird. dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass die in § 20 abs. 5 strwg nrw normierte verpflichtung zur schaffung eines angemessenen ersatzes oder die leistung einer angemessenen entschädigung in geld nach § 20 abs. 5 satz 3 strwg nrw nicht entsteht, wenn das grundstück eine anderweitige ausreichende verbindung zu dem öffentlichen straßennetz besitzt. 28ovg nrw, beschluss vom 22.08.2012 - 11 e 757/12 -, nrwe rn. 5. = juris rn. 9. 29vorliegend verfügt das grundstück des klägers auch nach dem ausbau der i1. noch über eine hinreichende verbindung mit der straße. zwar ist nicht zu verkennen, dass sich die zufahrtsmöglichkeiten dadurch verschlechtert haben, dass die hinterkante des zufahrtsstreifens vor dem südlich gelegenen stellplatz um 13 cm höher und vor der nördlich gelegenen zufahrtsrampe um 25 cm niedriger liegt als das frühere niveau der straßenanbindung. aus den maßen folgt aber auch, dass in einem mittleren bereich keine oder nur eine geringfügige höhendifferenz besteht, die ohne größere anpassungsarbeiten eine zufahrt zu dem grundstück erlaubt. nach der rechtsprechung ist es ausreichend, wenn ein grundstück nach schlussausbau der straße weiterhin mit einer frontbreite von ca. 4 m mit der öffentlichen verkehrsfläche verbunden ist. einen anspruch, das eigene grundstück über dessen gesamte straßenfront jederzeit uneingeschränkt befahren zu können, gibt es nach den oben dargestellten grundsätzen nicht. 30ovg nrw, beschluss vom 13.12.2011 - 11 b 1148/11 -, nrwe rn. 10 = juris rn. 10. 31dies gilt insbesondere dann, wenn es die topografischen verhältnisse - wie hier das gefälle der straße - nicht zulassen, die straße in einer weise auszubauen, die einerseits den technischen regelwerken und den ansprüchen der verkehrsteilnehmer, andererseits aber auch den wünschen der anlieger entspricht. es ist nicht zu beanstanden, dass die beklagte den vorstellungen des klägers hinsichtlich der ausgestaltung des zufahrtsstreifens vor seinem grundstück nicht weiter entgegengekommen ist. der auf dem straßengrundstück vorhandene zufahrtsstreifen, den die beklagte in der vollen breite der straßenfront vor dem grundstück des klägers hat anlegen lassen und der die sonst üblichen einzelnen grundstückszufahrten ersetzt, ist teil der öffentlichen straßenanlage, für dessen ordnungsgemäßen zustand die beklagte verantwortlich ist. sie konnte es daher aus sicherheitsgründen zulässigerweise ablehnen, die querneigung des zufahrtsstreifens vor der rampenauffahrt von den üblichen 6 % auf mehr als 10 % anzuheben. auch entspricht es den grundsätzen einer ordnungsgemäßen straßenentwässerung, oberflächenwasser von der öffentlichen straßenanlage, zu der auch der zufahrtsstreifen zählt, nicht durch eine negative querneigung auf das angrenzende privatgrundstück zu leiten. 32der kläger kann einen anspruch auf anpassung der zufahrten auch nicht damit begründen, dass sie der erschließung "notwendiger stellplätze" im sinne des § 51 abs. 1 der bauordnung für das land nordrhein-westfalen - bauo nrw - dienten. zwar kann auch unter dem blickwinkel des straßenrechtlichen anliegergebrauchs aus § 14 a abs. 1 strwg nrw die art des gebrauchs eines grundstücks objektiv eine zufahrt erfordern, wenn nach landesrechtlichen vorschriften auf dem grundstück stellplätze bereitgestellt werden müssen. 33vgl. ovg nrw, urteil vom 16.06.2014 - 11 a 1097/12 -, nrwe rn. 85 = juris rn. 84 m.w.n. 34dies rechtfertigt hier jedoch nicht den geltend gemachten anspruch auf ausbau der zufahrten für insgesamt acht stellplätze. für wohngebäude ist nach ziffer 1.1 der richtzahlen für den stellplatzbedarf (anlage zu nr. 51.11 vv bauo nrw) von einem stellplatz je wohnung auszugehen. für die gegenwärtige nutzung als einfamilienhaus ist daher nur ein stellplatz "notwendig". auch für die vom kläger angegebene frühere nutzung durch drei wohneinheiten waren nur drei plätze erforderlich. diese anzahl von stellplätzen ist weiterhin mit nur geringfügigen anpassungsarbeiten anfahrbar. 35bezüglich der von dem kläger in der mündlichen verhandlung angeführten berufungsfälle hat er bereits nicht dargelegt, dass die zufahrtssituation auf den grundstücken t1. 1, 2, 3 und 8 mit der auf seinem grundstück, die durch das vorhandensein einer mehrzahl von zufahrten über die gesamte breite der straßenfront geprägt ist, vergleichbar ist. die frage einer ausreichenden verbindung zur öffentlichen verkehrsfläche und einer erheblichen erschwerung der benutzung durch den ausbau ist eine einzelfallentscheidung, die nur unter betrachtung der konkreten situation, in die das anliegergrundstück eingebunden ist, beantwortet werden kann, 36vgl. ovg nrw, urteil vom 16.06.2014 - 11 a 1097/12 -, nrwe rn. 64 = juris rn. 62, 37und daher sogar für grundstücke, die an derselben erschließungsanlage liegen, unterschiedlich ausfallen kann. 382. der kläger hat auch keinen anspruch auf übernahme der kosten für eine zweite grundstücksanschlussleitung zur entwässerung der dachfläche seiner dreifachgarage und des garagenvorplatzes. nach § 13 abs. 1 satz 1 der entwässerungssatzung der gemeinde l. - es - vom 15.12.1995 in der fassung der 1. änderungssatzung vom 17.10.2002 ist jedes anzuschließende grundstück unterirdisch mit einer eigenen anschlussleitung […] an die öffentliche abwasseranlage anzuschließen. dafür ist in gebieten mit mischsystem - wie hier - für jedes grundstück eine anschlussleitung herzustellen (§ 13 abs. 1 satz 2 es), die von der hauptleitung bis zur grenze des jeweils anzuschließenden grundstücks teil der öffentlichen abwasseranlage ist (§ 2 nr. 6 b i.v.m. nr. 7 a es). hieraus folgt, dass die auf dem grundstück vorhandenen leitungen zur ableitung von schmutz- und niederschlagswasser zunächst zusammenzuführen sind und das abwasser dann gesammelt über eine anschlussleitung an die öffentliche abwasseranlage zu übergeben ist. eine solche anschlussleitung mit kontrollschacht ist auf dem grundstück des klägers zwischen der treppe und dem südlichen stellplatz vorhanden. der kläger müsste daher im grundsatz die entwässerung des garagendaches und des vorplatzes an diesen schacht anschließen. zwar können gemäß § 13 abs. 1 satz 3 es auf antrag auch mehrere anschlussleitungen gelegt werden. einen entsprechenden antrag hat der kläger jedoch nach den unwidersprochen gebliebenen angaben des beklagten nicht gestellt, so dass auch die nach § 14 abs. 1 es erforderliche zustimmung der gemeinde nicht erteilt wurde. bereits aus diesen gründen scheidet eine kostenübernahme aus. aus dem umstand, dass vor dem ausbau der straße vor dem grundstück des klägers ein einlaufschacht für oberflächenwasser vorhanden war, in den auch das niederschlagswasser vom garagenvorplatz und vom garagendach eingeleitet wurde, kann der kläger keine rechte herleiten. der einlaufschacht lag auf dem öffentlichen straßengrundstück und war - trotz der privaten mitbenutzung - teil der straßenentwässerung. er konnte daher bei ausbau der straße von der gemeinde entschädigungslos beseitigt werden. 39die klage ist daher insgesamt mit der kostenfolge aus § 154 abs. 1 vwgo abzuweisen. 40die entscheidungen über die vorläufige vollstreckbarkeit und die abwendungsbefugnis beruhen auf § 167 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11 und § 711 zpo.
Verklagte*r
0
334,773
11 A 2982/20.A
2021-01-21T00:00:00
Urteil
Tenor Das angefochtene Urteil wird geändert. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 14. März 2018 wird - mit Ausnahme der in Satz 4 der Ziffer 3. getroffenen Feststellung, dass der Kläger nicht nach Syrien abgeschoben werden darf - aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt die Beklagte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der 1998 in Syrien geborene Kläger ist nach seinen Angaben Palästinenser mit Flüchtlingsstatus in Syrien. Er reiste am 22. November 2017 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 4. Dezember 2017 einen Asylantrag. Eine vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) eingeholte EURODAC-Anfrage ergab, dass dem Kläger am 24. Februar 2017 in Griechenland internationaler Schutz gewährt worden war. 3Im Rahmen der Anhörungen beim Bundesamt gab der Kläger am 4. und 6. Dezember 2017 im Wesentlichen an: In Syrien habe er in Damaskus gelebt, sei dort bis zur 11. Klasse in die Schule gegangen und habe neben der Schule als Frisör gearbeitet. In Griechenland habe er sich eineinhalb Jahre aufgehalten. Dort habe er weder arbeiten noch zur Schule gehen dürfen. Er habe die ganze Zeit im Zelt leben müssen. Es habe kein Essen gegeben. 4Mit Bescheid vom 14. März 2018 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab (Ziffer 1.), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen (Ziffer 2.), und forderte den Kläger zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. im Falle einer Klageerhebung innerhalb von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens auf. Dem Kläger wurde für den Fall, dass er der Ausreisefrist nicht nachkomme, die Abschiebung nach Griechenland oder in einen anderen aufnahmebereiten oder zur Aufnahme verpflichteten Staat angedroht (Ziffer 3. Sätze 1 bis 3). Der Kläger dürfe nicht nach Syrien abgeschoben werden (Ziffer 3. Satz 4). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG werde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 4.). 5Am 20. März 2018 hat der Kläger Klage erhoben. 6Der Kläger hat beantragt, 7den Bescheid der Beklagten vom 14. März 2018 aufzuheben, 8und hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Griechenlands vorliegen. 9Die Beklagte hat beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 21. September 2020 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei mit ihrem Hauptantrag unbegründet. Die Beklagte habe den Asylantrag des Klägers unter Ziffer 1. des angefochtenen Bescheids zu Recht auf der Grundlage von § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abgelehnt. Unter Berücksichtigung der Auskünfte und Erkenntnisse sei nicht davon auszugehen, dass dem nichtvulnerablen und arbeitsfähigen Kläger in Griechenland eine gegen Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK verstoßende Behandlung drohe. Aus den Erkenntnissen ergebe sich, dass der griechische Staat mit Unterstützung der Europäischen Union Anstrengungen unternommen habe, um die Situation für international Schutzberechtigte zu verbessern. Dennoch lägen weiterhin Erkenntnisse dazu vor, dass international Schutzberechtigte nach der Ankunft in Griechenland über einen längeren Zeitraum keinen effektiv gesicherten Zugang zu Obdach, Nahrungsmitteln und sanitären Einrichtungen hätten und es für sie praktisch unmöglich sei, die Voraussetzungen für den Erhalt des sozialen Solidaritätseinkommens zu erfüllen. Bei dieser Sachlage sei der Zugang zu Sozialleistungen, zum Wohnungs- und Arbeitsmarkt durch das eigenverantwortliche Handeln des Einzelnen geprägt. Das Ausmaß, in dem der Einzelne von den harten Lebensbedingungen für anerkannt Schutzberechtigte in Griechenland getroffen werde, hänge von den individuellen Verhältnissen des jeweiligen Einzelnen ab. Bei dem Kläger handele es sich um einen jungen, alleinstehenden und gesunden Mann. Umstände, welche die Erwerbsfähigkeit des Klägers in relevanter Weise mindern könnten, seien nicht festzustellen. Der Kläger trage auch keine Unterhaltslasten, sondern müsse nur für sich selbst sorgen und sei schon deswegen von vorneherein einem geringeren Armutsrisiko ausgesetzt. Es sei davon auszugehen, dass Männer aus diesem Personenkreis sich den herausfordernden Verhältnissen in Griechenland stellen könnten und in der Lage seien, mit den zur Verfügung gestellten Mitteln und weiterem durch zumutbare Erwerbsarbeit erwirtschafteten Einkommen den eigenen Lebensunterhalt ausreichend sicherzustellen. Dabei sei insbesondere einzubeziehen, dass grundsätzlich Nichtregierungsorganisationen bei der Integration anerkannter Schutzberechtigter eine wichtige Rolle spielten und diese als Umsetzungspartner der internationalen, von der Europäischen Union finanzierten und vom Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen koordinierten Hilfsprojekte fungierten. Es sei insbesondere nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die Gruppe der arbeitsfähigen, alleinstehenden und gesunden Männer keine Unterkunft finde und dauerhaft obdachlos sein werde. Auf der Grundlage der dem Gericht vorliegenden Erkenntnisse spreche viel dafür, dass sich Schutzberechtigte bei der Suche nach einer Unterkunft nicht auf die Unterstützung durch staatliche Institutionen verlassen könnten. Von dem genannten Personenkreis, zu dem der Kläger gehöre, könne aber erwartet werden, dass er selbst für seine Unterbringung und seinen Lebensunterhalt sorge. Nötigenfalls könne er die Hilfe von Nichtregierungsorganisationen, Kirchen und privaten Akteuren in Anspruch nehmen. Für anerkannte Schutzberechtigte gelte die Inländergleichbehandlung mit griechischen Staatsangehörigen. In Griechenland gebe es kein staatliches Programm bezüglich Wohnungszuweisungen für die eigenen Staatsangehörigen und somit auch nicht für anerkannte Schutzberechtigte. Eine Unterbringung von anerkannt Schutzberechtigten in den kommunalen Obdachlosenunterkünften sei möglich, die vorhandenen Unterkünfte seien aber nicht bedarfsdeckend. Es sei jedenfalls in Athen sehr schwierig, in eine solche Einrichtung aufgenommen zu werden, da die Unterkünfte ständig überfüllt und die Nachfrage dauerhaft hoch sei. Auch in anderen griechischen Städten stünden nur sehr begrenzte Kapazitäten zur Verfügung. Selbst wenn trotz der dauerhaft hohen Auslastungsquote gelegentlich vereinzelte Plätze in Obdachlosenunterkünften frei werden sollten, träte der Kläger insoweit nicht nur in Konkurrenz zu Asylbewerbern und anderen anerkannten Schutzberechtigten, sondern auch zur einheimischen Bevölkerung. Vor diesem Hintergrund sei es beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger keinen Platz in einem Obdachlosenheim erhielte. Programme wie das „ESTIA-Programm“ des UNHCR und das von der Europäischen Union finanzierte „Helios-2-Programm“ sollten zwar mit ihren Unterstützungsleistungen im Bereich der Unterbringung der Gefahr der Obdachlosigkeit entgegenwirken. Mit dem neuen griechischen Asylgesetz vom 1. November 2019, das am 1. Januar 2020 in Kraft getreten sei, müssten jedoch alle anerkannt Schutzberechtigten unmittelbar ab dem Zeitpunkt der Anerkennung die Unterkünfte des „ESTIA-Programms“ verlassen. Es sei unwahrscheinlich, dass das „Helios-2-Programm“ ausreichend Auffangplätze biete. Eine konkret auf Schutzstatusinhaber bezogene finanzielle Unterstützung für die Lebenshaltungskosten oder für Wohnraum gewähre der griechische Staat nicht. Anspruch auf Sozialleistungen bestehe für Schutzberechtigte auf derselben Basis wie für griechische Staatsbürger. Insofern ergäben sich jedoch für nach Griechenland zurückkehrende Schutzberechtigte regelmäßig dadurch Leistungsausschlüsse, dass die Gewährung von Sozialleistungen einen legalen Inlandsaufenthalt in mehreren Vorjahren - für den Zugang zur sozialen Grundsicherung zwei Jahre, was über die Steuerklärung der Vorjahre nachzuweisen sei, und für den Zugang zum Wohngeld fünf Jahre - erfordere. Die wenigen von staatlicher Seite zur Verfügung gestellten Unterstützungsleistungen könnten anerkannt Schutzberechtigte in Griechenland demnach nur sehr schwer erreichen. Daraus folge jedoch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger nach einer Rückkehr nach Griechenland gezwungen sein werde, auf der Straße zu leben. Zum einen böten einige Nichtregierungsorganisationen ‑ neben der Versorgung mit Lebensmitteln in den nötigsten Dingen des täglichen Bedarfs - punktuell Wohnraum an. Hierzu gehörten z. B. Caritas Hellas, Orange House und PRAKSIS. Insbesondere Caritas Hellas unterhalte einen sog. „Social Spot“ in Athen. Hier würden täglich Hilfestellungen zu verschiedenen Themen angeboten. Zudem verfüge Caritas Hellas über Wohnräumlichkeiten sowie Kooperationen mit der armenischen Kirchengemeinde, welche u. a. auch für kurzfristige Unterbringungen zur Verfügung stünden. Weitere gemischte Wohnprojekte der Caritas Hellas im Stadtteil Neos Kosmos würden von den römisch-katholischen Bischöfen in Griechenland unterstützt. Der Kläger dürfte zudem ebenfalls auf informelle Netzwerke - etwa unter syrischen Landsleuten - zurückgreifen können, um zumindest vorläufig eine Bleibe zu finden. Zum anderen könne er einer Erwerbstätigkeit nachgehen und sich mit seinen eigenen finanziellen Mitteln Wohnraum auf dem privaten Wohnungsmarkt beschaffen. Zwar erschwerten Vorurteile und bevorzugtes Vermieten an Studenten, Familienmitglieder und Bekannte anderen Bevölkerungsgruppen den Zugang zu privatem Wohnraum. Der Kläger sei auch grundsätzlich in der Lage, sich seinen Lebensunterhalt selbst zu sichern. Die meisten Arbeitsmöglichkeiten für anerkannt Schutzberechtigte bestünden in der Schattenwirtschaft und seien oft schlecht bezahlte, hoch prekäre, unsichere und oft gefährliche Tätigkeiten ohne Sozialversicherung - hier bestehe die Gefahr der Ausbeutung. Eine Erwerbstätigkeit in diesen Branchen und zu diesen Bedingungen sei dem Kläger jedoch zumutbar. Zu den zumutbaren Tätigkeiten gehörten auch solche, die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden könnten, auch soweit diese Arbeiten als Tätigkeiten im Bereich einer Schatten- und Nischenwirtschaft bezeichnet würden. Eine Beschäftigung etwa im Bereich der Schwarzarbeit sei danach nicht von vornherein ausgeschlossen. Lediglich auf eine kriminelle Arbeit müsse sich der Kläger nicht verweisen lassen. Dies zugrunde gelegt, drohe dem Kläger in Griechenland keine Verletzung von Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK. Besondere Umstände, die erwarten ließen, dass er unabhängig von seinem Willen und seinen persönlichen Entscheidungen in eine Situation extremer materieller Not geriete, die es ihm nicht erlaube, seine elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, seien nicht ersichtlich. Insbesondere bestünden zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger derzeit unter gesundheitlichen Einschränkungen litte, die eine besondere Vulnerabilität begründen würden. Zu berücksichtigten sei auch, dass der Kläger notfalls auf die finanzielle Hilfe seiner Verwandten in Deutschland und den Niederlanden zurückgreifen könne, die ihm bereits den Flug von Griechenland in die Niederlande bezahlt hätten. 12Die Klage habe auch mit ihrem Hilfsantrag keinen Erfolg. Die Entscheidung in Ziffer 2. des Bescheids, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG in Bezug auf Griechenland nicht vorlägen, sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht im Hinblick auf die Corona-Pandemie in Griechenland. Die Abschiebungsandrohung in Ziffer 3. des Bescheids sei zwar rechtswidrig, aber mangels Rechtsverletzung des Klägers nicht aufzuheben. Das in Ziffer 4. angeordnete Einreise- und Aufenthaltsverbot sei rechtmäßig. 13Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung führt der Kläger im Wesentlichen aus: Aus einer aktuellen Meldung des Redaktionsnetzwerks Deutschland ergebe sich, dass Flüchtlinge in Athen ohne Obdach, Arbeit oder Sozialhilfe vegetieren müssten. Sie stünden ohne ärztliche Versorgung, ohne Essen und Wasser, ohne Dach über dem Kopf da. Sie fänden keinen Job bei einer Arbeitslosenquote von 18 %. Die Situation könne sich zudem schon bald weiter verschärfen. 14Der Kläger beantragt schriftsätzlich, 15„unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 21.09.2020 (Aktenzeichen: 29 K 2705/18.A) den Bescheid der Beklagten vom 14.03.2018 aufzuheben sowie - hilfsweise·- festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen“. 16Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 17die Berufung zurückzuweisen. 18Sie trägt vor: Die Lebensbedingungen von Personen mit zuerkanntem Schutzstatus in Griechenland seien ausreichend. Weder sei eine Verletzung der in Art. 26 ff. der Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Gleichbehandlungsgebote erkennbar noch herrschten in Griechenland derart eklatante Missstände, welche die Annahme rechtfertigten, anerkannte Schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung i. S. d. Art. 3 EMRK ausgesetzt. Dies werde auch durch die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung bestätigt. 19Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt. 20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamts Bezug genommen. 21Entscheidungsgründe: 22A. Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO). 23B. Der im Berufungsverfahren schriftsätzlich formulierte Antrag des Klägers ist dahingehend auszulegen, dass er mit der Berufung die Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts und die Aufhebung des Bescheids des Bundesamts vom 14. März 2018 - mit Ausnahme der in Satz 4 der Ziffer 3. getroffenen Feststellung, dass er nicht nach Syrien abgeschoben werden darf - begehrt. 24C. Die so verstandene Berufung des Klägers hat Erfolg. 25Der Bescheid des Bundesamts vom 14. März 2018 ist - soweit er streitbefangen ist - rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 26Dabei ist gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats abzustellen. 27Vgl. auch EuGH, Urteil vom 19. März 2019 ‑ C‑297/17 u. a. (Ibrahim) -, juris, Rn. 67 f. 28I. Als Rechtsgrundlage für die Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1. des angefochtenen Bescheids kommt § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG nicht in Betracht. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. 29Diese Vorschrift kann für den Fall des Klägers nicht zur Anwendung kommen. 30Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: EuGH) ist Art. 33 Abs. 2 Buchst. a) der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes - der durch § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG in deutsches Recht umgesetzt worden ist - dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat verbietet, von der durch diese Vorschrift eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen, einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig abzulehnen, weil dem Antragsteller bereits von einem anderen Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist, wenn die Lebensverhältnisse, die ihn in dem anderen Mitgliedstaat erwarten würden, ihn der ernsthaften Gefahr aussetzen würden, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung nach Art. 4 GRCh bzw. des diesem entsprechenden Art. 3 EMRK zu erfahren. 31Vgl. EuGH, Beschluss vom 13. November 2019 ‑ C‑540 und 541/17 (Hamed und Omar) ‑, juris; ferner bereits EuGH, Urteile vom 19. März 2019 ‑ C‑163/17 (Jawo) ‑, juris, Rn. 81 bis 97, und vom 19. März 2019 ‑ C‑297/17 u. a. (Ibrahim) ‑, juris, Rn. 83 bis 94. 32Für die Anwendbarkeit des Art. 33 Abs. 2 Buchst. a) der Richtlinie 2013/32/EU nimmt der EuGH einen Verstoß gegen Art. 4 GRCh an, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre. 33Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-163/17 (Jawo) -, juris, Rn. 87 bis 92; Beschluss vom 13. November 2019 - C-540 und 541/17 (Hamed und Omar) -, juris, Rn. 39; vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschluss vom 16. Dezember 2019 - 11 A 228/15.A -, juris, Rn. 29 ff., m. w. N., wonach ein Verstoß gegen Art. 4 GRCh oder Art. 3 EMRK vorliegt, wenn die elementarsten Bedürfnisse („Bett, Brot, Seife“) nicht befriedigt werden können. 34Ausgehend hiervon kann der Asylantrag nicht nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abgelehnt werden, weil dem Kläger zur Überzeugung des Senats (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) für den Fall seiner Rückkehr nach Griechenland die ernsthafte Gefahr einer erniedrigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 GRCh oder Art. 3 EMRK droht. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit unabhängig von seinem Willen und seinen persönlichen Entscheidungen in Griechenland in eine Situation extremer materieller Not geraten wird und seine elementarsten Bedürfnisse („Bett, Brot, Seife“) für einen längeren Zeitraum nicht wird befriedigen können. 351. Es besteht die ernsthafte Gefahr, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr nach Griechenland keine menschenwürdige Unterkunft finden, sondern über einen längeren Zeitraum obdachlos sein wird. 36a. Auf der Grundlage der dem Senat zur Verfügung stehenden Erkenntnisse und zum Zeitpunkt seiner Entscheidung allgemein zugänglichen Informationen ist davon auszugehen, dass international Schutzberechtigte nach ihrer Rückkehr nach Griechenland regelmäßig schon keinen Zugang zu einer menschenwürdigen Unterkunft erhalten. 37aa. Zurückkehrende international Schutzberechtigte sind grundsätzlich für ihre Unterkunft selbst verantwortlich. Eine staatliche Unterstützung in Form einer Zuweisung von Wohnraum existiert nicht. International Schutzberechtigte müssen sich Wohnraum auf dem freien Wohnungsmarkt beschaffen. Unabhängig von der Frage der Finanzierbarkeit wird das private Anmieten von Wohnraum für bzw. durch anerkannte Schutzberechtigte durch das traditionell bevorzugte Vermieten an Familienmitglieder, Bekannte und Studenten sowie gelegentlich durch Vorurteile erschwert. 38Vgl. hierzu österreichisches Bundesamt für Fremdwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Griechenland vom 19. März 2020, S. 30; VG Aachen, Urteil vom 6. Mai 2020 - 10 K 1722/18.A -, juris, Rn. 67 ff., unter Hinweis auf verschiedene Auskünfte des Auswärtigen Amtes; VG Ansbach, Beschluss vom 25. November 2020 ‑ AN 17 S 18.50625 -, juris, Rn. 22. 39bb. Der Wohnraum des Hilfsprogramms „ESTIA“ (Emergency Support To Integration & Accommodation) des UNHCR und der Europäischen Union (im Folgenden: EU) ist für die Unterbringung von Asylbewerbern, nicht aber für Schutzberechtigte vorgesehen. Nach dem ab dem 1. Januar 2020 in Kraft getretenen griechischen Asylgesetz müssen alle anerkannten Schutzberechtigten unmittelbar ab dem Zeitpunkt der Anerkennung der Schutzberechtigung die Unterkünfte für Asylbewerber (etwa die des Hilfsprogramms „ESTIA“) verlassen. Dabei gab es zunächst einmalig eine Übergangsfrist von zwei Monaten. Bei fehlenden Eigenmitteln besteht die Möglichkeit einer Unterbringung in kommunalen Obdachlosenunterkünften. Zielgruppe des Anfang September 2019 durch die EU finanzierten „Helios-2-Programms“ (Hellenic Integration Support for Beneficiaries of International Protection) sind international Schutzberechtigte mit einer Anerkennung ab dem 1. Januar 2018, wobei Schutzberechtigte mit einer Anerkennung ab dem 1. Januar 2019 und nach einer Übergangsfrist von sechs Monaten im Hilfsprogramm „ESTIA“ bevorzugt werden. Die Maßnahme richtet sich an die Personengruppe, die Unterkünfte für Asylbewerber (Wohnungen im Rahmen des Hilfsprogramms „ESTIA“ oder Aufnahmelager) bisher noch nicht verlassen musste. Das Programm sieht pro Halbjahr für maximal 5.000 Personen eine Wohnungsbeihilfe vor; die Schutzberechtigten sollen sich grundsätzlich selbst eine Wohnung ihrer Wahl anmieten und als Mieter einen Mietvertrag abschließen. 40Vgl. Auswärtiges Amt, Amtshilfeersuchen in Asyl- und Rückführungsangelegenheiten - Situation von zurückkehrenden anerkannten Schutzberechtigten nach Griechenland, Auskunft an VG Leipzig vom 28. Januar 2020, S. 2, und Amtshilfeersuchen in Asyl- und Rückführungsangelegenheiten, Lage international Schutzberechtigter in Griechenland, Auskunft an VG Potsdam vom 23. August 2019, S. 2 ff.; VG Aachen, Urteil vom 6. Mai 2020 - 10 K 1722/18.A -, juris, Rn. 71 ff.; VG Ansbach, Beschluss vom 25. November 2020 ‑ AN 17 S 18.50625 -, juris, Rn. 25. 41cc. International Schutzberechtigte haben Zugang zu Unterbringungseinrichtungen für Obdachlose, die jedoch nur begrenzt vorhanden sind. Eigene Unterbringungsplätze für anerkannte Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte existieren nicht. Es gibt auch keine eigene Unterstützung für ihre Lebenshaltungskosten. In Athen gibt es vier Asyle für Obdachlose (zugänglich für griechische Staatsbürger und legal aufhältige Drittstaatsangehörige). Es ist äußerst schwierig, dort zugelassen zu werden, da sie chronisch überfüllt sind und Wartelisten führen. Personen, die keine Unterkunft haben und nicht das Geld besitzen, eine zu mieten, leben oft in überfüllten Wohnungen, verlassenen Häusern ohne Zugang zu Strom und/oder Wasser oder werden obdachlos. 42Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Griechenland vom 19. März 2020, S. 30; s. hierzu insbesondere VG Aachen, Urteil vom 6. Mai 2020 - 10 K 1722/18.A -, juris, Rn. 85 ff., unter Hinweis nebst detaillierter Auflistung darauf, dass die meisten Unterkünfte belegt seien; VG Ansbach, Beschluss vom 25. November 2020 ‑ AN 17 S 18.50625 -, juris, Rn. 26. 43dd. Einige Nichtregierungsorganisationen (im Folgenden: NGOs) bieten punktuell Wohnraum an. Hierzu gehören z. B. Caritas Hellas, Orange House und PRAKSIS. Insbesondere Caritas Hellas unterhält einen sog. „Social Spot" in Athen. Hier werden täglich Hilfestellungen zu verschiedenen Themen angeboten. Zudem verfügt Caritas Hellas über Wohnräumlichkeiten sowie Kooperationen mit der armenischen Kirchengemeinde, welche u. a. auch für kurzfristige Unterbringungen zur Verfügung stehen. Weitere gemischte Wohnprojekte der Caritas Hellas im Stadtteil Neos Kosmos werden von den römisch-katholischen Bischöfen in Griechenland unterstützt. Die Zahl der Unterkünfte in Athen ist insgesamt nicht ausreichend. Diese Stellen arbeiten mit Bedürftigen direkt und unmittelbar zusammen. Bedürftige können sich nach Ankunft in Griechenland unmittelbar an die vorgenannten Organisationen wenden. 44Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Griechenland vom 19. März 2020, S. 31; VG Aachen, Urteil vom 6. Mai 2020 - 10 K 1722/18.A -, juris, Rn. 110, unter Hinweis darauf, dass die Zahl der Unterkünfte auch unter Berücksichtigung der von NGOs zur Verfügung gestellten Unterbringungsmöglichkeiten nicht als ausreichend bewertet werde. 45ee. In Griechenland sind zahlreiche international Schutzberechtigte obdachlos. 46(1) Schätzungen zufolge sollen schon im Jahr 2019 allein im Athener Stadtzentrum ca. 1.500 Menschen ohne Obdach gewesen sein. Ein Großteil der Obdachlosen kommt nicht in Notunterkünften unter, sondern lebt auf der Straße, schläft bei extremer Kälte in beheizten Hallen oder Metrostationen in der Athener Innenstadt oder vielfach auch in verlassenen Gebäuden, die jedoch häufig ohne Zugang zu Wasser und Strom sind. 47Vgl. VG Aachen, Urteil vom 6. Mai 2020 - 10 K 1722/18.A -, juris, Rn. 112, m. w. N. 48(2) Im Jahr 2020 hat sich diese Situation weiter verschärft. Nach den Erkenntnissen, die der Senat aus zum Zeitpunkt seiner Entscheidung allgemein zugänglichen Quellen gewonnen hat, ergibt sich hierzu folgendes Bild: 49(a) Bereits im Sommer 2020 hätten hunderte anerkannte Flüchtlinge in Athen auf der Straße gelebt. Trotz zahlreicher Warnungen der griechischen Zivilgesellschaft und des UNHCR seien infolge der (oben bereits dargestellten) Änderung des Asylgesetzes 11.237 Menschen aufgefordert worden, ihre Unterkünfte am 1. Juni 2020 zu verlassen. Viele seien der Aufforderung nachgekommen. Hinzu kämen Tausende international Schutzberechtigte, die bereits obdachlos seien, inoffiziell in Camps oder unter anderen unzumutbaren Wohnungsbedingungen lebten, weil sie nie in Aufnahmeeinrichtungen hätten leben können oder diese bereits hätten verlassen müssen. 50Vgl. Pro Asyl, Griechenland: Selbst anerkannten Flüchtlingen droht Verelendung, Bericht vom 14. September 2020, www.proasyl.de; s. hierzu auch: Ärzte ohne Grenzen, Griechenland: Regierung treibt Tausende Flüchtlinge gezielt in die Obdachlosigkeit, Bericht vom 14. Juli 2020, www.aerzte-ohne-grenzen-de; Der Spiegel, Plötzlich vor dem Nichts, Flüchtlinge in Griechenland, Artikel vom 6. Juni 2020, www.spiegel.de. 51(b) Außerdem habe Griechenland wegen viel schnellerer Verfahren in den vergangenen Monaten tausende Asylbewerber anerkannt und diese aufs Festland gebracht; dort erhielten sie keine Unterstützung, viele hausten obdachlos auf den Straßen der Großstädte und seien auf Almosen angewiesen. 52Vgl. dazu Der Standard, Das Elend der anerkannten Flüchtlinge auf dem griechischen Festland, Artikel vom 30. September 2020, www.derstandard.de; vgl. i. d. S. auch Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), Flüchtlinge in Athen: Ein Leben wie menschliches Treibgut, Bericht vom 20. Oktober 2020, www.rnd.de. 53(c) Seit dem Feuer in der Nacht vom 8. auf den 9. September 2020 im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos sind noch weitere Flüchtlinge auf das Festland verbracht worden oder gelangt. 54Durch das Feuer seien ca. 12.000 Asylbewerber über Nacht obdachlos geworden; knapp 2.500 Personen seien auf das Festland verbracht worden. Das neu errichtete Lager Kara Tepe biete für ca. 7.700 Personen Platz. Dieses Lager sei - insbesondere für den Winter - nicht adäquat ausgestattet. 55Vgl. UNHCR, Greece Update, Moria Fire Emergency, Bericht vom 23. Oktober 2020; s. auch Tagesschau, „Sogar in Moria war es besser“, Bericht vom 20. Oktober 2020, www.tagesschau.de. 56Im Oktober 2020 sei es im Lager Kara Tepe zu Überschwemmungen gekommen. Viele Flüchtlinge und Asylwerber seien mittlerweile auch nicht mehr im Zeltlager Kara Tepe, weil sie bereits aufs Festland gebracht worden seien. Andere seien in das Vorzeigelager nebenan gebracht worden, wo sie in Containern lebten, die extra für besonders vulnerable Gruppen, etwa Familien mit Kleinkindern, vorgesehen seien. Seit September 2020 hätten ca. 3.000 Personen Lesbos verlassen. Zehntausende anerkannte Flüchtlinge lebten bereits auf dem griechischen Festland, wo die Not groß sei, weil viele Sozialprogramme ausgelaufen seien. 57Vgl. Der Standard, Migration, Deutlich weniger Flüchtlinge auf ostägäischen Inseln, Artikel vom 17. Dezember 2020, www.derstandard.de. 58Die Lage der nach dem Brand in Moria auf das Festland verbrachten Menschen verbessert sich vorliegenden Berichten zufolge nicht zwangsläufig. In Griechenland ende seit einer weiteren Gesetzesänderung im März 2020 30 Tage nach der Flüchtlingsanerkennung der Anspruch auf staatliche Unterstützung bei Unterbringung und Verpflegung. Tausende gerieten daraufhin in Obdachlosigkeit und extrem prekäre Versorgungssituationen. Ein Ort, an dem das Elend der aus den Lagern ausgewiesenen anerkannten Geflüchteten besonders sichtbar werde, sei der Viktoriaplatz in Athen. Viele obdachlos gewordene Geflüchtete lebten dort über längere Zeiträume - ohne medizinische Versorgung, Hygieneinfrastruktur, staatliche Unterstützung. 59Vgl. BT-Drs. 19/24115 vom 6. November 2020, Kleine Anfrage der Abgeordneten Michel Brandt, Zaklin Nastic, Ulla Jelpke, Christine Buchholz, Andrej Hunko, Tobias Pflüger, Helin Evrim Sommer, Alexander Ulrich, Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE; BT-Drs. 19/25036 vom 8. Dezember 2020, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage, u. a. Antwort auf die Frage 12., S. 6, wonach der Bundesregierung Berichte aus Medien und von NGOs über Obdachlosigkeit in der betreffenden Personengruppe bekannt seien. 60Im Zeitraum von Anfang September 2020 bis zum 15. November 2020 sollen nach Kenntnis der Bundesregierung 6.626 Personen von den griechischen Inseln auf das Festland verbracht worden sein. 61Vgl. BT-Drs. 19/25036 vom 8. Dezember 2020, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage, BT-Drs. 19/24115 vom 6. November 2020, S. 6. 62(d) Hinzu treten derzeit von der griechischen Regierung verfügte Coronaschutzmaßnahmen, wie der aufgrund der hohen Infektionszahlen und der Engpässe im Gesundheitssektor vorerst bis zum 25. Januar 2021 geltende landesweite Lockdown. 63Vgl. Deutsche Vertretungen in Griechenland, Hinweise zum Coronavirus und zu Reisebeschränkungen in Griechenland, www.griechen-land.diplo.de. 64Für Alte, Menschen mit Behinderung, Obdachlose und Flüchtlinge gebe es während des in Griechenland verfügten Lockdowns keine Unterstützung. Die zwischen 21 und 5 Uhr geltende nächtliche Ausgangssperre sei besonders für Obdachlose schwierig. Denn wie sollten sich Obdachlose an die nächtliche Ausgangssperre halten, wenn sie überhaupt keine Unterkunft hätten. 65Vgl. Radio Berlin-Brandenburg (rbb 24), Interview mit der Projektkoordinatorin bei Tandem NGO in Athen, Ronja Buggel: Lockdown in Griechenland - „Alle, die in der Stadt bleiben müssen, haben es schwer“, ausgestrahlt am 14. November 2020, www.rbb24.de. 66b. Mit Blick auf diese aufgeführten Erkenntnisse und die wiedergegebenen Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass der Kläger im Fall seiner Rückkehr nach Griechenland eine Unterkunft bekommen kann. Dem Kläger wird es dort weder möglich sein, eine Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt zu finden noch zu finanzieren. In Wohnungen oder Unterkünften des Hilfsprogramms „ESTIA“ kann er - wovon auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist - nicht unterkommen, weil diese für Asylbewerber, nicht aber für international Schutzberechtigte vorgesehen sind. Da dem Kläger vor dem 1. Januar 2018 internationaler Schutz zuerkannt worden ist und er auch weder aus einer Unterkunft des „ESTIA“-Hilfsprogramms noch aus einem Aufnahmelager heraus eine Wohnung oder Unterkunft sucht, zählt er von vornherein nicht zu der Personengruppe, die eine Unterstützung durch das „Helios-2“-Programm erfahren könnte. Es erscheint nach der oben dargestellten Auskunftslage auch unwahrscheinlich, dass er in einer der durch NGOs zur Verfügung gestellten wenigen Wohnungen oder Unterkünften oder einer Unterkunft für Obdachlose - letzteres hat auch das Verwaltungsgericht angenommen - unterkommen kann. Denn nachdem diese auf der Grundlage der zitierten Erkenntnisse bereits im Jahr 2019 schon nicht in ausreichendem Maße vorhanden waren, hat sich der Bedarf an Unterkünften durch die oben beschriebenen Umstände, die zu einer weiteren Steigerung der Zahl unterkunftssuchender Schutzberechtigter geführt haben, nochmals deutlich erhöht. Der Kläger kann auch nicht auf „informelle Möglichkeiten“ der Unterkunft in verlassenen bzw. besetzten Gebäuden verwiesen werden, denn der Aufenthalt in solchen Gebäuden wäre zum einen illegal und zum anderen wegen der dort zumeist herrschenden menschenunwürdigen Zustände unzumutbar. 67Vgl. hierzu die zutreffenden Ausführungen des VG Aachen, Urteil vom 6. Mai 2020 - 10 K 1722/18.A -, juris, Rn. 118 ff., m. w. N. 68c. Zwar hat sich die Lage in Griechenland für dorthin zurückkehrende Schutzberechtigte seit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts noch weiter verschärft. Auch die zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung bereits bestehende Lage rechtfertigte indessen - ausgehend von dem vom Verwaltungsgericht zu Grunde gelegten Tatsachenmaterial - nicht die Annahme, der Kläger werde alsbald nach einer Rückkehr nach Griechenland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine zumutbare Unterkunft finden. Die vom Verwaltungsgericht - neben dem nicht tragfähigen Verweis auf Wohnungen der NGOs - für die entsprechende Annahme gegebene Begründung: „Der Kläger dürfte zudem ebenfalls auf informelle Netzwerke - etwa unter syrischen Landsleuten - zurückgreifen können, um zumindest vorläufig eine Bleibe zu finden“, überzeugt insoweit jedenfalls nicht. Abgesehen davon, dass das Verwaltungsgericht die entsprechende Erwartung in den Konjunktiv gesetzt, also wohl selbst nur als mögliche Entwicklung gesehen hat, ist es weder beachtlich wahrscheinlich noch ersichtlich, dass „syrische Landsleute“, die den Kläger nicht kennen, ihn aufnehmen würden, sofern sie überhaupt über ausreichenden Wohnraum verfügen. 692. Der Kläger wird mit hoher Wahrscheinlichkeit im Falle seiner Rückkehr nach Griechenland ferner nicht in der Lage sein, sich aus eigenen durch Erwerbstätigkeit zu erzielenden Mitteln mit den für ein Überleben notwendigen Gütern zu versorgen. 70a. Grundsätzlich haben international Schutzberechtigte in Griechenland Zugang zum Arbeitsmarkt, der allerdings bereits durch die Sprachbarriere und eine hohe Arbeitslosigkeit erschwert wird. So lag die Arbeitslosenquote in Griechenland im Jahr 2020 bei 19,88 %. 71Vgl. zur Arbeitslosenquote in Griechenland: Statista, Internationale Länderdaten, Europa, https://de.statista.com. 72Die Chancen zur Vermittlung eines Arbeitsplatzes sind zudem gering. Die staatliche Arbeitsagentur OAED hat bereits für Griechen kaum Ressourcen für die aktive Arbeitsvermittlung (Betreuungsschlüssel: 1 Mitarbeiter für über 1.000 Arbeitslose) und noch kein Programm zur Arbeitsintegration von Flüchtlingen aufgelegt. Migration in den griechischen Arbeitsmarkt hat in der Vergangenheit vor allem in den Branchen Landwirtschaft, Bauwesen, haushaltsnahe und sonstige Dienstleistungen stattgefunden. Allerdings haben sich die Arbeitschancen durch die anhaltende Finanz- und Wirtschaftskrise allgemein deutlich verschlechtert. 73Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Griechenland vom 19. März 2020, S. 31. 74Möglichkeiten zur Arbeitsaufnahme sollen zum Teil bei NGOs etwa als Dolmetscher oder Team-Mitarbeiter bestehen. 75Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Griechenland vom 19. März 2020, S. 31. 76Die Corona-Pandemie hat ferner erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaftslage in Griechenland. 77Griechenland hatte begonnen, sich von der achtjährigen Rezession zu erholen, in die das Land während der Schuldenkrise im Jahr 2009 gestürzt war. Der am 7. November 2020 verfügte zweite Lockdown wirft die griechische Wirtschaft wieder weit zurück. Im dritten Quartal ging das Bruttoinlandsprodukt (im Folgenden: BIP) im Jahresvergleich um 11,7 % zurück. Das war der heftigste Einbruch aller Staaten der Europäischen Union. 78Vgl. etwa RND, Corona wirft Griechenland weit zurück, Bericht vom 25. Dezember 2020, www.rnd.de; i. d. S. auch GTAI, Germany Trade & Invest, Griechenland sucht Ausweg aus der Krise, Stand 30. November 2020, www.gtai.de; so auch: Bündnis 90/DIE GRÜNEN, Griechenland kämpft gegen alte und neue Krisenfolgen, Bericht vom 23. November 2020, www.gruene-bundestag.de. 79Der Tourismus steuerte 2019 mehr als ein Fünftel zum griechischen BIP bei und war damit der stärkste Wachstumsmotor. 2020 gingen die Urlauberzahlen um fast 80 % zurück. Branchenexperten erwarten, dass der Tourismus mindestens drei Jahre brauchen wird, um das Vorkrisenniveau zu erreichen. Das könnte auch für die griechische Wirtschaft insgesamt gelten. 80Vgl. RND, Corona wirft Griechenland weit zurück, Bericht vom 25. Dezember 2020, www.rnd.de; hierzu auch: Bündnis 90/DIE GRÜNEN, Griechenland kämpft gegen alte und neue Krisenfolgen, Bericht vom 23. November 2020, www.gruene-bundestag.de. 81b. Angesichts der sich aus diesen Erkenntnissen und Informationen ergebenden derzeitigen Arbeitsmarktsituation und Wirtschaftslage in Griechenland ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Kläger im Falle seiner Rückkehr keine Arbeit finden würde. Bei einer Arbeitslosenquote von nahezu 20 % und den einen Zugang zum Arbeitsmarkt zusätzlich erschwerenden persönlichen Handicaps des Klägers - wie der mangelnden Beherrschung der griechischen Sprache, des Fehlens spezifischer beruflicher Qualifikationen und des für einen Drittstaatsangehörigen in einem anderen Land typischen Fehlens privater Netzwerke - erscheint es nahezu ausgeschlossen, dass der Kläger in einem überschaubaren Zeitraum im Anschluss an eine Rückkehr nach Griechenland eine Arbeit findet, die es ihm gestattet, seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. 82c. Der Kläger kann entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung auch nicht auf eine Erwerbstätigkeit im Bereich der Schwarzarbeit verwiesen werden. Insoweit beruft sich das Verwaltungsgericht zu Unrecht auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Mai 2006 - 1 B 100.05 -. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in der betreffenden Entscheidung Arbeiten im Bereich einer „Schatten- oder Nischenwirtschaft“ als zumutbar erachtet hat, bezog es sich auf „Tätigkeiten, für die es keine Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern, und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs, beispielsweise während der Touristensaison, ausgeübt werden können“. Zu illegaler Tätigkeit in Form der Schwarzarbeit hat sich das Bundesverwaltungsgericht entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht verhalten. Es hat vielmehr wiederholt dargelegt, dass der Schutzsuchende nicht auf „kriminelle Arbeit“ verwiesen werden könne. 83Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. Mai 2006 ‑ 1 B 100.05 -, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 328 = juris, Rn. 11, und vom 17. Mai 2006 ‑ 1 B 101.05 -, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 329 = juris, Rn. 5, und vom 9. Januar 1998 ‑ 9 B 1130.97 -, juris, Rn. 5 f. 84Hierzu zählt auch Schwarzarbeit, die zumeist dadurch gekennzeichnet ist, dass steuer- und/oder beitragspflichtige Tätigkeiten nicht den zuständigen öffentlichen Stellen gemeldet werden, wodurch diesen die entsprechenden Abgaben in verbotswidriger Weise vorenthalten werden. 85Vgl. hierzu Europäische Kommission, Themenblatt Europäisches Semester „Schwarzarbeit“ vom 10. November 2017, Einführung, S. 1, https://ec.europa.eu. 86Abgesehen davon wird das Phänomen der Schwarzarbeit europaweit bekämpft. Das Europäische Parlament und der Rat haben durch Beschluss 2016/344/EU vom 9. März 2016 (ABl. L 65 vom 11. März 2016) eine „Europäische Plattform zur Stärkung der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit“ eingerichtet, die u. a. den Ländern der EU helfen soll, wirksamer den verschiedenen Formen der Schwarzarbeit zu begegnen. 87Vgl. Europäische Kommission, Themenblatt Europäisches Semester „Schwarzarbeit“ vom 10. November 2017, S. 6 f., https://ec.europa.eu. 88Auch Griechenland geht gegen Schwarzarbeit mit hohen Strafgeldern vor und hat es auf diese Weise geschafft, den Anteil der Schwarzarbeit im Zeitraum von 2015 bis 2019 fast zu halbieren. 89Vgl. auch GTAI, Germany Trade & Invest, Wirtschaftsumfeld/Griechenland/Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten, Stand 30. September 2020, S. 2, www.gtai.de. 90Mit Blick darauf verbietet es sich, diese Bemühungen der EU und ihres Mitgliedstaats Griechenland dadurch zu untergraben, dass anerkannt Schutzberechtigte auf die Möglichkeit verwiesen werden, dort zur Sicherung des Existenzminimums - verbotene - Schwarzarbeit aufzunehmen. 913. Der Kläger wird im Falle seiner Rückkehr nach Griechenland auch keinen Zugang zu staatlichen Sozialleistungen haben, mit deren Hilfe er dort sein Existenzminimum sichern könnte. 92a. Anerkannte Schutzberechtigte haben in Griechenland grundsätzlich Zugang zu der seit Februar 2017 schrittweise eingeführten sozialen Grundsicherung. Das System der Sozialhilfe basiert auf drei Säulen. Die erste Säule sieht ein Sozialgeld in Höhe von 200 Euro pro Einzelperson vor. Diese Säule ist etabliert und bedarf einer elektronischen griechisch-sprachigen Antragstellung. Die zweite Säule besteht aus Sach- und Beratungsleistungen und die dritte aus der Arbeitsmarktintegration; sie befindet sich aber noch im Aufbau. 93Vgl. Auswärtiges Amt, Amtshilfeersuchen in Asyl- und Rückführungsangelegenheiten - Situation von zurückkehrenden anerkannten Schutzberechtigten nach Griechenland, Auskunft an VG Leipzig vom 28. Januar 2020, S. 2 f. 94Voraussetzung für den Bezug dieser staatlichen Sozialleistungen ist der Nachweis eines dauerhaften (inzwischen) zweijährigen Mindestaufenthalts im Inland durch die inländischen Steuererklärungen der beiden Vorjahre. 95Vgl. Auswärtiges Amt, Amtshilfeersuchen in Asyl- und Rückführungsangelegenheiten, Auskunft an VG Berlin vom 4. Dezember 2019, S. 5 und 9. 96Aus dem Ausland zurückkehrende anerkannte Schutzberechtigte sind daher ‑ ungeachtet der für diese bestehenden Schwierigkeiten bei der Erlangung der zusätzlich erforderlichen Nachweise über die Unterbringung in einer Wohnung oder alternativ den Status als Obdachlose - bereits mangels des erforderlichen legalen Voraufenthalts über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren in Griechenland von einem Bezug regelmäßig ausgeschlossen. 97Vgl. VG Aachen, Urteil vom 6. Mai 2020 - 10 K 1722/18.A -, juris, Rn. 145 f., m. w. N. 98Geldleistungen der Arbeitslosenversicherung erhalten nur Personen mit entsprechenden Vorversicherungszeiten für eine Dauer von maximal einem Jahr. Die griechische Arbeitsagentur OAED stellt seit Juni 2018 für alle Schutzberechtigten eine Arbeitslosenkarte aus. Die Arbeitslosenkarte berechtigt zu folgenden Leistungen: kostenlose Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs, kostenloser Eintritt in Museen, Ermäßigungen für Gas-, Wasser- und Stromrechnungen, Rabatte in einigen Fast-Food-Restaurants, Mobilfunkangebote und ermäßigte berufliche Fortbildungsmaßnahmen. 99Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Griechenland vom 19. März 2020, S. 31. 100Da der Zugang zum im Januar 2019 neu eingeführten Wohngeld nur bei mindestens fünf Jahren dauerhaften legalen Inlandsaufenthalts vor Antragstellung besteht, 101vgl. Auswärtiges Amt, Amtshilfeersuchen in Asyl- und Rückführungsangelegenheiten, Auskunft an VG Berlin vom 4. Dezember 2019, S. 5, 102scheidet eine entsprechende Leistung für zurückkehrende Schutzberechtigte von vornherein aus. 103Schutzberechtigte haben auch keinen Anspruch auf Leistungen aus dem sog. „Cash-Card-System“ des UNHCR. Denn Mittel aus diesem System stehen nur Asylbewerbern zur Verfügung. 104Vgl. Auswärtiges Amt, Amtshilfeersuchen in Asyl- und Rückführungsangelegenheiten - Situation von zurückkehrenden anerkannten Schutzberechtigten nach Griechenland, Auskunft an VG Leipzig vom 28. Januar 2020, S. 2; so auch BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Griechenland vom 19. März 2020, S. 29. 105b. Ausgehend von diesen Erkenntnissen besteht für den Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Griechenland keine Möglichkeit, die - evtl. mit Ausnahme der Arbeitslosenkarte - aufgezeigten staatlichen Sozialleistungen zu erlangen. Allein mit Hilfe der Arbeitslosenkarte, die etwa zur kostenlosen Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs berechtigt, den kostenlosen Eintritt in Museen gewährt und u. a. Ermäßigungen für Energie und Wasserrechnungen sowie Rabatte in einigen Fast-Food-Restaurants vorsieht, könnte der Kläger sein Existenzminimum jedenfalls ersichtlich nicht sichern. 1064. Auch die Unterstützung von NGOs setzte den Kläger in Griechenland nicht in die Lage, dort seine elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen. 107NGOs helfen u. a. bei Behördengängen, etwa bei der Beantragung von Sozialversicherungsnummer und Steuernummer, bieten Sprach- und Integrationskurse an, unterstützen bei der Arbeitsplatz- und Wohnungssuche, geben Lebensmittel, Hygieneprodukte, Kleidung, Möbel und Haushaltsgegenstände aus und verteilen kostenlose Mahlzeiten. Diese Hilfsmaßnahmen, die ergänzt werden durch Hilfen der orthodoxen Kirche und der Zivilgesellschaft, können aber lediglich als „elementares Auffangnetz gegen Hunger und Entbehrungen“ bezeichnet werden. 108Vgl. VG Aachen, Urteil vom 6. Mai 2020 - 10 K 1722/18.A -, juris, Rn. 156 ff., m. w. N. 1095. Der Hinweis des Verwaltungsgerichts, der Kläger könne notfalls auf finanzielle Hilfe seiner Verwandten in Deutschland und den Niederlanden zurückgreifen, führt ebenfalls nicht weiter. Denn es ist weder anzunehmen, dass die in Deutschland lebende Großtante des Klägers oder seine in den Niederlanden lebende Schwester in der Lage wären, ihm in Griechenland - auch nur vorübergehend - eine Unterkunft zu verschaffen noch ist ersichtlich, dass sie ihn für einen gewissen Zeitraum mit ausreichenden Mitteln zum Überleben ausstatten könnten. Abgesehen davon wären weder die Großtante noch die Schwester dazu verpflichtet. 1106. Nichts anderes ergibt sich auch, soweit die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung auf verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung verweist, die bestätige, dass anerkannte Schutzberechtigte in Griechenland keiner erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung i. S. d. Art. 4 GRCh oder Art. 3 EMRK ausgesetzt seien. 111a. Soweit sich die Beklagte auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. März 2020 - 23 ZB 18.33356 - bezieht, können daraus schon deshalb keine Schlüsse für den Fall des Klägers gezogen werden, weil sich der dortige Kläger im Zeitpunkt jener Entscheidung in Griechenland aufgehalten und über eine Unterkunft verfügt hat. 112Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 17. März 2020 ‑ 23 ZB 18.33356 -, juris, Rn. 13 und 28. 113b. Auch der Hinweis der Beklagten auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 15. Mai 2020 - 3 A 19/18 - führt nicht weiter. Denn das Verwaltungsgericht hat bei der Beurteilung der dem dortigen Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Griechenland drohenden Gefahren u. a. berücksichtigt, dass es ihm gelungen sei, bereits ein Jahr und acht Monate in Griechenland, wenn auch unter schwierigsten Bedingungen, zu leben; im Übrigen habe er Familienangehörige u. a. in Saudi-Arabien und Australien, die bereits seine Ausreise aus Eritrea finanziert hätten, weshalb davon auszugehen sei, dass diese ihn auch weiterhin unterstützten. 114Vgl. VG Braunschweig, Urteil vom 15. Mai 2020 ‑ 3 A 19/18 -, n. v., S. 6 des Urteilsabdrucks. 115Der Kläger hat sich zwar vor seiner Einreise ins Bundesgebiet ebenfalls in Griechenland aufgehalten. Es ist aber zum einen - wie bereits oben aufgezeigt - nicht ersichtlich, dass der Kläger etwaige sein Überleben in Griechenland sichernde Unterstützungsleistungen von seiner in Deutschland lebenden Großtante oder seiner in den Niederlanden lebenden Schwester zu erwarten hätte. Zum anderen haben sich die maßgeblichen Verhältnisse im für den vorliegenden Fall entscheidungserheblichen Zeitpunkt - wie oben aufgeführt - gegenüber den vom Verwaltungsgericht Braunschweig festgestellten deutlich verschlechtert. 116c. Eine andere Beurteilung des Sachverhalts ergibt sich auch nicht aus den Hinweisen der Beklagten auf die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Oldenburg, Urteil vom 20. November 2019 - 11 A 265/19 -, des Verwaltungsgerichts Cottbus, Beschluss vom 21. März 2019 - VG 5 L 540/18.A -, des Verwaltungsgerichts Berlin, Beschluss vom 6. Dezember 2018 - VG 9 L 703.18 A - und des Verwaltungsgerichts Hannover, Urteil vom 22. März 2018 - 13 A 12144/17 -. Denn die genannten Entscheidungen verhalten sich zu in Griechenland in den Jahren 2019 und vorher herrschenden Lebensverhältnissen für international Schutzberechtige oder Asylsuchende und sind schon deshalb für die Beurteilung der hier allein maßgeblichen aktuellen Verhältnisse nicht von Bedeutung. 117II. Die unter Ziffer 2. des Bescheids getroffene Feststellung des Fehlens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist verfrüht ergangen, weil das Bundesamt nach Aufhebung der Unzulässigkeitsentscheidung verpflichtet ist, den Asylantrag des Klägers materiell zu prüfen und sodann über Abschiebungsverbote zu entscheiden. Die auf § 35 AsylG gestützte Abschiebungsandrohung in Ziffer 3. Sätze 1 bis 3 des angefochtenen Bescheids ist rechtswidrig, weil der Asylantrag des Klägers mit Blick auf die unter C. I. getroffenen Feststellungen nicht gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abgelehnt werden durfte. Infolgedessen entfällt auch die Grundlage für die Anordnung des auf § 11 Abs. 1 AufenthG gestützten Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 4. des Bescheids. 118D. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG. 119Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 Satz 1 ZPO. 120E. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Insbesondere hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die hier entscheidungserheblichen Rechtsfragen - insbesondere zur Anwendbarkeit des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG und die Maßstäbe für einen Ausschluss der Unzulässigkeitsentscheidung wegen einer drohenden Verletzung des Art. 4 GRCh oder des Art. 3 EMRK - sind geklärt.
das angefochtene urteil wird geändert. der bescheid des bundesamts für migration und flüchtlinge vom 14. märz 2018 wird - mit ausnahme der in satz 4 der ziffer 3. getroffenen feststellung, dass der kläger nicht nach syrien abgeschoben werden darf - aufgehoben. die kosten des verfahrens beider instanzen, für das gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt die beklagte. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1
2der 1998 in syrien geborene kläger ist nach seinen angaben palästinenser mit flüchtlingsstatus in syrien. er reiste am 22. november 2017 in die bundesrepublik deutschland ein und stellte am 4. dezember 2017 einen asylantrag. eine vom bundesamt für migration und flüchtlinge (im folgenden: bundesamt) eingeholte eurodac-anfrage ergab, dass dem kläger am 24. februar 2017 in griechenland internationaler schutz gewährt worden war. 3im rahmen der anhörungen beim bundesamt gab der kläger am 4. und 6. dezember 2017 im wesentlichen an: in syrien habe er in damaskus gelebt, sei dort bis zur 11. klasse in die schule gegangen und habe neben der schule als frisör gearbeitet. in griechenland habe er sich eineinhalb jahre aufgehalten. dort habe er weder arbeiten noch zur schule gehen dürfen. er habe die ganze zeit im zelt leben müssen. es habe kein essen gegeben. 4mit bescheid vom 14. märz 2018 lehnte das bundesamt den asylantrag des klägers als unzulässig ab (ziffer 1.), stellte fest, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und 7 satz 1 aufenthg nicht vorlägen (ziffer 2.), und forderte den kläger zur ausreise aus der bundesrepublik deutschland innerhalb von 30 tagen nach bekanntgabe der entscheidung bzw. im falle einer klageerhebung innerhalb von 30 tagen nach unanfechtbarem abschluss des asylverfahrens auf. dem kläger wurde für den fall, dass er der ausreisefrist nicht nachkomme, die abschiebung nach griechenland oder in einen anderen aufnahmebereiten oder zur aufnahme verpflichteten staat angedroht (ziffer 3. sätze 1 bis 3). der kläger dürfe nicht nach syrien abgeschoben werden (ziffer 3. satz 4). das gesetzliche einreise- und aufenthaltsverbot nach § 11 abs. 1 aufenthg werde auf 30 monate ab dem tag der abschiebung befristet (ziffer 4.). 5am 20. märz 2018 hat der kläger klage erhoben. 6der kläger hat beantragt, 7den bescheid der beklagten vom 14. märz 2018 aufzuheben, 8und hilfsweise festzustellen, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und 7 satz 1 aufenthg hinsichtlich griechenlands vorliegen. 9die beklagte hat beantragt, 10die klage abzuweisen. 11das verwaltungsgericht hat die klage durch urteil vom 21. september 2020 abgewiesen. zur begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: die klage sei mit ihrem hauptantrag unbegründet. die beklagte habe den asylantrag des klägers unter ziffer 1. des angefochtenen bescheids zu recht auf der grundlage von § 29 abs. 1 nr. 2 asylg als unzulässig abgelehnt. unter berücksichtigung der auskünfte und erkenntnisse sei nicht davon auszugehen, dass dem nichtvulnerablen und arbeitsfähigen kläger in griechenland eine gegen art. 4 grch bzw. art. 3 emrk verstoßende behandlung drohe. aus den erkenntnissen ergebe sich, dass der griechische staat mit unterstützung der europäischen union anstrengungen unternommen habe, um die situation für international schutzberechtigte zu verbessern. dennoch lägen weiterhin erkenntnisse dazu vor, dass international schutzberechtigte nach der ankunft in griechenland über einen längeren zeitraum keinen effektiv gesicherten zugang zu obdach, nahrungsmitteln und sanitären einrichtungen hätten und es für sie praktisch unmöglich sei, die voraussetzungen für den erhalt des sozialen solidaritätseinkommens zu erfüllen. bei dieser sachlage sei der zugang zu sozialleistungen, zum wohnungs- und arbeitsmarkt durch das eigenverantwortliche handeln des einzelnen geprägt. das ausmaß, in dem der einzelne von den harten lebensbedingungen für anerkannt schutzberechtigte in griechenland getroffen werde, hänge von den individuellen verhältnissen des jeweiligen einzelnen ab. bei dem kläger handele es sich um einen jungen, alleinstehenden und gesunden mann. umstände, welche die erwerbsfähigkeit des klägers in relevanter weise mindern könnten, seien nicht festzustellen. der kläger trage auch keine unterhaltslasten, sondern müsse nur für sich selbst sorgen und sei schon deswegen von vorneherein einem geringeren armutsrisiko ausgesetzt. es sei davon auszugehen, dass männer aus diesem personenkreis sich den herausfordernden verhältnissen in griechenland stellen könnten und in der lage seien, mit den zur verfügung gestellten mitteln und weiterem durch zumutbare erwerbsarbeit erwirtschafteten einkommen den eigenen lebensunterhalt ausreichend sicherzustellen. dabei sei insbesondere einzubeziehen, dass grundsätzlich nichtregierungsorganisationen bei der integration anerkannter schutzberechtigter eine wichtige rolle spielten und diese als umsetzungspartner der internationalen, von der europäischen union finanzierten und vom hohen flüchtlingskommissar der vereinten nationen koordinierten hilfsprojekte fungierten. es sei insbesondere nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die gruppe der arbeitsfähigen, alleinstehenden und gesunden männer keine unterkunft finde und dauerhaft obdachlos sein werde. auf der grundlage der dem gericht vorliegenden erkenntnisse spreche viel dafür, dass sich schutzberechtigte bei der suche nach einer unterkunft nicht auf die unterstützung durch staatliche institutionen verlassen könnten. von dem genannten personenkreis, zu dem der kläger gehöre, könne aber erwartet werden, dass er selbst für seine unterbringung und seinen lebensunterhalt sorge. nötigenfalls könne er die hilfe von nichtregierungsorganisationen, kirchen und privaten akteuren in anspruch nehmen. für anerkannte schutzberechtigte gelte die inländergleichbehandlung mit griechischen staatsangehörigen. in griechenland gebe es kein staatliches programm bezüglich wohnungszuweisungen für die eigenen staatsangehörigen und somit auch nicht für anerkannte schutzberechtigte. eine unterbringung von anerkannt schutzberechtigten in den kommunalen obdachlosenunterkünften sei möglich, die vorhandenen unterkünfte seien aber nicht bedarfsdeckend. es sei jedenfalls in athen sehr schwierig, in eine solche einrichtung aufgenommen zu werden, da die unterkünfte ständig überfüllt und die nachfrage dauerhaft hoch sei. auch in anderen griechischen städten stünden nur sehr begrenzte kapazitäten zur verfügung. selbst wenn trotz der dauerhaft hohen auslastungsquote gelegentlich vereinzelte plätze in obdachlosenunterkünften frei werden sollten, träte der kläger insoweit nicht nur in konkurrenz zu asylbewerbern und anderen anerkannten schutzberechtigten, sondern auch zur einheimischen bevölkerung. vor diesem hintergrund sei es beachtlich wahrscheinlich, dass der kläger keinen platz in einem obdachlosenheim erhielte. programme wie das „estia-programm“ des unhcr und das von der europäischen union finanzierte „helios-2-programm“ sollten zwar mit ihren unterstützungsleistungen im bereich der unterbringung der gefahr der obdachlosigkeit entgegenwirken. mit dem neuen griechischen asylgesetz vom 1. november 2019, das am 1. januar 2020 in kraft getreten sei, müssten jedoch alle anerkannt schutzberechtigten unmittelbar ab dem zeitpunkt der anerkennung die unterkünfte des „estia-programms“ verlassen. es sei unwahrscheinlich, dass das „helios-2-programm“ ausreichend auffangplätze biete. eine konkret auf schutzstatusinhaber bezogene finanzielle unterstützung für die lebenshaltungskosten oder für wohnraum gewähre der griechische staat nicht. anspruch auf sozialleistungen bestehe für schutzberechtigte auf derselben basis wie für griechische staatsbürger. insofern ergäben sich jedoch für nach griechenland zurückkehrende schutzberechtigte regelmäßig dadurch leistungsausschlüsse, dass die gewährung von sozialleistungen einen legalen inlandsaufenthalt in mehreren vorjahren - für den zugang zur sozialen grundsicherung zwei jahre, was über die steuerklärung der vorjahre nachzuweisen sei, und für den zugang zum wohngeld fünf jahre - erfordere. die wenigen von staatlicher seite zur verfügung gestellten unterstützungsleistungen könnten anerkannt schutzberechtigte in griechenland demnach nur sehr schwer erreichen. daraus folge jedoch nicht mit beachtlicher wahrscheinlichkeit, dass der kläger nach einer rückkehr nach griechenland gezwungen sein werde, auf der straße zu leben. zum einen böten einige nichtregierungsorganisationen ‑ neben der versorgung mit lebensmitteln in den nötigsten dingen des täglichen bedarfs - punktuell wohnraum an. hierzu gehörten z. b. caritas hellas, orange house und praksis. insbesondere caritas hellas unterhalte einen sog. „social spot“ in athen. hier würden täglich hilfestellungen zu verschiedenen themen angeboten. zudem verfüge caritas hellas über wohnräumlichkeiten sowie kooperationen mit der armenischen kirchengemeinde, welche u. a. auch für kurzfristige unterbringungen zur verfügung stünden. weitere gemischte wohnprojekte der caritas hellas im stadtteil neos kosmos würden von den römisch-katholischen bischöfen in griechenland unterstützt. der kläger dürfte zudem ebenfalls auf informelle netzwerke - etwa unter syrischen landsleuten - zurückgreifen können, um zumindest vorläufig eine bleibe zu finden. zum anderen könne er einer erwerbstätigkeit nachgehen und sich mit seinen eigenen finanziellen mitteln wohnraum auf dem privaten wohnungsmarkt beschaffen. zwar erschwerten vorurteile und bevorzugtes vermieten an studenten, familienmitglieder und bekannte anderen bevölkerungsgruppen den zugang zu privatem wohnraum. der kläger sei auch grundsätzlich in der lage, sich seinen lebensunterhalt selbst zu sichern. die meisten arbeitsmöglichkeiten für anerkannt schutzberechtigte bestünden in der schattenwirtschaft und seien oft schlecht bezahlte, hoch prekäre, unsichere und oft gefährliche tätigkeiten ohne sozialversicherung - hier bestehe die gefahr der ausbeutung. eine erwerbstätigkeit in diesen branchen und zu diesen bedingungen sei dem kläger jedoch zumutbar. zu den zumutbaren tätigkeiten gehörten auch solche, die nur zeitweise, etwa zur deckung eines kurzfristigen bedarfs ausgeübt werden könnten, auch soweit diese arbeiten als tätigkeiten im bereich einer schatten- und nischenwirtschaft bezeichnet würden. eine beschäftigung etwa im bereich der schwarzarbeit sei danach nicht von vornherein ausgeschlossen. lediglich auf eine kriminelle arbeit müsse sich der kläger nicht verweisen lassen. dies zugrunde gelegt, drohe dem kläger in griechenland keine verletzung von art. 4 grch bzw. art. 3 emrk. besondere umstände, die erwarten ließen, dass er unabhängig von seinem willen und seinen persönlichen entscheidungen in eine situation extremer materieller not geriete, die es ihm nicht erlaube, seine elementarsten bedürfnisse zu befriedigen, seien nicht ersichtlich. insbesondere bestünden zum maßgeblichen zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung keine hinreichenden anhaltspunkte dafür, dass der kläger derzeit unter gesundheitlichen einschränkungen litte, die eine besondere vulnerabilität begründen würden. zu berücksichtigten sei auch, dass der kläger notfalls auf die finanzielle hilfe seiner verwandten in deutschland und den niederlanden zurückgreifen könne, die ihm bereits den flug von griechenland in die niederlande bezahlt hätten. 12die klage habe auch mit ihrem hilfsantrag keinen erfolg. die entscheidung in ziffer 2. des bescheids, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und 7 aufenthg in bezug auf griechenland nicht vorlägen, sei ebenfalls nicht zu beanstanden. etwas anderes ergebe sich auch nicht im hinblick auf die corona-pandemie in griechenland. die abschiebungsandrohung in ziffer 3. des bescheids sei zwar rechtswidrig, aber mangels rechtsverletzung des klägers nicht aufzuheben. das in ziffer 4. angeordnete einreise- und aufenthaltsverbot sei rechtmäßig. 13zur begründung seiner vom senat zugelassenen berufung führt der kläger im wesentlichen aus: aus einer aktuellen meldung des redaktionsnetzwerks deutschland ergebe sich, dass flüchtlinge in athen ohne obdach, arbeit oder sozialhilfe vegetieren müssten. sie stünden ohne ärztliche versorgung, ohne essen und wasser, ohne dach über dem kopf da. sie fänden keinen job bei einer arbeitslosenquote von 18 %. die situation könne sich zudem schon bald weiter verschärfen. 14der kläger beantragt schriftsätzlich, 15„unter aufhebung des urteils des verwaltungsgerichts düsseldorf vom 21.09.2020 (aktenzeichen: 29 k 2705/18.a) den bescheid der beklagten vom 14.03.2018 aufzuheben sowie - hilfsweise·- festzustellen, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und 7 satz 1 aufenthg vorliegen“. 16die beklagte beantragt schriftsätzlich, 17die berufung zurückzuweisen. 18sie trägt vor: die lebensbedingungen von personen mit zuerkanntem schutzstatus in griechenland seien ausreichend. weder sei eine verletzung der in art. 26 ff. der richtlinie 2011/95/eu vorgesehenen gleichbehandlungsgebote erkennbar noch herrschten in griechenland derart eklatante missstände, welche die annahme rechtfertigten, anerkannte schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen behandlung i. s. d. art. 3 emrk ausgesetzt. dies werde auch durch die verwaltungsgerichtliche rechtsprechung bestätigt. 19die beteiligten haben übereinstimmend ihr einverständnis mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung erklärt. 20wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakten sowie auf die beigezogenen verwaltungsvorgänge des bundesamts bezug genommen. 21
22a. mit einverständnis der beteiligten entscheidet der senat ohne mündliche verhandlung (§ 101 abs. 2 vwgo). 23b. der im berufungsverfahren schriftsätzlich formulierte antrag des klägers ist dahingehend auszulegen, dass er mit der berufung die abänderung des urteils des verwaltungsgerichts und die aufhebung des bescheids des bundesamts vom 14. märz 2018 - mit ausnahme der in satz 4 der ziffer 3. getroffenen feststellung, dass er nicht nach syrien abgeschoben werden darf - begehrt. 24c. die so verstandene berufung des klägers hat erfolg. 25der bescheid des bundesamts vom 14. märz 2018 ist - soweit er streitbefangen ist - rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 26dabei ist gemäß § 77 abs. 1 satz 1 asylg auf die sach- und rechtslage im zeitpunkt der entscheidung des senats abzustellen. 27vgl. auch eugh, urteil vom 19. märz 2019 ‑ c‑297/17 u. a. (ibrahim) -, juris, rn. 67 f. 28i. als rechtsgrundlage für die unzulässigkeitsentscheidung in ziffer 1. des angefochtenen bescheids kommt § 29 abs. 1 nr. 2 asylg nicht in betracht. danach ist ein asylantrag unzulässig, wenn ein anderer mitgliedstaat der europäischen union dem ausländer bereits internationalen schutz i. s. d. § 1 abs. 1 nr. 2 asylg gewährt hat. 29diese vorschrift kann für den fall des klägers nicht zur anwendung kommen. 30nach der rechtsprechung des gerichtshofs der europäischen union (im folgenden: eugh) ist art. 33 abs. 2 buchst. a) der richtlinie 2013/32/eu des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 zu gemeinsamen verfahren für die zuerkennung und aberkennung des internationalen schutzes - der durch § 29 abs. 1 nr. 2 asylg in deutsches recht umgesetzt worden ist - dahin auszulegen, dass er es einem mitgliedstaat verbietet, von der durch diese vorschrift eingeräumten befugnis gebrauch zu machen, einen antrag auf internationalen schutz als unzulässig abzulehnen, weil dem antragsteller bereits von einem anderen mitgliedstaat die flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer schutz zuerkannt worden ist, wenn die lebensverhältnisse, die ihn in dem anderen mitgliedstaat erwarten würden, ihn der ernsthaften gefahr aussetzen würden, eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung nach art. 4 grch bzw. des diesem entsprechenden art. 3 emrk zu erfahren. 31vgl. eugh, beschluss vom 13. november 2019 ‑ c‑540 und 541/17 (hamed und omar) ‑, juris; ferner bereits eugh, urteile vom 19. märz 2019 ‑ c‑163/17 (jawo) ‑, juris, rn. 81 bis 97, und vom 19. märz 2019 ‑ c‑297/17 u. a. (ibrahim) ‑, juris, rn. 83 bis 94. 32für die anwendbarkeit des art. 33 abs. 2 buchst. a) der richtlinie 2013/32/eu nimmt der eugh einen verstoß gegen art. 4 grch an, wenn die gleichgültigkeit der behörden eines mitgliedstaats zur folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher unterstützung abhängige person sich unabhängig von ihrem willen und ihren persönlichen entscheidungen in einer situation extremer materieller not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen zustand der verelendung versetzte, der mit der menschenwürde unvereinbar wäre. 33vgl. eugh, urteil vom 19. märz 2019 - c-163/17 (jawo) -, juris, rn. 87 bis 92; beschluss vom 13. november 2019 - c-540 und 541/17 (hamed und omar) -, juris, rn. 39; vgl. hierzu auch ovg nrw, beschluss vom 16. dezember 2019 - 11 a 228/15.a -, juris, rn. 29 ff., m. w. n., wonach ein verstoß gegen art. 4 grch oder art. 3 emrk vorliegt, wenn die elementarsten bedürfnisse („bett, brot, seife“) nicht befriedigt werden können. 34ausgehend hiervon kann der asylantrag nicht nach § 29 abs. 1 nr. 2 asylg als unzulässig abgelehnt werden, weil dem kläger zur überzeugung des senats (§ 108 abs. 1 satz 1 vwgo) für den fall seiner rückkehr nach griechenland die ernsthafte gefahr einer erniedrigenden behandlung i. s. d. art. 4 grch oder art. 3 emrk droht. der senat ist davon überzeugt, dass der kläger mit beachtlicher wahrscheinlichkeit unabhängig von seinem willen und seinen persönlichen entscheidungen in griechenland in eine situation extremer materieller not geraten wird und seine elementarsten bedürfnisse („bett, brot, seife“) für einen längeren zeitraum nicht wird befriedigen können. 351. es besteht die ernsthafte gefahr, dass der kläger im falle einer rückkehr nach griechenland keine menschenwürdige unterkunft finden, sondern über einen längeren zeitraum obdachlos sein wird. 36a. auf der grundlage der dem senat zur verfügung stehenden erkenntnisse und zum zeitpunkt seiner entscheidung allgemein zugänglichen informationen ist davon auszugehen, dass international schutzberechtigte nach ihrer rückkehr nach griechenland regelmäßig schon keinen zugang zu einer menschenwürdigen unterkunft erhalten. 37aa. zurückkehrende international schutzberechtigte sind grundsätzlich für ihre unterkunft selbst verantwortlich. eine staatliche unterstützung in form einer zuweisung von wohnraum existiert nicht. international schutzberechtigte müssen sich wohnraum auf dem freien wohnungsmarkt beschaffen. unabhängig von der frage der finanzierbarkeit wird das private anmieten von wohnraum für bzw. durch anerkannte schutzberechtigte durch das traditionell bevorzugte vermieten an familienmitglieder, bekannte und studenten sowie gelegentlich durch vorurteile erschwert. 38vgl. hierzu österreichisches bundesamt für fremdwesen und asyl (im folgenden: bfa), länderinformationsblatt der staatendokumentation griechenland vom 19. märz 2020, s. 30; vg aachen, urteil vom 6. mai 2020 - 10 k 1722/18.a -, juris, rn. 67 ff., unter hinweis auf verschiedene auskünfte des auswärtigen amtes; vg ansbach, beschluss vom 25. november 2020 ‑ an 17 s 18.50625 -, juris, rn. 22. 39bb. der wohnraum des hilfsprogramms „estia“ (emergency support to integration & accommodation) des unhcr und der europäischen union (im folgenden: eu) ist für die unterbringung von asylbewerbern, nicht aber für schutzberechtigte vorgesehen. nach dem ab dem 1. januar 2020 in kraft getretenen griechischen asylgesetz müssen alle anerkannten schutzberechtigten unmittelbar ab dem zeitpunkt der anerkennung der schutzberechtigung die unterkünfte für asylbewerber (etwa die des hilfsprogramms „estia“) verlassen. dabei gab es zunächst einmalig eine übergangsfrist von zwei monaten. bei fehlenden eigenmitteln besteht die möglichkeit einer unterbringung in kommunalen obdachlosenunterkünften. zielgruppe des anfang september 2019 durch die eu finanzierten „helios-2-programms“ (hellenic integration support for beneficiaries of international protection) sind international schutzberechtigte mit einer anerkennung ab dem 1. januar 2018, wobei schutzberechtigte mit einer anerkennung ab dem 1. januar 2019 und nach einer übergangsfrist von sechs monaten im hilfsprogramm „estia“ bevorzugt werden. die maßnahme richtet sich an die personengruppe, die unterkünfte für asylbewerber (wohnungen im rahmen des hilfsprogramms „estia“ oder aufnahmelager) bisher noch nicht verlassen musste. das programm sieht pro halbjahr für maximal 5.000 personen eine wohnungsbeihilfe vor; die schutzberechtigten sollen sich grundsätzlich selbst eine wohnung ihrer wahl anmieten und als mieter einen mietvertrag abschließen. 40vgl. auswärtiges amt, amtshilfeersuchen in asyl- und rückführungsangelegenheiten - situation von zurückkehrenden anerkannten schutzberechtigten nach griechenland, auskunft an vg leipzig vom 28. januar 2020, s. 2, und amtshilfeersuchen in asyl- und rückführungsangelegenheiten, lage international schutzberechtigter in griechenland, auskunft an vg potsdam vom 23. august 2019, s. 2 ff.; vg aachen, urteil vom 6. mai 2020 - 10 k 1722/18.a -, juris, rn. 71 ff.; vg ansbach, beschluss vom 25. november 2020 ‑ an 17 s 18.50625 -, juris, rn. 25. 41cc. international schutzberechtigte haben zugang zu unterbringungseinrichtungen für obdachlose, die jedoch nur begrenzt vorhanden sind. eigene unterbringungsplätze für anerkannte flüchtlinge oder subsidiär schutzberechtigte existieren nicht. es gibt auch keine eigene unterstützung für ihre lebenshaltungskosten. in athen gibt es vier asyle für obdachlose (zugänglich für griechische staatsbürger und legal aufhältige drittstaatsangehörige). es ist äußerst schwierig, dort zugelassen zu werden, da sie chronisch überfüllt sind und wartelisten führen. personen, die keine unterkunft haben und nicht das geld besitzen, eine zu mieten, leben oft in überfüllten wohnungen, verlassenen häusern ohne zugang zu strom und/oder wasser oder werden obdachlos. 42vgl. bfa, länderinformationsblatt der staatendokumentation griechenland vom 19. märz 2020, s. 30; s. hierzu insbesondere vg aachen, urteil vom 6. mai 2020 - 10 k 1722/18.a -, juris, rn. 85 ff., unter hinweis nebst detaillierter auflistung darauf, dass die meisten unterkünfte belegt seien; vg ansbach, beschluss vom 25. november 2020 ‑ an 17 s 18.50625 -, juris, rn. 26. 43dd. einige nichtregierungsorganisationen (im folgenden: ngos) bieten punktuell wohnraum an. hierzu gehören z. b. caritas hellas, orange house und praksis. insbesondere caritas hellas unterhält einen sog. „social spot" in athen. hier werden täglich hilfestellungen zu verschiedenen themen angeboten. zudem verfügt caritas hellas über wohnräumlichkeiten sowie kooperationen mit der armenischen kirchengemeinde, welche u. a. auch für kurzfristige unterbringungen zur verfügung stehen. weitere gemischte wohnprojekte der caritas hellas im stadtteil neos kosmos werden von den römisch-katholischen bischöfen in griechenland unterstützt. die zahl der unterkünfte in athen ist insgesamt nicht ausreichend. diese stellen arbeiten mit bedürftigen direkt und unmittelbar zusammen. bedürftige können sich nach ankunft in griechenland unmittelbar an die vorgenannten organisationen wenden. 44vgl. bfa, länderinformationsblatt der staatendokumentation griechenland vom 19. märz 2020, s. 31; vg aachen, urteil vom 6. mai 2020 - 10 k 1722/18.a -, juris, rn. 110, unter hinweis darauf, dass die zahl der unterkünfte auch unter berücksichtigung der von ngos zur verfügung gestellten unterbringungsmöglichkeiten nicht als ausreichend bewertet werde. 45ee. in griechenland sind zahlreiche international schutzberechtigte obdachlos. 46(1) schätzungen zufolge sollen schon im jahr 2019 allein im athener stadtzentrum ca. 1.500 menschen ohne obdach gewesen sein. ein großteil der obdachlosen kommt nicht in notunterkünften unter, sondern lebt auf der straße, schläft bei extremer kälte in beheizten hallen oder metrostationen in der athener innenstadt oder vielfach auch in verlassenen gebäuden, die jedoch häufig ohne zugang zu wasser und strom sind. 47vgl. vg aachen, urteil vom 6. mai 2020 - 10 k 1722/18.a -, juris, rn. 112, m. w. n. 48(2) im jahr 2020 hat sich diese situation weiter verschärft. nach den erkenntnissen, die der senat aus zum zeitpunkt seiner entscheidung allgemein zugänglichen quellen gewonnen hat, ergibt sich hierzu folgendes bild: 49(a) bereits im sommer 2020 hätten hunderte anerkannte flüchtlinge in athen auf der straße gelebt. trotz zahlreicher warnungen der griechischen zivilgesellschaft und des unhcr seien infolge der (oben bereits dargestellten) änderung des asylgesetzes 11.237 menschen aufgefordert worden, ihre unterkünfte am 1. juni 2020 zu verlassen. viele seien der aufforderung nachgekommen. hinzu kämen tausende international schutzberechtigte, die bereits obdachlos seien, inoffiziell in camps oder unter anderen unzumutbaren wohnungsbedingungen lebten, weil sie nie in aufnahmeeinrichtungen hätten leben können oder diese bereits hätten verlassen müssen. 50vgl. pro asyl, griechenland: selbst anerkannten flüchtlingen droht verelendung, bericht vom 14. september 2020, www.proasyl.de; s. hierzu auch: ärzte ohne grenzen, griechenland: regierung treibt tausende flüchtlinge gezielt in die obdachlosigkeit, bericht vom 14. juli 2020, www.aerzte-ohne-grenzen-de; der spiegel, plötzlich vor dem nichts, flüchtlinge in griechenland, artikel vom 6. juni 2020, www.spiegel.de. 51(b) außerdem habe griechenland wegen viel schnellerer verfahren in den vergangenen monaten tausende asylbewerber anerkannt und diese aufs festland gebracht; dort erhielten sie keine unterstützung, viele hausten obdachlos auf den straßen der großstädte und seien auf almosen angewiesen. 52vgl. dazu der standard, das elend der anerkannten flüchtlinge auf dem griechischen festland, artikel vom 30. september 2020, www.derstandard.de; vgl. i. d. s. auch redaktionsnetzwerk deutschland (rnd), flüchtlinge in athen: ein leben wie menschliches treibgut, bericht vom 20. oktober 2020, www.rnd.de. 53(c) seit dem feuer in der nacht vom 8. auf den 9. september 2020 im flüchtlingslager moria auf lesbos sind noch weitere flüchtlinge auf das festland verbracht worden oder gelangt. 54durch das feuer seien ca. 12.000 asylbewerber über nacht obdachlos geworden; knapp 2.500 personen seien auf das festland verbracht worden. das neu errichtete lager kara tepe biete für ca. 7.700 personen platz. dieses lager sei - insbesondere für den winter - nicht adäquat ausgestattet. 55vgl. unhcr, greece update, moria fire emergency, bericht vom 23. oktober 2020; s. auch tagesschau, „sogar in moria war es besser“, bericht vom 20. oktober 2020, www.tagesschau.de. 56im oktober 2020 sei es im lager kara tepe zu überschwemmungen gekommen. viele flüchtlinge und asylwerber seien mittlerweile auch nicht mehr im zeltlager kara tepe, weil sie bereits aufs festland gebracht worden seien. andere seien in das vorzeigelager nebenan gebracht worden, wo sie in containern lebten, die extra für besonders vulnerable gruppen, etwa familien mit kleinkindern, vorgesehen seien. seit september 2020 hätten ca. 3.000 personen lesbos verlassen. zehntausende anerkannte flüchtlinge lebten bereits auf dem griechischen festland, wo die not groß sei, weil viele sozialprogramme ausgelaufen seien. 57vgl. der standard, migration, deutlich weniger flüchtlinge auf ostägäischen inseln, artikel vom 17. dezember 2020, www.derstandard.de. 58die lage der nach dem brand in moria auf das festland verbrachten menschen verbessert sich vorliegenden berichten zufolge nicht zwangsläufig. in griechenland ende seit einer weiteren gesetzesänderung im märz 2020 30 tage nach der flüchtlingsanerkennung der anspruch auf staatliche unterstützung bei unterbringung und verpflegung. tausende gerieten daraufhin in obdachlosigkeit und extrem prekäre versorgungssituationen. ein ort, an dem das elend der aus den lagern ausgewiesenen anerkannten geflüchteten besonders sichtbar werde, sei der viktoriaplatz in athen. viele obdachlos gewordene geflüchtete lebten dort über längere zeiträume - ohne medizinische versorgung, hygieneinfrastruktur, staatliche unterstützung. 59vgl. bt-drs. 19/24115 vom 6. november 2020, kleine anfrage der abgeordneten michel brandt, zaklin nastic, ulla jelpke, christine buchholz, andrej hunko, tobias pflüger, helin evrim sommer, alexander ulrich, kathrin vogler und der fraktion die linke; bt-drs. 19/25036 vom 8. dezember 2020, antwort der bundesregierung auf die kleine anfrage, u. a. antwort auf die frage 12., s. 6, wonach der bundesregierung berichte aus medien und von ngos über obdachlosigkeit in der betreffenden personengruppe bekannt seien. 60im zeitraum von anfang september 2020 bis zum 15. november 2020 sollen nach kenntnis der bundesregierung 6.626 personen von den griechischen inseln auf das festland verbracht worden sein. 61vgl. bt-drs. 19/25036 vom 8. dezember 2020, antwort der bundesregierung auf die kleine anfrage, bt-drs. 19/24115 vom 6. november 2020, s. 6. 62(d) hinzu treten derzeit von der griechischen regierung verfügte coronaschutzmaßnahmen, wie der aufgrund der hohen infektionszahlen und der engpässe im gesundheitssektor vorerst bis zum 25. januar 2021 geltende landesweite lockdown. 63vgl. deutsche vertretungen in griechenland, hinweise zum coronavirus und zu reisebeschränkungen in griechenland, www.griechen-land.diplo.de. 64für alte, menschen mit behinderung, obdachlose und flüchtlinge gebe es während des in griechenland verfügten lockdowns keine unterstützung. die zwischen 21 und 5 uhr geltende nächtliche ausgangssperre sei besonders für obdachlose schwierig. denn wie sollten sich obdachlose an die nächtliche ausgangssperre halten, wenn sie überhaupt keine unterkunft hätten. 65vgl. radio berlin-brandenburg (rbb 24), interview mit der projektkoordinatorin bei tandem ngo in athen, ronja buggel: lockdown in griechenland - „alle, die in der stadt bleiben müssen, haben es schwer“, ausgestrahlt am 14. november 2020, www.rbb24.de. 66b. mit blick auf diese aufgeführten erkenntnisse und die wiedergegebenen informationen aus allgemein zugänglichen quellen ist mit sehr hoher wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass der kläger im fall seiner rückkehr nach griechenland eine unterkunft bekommen kann. dem kläger wird es dort weder möglich sein, eine wohnung auf dem freien wohnungsmarkt zu finden noch zu finanzieren. in wohnungen oder unterkünften des hilfsprogramms „estia“ kann er - wovon auch das verwaltungsgericht ausgegangen ist - nicht unterkommen, weil diese für asylbewerber, nicht aber für international schutzberechtigte vorgesehen sind. da dem kläger vor dem 1. januar 2018 internationaler schutz zuerkannt worden ist und er auch weder aus einer unterkunft des „estia“-hilfsprogramms noch aus einem aufnahmelager heraus eine wohnung oder unterkunft sucht, zählt er von vornherein nicht zu der personengruppe, die eine unterstützung durch das „helios-2“-programm erfahren könnte. es erscheint nach der oben dargestellten auskunftslage auch unwahrscheinlich, dass er in einer der durch ngos zur verfügung gestellten wenigen wohnungen oder unterkünften oder einer unterkunft für obdachlose - letzteres hat auch das verwaltungsgericht angenommen - unterkommen kann. denn nachdem diese auf der grundlage der zitierten erkenntnisse bereits im jahr 2019 schon nicht in ausreichendem maße vorhanden waren, hat sich der bedarf an unterkünften durch die oben beschriebenen umstände, die zu einer weiteren steigerung der zahl unterkunftssuchender schutzberechtigter geführt haben, nochmals deutlich erhöht. der kläger kann auch nicht auf „informelle möglichkeiten“ der unterkunft in verlassenen bzw. besetzten gebäuden verwiesen werden, denn der aufenthalt in solchen gebäuden wäre zum einen illegal und zum anderen wegen der dort zumeist herrschenden menschenunwürdigen zustände unzumutbar. 67vgl. hierzu die zutreffenden ausführungen des vg aachen, urteil vom 6. mai 2020 - 10 k 1722/18.a -, juris, rn. 118 ff., m. w. n. 68c. zwar hat sich die lage in griechenland für dorthin zurückkehrende schutzberechtigte seit der entscheidung des verwaltungsgerichts noch weiter verschärft. auch die zum zeitpunkt der erstinstanzlichen entscheidung bereits bestehende lage rechtfertigte indessen - ausgehend von dem vom verwaltungsgericht zu grunde gelegten tatsachenmaterial - nicht die annahme, der kläger werde alsbald nach einer rückkehr nach griechenland mit beachtlicher wahrscheinlichkeit eine zumutbare unterkunft finden. die vom verwaltungsgericht - neben dem nicht tragfähigen verweis auf wohnungen der ngos - für die entsprechende annahme gegebene begründung: „der kläger dürfte zudem ebenfalls auf informelle netzwerke - etwa unter syrischen landsleuten - zurückgreifen können, um zumindest vorläufig eine bleibe zu finden“, überzeugt insoweit jedenfalls nicht. abgesehen davon, dass das verwaltungsgericht die entsprechende erwartung in den konjunktiv gesetzt, also wohl selbst nur als mögliche entwicklung gesehen hat, ist es weder beachtlich wahrscheinlich noch ersichtlich, dass „syrische landsleute“, die den kläger nicht kennen, ihn aufnehmen würden, sofern sie überhaupt über ausreichenden wohnraum verfügen. 692. der kläger wird mit hoher wahrscheinlichkeit im falle seiner rückkehr nach griechenland ferner nicht in der lage sein, sich aus eigenen durch erwerbstätigkeit zu erzielenden mitteln mit den für ein überleben notwendigen gütern zu versorgen. 70a. grundsätzlich haben international schutzberechtigte in griechenland zugang zum arbeitsmarkt, der allerdings bereits durch die sprachbarriere und eine hohe arbeitslosigkeit erschwert wird. so lag die arbeitslosenquote in griechenland im jahr 2020 bei 19,88 %. 71vgl. zur arbeitslosenquote in griechenland: statista, internationale länderdaten, europa, https://de.statista.com. 72die chancen zur vermittlung eines arbeitsplatzes sind zudem gering. die staatliche arbeitsagentur oaed hat bereits für griechen kaum ressourcen für die aktive arbeitsvermittlung (betreuungsschlüssel: 1 mitarbeiter für über 1.000 arbeitslose) und noch kein programm zur arbeitsintegration von flüchtlingen aufgelegt. migration in den griechischen arbeitsmarkt hat in der vergangenheit vor allem in den branchen landwirtschaft, bauwesen, haushaltsnahe und sonstige dienstleistungen stattgefunden. allerdings haben sich die arbeitschancen durch die anhaltende finanz- und wirtschaftskrise allgemein deutlich verschlechtert. 73vgl. bfa, länderinformationsblatt der staatendokumentation griechenland vom 19. märz 2020, s. 31. 74möglichkeiten zur arbeitsaufnahme sollen zum teil bei ngos etwa als dolmetscher oder team-mitarbeiter bestehen. 75vgl. bfa, länderinformationsblatt der staatendokumentation griechenland vom 19. märz 2020, s. 31. 76die corona-pandemie hat ferner erhebliche auswirkungen auf die wirtschaftslage in griechenland. 77griechenland hatte begonnen, sich von der achtjährigen rezession zu erholen, in die das land während der schuldenkrise im jahr 2009 gestürzt war. der am 7. november 2020 verfügte zweite lockdown wirft die griechische wirtschaft wieder weit zurück. im dritten quartal ging das bruttoinlandsprodukt (im folgenden: bip) im jahresvergleich um 11,7 % zurück. das war der heftigste einbruch aller staaten der europäischen union. 78vgl. etwa rnd, corona wirft griechenland weit zurück, bericht vom 25. dezember 2020, www.rnd.de; i. d. s. auch gtai, germany trade & invest, griechenland sucht ausweg aus der krise, stand 30. november 2020, www.gtai.de; so auch: bündnis 90/die grünen, griechenland kämpft gegen alte und neue krisenfolgen, bericht vom 23. november 2020, www.gruene-bundestag.de. 79der tourismus steuerte 2019 mehr als ein fünftel zum griechischen bip bei und war damit der stärkste wachstumsmotor. 2020 gingen die urlauberzahlen um fast 80 % zurück. branchenexperten erwarten, dass der tourismus mindestens drei jahre brauchen wird, um das vorkrisenniveau zu erreichen. das könnte auch für die griechische wirtschaft insgesamt gelten. 80vgl. rnd, corona wirft griechenland weit zurück, bericht vom 25. dezember 2020, www.rnd.de; hierzu auch: bündnis 90/die grünen, griechenland kämpft gegen alte und neue krisenfolgen, bericht vom 23. november 2020, www.gruene-bundestag.de. 81b. angesichts der sich aus diesen erkenntnissen und informationen ergebenden derzeitigen arbeitsmarktsituation und wirtschaftslage in griechenland ist mit sehr hoher wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der kläger im falle seiner rückkehr keine arbeit finden würde. bei einer arbeitslosenquote von nahezu 20 % und den einen zugang zum arbeitsmarkt zusätzlich erschwerenden persönlichen handicaps des klägers - wie der mangelnden beherrschung der griechischen sprache, des fehlens spezifischer beruflicher qualifikationen und des für einen drittstaatsangehörigen in einem anderen land typischen fehlens privater netzwerke - erscheint es nahezu ausgeschlossen, dass der kläger in einem überschaubaren zeitraum im anschluss an eine rückkehr nach griechenland eine arbeit findet, die es ihm gestattet, seinen lebensunterhalt zu finanzieren. 82c. der kläger kann entgegen der vom verwaltungsgericht vertretenen auffassung auch nicht auf eine erwerbstätigkeit im bereich der schwarzarbeit verwiesen werden. insoweit beruft sich das verwaltungsgericht zu unrecht auf den beschluss des bundesverwaltungsgerichts vom 17. mai 2006 - 1 b 100.05 -. soweit das bundesverwaltungsgericht in der betreffenden entscheidung arbeiten im bereich einer „schatten- oder nischenwirtschaft“ als zumutbar erachtet hat, bezog es sich auf „tätigkeiten, für die es keine nachfrage auf dem allgemeinen arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere fähigkeiten erfordern, und die nur zeitweise, etwa zur deckung eines kurzfristigen bedarfs, beispielsweise während der touristensaison, ausgeübt werden können“. zu illegaler tätigkeit in form der schwarzarbeit hat sich das bundesverwaltungsgericht entgegen der annahme des verwaltungsgerichts nicht verhalten. es hat vielmehr wiederholt dargelegt, dass der schutzsuchende nicht auf „kriminelle arbeit“ verwiesen werden könne. 83vgl. bverwg, beschlüsse vom 17. mai 2006 ‑ 1 b 100.05 -, buchholz 402.25 § 1 asylvfg nr. 328 = juris, rn. 11, und vom 17. mai 2006 ‑ 1 b 101.05 -, buchholz 402.25 § 1 asylvfg nr. 329 = juris, rn. 5, und vom 9. januar 1998 ‑ 9 b 1130.97 -, juris, rn. 5 f. 84hierzu zählt auch schwarzarbeit, die zumeist dadurch gekennzeichnet ist, dass steuer- und/oder beitragspflichtige tätigkeiten nicht den zuständigen öffentlichen stellen gemeldet werden, wodurch diesen die entsprechenden abgaben in verbotswidriger weise vorenthalten werden. 85vgl. hierzu europäische kommission, themenblatt europäisches semester „schwarzarbeit“ vom 10. november 2017, einführung, s. 1, https://ec.europa.eu. 86abgesehen davon wird das phänomen der schwarzarbeit europaweit bekämpft. das europäische parlament und der rat haben durch beschluss 2016/344/eu vom 9. märz 2016 (abl. l 65 vom 11. märz 2016) eine „europäische plattform zur stärkung der zusammenarbeit bei der bekämpfung nicht angemeldeter erwerbstätigkeit“ eingerichtet, die u. a. den ländern der eu helfen soll, wirksamer den verschiedenen formen der schwarzarbeit zu begegnen. 87vgl. europäische kommission, themenblatt europäisches semester „schwarzarbeit“ vom 10. november 2017, s. 6 f., https://ec.europa.eu. 88auch griechenland geht gegen schwarzarbeit mit hohen strafgeldern vor und hat es auf diese weise geschafft, den anteil der schwarzarbeit im zeitraum von 2015 bis 2019 fast zu halbieren. 89vgl. auch gtai, germany trade & invest, wirtschaftsumfeld/griechenland/arbeitsmarkt, lohn- und lohnnebenkosten, stand 30. september 2020, s. 2, www.gtai.de. 90mit blick darauf verbietet es sich, diese bemühungen der eu und ihres mitgliedstaats griechenland dadurch zu untergraben, dass anerkannt schutzberechtigte auf die möglichkeit verwiesen werden, dort zur sicherung des existenzminimums - verbotene - schwarzarbeit aufzunehmen. 913. der kläger wird im falle seiner rückkehr nach griechenland auch keinen zugang zu staatlichen sozialleistungen haben, mit deren hilfe er dort sein existenzminimum sichern könnte. 92a. anerkannte schutzberechtigte haben in griechenland grundsätzlich zugang zu der seit februar 2017 schrittweise eingeführten sozialen grundsicherung. das system der sozialhilfe basiert auf drei säulen. die erste säule sieht ein sozialgeld in höhe von 200 euro pro einzelperson vor. diese säule ist etabliert und bedarf einer elektronischen griechisch-sprachigen antragstellung. die zweite säule besteht aus sach- und beratungsleistungen und die dritte aus der arbeitsmarktintegration; sie befindet sich aber noch im aufbau. 93vgl. auswärtiges amt, amtshilfeersuchen in asyl- und rückführungsangelegenheiten - situation von zurückkehrenden anerkannten schutzberechtigten nach griechenland, auskunft an vg leipzig vom 28. januar 2020, s. 2 f. 94voraussetzung für den bezug dieser staatlichen sozialleistungen ist der nachweis eines dauerhaften (inzwischen) zweijährigen mindestaufenthalts im inland durch die inländischen steuererklärungen der beiden vorjahre. 95vgl. auswärtiges amt, amtshilfeersuchen in asyl- und rückführungsangelegenheiten, auskunft an vg berlin vom 4. dezember 2019, s. 5 und 9. 96aus dem ausland zurückkehrende anerkannte schutzberechtigte sind daher ‑ ungeachtet der für diese bestehenden schwierigkeiten bei der erlangung der zusätzlich erforderlichen nachweise über die unterbringung in einer wohnung oder alternativ den status als obdachlose - bereits mangels des erforderlichen legalen voraufenthalts über einen zeitraum von mindestens zwei jahren in griechenland von einem bezug regelmäßig ausgeschlossen. 97vgl. vg aachen, urteil vom 6. mai 2020 - 10 k 1722/18.a -, juris, rn. 145 f., m. w. n. 98geldleistungen der arbeitslosenversicherung erhalten nur personen mit entsprechenden vorversicherungszeiten für eine dauer von maximal einem jahr. die griechische arbeitsagentur oaed stellt seit juni 2018 für alle schutzberechtigten eine arbeitslosenkarte aus. die arbeitslosenkarte berechtigt zu folgenden leistungen: kostenlose nutzung des öffentlichen nahverkehrs, kostenloser eintritt in museen, ermäßigungen für gas-, wasser- und stromrechnungen, rabatte in einigen fast-food-restaurants, mobilfunkangebote und ermäßigte berufliche fortbildungsmaßnahmen. 99vgl. bfa, länderinformationsblatt der staatendokumentation griechenland vom 19. märz 2020, s. 31. 100da der zugang zum im januar 2019 neu eingeführten wohngeld nur bei mindestens fünf jahren dauerhaften legalen inlandsaufenthalts vor antragstellung besteht, 101vgl. auswärtiges amt, amtshilfeersuchen in asyl- und rückführungsangelegenheiten, auskunft an vg berlin vom 4. dezember 2019, s. 5, 102scheidet eine entsprechende leistung für zurückkehrende schutzberechtigte von vornherein aus. 103schutzberechtigte haben auch keinen anspruch auf leistungen aus dem sog. „cash-card-system“ des unhcr. denn mittel aus diesem system stehen nur asylbewerbern zur verfügung. 104vgl. auswärtiges amt, amtshilfeersuchen in asyl- und rückführungsangelegenheiten - situation von zurückkehrenden anerkannten schutzberechtigten nach griechenland, auskunft an vg leipzig vom 28. januar 2020, s. 2; so auch bfa, länderinformationsblatt der staatendokumentation griechenland vom 19. märz 2020, s. 29. 105b. ausgehend von diesen erkenntnissen besteht für den kläger im falle seiner rückkehr nach griechenland keine möglichkeit, die - evtl. mit ausnahme der arbeitslosenkarte - aufgezeigten staatlichen sozialleistungen zu erlangen. allein mit hilfe der arbeitslosenkarte, die etwa zur kostenlosen nutzung des öffentlichen personennahverkehrs berechtigt, den kostenlosen eintritt in museen gewährt und u. a. ermäßigungen für energie und wasserrechnungen sowie rabatte in einigen fast-food-restaurants vorsieht, könnte der kläger sein existenzminimum jedenfalls ersichtlich nicht sichern. 1064. auch die unterstützung von ngos setzte den kläger in griechenland nicht in die lage, dort seine elementarsten bedürfnisse zu befriedigen. 107ngos helfen u. a. bei behördengängen, etwa bei der beantragung von sozialversicherungsnummer und steuernummer, bieten sprach- und integrationskurse an, unterstützen bei der arbeitsplatz- und wohnungssuche, geben lebensmittel, hygieneprodukte, kleidung, möbel und haushaltsgegenstände aus und verteilen kostenlose mahlzeiten. diese hilfsmaßnahmen, die ergänzt werden durch hilfen der orthodoxen kirche und der zivilgesellschaft, können aber lediglich als „elementares auffangnetz gegen hunger und entbehrungen“ bezeichnet werden. 108vgl. vg aachen, urteil vom 6. mai 2020 - 10 k 1722/18.a -, juris, rn. 156 ff., m. w. n. 1095. der hinweis des verwaltungsgerichts, der kläger könne notfalls auf finanzielle hilfe seiner verwandten in deutschland und den niederlanden zurückgreifen, führt ebenfalls nicht weiter. denn es ist weder anzunehmen, dass die in deutschland lebende großtante des klägers oder seine in den niederlanden lebende schwester in der lage wären, ihm in griechenland - auch nur vorübergehend - eine unterkunft zu verschaffen noch ist ersichtlich, dass sie ihn für einen gewissen zeitraum mit ausreichenden mitteln zum überleben ausstatten könnten. abgesehen davon wären weder die großtante noch die schwester dazu verpflichtet. 1106. nichts anderes ergibt sich auch, soweit die beklagte in ihrer berufungserwiderung auf verwaltungsgerichtliche rechtsprechung verweist, die bestätige, dass anerkannte schutzberechtigte in griechenland keiner erniedrigenden oder unmenschlichen behandlung i. s. d. art. 4 grch oder art. 3 emrk ausgesetzt seien. 111a. soweit sich die beklagte auf den beschluss des bayerischen verwaltungsgerichtshofs vom 17. märz 2020 - 23 zb 18.33356 - bezieht, können daraus schon deshalb keine schlüsse für den fall des klägers gezogen werden, weil sich der dortige kläger im zeitpunkt jener entscheidung in griechenland aufgehalten und über eine unterkunft verfügt hat. 112vgl. bay. vgh, beschluss vom 17. märz 2020 ‑ 23 zb 18.33356 -, juris, rn. 13 und 28. 113b. auch der hinweis der beklagten auf das urteil des verwaltungsgerichts braunschweig vom 15. mai 2020 - 3 a 19/18 - führt nicht weiter. denn das verwaltungsgericht hat bei der beurteilung der dem dortigen kläger im falle seiner rückkehr nach griechenland drohenden gefahren u. a. berücksichtigt, dass es ihm gelungen sei, bereits ein jahr und acht monate in griechenland, wenn auch unter schwierigsten bedingungen, zu leben; im übrigen habe er familienangehörige u. a. in saudi-arabien und australien, die bereits seine ausreise aus eritrea finanziert hätten, weshalb davon auszugehen sei, dass diese ihn auch weiterhin unterstützten. 114vgl. vg braunschweig, urteil vom 15. mai 2020 ‑ 3 a 19/18 -, n. v., s. 6 des urteilsabdrucks. 115der kläger hat sich zwar vor seiner einreise ins bundesgebiet ebenfalls in griechenland aufgehalten. es ist aber zum einen - wie bereits oben aufgezeigt - nicht ersichtlich, dass der kläger etwaige sein überleben in griechenland sichernde unterstützungsleistungen von seiner in deutschland lebenden großtante oder seiner in den niederlanden lebenden schwester zu erwarten hätte. zum anderen haben sich die maßgeblichen verhältnisse im für den vorliegenden fall entscheidungserheblichen zeitpunkt - wie oben aufgeführt - gegenüber den vom verwaltungsgericht braunschweig festgestellten deutlich verschlechtert. 116c. eine andere beurteilung des sachverhalts ergibt sich auch nicht aus den hinweisen der beklagten auf die entscheidungen des verwaltungsgerichts oldenburg, urteil vom 20. november 2019 - 11 a 265/19 -, des verwaltungsgerichts cottbus, beschluss vom 21. märz 2019 - vg 5 l 540/18.a -, des verwaltungsgerichts berlin, beschluss vom 6. dezember 2018 - vg 9 l 703.18 a - und des verwaltungsgerichts hannover, urteil vom 22. märz 2018 - 13 a 12144/17 -. denn die genannten entscheidungen verhalten sich zu in griechenland in den jahren 2019 und vorher herrschenden lebensverhältnissen für international schutzberechtige oder asylsuchende und sind schon deshalb für die beurteilung der hier allein maßgeblichen aktuellen verhältnisse nicht von bedeutung. 117ii. die unter ziffer 2. des bescheids getroffene feststellung des fehlens von abschiebungsverboten nach § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthg ist verfrüht ergangen, weil das bundesamt nach aufhebung der unzulässigkeitsentscheidung verpflichtet ist, den asylantrag des klägers materiell zu prüfen und sodann über abschiebungsverbote zu entscheiden. die auf § 35 asylg gestützte abschiebungsandrohung in ziffer 3. sätze 1 bis 3 des angefochtenen bescheids ist rechtswidrig, weil der asylantrag des klägers mit blick auf die unter c. i. getroffenen feststellungen nicht gemäß § 29 abs. 1 nr. 2 asylg als unzulässig abgelehnt werden durfte. infolgedessen entfällt auch die grundlage für die anordnung des auf § 11 abs. 1 aufenthg gestützten einreise- und aufenthaltsverbots in ziffer 4. des bescheids. 118d. die kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 abs. 1 vwgo, 83b asylg. 119der ausspruch über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 vwgo, 708 nr. 10, 709 satz 2, 711 satz 1 zpo. 120e. die revision ist nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen. insbesondere hat die sache keine grundsätzliche bedeutung i. s. d. § 132 abs. 2 nr. 1 vwgo. die hier entscheidungserheblichen rechtsfragen - insbesondere zur anwendbarkeit des § 29 abs. 1 nr. 2 asylg und die maßstäbe für einen ausschluss der unzulässigkeitsentscheidung wegen einer drohenden verletzung des art. 4 grch oder des art. 3 emrk - sind geklärt.
Klaeger*in
1
165,467
23 K 308/15
2015-05-18T00:00:00
Urteil
Tenor Das beklagte Land wird unter Aufhebung des Bescheides vom 29. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2014 verpflichtet, das Unfallereignis vom 15. August 2014 als Dienstunfall anzuerkennen. Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des nach dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der am 00.0.1975 geborene Kläger steht als Oberstudienrat im Dienst des beklagten Landes. Er ist am W. -C. -Berufskolleg in L. tätig und gehört der erweiterten Schulleitung an. 3Auf der 4. Lehrerkonferenz am 11. Juni 2014 wurde festgelegt, dass der Lehrerausflug in dem Jahr als zweitägige Veranstaltung geplant sei und nach N. gehe; es handele sich um eine dienstliche Veranstaltung; die Anreise finde ab 15.00 Uhr am Donnerstag, den 14. August 2014 statt; ein Teil des Kollegiums reise auch erst am Morgen des 15. August 2014 an; am Donnerstag sei auf dem Botel ein gemeinsames Treffen mit der Schulleitung geplant; für den Freitag seien als Programmpunkte (optional) geplant: Shoppen, Stadtführung, Bootsfahrt. 4Auf der 1. Lehrerkonferenz im Schuljahr 2014/2015 am 14. August 2014 wurde von der Schulleiterin erneut klargestellt, dass es sich bei dem Lehrerausflug um eine dienstliche Veranstaltung handele; die Abfahrtzeiten für die unterschiedlichen Gruppen blieben sowohl am Donnerstag als auch am Freitag unverändert. 5Der Kläger nahm an dem Lehrerausflug ab dem 14. August 2014 teil. Er fuhr nach N. und bezog seine Unterkunft auf dem Botel in N. . Anschließend beteiligte er sich auf dem Botel - bis gegen 0.30 Uhr - an dem terminierten Gespräch. Am Morgen des 15. August 2014 ging der Kläger kurz nach 7.30 Uhr über eine schmale und steile Treppe nach oben, um sich zu waschen und frisch zu machen. Dabei fühlte er sich nicht gut und nutzte das Deck, um frische Luft zu tanken. Auf dem Deck kollabierte der Kläger aus nicht weiter aufzuklärenden Gründen. Nachdem ihm aufgeholfen worden war, erklärte er, er fühle sich wieder in Ordnung. Als der Kläger erneut die steile Treppe betrat, die zu seiner Kajüte führte, stürzte er diese aufgrund eines erneuten Schwindelanfalls - so die Anlage zur Dienstunfallanzeige vom 21. August 2014 - herunter. Als Folge des Sturzes zog er sich insbesondere einen Bruch der Halswirbel C5/C6 zu mit Liquorleck; er ist seitdem querschnittsgelähmt, der linke Arm kann über die Schulter bewegt werden, die Finger haben noch eine Beweglichkeit von bis 10 vH. 6Mit Bescheid vom 29. September 2014 lehnte die Bezirksregierung E. die Anerkennung des Ereignisses als Dienstunfall ab. Zur Begründung führte sie aus, es bestehe zum Einen kein Zusammenhang mit dem Dienstbetrieb oder mit lehrertypischen dienstlichen Aufgaben; es handele sich um eigenwirtschaftliche bzw. persönliche Tätigkeiten, so dass der Gang zum Gemeinschafts-WC, bzw. auf das Oberdeck sowie die geplante Rückkehr auf das Unterdeck ausgeschlossen seien. Zum Anderen beruhe der Sturz nicht auf einer äußeren Einwirkung, sondern auf einem Vorgang im Innern des Körpers des Klägers; sein Körper habe innere Probleme bereitet, so dass eine äußere Einwirkung nicht vorliege. 7Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Bezirksregierung E. mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2014 zurück. Sie ergänzte, dass der Sturz infolge eines Schwindelanfall nicht zum Dienst gehöre und auch nicht in Ausübung des Dienstes erfolgt sei, zumal der Dienstunfallschutz erst mit Fortführung des Programmes am Unfalltage um 9.30 Uhr wiederauflebe. Erwogen wurde zudem, dass Dienstunfallschutz erst mit der Anwesenheit aller Kollegen bestehen könne, da dann erst die alternative Diensttätigkeit beginnen könne. Auch wird erneut betont, es liege keine äußere Einwirkung vor, da erst der Schwindelanfall den Sturz verursacht habe, so dass die körperliche Verfassung bzw. eine Veranlagung des Klägers die wesentliche Ursache sei. 8Mit der am 15. Januar 2015 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus: der Kollegiumsausflug erfülle alle Voraussetzungen für den „Dienst“-Begriff; eine Trennung zwischen offiziellem Programm und Freizeit könne nicht stattfinden; aufgrund der Größe des Lehrkörpers gehörten auch Programmpunkte außerhalb des Programms zum „Dienst“; der Kläger sei verpflichtet gewesen, auf dem Botel gemeinsam zu übernachten; die Tätigkeit sei so naturgemäß eindeutig nicht dem privaten Bereich zuzuordnen; er sei vielmehr besonderen Gefahren ausgesetzt gewesen, da er sich nicht zu Hause befunden habe; die Gefahren der Treppe hat er nicht beherrschen können; das weitere Merkmal der äußeren Einwirkung diene nur dazu, äußere Vorgänge von krankhaften inneren Vorgängen abzugrenzen; ursächlich sei allein die steile Treppe gewesen; das Unfallereignis könne nicht hinweg gedacht werden; ein Schwächeanfall stehe darüber hinaus nicht fest; ein solcher hätte zudem bei einem alltäglichen Ereignis nicht zu demselben Erfolg geführt. 9Der Kläger beantragt, 10das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides vom 29. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2014 zu verpflichten, das Unfallereignis vom 15. August 2014 als Dienstunfall anzuerkennen. 11Das beklagte Land beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Es führt zur Begründung aus, dem Sturz seien rein private Tätigkeiten vorangegangen, die weder während eines kollegialen Meinungsaustauschs noch während des Programms stattgefunden hätten; auch ein mehrtägiger Lehrerausflug führe nicht zu einem ununterbrochenen Dienstunfallschutz. Die Verwaltungsvorschrift fordere unter Ziffer 31.1.1 einen engen dienstlichen Zusammenhang mit den dienstlichen Aufgaben; sonstige Zeiten des Aufenthaltes am Bestimmungsort gehörten nicht zum Dienst. Der Dienstunfallschutz könne nicht höher sein, als im regelmäßigen Dienst; nicht jeder Moment des kollegialen Beisammenseins könne zielgerichtet einem Dienstgeschäft zugerechnet werden. Ein 24 Stunden andauernder Dienstunfallschutz sei auch bei der Zuweisung eines anderen Dienstortes nicht mit dem Gesetz vereinbar. Eigenwirtschaftliche Tätigkeiten seien wie Freizeitveranstaltungen grundsätzlich nicht geschützt. Die zugelassene Treppe stelle kein besonderes Wagnis oder eine besondere Gefährdung dar. Ausschlaggebend sei allein der Schwächeanfall auf der Treppe gewesen, mithin eine innere Ursache. Ursächlich sei so allein die körperliche Verfassung des Klägers, der Schwindelanfall hätte bei jeder alltäglichen Gelegenheit zum Sturz geführt, da dieser stets ein erhebliches Risiko berge. Es habe letztlich keine Verpflichtung für den Kläger bestanden, an der zweitägigen Veranstaltung bereits ab Donnerstag teilzunehmen. 14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Bezirksregierung E. Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16Der Einzelrichter ist für die Entscheidung zuständig, nachdem ihm der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 31. März 2015 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) übertragen worden ist. 17Die Klage ist begründet. 18Der Kläger hat einen Anspruch auf Anerkennung des Unfallereignisses als Dienstunfall. Insofern erweist sich der Bescheid der Bezirksregierung E. vom 29. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2014 als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). 19Der Anspruch folgt aus dem zur Zeit des Unfallereignisses bereits in Kraft getretenen § 31 Abs. 1 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LBeamtVG NRW). 20Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVG NRW ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Zum Dienst gehören nach § 31 Abs. 1 Satz 2 LBeamtVG NRW auch Dienstreisen, Dienstgänge und dienstliche Tätigkeit am Bestimmungsort (Nr. 1) sowie die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen (Nr. 2). 21Das Unfallereignis vom 15. August 2014 ist entgegen der Ansicht des beklagten Landes ein Dienstunfall in diesem Sinne. Insbesondere fehlt es weder an einer äußeren Einwirkung noch an der erforderlichen Dienstbezogenheit. 22Das Merkmal der „äußeren Einwirkung“ erfüllt den Zweck, äußere Vorgänge von krankhaften Vorgängen im Innern des menschlichen Körpers abzugrenzen. Die Annahme einer äußeren Einwirkung scheidet deshalb nur dann aus, wenn die Einwirkung auf Umständen beruht, für die eine in körperlicher oder seelischer Hinsicht besondere Veranlagung des Betroffenen oder ein vorsätzliches Verhalten des Betroffenen die wesentliche Ursache war. Der Begriff der „äußeren Einwirkung“ setzt allerdings keine physikalische Einwirkung auf den Körper des Betroffenen voraus. Auch krankhafte Vorgänge im Körper, die ohne derartige Einwirkungen durch einen äußeren Umstand oder Vorgang hervorgerufen werden, sind daher ein auf „äußerer Einwirkung“ beruhendes Ereignis, 23OVG NRW, Beschluss vom 24. Mai 2013 - 3 A 1462/11 - (nicht veröffentlicht), m.w.N. auf BVerwG, Urteile vom 24. Oktober 1963 - II C 10.62 -, in: BVerwGE 17, 59, vom 9. April 1970 – II C 49.68 -, in: BVerwGE 35, 133, und vom 30. Juni 1988 -2 C 3.88 -, in: BVerwGE 80, 4; ebenso OVG NRW, Urteil vom 13. Dezember 1989 - 6 A 744/87 -, in: juris (Rn. 12). 24So kann etwa ein Herzinfarkt, den ein Beamter im Rahmen der dienstlichen Abnahme des Sportabzeichens erleidet, trotz anlagebedingter oder erworbener Vorschädigung (dort: Coronararteriensklerose) die Merkmale eines Dienstunfalls erfüllen, 25OVG NRW, Urteil vom 31. Januar 1990 - 1 A 129/88 -. 26Das Vorliegen eines Dienstunfalls scheitert so nicht am Fehlen einer dafür erforderlichen „äußeren Einwirkung" im Hinblick auf das schadenstiftende Ereignis, also einer Bedingung, mit der solche Vorgänge ausgeschlossen werden sollen, die ausschließlich im Innern des menschlichen Körpers ablaufen. Die äußere Einwirkung kann nämlich auch von dem verletzten Beamten selbst ausgehen, nämlich dann, wenn sie nicht auf Umständen beruht, für die eine in körperlicher oder seelischer Hinsicht besondere Veranlagung des Verletzten oder dessen willentliches, das heißt vorsätzliches Verhalten die wesentliche Ursache gewesen ist, 27Bay.VGH, Beschluss vom 8. Juli 2008 - 3 B 04.1164 -, in: juris (Rn. 30). 28Kann es so an einer äußeren Einwirkung bei Ereignissen fehlen, die auf der Veranlagung oder auf inneren Vorgängen in dem Beamten selbst beruhen, 29BVerwG, Urteil vom 24.10.1963 - II C 10.62 -, in: juris (Os 1.2), 30setzt dies aber weiter voraus, dass eine solche besondere Veranlagung jedenfalls feststellbar ist und das anlagebedingte Leiden des Weiteren mehr oder weniger zufällig gerade im Dienst hervortritt. Dafür spricht bei dem Kläger nichts. Insofern erfolgt die Abgrenzung negativ: ist eine „innere“ Einwirkung nicht erkennbar, liegt eine „äußere“ Einwirkung vor, 31Bauer, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder - Kommentar, Rn. 19 zu § 32Anlagebedingte Leiden des Klägers sind weder ersichtlich noch vom beklagten Land behauptet worden. Auch das Kollabieren an Deck deutet für sich genommen nicht auf ein solches Leiden hin, zumal die Ursachen hierfür - zu denken wäre etwa an den Aufenthalt auf einem Boot, ein Schlafdefizit oder auch nur an ein allgemeines Unwohlsein - vielfältig sein können. 33Unabhängig davon ist zu berücksichtigen, dass es nicht deshalb an einer äußeren Einwirkung fehlt, weil der Sturz (wohl) erst in Folge eines erneuten Schwindelanfalls des Klägers aufgetreten ist. Insofern steht nämlich fest, dass erst der Sturz auf der Treppe eine äußere Einwirkung mit sich brachte, die zu den im Tatbestand erwähnten Körperschäden führte. Dass der Sturz seinerseits aber auf weiteren Ursachen beruhte ist dabei unbeachtlich. Denn ist schon die unmittelbare Schadensursache (hier: der Sturz) eine äußere Einwirkung, so ist damit dieses Merkmal des § 31 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVG NRW erfüllt, ohne dass es insoweit noch eines Rückgriffs auf mittelbare Ursachen bedarf, 34BVerwG, Urteil vom 30. Juni 1988 - 2 C 3.88 -, in: juris (Rn. 11). 35Dem steht nicht entgegen, dass bei einer solchen Betrachtungsweise das Merkmal der äußeren Einwirkung bei Stürzen regelmäßig erfüllt ist, 36BVerwG, Urteil vom 30. Juni 1988 - 2 C 3.88 -, in: juris (Rn. 11), zu Verkehrsunfällen; einschränkend für Stürze, die durch einen organisch bedingten Schlaganfall ausgelöst werden, bzw. Schwächeanfälle oder eine Ohnmacht, die ein Beamter ohne irgendwelche von außen kommendes Geschehen erleidet, Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, Beamtenversorgungsgesetz - Kommentar, § 31 BeamtVG (Rn. 20). 37Der Unfall erfolgte auch in Ausübung des Dienstes, zu dem nach § 31 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LBeamtVG NRW auch die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen zählt, ohne dass der Gesetzgeber dadurch den gesetzlichen Dienstunfallbegriff erweitert hat, 38BVerwG, Urteil vom 29. August 2013 - 2 C 1.12 -, unter: bverwg.de (Rn. 16). 39Entscheidender rechtlicher Ausgangspunkt für die Abgrenzung, ob ein Unfall in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist oder nicht, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 40BVerwG, Urteil vom 3. November 1976 - VI C 203.73 -, in: juris (Rn. 24), 41der Sinn und Zweck der beamtenrechtlichen Unfallfürsorgeregelung. Dieser liegt in einem über die allgemeine Fürsorge hinausgehenden besonderen Schutz des Beamten bei Unfällen, die außerhalb seiner privaten (eigenwirtschaftlichen) Sphäre im Bereich der in der dienstlichen Sphäre liegenden Risiken eintreten, also in dem Gefahrenbereich, in dem der Beamte entscheidend aufgrund der Anforderungen des Dienstes tätig wird oder mit anderen Worten, die sich während der pflichtgemäßen Erledigung der ihm obliegenden dienstlichen Aufgaben ereignen. 42Das ist etwa der Fall, wenn der Beamte den Unfall bei einer Tätigkeit erleidet, die im engen natürlichen Zusammenhang mit seinen eigentlichen Dienstaufgaben oder sonstigen dienstlich notwendigen Verrichtungen steht, bei der der Beamte also gewissermaßen „im Banne“ des Dienstes steht, 43BVerwG, Urteil vom 3. November 1976 - VI C 203.73 -, in: juris (Rn. 24). 44Mit der Unfallfürsorge übernimmt der Dienstherr nämlich nur die spezifischen Gefahren der Beamtentätigkeit oder die nach der Lebenserfahrung auf sie zurückgehenden, mithin die für den Schaden wesentlichen Risiken; er soll nur mit den auf sie zurückzuführenden Konsequenzen belastet werden. Dem Beamten verbleiben dagegen diejenigen Risiken, die sich aus persönlichen, von der Norm abweichenden Anlagen, aus anderen als dienstlich gesetzten Gründen oder aus vorsätzlichen Handlungen ergeben, 45Bay.VGH, Beschluss vom 8. Juli 2008 - 3 B 04.1164 -, in: juris (Rn. 33, 34). 46Bei der Beurteilung, welche Verrichtungen typischerweise zu den Dienstaufgaben des Beamten gehören, ist, von den dem Dienstherrn und der jeweiligen Beschäftigungsbehörde obliegenden Aufgaben ausgehend, auf die in diesem Rahmen dem Beamten in seinem Amt übertragenen Obliegenheiten und das sich daraus ergebende Berufsbild abzustellen. Die in dem übertragenen Aufgabengebiet wahrzunehmenden Obliegenheiten können sich aus Gesetz, Verordnung, generellen oder speziellen dienstlichen Weisungen, aber auch, soweit solche Regelungen nicht unmittelbar Platz greifen, ganz allgemein aus der Natur und den Notwendigkeiten des übertragenen Aufgabenbereichs ergeben. In dem in den Einzelheiten nicht ausdrücklich festgelegten Bereich hat der Beamte je nach seinem Amt und dem Inhalt und der Art der damit verbundenen Aufgaben einen mehr oder weniger großen Raum freier Gestaltungsmöglichkeit. Dieser Freiraum wird aber - ähnlich wie die behördliche Gestaltungsfreiheit - jeweils durch die Erfordernisse der Erledigung der ihm als Beamten übertragenen Obliegenheiten begrenzt. Die jeweiligen Verrichtungen des Beamten müssen ihre wesentliche Ursache in diesen Erfordernissen haben und in ihrer ganzen Eigenart durch sie geprägt sein. Diese Kriterien sind nicht nur für die Beurteilung maßgebend, ob Verrichtungen außerhalb der Dienstzeit und des Dienstortes überhaupt der Dienstausübung und damit dem unfallgeschützten Bereich zugeordnet werden können, sondern auch für die Entscheidung, ob dies in Bezug auf die jeweilige konkrete Verrichtung geschehen kann. Dabei kann dem ausdrücklichen oder stillschweigenden Einverständnis des Dienstvorgesetzten - jedenfalls soweit dieses nicht für den Beamten erkennbar außerhalb der behördlichen Gestaltungsfreiheit liegt - erhebliches Gewicht zukommen. Aus den dargelegten Abgrenzungskriterien folgt aber auch, dass der Beamte im Rahmen freier Gestaltung seiner Dienstausübung dem Dienstherrn und damit der Allgemeinheit kein übermäßiges dienstunfallrechtliches Risiko aufbürden kann. Gehen die mit der Tätigkeit des Beamten verbundenen Risiken erkennbar über das seinen Dienstaufgaben nach gebotene Maß an Gefährdung hinaus, so kann er dieses Risiko nicht seinem Dienstherrn aufbürden, insoweit erfüllt er keine dienstlichen Aufgaben und seine Tätigkeit ist insoweit nicht durch den Dienst und dessen Anforderungen geprägt. Gestaltungsfreiheit wird insoweit durch Eigenverantwortung ergänzt und begrenzt, 47BVerwG, Urteil vom 3. November 1976 - VI C 203.73 -, in: juris (Rn. 27). 48Dabei sind Veranstaltungen im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBeamtVG NRW kollektive - für alle Beamten des Dienstherrn oder einer Behörde oder für einen bestimmten Kreis von Bediensteten - geschaffene Maßnahmen oder Einrichtungen. Die Veranstaltung muss formell und materiell dienstbezogen sein. Um ihre entscheidende Prägung durch die dienstliche Sphäre zu erhalten, muss eine Veranstaltung im Zusammenhang mit dem Dienst stehen, dienstlichen Interessen dienen und, sei es unmittelbar oder mittelbar, von der Autorität eines Dienstvorgesetzten getragen und damit in den weisungsgebundenen Dienstbereich einbezogen sein, 49BVerwG, Urteil vom 29. August 2013 - 2 C 1.12 -, unter: bverwg.de (Rn. 17). 50Die Kriterien für eine dienstliche Veranstaltung sind - einschließlich des Gangs an das Oberdeck zur Erledigung der Morgentoilette einschließlich des „Frische-Luft-Tankens“ - erfüllt. 51Die Schulleiterin ordnete die Teilnahme an einem zweitägigen Lehrerausflug als dienstliche Veranstaltung an. Diese diente dem Austausch der Kollegen untereinander, aber auch dem Austausch mit der Schulleitung, dessen erweitertem Kreis der Kläger (neu) zugehörig ist. Dabei wurde für das einleitende Gespräch am Donnerstagabend sowie für die Übernachtung auf den Freitag das Botel in N. ausgewählt. Damit bestimmte die Schulleiterin - im dienstlichen Interesse - den Ort der dienstlichen Veranstaltung sowie die Zeit, die am Ort der dienstlichen Veranstaltung zu verbringen ist. 52Entsprechend stand die Morgentoilette einschließlich des Gangs an das Oberdeck in einem engen natürlichen Zusammenhang mit den vom Kläger wahrzunehmenden Aufgaben während des zweitägigen Aufenthaltes. Er befand sich jedenfalls „im Banne des Dienstes“, solange und soweit er sich aufgrund der ausgesprochenen dienstlichen Verpflichtung auf dem Botel aufgehalten oder an dem Programm des Lehrerausflugs teilgenommen hat. Insofern stellt hier ausnahmsweise, die Morgentoilette eines Beamten während einer mehrtägigen dienstlichen Veranstaltung an einem bestimmten, zugewiesenen Dienstort keine private oder eigenwirtschaftliche Tätigkeit dar, die mit der dienstlichen Veranstaltung schlechthin nicht im Zusammenhang steht, wie das beklagte Land meint. Es ist bei einer zweitägigen dienstlichen Veranstaltung - vergleichbar mit einem Schullandheimaufenthalt oder dem Aufsuchen der Toilette - festzuhalten, dass eine Dienstleistung auf längere Dauer ohne Morgentoilette nicht möglich ist, und diese deshalb ebenfalls zu den unfallgeschützten Tätigkeiten des Beamten gehört, 53BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 2 B 135/07 -, unter: bverwg.de (Rn. 8, 10). 54Diese Auslegung steht nicht - wie das beklagte Land meint - der Intention des Gesetzes entgegen. Es ist nicht zu befürchten, dass auf Dienstreisen oder bei einer mehrtägigen dienstlichen Veranstaltung ein 24 Stunden andauernder Dienst bzw. dienstlicher Bezug und damit ein entsprechend umfassender Dienstunfallschutzes eingeführt werde. 55Das Gegenteil ist der Fall. Es entspricht gerade der im Gesetz angelegten Verteilung von Risikosphären, in bestimmten Fällen auch private oder eigenwirtschaftliche Tätigkeit des Beamten unter den Schutz der Dienstunfallfürsorge zu stellen, ohne dass damit zugleich zum Ausdruck gebracht wird, jede Tätigkeit des Beamten auf einer mehrtägigen dienstlichen Veranstaltung oder Dienstreise sei „Dienst“ im Sinne des Gesetzes. 56Es ist vielmehr zu berücksichtigen, dass der Kläger auf Veranlassung der Schulleitung Dienst außerhalb seines eigentlichen Dienstortes zu verrichten hatte. Entsprechend genießt der Beamte hierbei (weitergehenden) Dienstunfallschutz, wenn die konkrete Tätigkeit, bei der sich der Unfall ereignet hat, im engen natürlichen Zusammenhang mit seinen dienstlichen Aufgaben oder dienstlich notwendigen Verrichtungen besteht. Der Unfall muss aber seine wesentliche Ursache in den Erfordernissen des Dienstes haben und dadurch nach seiner Eigenart geprägt sein, 57BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 2 B 135/07 -, unter: bverwg.de (Rn. 8). 58Dieser Zusammenhang ist anzunehmen, wenn der Beamte - wie hier - in einem vom Dienstherrn bestimmten Gebäude (Botel) zu übernachten hat. Das Gebäude ist dann dem Normzweck des § 31 Abs. 1 LBeamtVG NRW entsprechend der räumlichen Risikosphäre des Dienstherrn zuzurechnen. Dies bedeutet, dass der Dienstherr jedenfalls das spezifische örtliche Risiko für solche Verrichtungen trägt, die wie die Körperpflege eigentlich der privaten Lebenssphäre zuzurechnen sind, die der Beamte aber aufgrund der dienstlichen Zuweisung in dem Gebäude vornehmen muss. Der Beamte genießt hier Dienstunfallschutz, wenn der Unfall seine wesentliche Mitursache in der baulichen Beschaffenheit oder Ausstattung des Gebäudes hatte und er nicht bei einer Verhaltensweise eingetreten ist, die mit der Dienstausübung schlechthin nicht mehr in Zusammenhang gebracht werden kann, 59BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 2 B 135/07 -, unter: bverwg.de (Rn. 10). 60Fallen so typische Tätigkeiten einer zweitägigen Veranstaltung am Ort der dienstlichen Veranstaltung unter den Schutz der Dienstunfallfürsorge, ist zudem klar, dass ein Dienstunfallschutz gleichwohl nicht 24 Stunden besteht. Ausgeschlossen sind selbstverständlich alle Verrichtungen, die lediglich im privaten Interesse des Beamten liegen, seien diese etwa wie ein beabsichtigtes Joggen oder ein Stadtbummel in der „Freizeit“ aus dem eignen Antrieb des Beamten heraus bedingt, oder solche, die über die erlaubte oder beabsichtigte dienstliche Tätigkeit hinausgehen, 61vgl. zu diesem Aspekt etwa OVG NRW, Urteil vom 11. April 2007 - 21 A 3006/05 -unter: nrwe.de, zum so genannten „Bayern-Abitur“. 62Hinzu kommt folgender Aspekt: Auch wenn bei einer (bloßen) Dienstreise der nächtliche Aufenthalt in einem Hotel oder einer anderen Unterkunft grundsätzlich vorwiegend eigenwirtschaftlichen Interessen dient, reicht hier der Unfallschutz auch deshalb weiter als im häuslichen Bereich, als die Unkenntnis der örtlichen Verhältnisse oder sonstige besondere Gefahrenmomente im Bereich der Übernachtungsstätte zum Unfall wesentlich beigetragen haben. Die Treppe ist ausweislich der im Verwaltungsvorgang enthaltenen Lichtbilder besonders steil und weist sehr enge Stufen auf. Sie birgt - auch wenn sie nach den örtlichen Vorschriften auf einem Schiff mit eingerichteter Übernachtungsmöglichkeit zulässig ist - besondere Risiken, die in ihrer Bauart behaftet sind und damit der beschriebenen dienstlichen Risikosphäre zuzurechnen ist. 63Der Annahme einer dienstlichen Veranstaltung steht letztlich nicht entgegen, dass es dem einzelnen Mitglied des Lehrkörpers trotz der Anordnung, dass der Lehrerausflug 2014 eine zweitätige Veranstaltung sei, freistand, an dem Lehrerausflug auch erst ab Freitag und damit eintägig teilzunehmen. Insofern bedarf es keines weiteren Eingehens darauf, ob die Anwesenheit des Klägers als Mitglied der erweiterten Schulleitung bereits zu dem am Donnerstang für 18.00 Uhr angesetzten Programmpunkt (Gespräch mit der Schulleitung) erforderlich war oder bestimmte Gründe (familiärer Art) vorliegen mussten, um die Teilnahme auf eine Tag begrenzen zu können. Insofern ist in der Rechtsprechung geklärt, dass der Annahme einer dienstlichen Veranstaltung nicht entgegen steht, dass der Dienstherr seinen Bediensteten die Teilnahme an der Veranstaltung freigestellt hatte, 64BVerwG, Urteil vom 29. August 2013 - 2 C 1.12 -, unter: bverwg.de (Rn. 19). 65Der Begriff der dienstlichen Veranstaltung setzt, wie gerade hier bei einem Betriebsausflug, nicht voraus, dass der Dienstvorgesetzte die Teilnahme aller Beamten seiner Dienststelle angeordnet hat oder ihre Teilnahme erwartet - was hier im Übrigen ausweislich der Protokolle der Lehrerkonferenz vorlag. 66Die Berufung war entgegen der Anregung der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung nicht zuzulassen. Gründe im Sinne des § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO, nach denen das Verwaltungsgericht die Berufung im Urteil zulassen kann, liegen nicht vor. Die Rechtsache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Der Rechtssache kommt über den Einzelfall hinaus auch keine grundsätzliche Bedeutung etwa für die Frage zu, wann sich ein Beamter während einer Dienstreise „im Dienst“ befindet bzw. konkreter, ob sich ein beamteter Lehrer während einer angeordneten Dienstreise stets „im Dienst“ befindet. Diese Frage ist entsprechend den obigen Ausführungen und in Einklang mit der ergangenen ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung zu verneinen. 67Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 68Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung.
das beklagte land wird unter aufhebung des bescheides vom 29. september 2014 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 11. dezember 2014 verpflichtet, das unfallereignis vom 15. august 2014 als dienstunfall anzuerkennen. das beklagte land trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. das beklagte land kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des nach dem urteil zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils beizutreibenden betrages leistet. 1
2der am 00.0.1975 geborene kläger steht als oberstudienrat im dienst des beklagten landes. er ist am w. -c. -berufskolleg in l. tätig und gehört der erweiterten schulleitung an. 3auf der 4. lehrerkonferenz am 11. juni 2014 wurde festgelegt, dass der lehrerausflug in dem jahr als zweitägige veranstaltung geplant sei und nach n. gehe; es handele sich um eine dienstliche veranstaltung; die anreise finde ab 15.00 uhr am donnerstag, den 14. august 2014 statt; ein teil des kollegiums reise auch erst am morgen des 15. august 2014 an; am donnerstag sei auf dem botel ein gemeinsames treffen mit der schulleitung geplant; für den freitag seien als programmpunkte (optional) geplant: shoppen, stadtführung, bootsfahrt. 4auf der 1. lehrerkonferenz im schuljahr 2014/2015 am 14. august 2014 wurde von der schulleiterin erneut klargestellt, dass es sich bei dem lehrerausflug um eine dienstliche veranstaltung handele; die abfahrtzeiten für die unterschiedlichen gruppen blieben sowohl am donnerstag als auch am freitag unverändert. 5der kläger nahm an dem lehrerausflug ab dem 14. august 2014 teil. er fuhr nach n. und bezog seine unterkunft auf dem botel in n. . anschließend beteiligte er sich auf dem botel - bis gegen 0.30 uhr - an dem terminierten gespräch. am morgen des 15. august 2014 ging der kläger kurz nach 7.30 uhr über eine schmale und steile treppe nach oben, um sich zu waschen und frisch zu machen. dabei fühlte er sich nicht gut und nutzte das deck, um frische luft zu tanken. auf dem deck kollabierte der kläger aus nicht weiter aufzuklärenden gründen. nachdem ihm aufgeholfen worden war, erklärte er, er fühle sich wieder in ordnung. als der kläger erneut die steile treppe betrat, die zu seiner kajüte führte, stürzte er diese aufgrund eines erneuten schwindelanfalls - so die anlage zur dienstunfallanzeige vom 21. august 2014 - herunter. als folge des sturzes zog er sich insbesondere einen bruch der halswirbel c5/c6 zu mit liquorleck; er ist seitdem querschnittsgelähmt, der linke arm kann über die schulter bewegt werden, die finger haben noch eine beweglichkeit von bis 10 vh. 6mit bescheid vom 29. september 2014 lehnte die bezirksregierung e. die anerkennung des ereignisses als dienstunfall ab. zur begründung führte sie aus, es bestehe zum einen kein zusammenhang mit dem dienstbetrieb oder mit lehrertypischen dienstlichen aufgaben; es handele sich um eigenwirtschaftliche bzw. persönliche tätigkeiten, so dass der gang zum gemeinschafts-wc, bzw. auf das oberdeck sowie die geplante rückkehr auf das unterdeck ausgeschlossen seien. zum anderen beruhe der sturz nicht auf einer äußeren einwirkung, sondern auf einem vorgang im innern des körpers des klägers; sein körper habe innere probleme bereitet, so dass eine äußere einwirkung nicht vorliege. 7den dagegen erhobenen widerspruch wies die bezirksregierung e. mit widerspruchsbescheid vom 11. dezember 2014 zurück. sie ergänzte, dass der sturz infolge eines schwindelanfall nicht zum dienst gehöre und auch nicht in ausübung des dienstes erfolgt sei, zumal der dienstunfallschutz erst mit fortführung des programmes am unfalltage um 9.30 uhr wiederauflebe. erwogen wurde zudem, dass dienstunfallschutz erst mit der anwesenheit aller kollegen bestehen könne, da dann erst die alternative diensttätigkeit beginnen könne. auch wird erneut betont, es liege keine äußere einwirkung vor, da erst der schwindelanfall den sturz verursacht habe, so dass die körperliche verfassung bzw. eine veranlagung des klägers die wesentliche ursache sei. 8mit der am 15. januar 2015 erhobenen klage verfolgt der kläger sein begehren weiter. zur begründung führt er im wesentlichen aus: der kollegiumsausflug erfülle alle voraussetzungen für den „dienst“-begriff; eine trennung zwischen offiziellem programm und freizeit könne nicht stattfinden; aufgrund der größe des lehrkörpers gehörten auch programmpunkte außerhalb des programms zum „dienst“; der kläger sei verpflichtet gewesen, auf dem botel gemeinsam zu übernachten; die tätigkeit sei so naturgemäß eindeutig nicht dem privaten bereich zuzuordnen; er sei vielmehr besonderen gefahren ausgesetzt gewesen, da er sich nicht zu hause befunden habe; die gefahren der treppe hat er nicht beherrschen können; das weitere merkmal der äußeren einwirkung diene nur dazu, äußere vorgänge von krankhaften inneren vorgängen abzugrenzen; ursächlich sei allein die steile treppe gewesen; das unfallereignis könne nicht hinweg gedacht werden; ein schwächeanfall stehe darüber hinaus nicht fest; ein solcher hätte zudem bei einem alltäglichen ereignis nicht zu demselben erfolg geführt. 9der kläger beantragt, 10das beklagte land unter aufhebung des bescheides vom 29. september 2014 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 11. dezember 2014 zu verpflichten, das unfallereignis vom 15. august 2014 als dienstunfall anzuerkennen. 11das beklagte land beantragt, 12die klage abzuweisen. 13es führt zur begründung aus, dem sturz seien rein private tätigkeiten vorangegangen, die weder während eines kollegialen meinungsaustauschs noch während des programms stattgefunden hätten; auch ein mehrtägiger lehrerausflug führe nicht zu einem ununterbrochenen dienstunfallschutz. die verwaltungsvorschrift fordere unter ziffer 31.1.1 einen engen dienstlichen zusammenhang mit den dienstlichen aufgaben; sonstige zeiten des aufenthaltes am bestimmungsort gehörten nicht zum dienst. der dienstunfallschutz könne nicht höher sein, als im regelmäßigen dienst; nicht jeder moment des kollegialen beisammenseins könne zielgerichtet einem dienstgeschäft zugerechnet werden. ein 24 stunden andauernder dienstunfallschutz sei auch bei der zuweisung eines anderen dienstortes nicht mit dem gesetz vereinbar. eigenwirtschaftliche tätigkeiten seien wie freizeitveranstaltungen grundsätzlich nicht geschützt. die zugelassene treppe stelle kein besonderes wagnis oder eine besondere gefährdung dar. ausschlaggebend sei allein der schwächeanfall auf der treppe gewesen, mithin eine innere ursache. ursächlich sei so allein die körperliche verfassung des klägers, der schwindelanfall hätte bei jeder alltäglichen gelegenheit zum sturz geführt, da dieser stets ein erhebliches risiko berge. es habe letztlich keine verpflichtung für den kläger bestanden, an der zweitägigen veranstaltung bereits ab donnerstag teilzunehmen. 14wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakten und den beigezogenen verwaltungsvorgang der bezirksregierung e. bezug genommen. 15
16der einzelrichter ist für die entscheidung zuständig, nachdem ihm der rechtsstreit durch beschluss der kammer vom 31. märz 2015 gemäß § 6 abs. 1 satz 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) übertragen worden ist. 17die klage ist begründet. 18der kläger hat einen anspruch auf anerkennung des unfallereignisses als dienstunfall. insofern erweist sich der bescheid der bezirksregierung e. vom 29. september 2014 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 11. dezember 2014 als rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo). 19der anspruch folgt aus dem zur zeit des unfallereignisses bereits in kraft getretenen § 31 abs. 1 satz 1 beamtenversorgungsgesetz für das land nordrhein-westfalen (lbeamtvg nrw). 20gemäß § 31 abs. 1 satz 1 lbeamtvg nrw ist ein dienstunfall ein auf äußerer einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen körperschaden verursachendes ereignis, das in ausübung oder infolge des dienstes eingetreten ist. zum dienst gehören nach § 31 abs. 1 satz 2 lbeamtvg nrw auch dienstreisen, dienstgänge und dienstliche tätigkeit am bestimmungsort (nr. 1) sowie die teilnahme an dienstlichen veranstaltungen (nr. 2). 21das unfallereignis vom 15. august 2014 ist entgegen der ansicht des beklagten landes ein dienstunfall in diesem sinne. insbesondere fehlt es weder an einer äußeren einwirkung noch an der erforderlichen dienstbezogenheit. 22das merkmal der „äußeren einwirkung“ erfüllt den zweck, äußere vorgänge von krankhaften vorgängen im innern des menschlichen körpers abzugrenzen. die annahme einer äußeren einwirkung scheidet deshalb nur dann aus, wenn die einwirkung auf umständen beruht, für die eine in körperlicher oder seelischer hinsicht besondere veranlagung des betroffenen oder ein vorsätzliches verhalten des betroffenen die wesentliche ursache war. der begriff der „äußeren einwirkung“ setzt allerdings keine physikalische einwirkung auf den körper des betroffenen voraus. auch krankhafte vorgänge im körper, die ohne derartige einwirkungen durch einen äußeren umstand oder vorgang hervorgerufen werden, sind daher ein auf „äußerer einwirkung“ beruhendes ereignis, 23ovg nrw, beschluss vom 24. mai 2013 - 3 a 1462/11 - (nicht veröffentlicht), m.w.n. auf bverwg, urteile vom 24. oktober 1963 - ii c 10.62 -, in: bverwge 17, 59, vom 9. april 1970 – ii c 49.68 -, in: bverwge 35, 133, und vom 30. juni 1988 -2 c 3.88 -, in: bverwge 80, 4; ebenso ovg nrw, urteil vom 13. dezember 1989 - 6 a 744/87 -, in: juris (rn. 12). 24so kann etwa ein herzinfarkt, den ein beamter im rahmen der dienstlichen abnahme des sportabzeichens erleidet, trotz anlagebedingter oder erworbener vorschädigung (dort: coronararteriensklerose) die merkmale eines dienstunfalls erfüllen, 25ovg nrw, urteil vom 31. januar 1990 - 1 a 129/88 -. 26das vorliegen eines dienstunfalls scheitert so nicht am fehlen einer dafür erforderlichen „äußeren einwirkung" im hinblick auf das schadenstiftende ereignis, also einer bedingung, mit der solche vorgänge ausgeschlossen werden sollen, die ausschließlich im innern des menschlichen körpers ablaufen. die äußere einwirkung kann nämlich auch von dem verletzten beamten selbst ausgehen, nämlich dann, wenn sie nicht auf umständen beruht, für die eine in körperlicher oder seelischer hinsicht besondere veranlagung des verletzten oder dessen willentliches, das heißt vorsätzliches verhalten die wesentliche ursache gewesen ist, 27bay.vgh, beschluss vom 8. juli 2008 - 3 b 04.1164 -, in: juris (rn. 30). 28kann es so an einer äußeren einwirkung bei ereignissen fehlen, die auf der veranlagung oder auf inneren vorgängen in dem beamten selbst beruhen, 29bverwg, urteil vom 24.10.1963 - ii c 10.62 -, in: juris (os 1.2), 30setzt dies aber weiter voraus, dass eine solche besondere veranlagung jedenfalls feststellbar ist und das anlagebedingte leiden des weiteren mehr oder weniger zufällig gerade im dienst hervortritt. dafür spricht bei dem kläger nichts. insofern erfolgt die abgrenzung negativ: ist eine „innere“ einwirkung nicht erkennbar, liegt eine „äußere“ einwirkung vor, 31bauer, in: stegmüller/schmalhofer/bauer, beamtenversorgungsrecht des bundes und der länder - kommentar, rn. 19 zu § 32anlagebedingte leiden des klägers sind weder ersichtlich noch vom beklagten land behauptet worden. auch das kollabieren an deck deutet für sich genommen nicht auf ein solches leiden hin, zumal die ursachen hierfür - zu denken wäre etwa an den aufenthalt auf einem boot, ein schlafdefizit oder auch nur an ein allgemeines unwohlsein - vielfältig sein können. 33unabhängig davon ist zu berücksichtigen, dass es nicht deshalb an einer äußeren einwirkung fehlt, weil der sturz (wohl) erst in folge eines erneuten schwindelanfalls des klägers aufgetreten ist. insofern steht nämlich fest, dass erst der sturz auf der treppe eine äußere einwirkung mit sich brachte, die zu den im tatbestand erwähnten körperschäden führte. dass der sturz seinerseits aber auf weiteren ursachen beruhte ist dabei unbeachtlich. denn ist schon die unmittelbare schadensursache (hier: der sturz) eine äußere einwirkung, so ist damit dieses merkmal des § 31 abs. 1 satz 1 lbeamtvg nrw erfüllt, ohne dass es insoweit noch eines rückgriffs auf mittelbare ursachen bedarf, 34bverwg, urteil vom 30. juni 1988 - 2 c 3.88 -, in: juris (rn. 11). 35dem steht nicht entgegen, dass bei einer solchen betrachtungsweise das merkmal der äußeren einwirkung bei stürzen regelmäßig erfüllt ist, 36bverwg, urteil vom 30. juni 1988 - 2 c 3.88 -, in: juris (rn. 11), zu verkehrsunfällen; einschränkend für stürze, die durch einen organisch bedingten schlaganfall ausgelöst werden, bzw. schwächeanfälle oder eine ohnmacht, die ein beamter ohne irgendwelche von außen kommendes geschehen erleidet, brockhaus, in: schütz/maiwald, beamtenversorgungsgesetz - kommentar, § 31 beamtvg (rn. 20). 37der unfall erfolgte auch in ausübung des dienstes, zu dem nach § 31 abs. 2 satz 2 nr. 2 lbeamtvg nrw auch die teilnahme an dienstlichen veranstaltungen zählt, ohne dass der gesetzgeber dadurch den gesetzlichen dienstunfallbegriff erweitert hat, 38bverwg, urteil vom 29. august 2013 - 2 c 1.12 -, unter: bverwg.de (rn. 16). 39entscheidender rechtlicher ausgangspunkt für die abgrenzung, ob ein unfall in ausübung oder infolge des dienstes eingetreten ist oder nicht, ist nach der ständigen rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, 40bverwg, urteil vom 3. november 1976 - vi c 203.73 -, in: juris (rn. 24), 41der sinn und zweck der beamtenrechtlichen unfallfürsorgeregelung. dieser liegt in einem über die allgemeine fürsorge hinausgehenden besonderen schutz des beamten bei unfällen, die außerhalb seiner privaten (eigenwirtschaftlichen) sphäre im bereich der in der dienstlichen sphäre liegenden risiken eintreten, also in dem gefahrenbereich, in dem der beamte entscheidend aufgrund der anforderungen des dienstes tätig wird oder mit anderen worten, die sich während der pflichtgemäßen erledigung der ihm obliegenden dienstlichen aufgaben ereignen. 42das ist etwa der fall, wenn der beamte den unfall bei einer tätigkeit erleidet, die im engen natürlichen zusammenhang mit seinen eigentlichen dienstaufgaben oder sonstigen dienstlich notwendigen verrichtungen steht, bei der der beamte also gewissermaßen „im banne“ des dienstes steht, 43bverwg, urteil vom 3. november 1976 - vi c 203.73 -, in: juris (rn. 24). 44mit der unfallfürsorge übernimmt der dienstherr nämlich nur die spezifischen gefahren der beamtentätigkeit oder die nach der lebenserfahrung auf sie zurückgehenden, mithin die für den schaden wesentlichen risiken; er soll nur mit den auf sie zurückzuführenden konsequenzen belastet werden. dem beamten verbleiben dagegen diejenigen risiken, die sich aus persönlichen, von der norm abweichenden anlagen, aus anderen als dienstlich gesetzten gründen oder aus vorsätzlichen handlungen ergeben, 45bay.vgh, beschluss vom 8. juli 2008 - 3 b 04.1164 -, in: juris (rn. 33, 34). 46bei der beurteilung, welche verrichtungen typischerweise zu den dienstaufgaben des beamten gehören, ist, von den dem dienstherrn und der jeweiligen beschäftigungsbehörde obliegenden aufgaben ausgehend, auf die in diesem rahmen dem beamten in seinem amt übertragenen obliegenheiten und das sich daraus ergebende berufsbild abzustellen. die in dem übertragenen aufgabengebiet wahrzunehmenden obliegenheiten können sich aus gesetz, verordnung, generellen oder speziellen dienstlichen weisungen, aber auch, soweit solche regelungen nicht unmittelbar platz greifen, ganz allgemein aus der natur und den notwendigkeiten des übertragenen aufgabenbereichs ergeben. in dem in den einzelheiten nicht ausdrücklich festgelegten bereich hat der beamte je nach seinem amt und dem inhalt und der art der damit verbundenen aufgaben einen mehr oder weniger großen raum freier gestaltungsmöglichkeit. dieser freiraum wird aber - ähnlich wie die behördliche gestaltungsfreiheit - jeweils durch die erfordernisse der erledigung der ihm als beamten übertragenen obliegenheiten begrenzt. die jeweiligen verrichtungen des beamten müssen ihre wesentliche ursache in diesen erfordernissen haben und in ihrer ganzen eigenart durch sie geprägt sein. diese kriterien sind nicht nur für die beurteilung maßgebend, ob verrichtungen außerhalb der dienstzeit und des dienstortes überhaupt der dienstausübung und damit dem unfallgeschützten bereich zugeordnet werden können, sondern auch für die entscheidung, ob dies in bezug auf die jeweilige konkrete verrichtung geschehen kann. dabei kann dem ausdrücklichen oder stillschweigenden einverständnis des dienstvorgesetzten - jedenfalls soweit dieses nicht für den beamten erkennbar außerhalb der behördlichen gestaltungsfreiheit liegt - erhebliches gewicht zukommen. aus den dargelegten abgrenzungskriterien folgt aber auch, dass der beamte im rahmen freier gestaltung seiner dienstausübung dem dienstherrn und damit der allgemeinheit kein übermäßiges dienstunfallrechtliches risiko aufbürden kann. gehen die mit der tätigkeit des beamten verbundenen risiken erkennbar über das seinen dienstaufgaben nach gebotene maß an gefährdung hinaus, so kann er dieses risiko nicht seinem dienstherrn aufbürden, insoweit erfüllt er keine dienstlichen aufgaben und seine tätigkeit ist insoweit nicht durch den dienst und dessen anforderungen geprägt. gestaltungsfreiheit wird insoweit durch eigenverantwortung ergänzt und begrenzt, 47bverwg, urteil vom 3. november 1976 - vi c 203.73 -, in: juris (rn. 27). 48dabei sind veranstaltungen im sinne des § 31 abs. 1 satz 2 nr. 2 lbeamtvg nrw kollektive - für alle beamten des dienstherrn oder einer behörde oder für einen bestimmten kreis von bediensteten - geschaffene maßnahmen oder einrichtungen. die veranstaltung muss formell und materiell dienstbezogen sein. um ihre entscheidende prägung durch die dienstliche sphäre zu erhalten, muss eine veranstaltung im zusammenhang mit dem dienst stehen, dienstlichen interessen dienen und, sei es unmittelbar oder mittelbar, von der autorität eines dienstvorgesetzten getragen und damit in den weisungsgebundenen dienstbereich einbezogen sein, 49bverwg, urteil vom 29. august 2013 - 2 c 1.12 -, unter: bverwg.de (rn. 17). 50die kriterien für eine dienstliche veranstaltung sind - einschließlich des gangs an das oberdeck zur erledigung der morgentoilette einschließlich des „frische-luft-tankens“ - erfüllt. 51die schulleiterin ordnete die teilnahme an einem zweitägigen lehrerausflug als dienstliche veranstaltung an. diese diente dem austausch der kollegen untereinander, aber auch dem austausch mit der schulleitung, dessen erweitertem kreis der kläger (neu) zugehörig ist. dabei wurde für das einleitende gespräch am donnerstagabend sowie für die übernachtung auf den freitag das botel in n. ausgewählt. damit bestimmte die schulleiterin - im dienstlichen interesse - den ort der dienstlichen veranstaltung sowie die zeit, die am ort der dienstlichen veranstaltung zu verbringen ist. 52entsprechend stand die morgentoilette einschließlich des gangs an das oberdeck in einem engen natürlichen zusammenhang mit den vom kläger wahrzunehmenden aufgaben während des zweitägigen aufenthaltes. er befand sich jedenfalls „im banne des dienstes“, solange und soweit er sich aufgrund der ausgesprochenen dienstlichen verpflichtung auf dem botel aufgehalten oder an dem programm des lehrerausflugs teilgenommen hat. insofern stellt hier ausnahmsweise, die morgentoilette eines beamten während einer mehrtägigen dienstlichen veranstaltung an einem bestimmten, zugewiesenen dienstort keine private oder eigenwirtschaftliche tätigkeit dar, die mit der dienstlichen veranstaltung schlechthin nicht im zusammenhang steht, wie das beklagte land meint. es ist bei einer zweitägigen dienstlichen veranstaltung - vergleichbar mit einem schullandheimaufenthalt oder dem aufsuchen der toilette - festzuhalten, dass eine dienstleistung auf längere dauer ohne morgentoilette nicht möglich ist, und diese deshalb ebenfalls zu den unfallgeschützten tätigkeiten des beamten gehört, 53bverwg, beschluss vom 26. februar 2008 - 2 b 135/07 -, unter: bverwg.de (rn. 8, 10). 54diese auslegung steht nicht - wie das beklagte land meint - der intention des gesetzes entgegen. es ist nicht zu befürchten, dass auf dienstreisen oder bei einer mehrtägigen dienstlichen veranstaltung ein 24 stunden andauernder dienst bzw. dienstlicher bezug und damit ein entsprechend umfassender dienstunfallschutzes eingeführt werde. 55das gegenteil ist der fall. es entspricht gerade der im gesetz angelegten verteilung von risikosphären, in bestimmten fällen auch private oder eigenwirtschaftliche tätigkeit des beamten unter den schutz der dienstunfallfürsorge zu stellen, ohne dass damit zugleich zum ausdruck gebracht wird, jede tätigkeit des beamten auf einer mehrtägigen dienstlichen veranstaltung oder dienstreise sei „dienst“ im sinne des gesetzes. 56es ist vielmehr zu berücksichtigen, dass der kläger auf veranlassung der schulleitung dienst außerhalb seines eigentlichen dienstortes zu verrichten hatte. entsprechend genießt der beamte hierbei (weitergehenden) dienstunfallschutz, wenn die konkrete tätigkeit, bei der sich der unfall ereignet hat, im engen natürlichen zusammenhang mit seinen dienstlichen aufgaben oder dienstlich notwendigen verrichtungen besteht. der unfall muss aber seine wesentliche ursache in den erfordernissen des dienstes haben und dadurch nach seiner eigenart geprägt sein, 57bverwg, beschluss vom 26. februar 2008 - 2 b 135/07 -, unter: bverwg.de (rn. 8). 58dieser zusammenhang ist anzunehmen, wenn der beamte - wie hier - in einem vom dienstherrn bestimmten gebäude (botel) zu übernachten hat. das gebäude ist dann dem normzweck des § 31 abs. 1 lbeamtvg nrw entsprechend der räumlichen risikosphäre des dienstherrn zuzurechnen. dies bedeutet, dass der dienstherr jedenfalls das spezifische örtliche risiko für solche verrichtungen trägt, die wie die körperpflege eigentlich der privaten lebenssphäre zuzurechnen sind, die der beamte aber aufgrund der dienstlichen zuweisung in dem gebäude vornehmen muss. der beamte genießt hier dienstunfallschutz, wenn der unfall seine wesentliche mitursache in der baulichen beschaffenheit oder ausstattung des gebäudes hatte und er nicht bei einer verhaltensweise eingetreten ist, die mit der dienstausübung schlechthin nicht mehr in zusammenhang gebracht werden kann, 59bverwg, beschluss vom 26. februar 2008 - 2 b 135/07 -, unter: bverwg.de (rn. 10). 60fallen so typische tätigkeiten einer zweitägigen veranstaltung am ort der dienstlichen veranstaltung unter den schutz der dienstunfallfürsorge, ist zudem klar, dass ein dienstunfallschutz gleichwohl nicht 24 stunden besteht. ausgeschlossen sind selbstverständlich alle verrichtungen, die lediglich im privaten interesse des beamten liegen, seien diese etwa wie ein beabsichtigtes joggen oder ein stadtbummel in der „freizeit“ aus dem eignen antrieb des beamten heraus bedingt, oder solche, die über die erlaubte oder beabsichtigte dienstliche tätigkeit hinausgehen, 61vgl. zu diesem aspekt etwa ovg nrw, urteil vom 11. april 2007 - 21 a 3006/05 -unter: nrwe.de, zum so genannten „bayern-abitur“. 62hinzu kommt folgender aspekt: auch wenn bei einer (bloßen) dienstreise der nächtliche aufenthalt in einem hotel oder einer anderen unterkunft grundsätzlich vorwiegend eigenwirtschaftlichen interessen dient, reicht hier der unfallschutz auch deshalb weiter als im häuslichen bereich, als die unkenntnis der örtlichen verhältnisse oder sonstige besondere gefahrenmomente im bereich der übernachtungsstätte zum unfall wesentlich beigetragen haben. die treppe ist ausweislich der im verwaltungsvorgang enthaltenen lichtbilder besonders steil und weist sehr enge stufen auf. sie birgt - auch wenn sie nach den örtlichen vorschriften auf einem schiff mit eingerichteter übernachtungsmöglichkeit zulässig ist - besondere risiken, die in ihrer bauart behaftet sind und damit der beschriebenen dienstlichen risikosphäre zuzurechnen ist. 63der annahme einer dienstlichen veranstaltung steht letztlich nicht entgegen, dass es dem einzelnen mitglied des lehrkörpers trotz der anordnung, dass der lehrerausflug 2014 eine zweitätige veranstaltung sei, freistand, an dem lehrerausflug auch erst ab freitag und damit eintägig teilzunehmen. insofern bedarf es keines weiteren eingehens darauf, ob die anwesenheit des klägers als mitglied der erweiterten schulleitung bereits zu dem am donnerstang für 18.00 uhr angesetzten programmpunkt (gespräch mit der schulleitung) erforderlich war oder bestimmte gründe (familiärer art) vorliegen mussten, um die teilnahme auf eine tag begrenzen zu können. insofern ist in der rechtsprechung geklärt, dass der annahme einer dienstlichen veranstaltung nicht entgegen steht, dass der dienstherr seinen bediensteten die teilnahme an der veranstaltung freigestellt hatte, 64bverwg, urteil vom 29. august 2013 - 2 c 1.12 -, unter: bverwg.de (rn. 19). 65der begriff der dienstlichen veranstaltung setzt, wie gerade hier bei einem betriebsausflug, nicht voraus, dass der dienstvorgesetzte die teilnahme aller beamten seiner dienststelle angeordnet hat oder ihre teilnahme erwartet - was hier im übrigen ausweislich der protokolle der lehrerkonferenz vorlag. 66die berufung war entgegen der anregung der beteiligten in der mündlichen verhandlung nicht zuzulassen. gründe im sinne des § 124a abs. 1 satz 1 vwgo, nach denen das verwaltungsgericht die berufung im urteil zulassen kann, liegen nicht vor. die rechtsache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen schwierigkeiten auf (§ 124 abs. 2 nr. 2 vwgo). der rechtssache kommt über den einzelfall hinaus auch keine grundsätzliche bedeutung etwa für die frage zu, wann sich ein beamter während einer dienstreise „im dienst“ befindet bzw. konkreter, ob sich ein beamteter lehrer während einer angeordneten dienstreise stets „im dienst“ befindet. diese frage ist entsprechend den obigen ausführungen und in einklang mit der ergangenen ober- und höchstrichterlichen rechtsprechung zu verneinen. 67die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 68die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 1 satz 1 und abs. 2 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 satz 1 zivilprozessordnung.
Klaeger*in
1
165,307
S 18 U 113/10
2015-05-22T00:00:00
Urteil
Tenor Unter Aufhebung des Bescheides vom 20.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2012 wird festgestellt, dass die bei dem Kläger vorliegende Kniegelenksarthrose rechts Folge einer Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV ist, und die Beklagte verurteilt, dem Kläger wegen der BK-Folgen ab dem 31.01.2013 eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. zu leisten. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. 1Tatbestand: 2Der Kläger begehrt die Anerkennung und Entschädigung seiner Kniegelenksarthrose rechts als Folge einer Berufskrankheit (BK) nach Nummer 2112 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) i.V.m. dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII). 3Der am 17.03.1948 geborene Kläger war von 1962 bis 2003 überwiegend in seinem Lehrberuf als Gas- und Wasserinstallateur bzw. Bauklempner mehr als 20.000 Stunden kniebelastend tätig. Auf die Ausführungen in den Stellungnahmen der Abteilung Prävention der Beklagten vom 19.02.2008 sowie vom 31.05.2012 wird Bezug genommen. 4Am 05.10.1981 erlitt der Kläger einen von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfall, bei dem er sich eine Radiusköpfchenfraktur links mit Anbruch am Kronenfortsatz der Elle sowie eine distale Radiusmeißelfraktur zuzog, die eine dauerhaft bestehende Minderbelastbarkeit und –beweglichkeit der linken Hand und des Unterarms verursachte. 5Am 02.12.2008 schlossen die Beteiligten im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Dortmund aufgrund eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens von dem Chirurgen XXX Chefarzt i.R. der Chirurgischen Abteilung XXX, vom 09.07.2007 einen Vergleich über die Anerkennung einer BK nach Nummer 2105 der Anlage 1 zur BKV (S 36 U 326/06) aufgrund einer Schleimbeutelerkrankung an den Knien mit einer rechtsseitigen Entfernung des Schleimbeutels. Wegen einer etwaigen Wiedererkrankung am rechten Knie ist ein weiteres Klageverfahren bei dem Sozialgericht Dortmund anhängig (S 18 U 984/10), in welchem der Kläger durch den Chirurgen und Orthopäden XXX, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie des XXX, am 28.09.2011 untersuchen und begutachten. Dieser beurteilte, dass es zu einer Wiedererkrankung im Rahmen der BK gekommen sei. 6Als Ausfluss des Verfahrens in Bezug auf die Anerkennung der Schleimbeutelerkrankung als Berufskrankheit ermittelte die Beklagte in Bezug auf die hier streitige Berufskrankheit. Ursprünglich ging die Beklagte allerdings von nichterfüllten arbeitstechnischen Voraussetzungen aus, so dass sie den Anspruch mit Bescheid vom 20.10.2009 ablehnte. 7Dagegen legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, dass weitere Tätigkeitsanteile, wie Klempnerei-, Blech- und Falzarbeiten auf dem Dach zusätzlich zu berücksichtigen seien. Ohne weitere Ermittlungen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2010 den Widerspruch weiterhin mangels erfüllter arbeitstechnischer Voraussetzungen zurück. 8Hiergegen hat der Kläger am 18.02.2010 Klage erhoben. 9Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, dass die Voraussetzungen der begehrten BK nach Nr. 2112 bei ihm einseitig vorliegen, da er tätigkeits- und kräftebedingt überwiegend in einer Fechterstellung gekniet habe, und er aufgrund der bildgebenden Befunde ab 2009 einen Anspruch auf die Leistung einer Verletztenrente hat. 10Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Bescheides vom 20.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2010 festzustellen, dass die bei ihm vorliegenden Kniegelenksarthrose rechts die Folge einer BK nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV ist, und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der BK-Folgen ab dem 02.12.2008 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H. zu leisten. 11Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. 12Die Beklagte bezweifelt unter Bezugnahme auf die Begründungen der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen sowie die Darstellung der von ihr beteiligten Mediziner im Wesentlichen eine hinreichende Exposition und die Verursachungswahrscheinlichkeit wegen der Einseitigkeit der Gonarthrose. 13Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Durchführung eines Erörterungstermins, in dem der Kläger zu seinen beruflichen Belastungen gehört wurde und der Beklagten aufgegeben wurde, weitere Ermittlungen zu den beruflichen Belastungen anzustellen. Nachdem die Beklagte die Stellungnahme der Abteilung Prävention vom 31.05.2012 vorgelegt hat, nach der die arbeitstechnischen Voraussetzungen vorliegen, hat das Gericht weiter Beweis erhoben durch die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens sowie ergänzenden Stellungnahmen von Amts wegen von dem Orthopäden XXX; niedergelassen in Stadthagen. 14XXX hat ausgeführt, dass der röntgenologische Vergleich mit der Altersgruppe, das Krankheitsbild und das Verteilungsmuster für eine berufsbedingte Kniegelenksschädigung sprächen. Die Einseitigkeit der Veränderung lasse sich mit der vom Kläger angegebenen überwiegend rechtsseitig eingenommenen Fechterstellung begründen. Die körperlichen Veränderungen begründeten auch eine MdE i.H.v. 20 v.H. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachs- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie die beigezogenen Akten in Bezug auf die BK nach Nummer 2105 der Beklagten und des Gerichts (S 36 U 326/06 und S 18 U 984/10) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind. 16Entscheidungsgründe: 17Die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Feststellungs- sowie (unechte) Leistungsklage ist im tenorierten Umfang begründet. 18Der Kläger ist im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG (SGG) beschwert, denn der angefochtene Bescheid vom 20.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die bei dem Kläger vorliegende rechtsseitige Kniegelenksarthrose ist Folge einer BK nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV. Der Kläger hat daraus einen Anspruch auf Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. ab dem 31.01.2013. 19BKen sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet hat und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII genannten Tätigkeiten erleidet (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). 20Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Art, Dauer und Stärke der tätigkeitsbezogenen schädigenden Einwirkung und das Vorliegen der (Listen-)Erkrankung voll beweisen sein – also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit. Für die Kausalität zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung reicht die Wahrscheinlichkeit (Bereiter-Hahn/Mehrtens in "Gesetzliche Unfallversicherung", § 9 Rdnr. 3.2). Für eine wahrscheinliche Kausalität sind in der Regel eine hinreichende Exposition sowie ein kongruenter Krankheitsverlauf bei zurücktretenden außerberuflichen Einflussfaktoren nachzuweisen. 21Für das Vorliegen der BK nach Nummer 2112 muss bei dem Versicherten eine Gonarthrose infolge seiner versicherten Tätigkeit im Knien oder vergleichbaren Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht vorliegen. 22Von der Erfüllung der Voraussetzungen für die begehrte BK geht das Gericht beim Kläger aus. 23Der Kläger hat mehr als 13.000 Stunden kniebelastende Tätigkeiten mit einer Mindesteinwirkungsdauer von einer Stunde pro Schicht im Rahmen seines Berufslebens geleistet. Das Gericht folgt damit den Ausführungen der Abteilung Prävention in der Stellungnahme vom 31.05.2012 der Beklagten, die sich umfassend und nachvollziehbar mit der Erwerbsbiographie sowie den Arbeitsbedingungen des Klägers unter Berücksichtigung der aktuellen Erkenntnisse (z.B. in GonKatast) auseinander gesetzt hat. Den Ausführungen des Beratungsarztes der Beklagten, Dr. Schröter, ist die Kammer ausdrücklich nicht gefolgt. Es ist von diesem nicht hinreichend begründet, warum den letzten Ausführungen der Abteilung Prävention nicht zu folgen ist. Der Beratungsarzt stellt darauf ab, dass die früheren – für den Kläger negativen – Stellungnahmen überzeugender seien, weil diese nicht im Wesentlichen auf den Angaben des Klägers und seiner Arbeitskollegen beruhten, sondern auf den "tatsächlichen" Ermittlungen der Beklagten. Es ist für die Kammer aber nicht zu erkennen, dass in der Stellungnahme der Abteilung Prävention unreflektiert nur den Angaben des Klägers gefolgt wurde oder sachfremde Erwägungen eine Rolle spielten. Die Beklagte ist vielmehr nach den Anweisungen des Gerichts der konkreten Ermittlung der Belastungen des Klägers nachgekommen und hat nicht überwiegend auf allgemeine Werte abgestellt. Es ist anerkannt, dass die Träger der Gesetzlichen Unfallversicherung die konkrete Belastung des Betroffenen nach einer eingehenden Befragung der Versicherten besser einschätzen können. Warum diese Vorgehensweise im vorliegenden Fall keine Anwendung finden soll, ist nicht nachvollziehbar. 24Die Kammer kommt allerdings zu der Auffassung, dass die hinreichende Belastung der zu prüfenden BK (13.000 Stunden bei einer Belastung von mindestens einer Stunde pro Arbeitsschicht) nur im rechten Kniegelenk vorliegt. Nach Anhörung des Klägers hält es die Kammer für sehr nachvollziehbar, dass ein Knien im erforderlichen Umfang nur auf der rechten Seite erfolgt ist, da der Kläger überwiegend in einer sog. Fechterstellung mit Knien auf dem händigen, rechten Knie und Beugestellung im linken Knie bearbeitet hat. Bei der Einschätzung der regelmäßigen Körperhaltung bei der beruflichen Tätigkeit lässt sich die Kammer auch von eigenen Erkenntnissen leiten, die die Mitglieder bei selbst vorgenommenen handwerklichen Arbeiten gewonnen haben. Aber auch aus der Beobachtung von handwerklich tätigen Personen schöpft die Kammer ihre Erkenntnisse. Es ist überzeugend, dass jeder handwerklich Tätige eine bestimmte Haltung überwiegend einnimmt. Zum einen sind hierbei Automatismen von Bedeutung, die ständig wiederkehrende und unbeachtliche Handlungen des täglichen Lebens wesentlich bestimmen. Diese Handlungen werden ohne besondere Vorüberlegung und Planung in überwiegend gleicher Form vorgenommen – so auch das Hinknien. Zum anderen sind die tätigkeitsbedingten Notwendigkeiten zu beachten. So sind regelmäßig die Händigkeit und die auszuführende Tätigkeit zu beachten – immerhin kommt es für die Verrichtung der Arbeit auf die notwendigen physikalischen Kräfte an. Schon aufgrund der vom Kläger zu verrichtenden Tätigkeiten ist ein Knien auf dem rechten Knie nachvollziehbar. Der Kläger ist Rechtshänder und kann daher mit der rechten Hand mehr Kraft aufbringen. Beachtlich ist im konkreten Fall des Klägers aber auch, dass er anerkannte Schäden eines Arbeitsunfalls hat, die zu einer Minderbelastbarkeit der linken Hand bzw. des linken Arms geführt haben. Wissenschaftliche Erkenntnisse stehen der Auffassung der Kammer nicht entgegen. Insbesondere dem Forschungswerk GonKatast ist keine differenzierte Betrachtung der Kniebelastungen nach Ein- und Beidseitigkeit zu entnehmen. Die Einwendungen des Beratungsarztes der Beklagten gegen die einseitige Belastung überzeugen die Kammer nicht. Dieser ist der Auffassung, dass einseitige Kniebelastungen von den Betroffenen nicht toleriert würden. Es ist nicht ansatzweise erkennbar, woraus der Mediziner seine Erkenntnisse zieht. Immerhin ist zu berücksichtigen, dass für eine dieser BKV entsprechenden beruflichen Belastung kein dauerhaftes Knien am Stück erforderlich ist. Die Zeiten der kniebelastenden Tätigkeiten in einer Arbeitsschicht müssen sich nur auf eine Stunde aufaddieren. Es ist nicht erkennbar, warum eine überwiegend einseitige Belastung mit Unterbrechungen nicht toleriert werden sollte. Letztlich sprechen auch die Befunde aus 2007 in dem Sachverständigengutachten von Prof. Dr. XXX zur BK 2105 in Form von vor beiden Kniegelenken bestehender derber, quergefälteter, vernarbter Haut, die etwas schuppt, einer im wesentlichen einseitigen Belastung nicht entgegen. Zum einen lässt sich dieser Befund aufgrund seiner Einmaligkeit nicht zwingend verallgemeinern. Zum anderen hat der Kläger ein Knien auf beiden Knien (wechselseitig oder gleichzeitig) nicht ausgeschlossen. Es ist vielmehr so, dass der Kläger eine weit überwiegende Belastung rechts angab. Dies lässt sich mit dem angegeben Befund vereinbaren. Ein seitengleicher identischer Beschwielungsbefund ist bei einer unterschiedlichen Belastung nicht zwingend erforderlich. Immerhin ist nur bei einer grundsätzlichen Belastung auch eine grundsätzliche Beschwielung zu erwarten. Diese liegt vor. Zudem ist der Befund von dem damals Untersuchenden nicht ausdrücklich als seitengleich beschreiben worden. In dem Gutachten von Prof. Dr. XXX aus dem Jahr 2011 werden die Beschwielungen an den Knien dann auch nicht als seitengleich beschrieben. Prof. Dr. XXX führt ausdrücklich auf, dass die derberen Hautareale auf der linken Seite nicht so ausgeprägt sind, wie auf der rechten Seite. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Befunde zu einem Zeitpunkt erhoben wurden, als die konkreten Belastungen schon lange geendet hatten – und dies für beide Seiten (Belastungsende 2003 und Befund aus 2007 bzw. 2011). 25Es liegt bei dem Kläger auch die für die BK erforderliche Erkrankung in Form einer Gonarthrose dritten Grades nach Kellgren vor. 26Diese ist auch rechtlich wesentlich auf die berufliche Belastung zurückzuführen. 27Die Kammer schließt sich insoweit nach eigener Prüfung den überzeugenden Ausführungen des erfahrenen gerichtlichen Sachverständigen nach § 106 SGG, Dr.XXX, an. Die Darstellungen des gerichtlichen Gutachters lassen Unrichtigkeiten oder Fehlschlüsse nicht erkennen. Sie sind erkennbar auf der Grundlage der heutigen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft erstattet worden und haben sich mit den erhobenen Befunden, den aktenkundigen Befunden und dem Vorbringen der Beteiligten differenziert auseinander gesetzt. 28Für einen kausalen Zusammenhang sprechen dem gerichtlichen Sachverständigen folgend der Vergleich mit der Altersgruppe (dazu unter 1.), der belastungskonforme Verlauf (dazu unter 2.) und das Verteilungsmuster der bildtechnischen Veränderungen (dazu unter 3.). 291. Es liegt nach der Einschätzung von Dr. XXX ein zweifelsfrei altersvorauseilender Befund im rechten Kniegelenk in Form einer drittgradigen Umformung des Gelenks nach Kellgren vor. Der Befund ergibt sich aus den bildgebenden Befunden und dem Arthroskopiebericht. Dieser Befund ist auch altersvorauseilend, da eine mindestens zweitgradige röntgenologische Umformung in der Einteilung nach Kellgren vor dem 60. Lebensjahr gesichert wird. 302. Der (krankhafte) Befund entstand auch erst nach der erforderlichen beruflichen Exposition. Die Gonarthrose konnte erst am 06.01.2004 gesichert werden. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger die kniebelastenden Tätigkeiten nach Erreichen des Grenzwertes aber bereits aufgegeben. Der Annahme dieses Beurteilungskriteriums steht – anders als von Beratungsarzt der Beklagten PD Dr. XXX beurteilt – nicht entgegen, dass der Kläger in 2004 bereits über 20.000 Stunden kniebelastende Tätigkeiten im Sinne der BK 2112 verrichtet hatte. Es entspricht keiner Kommentierung, dass eine BK bereits mit Überschreiten des erforderlichen Expositionsgrenzwertes entstehen muss, um anerkannt werden zu können. Eine solche Sichtweise besteht weder bei der BK 2112 noch bei älteren Berufskrankheiten mit einem erforderlichen Belastungsgrenzwert. Bei der BK 2108 der Anlage 1 zu BKV (Bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich sein können), bei der nach dem von der Rechtsprechung anerkannten Mainz-Dortmunder-Dosismodell ein Orientierungswert besteht, existiert kein anerkannter Erfahrungswert, nach dem bei einer weitergehenden Überschreitung des Orientierungswertes die BK nicht mehr anerkannt werden kann. 313. Auch das Verteilungsmuster spricht nicht gegen, sondern eher für eine berufsbedingte Verursachung der Veränderungen im rechten Kniegelenk. Nach den aktuellen wissenschaftlichen Untersuchungen kann kein konkretes berufstypisches Verteilungsmuster im Sinne eines BK-typischen Schadensbildes beschrieben werden. Auch die jüngst von der Gesetzlichen Unfallversicherung herausgegebenen Begutachtungsempfehlungen für die BK 2112 (zitiert nach: http://www.dguv.de/medien/inhalt/versicherung/bk/empfehlungen/Begutachtung-BK2112-Stand-20140613.pdf) ist kein entsprechendes Verteilungsmuster zu entnehmen. Nach den Ausführungen von Dr. XXX kann den bisherigen Untersuchungen nur entnommen werden, dass bei einer beruflich verursachten Erkrankung einer Beteiligung aller Kniegelenkscompartimente zu fordern sei, so dass im Umkehrschluss eine lediglich ein Compartiment betreffende Arthrose keine BK-typische Verteilung darstelle. Bei dem Kläger liegt eine BK-typische Verteilung der Arthrose im rechten Kniegelenk in Form einer altersuntypischen Umformung sowohl der Kniescheibenrückfläche als auch des inneren Anteils des Kniegelenks vor. 32Der BK-typischen Körperveränderung steht die Einseitigkeit der arthrotischen Veränderung in den Knien nicht entgegen. Die Einseitigkeit spricht im vorliegenden Fall sogar für einen hinreichenden kausalen Zusammenhang. 33Nach der Begutachtungsempfehlung (a.a.O.) ist lediglich bei einer symmetrischen Belastung auch eine symmetrische Verteilung der Umbauschäden zu erwarten. Bei dem Kläger liegt aber keine symmetrische Belastung vor. Nach den obigen Ausführungen liegt bei dem Kläger eine stärkere Belastung auf der rechten Seite vor, da der Kläger oft in der sog. Fechterstellung gearbeitet hat. Bei einer solchen Belastung spricht die Einseitigkeit der krankhaften Veränderung nach Dr. XXX nicht gegen die Annahme einer Verursachungswahrscheinlichkeit. Dem schließt sich die Kammer nach eigener Überprüfung an. 34Einer Anerkennung steht nach Auffassung der Kammer die Einseitigkeit auch deshalb nicht entgegen, weil bei der BK 2112 eine Mindestgesamtbelastung von 13.000 Stunden bei einer Schichtbelastung von mindestens einer Stunde erreicht werden muss, um Veränderungen als berufsbedingt anerkennen zu können. Damit ist es bei der oben dargestellten (einseitigen) Belastung nachvollziehbar oder sogar zwingend, dass das linke Knie keine arthrotischen Veränderungen aufweist: Wenn links zwar Belastungen vorliegen, diese aber die Mindestbelastungen nicht erreichen, dann darf auf dieser Seite keine Umformung vorliegen, auch wenn rechts eine Umformung bei hinreichender Exposition besteht. 35Letztlich hat die Kammer als Hilfserwägung berücksichtigt, dass bei dem Kläger auch die Schleimbeutelerkrankung beachtlich ist. Diese Erkrankung ist zwar beidseitig anerkannt, hat aber nur rechtsseitig zu einer Entfernung des Schleimbeutels geführt. Damit entfiel die Pufferfunktion des Schleimbeutels in diesem Gelenk, was die Entstehung der BK 2112 kombinatorisch begünstigt hat, ohne den Schaden zu einer mittelbaren Folge der anerkannten BK 2105 zu machen. 36Es liegen auch keine konkurrierenden Ursachen vor, die begründen könnten, dass in der beruflichen Belastung nicht eine zumindest wesentliche Mitursache gesehen werden kann. Die bei dem Kläger bestehende O-Bein-Stellung stellt keine bedeutsame Ursache im Rahmen dieser BK dar. Der Wissenschaftlichen Begründung der BK (in Mehrtens/Brandenburger "Die Berufskrankheitenverordnung (BKV)", Stand Februar 2015, M 2112, Rdnr. 4) ist mit Hinweis auf die aktuelleren Begutachtungsempfehlungen zur BK 2112 (a.a.O.) nicht zu folgen. Nach den Begutachtungsempfehlungen ist wissenschaftlich nicht zu belegen, dass die O-Bein-Stellung das Entstehen einer Gonarthrose – insbesondere mit einem spezifischen Verteilungsmuster – wesentlich begünstigt. Aber auch das Übergewicht des Klägers steht der Anerkennung nicht entgegen. Zum einen ist – worauf Dr. XXX schon zutreffend hinweist – ein dauerhaftes Übergewicht während langer Zeiten der beruflichen Belastung nicht belegt. Und zum anderen ist nach den Begutachtungsempfehlungen ein Übergewicht zwar geeignet, das Entstehen einer Kniegelenksarthrose zu beeinflussen, allerdings ist bei Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen und des geeigneten Krankheitsbildes auch bei adipösen Personen die BK anzuerkennen. Außerdem wäre bei einem (allein) wesentlich ursächlichen Übergewicht eine seitengleiche Schädigung an den Knien zu erwarten gewesen, die beim Kläger aber nicht besteht. 37Andere Erkrankungen, wie z.B. ein Gichtleiden, die das Leiden wesentlich verursacht haben könnten, sind nicht hinreichend beweisen. 38Der Kläger hat auch ab dem 31.01.2013 einen Anspruch auf eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. 39Gemäß § 56 SGB VII wird eine Verletztenrente gewährt, wenn der Verletzte in Folge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus wenigstens 20 v. H. in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert ist. Gemäß § 56 Abs. 3 SGB VII wird bei Verlust der Erwerbsfähigkeit eine Vollrente, ansonsten eine Rente nach dem Vomhundertsatz gewährt, der dem Grad der MdE entspricht. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus den Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). 40Das Ausmaß der wegen der Folgen des Versicherungsfalls bestehenden verminderten Zugangsmöglichkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (MdE) bestimmt sich nach abstrakten Gesichtspunkten (Bereiter-Hahn/Mehrtens "Gesetzliche Unfallversicherung", Stand August 2011, § 56 Rdnr. 10.1). Die Beurteilung der Funktionseinschränkung und die Bemessung der MdE erfolgen dabei unter Berücksichtigung der medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkte (Bereiter-Hahn/Mehrtens a.a.O. Rdnr. 10.2). Um die MdE einzuschätzen, sind die Erfahrungssätze zu beachten, die die Rechtsprechung und das versicherungsrechtliche sowie versicherungsmedizinische Schrifttum herausgearbeitet haben. Diese Erfahrungssätze binden das Gericht nicht. Sie bilden aber eine Basis für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis (Bundessozialgericht, Urteile vom 26. Juni 1985, AZ: 2 RU 60/84, SozR 2200 § 581 Nr. 23, vom 26. November 1987, AZ: 2 RU 22/87, SozR 2200 § 581 Nr. 27 und vom 30. Juni 1998, AZ: B 2 U 41/97 R, SozR 3-2200 § 581 Nr. 5; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 56 SGB VII Rdnr 10.3). Sie sind in MdE-Tabellen oder Empfehlungen zusammengefasst und bilden die Grundlage für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreitet. Hierdurch wird gewährleistet, dass alle Betroffenen nach einheitlichen Kriterien begutachtet und beurteilt werden. Insoweit bilden sie ein geeignetes Hilfsmittel zur Einschätzung der MdE (vgl. BSG, Urteil vom 19. Dezember 2000, AZ: B 2 U 49/99 R, HVBG-INFO 2001, 499, 500ff.). 41Auch hier folgt die Kammer den Darstellungen von Dr. XXX: 42Als Folgen der BK bestehen bei dem Kläger eine Minderbelastbarkeit des rechten Knies, eine endgradige Bewegungseinschränkung (0-5-125 rechts zu 0-0-135 links) bei einer Konturverplumpung mit Ergussbildung im Kniegelenk (Umfang am Kniegelenk 41 cm rechts und 38 cm links), einer Muskelabmagering (Umfang 10 cm über dem med. Kniegelenkspalt 42 cm rechts und 43 cm links) und eine rechtsseitige Beschwielungsverminderung. Die Vergleichswerte, die regelmäßig im Wesentlichen auf die Bewegungsmaße abstellen, können hier nicht maßgeblich heran gezogen werden (so z.B. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin "Arbeitsunfall und Berufskrankheit", 8. Auflage, S. 655), da bei dem Kläger die Bewegungsmaße relativ gut sind. Aber insbesondere die Verplumpung des Gelenks mit Ergussbildung, die Muskelminderung und die Beschwielungsminderung an der rechten Ferse sprechen für eine deutlich verminderte Belastbarkeit, was der Beratungsarzt der Beklagten, Dr. XXX, nicht beachtet und allein auf die Bewegungsmaße abstellt. Eine verminderte Belastbarkeit muss sich aber nicht zwingend in den Bewegungsmaßen widerspiegeln. Es sind daher weitere Vergleichswerte hinzuzuziehen. Nachvollziehbar verweist Dr. XXX auf die MdE von 20 v.H. für eine rezidivierende Synovialis (Reizknie) oder eine endoprothetische Versorgung bei einem guten Implantationsergebnis in Form einer freien Funktion. Insbesondere mit einer gelungenen endoprothetischen Versorgung ist der Kläger auch nach Auffassung der Kammer angemessen zu vergleichen. Es bestehen Belastungseinschränkungen, aber ein flüssiges Gangbild bei nur endgradiger Bewegungseinschränkung. 43Die vorliegende Belastungseinschränkung ist aber erst ab der Untersuchung durch den gerichtlichen Sachverständigen am 31.01.2013 belegt, so dass damit auch erst ab diesem Datum die MdE mit 20 v.H. angenommen werden kann. 44Bei der Begutachtung durch Dr. XXX am 07.07.2007 lag noch eine deutlich günstigere Situation vor, da noch eine seitengleiche Beweglichkeit bestand. Zudem beschrieb Prof. Dr. XXX keinen Gelenkerguss. 45Auch der Untersuchungsbefund von Prof. Dr. XXX vom 28.09.2011 spricht noch nicht für eine rentenberechtigende MdE zum damaligen Zeitpunkt. Prof. Dr. XXX beschrieb in dem Gutachten vom 08.11.2011, dass die Konturen des rechten Knies leicht verstrichen seien und eine leichte Kapselschwellung vorliege. Zudem lagen nach den Angaben in dem Gutachten ein leichter endgradiger Beugeschmerz bei einer Beweglichkeit von 0-0-120° und ein Beugerotationsschmerz über der Innenseite des Kniegelenks bei einem deutlichen Reiben hinter der Kniescheibe vor. Diese Befunde stellen sich noch deutlich günstiger als bei der Begutachtung durch Dr. XXX dar. Es lag weder die deutliche Verplumpung oder Ergussbildung vor, noch beschrieb Prof. Dr.XXX ein leichtes Streckdefizit. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein geringes Streckdefizit funktionell eine bedeutsamere Einschränkung darstellt, als eine endgradige Beugehemmung. 46Das klägerseitige Vorbringen, dass die rentenberechtigende MdE aufgrund der MRT-Befunde schon zumindest ab 2009 zu begründen sei, führt zu keiner anderen Sichtweise. Die Einschätzung der MdE hat aufgrund einer Funktionsbegutachtung zu erfolgen. Die Ergebnisse von apparativen und bildgebenden Untersuchungen dienen dabei der Validierung. Das konkrete Ausmaß der Funktionseinschränkungen ist aus den bildgebenden Befunden nicht abzuleiten. Es ist daher auf die Zeitpunkte der körperlichen Untersuchungen des Klägers abzustellen. 47Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG. Es entsprach hier der Billigkeit, der Beklagten die gesamten Kosten aufzuerlegen. Immerhin hatte sie die Anerkennung der BK vor dem gerichtlichen Verfahren abgelehnt, weil sie davon ausging, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht vorlägen, was sich nicht halten ließ. Dass eine frühere Annahme der rentenberechtigenden MdE nicht möglich war, schließt eine vollständige Kostenübernahme der Beklagten nicht aus, da frühere Ermittlungen der Beklagten möglicherweise zu einem früheren Rentenanspruch geführt hätten. Zudem tritt der konkrete Leistungsanspruch in Bezug auf die (erst später gewährte) Verletztenrente im Verhältnis und in ihrer Bedeutung hinter die Gesamtleistungen der Beklagten bei Anerkennung eines Versicherungsfalls zurück.
unter aufhebung des bescheides vom 20.10.2009 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 21.01.2012 wird festgestellt, dass die bei dem kläger vorliegende kniegelenksarthrose rechts folge einer berufskrankheit nach nr. 2112 der anlage 1 zur bkv ist, und die beklagte verurteilt, dem kläger wegen der bk-folgen ab dem 31.01.2013 eine verletztenrente nach einer mde von 20 v. h. zu leisten. im übrigen wird die klage abgewiesen. die beklagte hat dem kläger die notwendigen außergerichtlichen kosten zu erstatten. 1
2der kläger begehrt die anerkennung und entschädigung seiner kniegelenksarthrose rechts als folge einer berufskrankheit (bk) nach nummer 2112 der anlage 1 zur berufskrankheitenverordnung (bkv) i.v.m. dem siebten buch sozialgesetzbuch - gesetzliche unfallversicherung - (sgb vii). 3der am 17.03.1948 geborene kläger war von 1962 bis 2003 überwiegend in seinem lehrberuf als gas- und wasserinstallateur bzw. bauklempner mehr als 20.000 stunden kniebelastend tätig. auf die ausführungen in den stellungnahmen der abteilung prävention der beklagten vom 19.02.2008 sowie vom 31.05.2012 wird bezug genommen. 4am 05.10.1981 erlitt der kläger einen von der beklagten anerkannten arbeitsunfall, bei dem er sich eine radiusköpfchenfraktur links mit anbruch am kronenfortsatz der elle sowie eine distale radiusmeißelfraktur zuzog, die eine dauerhaft bestehende minderbelastbarkeit und –beweglichkeit der linken hand und des unterarms verursachte. 5am 02.12.2008 schlossen die beteiligten im rahmen einer mündlichen verhandlung vor dem sozialgericht dortmund aufgrund eines gerichtlichen sachverständigengutachtens von dem chirurgen xxx chefarzt i.r. der chirurgischen abteilung xxx, vom 09.07.2007 einen vergleich über die anerkennung einer bk nach nummer 2105 der anlage 1 zur bkv (s 36 u 326/06) aufgrund einer schleimbeutelerkrankung an den knien mit einer rechtsseitigen entfernung des schleimbeutels. wegen einer etwaigen wiedererkrankung am rechten knie ist ein weiteres klageverfahren bei dem sozialgericht dortmund anhängig (s 18 u 984/10), in welchem der kläger durch den chirurgen und orthopäden xxx, chefarzt der klinik für unfallchirurgie des xxx, am 28.09.2011 untersuchen und begutachten. dieser beurteilte, dass es zu einer wiedererkrankung im rahmen der bk gekommen sei. 6als ausfluss des verfahrens in bezug auf die anerkennung der schleimbeutelerkrankung als berufskrankheit ermittelte die beklagte in bezug auf die hier streitige berufskrankheit. ursprünglich ging die beklagte allerdings von nichterfüllten arbeitstechnischen voraussetzungen aus, so dass sie den anspruch mit bescheid vom 20.10.2009 ablehnte. 7dagegen legte der kläger widerspruch mit der begründung ein, dass weitere tätigkeitsanteile, wie klempnerei-, blech- und falzarbeiten auf dem dach zusätzlich zu berücksichtigen seien. ohne weitere ermittlungen wies die beklagte mit widerspruchsbescheid vom 21.01.2010 den widerspruch weiterhin mangels erfüllter arbeitstechnischer voraussetzungen zurück. 8hiergegen hat der kläger am 18.02.2010 klage erhoben. 9der kläger ist weiterhin der auffassung, dass die voraussetzungen der begehrten bk nach nr. 2112 bei ihm einseitig vorliegen, da er tätigkeits- und kräftebedingt überwiegend in einer fechterstellung gekniet habe, und er aufgrund der bildgebenden befunde ab 2009 einen anspruch auf die leistung einer verletztenrente hat. 10der kläger beantragt, unter aufhebung des bescheides vom 20.10.2009 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 31.01.2010 festzustellen, dass die bei ihm vorliegenden kniegelenksarthrose rechts die folge einer bk nach nr. 2112 der anlage 1 zur bkv ist, und die beklagte zu verurteilen, ihm wegen der bk-folgen ab dem 02.12.2008 eine verletztenrente nach einer minderung der erwerbsfähigkeit (mde) von 20 v.h. zu leisten. 11die beklagte beantragt, die klage abzuweisen. 12die beklagte bezweifelt unter bezugnahme auf die begründungen der angefochtenen verwaltungsentscheidungen sowie die darstellung der von ihr beteiligten mediziner im wesentlichen eine hinreichende exposition und die verursachungswahrscheinlichkeit wegen der einseitigkeit der gonarthrose. 13das gericht hat beweis erhoben durch die durchführung eines erörterungstermins, in dem der kläger zu seinen beruflichen belastungen gehört wurde und der beklagten aufgegeben wurde, weitere ermittlungen zu den beruflichen belastungen anzustellen. nachdem die beklagte die stellungnahme der abteilung prävention vom 31.05.2012 vorgelegt hat, nach der die arbeitstechnischen voraussetzungen vorliegen, hat das gericht weiter beweis erhoben durch die einholung eines medizinischen sachverständigengutachtens sowie ergänzenden stellungnahmen von amts wegen von dem orthopäden xxx; niedergelassen in stadthagen. 14xxx hat ausgeführt, dass der röntgenologische vergleich mit der altersgruppe, das krankheitsbild und das verteilungsmuster für eine berufsbedingte kniegelenksschädigung sprächen. die einseitigkeit der veränderung lasse sich mit der vom kläger angegebenen überwiegend rechtsseitig eingenommenen fechterstellung begründen. die körperlichen veränderungen begründeten auch eine mde i.h.v. 20 v.h. 15wegen der weiteren einzelheiten des sachs- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsakte der beklagten sowie die beigezogenen akten in bezug auf die bk nach nummer 2105 der beklagten und des gerichts (s 36 u 326/06 und s 18 u 984/10) bezug genommen, die gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen sind. 16
17die zulässige kombinierte anfechtungs- und feststellungs- sowie (unechte) leistungsklage ist im tenorierten umfang begründet. 18der kläger ist im sinne des § 54 abs. 2 sgg (sgg) beschwert, denn der angefochtene bescheid vom 20.10.2009 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 21.01.2010 ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten. die bei dem kläger vorliegende rechtsseitige kniegelenksarthrose ist folge einer bk nach nr. 2112 der anlage 1 zur bkv. der kläger hat daraus einen anspruch auf verletztenrente nach einer mde von 20 v.h. ab dem 31.01.2013. 19bken sind krankheiten, die die bundesregierung durch rechtsverordnung mit zustimmung des bundesrates als berufskrankheiten bezeichnet hat und die ein versicherter bei einer der in den §§ 2, 3 oder 6 sgb vii genannten tätigkeiten erleidet (§ 9 abs. 1 satz 1 sgb vii). 20dabei müssen die versicherte tätigkeit, die art, dauer und stärke der tätigkeitsbezogenen schädigenden einwirkung und das vorliegen der (listen-)erkrankung voll beweisen sein – also mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit. für die kausalität zwischen der schädigenden einwirkung und der erkrankung reicht die wahrscheinlichkeit (bereiter-hahn/mehrtens in "gesetzliche unfallversicherung", § 9 rdnr. 3.2). für eine wahrscheinliche kausalität sind in der regel eine hinreichende exposition sowie ein kongruenter krankheitsverlauf bei zurücktretenden außerberuflichen einflussfaktoren nachzuweisen. 21für das vorliegen der bk nach nummer 2112 muss bei dem versicherten eine gonarthrose infolge seiner versicherten tätigkeit im knien oder vergleichbaren kniebelastung mit einer kumulativen einwirkungsdauer während des arbeitslebens von mindestens 13.000 stunden und einer mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer stunde pro schicht vorliegen. 22von der erfüllung der voraussetzungen für die begehrte bk geht das gericht beim kläger aus. 23der kläger hat mehr als 13.000 stunden kniebelastende tätigkeiten mit einer mindesteinwirkungsdauer von einer stunde pro schicht im rahmen seines berufslebens geleistet. das gericht folgt damit den ausführungen der abteilung prävention in der stellungnahme vom 31.05.2012 der beklagten, die sich umfassend und nachvollziehbar mit der erwerbsbiographie sowie den arbeitsbedingungen des klägers unter berücksichtigung der aktuellen erkenntnisse (z.b. in gonkatast) auseinander gesetzt hat. den ausführungen des beratungsarztes der beklagten, dr. schröter, ist die kammer ausdrücklich nicht gefolgt. es ist von diesem nicht hinreichend begründet, warum den letzten ausführungen der abteilung prävention nicht zu folgen ist. der beratungsarzt stellt darauf ab, dass die früheren – für den kläger negativen – stellungnahmen überzeugender seien, weil diese nicht im wesentlichen auf den angaben des klägers und seiner arbeitskollegen beruhten, sondern auf den "tatsächlichen" ermittlungen der beklagten. es ist für die kammer aber nicht zu erkennen, dass in der stellungnahme der abteilung prävention unreflektiert nur den angaben des klägers gefolgt wurde oder sachfremde erwägungen eine rolle spielten. die beklagte ist vielmehr nach den anweisungen des gerichts der konkreten ermittlung der belastungen des klägers nachgekommen und hat nicht überwiegend auf allgemeine werte abgestellt. es ist anerkannt, dass die träger der gesetzlichen unfallversicherung die konkrete belastung des betroffenen nach einer eingehenden befragung der versicherten besser einschätzen können. warum diese vorgehensweise im vorliegenden fall keine anwendung finden soll, ist nicht nachvollziehbar. 24die kammer kommt allerdings zu der auffassung, dass die hinreichende belastung der zu prüfenden bk (13.000 stunden bei einer belastung von mindestens einer stunde pro arbeitsschicht) nur im rechten kniegelenk vorliegt. nach anhörung des klägers hält es die kammer für sehr nachvollziehbar, dass ein knien im erforderlichen umfang nur auf der rechten seite erfolgt ist, da der kläger überwiegend in einer sog. fechterstellung mit knien auf dem händigen, rechten knie und beugestellung im linken knie bearbeitet hat. bei der einschätzung der regelmäßigen körperhaltung bei der beruflichen tätigkeit lässt sich die kammer auch von eigenen erkenntnissen leiten, die die mitglieder bei selbst vorgenommenen handwerklichen arbeiten gewonnen haben. aber auch aus der beobachtung von handwerklich tätigen personen schöpft die kammer ihre erkenntnisse. es ist überzeugend, dass jeder handwerklich tätige eine bestimmte haltung überwiegend einnimmt. zum einen sind hierbei automatismen von bedeutung, die ständig wiederkehrende und unbeachtliche handlungen des täglichen lebens wesentlich bestimmen. diese handlungen werden ohne besondere vorüberlegung und planung in überwiegend gleicher form vorgenommen – so auch das hinknien. zum anderen sind die tätigkeitsbedingten notwendigkeiten zu beachten. so sind regelmäßig die händigkeit und die auszuführende tätigkeit zu beachten – immerhin kommt es für die verrichtung der arbeit auf die notwendigen physikalischen kräfte an. schon aufgrund der vom kläger zu verrichtenden tätigkeiten ist ein knien auf dem rechten knie nachvollziehbar. der kläger ist rechtshänder und kann daher mit der rechten hand mehr kraft aufbringen. beachtlich ist im konkreten fall des klägers aber auch, dass er anerkannte schäden eines arbeitsunfalls hat, die zu einer minderbelastbarkeit der linken hand bzw. des linken arms geführt haben. wissenschaftliche erkenntnisse stehen der auffassung der kammer nicht entgegen. insbesondere dem forschungswerk gonkatast ist keine differenzierte betrachtung der kniebelastungen nach ein- und beidseitigkeit zu entnehmen. die einwendungen des beratungsarztes der beklagten gegen die einseitige belastung überzeugen die kammer nicht. dieser ist der auffassung, dass einseitige kniebelastungen von den betroffenen nicht toleriert würden. es ist nicht ansatzweise erkennbar, woraus der mediziner seine erkenntnisse zieht. immerhin ist zu berücksichtigen, dass für eine dieser bkv entsprechenden beruflichen belastung kein dauerhaftes knien am stück erforderlich ist. die zeiten der kniebelastenden tätigkeiten in einer arbeitsschicht müssen sich nur auf eine stunde aufaddieren. es ist nicht erkennbar, warum eine überwiegend einseitige belastung mit unterbrechungen nicht toleriert werden sollte. letztlich sprechen auch die befunde aus 2007 in dem sachverständigengutachten von prof. dr. xxx zur bk 2105 in form von vor beiden kniegelenken bestehender derber, quergefälteter, vernarbter haut, die etwas schuppt, einer im wesentlichen einseitigen belastung nicht entgegen. zum einen lässt sich dieser befund aufgrund seiner einmaligkeit nicht zwingend verallgemeinern. zum anderen hat der kläger ein knien auf beiden knien (wechselseitig oder gleichzeitig) nicht ausgeschlossen. es ist vielmehr so, dass der kläger eine weit überwiegende belastung rechts angab. dies lässt sich mit dem angegeben befund vereinbaren. ein seitengleicher identischer beschwielungsbefund ist bei einer unterschiedlichen belastung nicht zwingend erforderlich. immerhin ist nur bei einer grundsätzlichen belastung auch eine grundsätzliche beschwielung zu erwarten. diese liegt vor. zudem ist der befund von dem damals untersuchenden nicht ausdrücklich als seitengleich beschreiben worden. in dem gutachten von prof. dr. xxx aus dem jahr 2011 werden die beschwielungen an den knien dann auch nicht als seitengleich beschrieben. prof. dr. xxx führt ausdrücklich auf, dass die derberen hautareale auf der linken seite nicht so ausgeprägt sind, wie auf der rechten seite. zu berücksichtigen ist auch, dass die befunde zu einem zeitpunkt erhoben wurden, als die konkreten belastungen schon lange geendet hatten – und dies für beide seiten (belastungsende 2003 und befund aus 2007 bzw. 2011). 25es liegt bei dem kläger auch die für die bk erforderliche erkrankung in form einer gonarthrose dritten grades nach kellgren vor. 26diese ist auch rechtlich wesentlich auf die berufliche belastung zurückzuführen. 27die kammer schließt sich insoweit nach eigener prüfung den überzeugenden ausführungen des erfahrenen gerichtlichen sachverständigen nach § 106 sgg, dr.xxx, an. die darstellungen des gerichtlichen gutachters lassen unrichtigkeiten oder fehlschlüsse nicht erkennen. sie sind erkennbar auf der grundlage der heutigen erkenntnisse der medizinischen wissenschaft erstattet worden und haben sich mit den erhobenen befunden, den aktenkundigen befunden und dem vorbringen der beteiligten differenziert auseinander gesetzt. 28für einen kausalen zusammenhang sprechen dem gerichtlichen sachverständigen folgend der vergleich mit der altersgruppe (dazu unter 1.), der belastungskonforme verlauf (dazu unter 2.) und das verteilungsmuster der bildtechnischen veränderungen (dazu unter 3.). 291. es liegt nach der einschätzung von dr. xxx ein zweifelsfrei altersvorauseilender befund im rechten kniegelenk in form einer drittgradigen umformung des gelenks nach kellgren vor. der befund ergibt sich aus den bildgebenden befunden und dem arthroskopiebericht. dieser befund ist auch altersvorauseilend, da eine mindestens zweitgradige röntgenologische umformung in der einteilung nach kellgren vor dem 60. lebensjahr gesichert wird. 302. der (krankhafte) befund entstand auch erst nach der erforderlichen beruflichen exposition. die gonarthrose konnte erst am 06.01.2004 gesichert werden. zu diesem zeitpunkt hatte der kläger die kniebelastenden tätigkeiten nach erreichen des grenzwertes aber bereits aufgegeben. der annahme dieses beurteilungskriteriums steht – anders als von beratungsarzt der beklagten pd dr. xxx beurteilt – nicht entgegen, dass der kläger in 2004 bereits über 20.000 stunden kniebelastende tätigkeiten im sinne der bk 2112 verrichtet hatte. es entspricht keiner kommentierung, dass eine bk bereits mit überschreiten des erforderlichen expositionsgrenzwertes entstehen muss, um anerkannt werden zu können. eine solche sichtweise besteht weder bei der bk 2112 noch bei älteren berufskrankheiten mit einem erforderlichen belastungsgrenzwert. bei der bk 2108 der anlage 1 zu bkv (bandscheibenbedingte erkrankung der lendenwirbelsäule durch langjähriges heben oder tragen schwerer lasten oder durch langjährige tätigkeit in extremer rumpfbeugehaltung, die zur unterlassung aller tätigkeiten gezwungen haben, die für die entstehung, die verschlimmerung oder das wiederaufleben der krankheit ursächlich sein können), bei der nach dem von der rechtsprechung anerkannten mainz-dortmunder-dosismodell ein orientierungswert besteht, existiert kein anerkannter erfahrungswert, nach dem bei einer weitergehenden überschreitung des orientierungswertes die bk nicht mehr anerkannt werden kann. 313. auch das verteilungsmuster spricht nicht gegen, sondern eher für eine berufsbedingte verursachung der veränderungen im rechten kniegelenk. nach den aktuellen wissenschaftlichen untersuchungen kann kein konkretes berufstypisches verteilungsmuster im sinne eines bk-typischen schadensbildes beschrieben werden. auch die jüngst von der gesetzlichen unfallversicherung herausgegebenen begutachtungsempfehlungen für die bk 2112 (zitiert nach: http://www.dguv.de/medien/inhalt/versicherung/bk/empfehlungen/begutachtung-bk2112-stand-20140613.pdf) ist kein entsprechendes verteilungsmuster zu entnehmen. nach den ausführungen von dr. xxx kann den bisherigen untersuchungen nur entnommen werden, dass bei einer beruflich verursachten erkrankung einer beteiligung aller kniegelenkscompartimente zu fordern sei, so dass im umkehrschluss eine lediglich ein compartiment betreffende arthrose keine bk-typische verteilung darstelle. bei dem kläger liegt eine bk-typische verteilung der arthrose im rechten kniegelenk in form einer altersuntypischen umformung sowohl der kniescheibenrückfläche als auch des inneren anteils des kniegelenks vor. 32der bk-typischen körperveränderung steht die einseitigkeit der arthrotischen veränderung in den knien nicht entgegen. die einseitigkeit spricht im vorliegenden fall sogar für einen hinreichenden kausalen zusammenhang. 33nach der begutachtungsempfehlung (a.a.o.) ist lediglich bei einer symmetrischen belastung auch eine symmetrische verteilung der umbauschäden zu erwarten. bei dem kläger liegt aber keine symmetrische belastung vor. nach den obigen ausführungen liegt bei dem kläger eine stärkere belastung auf der rechten seite vor, da der kläger oft in der sog. fechterstellung gearbeitet hat. bei einer solchen belastung spricht die einseitigkeit der krankhaften veränderung nach dr. xxx nicht gegen die annahme einer verursachungswahrscheinlichkeit. dem schließt sich die kammer nach eigener überprüfung an. 34einer anerkennung steht nach auffassung der kammer die einseitigkeit auch deshalb nicht entgegen, weil bei der bk 2112 eine mindestgesamtbelastung von 13.000 stunden bei einer schichtbelastung von mindestens einer stunde erreicht werden muss, um veränderungen als berufsbedingt anerkennen zu können. damit ist es bei der oben dargestellten (einseitigen) belastung nachvollziehbar oder sogar zwingend, dass das linke knie keine arthrotischen veränderungen aufweist: wenn links zwar belastungen vorliegen, diese aber die mindestbelastungen nicht erreichen, dann darf auf dieser seite keine umformung vorliegen, auch wenn rechts eine umformung bei hinreichender exposition besteht. 35letztlich hat die kammer als hilfserwägung berücksichtigt, dass bei dem kläger auch die schleimbeutelerkrankung beachtlich ist. diese erkrankung ist zwar beidseitig anerkannt, hat aber nur rechtsseitig zu einer entfernung des schleimbeutels geführt. damit entfiel die pufferfunktion des schleimbeutels in diesem gelenk, was die entstehung der bk 2112 kombinatorisch begünstigt hat, ohne den schaden zu einer mittelbaren folge der anerkannten bk 2105 zu machen. 36es liegen auch keine konkurrierenden ursachen vor, die begründen könnten, dass in der beruflichen belastung nicht eine zumindest wesentliche mitursache gesehen werden kann. die bei dem kläger bestehende o-bein-stellung stellt keine bedeutsame ursache im rahmen dieser bk dar. der wissenschaftlichen begründung der bk (in mehrtens/brandenburger "die berufskrankheitenverordnung (bkv)", stand februar 2015, m 2112, rdnr. 4) ist mit hinweis auf die aktuelleren begutachtungsempfehlungen zur bk 2112 (a.a.o.) nicht zu folgen. nach den begutachtungsempfehlungen ist wissenschaftlich nicht zu belegen, dass die o-bein-stellung das entstehen einer gonarthrose – insbesondere mit einem spezifischen verteilungsmuster – wesentlich begünstigt. aber auch das übergewicht des klägers steht der anerkennung nicht entgegen. zum einen ist – worauf dr. xxx schon zutreffend hinweist – ein dauerhaftes übergewicht während langer zeiten der beruflichen belastung nicht belegt. und zum anderen ist nach den begutachtungsempfehlungen ein übergewicht zwar geeignet, das entstehen einer kniegelenksarthrose zu beeinflussen, allerdings ist bei vorliegen der arbeitstechnischen voraussetzungen und des geeigneten krankheitsbildes auch bei adipösen personen die bk anzuerkennen. außerdem wäre bei einem (allein) wesentlich ursächlichen übergewicht eine seitengleiche schädigung an den knien zu erwarten gewesen, die beim kläger aber nicht besteht. 37andere erkrankungen, wie z.b. ein gichtleiden, die das leiden wesentlich verursacht haben könnten, sind nicht hinreichend beweisen. 38der kläger hat auch ab dem 31.01.2013 einen anspruch auf eine verletztenrente nach einer mde von 20 v.h. 39gemäß § 56 sgb vii wird eine verletztenrente gewährt, wenn der verletzte in folge eines versicherungsfalls über die 26. woche nach dem versicherungsfall hinaus wenigstens 20 v. h. in seiner erwerbsfähigkeit gemindert ist. gemäß § 56 abs. 3 sgb vii wird bei verlust der erwerbsfähigkeit eine vollrente, ansonsten eine rente nach dem vomhundertsatz gewährt, der dem grad der mde entspricht. die mde richtet sich nach dem umfang der sich aus den beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen leistungsvermögens ergebenden verminderten arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamtgebiet des erwerbslebens (§ 56 abs. 2 satz 1 sgb vii). 40das ausmaß der wegen der folgen des versicherungsfalls bestehenden verminderten zugangsmöglichkeit auf dem allgemeinen arbeitsmarkt (mde) bestimmt sich nach abstrakten gesichtspunkten (bereiter-hahn/mehrtens "gesetzliche unfallversicherung", stand august 2011, § 56 rdnr. 10.1). die beurteilung der funktionseinschränkung und die bemessung der mde erfolgen dabei unter berücksichtigung der medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen gesichtspunkte (bereiter-hahn/mehrtens a.a.o. rdnr. 10.2). um die mde einzuschätzen, sind die erfahrungssätze zu beachten, die die rechtsprechung und das versicherungsrechtliche sowie versicherungsmedizinische schrifttum herausgearbeitet haben. diese erfahrungssätze binden das gericht nicht. sie bilden aber eine basis für eine gleiche und gerechte bewertung der mde in zahlreichen parallelfällen der täglichen praxis (bundessozialgericht, urteile vom 26. juni 1985, az: 2 ru 60/84, sozr 2200 § 581 nr. 23, vom 26. november 1987, az: 2 ru 22/87, sozr 2200 § 581 nr. 27 und vom 30. juni 1998, az: b 2 u 41/97 r, sozr 3-2200 § 581 nr. 5; bereiter-hahn/mehrtens, gesetzliche unfallversicherung, § 56 sgb vii rdnr 10.3). sie sind in mde-tabellen oder empfehlungen zusammengefasst und bilden die grundlage für einen vorschlag, den der medizinische sachverständige zur höhe der mde unterbreitet. hierdurch wird gewährleistet, dass alle betroffenen nach einheitlichen kriterien begutachtet und beurteilt werden. insoweit bilden sie ein geeignetes hilfsmittel zur einschätzung der mde (vgl. bsg, urteil vom 19. dezember 2000, az: b 2 u 49/99 r, hvbg-info 2001, 499, 500ff.). 41auch hier folgt die kammer den darstellungen von dr. xxx: 42als folgen der bk bestehen bei dem kläger eine minderbelastbarkeit des rechten knies, eine endgradige bewegungseinschränkung (0-5-125 rechts zu 0-0-135 links) bei einer konturverplumpung mit ergussbildung im kniegelenk (umfang am kniegelenk 41 cm rechts und 38 cm links), einer muskelabmagering (umfang 10 cm über dem med. kniegelenkspalt 42 cm rechts und 43 cm links) und eine rechtsseitige beschwielungsverminderung. die vergleichswerte, die regelmäßig im wesentlichen auf die bewegungsmaße abstellen, können hier nicht maßgeblich heran gezogen werden (so z.b. auch schönberger/mehrtens/valentin "arbeitsunfall und berufskrankheit", 8. auflage, s. 655), da bei dem kläger die bewegungsmaße relativ gut sind. aber insbesondere die verplumpung des gelenks mit ergussbildung, die muskelminderung und die beschwielungsminderung an der rechten ferse sprechen für eine deutlich verminderte belastbarkeit, was der beratungsarzt der beklagten, dr. xxx, nicht beachtet und allein auf die bewegungsmaße abstellt. eine verminderte belastbarkeit muss sich aber nicht zwingend in den bewegungsmaßen widerspiegeln. es sind daher weitere vergleichswerte hinzuzuziehen. nachvollziehbar verweist dr. xxx auf die mde von 20 v.h. für eine rezidivierende synovialis (reizknie) oder eine endoprothetische versorgung bei einem guten implantationsergebnis in form einer freien funktion. insbesondere mit einer gelungenen endoprothetischen versorgung ist der kläger auch nach auffassung der kammer angemessen zu vergleichen. es bestehen belastungseinschränkungen, aber ein flüssiges gangbild bei nur endgradiger bewegungseinschränkung. 43die vorliegende belastungseinschränkung ist aber erst ab der untersuchung durch den gerichtlichen sachverständigen am 31.01.2013 belegt, so dass damit auch erst ab diesem datum die mde mit 20 v.h. angenommen werden kann. 44bei der begutachtung durch dr. xxx am 07.07.2007 lag noch eine deutlich günstigere situation vor, da noch eine seitengleiche beweglichkeit bestand. zudem beschrieb prof. dr. xxx keinen gelenkerguss. 45auch der untersuchungsbefund von prof. dr. xxx vom 28.09.2011 spricht noch nicht für eine rentenberechtigende mde zum damaligen zeitpunkt. prof. dr. xxx beschrieb in dem gutachten vom 08.11.2011, dass die konturen des rechten knies leicht verstrichen seien und eine leichte kapselschwellung vorliege. zudem lagen nach den angaben in dem gutachten ein leichter endgradiger beugeschmerz bei einer beweglichkeit von 0-0-120° und ein beugerotationsschmerz über der innenseite des kniegelenks bei einem deutlichen reiben hinter der kniescheibe vor. diese befunde stellen sich noch deutlich günstiger als bei der begutachtung durch dr. xxx dar. es lag weder die deutliche verplumpung oder ergussbildung vor, noch beschrieb prof. dr.xxx ein leichtes streckdefizit. dabei ist zu berücksichtigen, dass ein geringes streckdefizit funktionell eine bedeutsamere einschränkung darstellt, als eine endgradige beugehemmung. 46das klägerseitige vorbringen, dass die rentenberechtigende mde aufgrund der mrt-befunde schon zumindest ab 2009 zu begründen sei, führt zu keiner anderen sichtweise. die einschätzung der mde hat aufgrund einer funktionsbegutachtung zu erfolgen. die ergebnisse von apparativen und bildgebenden untersuchungen dienen dabei der validierung. das konkrete ausmaß der funktionseinschränkungen ist aus den bildgebenden befunden nicht abzuleiten. es ist daher auf die zeitpunkte der körperlichen untersuchungen des klägers abzustellen. 47die kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 sgg. es entsprach hier der billigkeit, der beklagten die gesamten kosten aufzuerlegen. immerhin hatte sie die anerkennung der bk vor dem gerichtlichen verfahren abgelehnt, weil sie davon ausging, dass die arbeitstechnischen voraussetzungen nicht vorlägen, was sich nicht halten ließ. dass eine frühere annahme der rentenberechtigenden mde nicht möglich war, schließt eine vollständige kostenübernahme der beklagten nicht aus, da frühere ermittlungen der beklagten möglicherweise zu einem früheren rentenanspruch geführt hätten. zudem tritt der konkrete leistungsanspruch in bezug auf die (erst später gewährte) verletztenrente im verhältnis und in ihrer bedeutung hinter die gesamtleistungen der beklagten bei anerkennung eines versicherungsfalls zurück.
Klaeger*in
1
126,792
55 C 278/15
2016-01-25T00:00:00
Urteil
Tenor hat das Amtsgericht Düsseldorfauf die mündliche Verhandlung vom 23.11.2015 durch die Richterin am Amtsgericht X für Recht erkannt: Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Namen, Vornamen Anschriften und e-mail-Adressen sämtlicher Treugeber der T durch einen Ausdruck oder auf einem elektronischen Datenträger mitzuteilen. Die Hilfswiderklage wird abgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3000 EUR. Der Kläger darf die Sicherheitsleistung durch Bürgschaft einer Bank oder Sparkasse mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland erbringen. 1Tatbestand: 2Die Beklagte ist Treuhandkommanditistin der T, einem geschlossenen Immobilienfond, im weiteren als „Fondgesellschaft“ bezeichnet. 3Mit schriftlicher Beitrittsvereinbarung und Angebot zur Abschluss eines Treuhandvertrages vom 16.01.2006 beteiligte sich der Kläger mit einer Summe von 15.000 als treuhänderisch beteiligter Kommanditist gemäß Treuhandvertrag mit der Beklagten an der Fondgesellschaft, Bl. 8-8 R der Akten. Der Kläger schloss mit der Beklagten einen entsprechenden Treuhandvertrag, dessen Bestandteil der Gesellschaftsvertrag der Fondgesellschaft als Anhang wurde. Wegen des Vertrages nebst Anhang wird auf Blatt 9 bis 17 d.A. verwiesen.§ 3 Ziff. 2 des Treuhandvertrages (Bl.10 d.A.) regelt wie folgt:„Der Treugeber ist berechtigt, die aus der Beteiligung an der Fondgesellschaft resultierenden Rechte mit Ausnahme des Stimmrechts selbst auszuüben bzw. wahrzunehmen….Der Treugeber ist ferner gemeinschaftlich mit den übrigen Treugebern dazu berechtigt, der Treuhänderin in Bezug auf die auf seinen Kapitalanteil entfallenden Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung Weisung zu erteilen. Die Treuhänderin ist daher verpflichtet, vor der Durchführung von Gesellschafterversammlungen bzw. Abstimmungen im Umlaufverfahren eine Treugeberversammlung bzw. eine schriftliche Treugeberbefragung entsprechend der von der Fondgesellschaft gewählten Verfahrensart durchzuführen…Erfolgt eine Beschlussfassung der Treugeber nach Maßgabe des Vorstehenden, ist die Treuhänderin angewiesen, entsprechend in der Gesellschafterversammlung der Fondgesellschaft abzustimmen. Kommt kein Beschluss der Treugeber zustande, hat sich die Treuhänderin zu enthalten.“ 4Gemäß Art. 6 Ziff. 1 des Gesellschaftsvertrages der Fondgesellschaft treten die mittelbar beteiligen Kommanditisten über eine Treuhandgesellschaft deutschen Rechts auf der Grundlage eines gesondert abzuschließenden Treuhandvertrages bei, Bl. 12 R d.A.. 5Die Beklagte ist nicht bereit, ein Schreiben des Klägers ihrerseits den übrigen Treugeber zukommen zu lassen. 6Der Kläger behauptet: 7Er wolle sich mit anderen Treugebern der Beklagten hinsichtlich Einflussmöglichkeiten auf die Beklagte austauschen. 8Der Kläger ist der Ansicht: 9Er habe auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 05.02.2013 Az: II ZR 134/11, Beschluss vom 23.09.2014 Az: II ZRE 374/13 ) gegenüber der Beklagten den Anspruch auf Auskunft über die Namen und Anschriften der anderen Anleger, denn um seine Weisungsrechte gemäß § 3 des Treuhandvertrages und hierdurch mittelbar seine Mitgliedschaftsrechte an der Fondgesellschaft informiert ausüben zu können, müsse er sich mit den übrigen Treugebern zum Zweck einer fundierten Meinungsbildung austauschen können. Sein Anspruch 10Der Kläger beantragt, 11die Beklagte zu verurteilen, ihm die Namen, Vornamen Anschriften und e-mail-Adressen sämtlicher Treugeber der T durch einen Ausdruck oder au einem elektronischen Datenträger mitzuteilen. 12Die Beklagte beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Hilfsweise beantragt sie widerklagend die Klägerin zu verurteilen, 15zu versichern, dass sie die Daten nur selbst oder durch einen in ihren Namen zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Rechtsanwalt in ihrem Nahmen zu einer Kontaktaufnahme mit weiteren Treugebern bzw. Direktkommanditisten zu nutzen, 16zu versichern, dass sie ihre derzeitigen Rechtsanwälte schriftlich und unwiderruflich angewiesen habe, die klagegegenständlichen Daten nur in ihrem, der Klägerin Namen zu verwenden und diesem schriftlich untersagt habe, die Daten für andere als sie selbst betreffende Zwecke zu verwerten, insbesondere die Daten dazu zu nutzen, andere Treugeber bzw. Gesellschafter der streitgegenständlichen Gesellschaft als Mandanten zu gewinnen sowie entsprechend auch mit anderen, etwa künftig von ihr zu mandatierenden Rechtsanwälten zu verfahren, 17zu erklären, dass sie die Beklagte gegenüber jedweden Ansprüchen und Rechtsverfolgungskosten anderer Gesellschafter bzw. Treugeber, die diese insbesondere aufgrund schuldrechtlicher und/oder datenschutzrechtlicher Bestimmungen nach einer erteilten Auskunft geltend machen, sowie sonstigen Nachteilen freistellt und insoweit Sicherheit in Höhe von 10.000 € leistet 18Die Beklagte behauptet: 19Die Klage diene allein dazu, dem Klägervertreter neue Mandate zu verschaffen. Der Kläger habe an seinen Anwalt für die vorliegende Klage kein Honorar bezahlt. 20Die Beklagten sind der Ansicht:Aus diesem Grunde sei die Klage unzulässig. Dem Kläger fehle ein berechtigtes Interesse für den geltend gemachten Anspruch. Die Preisgabe der persönlichen Daten der Mitgesellschafter und Mittreugeber verstoße gegen deren Anspruch auf Anonymität. Die Rechtsprechung des BGH sei nicht anwendbar, da italienisches Recht gelte. Außerdem stehe dem Anspruch entgegen, dass gemäß § 67 Abs. 6 AktG der Aktionär nur einen Anspruch auf Mitteilung der über die eigene Person im Aktienregister eingetragenen Daten habe.Dem Anspruch des Klägers stehe schließlich der Einwand des Rechtsmissbrauchs und der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Jedenfalls müsse der Kläger sie von eventuellen Schadensersatzansprüchen anderer Anleger freistellen. 21Der Kläger beantragt, 22 die Hilfswiderklage abzuweisen. 23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. 24Entscheidungsgründe: 25Die Klage ist zulässig und begründet, die Hilfswiderklage unbegründet. 26Die Klage ist zulässig. Zwar meint die Beklagte unter Berufung auf das Urteil des OLG Bamberg vom 20.01.2014, Az: 4 U 200/12, die Klage müsse wegen unzulässiger Rechtsausübung als unzulässig abgewiesen werden. Der Kläger hat aber ein schutzwürdiges Interesse am begehrten Urteil, sein Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben. Grundsätzlich hat jeder Rechtssuchende einen öffentlich-rechtlichen Anspruch darauf, dass die Gerichte sein Anliegen sachlich prüfen und bescheiden. Wenn sich die Schutzwürdigkeit der klägerischen Position erst auf Grund näherer Prüfung der materiellen Rechtslage beurteilen lassen, darf das Rechtsschutzbedürfnis nicht verneint werden (BGH LM § 16 UWG Nr.142). Entsprechend hat der BGH (Urteil vom 05.02.2013, Az.: II ZR 134/11 Rdz. 43 ff) den hier vorgebrachten Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit als Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit der Klage angesehen. 27Die Klage ist begründet. 28Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Bekanntgabe der Namen und Kontaktdaten der Mittreugeber zu. Nach der ständiger Rechtsprechung des BGH (BGH Az: II ZR 187/09, BGH Urteil vom 05.02.2013, Az.: II ZR 134/11 Rdz.12) folgt aus der Gesellschafterstellung in einer Personenhandelsgesellschaft das selbstverständliche Recht, seine Mitgesellschafter zu kennen. Der Kläger hat nach dem Gesellschaftsvertrag mit der Fondgesellschaft und dem Treuhandvertrag mit der Beklagten im Innenverhältnis zur Gesellschaft und den Gesellschaftern die Stellung eines Gesellschafters. Diese Regelung ist rechtlich unbedenklich, weil alle Gesellschafter mit Beitritt zur Gesellschaft zugestimmt haben (BGH a.a.O Rdz: 15) Diese Stellung beinhaltet auch das Stimmrecht in der Fondgesellschaft. Zwar steht dem Kläger gemäß § 3 Ziff. 2 des Treuhandvertrages das Stimmrecht in der Fondgesellschaft nicht unmittelbar zu. Er übt es aber mittelbar über die Beklagte aus. Er ist gemeinsam mit den übrigen Treugebern der Beklagten gegenüber gemäß § 3 Ziff. 2 S.3 ff. des Treuhandvertrages weisungsbefugt. Die Beklagte muss vor jeder Stimmabgabe im Rahmen der Gesellschaft eine Treugeberversammlung einberufen bzw. eine schriftliche Treugeberbefragung durchführen. An den Beschluss der Treugeber ist die Beklagte gebunden. Der Gesellschafter hat das berechtigte Interesse, die mit ihm weisungsbefugten Mittreugeber zu kennen, denn nur so ist er in der Lage, seine Weisungsrechte und damit mittelbar seine Stimmrechte in der Gesellschaft informiert auszuüben. Durch eine solche Regelung besteht die Möglichkeit für die Beteiligten, ihre Rechtsbeziehungen untereinander der wirklichen Sachlage anzupassen (BGH a.a.O Rdz: 14) Andernfalls wäre einem dem Gesellschafter gleichgestellten Treuhandgeber die Ausübung seiner gesellschaftlichen Rechte unmöglich gemacht, seine Rechte wären ausgehöhlt (BGH a.a.O Rdz: 39 f; BGH Urteil vom 16.12.2014, Az: II ZR 277/13; Bergmann in Herberger/Martinek/Rüßmann, jurisPK 7.Auflage 2014, § 716 BGB Rdn. 7.1, 8; Westermann in Erman BGB 14. Auflage 2014, § 716 BGB Rdn.2, Palandt/Sprau 73. Auflage 2014, § 716 BGB Rdn.1) 29Die Rechtsprechung des BGH ist auch auf den vorliegenden Fall anwendbar. Zwar gilt für die Fondgesellschaft italienisches Recht. Art.6 des Gesellschaftsvertrages der Fondgesellschaft legt aber fest, dass für die Rechtstellung des mittelbaren Treugebers die Regeln des nach deutschem Recht geschlossenen Treuhandvertrages gelten. Art 6 des Gesellschaftsvertrages schafft zudem in Verbindung mit § 3 Ziff. 2 des Treuhandvertrages die notwendige Verzahnung zwischen dem Treuhandvertrag und dem Gesellschaftsvertrag, auf der sich die vom BGH vorausgesetzte unmittelbare gesellschaftsrechtliche Stellung des Klägers in der Fondgesellschaft begründet. 30Der Rechtsprechung des BGH steht auch die aktienrechtliche Regelung des § 67 Abs.6 AktG entgegen. Die Grundsätze des BGH gelten für die Personengesellschaft. Mit diesen ist die Rechtsstellung des Aktionärs in der Kapitalgesellschaft nicht zu vergleichen (OLG München Az: 23 U 1975/14 Urteil vom 05.02.2015, Rdz.61). 31Es besteht auch kein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse der Mittreugeber aus datenschutzrechtlichen Gründen. Diese sind zur Ausübung ihrer gesellschaftlichen Rechte ebenso wie der Kläger auf die Datenverwendung angewiesen (BGH Urteil vom 05.02.2013, Az.: II ZR 134/11 Rdz 41) Sie haben sich freiwillig in die dem Gesellschafter gleichgestellte Rechtsposition begeben mit allen daraus folgenden Rechten und Pflichten und wissen, dass dies auch für ihre Mittreugeber der Fall ist. 32Der Anspruch des Klägers scheitert auch nicht am Verbot der unzulässigen Rechtsausübung oder der Schikane. Die Beklagten meinen zwar, der Kläger habe kein eigenes Interesse an der Klage und erhebe sie nur, um seinem Prozessbevollmächtigten Daten für neue potentielle Mandanten zu verschaffen. Die Beklagten tragen aber keine objektiven Tatsachen vor, die diesen Verdacht erhärten würden. 33Bei verständiger Würdigung liegt das erkennbare Interesse des Klägers darin, möglichst effektiv über die Beklagte auf die Geschicke der Fondgesellschaft Einfluss zu nehmen. Es ist nachvollziehbar, wenn der Kläger –mit Hilfe eines Rechtsanwalts- durch die Bildung einer Anlegerinteressengemeinschaft seine Verhandlungsposition und die Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Geschicke der Fondgesellschaft verbessern will. Auf Grund der hohen Anzahl der Treugeber sind die Möglichkeiten der Einflussnahme für ihn alleine gering. Gerade deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob der Kläger in der Vergangenheit seine Mitgliedschaftsrechte persönlich ausgeübt hat. Jetzt möchte er es jedenfalls. Es würde auch einleuchten, wenn der Kläger sich hierfür Rechtsbeistand von einem Rechtsanwalt suchen würde, der auch weitere Treugeber der Beklagten vertritt. Denn der Aufwand, die Angelegenheiten der Fondgesellschaft so nachzuvollziehen, dass auf Grund fundierten Kenntnisstandes Einfluss auf deren Geschicke ausgeübt werden kann, ist so groß, dass dies nur schwerlich von einem Anleger allein in Auftrag gegeben und finanziert werden kann. 34Der Bekanntgabe der Daten stehen auch nicht § 28 BDSG oder Art 7 S. 2 a der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG entgegen. Die Verarbeitung personenbezogener Daten darf erfolgen, wenn sie erforderlich für die Erfüllung des Vertrages sind, dessen Vertragspartner die betroffene Person ist. Diese Voraussetzungen liegen hier gerade vor. Der Treugeber hält sich im Rahmen des Vertragszweckes. Er benötigt die Daten, um seine –mittelbaren- Stimmrechte im Gesellschaftsvertrag ausüben zu können (OLG München Urteil vom 05.02.2015 Az 23 U 1875/14 Rdz.51.59). 35Die Hilfswiderklage ist nicht begründet. 36Der Kläger darf die Informationen über den Namen und die Kontaktdaten der übrigen Treugeber uneingeschränkt nutzen, soweit dies der Ausübung seiner Weisungsbefugnisse gegenüber der Beklagten und seiner Gesellschafterrechte bei der Fondgesellschaft dient. Dabei ist nicht zu beanstanden, wenn ein von ihm beauftragter Rechtsanwalt auch das Mandat anderer Treugeber übernimmt. Dem Interesse des Klägers dient der Zusammenschluss der Treugeber bei gleicher Interessenlage. Es ist interessengerecht, wenn dies durch einen Rechtsanwalt fachkundig in die Wege geleitet und begleitet wird. Eine darüberhinausgehende Verwendung ist dem Kläger nicht zu untersagen. Insoweit fehlt die Klagebefugnis. Denn es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Daten zu anderen als gesellschaftsrechtlichen Zwecken nutzen wollte. 37Der Kläger muss die Beklagte auch nicht von Ansprüchen anderer Gesellschafter und Treugeber freistellen. Gesellschafter können schon keine Ansprüche stellen, denn der Kläger verlangt deren Daten nicht. Auch für Ansprüche von Treugebern haftet der Kläger nicht. Wie oben dargestellt, verstößt die Weitergabe der Kontaktdaten nicht gegen datenschutzrechtliche Vorschriften sondern beruht auf dem Inbegriff des Gesellschaftsvertrages und des Treuhandvertrages. Jedenfalls wäre die Inanspruchnahme durch andere Treugeber nicht vom Kläger verursacht. Die Ursache liegt im Risikobereich der Beklagten. Denn es ist an ihr, durch die Regelungen im Treuhandvertrag, für ihre Treugeber die Ausübung der grundlegenden und unabdingbaren Gesellschafterrechte sicherzustellen. 38Die Nebenentscheidungen ergehen gemäß §§ 91 Abs.1, 709 S.1 ZPO. 39Streitwert: 5000 € (§ 45 Abs. 1 GKG) 40Rechtsbehelfsbelehrung: 41Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 421. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 432. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 44Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 45Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen. 46Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 47Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 48X
hat das amtsgericht düsseldorfauf die mündliche verhandlung vom 23.11.2015 durch die richterin am amtsgericht x für recht erkannt: die beklagte wird verurteilt, dem kläger namen, vornamen anschriften und e-mail-adressen sämtlicher treugeber der t durch einen ausdruck oder auf einem elektronischen datenträger mitzuteilen. die hilfswiderklage wird abgewiesen. die beklagte trägt die kosten des rechtsstreits. das urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen sicherheitsleistung in höhe von 3000 eur. der kläger darf die sicherheitsleistung durch bürgschaft einer bank oder sparkasse mit sitz in der bundesrepublik deutschland erbringen. 1
2die beklagte ist treuhandkommanditistin der t, einem geschlossenen immobilienfond, im weiteren als „fondgesellschaft“ bezeichnet. 3mit schriftlicher beitrittsvereinbarung und angebot zur abschluss eines treuhandvertrages vom 16.01.2006 beteiligte sich der kläger mit einer summe von 15.000 als treuhänderisch beteiligter kommanditist gemäß treuhandvertrag mit der beklagten an der fondgesellschaft, bl. 8-8 r der akten. der kläger schloss mit der beklagten einen entsprechenden treuhandvertrag, dessen bestandteil der gesellschaftsvertrag der fondgesellschaft als anhang wurde. wegen des vertrages nebst anhang wird auf blatt 9 bis 17 d.a. verwiesen.§ 3 ziff. 2 des treuhandvertrages (bl.10 d.a.) regelt wie folgt:„der treugeber ist berechtigt, die aus der beteiligung an der fondgesellschaft resultierenden rechte mit ausnahme des stimmrechts selbst auszuüben bzw. wahrzunehmen….der treugeber ist ferner gemeinschaftlich mit den übrigen treugebern dazu berechtigt, der treuhänderin in bezug auf die auf seinen kapitalanteil entfallenden stimmrechte in der gesellschafterversammlung weisung zu erteilen. die treuhänderin ist daher verpflichtet, vor der durchführung von gesellschafterversammlungen bzw. abstimmungen im umlaufverfahren eine treugeberversammlung bzw. eine schriftliche treugeberbefragung entsprechend der von der fondgesellschaft gewählten verfahrensart durchzuführen…erfolgt eine beschlussfassung der treugeber nach maßgabe des vorstehenden, ist die treuhänderin angewiesen, entsprechend in der gesellschafterversammlung der fondgesellschaft abzustimmen. kommt kein beschluss der treugeber zustande, hat sich die treuhänderin zu enthalten.“ 4gemäß art. 6 ziff. 1 des gesellschaftsvertrages der fondgesellschaft treten die mittelbar beteiligen kommanditisten über eine treuhandgesellschaft deutschen rechts auf der grundlage eines gesondert abzuschließenden treuhandvertrages bei, bl. 12 r d.a.. 5die beklagte ist nicht bereit, ein schreiben des klägers ihrerseits den übrigen treugeber zukommen zu lassen. 6der kläger behauptet: 7er wolle sich mit anderen treugebern der beklagten hinsichtlich einflussmöglichkeiten auf die beklagte austauschen. 8der kläger ist der ansicht: 9er habe auf der grundlage der rechtsprechung des bundesgerichtshofs (urteil vom 05.02.2013 az: ii zr 134/11, beschluss vom 23.09.2014 az: ii zre 374/13 ) gegenüber der beklagten den anspruch auf auskunft über die namen und anschriften der anderen anleger, denn um seine weisungsrechte gemäß § 3 des treuhandvertrages und hierdurch mittelbar seine mitgliedschaftsrechte an der fondgesellschaft informiert ausüben zu können, müsse er sich mit den übrigen treugebern zum zweck einer fundierten meinungsbildung austauschen können. sein anspruch 10der kläger beantragt, 11die beklagte zu verurteilen, ihm die namen, vornamen anschriften und e-mail-adressen sämtlicher treugeber der t durch einen ausdruck oder au einem elektronischen datenträger mitzuteilen. 12die beklagte beantragt, 13die klage abzuweisen. 14hilfsweise beantragt sie widerklagend die klägerin zu verurteilen, 15zu versichern, dass sie die daten nur selbst oder durch einen in ihren namen zur berufsverschwiegenheit verpflichteten rechtsanwalt in ihrem nahmen zu einer kontaktaufnahme mit weiteren treugebern bzw. direktkommanditisten zu nutzen, 16zu versichern, dass sie ihre derzeitigen rechtsanwälte schriftlich und unwiderruflich angewiesen habe, die klagegegenständlichen daten nur in ihrem, der klägerin namen zu verwenden und diesem schriftlich untersagt habe, die daten für andere als sie selbst betreffende zwecke zu verwerten, insbesondere die daten dazu zu nutzen, andere treugeber bzw. gesellschafter der streitgegenständlichen gesellschaft als mandanten zu gewinnen sowie entsprechend auch mit anderen, etwa künftig von ihr zu mandatierenden rechtsanwälten zu verfahren, 17zu erklären, dass sie die beklagte gegenüber jedweden ansprüchen und rechtsverfolgungskosten anderer gesellschafter bzw. treugeber, die diese insbesondere aufgrund schuldrechtlicher und/oder datenschutzrechtlicher bestimmungen nach einer erteilten auskunft geltend machen, sowie sonstigen nachteilen freistellt und insoweit sicherheit in höhe von 10.000 € leistet 18die beklagte behauptet: 19die klage diene allein dazu, dem klägervertreter neue mandate zu verschaffen. der kläger habe an seinen anwalt für die vorliegende klage kein honorar bezahlt. 20die beklagten sind der ansicht:aus diesem grunde sei die klage unzulässig. dem kläger fehle ein berechtigtes interesse für den geltend gemachten anspruch. die preisgabe der persönlichen daten der mitgesellschafter und mittreugeber verstoße gegen deren anspruch auf anonymität. die rechtsprechung des bgh sei nicht anwendbar, da italienisches recht gelte. außerdem stehe dem anspruch entgegen, dass gemäß § 67 abs. 6 aktg der aktionär nur einen anspruch auf mitteilung der über die eigene person im aktienregister eingetragenen daten habe.dem anspruch des klägers stehe schließlich der einwand des rechtsmissbrauchs und der unzulässigen rechtsausübung entgegen. jedenfalls müsse der kläger sie von eventuellen schadensersatzansprüchen anderer anleger freistellen. 21der kläger beantragt, 22 die hilfswiderklage abzuweisen. 23wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätze nebst anlagen verwiesen. 24
25die klage ist zulässig und begründet, die hilfswiderklage unbegründet. 26die klage ist zulässig. zwar meint die beklagte unter berufung auf das urteil des olg bamberg vom 20.01.2014, az: 4 u 200/12, die klage müsse wegen unzulässiger rechtsausübung als unzulässig abgewiesen werden. der kläger hat aber ein schutzwürdiges interesse am begehrten urteil, sein rechtsschutzbedürfnis ist gegeben. grundsätzlich hat jeder rechtssuchende einen öffentlich-rechtlichen anspruch darauf, dass die gerichte sein anliegen sachlich prüfen und bescheiden. wenn sich die schutzwürdigkeit der klägerischen position erst auf grund näherer prüfung der materiellen rechtslage beurteilen lassen, darf das rechtsschutzbedürfnis nicht verneint werden (bgh lm § 16 uwg nr.142). entsprechend hat der bgh (urteil vom 05.02.2013, az.: ii zr 134/11 rdz. 43 ff) den hier vorgebrachten einwand der rechtsmissbräuchlichkeit als frage der begründetheit und nicht der zulässigkeit der klage angesehen. 27die klage ist begründet. 28dem kläger steht gegenüber der beklagten ein anspruch auf bekanntgabe der namen und kontaktdaten der mittreugeber zu. nach der ständiger rechtsprechung des bgh (bgh az: ii zr 187/09, bgh urteil vom 05.02.2013, az.: ii zr 134/11 rdz.12) folgt aus der gesellschafterstellung in einer personenhandelsgesellschaft das selbstverständliche recht, seine mitgesellschafter zu kennen. der kläger hat nach dem gesellschaftsvertrag mit der fondgesellschaft und dem treuhandvertrag mit der beklagten im innenverhältnis zur gesellschaft und den gesellschaftern die stellung eines gesellschafters. diese regelung ist rechtlich unbedenklich, weil alle gesellschafter mit beitritt zur gesellschaft zugestimmt haben (bgh a.a.o rdz: 15) diese stellung beinhaltet auch das stimmrecht in der fondgesellschaft. zwar steht dem kläger gemäß § 3 ziff. 2 des treuhandvertrages das stimmrecht in der fondgesellschaft nicht unmittelbar zu. er übt es aber mittelbar über die beklagte aus. er ist gemeinsam mit den übrigen treugebern der beklagten gegenüber gemäß § 3 ziff. 2 s.3 ff. des treuhandvertrages weisungsbefugt. die beklagte muss vor jeder stimmabgabe im rahmen der gesellschaft eine treugeberversammlung einberufen bzw. eine schriftliche treugeberbefragung durchführen. an den beschluss der treugeber ist die beklagte gebunden. der gesellschafter hat das berechtigte interesse, die mit ihm weisungsbefugten mittreugeber zu kennen, denn nur so ist er in der lage, seine weisungsrechte und damit mittelbar seine stimmrechte in der gesellschaft informiert auszuüben. durch eine solche regelung besteht die möglichkeit für die beteiligten, ihre rechtsbeziehungen untereinander der wirklichen sachlage anzupassen (bgh a.a.o rdz: 14) andernfalls wäre einem dem gesellschafter gleichgestellten treuhandgeber die ausübung seiner gesellschaftlichen rechte unmöglich gemacht, seine rechte wären ausgehöhlt (bgh a.a.o rdz: 39 f; bgh urteil vom 16.12.2014, az: ii zr 277/13; bergmann in herberger/martinek/rüßmann, jurispk 7.auflage 2014, § 716 bgb rdn. 7.1, 8; westermann in erman bgb 14. auflage 2014, § 716 bgb rdn.2, palandt/sprau 73. auflage 2014, § 716 bgb rdn.1) 29die rechtsprechung des bgh ist auch auf den vorliegenden fall anwendbar. zwar gilt für die fondgesellschaft italienisches recht. art.6 des gesellschaftsvertrages der fondgesellschaft legt aber fest, dass für die rechtstellung des mittelbaren treugebers die regeln des nach deutschem recht geschlossenen treuhandvertrages gelten. art 6 des gesellschaftsvertrages schafft zudem in verbindung mit § 3 ziff. 2 des treuhandvertrages die notwendige verzahnung zwischen dem treuhandvertrag und dem gesellschaftsvertrag, auf der sich die vom bgh vorausgesetzte unmittelbare gesellschaftsrechtliche stellung des klägers in der fondgesellschaft begründet. 30der rechtsprechung des bgh steht auch die aktienrechtliche regelung des § 67 abs.6 aktg entgegen. die grundsätze des bgh gelten für die personengesellschaft. mit diesen ist die rechtsstellung des aktionärs in der kapitalgesellschaft nicht zu vergleichen (olg münchen az: 23 u 1975/14 urteil vom 05.02.2015, rdz.61). 31es besteht auch kein schützenswertes geheimhaltungsinteresse der mittreugeber aus datenschutzrechtlichen gründen. diese sind zur ausübung ihrer gesellschaftlichen rechte ebenso wie der kläger auf die datenverwendung angewiesen (bgh urteil vom 05.02.2013, az.: ii zr 134/11 rdz 41) sie haben sich freiwillig in die dem gesellschafter gleichgestellte rechtsposition begeben mit allen daraus folgenden rechten und pflichten und wissen, dass dies auch für ihre mittreugeber der fall ist. 32der anspruch des klägers scheitert auch nicht am verbot der unzulässigen rechtsausübung oder der schikane. die beklagten meinen zwar, der kläger habe kein eigenes interesse an der klage und erhebe sie nur, um seinem prozessbevollmächtigten daten für neue potentielle mandanten zu verschaffen. die beklagten tragen aber keine objektiven tatsachen vor, die diesen verdacht erhärten würden. 33bei verständiger würdigung liegt das erkennbare interesse des klägers darin, möglichst effektiv über die beklagte auf die geschicke der fondgesellschaft einfluss zu nehmen. es ist nachvollziehbar, wenn der kläger –mit hilfe eines rechtsanwalts- durch die bildung einer anlegerinteressengemeinschaft seine verhandlungsposition und die möglichkeit zur einflussnahme auf die geschicke der fondgesellschaft verbessern will. auf grund der hohen anzahl der treugeber sind die möglichkeiten der einflussnahme für ihn alleine gering. gerade deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob der kläger in der vergangenheit seine mitgliedschaftsrechte persönlich ausgeübt hat. jetzt möchte er es jedenfalls. es würde auch einleuchten, wenn der kläger sich hierfür rechtsbeistand von einem rechtsanwalt suchen würde, der auch weitere treugeber der beklagten vertritt. denn der aufwand, die angelegenheiten der fondgesellschaft so nachzuvollziehen, dass auf grund fundierten kenntnisstandes einfluss auf deren geschicke ausgeübt werden kann, ist so groß, dass dies nur schwerlich von einem anleger allein in auftrag gegeben und finanziert werden kann. 34der bekanntgabe der daten stehen auch nicht § 28 bdsg oder art 7 s. 2 a der datenschutzrichtlinie 95/46/eg entgegen. die verarbeitung personenbezogener daten darf erfolgen, wenn sie erforderlich für die erfüllung des vertrages sind, dessen vertragspartner die betroffene person ist. diese voraussetzungen liegen hier gerade vor. der treugeber hält sich im rahmen des vertragszweckes. er benötigt die daten, um seine –mittelbaren- stimmrechte im gesellschaftsvertrag ausüben zu können (olg münchen urteil vom 05.02.2015 az 23 u 1875/14 rdz.51.59). 35die hilfswiderklage ist nicht begründet. 36der kläger darf die informationen über den namen und die kontaktdaten der übrigen treugeber uneingeschränkt nutzen, soweit dies der ausübung seiner weisungsbefugnisse gegenüber der beklagten und seiner gesellschafterrechte bei der fondgesellschaft dient. dabei ist nicht zu beanstanden, wenn ein von ihm beauftragter rechtsanwalt auch das mandat anderer treugeber übernimmt. dem interesse des klägers dient der zusammenschluss der treugeber bei gleicher interessenlage. es ist interessengerecht, wenn dies durch einen rechtsanwalt fachkundig in die wege geleitet und begleitet wird. eine darüberhinausgehende verwendung ist dem kläger nicht zu untersagen. insoweit fehlt die klagebefugnis. denn es bestehen keinerlei anhaltspunkte dafür, dass der kläger die daten zu anderen als gesellschaftsrechtlichen zwecken nutzen wollte. 37der kläger muss die beklagte auch nicht von ansprüchen anderer gesellschafter und treugeber freistellen. gesellschafter können schon keine ansprüche stellen, denn der kläger verlangt deren daten nicht. auch für ansprüche von treugebern haftet der kläger nicht. wie oben dargestellt, verstößt die weitergabe der kontaktdaten nicht gegen datenschutzrechtliche vorschriften sondern beruht auf dem inbegriff des gesellschaftsvertrages und des treuhandvertrages. jedenfalls wäre die inanspruchnahme durch andere treugeber nicht vom kläger verursacht. die ursache liegt im risikobereich der beklagten. denn es ist an ihr, durch die regelungen im treuhandvertrag, für ihre treugeber die ausübung der grundlegenden und unabdingbaren gesellschafterrechte sicherzustellen. 38die nebenentscheidungen ergehen gemäß §§ 91 abs.1, 709 s.1 zpo. 39streitwert: 5000 € (§ 45 abs. 1 gkg) 40rechtsbehelfsbelehrung: 41gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 421. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 432. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 44die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht düsseldorf, werdener straße 1, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 45die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht düsseldorf zu begründen. 46die parteien müssen sich vor dem landgericht düsseldorf durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 47mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 48x
Klaeger*in
1
323,875
27 K 10084/17.A
2019-10-14T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger, geboren am 00.00.1994, ist nach eigenen Angaben nigerianischer Staatsangehöriger vom Volk der Ibo und christlicher Religionszugehörigkeit. Er reiste nach eigenen Angaben über Niger, Algerien, Marokko und Spanien am 18. Oktober 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 28. September 2016 einen Asylantrag. 3Die persönliche Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) erfolgte am 29. Dezember 2016. Hier trug der Kläger im Wesentlichen vor: Er sei als Mitglied der Biafra-Unabhängigkeitsbewegung MASSOB von der nigerianischen Regierung gesucht worden. Beim letzten Treffen im Jahr 2012 habe jedes Mitglied anwesend sein müssen. Nach etwa einer Stunde sei dieses Treffen jedoch unterbrochen worden, weil die Polizei gekommen sei und ca. 80 Versammlungsteilnehmer festgenommen habe. Die Polizei habe sie in ein leerstehendes Gebäude gebracht. Sie seien dort für einen Monat festgehalten worden. Ihm und fünf weiteren Gefangenen sei der Ausbruch gelungen und sie seien wieder in ihrer Heimatstädte zurückgekehrt. Einen Monat später habe er erfahren, dass die übrigen Gefangenen von der Polizei erschossen und in den Ezu River im Anambra State geworfen worden seien. Laut der nigerianischen Polizei habe es sich bei den Leichen um Kriminelle gehandelt. Er habe jedoch einige Leute als Mitglieder der MASSOB identifizieren können. Dies habe er auch öffentlich gesagt. Eine Woche darauf sei er von der Polizei in der elterlichen Wohnung gesucht worden, als er gerade beim Gottesdienst gewesen sei. Seine Mutter habe ihm daraufhin die Ausreise empfohlen und ihm Geld dafür gegeben. Beim ersten Versuch sei er jedoch von Spanien wieder nach Nigeria abgeschoben worden. Bei seiner Einreise über den Flughafen in Lagos sei er nicht verhaftet worden. Er habe dann von Lagos aus Kontakt mit seiner Mutter aufgenommen. Diese habe geschrien, dass sein Vater wegen ihm gestorben sei, nachdem die Polizei ihn abgeholt und festgehalten habe. Seine Mutter habe ihm weiter gesagt, dass er überall gesucht würde und das Land wieder verlassen müsse. Daraufhin habe er einen Freund in Marokko angerufen, der eine Person beauftragt habe, die den Kläger nach einer Woche von Nigeria nach Marokko gebracht habe. 4Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 17. Mai 2017 – zugestellt am 29. Mai 2017 – die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1), die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigten (Ziffer 2) sowie die Zuerkennung subsidiären Schutzes (Ziffer 3) ab und stellte fest, dass in der Person des Klägers keine Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen (Ziffer 4). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen zu verlassen. Im Falle der Nichteinhaltung dieser Ausreisefrist wurde ihm die Abschiebung nach Nigeria oder in einen anderen Staat, in den er einreisen dürfte oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei, angedroht (Ziffer 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 6). Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Der Kläger habe seine begründete Furcht vor Verfolgung oder ernsthaften Schaden nicht glaubhaft gemacht. 5Der Kläger hat am 2. Juni 2017 Klage erhoben. Zu deren Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend im Wesentlichen vor: Weil die nigerianische Polizei ihn selbst nicht gefunden habe, habe sie seinen Vater mitgenommen. Sie hätten gesagt, dass sie ihn nur freilassen würden, wenn seine Familie ihn – den Kläger – ausliefere. Bis heute habe niemand mehr etwas von seinem Vater gehört. Nach seiner ersten Abschiebung sei er von Lagos nach Port Harcourt gegangen. Dort habe er mithilfe eines Betrages von 50,- Euro, den er von den spanischen Behörden erhalten habe, einen Trinkwasserverkauf auf der Straße betrieben, bzw. sich für mehrere Wochen im Haus versteckt. Eines Tages habe ihn dann seine Mutter angerufen und gesagt, dass ihn Leute auf der Straße in Port Harcourt erkannt hätten und die Polizei jeden Moment kommen würde. Da habe er Angst bekommen und seinen Freund in Marokko angerufen. Dieser habe gesagt, er habe Glück, ein anderer Freund sei gerade in Nigeria und werde den Kläger mit nach Marokko nehmen. Mit diesem Mann habe er sich dann getroffen und sei mit ihm von Port Harcourt aus nach Marokko gereist. Im September 2019 sei sein Bruder an einer Krankheit verstorben. Auf der Beerdigung sei die Polizei aufgetaucht und habe nach dem Kläger gesucht. Dies habe er über seinen Freund in Marokko erfahren, der diese Information wiederum von der Person bekommen habe, die den Kläger seinerzeit von Nigeria nach Marokko gebracht habe. Er sei inzwischen aktives Mitglied der IPOB, nehme in Deutschland regelmäßig an Demonstrationen teil und verbreite entsprechende Informationen in sozialen Netzwerken. 6Der Kläger beantragt, 7die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 17. Mai 2017 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und ihn als Asylberechtigten anzuerkennen, 8hilfsweise, ihm subsidiären Schutz zuzuerkennen, 9weiter hilfsweise, festzustellen, dass in seiner Person Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Nigerias vorliegen. 10Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 11die Klage abzuweisen. 12Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung persönlich angehört worden. Wegen des Inhalts der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift, wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. 13Entscheidungsgründe: 14Das Gericht konnte durch den Einzelrichter entscheiden, nachdem ihm das Verfahren durch Beschluss der Kammer zur Entscheidung übertragen worden ist (§ 76 Abs. 1 AsylG). 15Ferner konnte das Gericht trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden. Die Beklagte ist zur mündlichen Verhandlung formlos geladen und gemäß § 102 Abs. 2 VwGO darauf hingewiesen worden, dass bei Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann. Die Ladung konnte formlos erfolgen, weil die Beklagte mit allgemeiner Prozesserklärung auf eine förmliche Ladung verzichtet hat. 16Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 17. Mai 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat zu dem für die Entscheidung maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylG) keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG. 17Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG oder das Bundesamt hat nach § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG von der Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG abgesehen. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist - im Einklang mit dem unionsrechtlichen und dem internationalen Flüchtlingsrecht - ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten nach § 3a Abs. 1 AsylG Handlungen, die (1.) aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist, oder (2.) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist. Diese Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Neufassung, ABl. L 337 S. 9) - Anerkennungsrichtlinie - umsetzende Legaldefinition der Verfolgungshandlung erfährt in § 3a Abs. 2 AsylG - im Einklang mit Art. 9 Abs. 2 Richtlinie 2011/95/EU - eine Ausgestaltung durch einen nicht abschließenden Katalog von Regelbeispielen. Danach kann die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt (Nr. 1) ebenso wie eine unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung (Nr. 2) ausreichen. Die Annahme einer Verfolgungshandlung setzt einen gezielten Eingriff in ein flüchtlingsrechtlich geschütztes Rechtsgut voraus. Die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten Verfolgungsgründe (Rasse, Religion, Nationalität, politische Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe) werden in § 3b Abs. 1 AsylG konkretisiert. Unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass eine Person in einer Angelegenheit, die die in § 3c AsylG genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt (§ 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG). Gemäß § 3b Abs. 2 AsylG ist es bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, unerheblich, ob dieser tatsächlich die flüchtlingsschutzrelevanten Merkmale aufweist, sofern ihm diese von seinem Verfolger zugeschrieben werden. Zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten und in § 3b AsylG konkretisierten Verfolgungsgründen und den in § 3a Abs. 1 und 2 AsylG beschriebenen Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylG, Art. 9 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU). Die Maßnahme muss darauf gerichtet sein, den von ihr Betroffenen gerade in Anknüpfung an einen oder mehrere Verfolgungsgründe zu treffen. Ob die Verfolgung in diesem Sinne "wegen" eines Verfolgungsgrundes erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme zu beurteilen, nicht hingegen nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten. Diese Zielgerichtetheit muss nicht nur hinsichtlich der durch die Verfolgungshandlung bewirkten Rechtsgutverletzung, sondern auch in Bezug auf die Verfolgungsgründe im Sinne des § 3b AsylG, an die die Handlung anknüpft, anzunehmen sein. Für eine derartige "Verknüpfung" reicht ein Zusammenhang im Sinne einer Mitverursachung aus. Ein bestimmter Verfolgungsgrund muss nicht die zentrale Motivation oder alleinige Ursache einer Verfolgungsmaßnahme sein; indes genügt eine lediglich entfernte, hypothetische Verknüpfung mit einem Verfolgungsgrund nicht den Anforderungen des § 3a Abs. 3 AsylG. Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer - bei einer hypothetisch zu unterstellenden Rückkehr - die vorgenannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr ("real risk") abstellt; das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Hierfür ist erforderlich, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine individuelle Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb die dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Diese Würdigung ist auf der Grundlage einer "qualifizierenden" Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung vorzunehmen. Hierbei sind gemäß Art. 4 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU neben den Angaben des Antragstellers und seiner individuellen Lage auch alle mit dem Herkunftsland verbundenen flüchtlingsrelevanten Tatsachen zu berücksichtigen. Entscheidend ist, ob in Anbetracht der Gesamtumstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann. Eine in diesem Sinne wohlbegründete Furcht vor einem Ereignis kann auch dann vorliegen, wenn bei einer "quantitativen" oder mathematischen Betrachtungsweise ein Wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50 % für dessen Eintritt besteht. In einem solchen Fall reicht zwar die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht aus; ein vernünftig denkender Mensch wird sie außer Betracht lassen. Ergeben jedoch die Gesamtumstände des Falles die "reale Möglichkeit“ einer Verfolgung, wird auch ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen. Bei der Abwägung aller Umstände ist die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in einem gewissen Umfang in die Betrachtung einzubeziehen. Besteht bei quantitativer Betrachtungsweise nur eine geringe mathematische Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung, macht es auch aus der Sicht eines besonnen und vernünftig denkenden Menschen bei der Überlegung, ob er in seinen Heimatstaat zurückkehren kann, einen erheblichen Unterschied, ob er z.B. lediglich eine Gefängnisstrafe von einem Monat oder aber die Todesstrafe riskiert. Maßgebend ist damit letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit; sie bildet das vorrangige qualitative Kriterium, das bei der Beurteilung anzulegen ist, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr "beachtlich" ist. Dieser im Tatbestandsmerkmal "aus begründeter Furcht vor Verfolgung" enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab gilt unabhängig von der Frage, ob der Antragsteller vorverfolgt ausgereist ist oder nicht. Vorverfolgte werden nach den unionsrechtlichen Vorgaben nicht über einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab, sondern über die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU privilegiert. Danach besteht bei ihnen eine tatsächliche Vermutung, dass ihre Furcht vor Verfolgung begründet ist. Diese Vermutung kann widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe dagegen sprechen, dass ihnen erneut eine derartige Verfolgung droht. 18Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2019 – 1 C 37/18 –, juris, Rn. 9 - 14, m.w.N. 19An stichhaltigen Gründen für eine Verfolgung fehlt es, wenn eine sog. "hinreichende Verfolgungssicherheit" im Sinne der Rechtsprechung des BVerwG besteht, weil mit dem Wiederaufleben einer ursprünglichen Verfolgung nicht zu rechnen ist und das erhöhte Risiko einer erstmaligen gleichartigen Verfolgung aus anderen Gründen nicht besteht. 20Vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 27. November 2009 - 2 Bf 337/02.A, juris; Zeitler, HTK-AuslR (Stand: 28. Mai 2019), § 3 AsylG, zu Abs. 1, Rn. 40. 21Der Ausländer hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung eine Verfolgung droht. Hierzu gehört, dass der Ausländer zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen. Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u. a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Ausländers berücksichtigen werden. 22Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23/12 -, juris, Rn. 20ff. m.w.N., sowie Beschluss vom 3. August 1990 - 9 B 45/90 -, juris, Rn. 2 (zu Art. 16a GG); OVG NRW, Urteile vom 14. Februar 2014 - 1 A 1139/13.A -, juris, Rn. 35, und vom 17. August 2010 - 8 A 4063/06.A -, juris, Rn. 33; Sächsisches OVG, Urteil vom 29. August 2019 – 3 A 770/17.A –, juris, Rn. 35, vgl. auch: BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. April 1998 – 2 BvR 253/96 –, juris, Rn. 4. 23An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Ausländer im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt. 24Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Februar 1988 - 9 C 273/86 -, juris, Rn. 11, und vom 8. Februar 1989- 9 C 29/87 -, juris, Rn. 8, sowie Beschlüsse vom 12. September 1986 - 9 B 180/86 -, juris, Rn. 5, und vom 23. Mai 1996 - 9 B 273/96 -, juris, Rn. 2; OVG NRW, Beschluss vom 25. April 2002 – 8 A 1530/02.A –, juris, LS 5; Bayerischer VGH, Beschluss vom 18. Juli 2017 – 20 ZB 17.30785 –, juris, Rn. 5. 25Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in der Person des Klägers nicht vor. Es steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Herkunftslandes aufhält. 26Selbst wenn die vom Kläger geschilderten Umstände im Jahr 2013 eine Verfolgung durch die nigerianischen Sicherheitskräfte wegen seiner angeblichen öffentlichen Äußerungen im Zusammenhang mit Leichenfunden im Ezu River begründet hätten, drohte ihm jedenfalls deshalb heute bei einer Rückkehr nach Nigeria nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erneute Verfolgung. Es fehlt insoweit an stichhaltigen Gründen für eine (weitere) Verfolgung. Denn der zu Grunde liegende Sachverhalt wurde zwischenzeitlich öffentlichkeitswirksam in Nigeria aufgearbeitet und geklärt. Demnach ist in Nigeria öffentlich bekannt, dass nach mehreren veröffentlichten Untersuchungen unabhängiger Organisationen die Special Anti-Robbery Squad (SARS) des Anambra State Police Command in die Tötungen der als Anhänger der MASSOB identifizierten Personen verwickelt war. 27Vgl. Ezu River dead bodies: Report indicts police four years after, https://punchng.com/ezu-river-dead-bodies-report-indicts-police-four-years-after/; New Report Indicts SARS for 35 Corpses Found in Ezu River in 2013, https://www.thisdaylive.com/index.php/2017/07/20/new-report-indicts-sars-for-35-corpses-found-in-ezu-river-in-2013/ . 28Unabhängig davon wurden die Umstände, die der Kläger als Kronzeuge zu offenbaren in der Lage sein will, bereits im Jahr 2013 in der nigerianischen Presse veröffentlicht. 29Vgl. Ezu River And The Floating Corpses, http://saharareporters.com/2013/03/02/ezu-river-and-floating-corpses-soc-okenwa . 30Ebenso ist nicht mit einer Verfolgung des Klägers zu rechnen, weil die nigerianischen Sicherheitsbehörden den Kläger für seine angebliche Veröffentlichungen im Jahr 2013 oder seine damalige MASSOB-Mitgliedschaft weiter sanktionieren wollten. Insoweit hat der Kläger selbst im Rahmen seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts angegeben, dass die Sicherheitsbehörden in Nigeria damals keine Kenntnis von seinen Aktivitäten gehabt hätten. Selbst wenn der Kläger insoweit bei seiner ersten Ausreise vorverfolgt gewesen wäre, wäre eine solche Vorverfolgung durch seine zwischenzeitliche Rückkehr nach Nigeria widerlegt. Er ist nach seiner Abschiebung aus Spanien im Jahr 2015 unbehelligt nach Nigeria eingereist und hat – nach seinen letzten Angaben – in Port Harcourt seinen Wohnsitz genommen. Eine dort drohende Verfolgung vor seiner zweiten Ausreise aus Nigeria hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht. Soweit er in diesem Zusammenhang vorträgt, nach einiger Zeit habe ihn seine Mutter telefonisch davon in Kenntnis gesetzt, dass die Polizei von seinem Aufenthalt in Port Harcourt Kenntnis erlangt habe und bereits auf dem Weg dorthin sei, stellt dies bereits keinen substantiierten Vortrag einer unmittelbar drohenden Verfolgung dar. Unabhängig davon ist dieser Vortrag unglaubhaft. Denn er ist gegenüber den Angaben des Klägers beim Bundesamt gesteigert, bzw. weist demgegenüber unauflösbare Widersprüche auf. Beim Bundesamt hat der Kläger einen Aufenthalt in Port Harcourt mit keinem Wort erwähnt. Dort hat er vielmehr angegeben, von Lagos aus mit seiner Mutter telefoniert zu haben, die wütend gewesen sei, weil er das Ansinnen geäußert habe, nach Hause zurückzukommen. Sie habe geschrien, dass man den Vater des Klägers seinetwegen getötet habe und zudem überall nach dem Kläger gesucht werde. Deshalb habe er Kontakt zu seinem Freund in Marokko aufgenommen, der binnen einer Woche die Ausreise des Klägers organisiert habe. Demgegenüber hat der Kläger in seinen Anhörungen in den mündlichen Verhandlungen geschildert, dass er sich nach Port Harcourt begeben habe. In seiner ersten Anhörung hat er berichtet, dass er dort ein Geschäft aufgezogen habe, indem er Trinkwasser auf der Straße verkauft habe. In der zweiten Anhörung war – in erneutem Widerspruch dazu – nur noch die Rede davon, dass er sich im Haus versteckt habe, aber irgendwann – nach mehreren Wochen – zum Einkaufen einmal rausgegangen sei. Jedenfalls habe ihn irgendwann seine Mutter angerufen und darüber informiert, dass er auf der Straße erkannt worden sei und die Polizei jeden Moment kommen müsste. Daraufhin habe er seine Ausreise organisiert. Dies ist nicht nur inhaltlich, sondern auch mit Blick auf den zeitlichen Ablauf unauflösbar widersprüchlich. Ob der Kläger sich ein Geschäft in Port Harcourt aufgebaut haben will, mag dabei dahinstehen. Jedenfalls will er nicht mehr, wie beim Bundesamt berichtet, nach einer Woche mit seinem Helfer ausgereist sein, sondern sich – wie er im Rahmen seiner zweiten Anhörung in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich angegeben hat – mehrere Wochen in Port Harcourt aufgehalten haben. 31Darüber hinaus widerspricht es jeder Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger in einer Stadt wie Port Harcourt, die über 2,5 Millionen Einwohner hat, 32vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Port_Harcourt, 33erkannt worden sein soll. Noch fernliegender ist es, dass selbst wenn der Kläger erkannt worden wäre, dies der Polizei im Heimatort seiner Mutter, in P. , das – soweit ersichtlich – 150 km von Port Harcourt entfernt und vor allem in einem anderen Bundesstaat liegt, mitgeteilt worden wäre. Gänzlich fernliegend ist es jedoch, dass daraufhin bundesstaatsübergreifend polizeiliche Maßnahmen ergriffen worden sind, um den Kläger festzunehmen. Es spricht vielmehr aus Sicht des Gerichts alles dafür, dass der Kläger schlicht – unverfolgt – einen weiteren Ausreiseversuch unternommen hat. 34Auch der Vortrag, dass die Polizei seinen Vater mitgenommen und als Geisel gehalten habe, damit seine Familie den Kläger ausliefere, kann ihm nicht geglaubt werden. Auch insofern ist sein Vortrag unauflösbar widersprüchlich. So hat er beim Bundesamt angegeben, seine Mutter habe geschrien, dass sein Vater getötet worden sei. In den mündlichen Verhandlungen hat er dagegen angegeben, niemand kenne das Schicksal seines Vaters, er sei mitgenommen worden und niemand habe je wieder etwas von ihm gehört. Dass der Kläger und vor allem seine Familie das Verschwinden des Vaters ohne weiteres – insbesondere ohne Nachforschungen – hingenommen hätten, bzw. weiter hinnehmen würden, ist zudem nicht nachvollziehbar und unglaubhaft. 35Ebenfalls bereits unsubstantiiert ist der Vortrag des Klägers, dass auf der Beerdigung seines Bruders im vergangenen Monat nach ihm gesucht worden sein soll. Unabhängig davon ist auch dies unglaubhaft. Der Kläger hat insofern vorgetragen, er habe die entsprechende Information von seinem Bekannten, der sich in Marokko aufhalte, erhalten, der dies wiederum von einem anderen Nigerianer wisse, der ständig zwischen Nigeria und Marokko pendele. Dies erscheint schon insofern unsubstantiiert, als unklar geblieben ist, woher der letztgenannte Mann seinerseits die Information erhalten haben soll und ihm diese darüber hinaus so wichtig erschien, dass er seinem Kontaktmann in Marokko hiervon berichtet hätte. Im Übrigen hat der Kläger ausweislich seines Facebook-Profils offenbar selbst direkten Kontakt nach Nigeria. Andernfalls wäre es nicht nachvollziehbar, wie er bereits am Todestag seines Bruders eine entsprechende Nachricht auf seiner Facebook-Seite hat posten können. Hier haben die Informationen offenbar nicht den Umweg über einen Mittelsmann in Marokko genommen. Insoweit wäre bei lebensnaher Betrachtung davon auszugehen, dass dem Kläger ein Ereignis wie die Störung der Beerdigung seines Bruders durch die Polizei direkt von seiner Familie aus Nigeria berichtet wird. Es erscheint zudem fernliegend, dass die Polizei nach nunmehr fast sieben Jahren immer noch gezielt nach dem Kläger suchen sollte, zumal er selbst in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, dass die nigerianischen Sicherheitsbehörden keine Kenntnis von seinen Aktivitäten hatten. Zudem war er zu keinem Zeitpunkt – weder in Nigeria noch in Deutschland, worauf noch einzugehen sein wird, – in herausgehobener Position für die Biafra-Unabhängigkeitsbewegung tätig. 36Es besteht auch nicht das erhöhte Risiko einer erstmaligen gleichartigen Verfolgung aus anderen Gründen. Zwar kann gemäß § 28 Abs. 1a AsylG die begründete Furcht vor Verfolgung i.S.d. § 3 Abs. 1 auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten des Ausländers, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist. Die damit gegebene grundsätzliche Beachtlichkeit exilpolitischer Aktivitäten ändert jedoch nichts am Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, mit der dem Ausländer die Verfolgung im Rückkehrfall drohen muss. 37Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 2019 – 10 C 25/08 –, juris, Rn. 14. 38Eine Verfolgung wegen der Unterstützung der Unabhängigkeit Biafras, insbesondere einer Mitgliedschaft in der IPOB, nach einer Rückkehr nach Nigeria droht indes nicht sämtlichen Unterstützern mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit. Ein solches erhöhtes Risiko besteht nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen allenfalls für die Anführer der IPOB-Bewegung in Nigeria. 39Vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 19. Februar 2019; so auch: Schweizerische Flüchtlingshilfe, Nigéria : Situation des membres du groupe IPOB, 19. Juli 2019, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/nigeria/190719-nga-situation-ipob-asylwiki.pdf, S. 5. 40Festnahmen oder Verhaftungen von IPOB-Mitgliedern einzig aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu der Organisation sind bislang nicht bekannt geworden. 41Vgl. Bundesrepublik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Nigeria, Gesamtaktualisierung vom 12. April 2019, S. 27. 42Dies entspricht den Einschätzungen des European Asylum Support Office (EASO), das ebenfalls davon ausgeht, dass nicht alle Biafra-Anhänger einem entsprechenden Risikoprofil für eine drohende Verfolgung unterfallen, sondern allenfalls sog. „high-profile members”. 43Vgl. EASO, Country Guidance Nigeria, https://easo.europa.eu/sites/default/files/Country_Guidance_Nigeria_2019.pdf, S. 50, 99. 44Dies gilt gleichermaßen für exilpolitische Tätigkeiten für die Unabhängigkeit Biafras. Auch insoweit geht aus den verfügbaren Erkenntnissen hervor, dass allenfalls die Leitungsebene unter Beobachtung steht. Zwar stellt die Schweizerische Flüchtlingshilfe in ihrem jüngsten Bericht zur Lage der IPOB in Nigeria, 45Vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Nigéria : Situation des membres du groupe IPOB, 19. Juli 2019, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/nigeria/190719-nga-situation-ipob-asylwiki.pdf, 46dar, dass der nigerianische Staat die exilpolitischen Tätigkeiten der IPOB beobachte. Anhand der dortigen Beispiele, wonach etwa nigerianische Regierungsmitglieder geäußert hätten, Frankreich sei das Finanzzentrum der IPOB, bzw. diese habe ihren Hauptsitz über Radio Biafra in London, wird jedenfalls deutlich, dass es hier allenfalls um eine Beobachtung der Exilpolitik auf höchster Ebene gehen kann. Hieraus kann indes nicht geschlossen werden, dass der nigerianische Staat etwa sämtliche IPOB-Anhänger, die in Europa an Demonstrationen teilnehmen oder sich in sozialen Medien engagieren, überwachen oder gar registrieren würde. Hiergegen spricht im Gegenteil die vom erkennenden Gericht in einem Parallelverfahren eingeholte Auskunft des Auswärtigen Amtes, wonach insbesondere im Rahmen der Einreise keine Kontrollen mit Blick auf etwaige politische Straftaten stattfinden. 47Vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 19. Dezember 2018, zu Frage 3; Auskunft an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 19. Februar 2019. 48Nach diesen Maßgaben ist eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit nicht gegeben. Der Kläger ist schon kein Mitglied der IPOB in Nigeria, sondern allein des deutschen IPOB-Vereins. Hier ist er nach eigenen Angaben auch kein führendes Mitglied. So hat er zwar angegeben, in Deutschland regelmäßig an Demonstrationen teilzunehmen und teilt er regelmäßig öffentlich entsprechende Inhalte auf Facebook. Eine leitende oder herausgehobene Funktion hat er dagegen weder substantiiert vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Im Gegenteil hat er auf ausdrückliche Frage des Gerichts angegeben, außer dem Anführer Nnamdi Kanu und etwaigen lokalen Koordinatoren gebe es keine Anführer der Bewegung. 49Unabhängig davon und selbständig tragend gilt: Selbst wenn unterstellt wird, dass der Kläger nicht in seinen Heimatort zurückkehren kann, steht ihm schon deshalb kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu, weil für ihn eine interne Schutzmöglichkeit i.S. des § 3e AsylG existiert. Es ist dem Kläger möglich, sich einer etwaigen Bedrohung in seiner Heimatregion dadurch zu entziehen, dass er seinen Aufenthalt an einen anderen, ausreichend weit von seiner Heimatstadt entfernten Ort verlagert. Angesichts der tatsächlichen Gegebenheiten Nigerias, einem Land mit ca. 200 Millionen Einwohnern und mehreren Millionenstädten, 50- vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria vom 10. Dezember 2018 (Stand: Oktober 2018), S. 6; https://de.wikipedia.org/wiki/Nigeria#Verwaltung: Einer Schätzung von 2015 zufolge soll es in Nigeria 20 Städte mit mehr als 500.000 Einwohnern, darunter zehn Millionenstädte. Die mit Abstand bevölkerungsreichste Agglomeration ist Lagos mit 13,340 Millionen Einwohnern. Weitere Städte sind etwa Kano (4.030.000 Einwohner), Ibadan (3.060.000 Einw.) und Abuja (2.710.000 Einw.) -, 51das weder über ein Meldewesen verfügt, so dass es keine Möglichkeit gibt, bei einer zuständigen Behörde nach der Wohnanschrift einer Person zu fragen, 52vgl. den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria vom 10. Dezember 2018 (Stand: Oktober 2018), S. 24; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 14. Mai 2014 an das Bundesamt; Bundesrepublik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Nigeria, Gesamtaktualisierung am 2. September 2016, letzte Kurzinformation vom 8. Mai 2017, S. 14.ff, 53noch ein zentrales Fahndungssystem besitzt, 54vgl. Auskünfte des Auswärtigen Amtes vom 21. Juni 2017 an das Bundesamt (zu Anfragen vom 17. März 2017 und 10. April 2017); Bundesrepublik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Nigeria, Gesamtaktualisierung am 2. September 2016, letzte Kurzinformation vom 8. Mai 2017, S. 61, 55ist die Wahrscheinlichkeit, einen Menschen in einem anderen Landesteil außerhalb seiner Heimatregion zu finden, als gering einzuschätzen. 56S. auch Bundesrepublik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Nigeria, Gesamtaktualisierung am 2. September 2016, letzte Kurzinformation vom 8. Mai 2017, S. 18, wonach die Terroristen nicht in der Lage sind, eine Person überall in Nigeria aufzuspüren; auch Deserteure der Boko Haram können danach in den Süden umsiedeln, wo sie sicher sind; s. ferner S. 40 und 61. 57Asyl-Rückkehrer werden keiner Überprüfung seitens der Kriminalpolizei im Zusammenhang mit laufenden Verfahren unterzogen. Dies gilt auch in Bezug auf etwaige Verbindungen zur Biafra-Unabhängigkeitsbewegung. Es existieren auch keine sichtbaren Fahndungslisten an Flughäfen. 58Vgl. Auskünfte des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 19. Februar 2019 zu Az. 27 K 9057/17 und 19. Dezember 2018 zu Az. 27 K 10421/17.A, zu Frage 3. 59Auch würden einfache Unterstützer der Unabhängigkeit Biafras nicht in ganz Nigeria erkannt werden. Dies würde allenfalls für die medial sehr präsenten Unabhängigkeitsführer oder die Drahtzieher der Bewegung („high-profile-members“) gelten. 60Vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 19. Februar 2019 zu Az. 27 K 9057/17; EASO, Country Guidance Nigeria, https://easo.europa.eu/sites/default/files/Country_Guidance_Nigeria_2019.pdf, S. 50, 99; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Nigéria : Situation des membres du groupe IPOB, 19. Juli 2019, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/nigeria/190719-nga-situation-ipob-asylwiki.pdf. 61Der Kläger hat im Übrigen keine durchgreifenden Gründe vorgetragen, die dagegen sprechen würden, dass vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich andernorts niederlässt. 62Der Einzelrichter verkennt nicht, dass die wirtschaftliche Lage für einen großen Teil der Bevölkerung Nigerias schwierig ist. Jedoch sind für die Bewertung des konkreten Einzelfalles die Möglichkeiten der Lebensunterhaltssicherung in der Person des Klägers in den Blick zu nehmen. Davon ausgehend ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger als junger, erwachsener und arbeitsfähiger Mann, der nicht zuletzt durch seine Reise nach Europa bewiesen hat, dass er sich in einer für ihn unbekannten Umgebung behaupten kann, in einem anderen Landesteil nicht seinen Lebensunterhalt bestreiten könnte. Außerdem verfügt der Kläger eigenen Angaben zufolge über familiäre Kontakte in Nigeria. 63Anhaltspunkte für einen besonderen Ausnahmefall, in dem humanitäre Gründe in der Person des Klägers zwingend gegen eine Aufenthaltsbeendigung bzw. gegen eine Rückführung nach Nigeria sprechen, sind vorliegend nicht ersichtlich. 64Aus den vorstehenden Gründen scheidet auch ein Anspruch auf die Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG aus. Die Voraussetzungen der Asylanerkennung gemäß Art. 16 a Abs. 1 GG und der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG unterscheiden sich lediglich dadurch, dass der Schutzbereich des § 3 AsylG weiter gefasst ist. Die engeren Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigte liegen somit nach Ablehnung des Flüchtlingsschutzes ebenfalls nicht vor. 65Vgl. VG Saarland, Urteil vom 30. September 2019 – 3 K 1831/18 –, juris, Rn. 30. 66Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Kläger hat - aus den bereits genannten Erwägungen - keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht, dass ihm bei einer Rückkehr nach Nigeria ein solcher ernsthafter Schaden droht. 67Es sind keine Anhaltspunkte für Abschiebungsverbote im Sinne von § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG vorgetragen oder sonst ersichtlich. 68Die Abschiebungsandrohung beruht auf §§ 34, 38 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 59 AufenthG. 69Die Anordnung des befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 AufenthG ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Insoweit ist es unschädlich, dass die Beklagte im Begründungsteil des Bescheides unter 6. im Rahmen ihrer Ermessensausübung die Vorschrift des § 11 AufenthG in der bis zum 20. August 2019 geltenden Fassung anführt. Denn durch die Neufassung des § 11 AufenthG haben sich die für die behördliche Fristbestimmung zu berücksichtigenden Umstände nicht geändert. Der Gesetzgeber hat lediglich klarstellend die bisherige Rechtslage an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes unionsrechtskonform als behördliche Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbotes zu verstehen ist, 70Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Juli 2017 – 1 VR 3/17 –, juris, Rn. 70 ff., 71angepasst. 72Vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 22. August 2019 – A 19 K 1718/17 –, juris, Rn. 38. 73Die Ermessensentscheidung der Beklagten, die von Amts wegen vorzunehmende Befristung in der Mitte des von § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG – auch in seiner ab dem 21. August 2019 geltenden Fassung – für den Regelfall aufgezeigten Rahmens von bis zu fünf Jahren anzusiedeln, begegnet auch im Übrigen keinen Bedenken. Einwände werden vom Kläger auch nicht vorgetragen. Entsprechend dem Wortlaut des § 11 Abs. 2 Satz 2 AufenthG gilt das Einreise- und Aufenthaltsverbot unter der aufschiebenden Bedingung der Abschiebung. 74Im Übrigen wird auf die Gründe des angegriffenen Bescheides Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG). 75Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83 b AsylG. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 und 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der ZPO. 76Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG. 77Rechtsmittelbelehrung: 78Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beantragt werden. Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster. 79Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 801. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 812. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 823. ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 83Der Antrag ist schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 84Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 85In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. 86Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 87Die Antragsschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der kläger, geboren am 00.00.1994, ist nach eigenen angaben nigerianischer staatsangehöriger vom volk der ibo und christlicher religionszugehörigkeit. er reiste nach eigenen angaben über niger, algerien, marokko und spanien am 18. oktober 2015 in die bundesrepublik deutschland ein und stellte am 28. september 2016 einen asylantrag. 3die persönliche anhörung beim bundesamt für migration und flüchtlinge (nachfolgend: bundesamt) erfolgte am 29. dezember 2016. hier trug der kläger im wesentlichen vor: er sei als mitglied der biafra-unabhängigkeitsbewegung massob von der nigerianischen regierung gesucht worden. beim letzten treffen im jahr 2012 habe jedes mitglied anwesend sein müssen. nach etwa einer stunde sei dieses treffen jedoch unterbrochen worden, weil die polizei gekommen sei und ca. 80 versammlungsteilnehmer festgenommen habe. die polizei habe sie in ein leerstehendes gebäude gebracht. sie seien dort für einen monat festgehalten worden. ihm und fünf weiteren gefangenen sei der ausbruch gelungen und sie seien wieder in ihrer heimatstädte zurückgekehrt. einen monat später habe er erfahren, dass die übrigen gefangenen von der polizei erschossen und in den ezu river im anambra state geworfen worden seien. laut der nigerianischen polizei habe es sich bei den leichen um kriminelle gehandelt. er habe jedoch einige leute als mitglieder der massob identifizieren können. dies habe er auch öffentlich gesagt. eine woche darauf sei er von der polizei in der elterlichen wohnung gesucht worden, als er gerade beim gottesdienst gewesen sei. seine mutter habe ihm daraufhin die ausreise empfohlen und ihm geld dafür gegeben. beim ersten versuch sei er jedoch von spanien wieder nach nigeria abgeschoben worden. bei seiner einreise über den flughafen in lagos sei er nicht verhaftet worden. er habe dann von lagos aus kontakt mit seiner mutter aufgenommen. diese habe geschrien, dass sein vater wegen ihm gestorben sei, nachdem die polizei ihn abgeholt und festgehalten habe. seine mutter habe ihm weiter gesagt, dass er überall gesucht würde und das land wieder verlassen müsse. daraufhin habe er einen freund in marokko angerufen, der eine person beauftragt habe, die den kläger nach einer woche von nigeria nach marokko gebracht habe. 4das bundesamt lehnte mit bescheid vom 17. mai 2017 – zugestellt am 29. mai 2017 – die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft (ziffer 1), die anerkennung des klägers als asylberechtigten (ziffer 2) sowie die zuerkennung subsidiären schutzes (ziffer 3) ab und stellte fest, dass in der person des klägers keine abschiebungsverbote gemäß § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthg vorliegen (ziffer 4). der kläger wurde aufgefordert, die bundesrepublik deutschland innerhalb von 30 tagen zu verlassen. im falle der nichteinhaltung dieser ausreisefrist wurde ihm die abschiebung nach nigeria oder in einen anderen staat, in den er einreisen dürfte oder der zu seiner rückübernahme verpflichtet sei, angedroht (ziffer 5). das gesetzliche einreise- und aufenthaltsverbot gemäß § 11 abs. 1 aufenthg wurde auf 30 monate ab dem tag der abschiebung befristet (ziffer 6). zur begründung führte es im wesentlichen aus: der kläger habe seine begründete furcht vor verfolgung oder ernsthaften schaden nicht glaubhaft gemacht. 5der kläger hat am 2. juni 2017 klage erhoben. zu deren begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges vorbringen und trägt ergänzend im wesentlichen vor: weil die nigerianische polizei ihn selbst nicht gefunden habe, habe sie seinen vater mitgenommen. sie hätten gesagt, dass sie ihn nur freilassen würden, wenn seine familie ihn – den kläger – ausliefere. bis heute habe niemand mehr etwas von seinem vater gehört. nach seiner ersten abschiebung sei er von lagos nach port harcourt gegangen. dort habe er mithilfe eines betrages von 50,- euro, den er von den spanischen behörden erhalten habe, einen trinkwasserverkauf auf der straße betrieben, bzw. sich für mehrere wochen im haus versteckt. eines tages habe ihn dann seine mutter angerufen und gesagt, dass ihn leute auf der straße in port harcourt erkannt hätten und die polizei jeden moment kommen würde. da habe er angst bekommen und seinen freund in marokko angerufen. dieser habe gesagt, er habe glück, ein anderer freund sei gerade in nigeria und werde den kläger mit nach marokko nehmen. mit diesem mann habe er sich dann getroffen und sei mit ihm von port harcourt aus nach marokko gereist. im september 2019 sei sein bruder an einer krankheit verstorben. auf der beerdigung sei die polizei aufgetaucht und habe nach dem kläger gesucht. dies habe er über seinen freund in marokko erfahren, der diese information wiederum von der person bekommen habe, die den kläger seinerzeit von nigeria nach marokko gebracht habe. er sei inzwischen aktives mitglied der ipob, nehme in deutschland regelmäßig an demonstrationen teil und verbreite entsprechende informationen in sozialen netzwerken. 6der kläger beantragt, 7die beklagte unter teilweiser aufhebung des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 17. mai 2017 zu verpflichten, ihm die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und ihn als asylberechtigten anzuerkennen, 8hilfsweise, ihm subsidiären schutz zuzuerkennen, 9weiter hilfsweise, festzustellen, dass in seiner person abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthg hinsichtlich nigerias vorliegen. 10die beklagte beantragt schriftsätzlich, 11die klage abzuweisen. 12der kläger ist in der mündlichen verhandlung persönlich angehört worden. wegen des inhalts der mündlichen verhandlung wird auf die sitzungsniederschrift, wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. 13
14das gericht konnte durch den einzelrichter entscheiden, nachdem ihm das verfahren durch beschluss der kammer zur entscheidung übertragen worden ist (§ 76 abs. 1 asylg). 15ferner konnte das gericht trotz ausbleibens der beklagten in der mündlichen verhandlung verhandeln und entscheiden. die beklagte ist zur mündlichen verhandlung formlos geladen und gemäß § 102 abs. 2 vwgo darauf hingewiesen worden, dass bei ausbleiben eines beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann. die ladung konnte formlos erfolgen, weil die beklagte mit allgemeiner prozesserklärung auf eine förmliche ladung verzichtet hat. 16die klage hat keinen erfolg. sie ist zulässig, aber unbegründet. der bescheid des bundesamtes vom 17. mai 2017 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 und abs. 5 satz 1 vwgo). der kläger hat zu dem für die entscheidung maßgebenden zeitpunkt der mündlichen verhandlung (§ 77 abs. 1 satz 1 halbsatz 1 asylg) keinen anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 abs. 4 i.v.m. abs. 1 asylg. 17gemäß § 3 abs. 4 asylg wird einem ausländer, der flüchtling nach § 3 abs. 1 asylg ist, die flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die voraussetzungen des § 60 abs. 8 satz 1 aufenthg oder das bundesamt hat nach § 60 abs. 8 satz 3 aufenthg von der anwendung des § 60 abs. 1 aufenthg abgesehen. nach § 3 abs. 1 asylg ist - im einklang mit dem unionsrechtlichen und dem internationalen flüchtlingsrecht - ein ausländer flüchtling im sinne des abkommens vom 28. juli 1951 über die rechtsstellung der flüchtlinge (gk), wenn er sich aus begründeter furcht vor verfolgung wegen seiner rasse, religion, nationalität, politischen überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe außerhalb des landes (herkunftsland) befindet, dessen staatsangehörigkeit er besitzt und dessen schutz er nicht in anspruch nehmen kann oder wegen dieser furcht nicht in anspruch nehmen will. als verfolgung im sinne des § 3 abs. 1 asylg gelten nach § 3a abs. 1 asylg handlungen, die (1.) aufgrund ihrer art oder wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende verletzung der grundlegenden menschenrechte darstellen, insbesondere der rechte, von denen nach art. 15 abs. 2 der konvention vom 4. november 1950 zum schutze der menschenrechte und grundfreiheiten (emrk) keine abweichung zulässig ist, oder (2.) in einer kumulierung unterschiedlicher maßnahmen, einschließlich einer verletzung der menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine person davon in ähnlicher weise betroffen ist. diese art. 9 abs. 1 richtlinie 2011/95/eu des europäischen parlaments und des rates vom 13. dezember 2011 über normen für die anerkennung von drittstaatsangehörigen oder staatenlosen als personen mit anspruch auf internationalen schutz, für einen einheitlichen status für flüchtlinge oder für personen mit anrecht auf subsidiären schutz und für den inhalt des zu gewährenden schutzes (neufassung, abl. l 337 s. 9) - anerkennungsrichtlinie - umsetzende legaldefinition der verfolgungshandlung erfährt in § 3a abs. 2 asylg - im einklang mit art. 9 abs. 2 richtlinie 2011/95/eu - eine ausgestaltung durch einen nicht abschließenden katalog von regelbeispielen. danach kann die anwendung physischer oder psychischer gewalt (nr. 1) ebenso wie eine unverhältnismäßige oder diskriminierende strafverfolgung oder bestrafung (nr. 2) ausreichen. die annahme einer verfolgungshandlung setzt einen gezielten eingriff in ein flüchtlingsrechtlich geschütztes rechtsgut voraus. die in § 3 abs. 1 nr. 1 asylg genannten verfolgungsgründe (rasse, religion, nationalität, politische überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe) werden in § 3b abs. 1 asylg konkretisiert. unter dem begriff der politischen überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass eine person in einer angelegenheit, die die in § 3c asylg genannten potenziellen verfolger sowie deren politiken oder verfahren betrifft, eine meinung, grundhaltung oder überzeugung vertritt (§ 3b abs. 1 nr. 5 asylg). gemäß § 3b abs. 2 asylg ist es bei der bewertung der frage, ob die furcht eines ausländers vor verfolgung begründet ist, unerheblich, ob dieser tatsächlich die flüchtlingsschutzrelevanten merkmale aufweist, sofern ihm diese von seinem verfolger zugeschrieben werden. zwischen den in § 3 abs. 1 nr. 1 asylg genannten und in § 3b asylg konkretisierten verfolgungsgründen und den in § 3a abs. 1 und 2 asylg beschriebenen verfolgungshandlungen oder dem fehlen von schutz vor solchen handlungen muss eine verknüpfung bestehen (§ 3a abs. 3 asylg, art. 9 abs. 3 richtlinie 2011/95/eu). die maßnahme muss darauf gerichtet sein, den von ihr betroffenen gerade in anknüpfung an einen oder mehrere verfolgungsgründe zu treffen. ob die verfolgung in diesem sinne "wegen" eines verfolgungsgrundes erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen charakters nach der erkennbaren gerichtetheit der maßnahme zu beurteilen, nicht hingegen nach den subjektiven gründen oder motiven, die den verfolgenden dabei leiten. diese zielgerichtetheit muss nicht nur hinsichtlich der durch die verfolgungshandlung bewirkten rechtsgutverletzung, sondern auch in bezug auf die verfolgungsgründe im sinne des § 3b asylg, an die die handlung anknüpft, anzunehmen sein. für eine derartige "verknüpfung" reicht ein zusammenhang im sinne einer mitverursachung aus. ein bestimmter verfolgungsgrund muss nicht die zentrale motivation oder alleinige ursache einer verfolgungsmaßnahme sein; indes genügt eine lediglich entfernte, hypothetische verknüpfung mit einem verfolgungsgrund nicht den anforderungen des § 3a abs. 3 asylg. die furcht vor verfolgung ist begründet, wenn dem ausländer - bei einer hypothetisch zu unterstellenden rückkehr - die vorgenannten gefahren aufgrund der in seinem herkunftsland gegebenen umstände in anbetracht seiner individuellen lage mit beachtlicher wahrscheinlichkeit drohen. dieser wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte (egmr), der bei der prüfung des art. 3 emrk auf die tatsächliche gefahr ("real risk") abstellt; das entspricht dem maßstab der beachtlichen wahrscheinlichkeit. hierfür ist erforderlich, dass bei einer zusammenfassenden würdigung des zur prüfung gestellten lebenssachverhalts die für eine individuelle verfolgung sprechenden umstände ein größeres gewicht besitzen und deshalb die dagegen sprechenden tatsachen überwiegen. diese würdigung ist auf der grundlage einer "qualifizierenden" betrachtungsweise im sinne einer gewichtung und abwägung aller festgestellten umstände und ihrer bedeutung vorzunehmen. hierbei sind gemäß art. 4 abs. 3 richtlinie 2011/95/eu neben den angaben des antragstellers und seiner individuellen lage auch alle mit dem herkunftsland verbundenen flüchtlingsrelevanten tatsachen zu berücksichtigen. entscheidend ist, ob in anbetracht der gesamtumstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen menschen in der lage des betroffenen furcht vor verfolgung hervorgerufen werden kann. eine in diesem sinne wohlbegründete furcht vor einem ereignis kann auch dann vorliegen, wenn bei einer "quantitativen" oder mathematischen betrachtungsweise ein wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50 % für dessen eintritt besteht. in einem solchen fall reicht zwar die bloße theoretische möglichkeit einer verfolgung nicht aus; ein vernünftig denkender mensch wird sie außer betracht lassen. ergeben jedoch die gesamtumstände des falles die "reale möglichkeit“ einer verfolgung, wird auch ein verständiger mensch das risiko einer rückkehr in den heimatstaat nicht auf sich nehmen. bei der abwägung aller umstände ist die besondere schwere des befürchteten eingriffs in einem gewissen umfang in die betrachtung einzubeziehen. besteht bei quantitativer betrachtungsweise nur eine geringe mathematische wahrscheinlichkeit für eine verfolgung, macht es auch aus der sicht eines besonnen und vernünftig denkenden menschen bei der überlegung, ob er in seinen heimatstaat zurückkehren kann, einen erheblichen unterschied, ob er z.b. lediglich eine gefängnisstrafe von einem monat oder aber die todesstrafe riskiert. maßgebend ist damit letztlich der gesichtspunkt der zumutbarkeit; sie bildet das vorrangige qualitative kriterium, das bei der beurteilung anzulegen ist, ob die wahrscheinlichkeit einer gefahr "beachtlich" ist. dieser im tatbestandsmerkmal "aus begründeter furcht vor verfolgung" enthaltene wahrscheinlichkeitsmaßstab gilt unabhängig von der frage, ob der antragsteller vorverfolgt ausgereist ist oder nicht. vorverfolgte werden nach den unionsrechtlichen vorgaben nicht über einen herabgestuften wahrscheinlichkeitsmaßstab, sondern über die beweiserleichterung des art. 4 abs. 4 richtlinie 2011/95/eu privilegiert. danach besteht bei ihnen eine tatsächliche vermutung, dass ihre furcht vor verfolgung begründet ist. diese vermutung kann widerlegt werden. hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige gründe dagegen sprechen, dass ihnen erneut eine derartige verfolgung droht. 18vgl. bverwg, urteil vom 4. juli 2019 – 1 c 37/18 –, juris, rn. 9 - 14, m.w.n. 19an stichhaltigen gründen für eine verfolgung fehlt es, wenn eine sog. "hinreichende verfolgungssicherheit" im sinne der rechtsprechung des bverwg besteht, weil mit dem wiederaufleben einer ursprünglichen verfolgung nicht zu rechnen ist und das erhöhte risiko einer erstmaligen gleichartigen verfolgung aus anderen gründen nicht besteht. 20vgl. ovg hamburg, beschluss vom 27. november 2009 - 2 bf 337/02.a, juris; zeitler, htk-auslr (stand: 28. mai 2019), § 3 asylg, zu abs. 1, rn. 40. 21der ausländer hat unter angabe genauer einzelheiten einen in sich stimmigen sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger würdigung eine verfolgung droht. hierzu gehört, dass der ausländer zu den in seine sphäre fallenden ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen erlebnissen, eine schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten anspruch lückenlos zu tragen. bei der bewertung der stimmigkeit des sachverhalts müssen u. a. persönlichkeitsstruktur, wissensstand und herkunft des ausländers berücksichtigen werden. 22vgl. bverwg, urteil vom 20. februar 2013 - 10 c 23/12 -, juris, rn. 20ff. m.w.n., sowie beschluss vom 3. august 1990 - 9 b 45/90 -, juris, rn. 2 (zu art. 16a gg); ovg nrw, urteile vom 14. februar 2014 - 1 a 1139/13.a -, juris, rn. 35, und vom 17. august 2010 - 8 a 4063/06.a -, juris, rn. 33; sächsisches ovg, urteil vom 29. august 2019 – 3 a 770/17.a –, juris, rn. 35, vgl. auch: bverfg, kammerbeschluss vom 7. april 1998 – 2 bvr 253/96 –, juris, rn. 4. 23an der glaubhaftmachung von verfolgungsgründen fehlt es in der regel, wenn der ausländer im laufe des verfahrens unterschiedliche angaben macht und sein vorbringen nicht auflösbare widersprüche enthält, wenn seine darstellung nach der lebenserfahrung oder aufgrund der kenntnis entsprechender vergleichbarer geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein asylvorbringen im laufe des asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er tatsachen, die er für sein asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige erklärung erst sehr spät in das verfahren einführt. 24vgl. bverwg, urteile vom 23. februar 1988 - 9 c 273/86 -, juris, rn. 11, und vom 8. februar 1989- 9 c 29/87 -, juris, rn. 8, sowie beschlüsse vom 12. september 1986 - 9 b 180/86 -, juris, rn. 5, und vom 23. mai 1996 - 9 b 273/96 -, juris, rn. 2; ovg nrw, beschluss vom 25. april 2002 – 8 a 1530/02.a –, juris, ls 5; bayerischer vgh, beschluss vom 18. juli 2017 – 20 zb 17.30785 –, juris, rn. 5. 25ausgehend von diesen grundsätzen liegen die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft in der person des klägers nicht vor. es steht nicht zur überzeugung des gerichts fest, dass der kläger sich aus begründeter furcht vor verfolgung außerhalb seines herkunftslandes aufhält. 26selbst wenn die vom kläger geschilderten umstände im jahr 2013 eine verfolgung durch die nigerianischen sicherheitskräfte wegen seiner angeblichen öffentlichen äußerungen im zusammenhang mit leichenfunden im ezu river begründet hätten, drohte ihm jedenfalls deshalb heute bei einer rückkehr nach nigeria nicht mit beachtlicher wahrscheinlichkeit erneute verfolgung. es fehlt insoweit an stichhaltigen gründen für eine (weitere) verfolgung. denn der zu grunde liegende sachverhalt wurde zwischenzeitlich öffentlichkeitswirksam in nigeria aufgearbeitet und geklärt. demnach ist in nigeria öffentlich bekannt, dass nach mehreren veröffentlichten untersuchungen unabhängiger organisationen die special anti-robbery squad (sars) des anambra state police command in die tötungen der als anhänger der massob identifizierten personen verwickelt war. 27vgl. ezu river dead bodies: report indicts police four years after, https://punchng.com/ezu-river-dead-bodies-report-indicts-police-four-years-after/; new report indicts sars for 35 corpses found in ezu river in 2013, https://www.thisdaylive.com/index.php/2017/07/20/new-report-indicts-sars-for-35-corpses-found-in-ezu-river-in-2013/ . 28unabhängig davon wurden die umstände, die der kläger als kronzeuge zu offenbaren in der lage sein will, bereits im jahr 2013 in der nigerianischen presse veröffentlicht. 29vgl. ezu river and the floating corpses, http://saharareporters.com/2013/03/02/ezu-river-and-floating-corpses-soc-okenwa . 30ebenso ist nicht mit einer verfolgung des klägers zu rechnen, weil die nigerianischen sicherheitsbehörden den kläger für seine angebliche veröffentlichungen im jahr 2013 oder seine damalige massob-mitgliedschaft weiter sanktionieren wollten. insoweit hat der kläger selbst im rahmen seiner anhörung in der mündlichen verhandlung auf nachfrage des gerichts angegeben, dass die sicherheitsbehörden in nigeria damals keine kenntnis von seinen aktivitäten gehabt hätten. selbst wenn der kläger insoweit bei seiner ersten ausreise vorverfolgt gewesen wäre, wäre eine solche vorverfolgung durch seine zwischenzeitliche rückkehr nach nigeria widerlegt. er ist nach seiner abschiebung aus spanien im jahr 2015 unbehelligt nach nigeria eingereist und hat – nach seinen letzten angaben – in port harcourt seinen wohnsitz genommen. eine dort drohende verfolgung vor seiner zweiten ausreise aus nigeria hat der kläger nicht glaubhaft gemacht. soweit er in diesem zusammenhang vorträgt, nach einiger zeit habe ihn seine mutter telefonisch davon in kenntnis gesetzt, dass die polizei von seinem aufenthalt in port harcourt kenntnis erlangt habe und bereits auf dem weg dorthin sei, stellt dies bereits keinen substantiierten vortrag einer unmittelbar drohenden verfolgung dar. unabhängig davon ist dieser vortrag unglaubhaft. denn er ist gegenüber den angaben des klägers beim bundesamt gesteigert, bzw. weist demgegenüber unauflösbare widersprüche auf. beim bundesamt hat der kläger einen aufenthalt in port harcourt mit keinem wort erwähnt. dort hat er vielmehr angegeben, von lagos aus mit seiner mutter telefoniert zu haben, die wütend gewesen sei, weil er das ansinnen geäußert habe, nach hause zurückzukommen. sie habe geschrien, dass man den vater des klägers seinetwegen getötet habe und zudem überall nach dem kläger gesucht werde. deshalb habe er kontakt zu seinem freund in marokko aufgenommen, der binnen einer woche die ausreise des klägers organisiert habe. demgegenüber hat der kläger in seinen anhörungen in den mündlichen verhandlungen geschildert, dass er sich nach port harcourt begeben habe. in seiner ersten anhörung hat er berichtet, dass er dort ein geschäft aufgezogen habe, indem er trinkwasser auf der straße verkauft habe. in der zweiten anhörung war – in erneutem widerspruch dazu – nur noch die rede davon, dass er sich im haus versteckt habe, aber irgendwann – nach mehreren wochen – zum einkaufen einmal rausgegangen sei. jedenfalls habe ihn irgendwann seine mutter angerufen und darüber informiert, dass er auf der straße erkannt worden sei und die polizei jeden moment kommen müsste. daraufhin habe er seine ausreise organisiert. dies ist nicht nur inhaltlich, sondern auch mit blick auf den zeitlichen ablauf unauflösbar widersprüchlich. ob der kläger sich ein geschäft in port harcourt aufgebaut haben will, mag dabei dahinstehen. jedenfalls will er nicht mehr, wie beim bundesamt berichtet, nach einer woche mit seinem helfer ausgereist sein, sondern sich – wie er im rahmen seiner zweiten anhörung in der mündlichen verhandlung ausdrücklich angegeben hat – mehrere wochen in port harcourt aufgehalten haben. 31darüber hinaus widerspricht es jeder wahrscheinlichkeit, dass der kläger in einer stadt wie port harcourt, die über 2,5 millionen einwohner hat, 32vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/port_harcourt, 33erkannt worden sein soll. noch fernliegender ist es, dass selbst wenn der kläger erkannt worden wäre, dies der polizei im heimatort seiner mutter, in p. , das – soweit ersichtlich – 150 km von port harcourt entfernt und vor allem in einem anderen bundesstaat liegt, mitgeteilt worden wäre. gänzlich fernliegend ist es jedoch, dass daraufhin bundesstaatsübergreifend polizeiliche maßnahmen ergriffen worden sind, um den kläger festzunehmen. es spricht vielmehr aus sicht des gerichts alles dafür, dass der kläger schlicht – unverfolgt – einen weiteren ausreiseversuch unternommen hat. 34auch der vortrag, dass die polizei seinen vater mitgenommen und als geisel gehalten habe, damit seine familie den kläger ausliefere, kann ihm nicht geglaubt werden. auch insofern ist sein vortrag unauflösbar widersprüchlich. so hat er beim bundesamt angegeben, seine mutter habe geschrien, dass sein vater getötet worden sei. in den mündlichen verhandlungen hat er dagegen angegeben, niemand kenne das schicksal seines vaters, er sei mitgenommen worden und niemand habe je wieder etwas von ihm gehört. dass der kläger und vor allem seine familie das verschwinden des vaters ohne weiteres – insbesondere ohne nachforschungen – hingenommen hätten, bzw. weiter hinnehmen würden, ist zudem nicht nachvollziehbar und unglaubhaft. 35ebenfalls bereits unsubstantiiert ist der vortrag des klägers, dass auf der beerdigung seines bruders im vergangenen monat nach ihm gesucht worden sein soll. unabhängig davon ist auch dies unglaubhaft. der kläger hat insofern vorgetragen, er habe die entsprechende information von seinem bekannten, der sich in marokko aufhalte, erhalten, der dies wiederum von einem anderen nigerianer wisse, der ständig zwischen nigeria und marokko pendele. dies erscheint schon insofern unsubstantiiert, als unklar geblieben ist, woher der letztgenannte mann seinerseits die information erhalten haben soll und ihm diese darüber hinaus so wichtig erschien, dass er seinem kontaktmann in marokko hiervon berichtet hätte. im übrigen hat der kläger ausweislich seines facebook-profils offenbar selbst direkten kontakt nach nigeria. andernfalls wäre es nicht nachvollziehbar, wie er bereits am todestag seines bruders eine entsprechende nachricht auf seiner facebook-seite hat posten können. hier haben die informationen offenbar nicht den umweg über einen mittelsmann in marokko genommen. insoweit wäre bei lebensnaher betrachtung davon auszugehen, dass dem kläger ein ereignis wie die störung der beerdigung seines bruders durch die polizei direkt von seiner familie aus nigeria berichtet wird. es erscheint zudem fernliegend, dass die polizei nach nunmehr fast sieben jahren immer noch gezielt nach dem kläger suchen sollte, zumal er selbst in der mündlichen verhandlung angegeben hat, dass die nigerianischen sicherheitsbehörden keine kenntnis von seinen aktivitäten hatten. zudem war er zu keinem zeitpunkt – weder in nigeria noch in deutschland, worauf noch einzugehen sein wird, – in herausgehobener position für die biafra-unabhängigkeitsbewegung tätig. 36es besteht auch nicht das erhöhte risiko einer erstmaligen gleichartigen verfolgung aus anderen gründen. zwar kann gemäß § 28 abs. 1a asylg die begründete furcht vor verfolgung i.s.d. § 3 abs. 1 auch auf ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der ausländer das herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem verhalten des ausländers, das ausdruck und fortsetzung einer bereits im herkunftsland bestehenden überzeugung oder ausrichtung ist. die damit gegebene grundsätzliche beachtlichkeit exilpolitischer aktivitäten ändert jedoch nichts am maßstab der beachtlichen wahrscheinlichkeit, mit der dem ausländer die verfolgung im rückkehrfall drohen muss. 37vgl. bverwg, urteil vom 24. september 2019 – 10 c 25/08 –, juris, rn. 14. 38eine verfolgung wegen der unterstützung der unabhängigkeit biafras, insbesondere einer mitgliedschaft in der ipob, nach einer rückkehr nach nigeria droht indes nicht sämtlichen unterstützern mit beachtlicher wahrscheinlichkeit. ein solches erhöhtes risiko besteht nach den dem gericht vorliegenden erkenntnissen allenfalls für die anführer der ipob-bewegung in nigeria. 39vgl. auswärtiges amt, auskunft an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 19. februar 2019; so auch: schweizerische flüchtlingshilfe, nigéria : situation des membres du groupe ipob, 19. juli 2019, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/nigeria/190719-nga-situation-ipob-asylwiki.pdf, s. 5. 40festnahmen oder verhaftungen von ipob-mitgliedern einzig aufgrund ihrer zugehörigkeit zu der organisation sind bislang nicht bekannt geworden. 41vgl. bundesrepublik österreich, bundesamt für fremdenwesen und asyl, länderinformationsblatt der staatendokumentation, nigeria, gesamtaktualisierung vom 12. april 2019, s. 27. 42dies entspricht den einschätzungen des european asylum support office (easo), das ebenfalls davon ausgeht, dass nicht alle biafra-anhänger einem entsprechenden risikoprofil für eine drohende verfolgung unterfallen, sondern allenfalls sog. „high-profile members”. 43vgl. easo, country guidance nigeria, https://easo.europa.eu/sites/default/files/country_guidance_nigeria_2019.pdf, s. 50, 99. 44dies gilt gleichermaßen für exilpolitische tätigkeiten für die unabhängigkeit biafras. auch insoweit geht aus den verfügbaren erkenntnissen hervor, dass allenfalls die leitungsebene unter beobachtung steht. zwar stellt die schweizerische flüchtlingshilfe in ihrem jüngsten bericht zur lage der ipob in nigeria, 45vgl. schweizerische flüchtlingshilfe, nigéria : situation des membres du groupe ipob, 19. juli 2019, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/nigeria/190719-nga-situation-ipob-asylwiki.pdf, 46dar, dass der nigerianische staat die exilpolitischen tätigkeiten der ipob beobachte. anhand der dortigen beispiele, wonach etwa nigerianische regierungsmitglieder geäußert hätten, frankreich sei das finanzzentrum der ipob, bzw. diese habe ihren hauptsitz über radio biafra in london, wird jedenfalls deutlich, dass es hier allenfalls um eine beobachtung der exilpolitik auf höchster ebene gehen kann. hieraus kann indes nicht geschlossen werden, dass der nigerianische staat etwa sämtliche ipob-anhänger, die in europa an demonstrationen teilnehmen oder sich in sozialen medien engagieren, überwachen oder gar registrieren würde. hiergegen spricht im gegenteil die vom erkennenden gericht in einem parallelverfahren eingeholte auskunft des auswärtigen amtes, wonach insbesondere im rahmen der einreise keine kontrollen mit blick auf etwaige politische straftaten stattfinden. 47vgl. auswärtiges amt, auskunft an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 19. dezember 2018, zu frage 3; auskunft an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 19. februar 2019. 48nach diesen maßgaben ist eine beachtliche verfolgungswahrscheinlichkeit nicht gegeben. der kläger ist schon kein mitglied der ipob in nigeria, sondern allein des deutschen ipob-vereins. hier ist er nach eigenen angaben auch kein führendes mitglied. so hat er zwar angegeben, in deutschland regelmäßig an demonstrationen teilzunehmen und teilt er regelmäßig öffentlich entsprechende inhalte auf facebook. eine leitende oder herausgehobene funktion hat er dagegen weder substantiiert vorgetragen noch glaubhaft gemacht. im gegenteil hat er auf ausdrückliche frage des gerichts angegeben, außer dem anführer nnamdi kanu und etwaigen lokalen koordinatoren gebe es keine anführer der bewegung. 49unabhängig davon und selbständig tragend gilt: selbst wenn unterstellt wird, dass der kläger nicht in seinen heimatort zurückkehren kann, steht ihm schon deshalb kein anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft zu, weil für ihn eine interne schutzmöglichkeit i.s. des § 3e asylg existiert. es ist dem kläger möglich, sich einer etwaigen bedrohung in seiner heimatregion dadurch zu entziehen, dass er seinen aufenthalt an einen anderen, ausreichend weit von seiner heimatstadt entfernten ort verlagert. angesichts der tatsächlichen gegebenheiten nigerias, einem land mit ca. 200 millionen einwohnern und mehreren millionenstädten, 50- vgl. bericht des auswärtigen amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der bundesrepublik nigeria vom 10. dezember 2018 (stand: oktober 2018), s. 6; https://de.wikipedia.org/wiki/nigeria#verwaltung: einer schätzung von 2015 zufolge soll es in nigeria 20 städte mit mehr als 500.000 einwohnern, darunter zehn millionenstädte. die mit abstand bevölkerungsreichste agglomeration ist lagos mit 13,340 millionen einwohnern. weitere städte sind etwa kano (4.030.000 einwohner), ibadan (3.060.000 einw.) und abuja (2.710.000 einw.) -, 51das weder über ein meldewesen verfügt, so dass es keine möglichkeit gibt, bei einer zuständigen behörde nach der wohnanschrift einer person zu fragen, 52vgl. den bericht des auswärtigen amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der bundesrepublik nigeria vom 10. dezember 2018 (stand: oktober 2018), s. 24; auskunft des auswärtigen amtes vom 14. mai 2014 an das bundesamt; bundesrepublik österreich, bundesamt für fremdenwesen und asyl, länderinformationsblatt der staatendokumentation, nigeria, gesamtaktualisierung am 2. september 2016, letzte kurzinformation vom 8. mai 2017, s. 14.ff, 53noch ein zentrales fahndungssystem besitzt, 54vgl. auskünfte des auswärtigen amtes vom 21. juni 2017 an das bundesamt (zu anfragen vom 17. märz 2017 und 10. april 2017); bundesrepublik österreich, bundesamt für fremdenwesen und asyl, länderinformationsblatt der staatendokumentation, nigeria, gesamtaktualisierung am 2. september 2016, letzte kurzinformation vom 8. mai 2017, s. 61, 55ist die wahrscheinlichkeit, einen menschen in einem anderen landesteil außerhalb seiner heimatregion zu finden, als gering einzuschätzen. 56s. auch bundesrepublik österreich, bundesamt für fremdenwesen und asyl, länderinformationsblatt der staatendokumentation, nigeria, gesamtaktualisierung am 2. september 2016, letzte kurzinformation vom 8. mai 2017, s. 18, wonach die terroristen nicht in der lage sind, eine person überall in nigeria aufzuspüren; auch deserteure der boko haram können danach in den süden umsiedeln, wo sie sicher sind; s. ferner s. 40 und 61. 57asyl-rückkehrer werden keiner überprüfung seitens der kriminalpolizei im zusammenhang mit laufenden verfahren unterzogen. dies gilt auch in bezug auf etwaige verbindungen zur biafra-unabhängigkeitsbewegung. es existieren auch keine sichtbaren fahndungslisten an flughäfen. 58vgl. auskünfte des auswärtigen amtes an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 19. februar 2019 zu az. 27 k 9057/17 und 19. dezember 2018 zu az. 27 k 10421/17.a, zu frage 3. 59auch würden einfache unterstützer der unabhängigkeit biafras nicht in ganz nigeria erkannt werden. dies würde allenfalls für die medial sehr präsenten unabhängigkeitsführer oder die drahtzieher der bewegung („high-profile-members“) gelten. 60vgl. auskunft des auswärtigen amtes an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 19. februar 2019 zu az. 27 k 9057/17; easo, country guidance nigeria, https://easo.europa.eu/sites/default/files/country_guidance_nigeria_2019.pdf, s. 50, 99; schweizerische flüchtlingshilfe, nigéria : situation des membres du groupe ipob, 19. juli 2019, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/nigeria/190719-nga-situation-ipob-asylwiki.pdf. 61der kläger hat im übrigen keine durchgreifenden gründe vorgetragen, die dagegen sprechen würden, dass vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich andernorts niederlässt. 62der einzelrichter verkennt nicht, dass die wirtschaftliche lage für einen großen teil der bevölkerung nigerias schwierig ist. jedoch sind für die bewertung des konkreten einzelfalles die möglichkeiten der lebensunterhaltssicherung in der person des klägers in den blick zu nehmen. davon ausgehend ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der kläger als junger, erwachsener und arbeitsfähiger mann, der nicht zuletzt durch seine reise nach europa bewiesen hat, dass er sich in einer für ihn unbekannten umgebung behaupten kann, in einem anderen landesteil nicht seinen lebensunterhalt bestreiten könnte. außerdem verfügt der kläger eigenen angaben zufolge über familiäre kontakte in nigeria. 63anhaltspunkte für einen besonderen ausnahmefall, in dem humanitäre gründe in der person des klägers zwingend gegen eine aufenthaltsbeendigung bzw. gegen eine rückführung nach nigeria sprechen, sind vorliegend nicht ersichtlich. 64aus den vorstehenden gründen scheidet auch ein anspruch auf die anerkennung als asylberechtigter nach art. 16a abs. 1 gg aus. die voraussetzungen der asylanerkennung gemäß art. 16 a abs. 1 gg und der zuerkennung der flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 asylg unterscheiden sich lediglich dadurch, dass der schutzbereich des § 3 asylg weiter gefasst ist. die engeren voraussetzungen für eine anerkennung als asylberechtigte liegen somit nach ablehnung des flüchtlingsschutzes ebenfalls nicht vor. 65vgl. vg saarland, urteil vom 30. september 2019 – 3 k 1831/18 –, juris, rn. 30. 66der kläger hat auch keinen anspruch auf zuerkennung subsidiären schutzes gemäß § 4 abs. 1 satz 1 asylg. nach dieser vorschrift ist ein ausländer subsidiär schutzberechtigter, wenn er stichhaltige gründe für die annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem herkunftsland ein ernsthafter schaden droht. diese voraussetzungen liegen nicht vor. der kläger hat - aus den bereits genannten erwägungen - keine stichhaltigen gründe für die annahme vorgebracht, dass ihm bei einer rückkehr nach nigeria ein solcher ernsthafter schaden droht. 67es sind keine anhaltspunkte für abschiebungsverbote im sinne von § 60 abs. 5 und abs. 7 aufenthg vorgetragen oder sonst ersichtlich. 68die abschiebungsandrohung beruht auf §§ 34, 38 abs. 1 asylg in verbindung mit § 59 aufenthg. 69die anordnung des befristeten einreise- und aufenthaltsverbots nach § 11 abs. 1, abs. 2 satz 3 aufenthg ist ebenfalls nicht zu beanstanden. insoweit ist es unschädlich, dass die beklagte im begründungsteil des bescheides unter 6. im rahmen ihrer ermessensausübung die vorschrift des § 11 aufenthg in der bis zum 20. august 2019 geltenden fassung anführt. denn durch die neufassung des § 11 aufenthg haben sich die für die behördliche fristbestimmung zu berücksichtigenden umstände nicht geändert. der gesetzgeber hat lediglich klarstellend die bisherige rechtslage an die rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, wonach die befristung des gesetzlichen einreise- und aufenthaltsverbotes unionsrechtskonform als behördliche anordnung eines befristeten einreise- und aufenthaltsverbotes zu verstehen ist, 70vgl. bverwg, beschluss vom 13. juli 2017 – 1 vr 3/17 –, juris, rn. 70 ff., 71angepasst. 72vgl. vg karlsruhe, urteil vom 22. august 2019 – a 19 k 1718/17 –, juris, rn. 38. 73die ermessensentscheidung der beklagten, die von amts wegen vorzunehmende befristung in der mitte des von § 11 abs. 3 satz 2 aufenthg – auch in seiner ab dem 21. august 2019 geltenden fassung – für den regelfall aufgezeigten rahmens von bis zu fünf jahren anzusiedeln, begegnet auch im übrigen keinen bedenken. einwände werden vom kläger auch nicht vorgetragen. entsprechend dem wortlaut des § 11 abs. 2 satz 2 aufenthg gilt das einreise- und aufenthaltsverbot unter der aufschiebenden bedingung der abschiebung. 74im übrigen wird auf die gründe des angegriffenen bescheides bezug genommen (§ 77 abs. 2 asylg). 75die kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 abs. 1 vwgo und § 83 b asylg. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 2 und 1 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 11, 711 der zpo. 76der gegenstandswert ergibt sich aus § 30 rvg. 77rechtsmittelbelehrung: 78gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung die zulassung der berufung beantragt werden. über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster. 79die berufung ist nur zuzulassen, wenn 801. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat oder 812. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 823. ein in § 138 der verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 83der antrag ist schriftlich bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) zu stellen. er muss das angefochtene urteil bezeichnen. 84der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 85in dem antrag sind die gründe, aus denen die berufung zuzulassen ist, darzulegen. 86im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 87die antragsschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften.
Klaeger*in
1
186,579
L 2 AS 397/13
2013-12-10T00:00:00
Urteil
Tenor Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 28.02.2013 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der am 00.00.1948 geborene Kläger bezieht vom Beklagten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). 3Für den Zeitraum vom 01.03.2012 bis 31.08.2012 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 17.01.2012 Leistungen in Höhe von 905,06 Euro monatlich (Regelbedarf 374,00 Euro, Mehrbedarf für Warmwasser 8,60 Euro, Bedarfe für Unterkunft und Heizung 522,46 Euro - davon Grundmiete 372,46 Euro, Heizkosten 70,00 Euro, Betriebskosten 80,00 Euro). Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers vom 21.01.2012 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2012 zurück. 4Am 22.06.2012 reichte der Kläger eine Nachforderung aus Betriebskostenabrechnung für 2011 ein und wies auf eine sich daraus ergebende Mieterhöhung auf 537,46 Euro ab August 2012 hin (Betriebskosten 95,00 Euro). Mit Bescheid vom 25.06.2012 erhöhte der Beklagte die Leistungsbewilligung entsprechend für den Monat August auf 920,06 Euro. 5Mit weiterem Bescheid vom 13.07.2012 wurden dem Kläger Leistungen in gleichbleibender Höhe für den Zeitraum vom 01.09.2012 bis 28.02.2013 bewilligt. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers vom 20.07.2012 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2012 zurück. 6Mit Änderungsbescheid vom 24.11.2012 berücksichtigte der Beklagte die Erhöhung der Regelsätze für die Monate Januar und Februar 2013 (Leistungsbewilligung nunmehr 928,25 Euro) und mit weiterem Änderungsbescheid vom 18.01.2013 eine vom Vermieter vorgenommene Anpassung der Heizkostenvorauszahlung zum 01.01.2013 (Leistungen nunmehr 978,25 Euro). 7Der Kläger hat am 09.09.2012 unter Benennung und Beifügung beider Widerspruchsbescheide vom 04.09.2012 Klage beim Sozialgericht Köln (SG) erhoben "wegen Zahlung auf individuelle örtliche und situationsbezogene der Würde genügende Leistungen der Grundsicherung (Hartz IV-Leistungen)". Nach Abzug des Stromabschlags in Höhe von 80,00 Euro und Internet/Telefonkosten in Höhe von 50,00 Euro monatlich verbleibe ihm ein Tagesbudget von 10,00 Euro. Davon könne er sich ernähren bzw. dahinvegetieren, aber ein würdevolles Leben sei nicht möglich. Eine Budgetierung ohne Berücksichtigung individueller Verhältnisse sei nur dann tauglich, wenn das Grundeinkommen inkl. Mietzahlung und Heizkosten bei 1.200 Euro monatlich für einen Singlehaushalt liege. 8Das SG hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 28.02.2013 abgewiesen. Die Bescheide des Beklagten seien rechtmäßig. An der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Regelbedarfe bestünden zur Überzeugung der Kammer keine Zweifel. Für die Zeit ab Januar 2011 habe der Gesetzgeber die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09) notwendig gewordene Neuregelung vorgenommen (vgl. Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 - RBEG). Unter anderem seien dabei die Regelbedarfe mit höheren Beträgen festgesetzt worden. Diese seien nicht verfassungswidrig. Hierzu hat sich das SG den Ausführungen im Urteil des Bundessozialgerichts vom 12.07.2012 (B 14 AS 153/11 R) vollinhaltlich angeschlossen. 9Gegen den ihm am 02.03.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 03.03.2013 Berufung eingelegt und sein Begehren weiter verfolgt und vertieft. Die Vielzahl karitativer und sozialer Einrichtungen, Essenstafeln, Kleiderkammern usw. zeige, dass die Leistungen der Grundsicherung nicht ausreichten. Seiner Auffassung nach müssten die Gesamtleistungen nach dem SGB II bei 1.200 Euro monatlich liegen. Insbesondere die Stromkosten seien in unzureichender Höhe widergespiegelt. 10Der Kläger beantragt, 11den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 28.02.2013 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, 12den Bescheid vom 17.01.2012 und den Änderungsbescheid vom 25.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.09.2012 (Leistungszeitraum 01.03.2012 bis 31.08.2012) 13sowie den Bescheid vom 13.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.09.2012 und der Änderungsbescheide vom 24.11.2012 und 18.01.2013 (Leistungszeitraum 01.09.2012 bis 28.02.2013) 14abzuändern und ihm für die Zeit vom 01.03.2012 bis zum 28.02.2013 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines höheren Regelbedarfs zu bewilligen. 15Der Beklagte beantragt, 16die Berufung zurückzuweisen. 17Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. 18Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. 19Entscheidungsgründe: 20Die zulässige Berufung ist nicht begründet. 21Das beklagte Jobcenter der Stadt Köln ist gem. § 70 Nr. 1 SGG beteiligtenfähig. Es steht insoweit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gleich. 22Streitgegenstand sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.03.2012 bis 28.02.2013 als durch den Beklagten für den Zeitraum vom 01.03.2012 bis 31.08.2012 mit Bescheid vom 17.01.2012 und Änderungsbescheid vom 25.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.09.2012 bzw. für den Zeitraum vom 01.09.2012 bis 28.02.2013 mit Bescheid vom 13.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.09.2012 und Änderungsbescheiden vom 24.11.2012 und 18.01.2013 bewilligt. 23Der Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden über den Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld II (Alg II) insgesamt entschieden. Damit stehen Regel-, Unterkunfts- und Heizungsbedarf sowie Mehrbedarfsleistungen im Streit (vgl. BSG Urteil vom 28.03.2013 - B 4 AS 12/12 R juris Rn. 10). Diese Bescheide hat der Kläger insgesamt mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage angegriffen. Wenngleich der Kläger sich argumentativ ausschließlich mit dem seiner Auffassung nach verfassungswidrig zu niedrig festgesetzten Regelbedarf für einen Alleinstehenden auseinandersetzt, folgt hieraus keine Beschränkung des Streitgegenstandes auf den Regelbedarf (vgl. BSG a.a.O., juris Rn. 11). 24Der Kläger hat mit seinem Begehren keinen Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Die Höhe der dem Kläger bewilligten Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhalts nach dem SGB II ist nicht zu beanstanden. Der Kläger, der die Grundvoraussetzungen des § 7 SGB II für die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II erfüllt, hat im Zeitraum vom 01.03.2012 bis zum 28.02.2013 keinen Anspruch auf höhere als die ihm vom Beklagten gewährten Leistungen. 25Zutreffend hat der Beklagte in den Monaten März bis Juli 2012 Leistungen in Höhe von 905,06 Euro monatlich bewilligt. Die Leistungssumme ergibt sich dabei gem. § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II in der Fassung des zum 01.01.2011 in Kraft getretenen Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen (im Folgenden: RBEG) und zur Änderung des SGB II und SGB XII - Gesetz vom 24.03.2011, BGBl I, 453 - (gesamtes Gesetz im Folgenden: GERÄ) i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 RBEG und der Bekanntmachung des Bundesministeriums der Justiz vom 20.10.2011 über die Höhe der Regelsätze nach § 20 Abs. 5 SGB II (BGBl I 2011, 2093) aus einem Regelbedarf von 374,00 Euro monatlich. Kosten der Warmwasserversorgung waren als monatlicher Mehrbedarf gem. § 21 Abs. 7 S. 2 Nr. 1 SGB II in Höhe von 8,60 Euro zu zahlen. Weitere Ansprüche auf eine Mehrbedarfsleistung nach § 21 SGB II bestanden nicht. Die gem. § 22 SGB II zu zahlenden Kosten der Unterkunft und Heizung betrugen - entsprechend den tatsächlichen Aufwendungen des Klägers - monatlich 522,46 Euro. 26Für die Monate August bis Dezember 2012 erhöhte sich der genannte Betrag - wie vom Beklagten berücksichtigt - wegen der Mieterhöhung um 15,00 Euro auf 920,06 Euro. 27Für die Monate Januar und Februar 2013 hat der Beklagte zutreffend Leistungen in Höhe von 978,25 Euro bewilligt. Die Leistungssumme ergibt sich gem. § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II idF des GERÄ (s.o.) und der Bekanntmachung des Bundesministeriums der Justiz vom 18.10.2012 über die Höhe der Regelsätze nach § 20 Abs. 5 SGB II ab 01.01.2013 (BGBl I 2012, 2175) aus einem Regelbedarf von 382,00 Euro monatlich. Kosten der Warmwasserversorgung waren als monatlicher Mehrbedarf gem. § 21 Abs. 7 S. 2 Nr. 1 SGB II in Höhe von 8,79 Euro zu zahlen. Weitere Ansprüche auf eine Mehrbedarfsleistung nach § 21 SGB II bestanden nicht. Die gem. § 22 SGB II zu zahlenden Kosten der Unterkunft und Heizung betrugen monatlich 587,46 Euro. 28Zur Überzeugung des Senats ist die Höhe des gesetzlich vorgesehenen Regelbedarfs für Alleinstehende nicht verfassungswidrig. Um Wiederholungen zu vermeiden, nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil des SG sowie des dort zitierten Urteils des BSG vom 12.07.2012 - B 14 AS 153/11 R. Das Bundesverfassungsgericht hat die gegen dieses Urteil eingelegte Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen und die dafür gestellten Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung abgelehnt, die beabsichtigte Rechtsverfolgung sei ohne Aussicht auf Erfolg (Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 20.11.2012 - 1 BvR 2203/12). Ergänzend nimmt der Senat Bezug auf die entsprechenden Ausführungen des BSG zur Verfassungsmäßigkeit der Regelbedarfe im Urteil vom 12.07.2012 - B 14 AS 189/11 R, gegen das die eingelegte Verfassungsbeschwerde ebenfalls vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen worden ist (Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 27.12.2012 - 1 BvR 2471/12) sowie auf die weiteren Entscheidungen des BSG vom 28.03.2012 - B 4 AS 12/12 R und B 4 AS 47/12 R. Den dortigen Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Überprüfung und Überzeugungsbildung an. 29Insbesondere stimmt der Senat im Hinblick auf den verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz der Gewaltenteilung dem BSG darin zu, dass den Gerichten wegen des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers nur eine zurückhaltende materielle Kontrolle der einfachgesetzlichen Regelungen dahingehend zukommt, ob die Bestimmung der Leistungen durch den Gesetzgeber nachvollziehbar ist und die Leistungen nicht als evident unzureichend angesehen werden müssen (vgl. BSG Urteil vom 12.07.2012 - B 14 AS 153/11 R juris Rn. 20). 30Als unproblematisch sieht der Senat dabei zunächst den Umstand an, dass die Einzelheiten des Verfahrens nicht im SGB II geregelt sind, sondern vom Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) übertragen werden. Dies hat bereits das BVerfG in seinem Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 als verfassungsmäßig angesehen (BVerfG a.a.O., juris Rn. 160). 31Ebenfalls vom BVerfG als verfassungsgemäß angesehen worden ist der Rückgriff auf das Statistikmodell statt des Warenkorbmodells (BVerfG a.a.O., juris Rn. 162) und die Anknüpfung an die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 (EVS) (BVerfG a.a.O., juris Rn. 167). 32Soweit das BVerfG im genannten Urteil verlangt hat, dass der Gesetzgeber seine Berechnungsgrundlagen transparent und sachgerecht darlegen müsse (BVerfG a.a.O., juris Rn. 139), ist dies mit der durch das RBEG vom 24.03.2011 vorgenommenen Neuregelung erfolgt. Wie das BVerfG dies gefordert hat (BVerfG a.a.O., juris Rn. 139), sind die Bedarfsarten, die hierfür aufzuwendenden Kosten und anschließend die Höhe des Gesamtbedarfs bestimmt worden (vgl. insb. § 5 RBEG). 33Soweit der Gesetzgeber bei der Bildung der Referenzgruppe nicht mehr (wie noch vom BVerfG für richtig erachtet, BVerfG a.a.O., juris Rn. 168) das untere Quintil (20%), sondern lediglich die unteren 15% herangezogen hat, unterliegt diese Wertung dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (vgl. zu diesem Gestaltungsspielraum auch BVerfG a.a.O., juris Rn. 138). Ausdrücklich hat das BVerfG hierzu bereits ausgeführt, dass die Angemessenheit der Wahl der Referenzgruppe verfassungsrechtlich nicht zu überprüfen ist (BVerfG a.a.O., juris Rn. 168). 34Auch das fehlende Herausrechnen der verdeckt bzw. versteckt Armen (d.h. Personen, die einen Anspruch auf Sozialleistungen hätten, diesen aber nicht geltend machen bzw. von Zuwendungen Anderer leben) aus der Referenzgruppe sieht der Senat nicht als verfassungswidrig an. Hierzu hatte bereits das BVerfG im genannten Urteil ausgeführt, dass es Sache des Gesetzgebers sei, zu entscheiden, ob er Positionen, die sich nicht klar berechnen lassen (vgl. hierzu BT-Drs 17/3404, S. 88), lieber unbeachtet lässt (BVerfG a.a.O., juris Rn. 169). 35Soweit die Herausnahme einzelner Positionen und damit die Abweichung des Gesetzgebers vom Statistikmodell als verfassungswidrig kritisiert worden ist, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Ausdrücklich hat das BVerfG in seiner o.g. Entscheidung ausgeführt, dass Kürzungen von Ausgabepositionen möglich seien (BVerfG a.a.O., juris Rn. 170); diese müssten nur begründet (bzw. eine prozentuale Kürzung empirisch belegt) sein und weiter einen internen Ausgleich ermöglichen. Bei der vom BVerfG für Zeiten vor dem GERÄ für verfassungswidrig erachteten Bestimmung der Regelsatzhöhe fehlte es an einer Begründung der lediglich prozentual vorgenommenen Kürzungen; hiervon unterscheidet sich jedoch die hier im Verfahren streitige Herausnahme von Einzelpositionen. Diese Herausnahmen sind jeweils im Einzelnen vom Gesetzgeber begründet worden, so dass sich der Gesetzgeber hier im Rahmen seines Gestaltungsspielraums bei den vorzunehmenden Wertungen (BVerfG a.a.O., juris Rn. 138) gehalten hat. Zu den Herausnahmen bei den einzelnen Positionen verweist der Senat auf die ausführlichen Ausführungen des BSG im Urteil vom 12.07.2012 - B 14 AS 153/11 R juris Rn. 65 ff.). 36Auch die Fortentwicklung der Regelsätze (Anpassung) sieht der Senat nicht als verfassungswidrig an. Entgegen der vom BVerfG noch für verfassungswidrig gehaltenen Anknüpfung an den aktuellen Rentenwert gem. § 68 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - (BVerfG a.a.O., juris Rn. 183), ist die Fortschreibung jetzt an die bundesdurchschnittliche Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen (70%) sowie die bundesdurchschnittliche Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter (30%), somit einen Mischindex geknüpft, wobei maßgeblich die Veränderungsrate der letzten zwei Zwölfmonatszeiträume ist, die ihrerseits jeweils von Juli bis Juni laufen (§ 28a Abs. 2 S. 1-3 SGB XII). Für 2012 hat es bei der Anpassung eine Sonderregelung in § 138 SGB XII gegeben, weil die Höhe der Regelbedarfe zum 01.01.2011 nur die Entwicklungen bis Dezember 2009 widerspiegelte. Aus diesem Grund erfolgten zum 01.01.2012 zwei Fortschreibungen. Die erste Veränderungsrate betrug 0,75%, die zweite 1,99% (vgl. BGBl I 2011, 2090), die Veränderungsrate zum 01.01.2013 2,26% (vgl. BR-Drs 553/12, S. 5 ff.). Im Grundsatz hat das BVerfG die jetzt gewählte Anknüpfung im genannten Urteil für richtig angesehen. Dass die konkrete Ausgestaltung sich nicht im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums hält, kann der Senat nicht erkennen (vgl. auch BSG Urt. v. 12.07.2012 - B 14 AS 153/11 R juris Rn. 79 ff.). Dies gilt auch für die vom Kläger besonders angesprochene Entwicklung der Strompreise, die gleichfalls der o.g. Anpassung unterliegt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Kosten für eine dezentrale Warmwassererzeugung bereits gesondert als Mehrbedarf gem. § 21 Abs. 7 SGB II von den Leistungsträgern übernommen werden. 37Soweit der Kläger zur Begründung seines Begehrens die Existenz karitativer Einrichtungen heranzieht, belegt dies nicht, dass die Leistungen der Grundsicherung nicht ausreichen. Der Gesetzgeber hat sich mit der Frage, wie das Existenzminimum zu bemessen ist, ausführlich und im Einklang mit dem Verfassungsrecht auseinandergesetzt. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich und auch bisher nicht wissenschaftlich vorgetragen worden, dass eine Sicherung der Existenz nur dann möglich ist, wenn Grundsicherungsleistungen durch karitative Leistungen aufgefüllt werden. 38Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. 39Der Senat hat die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG) nicht als gegeben angesehen.
die berufung des klägers gegen den gerichtsbescheid des sozialgerichts köln vom 28.02.2013 wird zurückgewiesen. kosten haben die beteiligten einander auch im berufungsverfahren nicht zu erstatten. die revision wird nicht zugelassen. 1
2der am 00.00.1948 geborene kläger bezieht vom beklagten leistungen nach dem zweiten buch sozialgesetzbuch (sgb ii). 3für den zeitraum vom 01.03.2012 bis 31.08.2012 bewilligte der beklagte mit bescheid vom 17.01.2012 leistungen in höhe von 905,06 euro monatlich (regelbedarf 374,00 euro, mehrbedarf für warmwasser 8,60 euro, bedarfe für unterkunft und heizung 522,46 euro - davon grundmiete 372,46 euro, heizkosten 70,00 euro, betriebskosten 80,00 euro). den hiergegen gerichteten widerspruch des klägers vom 21.01.2012 wies der beklagte mit widerspruchsbescheid vom 04.09.2012 zurück. 4am 22.06.2012 reichte der kläger eine nachforderung aus betriebskostenabrechnung für 2011 ein und wies auf eine sich daraus ergebende mieterhöhung auf 537,46 euro ab august 2012 hin (betriebskosten 95,00 euro). mit bescheid vom 25.06.2012 erhöhte der beklagte die leistungsbewilligung entsprechend für den monat august auf 920,06 euro. 5mit weiterem bescheid vom 13.07.2012 wurden dem kläger leistungen in gleichbleibender höhe für den zeitraum vom 01.09.2012 bis 28.02.2013 bewilligt. den hiergegen gerichteten widerspruch des klägers vom 20.07.2012 wies der beklagte mit widerspruchsbescheid vom 04.09.2012 zurück. 6mit änderungsbescheid vom 24.11.2012 berücksichtigte der beklagte die erhöhung der regelsätze für die monate januar und februar 2013 (leistungsbewilligung nunmehr 928,25 euro) und mit weiterem änderungsbescheid vom 18.01.2013 eine vom vermieter vorgenommene anpassung der heizkostenvorauszahlung zum 01.01.2013 (leistungen nunmehr 978,25 euro). 7der kläger hat am 09.09.2012 unter benennung und beifügung beider widerspruchsbescheide vom 04.09.2012 klage beim sozialgericht köln (sg) erhoben "wegen zahlung auf individuelle örtliche und situationsbezogene der würde genügende leistungen der grundsicherung (hartz iv-leistungen)". nach abzug des stromabschlags in höhe von 80,00 euro und internet/telefonkosten in höhe von 50,00 euro monatlich verbleibe ihm ein tagesbudget von 10,00 euro. davon könne er sich ernähren bzw. dahinvegetieren, aber ein würdevolles leben sei nicht möglich. eine budgetierung ohne berücksichtigung individueller verhältnisse sei nur dann tauglich, wenn das grundeinkommen inkl. mietzahlung und heizkosten bei 1.200 euro monatlich für einen singlehaushalt liege. 8das sg hat die klage nach anhörung der beteiligten mit gerichtsbescheid vom 28.02.2013 abgewiesen. die bescheide des beklagten seien rechtmäßig. an der verfassungsmäßigkeit der höhe der regelbedarfe bestünden zur überzeugung der kammer keine zweifel. für die zeit ab januar 2011 habe der gesetzgeber die nach dem urteil des bundesverfassungsgerichts (urteil vom 09.02.2010 - 1 bvl 1/09) notwendig gewordene neuregelung vorgenommen (vgl. gesetz zur ermittlung von regelbedarfen und zur änderung des zweiten und zwölften buches sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 - rbeg). unter anderem seien dabei die regelbedarfe mit höheren beträgen festgesetzt worden. diese seien nicht verfassungswidrig. hierzu hat sich das sg den ausführungen im urteil des bundessozialgerichts vom 12.07.2012 (b 14 as 153/11 r) vollinhaltlich angeschlossen. 9gegen den ihm am 02.03.2013 zugestellten gerichtsbescheid hat der kläger am 03.03.2013 berufung eingelegt und sein begehren weiter verfolgt und vertieft. die vielzahl karitativer und sozialer einrichtungen, essenstafeln, kleiderkammern usw. zeige, dass die leistungen der grundsicherung nicht ausreichten. seiner auffassung nach müssten die gesamtleistungen nach dem sgb ii bei 1.200 euro monatlich liegen. insbesondere die stromkosten seien in unzureichender höhe widergespiegelt. 10der kläger beantragt, 11den gerichtsbescheid des sozialgerichts köln vom 28.02.2013 abzuändern und den beklagten zu verurteilen, 12den bescheid vom 17.01.2012 und den änderungsbescheid vom 25.06.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 04.09.2012 (leistungszeitraum 01.03.2012 bis 31.08.2012) 13sowie den bescheid vom 13.07.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 04.09.2012 und der änderungsbescheide vom 24.11.2012 und 18.01.2013 (leistungszeitraum 01.09.2012 bis 28.02.2013) 14abzuändern und ihm für die zeit vom 01.03.2012 bis zum 28.02.2013 höhere leistungen zur sicherung des lebensunterhalts nach dem sgb ii unter berücksichtigung eines höheren regelbedarfs zu bewilligen. 15der beklagte beantragt, 16die berufung zurückzuweisen. 17er hält den angefochtenen gerichtsbescheid für zutreffend. 18wegen der einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten und der verwaltungsakten des beklagten verwiesen. dieser ist gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen. 19
20die zulässige berufung ist nicht begründet. 21das beklagte jobcenter der stadt köln ist gem. § 70 nr. 1 sgg beteiligtenfähig. es steht insoweit einer juristischen person des öffentlichen rechts gleich. 22streitgegenstand sind höhere leistungen zur sicherung des lebensunterhalts nach dem sgb ii für den zeitraum vom 01.03.2012 bis 28.02.2013 als durch den beklagten für den zeitraum vom 01.03.2012 bis 31.08.2012 mit bescheid vom 17.01.2012 und änderungsbescheid vom 25.06.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 04.09.2012 bzw. für den zeitraum vom 01.09.2012 bis 28.02.2013 mit bescheid vom 13.07.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 04.09.2012 und änderungsbescheiden vom 24.11.2012 und 18.01.2013 bewilligt. 23der beklagte hat mit den angefochtenen bescheiden über den anspruch des klägers auf arbeitslosengeld ii (alg ii) insgesamt entschieden. damit stehen regel-, unterkunfts- und heizungsbedarf sowie mehrbedarfsleistungen im streit (vgl. bsg urteil vom 28.03.2013 - b 4 as 12/12 r juris rn. 10). diese bescheide hat der kläger insgesamt mit einer kombinierten anfechtungs- und leistungsklage angegriffen. wenngleich der kläger sich argumentativ ausschließlich mit dem seiner auffassung nach verfassungswidrig zu niedrig festgesetzten regelbedarf für einen alleinstehenden auseinandersetzt, folgt hieraus keine beschränkung des streitgegenstandes auf den regelbedarf (vgl. bsg a.a.o., juris rn. 11). 24der kläger hat mit seinem begehren keinen erfolg. die angefochtenen bescheide sind rechtmäßig. die höhe der dem kläger bewilligten leistungen zur sicherung seines lebensunterhalts nach dem sgb ii ist nicht zu beanstanden. der kläger, der die grundvoraussetzungen des § 7 sgb ii für die bewilligung von leistungen nach dem sgb ii erfüllt, hat im zeitraum vom 01.03.2012 bis zum 28.02.2013 keinen anspruch auf höhere als die ihm vom beklagten gewährten leistungen. 25zutreffend hat der beklagte in den monaten märz bis juli 2012 leistungen in höhe von 905,06 euro monatlich bewilligt. die leistungssumme ergibt sich dabei gem. § 20 abs. 2 s. 1 sgb ii in der fassung des zum 01.01.2011 in kraft getretenen gesetzes zur ermittlung von regelbedarfen (im folgenden: rbeg) und zur änderung des sgb ii und sgb xii - gesetz vom 24.03.2011, bgbl i, 453 - (gesamtes gesetz im folgenden: gerä) i.v.m. § 8 abs. 1 nr. 2 rbeg und der bekanntmachung des bundesministeriums der justiz vom 20.10.2011 über die höhe der regelsätze nach § 20 abs. 5 sgb ii (bgbl i 2011, 2093) aus einem regelbedarf von 374,00 euro monatlich. kosten der warmwasserversorgung waren als monatlicher mehrbedarf gem. § 21 abs. 7 s. 2 nr. 1 sgb ii in höhe von 8,60 euro zu zahlen. weitere ansprüche auf eine mehrbedarfsleistung nach § 21 sgb ii bestanden nicht. die gem. § 22 sgb ii zu zahlenden kosten der unterkunft und heizung betrugen - entsprechend den tatsächlichen aufwendungen des klägers - monatlich 522,46 euro. 26für die monate august bis dezember 2012 erhöhte sich der genannte betrag - wie vom beklagten berücksichtigt - wegen der mieterhöhung um 15,00 euro auf 920,06 euro. 27für die monate januar und februar 2013 hat der beklagte zutreffend leistungen in höhe von 978,25 euro bewilligt. die leistungssumme ergibt sich gem. § 20 abs. 2 s. 1 sgb ii idf des gerä (s.o.) und der bekanntmachung des bundesministeriums der justiz vom 18.10.2012 über die höhe der regelsätze nach § 20 abs. 5 sgb ii ab 01.01.2013 (bgbl i 2012, 2175) aus einem regelbedarf von 382,00 euro monatlich. kosten der warmwasserversorgung waren als monatlicher mehrbedarf gem. § 21 abs. 7 s. 2 nr. 1 sgb ii in höhe von 8,79 euro zu zahlen. weitere ansprüche auf eine mehrbedarfsleistung nach § 21 sgb ii bestanden nicht. die gem. § 22 sgb ii zu zahlenden kosten der unterkunft und heizung betrugen monatlich 587,46 euro. 28zur überzeugung des senats ist die höhe des gesetzlich vorgesehenen regelbedarfs für alleinstehende nicht verfassungswidrig. um wiederholungen zu vermeiden, nimmt der senat bezug auf die zutreffenden ausführungen im angefochtenen urteil des sg sowie des dort zitierten urteils des bsg vom 12.07.2012 - b 14 as 153/11 r. das bundesverfassungsgericht hat die gegen dieses urteil eingelegte verfassungsbeschwerde nicht zur entscheidung angenommen und die dafür gestellten anträge auf bewilligung von prozesskostenhilfe mit der begründung abgelehnt, die beabsichtigte rechtsverfolgung sei ohne aussicht auf erfolg (nichtannahmebeschluss des bverfg vom 20.11.2012 - 1 bvr 2203/12). ergänzend nimmt der senat bezug auf die entsprechenden ausführungen des bsg zur verfassungsmäßigkeit der regelbedarfe im urteil vom 12.07.2012 - b 14 as 189/11 r, gegen das die eingelegte verfassungsbeschwerde ebenfalls vom bundesverfassungsgericht nicht zur entscheidung angenommen worden ist (nichtannahmebeschluss des bverfg vom 27.12.2012 - 1 bvr 2471/12) sowie auf die weiteren entscheidungen des bsg vom 28.03.2012 - b 4 as 12/12 r und b 4 as 47/12 r. den dortigen ausführungen schließt sich der senat nach eigener überprüfung und überzeugungsbildung an. 29insbesondere stimmt der senat im hinblick auf den verfassungsrechtlich verankerten grundsatz der gewaltenteilung dem bsg darin zu, dass den gerichten wegen des gestaltungsspielraums des gesetzgebers nur eine zurückhaltende materielle kontrolle der einfachgesetzlichen regelungen dahingehend zukommt, ob die bestimmung der leistungen durch den gesetzgeber nachvollziehbar ist und die leistungen nicht als evident unzureichend angesehen werden müssen (vgl. bsg urteil vom 12.07.2012 - b 14 as 153/11 r juris rn. 20). 30als unproblematisch sieht der senat dabei zunächst den umstand an, dass die einzelheiten des verfahrens nicht im sgb ii geregelt sind, sondern vom zwölften buch sozialgesetzbuch (sgb xii) übertragen werden. dies hat bereits das bverfg in seinem urteil vom 09.02.2010 - 1 bvl 1/09 als verfassungsmäßig angesehen (bverfg a.a.o., juris rn. 160). 31ebenfalls vom bverfg als verfassungsgemäß angesehen worden ist der rückgriff auf das statistikmodell statt des warenkorbmodells (bverfg a.a.o., juris rn. 162) und die anknüpfung an die einkommens- und verbrauchsstichprobe 2008 (evs) (bverfg a.a.o., juris rn. 167). 32soweit das bverfg im genannten urteil verlangt hat, dass der gesetzgeber seine berechnungsgrundlagen transparent und sachgerecht darlegen müsse (bverfg a.a.o., juris rn. 139), ist dies mit der durch das rbeg vom 24.03.2011 vorgenommenen neuregelung erfolgt. wie das bverfg dies gefordert hat (bverfg a.a.o., juris rn. 139), sind die bedarfsarten, die hierfür aufzuwendenden kosten und anschließend die höhe des gesamtbedarfs bestimmt worden (vgl. insb. § 5 rbeg). 33soweit der gesetzgeber bei der bildung der referenzgruppe nicht mehr (wie noch vom bverfg für richtig erachtet, bverfg a.a.o., juris rn. 168) das untere quintil (20%), sondern lediglich die unteren 15% herangezogen hat, unterliegt diese wertung dem gestaltungsspielraum des gesetzgebers (vgl. zu diesem gestaltungsspielraum auch bverfg a.a.o., juris rn. 138). ausdrücklich hat das bverfg hierzu bereits ausgeführt, dass die angemessenheit der wahl der referenzgruppe verfassungsrechtlich nicht zu überprüfen ist (bverfg a.a.o., juris rn. 168). 34auch das fehlende herausrechnen der verdeckt bzw. versteckt armen (d.h. personen, die einen anspruch auf sozialleistungen hätten, diesen aber nicht geltend machen bzw. von zuwendungen anderer leben) aus der referenzgruppe sieht der senat nicht als verfassungswidrig an. hierzu hatte bereits das bverfg im genannten urteil ausgeführt, dass es sache des gesetzgebers sei, zu entscheiden, ob er positionen, die sich nicht klar berechnen lassen (vgl. hierzu bt-drs 17/3404, s. 88), lieber unbeachtet lässt (bverfg a.a.o., juris rn. 169). 35soweit die herausnahme einzelner positionen und damit die abweichung des gesetzgebers vom statistikmodell als verfassungswidrig kritisiert worden ist, teilt der senat diese auffassung nicht. ausdrücklich hat das bverfg in seiner o.g. entscheidung ausgeführt, dass kürzungen von ausgabepositionen möglich seien (bverfg a.a.o., juris rn. 170); diese müssten nur begründet (bzw. eine prozentuale kürzung empirisch belegt) sein und weiter einen internen ausgleich ermöglichen. bei der vom bverfg für zeiten vor dem gerä für verfassungswidrig erachteten bestimmung der regelsatzhöhe fehlte es an einer begründung der lediglich prozentual vorgenommenen kürzungen; hiervon unterscheidet sich jedoch die hier im verfahren streitige herausnahme von einzelpositionen. diese herausnahmen sind jeweils im einzelnen vom gesetzgeber begründet worden, so dass sich der gesetzgeber hier im rahmen seines gestaltungsspielraums bei den vorzunehmenden wertungen (bverfg a.a.o., juris rn. 138) gehalten hat. zu den herausnahmen bei den einzelnen positionen verweist der senat auf die ausführlichen ausführungen des bsg im urteil vom 12.07.2012 - b 14 as 153/11 r juris rn. 65 ff.). 36auch die fortentwicklung der regelsätze (anpassung) sieht der senat nicht als verfassungswidrig an. entgegen der vom bverfg noch für verfassungswidrig gehaltenen anknüpfung an den aktuellen rentenwert gem. § 68 sechstes buch sozialgesetzbuch - sgb vi - (bverfg a.a.o., juris rn. 183), ist die fortschreibung jetzt an die bundesdurchschnittliche entwicklung der preise für regelbedarfsrelevante güter und dienstleistungen (70%) sowie die bundesdurchschnittliche entwicklung der nettolöhne und -gehälter (30%), somit einen mischindex geknüpft, wobei maßgeblich die veränderungsrate der letzten zwei zwölfmonatszeiträume ist, die ihrerseits jeweils von juli bis juni laufen (§ 28a abs. 2 s. 1-3 sgb xii). für 2012 hat es bei der anpassung eine sonderregelung in § 138 sgb xii gegeben, weil die höhe der regelbedarfe zum 01.01.2011 nur die entwicklungen bis dezember 2009 widerspiegelte. aus diesem grund erfolgten zum 01.01.2012 zwei fortschreibungen. die erste veränderungsrate betrug 0,75%, die zweite 1,99% (vgl. bgbl i 2011, 2090), die veränderungsrate zum 01.01.2013 2,26% (vgl. br-drs 553/12, s. 5 ff.). im grundsatz hat das bverfg die jetzt gewählte anknüpfung im genannten urteil für richtig angesehen. dass die konkrete ausgestaltung sich nicht im rahmen des gesetzgeberischen gestaltungsspielraums hält, kann der senat nicht erkennen (vgl. auch bsg urt. v. 12.07.2012 - b 14 as 153/11 r juris rn. 79 ff.). dies gilt auch für die vom kläger besonders angesprochene entwicklung der strompreise, die gleichfalls der o.g. anpassung unterliegt. hierbei ist zu berücksichtigen, dass die kosten für eine dezentrale warmwassererzeugung bereits gesondert als mehrbedarf gem. § 21 abs. 7 sgb ii von den leistungsträgern übernommen werden. 37soweit der kläger zur begründung seines begehrens die existenz karitativer einrichtungen heranzieht, belegt dies nicht, dass die leistungen der grundsicherung nicht ausreichen. der gesetzgeber hat sich mit der frage, wie das existenzminimum zu bemessen ist, ausführlich und im einklang mit dem verfassungsrecht auseinandergesetzt. es sind keine anhaltspunkte dafür ersichtlich und auch bisher nicht wissenschaftlich vorgetragen worden, dass eine sicherung der existenz nur dann möglich ist, wenn grundsicherungsleistungen durch karitative leistungen aufgefüllt werden. 38die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg. 39der senat hat die voraussetzungen für die zulassung der revision (§ 160 abs. 2 nr. 1 oder 2 sgg) nicht als gegeben angesehen.
Verklagte*r
0
186,470
L 16 KR 557/11
2013-12-12T00:00:00
Urteil
Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 25.09.2008 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten ambulanter ärztlicher Leistungen, die Versicherte nach erfolgtem Kassenwechsel noch unter Verwendung der Krankenversicherungskarte der abgebenden Kasse in Anspruch genommen haben. 3In der Praxis nehmen Mitglieder und Familienversicherte vielfach auch nach einem schon erfolgten Wechsel zu einer anderen Krankenkasse noch Leistungen unter Verwendung der Krankenversicherungskarte der abgebenden Kasse in Anspruch. Soweit diese die vorgesehene Vergütung an die Leistungserbringer zahlt, kommen Erstattungsansprüche gegenüber der aufnehmenden Kasse in Betracht. In der vertragsärztlichen Versorgung zahlen die Kassen aber nicht unmittelbar eine Vergütung an die behandelnden Ärzte, sondern eine Gesamtvergütung für die vertragsärztliche Versorgung ihrer mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) wohnenden Versicherten. Das Volumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen kann u. a. nach einer Kopfpauschale festgelegt werden. Die Berechnung der Gesamtvergütung nach Kopfpauschalen geht vom durchschnittlichen Jahresbedarf eines Versicherten einschließlich der Familienversicherten an vertragsärztlichen Leistungen aus; für die Gesamtvergütung wird dann der Jahresbedarf mit der Zahl der Mitglieder multipliziert. 4Die Rechtsvorgängerinnen der beteiligten Kassen (im Folgenden einheitlich als Klägerin und Beklagte bezeichnet) hatten jeweils im streitigen Erstattungszeitraum mit der zuständigen KV Westfalen-Lippe die Gesamtvergütung nach einer Kopfpauschale je Mitglied vereinbart. Die Vereinbarungen der Klägerin mit der KV Westfalen-Lippe sahen von Quartal zu Quartal unterschiedlich hohe Kopfpauschalen vor. Es waren monatliche Zahlungen auf die Gesamtvergütung zu zahlen, denen jeweils mit Stichtag Sechsten eines Monats die zum Ersten eines Monats aktuellen Mitgliederzahlen der amtlichen Statistik KM1 zugrunde gelegt wurden. 5Hinsichtlich der vertragsärztlichen Behandlung von Kassenwechslern hatten die (früheren) Spitzenverbände der Krankenkassen die Auffassung vertreten, dass auch unter Geltung des Kopfpauschalensystems bei Einsatz der Krankenversichertenkarte der abgebenden Kasse ein Erstattungsanspruch dieser Kasse bestehe, und zwar in Höhe der von der KV an den Vertragsarzt für die Behandlung gezahlten Vergütung. Dieser Empfehlung der Spitzenverbände ist allerdings ein Teil der Kassen nicht gefolgt, nach Angabe der Klägerin erkennt inzwischen nur noch eine Minderheit der Kassen Erstattungsansprüche in diesen Fällen an. Die Klägerin verfolgt deshalb in zahlreichen Fällen Erstattungsansprüche gegen die aufnehmenden Kassen. 6In den im Berufungsverfahren noch streitigen Fällen wechselte die frühere Familienversicherte T, späterer Name: P, am 31.07.2001 von der Klägerin zur Beklagten. Sie nahm ärztliche Behandlung unter Verwendung der Krankenversichertenkarte der Klägerin im Zeitraum vom 06. bis 22.08.2001 in Anspruch, wofür die KV eine Vergütung in Höhe von 58,87 Euro an den behandelnden Arzt zahlte. Im Erstattungsfall T1 wechselte das Mitglied am 23.10.2000 zur Beklagten, die Abmeldung erhielt die Klägerin am 21.11.2000. Ärztliche Behandlung nahm der Versicherte am 13.03.2001 in Anspruch, die Vergütung betrug 65,07 Euro. Im Erstattungsfall W wechselte das Mitglied am 28.01.2001 zur Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Abmeldung bei der Klägerin erfolgte am 18.10.2001. Ärztliche Behandlung nahm das Mitglied vom 29.01. bis 29.03.2001 in Anspruch. Die ärztliche Vergütung belief sich auf mindestens 86,42 Euro (hinsichtlich eines weiteren Betrages von 62,73 Euro ist offen, ob er ärztliche oder zahnärztliche Behandlung betrifft). 7Die Klägerin hat am 23.12.2004 Klage erhoben und von der Beklagten die Zahlung von 331.994,01 Euro verlangt. Der Betrag ergebe sich aus Erstattungsforderungen, die dadurch entstanden seien, dass Versicherte der Beklagten, die zuvor bei der Klägerin versichert gewesen seien, unter Benutzung der von der Klägerin ausgestellten Versichertenkarten ärztliche Behandlung und ärztlich verordnete Leistungen erhalten hätten. In Unkenntnis dieses Umstandes habe sie - die Klägerin - für die ärztlichen Behandlungen eine Kopfpauschale entrichtet und die ärztlich verordneten Leistungen an die jeweiligen Leistungserbringer vergütet. Wegen der Benutzung ihrer Krankenversichertenkarte durch die Versicherten habe sie an diese Sozialleistungen erbracht, so dass die Beklagte zur Erstattung nach § 105 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) verpflichtet sei. Dass in den jeweiligen Erstattungsfällen die Krankenversichertenkarte der Klägerin eingesetzt worden sei, ergebe sich daraus, dass die KV für die jeweiligen Behandlungsfälle im Wege des Datenträgeraustauschs das Arzthonorar, das die behandelnden Ärzte für die Behandlung erhalten hätten, zugleich mit den Behandlungszeiträumen und den abgerechneten Gebühren-Nummern mitgeteilt habe. Die Mitteilungen ergingen im Datenträgeraustausch an diejenigen Krankenkassen, die nach den Abrechnungsunterlagen der KV als zuständige Krankenkasse anzusehen seien. Ausreichend für die Erfüllung der Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs sei, dass die Erbringung von Sozialleistungen einem Leistungsträger zugerechnet werden könne. Aus der Entscheidung des BSG vom 24.11.1998 (B 1 KR 21/96 R) ergebe sich, dass sie eine Leistung an die Versicherten erbracht habe. Das BSG habe in dieser Entscheidung ausgeführt, zur vollständigen Abwicklung des Leistungsfalles gehöre auch die Bezahlung des Leistungserbringers, die jedoch mit der Leistungsgewährung als solcher nicht gleichzusetzen sei. Insoweit sei es ohne Bedeutung, dass das Entgelt für die Sozialleistungen als eine pauschalierte Leistung an einen Dritten gezahlt worden sei. Das Bestehen eines Erstattungsanspruchs könne nicht davon abhängig gemacht werden, wie der Zahlungsfluss sich in einem Leistungsfall im Einzelnen darstelle. Entscheidend sei vielmehr, ob die Zahlung zur Erfüllung eines Dienst- oder Sachleistungsanspruchs eines Versicherten erfolge. Der Erstattungsanspruch sei jedenfalls in Höhe der von ihr gezahlten Kopfpauschale gegeben. Allerdings könne sie, wenn von der KV ein höheres Honorar an den behandelnden Vertragsarzt gezahlt worden sei als der Betrag der Kopfpauschale, den dem Honorar entsprechenden Betrag fordern. Bei Familienversicherten sei stets der Betrag des ärztlichen Honorars als Erstattungsbetrag zu zahlen. Dies begründe sich damit, dass die Berechnung der Kopfpauschalen auf der Grundlage der früher von den Kassen entrichteten Einzelleistungen erfolge. Im Ergebnis sei damit die Kopfpauschale für die Stammversicherten zu hoch kalkuliert, für Versicherte mit mehreren Familienangehörigen jedoch zu gering. Da somit der Berechnung der Kopfpauschale eine Mischkalkulation zugrundeliege, erscheine es sachgerecht, den Wert der ärztlichen Leistung als Erstattungsbetrag zu verlangen. 8Die gezahlten Kopfpauschalen könnten auch unter dem Gesichtspunkt einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) geltend machen. Die öffentlich-rechtliche GoA komme dann zur Anwendung, wenn die Erstattungsregelungen der §§ 102 ff. SGB X nicht zum Tragen kämen. Mit der Zahlung der Kopfpauschale am Stichtag habe sie auch mit dem Willen gehandelt, ein Geschäft der Beklagten zu führen. Zwar habe sie primär eine eigene Verpflichtung zur Zahlung der Gesamtvergütung erfüllen wollen. Ihr sei aber, wie allen anderen Kassen auch, bekannt, dass die Mitgliederzahlen am Stichtag wegen zeitlich verzögert eingegangener Abmeldungen mit einer "Unrichtigkeitsquote" belastet seien. Daher habe sie Zahlungen in dem Bewusstsein geleistet, dass sie Kopfpauschalen auch für Versicherte anderer Kassen zahle. Es handele sich daher um eine Geschäftsführung für einen zunächst unbekannten Geschäftsherrn. 9Die Beklagte ist dem Erstattungsbegehren entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, Kopfpauschalen seien keine Sozialleistung im Sinne des Ersten Buchs Sozialgesetzbuchs (SGB I), so dass es an einer Grundvoraussetzung für die Durchsetzung eines Erstattungsanspruchs nach § 105 SGB X fehle. Für Familienversicherte habe die Klägerin im Übrigen überhaupt keine Zahlungen an die KV erbracht. Die von der KV für die fraglichen Behandlungen an die behandelnden Ärzte jeweils gezahlten Vergütungen seien nicht von der Klägerin erbracht worden. 10Soweit die Klägerin mit der Klage neben den Kosten der ärztlichen Behandlungen auch Kosten für ärztlich verordnete Leistungen geltend gemacht hat, hat die Beklagte diese erstattet, soweit in den einzelnen Erstattungsfällen die Kosten der ärztlich verordneten Leistungen allein über der Bagatellgrenze des § 110 Satz 2 SGB X gelegen haben. 11Mit Beschluss vom 01.11.2007 hat das Sozialgericht den Rechtsstreit "im Hinblick auf die mehreren Streitgegenstände" hinsichtlich der Erstattung von Vergütungen "für unmittelbare ärztliche Behandlungen" und der Erstattung der "sonstigen - nicht unmittelbaren ärztlichen - Leistungen" getrennt. 12Mit Urteil vom 25.09.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Erstattungsansprüche wegen der Kosten der ambulanten ärztlichen Behandlungen bestünden nicht. Einem Erstattungsanspruch aus § 105 SGB X stünden einerseits die Regelungen über die Gesamtverträge und die Gesamtvergütung und andererseits entgegen, dass keine erstattungsfähigen Sozialleistungen im Sinne der Vorschrift erbracht worden seien. Die Vorschriften der §§ 83, 85 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. den entsprechenden Vereinbarungen mit der KV seien als abschließendes Regelungssystem anzusehen. Werde, wie im vorliegenden Fall, die Kopfpauschale vereinbart, trage die Krankenkasse grundsätzlich das Risiko der Mitgliederentwicklung. Dieses Risiko könne ihr nicht im Nachhinein durch Erstattungen von der ggfs. begünstigten Krankenkasse wieder genommen werden. Außerdem ergebe sich aus § 85 Abs. 3c SGB V, dass der Gesetzgeber das Risiko der Mitgliederentwicklung gesehen und den jeweiligen Krankenkassen zugewiesen bzw. nur eine Anpassung für die Zukunft vorgesehen habe. Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten bestehe zudem nicht, weil keine Sozialleistungen im Sinne von § 105 SGB X i.V.m. § 11 SGB I vorlägen. Sozialleistungen nach dieser Vorschrift seien alle Vorteile, die nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs zur Verwirklichung sozialer Rechte dem Einzelnen zugutekommen sollten. Notwendig sei eine direkte, individuelle Begünstigung eines Berechtigten durch eine Leistung im Sinne des Sozialgesetzbuchs, die durch einen Leistungsträger erbracht werde. Zwar könne die Leistungserbringung auch durch Dritte erfolgen, so dass es ausreiche, wenn die Leistung des Dritten dem Leistungsträger zugerechnet werde. Das genüge aber nicht, um im vorliegenden Fall einen Erstattungsanspruch im Hinblick auf eine durch einen Vertragsarzt im Rahmen der Gesamtvergütung erbrachte Leistung begründen zu können. Die von der KV an den Vertragsarzt gezahlte Vergütung könne die Klägerin schon deshalb nicht verlangen, weil sie diese Kosten tatsächlich niemals aufgewendet habe. Die Vergütung werde von der KV den Vertragsärzten für die Leistung gezahlt. Die Klägerin leiste dagegen unabhängig davon im Rahmen der mit der KV getroffenen Vereinbarung eine Kopfpauschale für jedes versicherte Mitglied, eine direkte Zahlung an die Vertragsärzte aufgrund der konkreten Leistungserbringung erfolgt gerade nicht. Im Ergebnis stelle auch die Kopfpauschale keine erstattungsfähige Sozialleistung im Sinne von § 11 SGB I dar. Zur Zahlung der Gesamtvergütung sei die Klägerin aufgrund der Vereinbarung mit der KV verpflichtet. Sie lasse sich jedoch einem einzelnen Versicherten nicht zuordnen, denn sie falle unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme der Leistung durch den Leistungsberechtigten an, so dass Grundlage der Zahlungen nicht die tatsächliche Leistungserbringung durch den Vertragsarzt sei. Ebenso scheide eine GoA als Anspruchsgrundlage aus. Die Anwendbarkeit der GoA sei wegen des abschließenden Charakters der §§ 83, 85 SGB V sowie der Normen der §§ 102 ff. SGB X ausgeschlossen. Letztere Normen stellten sich auch dann als abschließende Regelung dar, wenn die Voraussetzungen der §§ 102 ff. SGB X im Einzelnen nicht vorlägen, da sonst eine Umgehung der speziellen Voraussetzungen drohe. Ebenso sei der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch wegen der abschließenden Normierung der Erstattungsansprüche unter Leistungsträgern in § 102 ff. SGB X ausgeschlossen. 13Mit ihrer Berufung hält die Klägerin an ihrem erstinstanzlichen Vortrag fest. Sie meint, die Entscheidung des Sozialgerichts stehe im Widerspruch zur Entscheidung des BSG vom 24.11.1998. 14Im Berufungsverfahren haben sich die Beteiligten zunächst auf neun Erstattungsfälle geeinigt, hinsichtlich derer die streitige Rechtsfrage entschieden werden soll. Die benannten Erstattungsfälle sind von den anderen Verfahren abgetrennt und in dem verbleibenden Verfahren (L 16 KR 183/08) ist das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden (Beschluss vom 10.10.2011). In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ihre Klagen in sechs der verbliebenen Erstattungsfälle zurückgenommen und in einem verbleibendem Fall die Klage zum Teil zurückgenommen. 15Die Klägerin beantragt, 16unter entsprechender Änderung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, 17im Erstattungsfall P die Kosten der ärztlichen Behandlung für das ehemalige familienversicherte Mitglied in Höhe von 58,87 Euro zu erstatten, 18im Erstattungsfall W die in der Zeit vom 28.01.2001 bis 18.10.2001 anteilig gezahlte Kopfpauschale in Höhe von 227,37 Euro zu erstatten, 19im Erstattungsfall T1 die in der Zeit vom 23.10.2000 bis 21.11.2000 anteilig gezahlte Kopfpauschale in Höhe von 65,07 Euro zu erstatten. 20Die Beklagte beantragt, 21die Berufung zurückzuweisen. 22Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ein Erstattungsanspruch wegen der Kosten der ärztlichen Behandlung bestehe weder in Höhe der gezahlten Kopfpauschale noch der von der KV an die jeweiligen Vertragsärzte gezahlten Vergütungen. 23Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Streitakte L 16 KR 183/08 verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist. 24Entscheidungsgründe: 25Die fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen, denn der Klägerin steht kein Erstattungsanspruch wegen der allein noch streitigen Kosten der ärztlichen Behandlungen zu. 26I. Zu entscheiden ist allein noch über die Erstattungsansprüche wegen ambulanter ärztlicher Behandlungen in den Erstattungsfällen T/P, W und T1. In den übrigen in diesem Verfahren zunächst streitigen Erstattungsfällen hat die Klägerin ihre Klagen in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Im Falle W hat sie ihre Klage hinsichtlich der Erstattung der Kosten der ärztlich verordneten Arzneimittel zurückgenommen. Da somit in den drei verbliebenen Erstattungsfällen allein über die Kosten der ärztlichen Behandlung zu entscheiden ist, wirkt sich hier die vom Sozialgericht vorgenommene fehlerhafte "Trennung" der Klagen in Verfahren auf Erstattung von Vergütungen für "unmittelbare ärztliche Behandlungen" und von "sonstigen nicht unmittelbar ärztlichen Leistungen" nicht aus. Das Sozialgericht hat bei seinem Beschluss vom 01.11.2007 nicht bedacht, dass eine Trennung nur möglich ist bei einer Mehrheit von Streitgegenständen (vgl. nur Zöller-Greger, ZPO, 30. Aufl., § 145 Rdn. 2). Zwar lag und liegt hier eine objektive Klagehäufung vor, allerdings (nur) deswegen, weil die Klägerin wegen zahlreicher gewechselter Versicherter Erstattungsansprüche geltend gemacht hat. Bezogen auf den einzelnen Erstattungsfall liegt jedoch ein untrennbarer Streitgegenstand vor. Aus einem einheitlichen Lebenssachverhalt - Inanspruchnahme von Leistungen zu Lasten der abgebenden Kasse nach erfolgtem Wechsel - ergibt sich ein Ausgleichsanspruch der abgebenden Kasse gegen die aufnehmende Kasse, die ab dem Zeitpunkt des Wechsels zuständig ist (vgl. BSG SozR 3-2500 § 19 Nr. 3, 4). Jedenfalls dann, wenn die nach dem Kassenwechsel zu Lasten der abgebenden Kasse in Anspruch genommenen Leistungen wegen desselben Krankheitsfalles erfolgen, besteht ein "Erstattungsanspruch im Einzelfall" (§ 110 Satz 2 SGB X, vgl. dazu BSGE 60, 195), der sowohl die Kosten der ambulanten ärztlichen Leistungen als auch der ärztlich verordneten Leistungen umfasst; diese sind nur Einzelposten innerhalb einer Gesamtforderung. Da insoweit bezogen auf die einzelnen Erstattungsfälle ein unteilbarer Streitgegenstand vorliegt, ist eine Trennung der einzelnen Erstattungsfälle nach verschiedenen Rechtsgrundlagen oder "Ansprüchen" nicht möglich und verfahrensrechtlich unzulässig (vgl. Zöller-Greger a.a.O.). Das Sozialgericht durfte somit nicht in den anhängig gemachten Erstattungsfällen allein über die Kosten der ambulanten ärztlichen Behandlungen entscheiden. Da aber nach der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Beschränkung des Verfahrens in den verbliebenen drei Erstattungsfällen nur über die Kosten ärztlicher Leistungen zu entscheiden ist, hat der Verfahrensfehler des Sozialgerichts hier keine rechtlichen Auswirkungen. 27II. Der Klägerin steht wegen der nach erfolgtem Wechsel der Versicherten zur Beklagten in Anspruch genommenen ärztlichen Leistungen kein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zu. Als Rechtsgrundlage eines Erstattungsanspruchs kommt allein § 105 SGB X in Betracht, wenn eine Kasse in Unkenntnis eines bereits erfolgten Kassenwechsels bzw. deshalb, weil der/die Versicherte noch die Krankenversichertenkarte der abgebenden Kasse verwendet hat, Leistungen erbringt (vgl. BSG SozR 3-2500 § 19 Nr. 3, 4). Grundsätzlich endet bei Sachleistungen die Leistungszuständigkeit der abgebenden Kasse am letzten Tag der Mitgliedschaft (auch dann, wenn das Mitglied die Leistung schon beantragt und die Kasse deren Gewährung abgelehnt hatte, vgl. BSG SozR 4-2500 § 33 Nr. 34), während die aufnehmende Kasse ab Beginn der Mitgliedschaft für die Leistungen zuständig ist (vgl. BSG SozR 4-2500 § 19 Nr. 4 zur Aufteilung einer Fallpauschale bei stationärer Behandlung). 28Ein Erstattungsanspruch wäre aber nur gegeben, wenn die Klägerin an die Versicherten wegen deren Verwendung der Krankenversichertenkarte der Klägerin bei der Inanspruchnahme der ärztlichen Behandlungen eine Sozialleistung im Sinne des § 105 SGB X erbracht hätte. Das ist zu verneinen. 29Sozialleistungen sind nach der Legaldefinition des § 11 Satz 1 SGB I Dienst-, Sach- und Geldleistungen. Da auch Sachleistungen erfasst sind, sind grundsätzlich Sozialleistungen auch Leistungen, die Dritte im Auftrag und auf Kosten des Sozialleistungsträgers erbringen (Merten in Eichenhofer/Wenner, SGB I, IV, X, § 11 SGB I Rdn. 9; Lilge, SGB I, 3. Aufl., § 11 Rdn. 12). Zwischen den Beteiligten ist demgemäß unstreitig, dass im Falle ärztlich verordneter Sachleistungen, für die die Kasse eine Vergütung unmittelbar an den Leistungserbringer zahlt, bei Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze des § 110 Satz 2 SGB X ein Erstattungsanspruch besteht. 30Weder die von der Klägerin an die KV gezahlten Kopfpauschalen noch die von der KV an die behandelnden Vertragsärzte gezahlten Vergütungen sind jedoch Sozialleistungen in diesem Sinne. Eine Sozialleistung im Sinne der vorgenannten Vorschrift ist nur dann anzunehmen, wenn sie sich als individuelle Begünstigung derjenigen Person darstellt, die von der durch das Sozialrecht definierten besonderen Bedarfslage betroffen ist (Ross in Hauck/Noftz, SGB I, § 11 Rdn. 13). Nach diesem individualisierenden Leistungsbegriff ist die Zahlung der Gesamtvergütung an die KV keine Sozialleistung (Becker in Hauck/Noftz, SGB X, § 102 Rdn. 11). Ebenso wenig sind die Kopfpauschalen eine Sozialleistung im oben genannten Sinne. Die Kopfpauschale ist nur ein Berechnungsfaktor für die insgesamt an die KV zu zahlende Gesamtvergütung, mit der die gesamte vertragsärztliche Versorgung aller Mitglieder einschließlich der Familienversicherten im örtlichen KV-Bezirk abgegolten wird (§ 85 Abs. 1 SGB V). Da die Gesamtvergütung unabhängig von den Honorarabrechnungen der Vertragsärzte errechnet wird, beruhen die Zahlungen der Kasse an die KV nicht auf den einzelnen ärztlichen Leistungen. Welche Leistungen die Ärzte im Abrechnungszeitraum erbracht haben, ist angesichts der prospektiven Bestimmung des Leistungsbedarfs ohne Bedeutung. Rechtsgrund der Zahlung an die KV sind somit nicht die ärztlichen Leistungen, die im Einzelfall erbracht werden (vgl. auch BSG SozR 2200 § 368 f. Nr. 16, das hiervon ausgehend einen Erstattungsanspruch der Krankenkasse gegen die KV abgelehnt hat, wenn einzelne Leistungen nicht notwendig oder falsch abgerechnet worden waren). Die Kopfpauschale hat keinen Bezug zu einem konkreten Behandlungsfall, sie ist vielmehr unabhängig von der Inanspruchnahme von Leistungen zu zahlen. Als bloße rechnerische Größe zur (pauschalen) Bezahlung der Vertragsärzte ist somit die Kopfpauschale keine Sozialleistung, die die Klägerin für die gewechselten Versicherten erbracht hätte. Dies zeigt insbesondere der Fall der Familienversicherten T/P, für die die Klägerin "nichts" gezahlt hat. 31Nichts anderes ergibt sich aus der Entscheidung des BSG vom 28.11.1998 (a.a.O.). Die Klägerin meint zu Unrecht, sich auf diese Entscheidung stützen zu können. Zwar weist das BSG in der Entscheidung darauf hin, dass die Krankenkassen die ambulante medizinische Versorgung als Sachleistung dadurch gewähre, dass die Behandlung durch einen Vertragsarzt kostenfrei zur Verfügung gestellt werde (juris Rdn. 12). Das bedeutet aber nicht, dass damit das BSG quasi die Zurverfügungstellung der Krankenversichertenkarte, die die kostenfreie Inanspruchnahme der ärztlichen Behandlung ermöglicht, als Sozialleistung qualifiziert. Das BSG führt vielmehr weiter aus, dass zu prüfen sei, welchem Leistungsträger die Erbringung einer Leistung rechtlich zuzuordnen sei und dass bei Zahlung einer Gesamtvergütung, die für die jeweilige vertragsärztliche Versorgung in einem Quartal erbracht werde, sich die Vergütung der ärztlichen Leistung nicht den einzelnen Versicherten zuordnen lasse. Dies verstehe sich "von selbst" bei allen pauschalierenden Vergütungsformen, etwa einer nach dem Kopfpauschalensystem berechneten Gesamtvergütung, gelte aber auch, wenn die Vergütung nach Einzelleistungen berechnet werde, da auch in diesem Fall immer die Zahlung nicht für einzelne individualisierbare Leistungen erfolge, sondern für die Gesamtheit aller vertragsärztlichen Leistungen. Die Vergütung für den einzelnen Fall werde erst im Zuge der Honorarverteilung durch die KV individualisiert (a.a.O.). Aus diesen Ausführungen ergibt sich eindeutig, dass nur dann von einer der Krankenkasse unmittelbar zuzurechnenden Leistung an den Versicherten ausgegangen werden kann, wenn sie die konkret erbrachten Leistungen vergütet, nicht dagegen dann, wenn sie im Rahmen eines Budgets Zahlungen für die Gesamtheit aller erbrachten Leistungen erbringt. Eine individuelle Begünstigung eines Berechtigten (und damit eine Sozialleistung) kann nur angenommen werden, wenn die Krankenkasse eine Vergütung unmittelbar bezogen auf die konkret erbrachte Leistung erbringt. 32Gegen eine Qualifizierung der Kopfpauschalen als Sozialleistung spricht in den Fällen W und T1 zudem, dass die Klägerin Kopfpauschalen nur bis zum Zeitpunkt der jeweiligen Abmeldungen gezahlt hat. Die ärztlichen Behandlungen haben aber längere Zeit nach diesem Zeitpunkt stattgefunden, so dass die geforderten Kopfpauschalen noch nicht einmal "für" die Behandlungen in dem Behandlungsquartal gezahlt worden sind. Faktisch fordert die Klägerin von der Beklagten somit eine Erstattung für die bloße Zurverfügungstellung der Krankenversichertenkarte bis zur Abmeldung. Demnach müsste sie konsequenterweise in allen Fällen, in denen sie erst mit zeitlicher Verzögerung von einem Kassenwechsel Kenntnis erlangt und daher für die gewechselten Mitglieder noch die Kopfpauschalen gezahlt hat, deren Erstattung von der aufnehmenden Kasse fordern, auch wenn die Mitglieder keine Leistungen in Anspruch genommen haben. Der Umstand, dass die Klägerin selbst nicht so weit gehen will, macht deutlich, dass ihre Auffassung nicht richtig sein kann, weil es danach für das Bestehen des Erstattungsanspruchs von dem Zufall abhängen würde, ob das Mitglied die Krankenversichertenkarte noch verwendet hat, obwohl die Kopfpauschalen unabhängig von der Leistungsinanspruchnahme anfallen. Dies zeigt, dass das Problem, wie erst nachträglich bekannt gewordene Mitgliederwechsel im Rahmen der Gesamtvergütung zu berücksichtigen sind, allenfalls im Verhältnis zur KV in den Gesamtverträgen geregelt werden könnte. 33Noch weniger kann die dem behandelnden Vertragsarzt von der KV gezahlte Vergütung als Sachleistung der Kasse angesehen werden. Zwar hat - wirtschaftlich gesehen - die Krankenkasse die an die Ärzte gezahlten Vergütungen durch die Zahlung der Gesamtvergütung getragen. Das ändert aber nichts daran, dass sie nicht für die einzelnen von den Ärzten erbrachten Behandlungen leistet, sondern für die Gesamtheit aller vertragsärztlichen Leistungen. Erst durch die KV wird - in Anwendung des jeweils geltenden Honorarverteilungsmaßstabs (jetzt Honorarverteilungsvertrags) - der Vergütungsanspruch des Vertragsarztes konkretisiert. Daher können die an die Ärzte gezahlten Vergütungen nicht als von der Kasse an den Versicherten erbrachte Sozialleistungen im Sinne des § 105 SGB X i.Vm. § 11 SGB I angesehen werden. Im Falle der Versicherten T/P ist dies offenkundig, denn die Kopfpauschale war nur für Mitglieder zu leisten und die für den Stammversicherten zu zahlende Kopfpauschale ist unabhängig davon, ob und wie viele Personen familienversichert sind. Es wäre unverständlich, warum im Falle eines Mitgliederwechsels die Klägerin einen Erstattungsanspruch gegen die aufnehmende Kasse erlangen sollte, obwohl sie in keiner Weise eine Mehrbelastung trifft, da die Kopfpauschale für den Stammversicherten ohnehin zu zahlen ist. Aber auch in den Fällen W und T1 lässt sich kein Erstattungsanspruch in Höhe der ärztlichen Vergütung begründen, da die Kopfpauschalen unabhängig von den konkret in Anspruch genommenen Leistungen anfallen. Im Übrigen waren zum Zeitpunkt der tatsächlichen Leistungsinanspruchnahme noch nicht einmal für dieses Quartal Kopfpauschalen gezahlt worden, so dass auch schon von daher die für die Behandlungen an die Ärzte gezahlten Vergütungen nicht von der Klägerin erbracht worden sind. 34Eine Erstattung der gezahlten Kopfpauschale kann auch unter dem Gesichtspunkt der GoA (§§ 677 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) nicht verlangt werden. Das Sozialgericht hat insoweit mit Recht die Anwendbarkeit dieser Vorschriften verneint. Die Regeln der GoA finden keine Anwendung, wenn Vorschriften des öffentlichen Rechts eine abschließende Regelung treffen (BGH NZS 1999, 240; siehe auch BSGE 85, 110). Die §§ 102 ff. SGB X enthalten aber eine geschlossene Lösung für die Frage, welche Erstattungsansprüche zwischen den Leistungsträgern bestehen (Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl., vor § 102 Rdn. 1, 18 "abschließende Regelung"). Die Anwendung der §§ 677 ff. BGB im Bereich der Ausgleichsansprüche zwischen den Sozialleistungsträgern ist daher abzulehnen, ein Ausgleich findet nur über einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch statt (vgl. Seiler in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., vor § 677 Rdn. 24). 35Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. 36Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, insbesondere hat der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Die hier zu entscheidende Rechtsfrage hat keine Bedeutung über den Einzelfall hinaus, da allein die Klägerin solche Erstattungsansprüche verfolgt; zudem ist die Rechtsfrage nicht (höchstrichterlich) klärungsbedürftig, weil die Rechtslage eindeutig ist.
die berufung der klägerin gegen das urteil des sozialgerichts dortmund vom 25.09.2008 wird zurückgewiesen. die klägerin trägt auch die kosten des berufungsverfahrens. 1
2die beteiligten streiten über die erstattung der kosten ambulanter ärztlicher leistungen, die versicherte nach erfolgtem kassenwechsel noch unter verwendung der krankenversicherungskarte der abgebenden kasse in anspruch genommen haben. 3in der praxis nehmen mitglieder und familienversicherte vielfach auch nach einem schon erfolgten wechsel zu einer anderen krankenkasse noch leistungen unter verwendung der krankenversicherungskarte der abgebenden kasse in anspruch. soweit diese die vorgesehene vergütung an die leistungserbringer zahlt, kommen erstattungsansprüche gegenüber der aufnehmenden kasse in betracht. in der vertragsärztlichen versorgung zahlen die kassen aber nicht unmittelbar eine vergütung an die behandelnden ärzte, sondern eine gesamtvergütung für die vertragsärztliche versorgung ihrer mit wohnort im bezirk der kassenärztlichen vereinigung (kv) wohnenden versicherten. das volumen für die gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen leistungen kann u. a. nach einer kopfpauschale festgelegt werden. die berechnung der gesamtvergütung nach kopfpauschalen geht vom durchschnittlichen jahresbedarf eines versicherten einschließlich der familienversicherten an vertragsärztlichen leistungen aus; für die gesamtvergütung wird dann der jahresbedarf mit der zahl der mitglieder multipliziert. 4die rechtsvorgängerinnen der beteiligten kassen (im folgenden einheitlich als klägerin und beklagte bezeichnet) hatten jeweils im streitigen erstattungszeitraum mit der zuständigen kv westfalen-lippe die gesamtvergütung nach einer kopfpauschale je mitglied vereinbart. die vereinbarungen der klägerin mit der kv westfalen-lippe sahen von quartal zu quartal unterschiedlich hohe kopfpauschalen vor. es waren monatliche zahlungen auf die gesamtvergütung zu zahlen, denen jeweils mit stichtag sechsten eines monats die zum ersten eines monats aktuellen mitgliederzahlen der amtlichen statistik km1 zugrunde gelegt wurden. 5hinsichtlich der vertragsärztlichen behandlung von kassenwechslern hatten die (früheren) spitzenverbände der krankenkassen die auffassung vertreten, dass auch unter geltung des kopfpauschalensystems bei einsatz der krankenversichertenkarte der abgebenden kasse ein erstattungsanspruch dieser kasse bestehe, und zwar in höhe der von der kv an den vertragsarzt für die behandlung gezahlten vergütung. dieser empfehlung der spitzenverbände ist allerdings ein teil der kassen nicht gefolgt, nach angabe der klägerin erkennt inzwischen nur noch eine minderheit der kassen erstattungsansprüche in diesen fällen an. die klägerin verfolgt deshalb in zahlreichen fällen erstattungsansprüche gegen die aufnehmenden kassen. 6in den im berufungsverfahren noch streitigen fällen wechselte die frühere familienversicherte t, späterer name: p, am 31.07.2001 von der klägerin zur beklagten. sie nahm ärztliche behandlung unter verwendung der krankenversichertenkarte der klägerin im zeitraum vom 06. bis 22.08.2001 in anspruch, wofür die kv eine vergütung in höhe von 58,87 euro an den behandelnden arzt zahlte. im erstattungsfall t1 wechselte das mitglied am 23.10.2000 zur beklagten, die abmeldung erhielt die klägerin am 21.11.2000. ärztliche behandlung nahm der versicherte am 13.03.2001 in anspruch, die vergütung betrug 65,07 euro. im erstattungsfall w wechselte das mitglied am 28.01.2001 zur rechtsvorgängerin der beklagten, die abmeldung bei der klägerin erfolgte am 18.10.2001. ärztliche behandlung nahm das mitglied vom 29.01. bis 29.03.2001 in anspruch. die ärztliche vergütung belief sich auf mindestens 86,42 euro (hinsichtlich eines weiteren betrages von 62,73 euro ist offen, ob er ärztliche oder zahnärztliche behandlung betrifft). 7die klägerin hat am 23.12.2004 klage erhoben und von der beklagten die zahlung von 331.994,01 euro verlangt. der betrag ergebe sich aus erstattungsforderungen, die dadurch entstanden seien, dass versicherte der beklagten, die zuvor bei der klägerin versichert gewesen seien, unter benutzung der von der klägerin ausgestellten versichertenkarten ärztliche behandlung und ärztlich verordnete leistungen erhalten hätten. in unkenntnis dieses umstandes habe sie - die klägerin - für die ärztlichen behandlungen eine kopfpauschale entrichtet und die ärztlich verordneten leistungen an die jeweiligen leistungserbringer vergütet. wegen der benutzung ihrer krankenversichertenkarte durch die versicherten habe sie an diese sozialleistungen erbracht, so dass die beklagte zur erstattung nach § 105 zehntes buch sozialgesetzbuch (sgb x) verpflichtet sei. dass in den jeweiligen erstattungsfällen die krankenversichertenkarte der klägerin eingesetzt worden sei, ergebe sich daraus, dass die kv für die jeweiligen behandlungsfälle im wege des datenträgeraustauschs das arzthonorar, das die behandelnden ärzte für die behandlung erhalten hätten, zugleich mit den behandlungszeiträumen und den abgerechneten gebühren-nummern mitgeteilt habe. die mitteilungen ergingen im datenträgeraustausch an diejenigen krankenkassen, die nach den abrechnungsunterlagen der kv als zuständige krankenkasse anzusehen seien. ausreichend für die erfüllung der voraussetzungen eines erstattungsanspruchs sei, dass die erbringung von sozialleistungen einem leistungsträger zugerechnet werden könne. aus der entscheidung des bsg vom 24.11.1998 (b 1 kr 21/96 r) ergebe sich, dass sie eine leistung an die versicherten erbracht habe. das bsg habe in dieser entscheidung ausgeführt, zur vollständigen abwicklung des leistungsfalles gehöre auch die bezahlung des leistungserbringers, die jedoch mit der leistungsgewährung als solcher nicht gleichzusetzen sei. insoweit sei es ohne bedeutung, dass das entgelt für die sozialleistungen als eine pauschalierte leistung an einen dritten gezahlt worden sei. das bestehen eines erstattungsanspruchs könne nicht davon abhängig gemacht werden, wie der zahlungsfluss sich in einem leistungsfall im einzelnen darstelle. entscheidend sei vielmehr, ob die zahlung zur erfüllung eines dienst- oder sachleistungsanspruchs eines versicherten erfolge. der erstattungsanspruch sei jedenfalls in höhe der von ihr gezahlten kopfpauschale gegeben. allerdings könne sie, wenn von der kv ein höheres honorar an den behandelnden vertragsarzt gezahlt worden sei als der betrag der kopfpauschale, den dem honorar entsprechenden betrag fordern. bei familienversicherten sei stets der betrag des ärztlichen honorars als erstattungsbetrag zu zahlen. dies begründe sich damit, dass die berechnung der kopfpauschalen auf der grundlage der früher von den kassen entrichteten einzelleistungen erfolge. im ergebnis sei damit die kopfpauschale für die stammversicherten zu hoch kalkuliert, für versicherte mit mehreren familienangehörigen jedoch zu gering. da somit der berechnung der kopfpauschale eine mischkalkulation zugrundeliege, erscheine es sachgerecht, den wert der ärztlichen leistung als erstattungsbetrag zu verlangen. 8die gezahlten kopfpauschalen könnten auch unter dem gesichtspunkt einer öffentlich-rechtlichen geschäftsführung ohne auftrag (goa) geltend machen. die öffentlich-rechtliche goa komme dann zur anwendung, wenn die erstattungsregelungen der §§ 102 ff. sgb x nicht zum tragen kämen. mit der zahlung der kopfpauschale am stichtag habe sie auch mit dem willen gehandelt, ein geschäft der beklagten zu führen. zwar habe sie primär eine eigene verpflichtung zur zahlung der gesamtvergütung erfüllen wollen. ihr sei aber, wie allen anderen kassen auch, bekannt, dass die mitgliederzahlen am stichtag wegen zeitlich verzögert eingegangener abmeldungen mit einer "unrichtigkeitsquote" belastet seien. daher habe sie zahlungen in dem bewusstsein geleistet, dass sie kopfpauschalen auch für versicherte anderer kassen zahle. es handele sich daher um eine geschäftsführung für einen zunächst unbekannten geschäftsherrn. 9die beklagte ist dem erstattungsbegehren entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, kopfpauschalen seien keine sozialleistung im sinne des ersten buchs sozialgesetzbuchs (sgb i), so dass es an einer grundvoraussetzung für die durchsetzung eines erstattungsanspruchs nach § 105 sgb x fehle. für familienversicherte habe die klägerin im übrigen überhaupt keine zahlungen an die kv erbracht. die von der kv für die fraglichen behandlungen an die behandelnden ärzte jeweils gezahlten vergütungen seien nicht von der klägerin erbracht worden. 10soweit die klägerin mit der klage neben den kosten der ärztlichen behandlungen auch kosten für ärztlich verordnete leistungen geltend gemacht hat, hat die beklagte diese erstattet, soweit in den einzelnen erstattungsfällen die kosten der ärztlich verordneten leistungen allein über der bagatellgrenze des § 110 satz 2 sgb x gelegen haben. 11mit beschluss vom 01.11.2007 hat das sozialgericht den rechtsstreit "im hinblick auf die mehreren streitgegenstände" hinsichtlich der erstattung von vergütungen "für unmittelbare ärztliche behandlungen" und der erstattung der "sonstigen - nicht unmittelbaren ärztlichen - leistungen" getrennt. 12mit urteil vom 25.09.2008 hat das sozialgericht die klage abgewiesen. erstattungsansprüche wegen der kosten der ambulanten ärztlichen behandlungen bestünden nicht. einem erstattungsanspruch aus § 105 sgb x stünden einerseits die regelungen über die gesamtverträge und die gesamtvergütung und andererseits entgegen, dass keine erstattungsfähigen sozialleistungen im sinne der vorschrift erbracht worden seien. die vorschriften der §§ 83, 85 fünftes buch sozialgesetzbuch (sgb v) i.v.m. den entsprechenden vereinbarungen mit der kv seien als abschließendes regelungssystem anzusehen. werde, wie im vorliegenden fall, die kopfpauschale vereinbart, trage die krankenkasse grundsätzlich das risiko der mitgliederentwicklung. dieses risiko könne ihr nicht im nachhinein durch erstattungen von der ggfs. begünstigten krankenkasse wieder genommen werden. außerdem ergebe sich aus § 85 abs. 3c sgb v, dass der gesetzgeber das risiko der mitgliederentwicklung gesehen und den jeweiligen krankenkassen zugewiesen bzw. nur eine anpassung für die zukunft vorgesehen habe. ein anspruch auf erstattung der kosten bestehe zudem nicht, weil keine sozialleistungen im sinne von § 105 sgb x i.v.m. § 11 sgb i vorlägen. sozialleistungen nach dieser vorschrift seien alle vorteile, die nach den vorschriften des sozialgesetzbuchs zur verwirklichung sozialer rechte dem einzelnen zugutekommen sollten. notwendig sei eine direkte, individuelle begünstigung eines berechtigten durch eine leistung im sinne des sozialgesetzbuchs, die durch einen leistungsträger erbracht werde. zwar könne die leistungserbringung auch durch dritte erfolgen, so dass es ausreiche, wenn die leistung des dritten dem leistungsträger zugerechnet werde. das genüge aber nicht, um im vorliegenden fall einen erstattungsanspruch im hinblick auf eine durch einen vertragsarzt im rahmen der gesamtvergütung erbrachte leistung begründen zu können. die von der kv an den vertragsarzt gezahlte vergütung könne die klägerin schon deshalb nicht verlangen, weil sie diese kosten tatsächlich niemals aufgewendet habe. die vergütung werde von der kv den vertragsärzten für die leistung gezahlt. die klägerin leiste dagegen unabhängig davon im rahmen der mit der kv getroffenen vereinbarung eine kopfpauschale für jedes versicherte mitglied, eine direkte zahlung an die vertragsärzte aufgrund der konkreten leistungserbringung erfolgt gerade nicht. im ergebnis stelle auch die kopfpauschale keine erstattungsfähige sozialleistung im sinne von § 11 sgb i dar. zur zahlung der gesamtvergütung sei die klägerin aufgrund der vereinbarung mit der kv verpflichtet. sie lasse sich jedoch einem einzelnen versicherten nicht zuordnen, denn sie falle unabhängig von der tatsächlichen inanspruchnahme der leistung durch den leistungsberechtigten an, so dass grundlage der zahlungen nicht die tatsächliche leistungserbringung durch den vertragsarzt sei. ebenso scheide eine goa als anspruchsgrundlage aus. die anwendbarkeit der goa sei wegen des abschließenden charakters der §§ 83, 85 sgb v sowie der normen der §§ 102 ff. sgb x ausgeschlossen. letztere normen stellten sich auch dann als abschließende regelung dar, wenn die voraussetzungen der §§ 102 ff. sgb x im einzelnen nicht vorlägen, da sonst eine umgehung der speziellen voraussetzungen drohe. ebenso sei der allgemeine öffentlich-rechtliche erstattungsanspruch wegen der abschließenden normierung der erstattungsansprüche unter leistungsträgern in § 102 ff. sgb x ausgeschlossen. 13mit ihrer berufung hält die klägerin an ihrem erstinstanzlichen vortrag fest. sie meint, die entscheidung des sozialgerichts stehe im widerspruch zur entscheidung des bsg vom 24.11.1998. 14im berufungsverfahren haben sich die beteiligten zunächst auf neun erstattungsfälle geeinigt, hinsichtlich derer die streitige rechtsfrage entschieden werden soll. die benannten erstattungsfälle sind von den anderen verfahren abgetrennt und in dem verbleibenden verfahren (l 16 kr 183/08) ist das ruhen des verfahrens angeordnet worden (beschluss vom 10.10.2011). in der mündlichen verhandlung hat die klägerin ihre klagen in sechs der verbliebenen erstattungsfälle zurückgenommen und in einem verbleibendem fall die klage zum teil zurückgenommen. 15die klägerin beantragt, 16unter entsprechender änderung des erstinstanzlichen urteils die beklagte zu verurteilen, 17im erstattungsfall p die kosten der ärztlichen behandlung für das ehemalige familienversicherte mitglied in höhe von 58,87 euro zu erstatten, 18im erstattungsfall w die in der zeit vom 28.01.2001 bis 18.10.2001 anteilig gezahlte kopfpauschale in höhe von 227,37 euro zu erstatten, 19im erstattungsfall t1 die in der zeit vom 23.10.2000 bis 21.11.2000 anteilig gezahlte kopfpauschale in höhe von 65,07 euro zu erstatten. 20die beklagte beantragt, 21die berufung zurückzuweisen. 22sie hält die angefochtene entscheidung für zutreffend. ein erstattungsanspruch wegen der kosten der ärztlichen behandlung bestehe weder in höhe der gezahlten kopfpauschale noch der von der kv an die jeweiligen vertragsärzte gezahlten vergütungen. 23wegen weiterer einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten sowie der streitakte l 16 kr 183/08 verwiesen, der gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen ist. 24
25die fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige berufung ist nicht begründet. das sozialgericht hat die klagen zu recht abgewiesen, denn der klägerin steht kein erstattungsanspruch wegen der allein noch streitigen kosten der ärztlichen behandlungen zu. 26i. zu entscheiden ist allein noch über die erstattungsansprüche wegen ambulanter ärztlicher behandlungen in den erstattungsfällen t/p, w und t1. in den übrigen in diesem verfahren zunächst streitigen erstattungsfällen hat die klägerin ihre klagen in der mündlichen verhandlung zurückgenommen. im falle w hat sie ihre klage hinsichtlich der erstattung der kosten der ärztlich verordneten arzneimittel zurückgenommen. da somit in den drei verbliebenen erstattungsfällen allein über die kosten der ärztlichen behandlung zu entscheiden ist, wirkt sich hier die vom sozialgericht vorgenommene fehlerhafte "trennung" der klagen in verfahren auf erstattung von vergütungen für "unmittelbare ärztliche behandlungen" und von "sonstigen nicht unmittelbar ärztlichen leistungen" nicht aus. das sozialgericht hat bei seinem beschluss vom 01.11.2007 nicht bedacht, dass eine trennung nur möglich ist bei einer mehrheit von streitgegenständen (vgl. nur zöller-greger, zpo, 30. aufl., § 145 rdn. 2). zwar lag und liegt hier eine objektive klagehäufung vor, allerdings (nur) deswegen, weil die klägerin wegen zahlreicher gewechselter versicherter erstattungsansprüche geltend gemacht hat. bezogen auf den einzelnen erstattungsfall liegt jedoch ein untrennbarer streitgegenstand vor. aus einem einheitlichen lebenssachverhalt - inanspruchnahme von leistungen zu lasten der abgebenden kasse nach erfolgtem wechsel - ergibt sich ein ausgleichsanspruch der abgebenden kasse gegen die aufnehmende kasse, die ab dem zeitpunkt des wechsels zuständig ist (vgl. bsg sozr 3-2500 § 19 nr. 3, 4). jedenfalls dann, wenn die nach dem kassenwechsel zu lasten der abgebenden kasse in anspruch genommenen leistungen wegen desselben krankheitsfalles erfolgen, besteht ein "erstattungsanspruch im einzelfall" (§ 110 satz 2 sgb x, vgl. dazu bsge 60, 195), der sowohl die kosten der ambulanten ärztlichen leistungen als auch der ärztlich verordneten leistungen umfasst; diese sind nur einzelposten innerhalb einer gesamtforderung. da insoweit bezogen auf die einzelnen erstattungsfälle ein unteilbarer streitgegenstand vorliegt, ist eine trennung der einzelnen erstattungsfälle nach verschiedenen rechtsgrundlagen oder "ansprüchen" nicht möglich und verfahrensrechtlich unzulässig (vgl. zöller-greger a.a.o.). das sozialgericht durfte somit nicht in den anhängig gemachten erstattungsfällen allein über die kosten der ambulanten ärztlichen behandlungen entscheiden. da aber nach der von der klägerin in der mündlichen verhandlung vorgenommenen beschränkung des verfahrens in den verbliebenen drei erstattungsfällen nur über die kosten ärztlicher leistungen zu entscheiden ist, hat der verfahrensfehler des sozialgerichts hier keine rechtlichen auswirkungen. 27ii. der klägerin steht wegen der nach erfolgtem wechsel der versicherten zur beklagten in anspruch genommenen ärztlichen leistungen kein erstattungsanspruch gegen die beklagte zu. als rechtsgrundlage eines erstattungsanspruchs kommt allein § 105 sgb x in betracht, wenn eine kasse in unkenntnis eines bereits erfolgten kassenwechsels bzw. deshalb, weil der/die versicherte noch die krankenversichertenkarte der abgebenden kasse verwendet hat, leistungen erbringt (vgl. bsg sozr 3-2500 § 19 nr. 3, 4). grundsätzlich endet bei sachleistungen die leistungszuständigkeit der abgebenden kasse am letzten tag der mitgliedschaft (auch dann, wenn das mitglied die leistung schon beantragt und die kasse deren gewährung abgelehnt hatte, vgl. bsg sozr 4-2500 § 33 nr. 34), während die aufnehmende kasse ab beginn der mitgliedschaft für die leistungen zuständig ist (vgl. bsg sozr 4-2500 § 19 nr. 4 zur aufteilung einer fallpauschale bei stationärer behandlung). 28ein erstattungsanspruch wäre aber nur gegeben, wenn die klägerin an die versicherten wegen deren verwendung der krankenversichertenkarte der klägerin bei der inanspruchnahme der ärztlichen behandlungen eine sozialleistung im sinne des § 105 sgb x erbracht hätte. das ist zu verneinen. 29sozialleistungen sind nach der legaldefinition des § 11 satz 1 sgb i dienst-, sach- und geldleistungen. da auch sachleistungen erfasst sind, sind grundsätzlich sozialleistungen auch leistungen, die dritte im auftrag und auf kosten des sozialleistungsträgers erbringen (merten in eichenhofer/wenner, sgb i, iv, x, § 11 sgb i rdn. 9; lilge, sgb i, 3. aufl., § 11 rdn. 12). zwischen den beteiligten ist demgemäß unstreitig, dass im falle ärztlich verordneter sachleistungen, für die die kasse eine vergütung unmittelbar an den leistungserbringer zahlt, bei überschreiten der geringfügigkeitsgrenze des § 110 satz 2 sgb x ein erstattungsanspruch besteht. 30weder die von der klägerin an die kv gezahlten kopfpauschalen noch die von der kv an die behandelnden vertragsärzte gezahlten vergütungen sind jedoch sozialleistungen in diesem sinne. eine sozialleistung im sinne der vorgenannten vorschrift ist nur dann anzunehmen, wenn sie sich als individuelle begünstigung derjenigen person darstellt, die von der durch das sozialrecht definierten besonderen bedarfslage betroffen ist (ross in hauck/noftz, sgb i, § 11 rdn. 13). nach diesem individualisierenden leistungsbegriff ist die zahlung der gesamtvergütung an die kv keine sozialleistung (becker in hauck/noftz, sgb x, § 102 rdn. 11). ebenso wenig sind die kopfpauschalen eine sozialleistung im oben genannten sinne. die kopfpauschale ist nur ein berechnungsfaktor für die insgesamt an die kv zu zahlende gesamtvergütung, mit der die gesamte vertragsärztliche versorgung aller mitglieder einschließlich der familienversicherten im örtlichen kv-bezirk abgegolten wird (§ 85 abs. 1 sgb v). da die gesamtvergütung unabhängig von den honorarabrechnungen der vertragsärzte errechnet wird, beruhen die zahlungen der kasse an die kv nicht auf den einzelnen ärztlichen leistungen. welche leistungen die ärzte im abrechnungszeitraum erbracht haben, ist angesichts der prospektiven bestimmung des leistungsbedarfs ohne bedeutung. rechtsgrund der zahlung an die kv sind somit nicht die ärztlichen leistungen, die im einzelfall erbracht werden (vgl. auch bsg sozr 2200 § 368 f. nr. 16, das hiervon ausgehend einen erstattungsanspruch der krankenkasse gegen die kv abgelehnt hat, wenn einzelne leistungen nicht notwendig oder falsch abgerechnet worden waren). die kopfpauschale hat keinen bezug zu einem konkreten behandlungsfall, sie ist vielmehr unabhängig von der inanspruchnahme von leistungen zu zahlen. als bloße rechnerische größe zur (pauschalen) bezahlung der vertragsärzte ist somit die kopfpauschale keine sozialleistung, die die klägerin für die gewechselten versicherten erbracht hätte. dies zeigt insbesondere der fall der familienversicherten t/p, für die die klägerin "nichts" gezahlt hat. 31nichts anderes ergibt sich aus der entscheidung des bsg vom 28.11.1998 (a.a.o.). die klägerin meint zu unrecht, sich auf diese entscheidung stützen zu können. zwar weist das bsg in der entscheidung darauf hin, dass die krankenkassen die ambulante medizinische versorgung als sachleistung dadurch gewähre, dass die behandlung durch einen vertragsarzt kostenfrei zur verfügung gestellt werde (juris rdn. 12). das bedeutet aber nicht, dass damit das bsg quasi die zurverfügungstellung der krankenversichertenkarte, die die kostenfreie inanspruchnahme der ärztlichen behandlung ermöglicht, als sozialleistung qualifiziert. das bsg führt vielmehr weiter aus, dass zu prüfen sei, welchem leistungsträger die erbringung einer leistung rechtlich zuzuordnen sei und dass bei zahlung einer gesamtvergütung, die für die jeweilige vertragsärztliche versorgung in einem quartal erbracht werde, sich die vergütung der ärztlichen leistung nicht den einzelnen versicherten zuordnen lasse. dies verstehe sich "von selbst" bei allen pauschalierenden vergütungsformen, etwa einer nach dem kopfpauschalensystem berechneten gesamtvergütung, gelte aber auch, wenn die vergütung nach einzelleistungen berechnet werde, da auch in diesem fall immer die zahlung nicht für einzelne individualisierbare leistungen erfolge, sondern für die gesamtheit aller vertragsärztlichen leistungen. die vergütung für den einzelnen fall werde erst im zuge der honorarverteilung durch die kv individualisiert (a.a.o.). aus diesen ausführungen ergibt sich eindeutig, dass nur dann von einer der krankenkasse unmittelbar zuzurechnenden leistung an den versicherten ausgegangen werden kann, wenn sie die konkret erbrachten leistungen vergütet, nicht dagegen dann, wenn sie im rahmen eines budgets zahlungen für die gesamtheit aller erbrachten leistungen erbringt. eine individuelle begünstigung eines berechtigten (und damit eine sozialleistung) kann nur angenommen werden, wenn die krankenkasse eine vergütung unmittelbar bezogen auf die konkret erbrachte leistung erbringt. 32gegen eine qualifizierung der kopfpauschalen als sozialleistung spricht in den fällen w und t1 zudem, dass die klägerin kopfpauschalen nur bis zum zeitpunkt der jeweiligen abmeldungen gezahlt hat. die ärztlichen behandlungen haben aber längere zeit nach diesem zeitpunkt stattgefunden, so dass die geforderten kopfpauschalen noch nicht einmal "für" die behandlungen in dem behandlungsquartal gezahlt worden sind. faktisch fordert die klägerin von der beklagten somit eine erstattung für die bloße zurverfügungstellung der krankenversichertenkarte bis zur abmeldung. demnach müsste sie konsequenterweise in allen fällen, in denen sie erst mit zeitlicher verzögerung von einem kassenwechsel kenntnis erlangt und daher für die gewechselten mitglieder noch die kopfpauschalen gezahlt hat, deren erstattung von der aufnehmenden kasse fordern, auch wenn die mitglieder keine leistungen in anspruch genommen haben. der umstand, dass die klägerin selbst nicht so weit gehen will, macht deutlich, dass ihre auffassung nicht richtig sein kann, weil es danach für das bestehen des erstattungsanspruchs von dem zufall abhängen würde, ob das mitglied die krankenversichertenkarte noch verwendet hat, obwohl die kopfpauschalen unabhängig von der leistungsinanspruchnahme anfallen. dies zeigt, dass das problem, wie erst nachträglich bekannt gewordene mitgliederwechsel im rahmen der gesamtvergütung zu berücksichtigen sind, allenfalls im verhältnis zur kv in den gesamtverträgen geregelt werden könnte. 33noch weniger kann die dem behandelnden vertragsarzt von der kv gezahlte vergütung als sachleistung der kasse angesehen werden. zwar hat - wirtschaftlich gesehen - die krankenkasse die an die ärzte gezahlten vergütungen durch die zahlung der gesamtvergütung getragen. das ändert aber nichts daran, dass sie nicht für die einzelnen von den ärzten erbrachten behandlungen leistet, sondern für die gesamtheit aller vertragsärztlichen leistungen. erst durch die kv wird - in anwendung des jeweils geltenden honorarverteilungsmaßstabs (jetzt honorarverteilungsvertrags) - der vergütungsanspruch des vertragsarztes konkretisiert. daher können die an die ärzte gezahlten vergütungen nicht als von der kasse an den versicherten erbrachte sozialleistungen im sinne des § 105 sgb x i.vm. § 11 sgb i angesehen werden. im falle der versicherten t/p ist dies offenkundig, denn die kopfpauschale war nur für mitglieder zu leisten und die für den stammversicherten zu zahlende kopfpauschale ist unabhängig davon, ob und wie viele personen familienversichert sind. es wäre unverständlich, warum im falle eines mitgliederwechsels die klägerin einen erstattungsanspruch gegen die aufnehmende kasse erlangen sollte, obwohl sie in keiner weise eine mehrbelastung trifft, da die kopfpauschale für den stammversicherten ohnehin zu zahlen ist. aber auch in den fällen w und t1 lässt sich kein erstattungsanspruch in höhe der ärztlichen vergütung begründen, da die kopfpauschalen unabhängig von den konkret in anspruch genommenen leistungen anfallen. im übrigen waren zum zeitpunkt der tatsächlichen leistungsinanspruchnahme noch nicht einmal für dieses quartal kopfpauschalen gezahlt worden, so dass auch schon von daher die für die behandlungen an die ärzte gezahlten vergütungen nicht von der klägerin erbracht worden sind. 34eine erstattung der gezahlten kopfpauschale kann auch unter dem gesichtspunkt der goa (§§ 677 ff. bürgerliches gesetzbuch (bgb)) nicht verlangt werden. das sozialgericht hat insoweit mit recht die anwendbarkeit dieser vorschriften verneint. die regeln der goa finden keine anwendung, wenn vorschriften des öffentlichen rechts eine abschließende regelung treffen (bgh nzs 1999, 240; siehe auch bsge 85, 110). die §§ 102 ff. sgb x enthalten aber eine geschlossene lösung für die frage, welche erstattungsansprüche zwischen den leistungsträgern bestehen (roos in von wulffen, sgb x, 7. aufl., vor § 102 rdn. 1, 18 "abschließende regelung"). die anwendung der §§ 677 ff. bgb im bereich der ausgleichsansprüche zwischen den sozialleistungsträgern ist daher abzulehnen, ein ausgleich findet nur über einen öffentlich-rechtlichen erstattungsanspruch statt (vgl. seiler in münchener kommentar zum bgb, 6. aufl., vor § 677 rdn. 24). 35die kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a abs. 1 satz 1 sozialgerichtsgesetz (sgg) in verbindung mit § 154 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung. 36gründe für die zulassung der revision liegen nicht vor, insbesondere hat der rechtsstreit keine grundsätzliche bedeutung (§ 160 abs. 2 nr. 1 sgg). die hier zu entscheidende rechtsfrage hat keine bedeutung über den einzelfall hinaus, da allein die klägerin solche erstattungsansprüche verfolgt; zudem ist die rechtsfrage nicht (höchstrichterlich) klärungsbedürftig, weil die rechtslage eindeutig ist.
Verklagte*r
0
170,909
24 K 133/14
2014-09-11T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der auf Grund des Gerichtsbescheides vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % der jeweils vollstreckbaren Kosten leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger wurde am 0.12.1991 in T. geboren und ist Inhaber des am 12. April 2013 durch die Beklagte ausgestellten deutschen Reisepasses XXXXXXXXX. 3Am 4. Dezember 2013 wurde der Kläger in Begleitung zweier weiterer Personen an dem Versuch gehindert, über den Flughafen L. /C. nach Istanbul auszureisen; der Pass wurde durch die Grenzpolizei sichergestellt. Für alle drei Personen lag die Bitte des Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen vor, sie vor einer Ausreise einer Befragung zu unterziehen, die bei allen drei Personen zur Untersagung führte.Das Behördenzeugnis lautet: „Hier wurde dienstlich bekannt, dass Herr T1. K. beabsichtigt, gemeinsam mit weiteren Personen aus dem Umfeld der verbotenen Vereinigung ´Millatu Ibrahim´ auszureisen, um sich am bewaffneten Jihad in Syrien zu beteiligen.“ 4Ein Vermerk der Grenzpolizei zu dem Vorgang sowie dies Behördenzeugnis wurden mit dem sichergestellten Pass der Beklagten zugeleitet mit der Bitte um Prüfung in eigener Zuständigkeit.Die Staatsschutzinspektion des Polizeipräsidiums X. teilte unter dem 13. Dezember 2013 der Beklagten mit, gegen den Kläger sei ein Verfahren nach § 89a StGB eingeleitet, das bei der Staatsanwaltschaft E. zu dem Aktenzeichen 80 Js 0000/13 geführt werde.Beigefügt war ein Vermerk der Staatsschutzinspektion vom 6. Dezember 2013 zur Person des Klägers, der dessen Bezug zu dem inzwischen verbotenen Verein Millatu Ibrahim aufzeigt, dessen eindeutig jihadistischer Charakter durch zahlreiche youtube Videos gesichert sei;der Kläger sei Vorstandsmitglied des Vereins gewesen, so dass davon auszugehen sei, er stehe auch hinter dessen Zielen; dem hohen sozialen Konformitätsdruck in jihadistischen Kreisen gemäß seien auch aus T. mehrere Personen dem Aufruf des Vereins zur Ausreise und Teilnahme am bewaffneten Jihad gefolgt;auch der Bruder des Klägers sei seit Mitte 2012 im Ausland und werde zusammen mit weiteren Salafisten in Syrien vermutet; man hege die Vermutung, dass weiterhin Kontakt zwischen den ausgereisten und den in T. verbliebenen Salafisten bestehe;Mitte Juli 2013 sei der Bruder des Klägers in der Türkei verhaftet worden, weil er weder einen Pass noch sonstige Ausweispapiere bei sich geführt habe; man schließe daraus, dieser Bruder habe sich in den vergangenen Monaten im Bürgerkriegsland Syrien befunden, weil die Türkei das Haupttransitland für Kriegsfreiwillige darstelle;beide Brüder seien im Oktober 2013 wieder bei Freizeitveranstaltungen der salafistischen Szene in T. aktiv gewesen;der Kläger beteilige sich an aktuellen Informationsständen und Videoproduktionen der salafistischen Bewegung Tauhid, deren Medieninhalte sich emotional mit dem Bürgerkrieg in Syrien auseinandersetzten;auch sei der Kläger in den letzten Wochen mehrfach als Kontakt- und Begleitperson des I. L1. (auch B. J. ) aufgetreten, der als Prediger mit hoher suggestiver Wirkung vor allem auf Jugendliche eingeschätzt werde. 5Unter dem 19. Dezember 2013 teilte Ministerium der Beklagten mit, man habe beim Kläger bei der Ausreisekontrolle einen handgeschriebenen Zettel mit türkischen und syrischen Telefonnummern sowie den islamischen Aliasnamen der entsprechenden Teilnehmer gefunden; es handele sich mit höchster Wahrscheinlichkeit um eine Liste von Kontaktpersonen, die die Schleusung von H. nach Syrien bewerkstelligen sollen; dies indiziere, dass die unterbundene Reise des Klägers nicht touristischen Zielen in der Türkei, sondern der Weiterreise nach Syrien gedient habe. 6Auf dieser Basis erließ die Beklagte unter dem 19. Dezember 2013 die hier angefochtene Ordnungsverfügung, wonach sie unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit den Reisepass einzog und anordnete, der Personalausweis des Klägers berechtigte nicht mehr zum Verlassen der Bundesrepublik Deutschland (Ausreiseuntersagung). Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit begründete die Beklagte damit, dass nur so eine Ausreise und damit der Erfolg der Verfügung überhaupt erreichbar sei; aus dem gleichen Grunde habe man auch von einer vorherigen Anhörung des Klägers abgesehen. 7Der Kläger hat am 9. Januar 2014 Klage erhoben und diese auch nach Einsichtnahme in die Verwaltungsvorgänge nicht begründet. 8Mit am 27. April zugestelltem Gerichtsbescheid vom 14. April 2014 wies das Gericht die Klage ab und legte dazu dar, dass die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Passeinziehung mit dem unterbreiteten Material hinreichend dargetan sei, dem der Kläger auch nicht entgegengetreten sei. 9Unter dem 22. Mai 2014 beantragte der Kläger die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und begründete die Klage nach Erhalt der ersten Ladung am 17. Juni 2014 damit, die seitens der Beklagten angeführten Nachweise seien unzureichend, die tragenden Tatsachen seien nicht bekannt, ein Verweis auf ein Behördenzeugnis sei ungeeignet, das Gesetz verlange konkrete belegbare Tatsachen, das Innenministerium habe hinsichtlich des beim Kläger gefundenen handschriftlichen Zettels Mitte Dezember 2013 lediglich Vermutungen geäußert.Unter dem 11. Juli 2014 trug der Kläger ergänzend vor, er habe sich seit langer Zeit aus dem jugendlich salafistischen Spektrum in T. zurückgezogen, er besuche nun andere Moscheen, arbeite täglich 8 Stunden, versuche, ein normales Leben zu führen, distanziere sich von den Vorwürfen, sehe keinen Anhalt für die Befürchtung, er wolle an Kampfhandlungen teilnehmen, habe sich endgültig gelöst und von der Gemeinde vollständig losgesagt, stimme einer Teilnahme am Aussteigerprogramm grundsätzlich zu und habe mit den bei ihm geführten Telefonnummern Kontakt zu in der Türkei tätigen Organisationen für humanitäre Hilfe in Syrien knüpfen wollen. 10Die Beklagte teilte mit, im Falle nachweislicher und ernsthafter Teilnahme am Aussteigerprogramm werde sie die Voraussetzungen der Ordnungsverfügung erneut prüfen. 11Der Kläger teilte daraufhin mit, er habe Anfang August einen ersten Besprechungstermin und stehe seit fast einem halben Jahr in einem festen Arbeitsverhältnis, und wurde seitens des Gerichts umgehend um entsprechende Nachweise ersucht. 12Weiter wurde vorgetragen, der Kläger sei eine durchaus eigenständige Persönlichkeit, allein die Tatsache, dass jemand nach Syrien reise, möglicherweise um dort am Kampf gegen Assad teilzunehmen, rechtfertige keine Zuordnung zur „terroristischen“ Szene in T. , der Kläger arbeite hart und habe sich deshalb umso mehr auf den Sommerurlaub in Spanien gefreut, es habe bereits Korrespondenz und ein erstes Treffen im Rahmen des Aussteigerprogrammes gegeben. Der seitens der Behörde ins Zentrum der Argumentation gerückte handschriftliche Zettel sei nicht einmal in Kopie Bestandteil der Akten geworden, so dass die darauf befindlichen Namen und Nummern einer Überprüfung nicht zugänglich seien; den Screenshots nach hebe sich der Kläger auch äußerlich von der Szene ab, der ihn die Beklagte zuordnen wolle. 13Der Kläger beantragt, 14die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 19. Dezember 2013 aufzuheben. 15Die Beklagte beantragt, 16die Klage abzuweisen. 17Sie verweist auf die Begründung ihrer Ordnungsverfügung und legt ergänzend einen Bericht der Staatsschutzdirektion der Polizei X. vom 11. August 2014 vor, wonach der Kläger bis zu dessen Verschwinden zusammengewohnt habe mit einem V. B1. , der entgegen einer Ausreiseuntersagung im Juni 2014 über X1. vermutlich nach Syrien gereist sei, der Bruder und weitere Kontaktpersonen des Klägers seien weiterhin in der terroristischen Szene T2. verankert, ein ehemaliger Weggefährte des Klägers und seines Bruders (T3. L2. ) rühme sich aktuell ganz offen im Internet, für IS zu kämpfen und rufe andere Gesinnungsgenossen auf, ihm zu folgen, vor dem Hintergrund der wenig gefestigten Persönlichkeit des Klägers hätten seine Einlassungen zu Gesinnung und Kontakten nur eine beschränkte Glaubwürdigkeit, selbst im Falle nachweislicher Teilnahme an einem solchen Programm sei der Prozess des Aussteigens erfahrungsgemäß ein langwieriger. Eine am Tage der mündliche Verhandlung gehaltene telefonische Rückfrage bei Frau G. von Aussteigerprogramm habe der Kläger dort vorgesprochen, mache seine endgültige Entscheidung zur Teilnahme vom Ausgang des hiesigen Verfahrens abhängig. 18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den der dazu beigezogenen Verwaltungsvorgänge. 19 Entscheidungsgründe: 20Die Klage hat keinen Erfolg. 21I. Dass und warum die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 19. Dezember 2013 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, hat das Gericht bereits in seinem Gerichtsbescheid vom 14. April 2014 dargelegt: 22Die Entziehung des Passes findet ihre Rechtsgrundlage in § 8 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG. Hier begründen bestimmte Tatsachen die Annahme, der Kläger gefährde die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland. 23Die Tatbestandsvoraussetzung der durch Tatsachen begründeten Annahme ist nicht erst bei Vorliegen eindeutiger Beweise erfüllt; vielmehr genügt eine Gefahrenprognose dergestalt, dass konkrete und belegbare Tatsachen zur Verfügung stehen, die die Begründetheit der behördlichen Gefahreneinschätzung nachvollziehbar rechtfertigen; unzureichend wären hingegen die bloße Möglichkeit, die Vermutung oder ein durch konkrete Tatsachen nicht belegbaren Verdacht; 24vgl. dazu Verwaltungsgericht Berlin,Urteil vom 6. März 2012 – 23 K 59.10 – juris Rdnr. 18 m.w.N. 25Nach den der Beklagten vorliegenden Erkenntnissen der Polizei ist der Kläger (zusammen mit seinem Bruder) nicht nur öfter auf Veranstaltungen einer wegen dort gehaltener Predigten jihadistischen Inhaltes inzwischen verbotenen Vereinigung gewesen, sondern war auch im Vorstand, so dass in der Tat angenommen werden darf, er stehe auch inhaltlich hinter den Zielen der von ihm repräsentierten Organisation. In der jüngeren Vergangenheit hat er sich Informationsständen und Videoproduktionen der salafistischen Bewegung Tauhid beteiligt, deren Medieninhalte sich emotional mit dem Bürgerkrieg in Syrien auseinandersetzen. Ferner ist er in den letzten Wochen mehrfach als Kontakt- und Begleitperson des Predigers L1. aufgetreten. Schließlich ist bedeutsam, dass zum einen der Bruder des Klägers Mitte 2013 in der Türkei unter Umständen aufgegriffen worden ist, die dessen Aufenthalt auch in Syrien nahelegen und vor allem war der Kläger selbst bei seiner unterbundenen Ausreise in die Türkei im Besitz eines Zettels, der ein gewichtiges Indiz dafür ist, er habe sich nicht zu touristischen Zwecken in der Türkei aufhalten, sondern diese vielmehr als Transitweg für eine Weiterreise nach Syrien benutzen wollen. 26All diese Tatsachen sind sehr konkret und werden vor allem vom Kläger selbst als solche nicht in Abrede gestellt.Diese Tatsachen rechtfertigen die Annahme, der Kläger trage sich mit der Absicht, in den Bürgerkrieg in Syrien unterstützend einzugreifen. 27Die Unterstützung eines Bürgerkriegs – hier auf Seiten des bewaffneten Jihad in Syrien – durch deutsche Staatsangehörige gefährdet sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG; denn die Beteiligung deutscher Staatsangehöriger an bewaffneten Auseinandersetzungen und vor allem an terroristischen Anschlägen beeinträchtigtdie Sicherheitsinteressen des anderen Staates und ist daher geeignet, diplomatische Spannungen herzuvozurufen; 28vgl. dazu Verwaltungsgericht Berlin,Urteil vom 6. März 2012 – 23 K 59.10 – juris Rdnr. 18 m.w.N. 29Die Passentziehung ist auch verhältnismäßig.Ihre Eignung in dem Sinne, eine legale Ausreise des Klägers zu verhindern, liegt für den hier naheliegenden Luftweg auf der Hand. Ihre Erforderlichkeit wird dadurch indiziert, dass der Kläger bereits auf dem Weg in die – bzw. aller Wahrscheinlichkeit nach: durch – die Türkei war, als er daran polizeilich gehindert wurde. Die Angemessenheit des damit einher gehenden erheblichen Eingriffs in die allgemeine Handlungsfreiheit des Klägers folgt aus der überragenden Bedeutung des dadurch vor Schaden zu bewahrenden Schutzgutes der erheblichen Belange der Bundesrepublik Deutschland; zudem ist in den Blick zu nehmen, dass einerseits der dem Kläger verbleibende Radius uneingeschränkter Bewegungsfreiheit nicht gerade klein ist und er andererseits nichts dafür vorgetragen hat, welche möglicherweise bedeutsamen privaten Interessen an einer seinerseitigen Auslandsreise bestehen sollten. 30Die Anordnung, der Personalausweis des Klägers berechtige einstweilen nicht zum Verlassen der Bundesrepublik Deutschland, findet ihre Rechtsgrundlage in § 2 Abs. 2 PersAuswG, der auf die Tatbestandsvoraussetzungen des zuvor subsumierten § 7 Abs. 1 PassG verweist. 31II. Der in der mündlichen Verhandlung und dem darauf gerichteten Antrag eingebrachte Vortrag gibt zu abweichender Beurteilung im Ergebnis keinen Anlass. 32Dem Kläger ist einzuräumen, dass allein die Absicht, an einem Bürgerkrieg teilzunehmen, die Qualifizierung eines diese Absicht befördernden Umfeldes als „terroristisch“ zu rechtfertigen nicht genügen würde; wenn man allerdings – wie der Kläger – einmal einem solch terroristischen Umfeld zumindest zugehört hat, genügt ein solch allgemeiner Verweis nicht, sondern es bedürfte konkreter Angaben dazu, um welche ohne terroristische Mittel kämpfende Organisation mit Gesinnungsgenossen in T. es sich handeln soll. 33Soweit der Kläger rügt, die die zur Begründung der Maßnahmen herangezogenen Informationen speisenden Quellen seien mangels Benennung nicht überprüfbar und mithin ungeeignet, ist dem entgegenzuhalten, dass sich die Frage der Validierbarkeit von Quellen erst stellen würde, wenn die diesen zugeschriebenen Tatsachen streitig gestellt würden.Das ist jedoch nicht der Fall.Denn der Kläger hat weder bestritten, Vorstandsmitglied des im Sommer 2012 wegen verfassungsfeindlicher Bestrebungen verbotenen Vereins „Millatu J. “, noch in Abrede gestellt, an der Erstellung von Videos für eine in der salafistischen Szene viel genutzte Internetplattform beteiligt gewesen zu sein, an einschlägigen Freizeitveranstaltungen teilgenommen und einen wegen der Schärfe seiner Predigten kritisierten Prediger begleitet zu haben, sondern räumt die ihm – nicht zuletzt dieser Indizien wegen – zugeschriebene Zugehörigkeit zur jugendlichen salafistischen Szene vor Ort für die Vergangenheit selbst ein, wenn er anführt, er habe sich seit langer Zeit daraus zurückgezogen und vollständig losgesagt. 34Dieser Rückzug ist vor dem Hintergrund dessen, dass der Kläger selbst keine Nachweise schon nur zur Aufnahme der vorgetragenen Kontakte zum Aussteigerprogramm beigebracht und nach den unwidersprochenen Feststellungen der Beklagten seine Teilnahme vom Ausgang des hiesigen Verfahrens abhängig gemacht hat, gleichzeitig aber die Fortdauer des engen familiären Kontaktes zum Bruder durchaus einräumt, über den wiederum die Polizei im August 2014 mitteilt, dieser und weitere Kontaktpersonen des Klägers seien weiterhin in der terroristischen Szene T2. verankert, bislang über die Absichtsbekundung des Klägers hinaus nicht in einer seine Tragfähigkeit und absehbare Dauer nachprüfbar erscheinenden Weise dargetan. 35Was das Aussteigerprogramm anbelangt, so wäre es selbst im Falle der Erweislichkeit einer aktiven und kontinuierlichen Teilnahme des Klägers durchaus nachvollziehbar, dass die völlige und verlässliche Loslösung eines jungen Menschen aus einem stark ideologisch durchsetzen Kontext umso länger dauert, als er auf der Basis eines eng gelebten familiären Kontaktes weiter damit in Berührung steht. 36Die auch tragend auf die nunmehrige Vollzeitbeschäftigung in einem festen Arbeitsverhältnis gestützte Festigung des Klägers als Person und seiner Bemühungen, ein normales Leben zu führen, wäre glaubhafter, wenn der Kläger der ausdrücklichen Aufforderung des Gerichts nachkommend den entsprechenden unbefristeten Arbeitsvertrag vorgelegt hätte. 37Jegliche Plausibilisierung fehlt zu Anlass, Ziel und Hintergrund der Anfang Dezember 2013 polizeilich unterbundenen Reise in die Türkei oder dazu, was es mit Verbleib des Bruders von Mitte 2012 bis zu dessen Verhaftung im Sommer 2013 in der Türkei auf sich hat. Wenig überzeugend ist auch die Einlassung, über den ehemaligen Mitbewohner V. B1. nichts zu wissen; es widerspräche jeglicher Lebenserfahrung anzunehmen, dass unter den allem Anschein nach gleichen Ideen verpflichteten jungen Männern keinerlei Informationsaustausch vor allem darüber stattgefunden habe, dass beide, B1. wie der Kläger, Adressaten von Ausreiseuntersagungen geworden waren. 38Der sich angesichts der seinerzeit amtsbekannten ideologischen Einbindung des Klägers aufdrängenden Vermutung, seine im Dezember 2013 polizeilich unterbundene Ausreise in die Türkei habe dem Zweck der Weiterreise ins Bürgerkriegsgebiet gedient, hat der Kläger explizit keine andere Erklärung gegenübergestellt.Die in diese Richtung deutende, nicht etwa unmittelbar bei dem Gespräch mit der Grenzpolizei, sondern erst jüngst zur Erläuterung des handschriftlichen Zettels im Gepäck des Klägers angeführte Absicht der Kontaktaufnahme zu humanitären Hilfsorganisationen vermöchte die seitens des Innenministeriums im Dezember 2013 angestellten Vermutungen zu Bedeutung und Verwendungszweck der auf dem Zettel notierten Telefonnummern allenfalls dann ansatzweise zu entkräften, wenn dargetan wäre, um welche Organisationen es sich handeln soll, welche Ziele diese verfolgen und vor allem, in welcher Weise der eigenem Vorbringen nach erst seit Anfang dieses Jahres in Lohn und Brot stehende Kläger im Dezember des Vorjahres welche Art von Hilfe habe leisten oder vorbereiten wollen. Vor diesem Hintergrund sieht das Gericht auch keine Veranlassung, dem Fehlen des Zettels in Original oder Kopie in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten Bedeutung beizumessen, weil eine damit zu ermöglichende Verifikation ohne die vorstehend beschriebenen Erklärungen des Klägers auf eine Ausforschung hinausliefe. 39Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 40Mit Blick auf die Aktualität von Ordnungsverfügungen der vorliegenden Art und das Fehlen einschlägiger obergerichtlicher Erkenntnisse dazu hat das Gericht die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt der kläger. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar.der vollstreckungsschuldner kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % der auf grund des gerichtsbescheides vollstreckbaren kosten abwenden, wenn nicht der vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % der jeweils vollstreckbaren kosten leistet. 1
2der kläger wurde am 0.12.1991 in t. geboren und ist inhaber des am 12. april 2013 durch die beklagte ausgestellten deutschen reisepasses xxxxxxxxx. 3am 4. dezember 2013 wurde der kläger in begleitung zweier weiterer personen an dem versuch gehindert, über den flughafen l. /c. nach istanbul auszureisen; der pass wurde durch die grenzpolizei sichergestellt. für alle drei personen lag die bitte des innenministerium des landes nordrhein-westfalen vor, sie vor einer ausreise einer befragung zu unterziehen, die bei allen drei personen zur untersagung führte.das behördenzeugnis lautet: „hier wurde dienstlich bekannt, dass herr t1. k. beabsichtigt, gemeinsam mit weiteren personen aus dem umfeld der verbotenen vereinigung ´millatu ibrahim´ auszureisen, um sich am bewaffneten jihad in syrien zu beteiligen.“ 4ein vermerk der grenzpolizei zu dem vorgang sowie dies behördenzeugnis wurden mit dem sichergestellten pass der beklagten zugeleitet mit der bitte um prüfung in eigener zuständigkeit.die staatsschutzinspektion des polizeipräsidiums x. teilte unter dem 13. dezember 2013 der beklagten mit, gegen den kläger sei ein verfahren nach § 89a stgb eingeleitet, das bei der staatsanwaltschaft e. zu dem aktenzeichen 80 js 0000/13 geführt werde.beigefügt war ein vermerk der staatsschutzinspektion vom 6. dezember 2013 zur person des klägers, der dessen bezug zu dem inzwischen verbotenen verein millatu ibrahim aufzeigt, dessen eindeutig jihadistischer charakter durch zahlreiche youtube videos gesichert sei;der kläger sei vorstandsmitglied des vereins gewesen, so dass davon auszugehen sei, er stehe auch hinter dessen zielen; dem hohen sozialen konformitätsdruck in jihadistischen kreisen gemäß seien auch aus t. mehrere personen dem aufruf des vereins zur ausreise und teilnahme am bewaffneten jihad gefolgt;auch der bruder des klägers sei seit mitte 2012 im ausland und werde zusammen mit weiteren salafisten in syrien vermutet; man hege die vermutung, dass weiterhin kontakt zwischen den ausgereisten und den in t. verbliebenen salafisten bestehe;mitte juli 2013 sei der bruder des klägers in der türkei verhaftet worden, weil er weder einen pass noch sonstige ausweispapiere bei sich geführt habe; man schließe daraus, dieser bruder habe sich in den vergangenen monaten im bürgerkriegsland syrien befunden, weil die türkei das haupttransitland für kriegsfreiwillige darstelle;beide brüder seien im oktober 2013 wieder bei freizeitveranstaltungen der salafistischen szene in t. aktiv gewesen;der kläger beteilige sich an aktuellen informationsständen und videoproduktionen der salafistischen bewegung tauhid, deren medieninhalte sich emotional mit dem bürgerkrieg in syrien auseinandersetzten;auch sei der kläger in den letzten wochen mehrfach als kontakt- und begleitperson des i. l1. (auch b. j. ) aufgetreten, der als prediger mit hoher suggestiver wirkung vor allem auf jugendliche eingeschätzt werde. 5unter dem 19. dezember 2013 teilte ministerium der beklagten mit, man habe beim kläger bei der ausreisekontrolle einen handgeschriebenen zettel mit türkischen und syrischen telefonnummern sowie den islamischen aliasnamen der entsprechenden teilnehmer gefunden; es handele sich mit höchster wahrscheinlichkeit um eine liste von kontaktpersonen, die die schleusung von h. nach syrien bewerkstelligen sollen; dies indiziere, dass die unterbundene reise des klägers nicht touristischen zielen in der türkei, sondern der weiterreise nach syrien gedient habe. 6auf dieser basis erließ die beklagte unter dem 19. dezember 2013 die hier angefochtene ordnungsverfügung, wonach sie unter anordnung der sofortigen vollziehbarkeit den reisepass einzog und anordnete, der personalausweis des klägers berechtigte nicht mehr zum verlassen der bundesrepublik deutschland (ausreiseuntersagung). die anordnung der sofortigen vollziehbarkeit begründete die beklagte damit, dass nur so eine ausreise und damit der erfolg der verfügung überhaupt erreichbar sei; aus dem gleichen grunde habe man auch von einer vorherigen anhörung des klägers abgesehen. 7der kläger hat am 9. januar 2014 klage erhoben und diese auch nach einsichtnahme in die verwaltungsvorgänge nicht begründet. 8mit am 27. april zugestelltem gerichtsbescheid vom 14. april 2014 wies das gericht die klage ab und legte dazu dar, dass die erfüllung der gesetzlichen voraussetzungen für eine passeinziehung mit dem unterbreiteten material hinreichend dargetan sei, dem der kläger auch nicht entgegengetreten sei. 9unter dem 22. mai 2014 beantragte der kläger die durchführung einer mündlichen verhandlung und begründete die klage nach erhalt der ersten ladung am 17. juni 2014 damit, die seitens der beklagten angeführten nachweise seien unzureichend, die tragenden tatsachen seien nicht bekannt, ein verweis auf ein behördenzeugnis sei ungeeignet, das gesetz verlange konkrete belegbare tatsachen, das innenministerium habe hinsichtlich des beim kläger gefundenen handschriftlichen zettels mitte dezember 2013 lediglich vermutungen geäußert.unter dem 11. juli 2014 trug der kläger ergänzend vor, er habe sich seit langer zeit aus dem jugendlich salafistischen spektrum in t. zurückgezogen, er besuche nun andere moscheen, arbeite täglich 8 stunden, versuche, ein normales leben zu führen, distanziere sich von den vorwürfen, sehe keinen anhalt für die befürchtung, er wolle an kampfhandlungen teilnehmen, habe sich endgültig gelöst und von der gemeinde vollständig losgesagt, stimme einer teilnahme am aussteigerprogramm grundsätzlich zu und habe mit den bei ihm geführten telefonnummern kontakt zu in der türkei tätigen organisationen für humanitäre hilfe in syrien knüpfen wollen. 10die beklagte teilte mit, im falle nachweislicher und ernsthafter teilnahme am aussteigerprogramm werde sie die voraussetzungen der ordnungsverfügung erneut prüfen. 11der kläger teilte daraufhin mit, er habe anfang august einen ersten besprechungstermin und stehe seit fast einem halben jahr in einem festen arbeitsverhältnis, und wurde seitens des gerichts umgehend um entsprechende nachweise ersucht. 12weiter wurde vorgetragen, der kläger sei eine durchaus eigenständige persönlichkeit, allein die tatsache, dass jemand nach syrien reise, möglicherweise um dort am kampf gegen assad teilzunehmen, rechtfertige keine zuordnung zur „terroristischen“ szene in t. , der kläger arbeite hart und habe sich deshalb umso mehr auf den sommerurlaub in spanien gefreut, es habe bereits korrespondenz und ein erstes treffen im rahmen des aussteigerprogrammes gegeben. der seitens der behörde ins zentrum der argumentation gerückte handschriftliche zettel sei nicht einmal in kopie bestandteil der akten geworden, so dass die darauf befindlichen namen und nummern einer überprüfung nicht zugänglich seien; den screenshots nach hebe sich der kläger auch äußerlich von der szene ab, der ihn die beklagte zuordnen wolle. 13der kläger beantragt, 14die ordnungsverfügung der beklagten vom 19. dezember 2013 aufzuheben. 15die beklagte beantragt, 16die klage abzuweisen. 17sie verweist auf die begründung ihrer ordnungsverfügung und legt ergänzend einen bericht der staatsschutzdirektion der polizei x. vom 11. august 2014 vor, wonach der kläger bis zu dessen verschwinden zusammengewohnt habe mit einem v. b1. , der entgegen einer ausreiseuntersagung im juni 2014 über x1. vermutlich nach syrien gereist sei, der bruder und weitere kontaktpersonen des klägers seien weiterhin in der terroristischen szene t2. verankert, ein ehemaliger weggefährte des klägers und seines bruders (t3. l2. ) rühme sich aktuell ganz offen im internet, für is zu kämpfen und rufe andere gesinnungsgenossen auf, ihm zu folgen, vor dem hintergrund der wenig gefestigten persönlichkeit des klägers hätten seine einlassungen zu gesinnung und kontakten nur eine beschränkte glaubwürdigkeit, selbst im falle nachweislicher teilnahme an einem solchen programm sei der prozess des aussteigens erfahrungsgemäß ein langwieriger. eine am tage der mündliche verhandlung gehaltene telefonische rückfrage bei frau g. von aussteigerprogramm habe der kläger dort vorgesprochen, mache seine endgültige entscheidung zur teilnahme vom ausgang des hiesigen verfahrens abhängig. 18wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte sowie den der dazu beigezogenen verwaltungsvorgänge. 19
20die klage hat keinen erfolg. 21i. dass und warum die ordnungsverfügung der beklagten vom 19. dezember 2013 rechtmäßig ist und den kläger nicht in seinen rechten verletzt, hat das gericht bereits in seinem gerichtsbescheid vom 14. april 2014 dargelegt: 22die entziehung des passes findet ihre rechtsgrundlage in § 8 in verbindung mit § 7 abs. 1 nr. 1 passg. hier begründen bestimmte tatsachen die annahme, der kläger gefährde die innere oder äußere sicherheit oder sonstige erhebliche belange der bundesrepublik deutschland. 23die tatbestandsvoraussetzung der durch tatsachen begründeten annahme ist nicht erst bei vorliegen eindeutiger beweise erfüllt; vielmehr genügt eine gefahrenprognose dergestalt, dass konkrete und belegbare tatsachen zur verfügung stehen, die die begründetheit der behördlichen gefahreneinschätzung nachvollziehbar rechtfertigen; unzureichend wären hingegen die bloße möglichkeit, die vermutung oder ein durch konkrete tatsachen nicht belegbaren verdacht; 24vgl. dazu verwaltungsgericht berlin,urteil vom 6. märz 2012 – 23 k 59.10 – juris rdnr. 18 m.w.n. 25nach den der beklagten vorliegenden erkenntnissen der polizei ist der kläger (zusammen mit seinem bruder) nicht nur öfter auf veranstaltungen einer wegen dort gehaltener predigten jihadistischen inhaltes inzwischen verbotenen vereinigung gewesen, sondern war auch im vorstand, so dass in der tat angenommen werden darf, er stehe auch inhaltlich hinter den zielen der von ihm repräsentierten organisation. in der jüngeren vergangenheit hat er sich informationsständen und videoproduktionen der salafistischen bewegung tauhid beteiligt, deren medieninhalte sich emotional mit dem bürgerkrieg in syrien auseinandersetzen. ferner ist er in den letzten wochen mehrfach als kontakt- und begleitperson des predigers l1. aufgetreten. schließlich ist bedeutsam, dass zum einen der bruder des klägers mitte 2013 in der türkei unter umständen aufgegriffen worden ist, die dessen aufenthalt auch in syrien nahelegen und vor allem war der kläger selbst bei seiner unterbundenen ausreise in die türkei im besitz eines zettels, der ein gewichtiges indiz dafür ist, er habe sich nicht zu touristischen zwecken in der türkei aufhalten, sondern diese vielmehr als transitweg für eine weiterreise nach syrien benutzen wollen. 26all diese tatsachen sind sehr konkret und werden vor allem vom kläger selbst als solche nicht in abrede gestellt.diese tatsachen rechtfertigen die annahme, der kläger trage sich mit der absicht, in den bürgerkrieg in syrien unterstützend einzugreifen. 27die unterstützung eines bürgerkriegs – hier auf seiten des bewaffneten jihad in syrien – durch deutsche staatsangehörige gefährdet sonstige erhebliche belange der bundesrepublik deutschland im sinne von § 7 abs. 1 nr. 1 passg; denn die beteiligung deutscher staatsangehöriger an bewaffneten auseinandersetzungen und vor allem an terroristischen anschlägen beeinträchtigtdie sicherheitsinteressen des anderen staates und ist daher geeignet, diplomatische spannungen herzuvozurufen; 28vgl. dazu verwaltungsgericht berlin,urteil vom 6. märz 2012 – 23 k 59.10 – juris rdnr. 18 m.w.n. 29die passentziehung ist auch verhältnismäßig.ihre eignung in dem sinne, eine legale ausreise des klägers zu verhindern, liegt für den hier naheliegenden luftweg auf der hand. ihre erforderlichkeit wird dadurch indiziert, dass der kläger bereits auf dem weg in die – bzw. aller wahrscheinlichkeit nach: durch – die türkei war, als er daran polizeilich gehindert wurde. die angemessenheit des damit einher gehenden erheblichen eingriffs in die allgemeine handlungsfreiheit des klägers folgt aus der überragenden bedeutung des dadurch vor schaden zu bewahrenden schutzgutes der erheblichen belange der bundesrepublik deutschland; zudem ist in den blick zu nehmen, dass einerseits der dem kläger verbleibende radius uneingeschränkter bewegungsfreiheit nicht gerade klein ist und er andererseits nichts dafür vorgetragen hat, welche möglicherweise bedeutsamen privaten interessen an einer seinerseitigen auslandsreise bestehen sollten. 30die anordnung, der personalausweis des klägers berechtige einstweilen nicht zum verlassen der bundesrepublik deutschland, findet ihre rechtsgrundlage in § 2 abs. 2 persauswg, der auf die tatbestandsvoraussetzungen des zuvor subsumierten § 7 abs. 1 passg verweist. 31ii. der in der mündlichen verhandlung und dem darauf gerichteten antrag eingebrachte vortrag gibt zu abweichender beurteilung im ergebnis keinen anlass. 32dem kläger ist einzuräumen, dass allein die absicht, an einem bürgerkrieg teilzunehmen, die qualifizierung eines diese absicht befördernden umfeldes als „terroristisch“ zu rechtfertigen nicht genügen würde; wenn man allerdings – wie der kläger – einmal einem solch terroristischen umfeld zumindest zugehört hat, genügt ein solch allgemeiner verweis nicht, sondern es bedürfte konkreter angaben dazu, um welche ohne terroristische mittel kämpfende organisation mit gesinnungsgenossen in t. es sich handeln soll. 33soweit der kläger rügt, die die zur begründung der maßnahmen herangezogenen informationen speisenden quellen seien mangels benennung nicht überprüfbar und mithin ungeeignet, ist dem entgegenzuhalten, dass sich die frage der validierbarkeit von quellen erst stellen würde, wenn die diesen zugeschriebenen tatsachen streitig gestellt würden.das ist jedoch nicht der fall.denn der kläger hat weder bestritten, vorstandsmitglied des im sommer 2012 wegen verfassungsfeindlicher bestrebungen verbotenen vereins „millatu j. “, noch in abrede gestellt, an der erstellung von videos für eine in der salafistischen szene viel genutzte internetplattform beteiligt gewesen zu sein, an einschlägigen freizeitveranstaltungen teilgenommen und einen wegen der schärfe seiner predigten kritisierten prediger begleitet zu haben, sondern räumt die ihm – nicht zuletzt dieser indizien wegen – zugeschriebene zugehörigkeit zur jugendlichen salafistischen szene vor ort für die vergangenheit selbst ein, wenn er anführt, er habe sich seit langer zeit daraus zurückgezogen und vollständig losgesagt. 34dieser rückzug ist vor dem hintergrund dessen, dass der kläger selbst keine nachweise schon nur zur aufnahme der vorgetragenen kontakte zum aussteigerprogramm beigebracht und nach den unwidersprochenen feststellungen der beklagten seine teilnahme vom ausgang des hiesigen verfahrens abhängig gemacht hat, gleichzeitig aber die fortdauer des engen familiären kontaktes zum bruder durchaus einräumt, über den wiederum die polizei im august 2014 mitteilt, dieser und weitere kontaktpersonen des klägers seien weiterhin in der terroristischen szene t2. verankert, bislang über die absichtsbekundung des klägers hinaus nicht in einer seine tragfähigkeit und absehbare dauer nachprüfbar erscheinenden weise dargetan. 35was das aussteigerprogramm anbelangt, so wäre es selbst im falle der erweislichkeit einer aktiven und kontinuierlichen teilnahme des klägers durchaus nachvollziehbar, dass die völlige und verlässliche loslösung eines jungen menschen aus einem stark ideologisch durchsetzen kontext umso länger dauert, als er auf der basis eines eng gelebten familiären kontaktes weiter damit in berührung steht. 36die auch tragend auf die nunmehrige vollzeitbeschäftigung in einem festen arbeitsverhältnis gestützte festigung des klägers als person und seiner bemühungen, ein normales leben zu führen, wäre glaubhafter, wenn der kläger der ausdrücklichen aufforderung des gerichts nachkommend den entsprechenden unbefristeten arbeitsvertrag vorgelegt hätte. 37jegliche plausibilisierung fehlt zu anlass, ziel und hintergrund der anfang dezember 2013 polizeilich unterbundenen reise in die türkei oder dazu, was es mit verbleib des bruders von mitte 2012 bis zu dessen verhaftung im sommer 2013 in der türkei auf sich hat. wenig überzeugend ist auch die einlassung, über den ehemaligen mitbewohner v. b1. nichts zu wissen; es widerspräche jeglicher lebenserfahrung anzunehmen, dass unter den allem anschein nach gleichen ideen verpflichteten jungen männern keinerlei informationsaustausch vor allem darüber stattgefunden habe, dass beide, b1. wie der kläger, adressaten von ausreiseuntersagungen geworden waren. 38der sich angesichts der seinerzeit amtsbekannten ideologischen einbindung des klägers aufdrängenden vermutung, seine im dezember 2013 polizeilich unterbundene ausreise in die türkei habe dem zweck der weiterreise ins bürgerkriegsgebiet gedient, hat der kläger explizit keine andere erklärung gegenübergestellt.die in diese richtung deutende, nicht etwa unmittelbar bei dem gespräch mit der grenzpolizei, sondern erst jüngst zur erläuterung des handschriftlichen zettels im gepäck des klägers angeführte absicht der kontaktaufnahme zu humanitären hilfsorganisationen vermöchte die seitens des innenministeriums im dezember 2013 angestellten vermutungen zu bedeutung und verwendungszweck der auf dem zettel notierten telefonnummern allenfalls dann ansatzweise zu entkräften, wenn dargetan wäre, um welche organisationen es sich handeln soll, welche ziele diese verfolgen und vor allem, in welcher weise der eigenem vorbringen nach erst seit anfang dieses jahres in lohn und brot stehende kläger im dezember des vorjahres welche art von hilfe habe leisten oder vorbereiten wollen. vor diesem hintergrund sieht das gericht auch keine veranlassung, dem fehlen des zettels in original oder kopie in den verwaltungsvorgängen der beklagten bedeutung beizumessen, weil eine damit zu ermöglichende verifikation ohne die vorstehend beschriebenen erklärungen des klägers auf eine ausforschung hinausliefe. 39die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo, die über die vorläufige vollstreckbarkeit auf § 167 abs. 2, abs. 1 satz 1 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 40mit blick auf die aktualität von ordnungsverfügungen der vorliegenden art und das fehlen einschlägiger obergerichtlicher erkenntnisse dazu hat das gericht die berufung wegen grundsätzlicher bedeutung zugelassen.
Verklagte*r
0
143,485
7 K 2943/14
2015-11-12T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages Sicherheit leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin beantragte unter dem 24. Juni 2009 eine Geeignetheitsbestätigung für das Aufstellen von Geldspielgeräten im Geschäftslokal „T. “ C. . 77 in I. , die ihr unter dem 13. August 2008 erteilt wurde. Am 24. April 2014 wurde der Klägerin die Baugenehmigung für die Nutzungsänderung der Räumlichkeiten in ein Wettbüro erteilt. 3Bei einer örtlichen Besichtigung am 2. April 2014 stellte die Beklagte fest, dass in dem Lokal nach Umnutzung weiterhin drei Geldspielgeräte aufgestellt und im Übrigen neben einem Wettterminal auf angebrachten Bildschirmen Wettquoten für Sportwetten zu sehen waren. Auf den Tischen lagen Wettscheine für Sportwetten der Fa. U. aus. 4Nach Anhörung widerrief die Beklagte mit Ordnungsverfügung vom 28. Mai 2014 die Geeignetheitsbestätigung nach § 33 c GewO, forderte die Klägerin auf, die Geldspielgeräte bis zum 10. Juli 2014 zu entfernen und drohte ihr für den Fall der Nichtbefolgung ein Zwangsgeld von 1000 € an. Ferner ordnete sie die sofortige Vollziehung der Verfügung an. – Die Verfügung ist der Klägerin am 4. Juni 2014 zugestellt worden. 5Dagegen hat die Klägerin am 29. Juni 2014 Klage erhoben und zur Begründung darauf hingewiesen, dass Eingriffe in die Dienstleistungsfreiheit stets einer Rechtfertigung bedürften, woran im vorliegenden Fall Zweifel bestünden. Das Regelungssystem der Glücksspielverordnung NRW stehe auf dem Prüfstand vor dem EuGH. 6Die Klägerin beantragt, 7die Verfügung der Beklagten vom 28. Mai 2014 aufzuheben. 8Die Beklagte beantragt, 9die Klage abzuweisen. 10Sie führt zu Begründung aus, die Verfügung beschränke nicht die Vermittlung von Sportwetten durch die Klägerin sondern die unrechtmäßige Aufstellung von Geldspielgeräten. 11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten einschließlich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten. 12Entscheidungsgründe: 13Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 28. Mai 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑). Die Kammer verweist zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Gründe des angefochtenen Bescheides, denen sie im Wesentlichen folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO). 14In Ergänzung dazu ist auszuführen, dass die Klägerin durch die Umnutzung der Räumlichkeiten in ein Sportwettbüro den von der Beklagten herangezogenen Widerrufsgrund geschaffen hat. Bereits nach der zum Zeitpunkt der Baugenehmigung für das Sportwettbüro April 2014 geltenden Fassung der Spielverordnung (Fassung vom 27. Januar 2006) durften Geldspielgeräte nur in Wettannahmestellen konzessionierter Buchmacher aufgestellt werden (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 SpielV), wozu die bis dahin nicht konzessionierten Sportwettveranstalter nicht gehörten. Die zum 11. November 2014 in Kraft getretene Änderung der Verordnung, wonach Wettannahmestellen für Sportwetten unter den konzessionierten Buchmachern ausdrücklich ausgenommen sind (§ 1 Nr. 3 SpielV), ist ‑ klarstellend ‑ mit Rücksicht darauf erfolgt, dass für die Veranstaltung von Sportwetten nach der Experimentierklausel im Glückspielstaatsvertrag auch Konzessionen erteilt werden dürfen (§ 10 a GlüStV). 15Vgl. zur Klarstellungsfunktion der Änderung: Odenthal, Änderung der SpielV, juris-doc. 16Die von der Beklagten angestellten Ermessenserwägungen, die sich an der Bekämpfung der Spielsucht ausrichten, sind nicht zu beanstanden, zumal die Klägerin von der Gelegenheit zur vorherigen Anordnung keinen Gebrauch gemacht hat. Angesichts des vorherrschenden Sportwettbetriebs und der für die Umnutzung eingeholten Baugenehmigung stellt sich auch die Frage nicht, ob die Verfügung anstelle der Geldspielgeräte die Entfernung der ‑ später hinzugetretenen ‑ Sportwetteinrichtungen hätte in den Blick nehmen müssen. Das wird auch von der Klägerin nicht geltend gemacht. 17Im Übrigen erscheint der Kammer nach Aktenlage zweifelhaft, ob die Räumlichkeiten in ihrer früheren Betriebsform überhaupt je die Voraussetzungen für die Aufstellung von Geldspielgeräten erfüllt haben, d.h. ob diese seit Aufstellen der Geldspielgeräte von einem Schank- und Speisebetrieb geprägt waren, wie § 1 Abs. 1 SpielV dies voraussetzt. 18Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. Dezember 1990 ‑ 4 A 2423/89, juris. 19Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 Satz 1 ZPO.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des rechtsstreits. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklagte zuvor in höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden betrages sicherheit leistet. 1
2die klägerin beantragte unter dem 24. juni 2009 eine geeignetheitsbestätigung für das aufstellen von geldspielgeräten im geschäftslokal „t. “ c. . 77 in i. , die ihr unter dem 13. august 2008 erteilt wurde. am 24. april 2014 wurde der klägerin die baugenehmigung für die nutzungsänderung der räumlichkeiten in ein wettbüro erteilt. 3bei einer örtlichen besichtigung am 2. april 2014 stellte die beklagte fest, dass in dem lokal nach umnutzung weiterhin drei geldspielgeräte aufgestellt und im übrigen neben einem wettterminal auf angebrachten bildschirmen wettquoten für sportwetten zu sehen waren. auf den tischen lagen wettscheine für sportwetten der fa. u. aus. 4nach anhörung widerrief die beklagte mit ordnungsverfügung vom 28. mai 2014 die geeignetheitsbestätigung nach § 33 c gewo, forderte die klägerin auf, die geldspielgeräte bis zum 10. juli 2014 zu entfernen und drohte ihr für den fall der nichtbefolgung ein zwangsgeld von 1000 € an. ferner ordnete sie die sofortige vollziehung der verfügung an. – die verfügung ist der klägerin am 4. juni 2014 zugestellt worden. 5dagegen hat die klägerin am 29. juni 2014 klage erhoben und zur begründung darauf hingewiesen, dass eingriffe in die dienstleistungsfreiheit stets einer rechtfertigung bedürften, woran im vorliegenden fall zweifel bestünden. das regelungssystem der glücksspielverordnung nrw stehe auf dem prüfstand vor dem eugh. 6die klägerin beantragt, 7die verfügung der beklagten vom 28. mai 2014 aufzuheben. 8die beklagte beantragt, 9die klage abzuweisen. 10sie führt zu begründung aus, die verfügung beschränke nicht die vermittlung von sportwetten durch die klägerin sondern die unrechtmäßige aufstellung von geldspielgeräten. 11wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf die gerichtsakten einschließlich der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten. 12
13die zulässige klage ist unbegründet. die ordnungsverfügung der beklagten vom 28. mai 2014 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten (§ 113 abs. 1 der verwaltungsgerichtsordnung ‑ vwgo ‑). die kammer verweist zur vermeidung von wiederholungen zunächst auf die gründe des angefochtenen bescheides, denen sie im wesentlichen folgt (§ 117 abs. 5 vwgo). 14in ergänzung dazu ist auszuführen, dass die klägerin durch die umnutzung der räumlichkeiten in ein sportwettbüro den von der beklagten herangezogenen widerrufsgrund geschaffen hat. bereits nach der zum zeitpunkt der baugenehmigung für das sportwettbüro april 2014 geltenden fassung der spielverordnung (fassung vom 27. januar 2006) durften geldspielgeräte nur in wettannahmestellen konzessionierter buchmacher aufgestellt werden (§ 1 abs. 2 nr. 3 spielv), wozu die bis dahin nicht konzessionierten sportwettveranstalter nicht gehörten. die zum 11. november 2014 in kraft getretene änderung der verordnung, wonach wettannahmestellen für sportwetten unter den konzessionierten buchmachern ausdrücklich ausgenommen sind (§ 1 nr. 3 spielv), ist ‑ klarstellend ‑ mit rücksicht darauf erfolgt, dass für die veranstaltung von sportwetten nach der experimentierklausel im glückspielstaatsvertrag auch konzessionen erteilt werden dürfen (§ 10 a glüstv). 15vgl. zur klarstellungsfunktion der änderung: odenthal, änderung der spielv, juris-doc. 16die von der beklagten angestellten ermessenserwägungen, die sich an der bekämpfung der spielsucht ausrichten, sind nicht zu beanstanden, zumal die klägerin von der gelegenheit zur vorherigen anordnung keinen gebrauch gemacht hat. angesichts des vorherrschenden sportwettbetriebs und der für die umnutzung eingeholten baugenehmigung stellt sich auch die frage nicht, ob die verfügung anstelle der geldspielgeräte die entfernung der ‑ später hinzugetretenen ‑ sportwetteinrichtungen hätte in den blick nehmen müssen. das wird auch von der klägerin nicht geltend gemacht. 17im übrigen erscheint der kammer nach aktenlage zweifelhaft, ob die räumlichkeiten in ihrer früheren betriebsform überhaupt je die voraussetzungen für die aufstellung von geldspielgeräten erfüllt haben, d.h. ob diese seit aufstellen der geldspielgeräte von einem schank- und speisebetrieb geprägt waren, wie § 1 abs. 1 spielv dies voraussetzt. 18vgl. ovg nrw, urteil vom 10. dezember 1990 ‑ 4 a 2423/89, juris. 19die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit der kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 vwgo, § 708 nr. 11, § 711 satz 1 zpo.
Verklagte*r
0
168,573
13 K 5723/13.A
2015-01-21T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist guineischer Staatsangehöriger und reiste nach eigenen Angaben im Oktober 2011 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 7. November 2011 stellte er einen Asylantrag. 3Bei seiner Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 7. November 2011 machte er im Wesentlichen folgende Angaben: Er sei Malinke und verfüge über keine Personalpapiere. Seine Eltern seien verstorben, er sei nicht verheiratet. Er habe einen leiblichen und einen Adoptivsohn. Beide lebten bei der zweiten Frau seines Vaters in Hafia (Stadtteil von Conakry). Er sei in der zwölften Klasse von der Schule abgegangen und habe keinen Beruf erlernt. Er sei arm gewesen und habe sich so durchgeschlagen. 4Mitte September 2011 sei er mit seinem Partner mit dem Auto über Senegal und Mauretanien nach Marokko gefahren. Von dort sei er mit der Royal Air Maroc nach Berlin geflogen. Sein Partner sei aus Nigeria. Er heiße N. und sei Händler, der Ware zwischen Guinea und Nigeria verkaufe. Er habe die Reisekosten getragen. Von Marokko aus sei er mit einem Freund von N. nach Berlin gereist, dieser habe ihm in Berlin alle Unterlagen abgenommen. Die Ankunft sei am 21. Oktober 2011, wohl gegen Abend gewesen. 5Er sei nach Deutschland gekommen, um sein Leben zu retten, man sei hinter ihm her gewesen. Anfang 2009 habe er sich mit N. angefreundet. N. sei homosexuell. Er habe ihm immer wieder Geld gegeben. Er habe dann vorgeschlagen, dass sie miteinander schliefen. Das habe er dann auch so gemacht, weil N. ihm ja viel Geld gegeben habe. Seine Stiefmutter sei Mitglied der RPG. Bei ihnen würden Versammlungen abgehalten. Da habe man sich gefragt, woher er das viele Geld habe. Ende 2010 habe sein älterer Bruder, der Soldat sei, ihn in einem Tanzlokal zusammen mit N. gesehen. Sein Bruder und dessen Freunde hätten ihn verprügelt. Sein Bruder habe ihn mit einem Messer am Unterarm verletzt. Er habe seinen Bruder daraufhin bei der Polizei angezeigt. Noch bevor es zur Vorladung seines Bruders gekommen sei, habe seine Stiefmutter dort vorgesprochen. Die Polizei habe ihn, den Kläger, daraufhin gefragt, ob er Schande über die Familie bringen wolle. Seine Stiefmutter sei eine angesehene Person in der Partei von Alpha Conde. Die Familie habe dann beschlossen, dass er aus der Familie und aus dem muslimischen Viertel ausgeschlossen werde. Er habe sich dann in dem Anwesen seines Freundes aufgehalten. Sein Bruder und dessen Freunde hätten das aber herausgefunden und seien zwischen Juni und Juli zu dem Anwesen gekommen. Er habe es aber geschafft, über die Hofmauer zu springen und zu fliehen. Sein Bruder und dessen Freunde hätten bei N. technische Geräte gestohlen. Mit Politik habe er selbst nichts zu tun. 6Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 12. Juni 2013 die Anerkennung als Asylberechtigter ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorlägen. Zugleich forderte es den Kläger zur Ausreise auf und drohte die Abschiebung an. 7Der Kläger sei nicht asylberechtigt, weil er auf unbekanntem Wege nach Deutschland eingereist sei (§ 26a Asylverfahrensgesetz – AsylVfG). Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lägen nicht vor, weil die durch den Kläger geschilderte Bedrohung durch seine Familie unwahr sei. So sei es fraglich, warum sein Freund, der angeblich über Geld verfüge, ihn nicht andernorts in Guinea untergebracht habe. Auch sei es nicht glaubhaft, dass der Kläger in einer Bar offen seine Homosexualität gezeigt habe. 8Gegen den am 24. Juni 2013 zur Post gegebenen Bescheid hat der Kläger am 9. Juli 2013 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er u. a. vor, dass Homosexualität gemäß Art. 325 des guineischen Strafgesetzbuches in Guinea strafbar sei. 9Der Kläger beantragt, 10die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12. Juni 2013 zu verpflichten, 11ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG 12hilfsweise, subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen, 13hilfsweise, festzustellen, dass in seiner Person Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG bestehen. 14Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung. 17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes (Beiakte 1 und 2) und der Ausländerakte des Kreises Kleve (Beiakte 3) Bezug genommen. 18Entscheidungsgründe: 19Der Einzelrichter ist für die Entscheidung zuständig, nachdem ihm der Rechtsstreit gemäß § 76 Absatz 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) durch Beschluss der Kammer vom 16. Dezember 2014 zur Entscheidung übertragen worden ist. 20Die zulässige Klage ist unbegründet. 21Der angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 12. Juni 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Absatz 1 und Absatz 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 22Der Kläger vermag auf dieser Grundlage mit Erfolg weder seine Anerkennung als Asylberechtigter noch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG begehren, denn er ist nicht politisch Verfolgter im Sinne der asylrechtlichen Vorschriften. 23Politisch Verfolgter ist, wer in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale, d.h. an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder an andere Merkmale, die für ihn unverfügbar sind und die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen ausgesetzt ist, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen. 24Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 10. Juli 1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315 (344). 25Nach § 3 Absatz 1 AsylVfG ist einem Ausländer weiter die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) - Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) - zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Eine Verfolgung kann dabei gemäß § 3c AsylVfG ausgehen von einem Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die zuvor genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylVfG Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Weiter darf für den Ausländer keine innerstaatliche Fluchtalternative bestehen, § 3e AsylVfG. 26Maßgeblich ist, ob der Asylsuchende bei der Rückkehr in sein Heimatland der Gefahr politischer Verfolgung ausgesetzt wäre, wobei auf den Sachstand im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung abzustellen ist (§ 77 Absatz 1 AsylVfG). Hat der Ausländer sein Heimatland bzw. den Staat seines gewöhnlichen Aufenthaltes auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen, besteht Anspruch auf Verfolgungsschutz bereits dann, wenn er bei einer Rückkehr vor erneuter Verfolgung nicht hinreichend sicher sein kann (herabgestufter Prognosemaßstab). Ist der Ausländer hingegen unverfolgt ausgereist, hat er einen Anspruch auf Schutz nur, wenn ihm aufgrund asylrechtlich beachtlicher Nachfluchttatbestände mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung droht (gewöhnlicher Prognosemaßstab), 27Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 10. Juli 1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315 (344); Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15. Mai 1990 - 9 C 17.89 -, BVerwGE 85, 139 (140); Urteil vom 20. November 1990 - 9 C 74.90 -, InfAuslR 1991, 145 (146). 28Das Gericht muss dabei von der Wahrheit - nicht nur von der Wahrscheinlichkeit - des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Verfolgungsschicksals die volle Überzeugung gewinnen. Von dem Asylsuchenden muss jedenfalls gefordert werden, dass er eine zusammenhängende, in sich stimmige Schilderung seines persönlichen Verfolgungsschicksals abgibt, die nicht in wesentlicher Hinsicht in unauflösbarer Weise widersprüchlich ist. Der Art seiner Einlassung - z.B. ob sein Vorbringen gesteigert ist -, seiner Persönlichkeit, insbesondere seiner Glaubwürdigkeit, kommt insoweit entscheidende Bedeutung zu; 29Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 12. November 1985 - 9 C 27.85 -, InfAuslR 1986, 79 (80), sowie Beschluss vom 21. Juli 1989 - 9 B 239/89 -, NVwZ 1990, 171; Urteil vom 10. Mai 1994 - 9 C 434.93 -, InfAuslR 1994, 375 (376). 30Ausgehend von diesen Grundsätzen führt das Begehren des Klägers nicht zum Erfolg. Es liegen weder die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter noch die für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vor. Es lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger vor seiner Ausreise aus Guinea oder im Falle einer Rückkehr nach Guinea landesweit von politischer Verfolgung betroffen war bzw. bedroht sein würde. 31Das Gericht geht zunächst davon aus, dass der Kläger nicht vorverfolgt sein Heimatland verlassen hat. Eine staatliche Verfolgung macht der Kläger zunächst selbst nicht geltend. Er beruft sich allein darauf, dass sein Halbbruder und dessen Freunde ihn wegen seiner – angenommenen – Homosexualität mit dem Messer verletzt hätten und später zu dem Haus seines Freundes gekommen seien, in dem er sich aufgehalten habe. Dabei vermutet er, dass sein Halbbruder und dessen Freunde die Absicht hatten, ihm physischen Schaden zuzufügen. 32Dieses Geschehen – sein Wahrheitsgehalt unterstellt – genügt nicht, um von einer Vorverfolgung des Klägers auszugehen. Soweit von dem Halbbruder des Klägers und dessen Freunden Verfolgungshandlungen ausgegangen sein sollten, sind diese als Verfolgungshandlungen nichtstaatlicher Akteure im Sinne des § 3c Nr. 3 AsylVfG anzusehen. Solche Handlungen sind bei der Beurteilung des Verfolgungsgeschehens aber nur dann relevant, wenn der Staat oder Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, einschließlich internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten (§ 3c AsylVfG). Davon ist nicht auszugehen. Es liegen zunächst aufgrund des vom Kläger geschilderten Geschehens keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass der guineische Staat seine Bürger – auch solche mit homosexueller Orientierung – grundsätzlich nicht vor Gewalttaten schützt. Die Angabe des Klägers, zu jener Zeit seien viele Homosexuelle umgebracht worden, ohne dass es diesbezüglich Ermittlungen gegeben habe, sind viel zu vage und ohne überprüfbare Tatsachengrundlage, als dass hierauf die Annahme eines fehlenden Schutzwillens seitens des Staates gestützt werden könnte. Dem Gericht liegen solche Erkenntnisse auch nicht aufgrund sonstiger Quellen vor. 33Die konkret vom Kläger geschilderte Situation auf der Polizeiwache lässt hingegen nicht den Schluss zu, dass der guineische Staat grundsätzlich keinen Schutz für Homosexuelle gewährt. Denn es handelt sich hier erkennbar um einen Einzelfall, in dem die Stiefmutter des Klägers Einfluss auf einen bestimmten Polizisten genommen hat, dem sie offenbar bekannt war. Diese Situation ist nicht verallgemeinerungsfähig. Auch danach erscheint es eher fernliegend anzunehmen, landesweit würde der Staat dem Kläger Schutz vor Gewalttaten versagen. 34Ohne dass es darauf noch ankommt, wird der Eindruck eines fehlenden Verfolgungsgeschehens auch dadurch bestätigt, dass der Kläger in seiner abschließenden Stellungnahme vor Gericht betont hat, dass er nicht in den Hof seiner Familie nach Hause gehen könne. Von einer grundsätzlichen, gar landesweiten Gefährdung geht er selbst nicht aus. 35Es ist auch nicht festzustellen, dass dem Kläger allein aufgrund seiner - unterstellten - Homosexualität landesweit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung nach seiner Rückkehr in die Republik Guinea drohen wird. 36Dabei ist allerdings schon davon auszugehen, dass Homosexuelle in Guinea eine soziale Gruppe im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG darstellen. Nach § 3b Abs. 1 Halbsatz 1 Nr. 4 AsylVfG gilt eine Gruppe insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben, oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und wenn weiter die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird. Nach Halbsatz 2 dieser Vorschrift kann je nach den Gegebenheiten im Herkunftsland als eine soziale Gruppe auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Ausrichtung gründet. Zur sexuellen Ausrichtung eines Menschen gehört auch eine etwaige Homosexualität. 37Vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013 - C-199/12 -, juris Rn. 46 ff.; Urteil der Kammer vom 23. März 2012 - 13 K 1217/11.A -, juris Rn. 37. 38Dass Homosexuelle in Guinea eine Gruppe mit deutlich abgegrenzter Identität sind, ergibt sich auch daraus, dass homosexuelle Handlungen in Guinea strafbar sind. Nach den insoweit übereinstimmenden, im Verfahren 13 K 1217/11.A von der Kammer eingeholten Auskünften des Auswärtigen Amtes vom 20. Januar 2012 und von amnesty international vom 3. Februar 2012 werden homosexuelle Handlungen ("tout acte impudique ou contre nature commis avec un individu de son sexe", übersetzt: "jede unzüchtige oder widernatürliche Handlung, die mit einem Menschen gleichen Geschlechts begangen worden ist") nach Art. 325 des guineischen Strafgesetzbuches mit einer Gefängnisstrafe von sechs Monaten bis zu drei Jahren und einer Geldstrafe zwischen 100.000 und 1.000.000 guineischen Francs geahndet. 39Es ist aufgrund der - unterstellten - Homosexualität des Klägers und der daraus abzuleitenden Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe jedoch nicht herzuleiten, dass der Kläger deswegen bei seiner unterstellten Rückkehr in die Republik Guinea mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit unter Verfolgung leiden wird. Eine Verfolgung droht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, wenn in Anbetracht aller Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Asylsuchenden Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann. Eine in diesem Sinne wohlbegründete Furcht vor einem Ereignis kann auch dann vorliegen, wenn aufgrund einer "quantitativen" oder statistischen Betrachtungsweise weniger als 50 % Wahrscheinlichkeit für dessen Eintritt besteht. Beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung ist deshalb dann anzunehmen, wenn bei der im Rahmen der Prognose vorzunehmenden "zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts" die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deswegen gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. 40Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15. März 1988 - 9 C 278.86 -, BVerwGE 79, 143, (150 f) m.w.N. 41Davon ist allein aufgrund der Strafandrohung im guineischen Strafgesetzbuch nicht auszugehen. Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG gelten gemäß § 3a Abs. 1 AsylVfG solche Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Hierzu gehört gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylVfG auch die diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung. Eine solche wäre bei einer Strafverfolgung wegen Homosexualität anzunehmen. 42Urteil der Kammer vom 23. März 2012 - 13 K 1217/11.A -, juris Rn. 57 f. 43Von der demnach für die Annahme einer Verfolgungshandlung erforderlichen bestimmten Schwere einer Grundrechtsverletzung ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht schon bei jeder Verletzung der Grundrechte eines homosexuellen Asylbewerbers auszugehen. 44EuGH, Urteil vom 7. November 2013 - C-199/12 -, juris Rn. 53. 45Namentlich genügt danach nicht das bloße Bestehen von Rechtsvorschriften, nach denen homosexuelle Handlungen unter Strafe gestellt sind. Vielmehr ist es insoweit erforderlich, dass diese Strafe auch tatsächlich in der Praxis verhängt wird. 46EuGH, Urteil vom 7. November 2013 - C-199/12 -, juris Rn. 56 ff. 47Insoweit sind für die Annahme einer Verfolgungshandlung strengere Anforderungen zu erfüllen, als die Kammer dies in ihrer früheren Rechtsprechung angenommen hat. Danach genügte es für die Annahme einer Verfolgungshandlung, dass homosexuelle Handlungen im Verfolgerstaat unter Strafe standen und es darüber hinaus nicht feststellbar war, dass diese Strafandrohung in der Praxis nicht umgesetzt wurde. 48Urteil der Kammer vom 23. März 2012 - 13 K 1217/11.A -, juris Rn. 47 f., 52. 49Demgegenüber ist nach der zitierten Entscheidung des EuGH die positive Feststellung erforderlich, dass die Freiheitsstrafe auch tatsächlich in der Praxis verhängt wird. Dem hat sich das Gericht mit 50Urteil vom 13. Dezember 2013 – 13 K 3683/13. –, juris, Rn. 31 ff. 51aus Gründen der Rechtseinheit angeschlossen. 52Solche positiven Feststellungen können indes nicht getroffen werden. Den im Verfahren 13 K 1217/11.A eingeholten, noch hinreichend aktuellen Auskünften des Auswärtigen Amtes vom 20. Januar 2012 und von amnesty international vom 3. Februar 2012 ist dabei zu entnehmen, dass positive Erkenntnisse über die praktische Verhängung der Freiheitsstrafe nicht bestehen, wobei das Auswärtige Amt dies auch darauf zurückgeführt hat, dass homosexuelle Handlungen vor dem Hintergrund ihrer starken gesellschaftlichen Ächtung in den seltensten Fällen in der breiten Öffentlichkeit vollzogen würden. Über die beiden Auskünfte hinaus bestehen zudem aktuelle Erkenntnisse aus dem 53Rapport de mission en République de Guinée (29 octobre - 19 novembre 2011) von März 2012 - Mission organisée conjointement par le CGRA (Belgique), l"OFPRA (France) et l"ODM (Suisse), S. 20. 54Danach ist die entsprechende Strafvorschrift nach einhelliger Auffassung der von den Autoren des Berichts befragten Rechtsanwälte - Mitglieder von Anwälte ohne Grenzen und ein guineischer Rechtsanwalt im November 2011 - noch nie angewandt und keine Verfolgung durchgeführt worden. 55Die allgemeine gesellschaftliche Ächtung der Homosexualität in der Republik Guinea erreicht ebenfalls nicht die von § 3a AsylVfG beschriebene Schwere, sodass im Übrigen der Frage nicht nachzugehen ist, ob die Voraussetzungen der durch § 3c Nr. 3 AsylVfG geregelten nichtstaatlichen Verfolgung insoweit vorliegen. 56Vor diesem Hintergrund kann es auch offen bleiben, ob die Flüchtlingseigenschaft nicht auch deswegen zu versagen ist, weil der Kläger eine inländische Fluchtalternative im Sinne des § 3e AsylVfG in Anspruch nehmen könnte, wofür aus Sicht des Gerichts viel spricht. 57Der Kläger genießt auch keinen subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG. Ein Ausländer ist nach Satz 1 dieser Vorschrift subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt nach Satz 2 dieser Vorschrift die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Ein solcher ernsthafter Schaden ist mit Blick auf den Kläger aber weder ersichtlich noch von ihm behauptet worden. 58Schließlich liegen aufgrund vergleichbarer Erwägungen die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vor. Entsprechendes ist auch nicht durch den Kläger geltend gemacht worden. 59Die in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes zugleich verfügte Abschiebungsandrohung und die festgesetzte Ausreisefrist stützen sich auf §§ 34 Absatz 1, 38 Absatz 1 AsylVfG und § 59 AufenthG. 60Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO. Die Nichterhebung von Gerichtskosten ergibt sich aus § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Satz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 prozent des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 prozent des zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der kläger ist guineischer staatsangehöriger und reiste nach eigenen angaben im oktober 2011 in die bundesrepublik deutschland ein. am 7. november 2011 stellte er einen asylantrag. 3bei seiner anhörung beim bundesamt für migration und flüchtlinge (bundesamt) am 7. november 2011 machte er im wesentlichen folgende angaben: er sei malinke und verfüge über keine personalpapiere. seine eltern seien verstorben, er sei nicht verheiratet. er habe einen leiblichen und einen adoptivsohn. beide lebten bei der zweiten frau seines vaters in hafia (stadtteil von conakry). er sei in der zwölften klasse von der schule abgegangen und habe keinen beruf erlernt. er sei arm gewesen und habe sich so durchgeschlagen. 4mitte september 2011 sei er mit seinem partner mit dem auto über senegal und mauretanien nach marokko gefahren. von dort sei er mit der royal air maroc nach berlin geflogen. sein partner sei aus nigeria. er heiße n. und sei händler, der ware zwischen guinea und nigeria verkaufe. er habe die reisekosten getragen. von marokko aus sei er mit einem freund von n. nach berlin gereist, dieser habe ihm in berlin alle unterlagen abgenommen. die ankunft sei am 21. oktober 2011, wohl gegen abend gewesen. 5er sei nach deutschland gekommen, um sein leben zu retten, man sei hinter ihm her gewesen. anfang 2009 habe er sich mit n. angefreundet. n. sei homosexuell. er habe ihm immer wieder geld gegeben. er habe dann vorgeschlagen, dass sie miteinander schliefen. das habe er dann auch so gemacht, weil n. ihm ja viel geld gegeben habe. seine stiefmutter sei mitglied der rpg. bei ihnen würden versammlungen abgehalten. da habe man sich gefragt, woher er das viele geld habe. ende 2010 habe sein älterer bruder, der soldat sei, ihn in einem tanzlokal zusammen mit n. gesehen. sein bruder und dessen freunde hätten ihn verprügelt. sein bruder habe ihn mit einem messer am unterarm verletzt. er habe seinen bruder daraufhin bei der polizei angezeigt. noch bevor es zur vorladung seines bruders gekommen sei, habe seine stiefmutter dort vorgesprochen. die polizei habe ihn, den kläger, daraufhin gefragt, ob er schande über die familie bringen wolle. seine stiefmutter sei eine angesehene person in der partei von alpha conde. die familie habe dann beschlossen, dass er aus der familie und aus dem muslimischen viertel ausgeschlossen werde. er habe sich dann in dem anwesen seines freundes aufgehalten. sein bruder und dessen freunde hätten das aber herausgefunden und seien zwischen juni und juli zu dem anwesen gekommen. er habe es aber geschafft, über die hofmauer zu springen und zu fliehen. sein bruder und dessen freunde hätten bei n. technische geräte gestohlen. mit politik habe er selbst nichts zu tun. 6das bundesamt lehnte mit bescheid vom 12. juni 2013 die anerkennung als asylberechtigter ab und stellte fest, dass die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft sowie abschiebungsverbote nach § 60 abs. 2 bis 7 des aufenthaltsgesetzes (aufenthg) nicht vorlägen. zugleich forderte es den kläger zur ausreise auf und drohte die abschiebung an. 7der kläger sei nicht asylberechtigt, weil er auf unbekanntem wege nach deutschland eingereist sei (§ 26a asylverfahrensgesetz – asylvfg). die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft lägen nicht vor, weil die durch den kläger geschilderte bedrohung durch seine familie unwahr sei. so sei es fraglich, warum sein freund, der angeblich über geld verfüge, ihn nicht andernorts in guinea untergebracht habe. auch sei es nicht glaubhaft, dass der kläger in einer bar offen seine homosexualität gezeigt habe. 8gegen den am 24. juni 2013 zur post gegebenen bescheid hat der kläger am 9. juli 2013 klage erhoben. zur begründung trägt er u. a. vor, dass homosexualität gemäß art. 325 des guineischen strafgesetzbuches in guinea strafbar sei. 9der kläger beantragt, 10die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 12. juni 2013 zu verpflichten, 11ihn als asylberechtigten anzuerkennen und ihm die flüchtlingseigenschaft nach § 3 asylvfg 12hilfsweise, subsidiären schutz nach § 4 asylvfg zuzuerkennen, 13hilfsweise, festzustellen, dass in seiner person abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und abs. 7 aufenthg bestehen. 14die beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 15die klage abzuweisen. 16zur begründung bezieht sie sich auf die angefochtene entscheidung. 17wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge des bundesamtes (beiakte 1 und 2) und der ausländerakte des kreises kleve (beiakte 3) bezug genommen. 18
19der einzelrichter ist für die entscheidung zuständig, nachdem ihm der rechtsstreit gemäß § 76 absatz 1 asylverfahrensgesetz (asylvfg) durch beschluss der kammer vom 16. dezember 2014 zur entscheidung übertragen worden ist. 20die zulässige klage ist unbegründet. 21der angegriffene bescheid des bundesamtes vom 12. juni 2013 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 113 absatz 1 und absatz 5 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 22der kläger vermag auf dieser grundlage mit erfolg weder seine anerkennung als asylberechtigter noch die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 asylvfg begehren, denn er ist nicht politisch verfolgter im sinne der asylrechtlichen vorschriften. 23politisch verfolgter ist, wer in anknüpfung an asylerhebliche merkmale, d.h. an seine politische überzeugung, seine religiöse grundentscheidung oder an andere merkmale, die für ihn unverfügbar sind und die sein anderssein prägen, gezielt rechtsverletzungen ausgesetzt ist, die ihn ihrer intensität nach aus der übergreifenden friedensordnung der staatlichen einheit ausgrenzen. 24bundesverfassungsgericht, beschluss vom 10. juli 1989 - 2 bvr 502/86 u.a. -, bverfge 80, 315 (344). 25nach § 3 absatz 1 asylvfg ist einem ausländer weiter die flüchtlingseigenschaft im sinne des abkommens vom 28. juli 1951 über die rechtsstellung der flüchtlinge (bgbl. 1953 ii s. 559) - genfer flüchtlingskonvention (gfk) - zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter furcht vor verfolgung wegen seiner rasse, religion, nationalität, politischen überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe außerhalb des landes (herkunftsland) befindet, dessen staatsangehörigkeit er besitzt und dessen schutz er nicht in anspruch nehmen kann oder wegen dieser furcht nicht in anspruch nehmen will oder in dem er als staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser furcht nicht zurückkehren will. eine verfolgung kann dabei gemäß § 3c asylvfg ausgehen von einem staat, parteien oder organisationen, die den staat oder wesentliche teile des staatsgebietes beherrschen oder von nichtstaatlichen akteuren, sofern die zuvor genannten akteure einschließlich internationaler organisationen erwiesenermaßen nicht in der lage oder nicht willens sind, im sinne des § 3d asylvfg schutz vor der verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem land eine staatliche herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. weiter darf für den ausländer keine innerstaatliche fluchtalternative bestehen, § 3e asylvfg. 26maßgeblich ist, ob der asylsuchende bei der rückkehr in sein heimatland der gefahr politischer verfolgung ausgesetzt wäre, wobei auf den sachstand im zeitpunkt der letzten gerichtlichen tatsachenentscheidung abzustellen ist (§ 77 absatz 1 asylvfg). hat der ausländer sein heimatland bzw. den staat seines gewöhnlichen aufenthaltes auf der flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer verfolgung verlassen, besteht anspruch auf verfolgungsschutz bereits dann, wenn er bei einer rückkehr vor erneuter verfolgung nicht hinreichend sicher sein kann (herabgestufter prognosemaßstab). ist der ausländer hingegen unverfolgt ausgereist, hat er einen anspruch auf schutz nur, wenn ihm aufgrund asylrechtlich beachtlicher nachfluchttatbestände mit beachtlicher wahrscheinlichkeit politische verfolgung droht (gewöhnlicher prognosemaßstab), 27bundesverfassungsgericht, beschluss vom 10. juli 1989 - 2 bvr 502/86 u.a. -, bverfge 80, 315 (344); bundesverwaltungsgericht, urteil vom 15. mai 1990 - 9 c 17.89 -, bverwge 85, 139 (140); urteil vom 20. november 1990 - 9 c 74.90 -, infauslr 1991, 145 (146). 28das gericht muss dabei von der wahrheit - nicht nur von der wahrscheinlichkeit - des vom asylsuchenden behaupteten individuellen verfolgungsschicksals die volle überzeugung gewinnen. von dem asylsuchenden muss jedenfalls gefordert werden, dass er eine zusammenhängende, in sich stimmige schilderung seines persönlichen verfolgungsschicksals abgibt, die nicht in wesentlicher hinsicht in unauflösbarer weise widersprüchlich ist. der art seiner einlassung - z.b. ob sein vorbringen gesteigert ist -, seiner persönlichkeit, insbesondere seiner glaubwürdigkeit, kommt insoweit entscheidende bedeutung zu; 29bundesverwaltungsgericht, urteil vom 12. november 1985 - 9 c 27.85 -, infauslr 1986, 79 (80), sowie beschluss vom 21. juli 1989 - 9 b 239/89 -, nvwz 1990, 171; urteil vom 10. mai 1994 - 9 c 434.93 -, infauslr 1994, 375 (376). 30ausgehend von diesen grundsätzen führt das begehren des klägers nicht zum erfolg. es liegen weder die voraussetzungen für die anerkennung als asylberechtigter noch die für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft vor. es lässt sich nicht feststellen, dass der kläger vor seiner ausreise aus guinea oder im falle einer rückkehr nach guinea landesweit von politischer verfolgung betroffen war bzw. bedroht sein würde. 31das gericht geht zunächst davon aus, dass der kläger nicht vorverfolgt sein heimatland verlassen hat. eine staatliche verfolgung macht der kläger zunächst selbst nicht geltend. er beruft sich allein darauf, dass sein halbbruder und dessen freunde ihn wegen seiner – angenommenen – homosexualität mit dem messer verletzt hätten und später zu dem haus seines freundes gekommen seien, in dem er sich aufgehalten habe. dabei vermutet er, dass sein halbbruder und dessen freunde die absicht hatten, ihm physischen schaden zuzufügen. 32dieses geschehen – sein wahrheitsgehalt unterstellt – genügt nicht, um von einer vorverfolgung des klägers auszugehen. soweit von dem halbbruder des klägers und dessen freunden verfolgungshandlungen ausgegangen sein sollten, sind diese als verfolgungshandlungen nichtstaatlicher akteure im sinne des § 3c nr. 3 asylvfg anzusehen. solche handlungen sind bei der beurteilung des verfolgungsgeschehens aber nur dann relevant, wenn der staat oder parteien oder organisationen, die den staat oder einen wesentlichen teil des staatsgebiets beherrschen, einschließlich internationale organisationen erwiesenermaßen nicht in der lage oder nicht willens sind, schutz vor verfolgung zu bieten (§ 3c asylvfg). davon ist nicht auszugehen. es liegen zunächst aufgrund des vom kläger geschilderten geschehens keine hinreichenden anhaltspunkte für die annahme vor, dass der guineische staat seine bürger – auch solche mit homosexueller orientierung – grundsätzlich nicht vor gewalttaten schützt. die angabe des klägers, zu jener zeit seien viele homosexuelle umgebracht worden, ohne dass es diesbezüglich ermittlungen gegeben habe, sind viel zu vage und ohne überprüfbare tatsachengrundlage, als dass hierauf die annahme eines fehlenden schutzwillens seitens des staates gestützt werden könnte. dem gericht liegen solche erkenntnisse auch nicht aufgrund sonstiger quellen vor. 33die konkret vom kläger geschilderte situation auf der polizeiwache lässt hingegen nicht den schluss zu, dass der guineische staat grundsätzlich keinen schutz für homosexuelle gewährt. denn es handelt sich hier erkennbar um einen einzelfall, in dem die stiefmutter des klägers einfluss auf einen bestimmten polizisten genommen hat, dem sie offenbar bekannt war. diese situation ist nicht verallgemeinerungsfähig. auch danach erscheint es eher fernliegend anzunehmen, landesweit würde der staat dem kläger schutz vor gewalttaten versagen. 34ohne dass es darauf noch ankommt, wird der eindruck eines fehlenden verfolgungsgeschehens auch dadurch bestätigt, dass der kläger in seiner abschließenden stellungnahme vor gericht betont hat, dass er nicht in den hof seiner familie nach hause gehen könne. von einer grundsätzlichen, gar landesweiten gefährdung geht er selbst nicht aus. 35es ist auch nicht festzustellen, dass dem kläger allein aufgrund seiner - unterstellten - homosexualität landesweit mit beachtlicher wahrscheinlichkeit verfolgung nach seiner rückkehr in die republik guinea drohen wird. 36dabei ist allerdings schon davon auszugehen, dass homosexuelle in guinea eine soziale gruppe im sinne des § 3 abs. 1 nr. 1 asylvfg darstellen. nach § 3b abs. 1 halbsatz 1 nr. 4 asylvfg gilt eine gruppe insbesondere als eine bestimmte soziale gruppe, wenn die mitglieder dieser gruppe angeborene merkmale oder einen hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben, oder merkmale oder eine glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die identität oder das gewissen sind, dass der betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und wenn weiter die gruppe in dem betreffenden land eine deutlich abgegrenzte identität hat, da sie von der sie umgebenden gesellschaft als andersartig betrachtet wird. nach halbsatz 2 dieser vorschrift kann je nach den gegebenheiten im herkunftsland als eine soziale gruppe auch eine gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame merkmal der sexuellen ausrichtung gründet. zur sexuellen ausrichtung eines menschen gehört auch eine etwaige homosexualität. 37vgl. eugh, urteil vom 7. november 2013 - c-199/12 -, juris rn. 46 ff.; urteil der kammer vom 23. märz 2012 - 13 k 1217/11.a -, juris rn. 37. 38dass homosexuelle in guinea eine gruppe mit deutlich abgegrenzter identität sind, ergibt sich auch daraus, dass homosexuelle handlungen in guinea strafbar sind. nach den insoweit übereinstimmenden, im verfahren 13 k 1217/11.a von der kammer eingeholten auskünften des auswärtigen amtes vom 20. januar 2012 und von amnesty international vom 3. februar 2012 werden homosexuelle handlungen ("tout acte impudique ou contre nature commis avec un individu de son sexe", übersetzt: "jede unzüchtige oder widernatürliche handlung, die mit einem menschen gleichen geschlechts begangen worden ist") nach art. 325 des guineischen strafgesetzbuches mit einer gefängnisstrafe von sechs monaten bis zu drei jahren und einer geldstrafe zwischen 100.000 und 1.000.000 guineischen francs geahndet. 39es ist aufgrund der - unterstellten - homosexualität des klägers und der daraus abzuleitenden zugehörigkeit zu einer sozialen gruppe jedoch nicht herzuleiten, dass der kläger deswegen bei seiner unterstellten rückkehr in die republik guinea mit beachtlicher wahrscheinlichkeit unter verfolgung leiden wird. eine verfolgung droht mit beachtlicher wahrscheinlichkeit, wenn in anbetracht aller umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen menschen in der lage des asylsuchenden furcht vor verfolgung hervorgerufen werden kann. eine in diesem sinne wohlbegründete furcht vor einem ereignis kann auch dann vorliegen, wenn aufgrund einer "quantitativen" oder statistischen betrachtungsweise weniger als 50 % wahrscheinlichkeit für dessen eintritt besteht. beachtliche wahrscheinlichkeit einer verfolgung ist deshalb dann anzunehmen, wenn bei der im rahmen der prognose vorzunehmenden "zusammenfassenden bewertung des zur prüfung gestellten lebenssachverhalts" die für eine verfolgung sprechenden umstände ein größeres gewicht besitzen und deswegen gegenüber den dagegen sprechenden tatsachen überwiegen. 40bundesverwaltungsgericht, urteil vom 15. märz 1988 - 9 c 278.86 -, bverwge 79, 143, (150 f) m.w.n. 41davon ist allein aufgrund der strafandrohung im guineischen strafgesetzbuch nicht auszugehen. als verfolgung im sinne des § 3 abs. 1 asylvfg gelten gemäß § 3a abs. 1 asylvfg solche handlungen, die auf grund ihrer art oder wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende verletzung der grundlegenden menschenrechte darstellen, insbesondere der rechte, von denen nach art. 15 abs. 2 der konvention vom 4. november 1950 zum schutze der menschenrechte und grundfreiheiten (bgbl. 1952 ii s. 685, 953) keine abweichung zulässig ist (nr. 1), oder die in einer kumulierung unterschiedlicher maßnahmen, einschließlich einer verletzung der menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine person davon in ähnlicher wie der in nummer 1 beschriebenen weise betroffen ist (nr. 2). hierzu gehört gemäß § 3a abs. 2 nr. 3 asylvfg auch die diskriminierende strafverfolgung oder bestrafung. eine solche wäre bei einer strafverfolgung wegen homosexualität anzunehmen. 42urteil der kammer vom 23. märz 2012 - 13 k 1217/11.a -, juris rn. 57 f. 43von der demnach für die annahme einer verfolgungshandlung erforderlichen bestimmten schwere einer grundrechtsverletzung ist nach der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs (eugh) nicht schon bei jeder verletzung der grundrechte eines homosexuellen asylbewerbers auszugehen. 44eugh, urteil vom 7. november 2013 - c-199/12 -, juris rn. 53. 45namentlich genügt danach nicht das bloße bestehen von rechtsvorschriften, nach denen homosexuelle handlungen unter strafe gestellt sind. vielmehr ist es insoweit erforderlich, dass diese strafe auch tatsächlich in der praxis verhängt wird. 46eugh, urteil vom 7. november 2013 - c-199/12 -, juris rn. 56 ff. 47insoweit sind für die annahme einer verfolgungshandlung strengere anforderungen zu erfüllen, als die kammer dies in ihrer früheren rechtsprechung angenommen hat. danach genügte es für die annahme einer verfolgungshandlung, dass homosexuelle handlungen im verfolgerstaat unter strafe standen und es darüber hinaus nicht feststellbar war, dass diese strafandrohung in der praxis nicht umgesetzt wurde. 48urteil der kammer vom 23. märz 2012 - 13 k 1217/11.a -, juris rn. 47 f., 52. 49demgegenüber ist nach der zitierten entscheidung des eugh die positive feststellung erforderlich, dass die freiheitsstrafe auch tatsächlich in der praxis verhängt wird. dem hat sich das gericht mit 50urteil vom 13. dezember 2013 – 13 k 3683/13. –, juris, rn. 31 ff. 51aus gründen der rechtseinheit angeschlossen. 52solche positiven feststellungen können indes nicht getroffen werden. den im verfahren 13 k 1217/11.a eingeholten, noch hinreichend aktuellen auskünften des auswärtigen amtes vom 20. januar 2012 und von amnesty international vom 3. februar 2012 ist dabei zu entnehmen, dass positive erkenntnisse über die praktische verhängung der freiheitsstrafe nicht bestehen, wobei das auswärtige amt dies auch darauf zurückgeführt hat, dass homosexuelle handlungen vor dem hintergrund ihrer starken gesellschaftlichen ächtung in den seltensten fällen in der breiten öffentlichkeit vollzogen würden. über die beiden auskünfte hinaus bestehen zudem aktuelle erkenntnisse aus dem 53rapport de mission en république de guinée (29 octobre - 19 novembre 2011) von märz 2012 - mission organisée conjointement par le cgra (belgique), l"ofpra (france) et l"odm (suisse), s. 20. 54danach ist die entsprechende strafvorschrift nach einhelliger auffassung der von den autoren des berichts befragten rechtsanwälte - mitglieder von anwälte ohne grenzen und ein guineischer rechtsanwalt im november 2011 - noch nie angewandt und keine verfolgung durchgeführt worden. 55die allgemeine gesellschaftliche ächtung der homosexualität in der republik guinea erreicht ebenfalls nicht die von § 3a asylvfg beschriebene schwere, sodass im übrigen der frage nicht nachzugehen ist, ob die voraussetzungen der durch § 3c nr. 3 asylvfg geregelten nichtstaatlichen verfolgung insoweit vorliegen. 56vor diesem hintergrund kann es auch offen bleiben, ob die flüchtlingseigenschaft nicht auch deswegen zu versagen ist, weil der kläger eine inländische fluchtalternative im sinne des § 3e asylvfg in anspruch nehmen könnte, wofür aus sicht des gerichts viel spricht. 57der kläger genießt auch keinen subsidiären schutz nach § 4 abs. 1 asylvfg. ein ausländer ist nach satz 1 dieser vorschrift subsidiär schutzberechtigter, wenn er stichhaltige gründe für die annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem herkunftsland ein ernsthafter schaden droht. als ernsthafter schaden gilt nach satz 2 dieser vorschrift die verhängung oder vollstreckung der todesstrafe (nr. 1), folter oder unmenschliche oder erniedrigende behandlung oder bestrafung (nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle bedrohung des lebens oder der unversehrtheit einer zivilperson infolge willkürlicher gewalt im rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten konflikts (nr. 3). ein solcher ernsthafter schaden ist mit blick auf den kläger aber weder ersichtlich noch von ihm behauptet worden. 58schließlich liegen aufgrund vergleichbarer erwägungen die voraussetzungen des § 60 abs. 5 und 7 aufenthg nicht vor. entsprechendes ist auch nicht durch den kläger geltend gemacht worden. 59die in dem angefochtenen bescheid des bundesamtes zugleich verfügte abschiebungsandrohung und die festgesetzte ausreisefrist stützen sich auf §§ 34 absatz 1, 38 absatz 1 asylvfg und § 59 aufenthg. 60die kostenentscheidung beruht auf § 154 absatz 1 vwgo. die nichterhebung von gerichtskosten ergibt sich aus § 83b asylvfg. der gegenstandswert ergibt sich aus § 30 satz 1 rechtsanwaltsvergütungsgesetz.
Verklagte*r
0
184,922
2 K 2205/12
2014-01-24T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. 1Tatbestand:2Die Klägerin ist Gewerbetreibende. Auf Grundlage der Messbescheide des Finanzamts E. -V. setzte die Beklagte die von der Klägerin für 2007 zu entrichtende Gewerbesteuer mit Bescheiden vom 26. Juni 2009, vom 27. November 2009 und vom 26. Februar 2010 auf 20.902,00 Euro fest und erhob Nachforderungszinsen von 93,00 Euro.3Anfang 2012 erließ das Finanzamt E. -V. einen geänderten Gewerbesteuermessbescheid für 2007. Auf dessen Grundlage setzte die Beklagte mit Bescheid vom 30. März 2012 die Gewerbesteuer auf nunmehr 35.370,00 Euro und die Nachforderungszinsen auf 2.694,00 Euro fest. Die Zinsen berechnete die Beklagte unter Zugrundelegung eines Zinslaufs ab 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Gewerbesteuer entstanden ist.4Am 30. April 2012 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, die Festsetzung eines höheren Gewerbesteuermessbetrags beruhe auf der nachträglichen Aufgabe einer Investitionsabsicht. Hierbei handele es sich um ein rückwirkendes Ereignis, so dass Zinsen erst 15 Monate nach Ablauf des Jahres erhoben werden könnten, in dem die Investitionsabsicht aufgegeben worden sei.5Die Klägerin beantragt sinngemäß,6den Bescheid der Beklagten vom 30. März 2012 insoweit aufzuheben, als Nachforderungszinsen von mehr als 93,00 Euro festgesetzt werden.7Die Beklagte beantragt,8die Klage abzuweisen.9Sie macht geltend, die Entscheidung, ob ein rückwirkendes Ereignis vorliege, könne nur in einem vom Finanzamt zu erlassenden Grundlagenbescheid getroffen werden.10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.11Entscheidungsgründe:12Die Klage ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 30. März 2012 ist, soweit er Nachforderungszinsen von mehr als 93,00 Euro festsetzt, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Die Festsetzung von Nachforderungszinsen ist dem Grunde und der Höhe nach zu Recht erfolgt. Nach § 233a Abs. 1 AO, der nach § 1 Abs. 2 Nr. 5 AO auch auf Realsteuern Anwendung findet, ist ein Unterschiedsbetrag i. S. d. § 233a Abs. 3 AO, der bei der Festsetzung der Gewerbesteuer entsteht, zu verzinsen. Der Zinslauf beginnt gemäß § 233a Abs. 2 Satz 1 AO 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist, und endet gemäß § 233a Abs. 2 Satz 3 AO mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird. Die Zinsen betragen für jeden Monat 0,5 Prozent (§ 238 Abs. 1 Satz 1 AO).13Hiernach ist die erfolgte Zinsfestsetzung nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat auf den bei der Neufestsetzung der Gewerbesteuer entstandenen Unterschiedsbetrag Zinsen für den Zeitraum vom Ablauf des 15. Monats nach Ende des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist, bis zur Wirksamkeit der Neufestsetzung für jeden vollen Kalendermonat 0,5 Prozent Zinsen erhoben.14Im vorliegenden Verfahren kann die Klägerin mit ihrem Einwand nicht durchdringen, die geänderte Steuerfestsetzung beruhe auf einem rückwirkenden Ereignis (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 AO), so dass Zinsen gemäß § 233a Abs. 2a AO erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs zu erheben seien, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist. Die Entscheidung, ob ein nachträgliches Ereignis im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, ist nicht im die Festsetzung der Nachzahlungszinsen betreffenden Verfahren von der Gemeinde (und dem Verwaltungsgericht) zu treffen. Ob und in welchem Umfang Steuernachforderungen auf einem rückwirkenden Ereignis beruhen, ist vielmehr – in Entsprechung zu den Besteuerungsgrundlagen – vom Finanzamt nach §§ 179 ff. i. V. m. § 239 Abs. 1 Satz 1 AO im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Feststellung zu beurteilen.15Vgl. (zu Gewinnfeststellungsbescheiden) BFH, Urteile vom 19. März 2009 ‑ IV R 20/08 ‑, BFHE 225,292, und vom 11. Juli 2013 ‑ IV R 9/12 ‑, DStR 2013, 1891; sowie (auch zur Gewerbesteuer) AEAO zu § 233a Nr. 74.16Der Zweck des Feststellungsverfahrens, die Gleichmäßigkeit der Abgabenerhebung sicherzustellen und etwaige Streitfragen in einem Verwaltungs- bzw. Gerichtsverfahren zu bündeln,17BFH, Urteil vom 19. März 2009 ‑ IV R 20/08 ‑, BFHE 225,292, m. w. N.,18gebietet es, die Entscheidung darüber, ob die Änderung eines Gewerbesteuermessbescheids auf einem rückwirkenden Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO und damit zugleich auf einem rückwirkenden Ereignis i. S. d. § 233a Abs. 2a AO beruht, gegenüber allen Feststellungsbeteiligten mit bindender Wirkung einheitlich zu treffen. In Fällen, in denen der Gewerbesteuermessbetrag zu zerlegen ist, weil ein Unternehmen in mehreren Gemeinden tätig ist, kann die Frage, ob ein rückwirkendes Ereignis gegeben ist, für eine Vielzahl von Bescheiden unterschiedlicher Gemeinden von Bedeutung sein. Wenn das Finanzamt, dem die Umstände bekannt sind, die zur nachträglichen Änderung des Gewerbesteuermessbetrags geführt haben, über das Vorliegen eines rückwirkenden Ereignisses mit Bindungswirkung entscheidet, macht dies nicht nur – unter Umständen sehr aufwendige – Sachverhaltsermittlungen durch die beteiligten Gemeinden entbehrlich, sondern ermöglicht auch die Klärung eines etwaigen Streits in einem einzigen Verfahren vor den Finanzgerichten.19Hier hat das Finanzamt noch keine Feststellung dazu getroffen, ob die Änderung des Gewerbesteuermessbescheids auf einem rückwirkenden Ereignis beruht. Nach § 179 Abs. 3 AO ist es jedoch möglich, notwendige Feststellungen, die in einem Feststellungsbescheid unterblieben sind, in einem Ergänzungsbescheid nachzuholen. Sollte das Finanzamt einen Ergänzungsbescheid erlassen, in dem festgestellt wird, dass ein rückwirkendes Ereignis i. S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 233a Abs. 2a AO vorliegt, wäre die Beklagte nach § 182 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 AO verpflichtet, die im vorliegenden Verfahren angefochtene Festsetzung von Nachzahlungszinsen zu korrigieren. Dies gilt auch dann, wenn der Bescheid, mit dem die Nachzahlungszinsen festgesetzt wurden, zwischenzeitlich bestandskräftig geworden ist.20Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
die klage wird abgewiesen.die klägerin trägt die kosten des verfahrens.das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aus dem urteil vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. 1
2die klägerin ist gewerbetreibende. auf grundlage der messbescheide des finanzamts e. -v. setzte die beklagte die von der klägerin für 2007 zu entrichtende gewerbesteuer mit bescheiden vom 26. juni 2009, vom 27. november 2009 und vom 26. februar 2010 auf 20.902,00 euro fest und erhob nachforderungszinsen von 93,00 euro.3anfang 2012 erließ das finanzamt e. -v. einen geänderten gewerbesteuermessbescheid für 2007. auf dessen grundlage setzte die beklagte mit bescheid vom 30. märz 2012 die gewerbesteuer auf nunmehr 35.370,00 euro und die nachforderungszinsen auf 2.694,00 euro fest. die zinsen berechnete die beklagte unter zugrundelegung eines zinslaufs ab 15 monate nach ablauf des kalenderjahrs, in dem die gewerbesteuer entstanden ist.4am 30. april 2012 hat die klägerin klage erhoben. zur begründung trägt sie vor, die festsetzung eines höheren gewerbesteuermessbetrags beruhe auf der nachträglichen aufgabe einer investitionsabsicht. hierbei handele es sich um ein rückwirkendes ereignis, so dass zinsen erst 15 monate nach ablauf des jahres erhoben werden könnten, in dem die investitionsabsicht aufgegeben worden sei.5die klägerin beantragt sinngemäß,6den bescheid der beklagten vom 30. märz 2012 insoweit aufzuheben, als nachforderungszinsen von mehr als 93,00 euro festgesetzt werden.7die beklagte beantragt,8die klage abzuweisen.9sie macht geltend, die entscheidung, ob ein rückwirkendes ereignis vorliege, könne nur in einem vom finanzamt zu erlassenden grundlagenbescheid getroffen werden.10wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf die gerichtsakte und die beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen.11
12die klage ist nicht begründet. der bescheid der beklagten vom 30. märz 2012 ist, soweit er nachforderungszinsen von mehr als 93,00 euro festsetzt, rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 verwaltungsgerichtsordnung – vwgo). die festsetzung von nachforderungszinsen ist dem grunde und der höhe nach zu recht erfolgt. nach § 233a abs. 1 ao, der nach § 1 abs. 2 nr. 5 ao auch auf realsteuern anwendung findet, ist ein unterschiedsbetrag i. s. d. § 233a abs. 3 ao, der bei der festsetzung der gewerbesteuer entsteht, zu verzinsen. der zinslauf beginnt gemäß § 233a abs. 2 satz 1 ao 15 monate nach ablauf des kalenderjahrs, in dem die steuer entstanden ist, und endet gemäß § 233a abs. 2 satz 3 ao mit ablauf des tages, an dem die steuerfestsetzung wirksam wird. die zinsen betragen für jeden monat 0,5 prozent (§ 238 abs. 1 satz 1 ao).13hiernach ist die erfolgte zinsfestsetzung nicht zu beanstanden. die beklagte hat auf den bei der neufestsetzung der gewerbesteuer entstandenen unterschiedsbetrag zinsen für den zeitraum vom ablauf des 15. monats nach ende des kalenderjahrs, in dem die steuer entstanden ist, bis zur wirksamkeit der neufestsetzung für jeden vollen kalendermonat 0,5 prozent zinsen erhoben.14im vorliegenden verfahren kann die klägerin mit ihrem einwand nicht durchdringen, die geänderte steuerfestsetzung beruhe auf einem rückwirkenden ereignis (§ 175 abs. 1 satz 1 nr. 2 und abs. 2 ao), so dass zinsen gemäß § 233a abs. 2a ao erst 15 monate nach ablauf des kalenderjahrs zu erheben seien, in dem das rückwirkende ereignis eingetreten ist. die entscheidung, ob ein nachträgliches ereignis im sinne dieser vorschrift vorliegt, ist nicht im die festsetzung der nachzahlungszinsen betreffenden verfahren von der gemeinde (und dem verwaltungsgericht) zu treffen. ob und in welchem umfang steuernachforderungen auf einem rückwirkenden ereignis beruhen, ist vielmehr – in entsprechung zu den besteuerungsgrundlagen – vom finanzamt nach §§ 179 ff. i. v. m. § 239 abs. 1 satz 1 ao im verfahren der einheitlichen und gesonderten feststellung zu beurteilen.15vgl. (zu gewinnfeststellungsbescheiden) bfh, urteile vom 19. märz 2009 ‑ iv r 20/08 ‑, bfhe 225,292, und vom 11. juli 2013 ‑ iv r 9/12 ‑, dstr 2013, 1891; sowie (auch zur gewerbesteuer) aeao zu § 233a nr. 74.16der zweck des feststellungsverfahrens, die gleichmäßigkeit der abgabenerhebung sicherzustellen und etwaige streitfragen in einem verwaltungs- bzw. gerichtsverfahren zu bündeln,17bfh, urteil vom 19. märz 2009 ‑ iv r 20/08 ‑, bfhe 225,292, m. w. n.,18gebietet es, die entscheidung darüber, ob die änderung eines gewerbesteuermessbescheids auf einem rückwirkenden ereignis i. s. d. § 175 abs. 1 satz 1 nr. 2 ao und damit zugleich auf einem rückwirkenden ereignis i. s. d. § 233a abs. 2a ao beruht, gegenüber allen feststellungsbeteiligten mit bindender wirkung einheitlich zu treffen. in fällen, in denen der gewerbesteuermessbetrag zu zerlegen ist, weil ein unternehmen in mehreren gemeinden tätig ist, kann die frage, ob ein rückwirkendes ereignis gegeben ist, für eine vielzahl von bescheiden unterschiedlicher gemeinden von bedeutung sein. wenn das finanzamt, dem die umstände bekannt sind, die zur nachträglichen änderung des gewerbesteuermessbetrags geführt haben, über das vorliegen eines rückwirkenden ereignisses mit bindungswirkung entscheidet, macht dies nicht nur – unter umständen sehr aufwendige – sachverhaltsermittlungen durch die beteiligten gemeinden entbehrlich, sondern ermöglicht auch die klärung eines etwaigen streits in einem einzigen verfahren vor den finanzgerichten.19hier hat das finanzamt noch keine feststellung dazu getroffen, ob die änderung des gewerbesteuermessbescheids auf einem rückwirkenden ereignis beruht. nach § 179 abs. 3 ao ist es jedoch möglich, notwendige feststellungen, die in einem feststellungsbescheid unterblieben sind, in einem ergänzungsbescheid nachzuholen. sollte das finanzamt einen ergänzungsbescheid erlassen, in dem festgestellt wird, dass ein rückwirkendes ereignis i. s. von § 175 abs. 1 satz 1 nr. 2 und § 233a abs. 2a ao vorliegt, wäre die beklagte nach § 182 abs. 1 satz 2 halbs. 2 ao verpflichtet, die im vorliegenden verfahren angefochtene festsetzung von nachzahlungszinsen zu korrigieren. dies gilt auch dann, wenn der bescheid, mit dem die nachzahlungszinsen festgesetzt wurden, zwischenzeitlich bestandskräftig geworden ist.20die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 11, 711 zivilprozessordnung.
Verklagte*r
0
188,927
7 K 4447/13
2013-10-16T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages Sicherheit leistet. 1Tatbestand:2Der Kläger begehrt die Verlängerung seiner Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung.3Der 1962 geborene Kläger ist seit 1980 Inhaber der Fahrerlaubnis für die Klassen A, A1, B, BE, M, L, S, C1 und C1E und war bis zum 25. September 2012 Inhaber der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung. Vor ca. fünf Jahren wurde bei ihm Diabetes Typ I diagnostiziert. Er ist aktuell auf eine Insulinpumpentherapie eingestellt.4Am 13. Juni 2013 beantragte der Kläger die Verlängerung seiner Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung.5Diesen Antrag lehnte der Beklagte nach Anhörung mit Bescheid vom 13. August 2013, zugestellt am 16. August 2013, ab. Zur Begründung verwies sie auf das Gutachten des Dr. med. E. , Facharzt für Innere Medizin, vom 8. Mai 2012, das anlässlich des Antrags des Klägers auf Erteilung der Fahrerlaubnis der Klassen D und DE erstellt wurde. Dieses Gutachten stellt fest, dass der HbA1c-Wert des Klägers zum Zeitpunkt der Begutachtung bei 11,2 % gelegen habe und der Diabetes des Klägers daher unbefriedigend eingestellt sei. Es seien keine gravierenden Hinweise auf diabetische Folgeschäden erfassbar; Unterzuckerungen bzw. gravierende Hypoglykämien seien im Beobachtungszeitraum ebenfalls nicht erfasst. Der Kläger zeige zufriedenstellende Grundkenntnisse über sein Krankheitsbild und ein krankheitsbedingtes Zusatzrisiko sei aus verkehrsmedizinischer Sicht nicht erkennbar. Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis, dass einer weiteren Gewährung der Fahrerlaubnis für die Gruppe 1 einschließlich der Unterklassen C1 und C1E zugestimmt werden könne. Außergewöhnliche Umstände, die eine Gewährung der ergänzend beantragten Fahrerlaubnis für die Klassen D1, D1E, D und DE begründen könnten, lägen jedoch nicht vor und auch die Voraussetzungen für eine Fahrgastbeförderung seien nicht gegeben.6Der Kläger hat am 18. September 2013 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, bei ihm lägen trotz seiner Diabetes-Erkrankung die gesundheitlichen Voraussetzung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung vor. In der mündlichen Verhandlung hat er eine Bescheinigung seines Hausarztes erwähnt, nach der sein HbA1c-Wert in letzter Zeit konstant zwischen 9 und 10 % gelegen habe.7Er beantragt,8den Beklagten unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 13. August 2013 zu verpflichten, dem Kläger die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung zu verlängern.9Die Beklagte beantragt,10die Klage abzuweisen.11Zur Begründung bezieht sie sich auf das Verfahren 7 K 3863/12.12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren sowie im Verfahren 7 K 3863/12 einschließlich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten.13Entscheidungsgründe:14Die zulässige Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑) ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung der begehrten Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung, weil er derzeit aus gesundheitlichen Gründen ungeeignet ist. Der Ablehnungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).15Der Kläger ist derzeit körperlich nicht zur Fahrgastbeförderung geeignet. Die Neuerteilung und Verlängerung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung setzt jeweils voraus, dass der Antragsteller seine geistige und körperliche Eignung gemäß § 11 Abs. 9 in Verbindung mit Anlage 5 der Fahrerlaubnisverordnung ‑ FeV ‑ nachweist, vgl. § 48 Abs. 4 Nr. 3 und Abs. 5 Nr. 1 FeV. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 FeV ist insbesondere derjenige ungeeignet, bei dem Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen. Nach Ziffer 5.4 der Anlage 4 zur FeV ist bei einer Diabetes-Erkrankung mit medikamentöser Therapie mit hohem Hypoglykämierisiko (z.B. Insulin) die Eignung für die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung ausnahmsweise bei guter Stoffwechselführung ohne Unterzuckerung über etwa drei Monate gegeben. Ein Indiz für die Stoffwechselführung ist der sog. HbA1c-Wert, der im Idealfall unter 6,5 % liegt. Bei Werten über 7,5 % ist von einer schlechten Stoffwechseleinstellung auszugehen.16Vgl. Schubert/Schneider/Eisenmenger, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung, 2. Auflage 2005, S. 108.17Weitere Konkretisierungen ergeben sich aus den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Stand: 2. November 2009, Mensch und Sicherheit, Heft M 115). Die Begutachtungsleitlinien werden unter Heranziehung von Experten aus verschiedenen Fachrichtungen erstellt und sind daher als antizipiertes Sachverständigengutachten, dem ein entsprechendes verkehrsmedizinisches Erfahrungswissen zu Grunde liegt, zur Würdigung des Sachverhalts und zur Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen heranzuziehen.18Vgl. Schubert/Schneider/Eisenmenger, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung, 2. Auflage 2005, S. 35;VG Ansbach, Beschluss vom 27. April 2012 - AN 10 S 12.00548 -, juris, Rdnr. 24.19Die Begutachtungsleitlinien führen unter Ziffer 3.5 aus, dass Diabetiker, die mit Insulin behandelt werden, in der Regel nicht in der Lage sind, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 ‑ zu der die vom Kläger angestrebte Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gehört ‑ gerecht zu werden. Ausnahmen setzen nach den Leitlinien außergewöhnliche Umstände voraus, die in einem ausführlichen Gutachten im Einzelnen zu beschreiben sind, neben regelmäßigen ärztlichen Kontrollen sind Nachbegutachtungen im Abstand von höchstens 2 Jahren erforderlich.20Solche außergewöhnlichen Umstände liegen im Fall des Klägers nicht vor, da es in seinem Fall bereits an der Grundvoraussetzung der Kraftfahreignung bei mit Insulin behandelten Diabetikern ‑ der befriedigenden Einstellung des Stoffwechsels ‑ fehlt. Dies ergibt sich aus dem fachärztlichen Gutachten vom 8. Mai 2012. Danach lassen die bei der Begutachtung erhobenen Werte (HbA1c bei 11,2 %) sowie die vom Kläger dokumentierten Blutzuckereigenkontrollen eine unbefriedigende Einstellung erkennen. Das Gutachten ist nachvollziehbar und in sich geschlossen. Es berücksichtigt zugunsten des Klägers, dass bei ihm bislang keine Folgeschäden und keine Hinweise auf Hypoglykämien vorliegen, dass er zufriedenstellende Grundkenntnisse zu seiner Krankheit besitzt und aus verkehrsmedizinischer Sicht kein krankheitsbedingtes Zusatzrisiko besteht. Das Gutachten kommt daher vor dem Hintergrund der dargestellten rechtlichen Anforderungen an die Kraftfahreignung von an Diabetes erkrankten Personen zu dem plausiblen Ergebnis, dass beim Kläger keine außergewöhnlichen Umstände im Sinne der Beurteilungsleitlinien vorliegen.21Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem im Verfahren 7 K 3863/12 vom Kläger vorgelegten arbeits- und sozialmedizinischen Gutachten des Dr. med. Q. vom 5. August 2011. Zum einen hatte dieses Gutachten die Bewertung der Erwerbsfähigkeit des Klägers zum Ziel und kann daher grundsätzlich das speziellere und später erstellte verkehrsmedizinische Gutachten vom 8. Mai 2012 nicht widerlegen. Zum anderen enthält das arbeits- und sozialmedizinische Gutachten keine Aussagen, die dem fachärztlichen Gutachten vom 8. Mai 2012 widersprechen. Auch im arbeits- und sozialmedizinischen Gutachten sind HbA1C-Werte dokumentiert, die über einen längeren Zeitraum über der genannten Grenze von 7,5 % liegen: Zum Zeitpunkt der Begutachtung lag der Wert bei 8,9 % (Bl. 43 der Gerichtsakte), im Jahr 2011 bei 9,7 bzw. 8,8 % und im Jahr 2010 bei 10,0 % bzw. 10,4 % (vgl. Bl. 41, 42 der Beiakte Heft 1 im Verfahren 7 K 3863/12). Soweit das das arbeits- und sozialmedizinische Gutachten erwähnt, dass der Kläger ein „Kraftfahrzeug steuern kann und dies auch tut“, wird dies nicht medizinisch begründet, sondern nur im Zusammenhang mit der Möglichkeit, eine Arbeitsstätte zu erreichen, genannt (Bl. 49 der Gerichtsakte). Diese kurze Passage kann das detaillierte spätere Gutachten vom 8. Mai 2012 nicht entkräften.22Das Gutachten des TÜV Nord vom 27. August 2011, das der Kläger im Rahmen seines Antrags auf Erteilung der Fahrerlaubnis für die Klassen D1, D1E, D und DE, der Gegenstand des Verfahrens 7 K 3863/12 war, beim Beklagten eingereicht hat, widerlegt das Gutachten vom 8. Mai 2012 ebenfalls nicht. Sein Untersuchungsgegenstand erfasst Erkrankungen oder andere gesundheitliche Mängel nicht, sondern beschränkt sich auf Orientierungsleistung, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistung sowie Belastbarkeit und Reaktionsfähigkeit. Aufgrund dieses eingeschränkten Gegenstands kann dem Gutachten des TÜV Nord keine Aussage zur Kraftfahreignung des Klägers in gesundheitlicher Hinsicht entnommen werden.23Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich, die Anlass geben könnten, dem Ergebnis des Gutachtens vom 8. Mai 2012 nicht zu folgen. Insbesondere hat der Kläger ‑ trotz eines entsprechenden gerichtlichen Hinweises ‑ nicht dokumentiert, dass sich die Einstellung seines Stoffwechsels erheblich verbessert hätte. Die in der mündlichen Verhandlung von ihm angesprochene Bescheinigung seines Hausarztes, nach welcher der HbA1c-Wert in letzter Zeit konstant zwischen 9 und 10 % gelegen habe, genügt dafür nicht. Auch diese Werte liegen deutlich über der genannten Grenze von 7,5 %.24Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Regelung zur sofortigen Vollstreckbarkeit auf § 157 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
die klage wird abgewiesen.der kläger trägt die kosten des rechtsstreits.das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklagte zuvor in höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden betrages sicherheit leistet. 1
2der kläger begehrt die verlängerung seiner fahrerlaubnis zur fahrgastbeförderung.3der 1962 geborene kläger ist seit 1980 inhaber der fahrerlaubnis für die klassen a, a1, b, be, m, l, s, c1 und c1e und war bis zum 25. september 2012 inhaber der fahrerlaubnis zur fahrgastbeförderung. vor ca. fünf jahren wurde bei ihm diabetes typ i diagnostiziert. er ist aktuell auf eine insulinpumpentherapie eingestellt.4am 13. juni 2013 beantragte der kläger die verlängerung seiner fahrerlaubnis zur fahrgastbeförderung.5diesen antrag lehnte der beklagte nach anhörung mit bescheid vom 13. august 2013, zugestellt am 16. august 2013, ab. zur begründung verwies sie auf das gutachten des dr. med. e. , facharzt für innere medizin, vom 8. mai 2012, das anlässlich des antrags des klägers auf erteilung der fahrerlaubnis der klassen d und de erstellt wurde. dieses gutachten stellt fest, dass der hba1c-wert des klägers zum zeitpunkt der begutachtung bei 11,2 % gelegen habe und der diabetes des klägers daher unbefriedigend eingestellt sei. es seien keine gravierenden hinweise auf diabetische folgeschäden erfassbar; unterzuckerungen bzw. gravierende hypoglykämien seien im beobachtungszeitraum ebenfalls nicht erfasst. der kläger zeige zufriedenstellende grundkenntnisse über sein krankheitsbild und ein krankheitsbedingtes zusatzrisiko sei aus verkehrsmedizinischer sicht nicht erkennbar. der gutachter kommt zu dem ergebnis, dass einer weiteren gewährung der fahrerlaubnis für die gruppe 1 einschließlich der unterklassen c1 und c1e zugestimmt werden könne. außergewöhnliche umstände, die eine gewährung der ergänzend beantragten fahrerlaubnis für die klassen d1, d1e, d und de begründen könnten, lägen jedoch nicht vor und auch die voraussetzungen für eine fahrgastbeförderung seien nicht gegeben.6der kläger hat am 18. september 2013 klage erhoben. zur begründung trägt er vor, bei ihm lägen trotz seiner diabetes-erkrankung die gesundheitlichen voraussetzung der fahrerlaubnis zur fahrgastbeförderung vor. in der mündlichen verhandlung hat er eine bescheinigung seines hausarztes erwähnt, nach der sein hba1c-wert in letzter zeit konstant zwischen 9 und 10 % gelegen habe.7er beantragt,8den beklagten unter aufhebung des ablehnenden bescheides vom 13. august 2013 zu verpflichten, dem kläger die fahrerlaubnis zur fahrgastbeförderung zu verlängern.9die beklagte beantragt,10die klage abzuweisen.11zur begründung bezieht sie sich auf das verfahren 7 k 3863/12.12wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird bezug genommen auf die gerichtsakten in diesem verfahren sowie im verfahren 7 k 3863/12 einschließlich der beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten.13
14die zulässige verpflichtungsklage (§ 42 abs. 1 verwaltungsgerichtsordnung ‑ vwgo ‑) ist unbegründet. der kläger hat keinen anspruch auf die erteilung der begehrten fahrerlaubnis zur fahrgastbeförderung, weil er derzeit aus gesundheitlichen gründen ungeeignet ist. der ablehnungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen rechten (vgl. § 113 abs. 5 vwgo).15der kläger ist derzeit körperlich nicht zur fahrgastbeförderung geeignet. die neuerteilung und verlängerung der fahrerlaubnis zur fahrgastbeförderung setzt jeweils voraus, dass der antragsteller seine geistige und körperliche eignung gemäß § 11 abs. 9 in verbindung mit anlage 5 der fahrerlaubnisverordnung ‑ fev ‑ nachweist, vgl. § 48 abs. 4 nr. 3 und abs. 5 nr. 1 fev. nach § 11 abs. 1 satz 1 und 2 fev ist insbesondere derjenige ungeeignet, bei dem erkrankungen oder mängel nach den anlagen 4, 5 oder 6 zur fev vorliegen. nach ziffer 5.4 der anlage 4 zur fev ist bei einer diabetes-erkrankung mit medikamentöser therapie mit hohem hypoglykämierisiko (z.b. insulin) die eignung für die fahrerlaubnis zur fahrgastbeförderung ausnahmsweise bei guter stoffwechselführung ohne unterzuckerung über etwa drei monate gegeben. ein indiz für die stoffwechselführung ist der sog. hba1c-wert, der im idealfall unter 6,5 % liegt. bei werten über 7,5 % ist von einer schlechten stoffwechseleinstellung auszugehen.16vgl. schubert/schneider/eisenmenger, begutachtungs-leitlinien zur kraftfahreignung, 2. auflage 2005, s. 108.17weitere konkretisierungen ergeben sich aus den begutachtungsleitlinien zur kraftfahreignung (berichte der bundesanstalt für straßenwesen, stand: 2. november 2009, mensch und sicherheit, heft m 115). die begutachtungsleitlinien werden unter heranziehung von experten aus verschiedenen fachrichtungen erstellt und sind daher als antizipiertes sachverständigengutachten, dem ein entsprechendes verkehrsmedizinisches erfahrungswissen zu grunde liegt, zur würdigung des sachverhalts und zur beurteilung der eignung zum führen von kraftfahrzeugen heranzuziehen.18vgl. schubert/schneider/eisenmenger, begutachtungs-leitlinien zur kraftfahreignung, 2. auflage 2005, s. 35;vg ansbach, beschluss vom 27. april 2012 - an 10 s 12.00548 -, juris, rdnr. 24.19die begutachtungsleitlinien führen unter ziffer 3.5 aus, dass diabetiker, die mit insulin behandelt werden, in der regel nicht in der lage sind, den gestellten anforderungen zum führen von kraftfahrzeugen der gruppe 2 ‑ zu der die vom kläger angestrebte fahrerlaubnis zur fahrgastbeförderung gehört ‑ gerecht zu werden. ausnahmen setzen nach den leitlinien außergewöhnliche umstände voraus, die in einem ausführlichen gutachten im einzelnen zu beschreiben sind, neben regelmäßigen ärztlichen kontrollen sind nachbegutachtungen im abstand von höchstens 2 jahren erforderlich.20solche außergewöhnlichen umstände liegen im fall des klägers nicht vor, da es in seinem fall bereits an der grundvoraussetzung der kraftfahreignung bei mit insulin behandelten diabetikern ‑ der befriedigenden einstellung des stoffwechsels ‑ fehlt. dies ergibt sich aus dem fachärztlichen gutachten vom 8. mai 2012. danach lassen die bei der begutachtung erhobenen werte (hba1c bei 11,2 %) sowie die vom kläger dokumentierten blutzuckereigenkontrollen eine unbefriedigende einstellung erkennen. das gutachten ist nachvollziehbar und in sich geschlossen. es berücksichtigt zugunsten des klägers, dass bei ihm bislang keine folgeschäden und keine hinweise auf hypoglykämien vorliegen, dass er zufriedenstellende grundkenntnisse zu seiner krankheit besitzt und aus verkehrsmedizinischer sicht kein krankheitsbedingtes zusatzrisiko besteht. das gutachten kommt daher vor dem hintergrund der dargestellten rechtlichen anforderungen an die kraftfahreignung von an diabetes erkrankten personen zu dem plausiblen ergebnis, dass beim kläger keine außergewöhnlichen umstände im sinne der beurteilungsleitlinien vorliegen.21etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem im verfahren 7 k 3863/12 vom kläger vorgelegten arbeits- und sozialmedizinischen gutachten des dr. med. q. vom 5. august 2011. zum einen hatte dieses gutachten die bewertung der erwerbsfähigkeit des klägers zum ziel und kann daher grundsätzlich das speziellere und später erstellte verkehrsmedizinische gutachten vom 8. mai 2012 nicht widerlegen. zum anderen enthält das arbeits- und sozialmedizinische gutachten keine aussagen, die dem fachärztlichen gutachten vom 8. mai 2012 widersprechen. auch im arbeits- und sozialmedizinischen gutachten sind hba1c-werte dokumentiert, die über einen längeren zeitraum über der genannten grenze von 7,5 % liegen: zum zeitpunkt der begutachtung lag der wert bei 8,9 % (bl. 43 der gerichtsakte), im jahr 2011 bei 9,7 bzw. 8,8 % und im jahr 2010 bei 10,0 % bzw. 10,4 % (vgl. bl. 41, 42 der beiakte heft 1 im verfahren 7 k 3863/12). soweit das das arbeits- und sozialmedizinische gutachten erwähnt, dass der kläger ein „kraftfahrzeug steuern kann und dies auch tut“, wird dies nicht medizinisch begründet, sondern nur im zusammenhang mit der möglichkeit, eine arbeitsstätte zu erreichen, genannt (bl. 49 der gerichtsakte). diese kurze passage kann das detaillierte spätere gutachten vom 8. mai 2012 nicht entkräften.22das gutachten des tüv nord vom 27. august 2011, das der kläger im rahmen seines antrags auf erteilung der fahrerlaubnis für die klassen d1, d1e, d und de, der gegenstand des verfahrens 7 k 3863/12 war, beim beklagten eingereicht hat, widerlegt das gutachten vom 8. mai 2012 ebenfalls nicht. sein untersuchungsgegenstand erfasst erkrankungen oder andere gesundheitliche mängel nicht, sondern beschränkt sich auf orientierungsleistung, konzentrations- und aufmerksamkeitsleistung sowie belastbarkeit und reaktionsfähigkeit. aufgrund dieses eingeschränkten gegenstands kann dem gutachten des tüv nord keine aussage zur kraftfahreignung des klägers in gesundheitlicher hinsicht entnommen werden.23es sind auch sonst keine anhaltspunkte ersichtlich, die anlass geben könnten, dem ergebnis des gutachtens vom 8. mai 2012 nicht zu folgen. insbesondere hat der kläger ‑ trotz eines entsprechenden gerichtlichen hinweises ‑ nicht dokumentiert, dass sich die einstellung seines stoffwechsels erheblich verbessert hätte. die in der mündlichen verhandlung von ihm angesprochene bescheinigung seines hausarztes, nach welcher der hba1c-wert in letzter zeit konstant zwischen 9 und 10 % gelegen habe, genügt dafür nicht. auch diese werte liegen deutlich über der genannten grenze von 7,5 %.24die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo, die regelung zur sofortigen vollstreckbarkeit auf § 157 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung.
Verklagte*r
0
346,179
3 K 744/20 KV
2022-07-22T00:00:00
Urteil
Tenor Es wird festgestellt, dass die den Kläger betreffenden Pfändungs- und Einziehungsverfügungen vom 05.06.2019 (Az.: 1470/19), 16.12.2019 (Az.: 2941/19), 24.01.2020 (Az.: 267/20) und 28.01.2020 (Az.: 325/20) und die die Klägerin betreffende Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 24.01.2020 (Az.: 268/20) rechtswidrig waren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger und der Beklagte je zur Hälfte. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. 1Tatbestand: 2Streitig ist, ob die Rechtswidrigkeit von sechs Pfändungs- und Einziehungsverfügungen festzustellen ist. 3Am 05.06.2019 richtete der Beklagte zwei Pfändungs- und Einziehungsverfügungen an die A Bank, mit denen er wegen Rückständen i.H.v. 1.649,61 € sämtliche Konten und Ansprüche des Klägers (Az. 1470/19) bzw. der Klägerin (Az. 1473/19) aus der Geschäftsbeziehung zu dem Bankinstitut pfändete. Bezüglich der Klägerin teilte die A Bank mit, dass es keine Geschäftsbeziehung gebe. Bezüglich des Klägers erkannte die Bank die Pfändung an und zahlte den gepfändeten Betrag am 08.07.2019 an den Beklagten aus. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung 1470/19 wurde daraufhin am 09.07.2019 aufgehoben. 4Am 16.12.2019 (Az. 2941/19) wurden die Konten des Klägers bei der A Bank erneut gepfändet, und zwar wegen Steuerrückständen i.H.v. 4.031,59 € (im Wesentlichen bestehend aus Säumniszuschlägen zur Einkommensteuer 2001). Der Kläger erhob hiergegen am 07.01.2020 Sprungklage, die als Einspruch behandelte wurde. Am 27.01.2020 zahlte die Drittschuldnerin den offenen Betrag an den Beklagten, woraufhin der Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 13.05.2020 als unzulässig verworfen wurde. 5Mit Pfändungs- und Einziehungsverfügungen vom 24.01.2020 pfändete der Beklagte auch sämtliche Konten und Ansprüche aus der Geschäftsbeziehung des Klägers zu der B Bank (Az. 267/20) bzw. aus der Geschäftsbeziehung der Klägerin zu der C Bank (Az. 268/20), und zwar jeweils wegen Steuerrückständen i.H.v. 5.821,59 €. In diesem Betrag sind die Steuerschulden, die Gegenstand der gegenüber der A Bank ergangenen Pfändungs- und Einziehungsverfügung 2941/19 waren, enthalten. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen 267/20 und 268/20 erledigten sich dadurch, dass die A Bank – wie bereits dargestellt – am 27.01.2020 4.031,59 € an den Beklagten überwies und der Restbetrag von der Tochter der Kläger überwiesen wurde (1.756 € am 28.01.2020 und 64,11 € am 11.02.2020). Auch gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen 267/20 und 268/20 hatten die Kläger Sprungklagen erhoben, welche als Einspruch behandelt und mit Einspruchsentscheidungen vom 13.05.2020 als unzulässig verworfen wurden. 6Am 28.01.2020 (Az. 325/20) pfändete der Beklagte erneut die Konten des Klägers bei der A Bank, und zwar diesmal wegen Steuerrückständen i.H.v. 893,11 €. Es handelt sich hierbei um Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer / Solidaritätszuschlag 2001, welche bis zum 05.12.2019 zu entrichten waren. Die Zahlung war mit Schreiben vom 23.12.2019 angemahnt worden; eine Vollstreckungsankündigung erging nicht. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung erledigte sich dadurch, dass die Tochter der Kläger am 07.02.2020 893,11 € an den Beklagten überwies. Der eingelegte Einspruch wurde als unzulässig verworfen. 7Weder die o.g. sechs Pfändungs- und Einziehungsverfügungen noch die entsprechenden Mitteilungen an die Kläger enthalten Ermessenserwägungen. Solche ergeben sich auch nicht aus den übersandten Akten. 8Am 25.03.2020 haben die Kläger Klage erhoben, mit der sie die Rechtswidrigkeit der o.g. sechs Pfändungs- und Einziehungsverfügungen rügen. Im Wege einer Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO werde die Feststellung von deren Rechtswidrigkeit beantragt. Zudem seien sämtliche rechtswidrig eingezogenen Zinsen und Säumniszuschläge, die sich in der Summe auf 6.518,48 € belaufen würden, zu erstatten. 9Zu der zum Az. 1473/19 ergangenen Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 05.06.2019 sei anzumerken, dass diese nicht „ins Leere gegangen“ sei. Vielmehr habe “die Drittschuldnerin Bank A dem Beklagten aufgrund dieser Pfändung den durch diesen gepfändeten Betrag ausgezahlt“ (Zitat aus dem Schriftsatz der Kläger vom 05.07.2022). Ein Feststellungsinteresse sei schon deshalb zu bejahen, weil der Beklagte die Kosten einer rechtswidrigen Pfändungs- und Einziehungsverfügung zu tragen habe. 10Die Rechtswidrigkeit der einzelnen Pfändungs- und Einziehungsverfügungen ergebe sich u.a. daraus, dass es für die in der jeweiligen „Rückstandsaufstellung“ genannten Einzelbeträge an Säumniszuschlägen und Zinsen keine Bescheide als Rechtsgrundlage gebe. Außerdem habe der Beklagte die Konten, die mit den streitgegenständlichen Pfändungs- und Einziehungsverfügung gepfändet worden seien, durch einen rechtswidrigen Kontenabruf nach § 93 b AO ermittelt, und teilweise seien vor der Pfändung keine Mahnungen oder Vollstreckungsankündigungen versendet worden. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung der Kläger sowie zu der Berechnung des Betrags von 6.518,48 € wird auf die Ausführungen in der Klageschrift und im Schriftsatz vom 05.07.2022 Bezug genommen. 11Der zur mündlichen Verhandlung nicht erschienene Kläger beantragt, 12festzustellen, dass die ihn betreffenden Pfändungs- und Einziehungsverfügungen vom 05.06.2019, 16.12.2019, 24.01.2020 und 28.01.2020 rechtswidrig sind 13sowie den Beklagten zu verpflichten, den aufgrund der o.g. Pfändungs- und Einziehungsverfügungen bereits eingezogenen Betrag von 6.518,48 € an ihn zu erstatten. 14Die ebenfalls zur mündlichen Verhandlung nicht erschienene Klägerin beantragt, 15festzustellen, dass die sie betreffenden Pfändungs- und Einziehungsverfügungen vom 05.06.2019 und 24.01.2020 rechtswidrig sind. 16Der Beklagte beantragt, 17die Klage abzuweisen. 18Er ist der Auffassung, dass die Klage bereits unzulässig sei, da es an einem besonderen Feststellungsinteresse fehle. Zudem sei die Klage auch unbegründet. Die streitgegenständlichen Pfändungs- und Einziehungsverfügungen seien rechtmäßig ausgesprochen. 19Insbesondere sei es unschädlich, dass weder die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen noch die hierzu ergangenen internen Verfügungen Ermessenserwägungen enthalten würden. Solche seien nicht erforderlich gewesen, da die Kläger sowohl Kenntnis von den Steuerrückständen als auch von der Möglichkeit von Vollstreckungsmaßnahmen bei Nichtzahlung gehabt hätten. Zudem habe sich die ausdrückliche Darlegung von Ermessenserwägungen schon deshalb erübrigt, weil er – der Beklagte – „sich bewusst für das mildeste Instrument einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung entschieden habe“ (Zitat aus Schriftsatz vom 22.06.2022). Eine Kontenpfändung sei für den Vollstreckungsschuldner deutlich weniger belastend als z.B. die Pfändung von Arbeitseinkommen oder die Pfändung von Bauspar- und Lebensversicherungen. 20Auch habe keine Verpflichtung bestanden, vor der Vollstreckung Mahnungen und Vollstreckungsankündigungen zu versenden. Eine Mahnung sei keine unerlässliche Voraussetzung der Vollstreckung und berühre daher die Wirksamkeit einer Vollstreckungsmaßnahme nicht (BFH, Urteil vom 04.10.1983 – VII R 16/82 und vom 03.02.1970 – VII R 67/67). § 259 AO bestimme lediglich, dass der Vollstreckungsschuldner in der Regel vor Beginn der Vollstreckung mit einer Zahlungsfrist von einer Woche gemahnt werden solle (Ermessensvorschrift). Ebenso wenig gebe es eine gesetzliche Regelung, die die Versendung einer Vollstreckungsankündigung vor Einleitung der Vollstreckung verlange. Insbesondere finde § 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) keine Anwendung, da die getroffene Beitreibungsmaßnahme kein Zwangsmittel i.S.d. § 57 VwVG NRW sei. Zweck einer Vollstreckungsankündigung sei es, die Ernsthaftigkeit der Situation zu verdeutlichen. Sie könne von der Vollstreckungsstelle ausgebracht werden, wenn damit zu rechnen sei, dass der Schuldner daraufhin leisten werde. Da die Kläger bereits auf die Mahnungen vom 23.09.2019 und 15.11.2019 sowie die Vollstreckungsankündigung vom 28.10.2019 nicht vollständig gezahlt hätten, erscheine es ermessensgerecht, Beitreibungsmaßnahmen auch ohne weitere Mahnung und Vollstreckungsankündigung auszubringen. 21Dem stehe auch nicht der von den Klägern herangezogene Grundsatz der „Selbstbindung der Verwaltung“ entgegen, und zwar schon deshalb nicht, weil er – der Beklagte – keinesfalls stets Vollstreckungsankündigungen versende, sondern hiervon in geeigneten Fällen auch Ausnahmen mache. Auch wenn die Kläger früher Mahnungen und Vollstreckungsankündigungen erhalten hätten, könnten sie hieraus keinen Vertrauensschutz ableiten, da derjenige, der sich fortgesetzt weigere, fällige Beträge zu bezahlen, damit rechnen müsse, dass das Finanzamt zukünftig vom Versenden zusätzlicher Mahnungen und Vollstreckungsankündigungen absehen werde. 22Die Verpflichtung des Finanzamts, die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig zu erheben (§ 85 Satz 1 AO), erfordere eine konsequente Vollstreckung. Es seien daher zeitnah alle möglichen Vollstreckungsmaßnahmen zu ergreifen, die geeignet seien, den angestrebten Erfolg – d.h. die zumindest teilweise Tilgung der Rückstände - zu erreichen. Dabei es auch zulässig, mehrere Vollstreckungsmaßnahmen gleichzeitig zu ergreifen (Abschn. 23 Abs. 3 Satz 1 der Vollstreckungsanweisung -VollstrA-). 23Rechtsgrundlage für das im Januar 2020 durchgeführte Kontenabrufersuchen sei § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 AO. Ein vorheriges Auskunftsersuchen an die Kläger sei nicht erfolgversprechend gewesen und hätte die Vollstreckungsmaßnahmen möglicherweise sogar gefährdet. 24Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Begründung und der Ermessenserwägungen wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 13.05.2020 und 22.06.2022 Bezug genommen. 25Entscheidungsgründe: 26A. Das Gericht war durch das Nichterscheinen der Kläger zur mündlichen Verhandlung nicht an einer Entscheidung gehindert. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung im Urteil vom 22.07.2022 zum Parallelverfahren 3 K 2405/19 E Bezug genommen. 27B. Die auf Erstattung der eingezogenen bzw. freiwillig gezahlten Säumniszuschläge und Zinsen gerichtete Klage hat keinen Erfolg. 28Ist eine Steuer ohne rechtlichen Grund gezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrages (§ 37 Abs. 2 Satz 1 AO). Ohne rechtlichen Grund gezahlt ist eine Steuer, wenn der rechtliche Grund entweder von Anfang an fehlt oder später wegfällt (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO). 291) Unabhängig davon, ob die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs im Streitfall vorliegen, fehlt es jedenfalls an den formalen Voraussetzungen für dessen Geltendmachung. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann eine auf Zahlung gerichtete Leistungsklage nur dann Erfolg haben, wenn der Auszahlungsanspruch zuvor aufgrund eines abgeschlossenen Vorverfahrens durch Verwaltungsakt – nämlich durch einen Bescheid i.S. des § 218 Abs. 1 AO - festgesetzt worden ist und nur dessen Verwirklichung (Erfüllung) noch aussteht (z.B. Urteil vom 12.06.1986 - VII R 103/83, BStBl II 1986, 702, Beschluss vom 21.02.1992 – V B 75/91, BFH/NV 1992, 678 m.w.N., Urteil vom 30.11.1999 – VII R 97/98, BFH/NV 2000, 412, Beschluss vom 10.05.2007 – VII B 195/06, juris). Im Streitfall existiert jedoch kein Bescheid, in dem festgestellt wird, dass der Kläger – wie von ihm geltend gemacht wird - gegen den Beklagten einen Anspruch auf (Rück)Zahlung von Säumniszuschlägen und Zinsen i.H.v. 6.518,48 € hat. 302) Der Leistungsantrag hat auch unter dem Gesichtspunkt der Folgenbeseitigung (Rückgängigmachung der durch die Vollstreckungsmaßnahme bewirkten Vermögensverschiebung) keinen Erfolg. Insoweit ist zu beachten, dass für die Beantwortung der Frage, ob eine Zahlung ohne rechtlichen Grund i.S.d. § 37 Abs. 2 AO erfolgt ist, nicht auf die Pfändungs- und Einziehungsverfügung abzustellen ist, sondern die der Pfändung zugrundeliegenden Steuerbescheide (bzw. - bei den kraft Gesetzes entstehenden Säumniszuschlägen - die Vorschrift des § 240 AO) den Grund für das Behaltendürfen der eingezogenen Gelder darstellen. Deshalb ist der Erstattungsanspruch auch dann durch Abrechnungsbescheid i.S.d. § 218 Abs. 2 AO festzustellen, wenn Gelder durch eine rechtswidrige Vollstreckungsmaßnahme erlangt worden sind. Eine Ausnahme hiervon gilt nur dann, wenn die Vollstreckungsmaßnahme gegen ein Pfändungs- und Vollstreckungsverbot verstoßen hat. In diesem Fall muss das Finanzamt das Erlangte an den Vollstreckungsschuldner herausgeben, da das Vollstreckungsverbot anderen falls keinerlei Schutzwirkung für den dadurch unmittelbar oder mittelbar begünstigten Vollstreckungsschuldner entfalten könnte (BFH, Beschluss vom 11.04.2001 – VII B 304/00, BStBl II 2001, 525). 31Nach diesen Grundsätzen kann der Kläger die Rückzahlung der vom Beklagten vereinnahmten Summe von 6.518,48 € nicht als Folgenbeseitigung beanspruchen. Denn weder rügt er einen Verstoß gegen ein Pfändungs- und Vollstreckungsverbot noch ist ein solcher Verstoß anderweitig ersichtlich. Die „einfache“ Rechtswidrigkeit einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung reicht - wie dargestellt - nicht aus, um eine von der (Steuer)Bescheidlage losgelöste Rückzahlungspflicht der Vollstreckungsbehörde zu begründen. 32C. I. Soweit die Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügungen begehrt wird, ist die Klage - außer betreffend die zum Az. 1473/19 ergangene Pfändungs- und Einziehungsverfügung (hierzu unter 2) - zulässig. 331) Dadurch, dass die Steuerforderungen, aufgrund derer die Vollstreckung betrieben wurde, durch freiwillige Zahlungen bzw. Drittschuldnerzahlungen erloschen sind, haben sich die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen erledigt. Erledigte Verwaltungsakte können (zulässig) weder mit dem Einspruch noch mit einer Anfechtungsklage angefochten werden. Tritt die Erledigung bereits während des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens oder – bei noch laufender Einspruchsfrist – sogar schon vor der Einspruchseinlegung ein, kann mit einer Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO die Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts begehrt werden (z.B. BFH, Beschluss vom 11.04.2001 – VII B 304/00, BStBl II 2001, 525). Lediglich dann, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Erledigung bereits bestandskräftig gewesen war oder ein Einspruch aus anderen Gründen nicht (mehr) zulässig gewesen wäre, ist eine Fortsetzungsfeststellungsklage ausgeschlossen. Im Streitfall war im Zeitpunkt der jeweiligen Erledigung noch keine Bestandskraft eingetreten. Gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen 2941/19, 267/20, 268/20 und 325/20 wurde fristgerecht Einspruch eingelegt und bezüglich der Pfändungs- und Einziehungsverfügung 1470/19 war die Einspruchsfrist im Zeitpunkt der Erledigung noch nicht abgelaufen. 34Bei vorprozessualer Erledigung eines vor Eintritt der Bestandskraft unwirksam gewordenen Verwaltungsaktes unterliegt die Fortsetzungsfeststellungsklage keiner Klagefrist (vgl. BFH, Urteil vom 24.02.1989 - III R 36/88, BStBl II 1989, 445). Sie ist gemäß § 100 Abs. 1 S. 4 FGO jedoch nur zulässig, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines zurückgenommenen oder anders erledigten Verwaltungsaktes hat. Für das berechtigte Interesse genügt jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art. Bei hoheitlichen Maßnahmen wie z.B. Pfändungs- und Einziehungsverfügungen, die nicht unwesentlich in den Grundrechtsbereich des Betroffenen eingreifen, sich aber typischerweise kurzfristig erledigen, ist das besondere Feststellungsinteresse regelmäßig zu bejahen. Denn ansonsten wäre eine gerichtliche Überprüfung der Maßnahme und eine Beseitigung ihrer Folgen in der von der Prozessordnung gegebenen Instanz kaum möglich, was einen mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu vereinbarenden Ausschluss jeglichen Rechtsschutzes zur Folge hätte (vgl. BFH, Urteil vom 11.12.2007 – VII R 52/06, BFH/NV 2008, 749). Entsprechend dieser Grundsätze ist auch im Streitfall das besondere Feststellungsinteresse zu bejahen. Hinzu kommt, dass der Beklagte regelmäßig – auch über den Streitfall hinaus – Konten der Kläger pfändet und somit Wiederholungsgefahr besteht. 352) Ungeachtet dessen ist die Klage unzulässig, soweit sie die mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 05.06.2019 erfolgte Pfändung von Konten der Klägerin bei der A Bank (Az.: 1473/19) betrifft. Da die Klägerin mit dieser Bank keine Geschäftsbeziehung unterhielt, ist die Pfändung ins Leere gegangen. Soweit die Kläger mit Schriftsatz vom 06.07.2022 das Gegenteil behaupten – nämlich, dass die Pfändung nicht ins Leere gegangen sei, sondern die Bank den gepfändeten Betrag ausgezahlt habe – wird dieser Vortrag durch das Schreiben der A Bank vom 02.07.2019 widerlegt. Darin weist die Bank die Pfändung „mangels Geschäftsbeziehung“ zur Klägerin ausdrücklich zurück. 36Durch eine ins Leere gegangene Pfändung wird der Vollstreckungsschuldner nicht beschwert. Bezogen auf den Streitfall hat dies zur Folge, dass die Klägerin gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung 1473/19 keinen (zulässigen) Einspruch einlegen konnte und deshalb auch keine (zulässige) Fortsetzungsfeststellungsklage erhoben werden konnte. Eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist nur statthaft, wenn gegen den Verwaltungsakt vor dessen Erledigung zulässig Einspruch/Klage eingelegt/erhoben wurde oder – bei Wegdenken der Erledigung – noch zulässig hätte eingelegt/erhoben werden können. 37II. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist – soweit sie zulässig ist – auch begründet. 38Die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen 1470/19, 2941/19, 267/20, 268/20 und 325/20 sind rechtswidrig. Dabei kann dahinstehen, ob die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen der §§ 249, 251, 254 AO vorlagen. Denn es fehlt zumindest an einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung. 391) Wenngleich es zweifelhaft ist, ob den Finanzbehörden für das „Ob“ der Vollstreckung ein Ermessen eingeräumt ist (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 22.10.2002 - VII R 56/00, BStBl II 2003, 109, unter 3 b), so liegt gleichwohl die Entscheidung über die weiteren Fragen des „Wann“ und des „Wie“ der Vollstreckung im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörden; dabei ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Ist - wie im Bereich der Auswahl zwischen verschiedenen möglichen Vollstreckungsmaßnahmen nach § 249 AO - für die Finanzbehörde ein Ermessensspielraum eröffnet, so hat sie nach § 5 AO das Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Die Behörde muss ihre Maßnahmen in jedem Einzelfall auf das unumgänglich Notwendige beschränken und prüfen, welche der zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeigneten Maßnahmen den Betroffenen am wenigsten belasten (BFH, Urteil vom 24.09.1991 - VII R 34/90, BStBl II 1992, 57). 40Damit der Betroffene und gegebenenfalls die Gerichte die Ermessenserwägungen der Finanzbehörde überprüfen können, muss eine Ermessensentscheidung grundsätzlich begründet werden. Die Begründung muss zeigen, dass die Finanzbehörde den Ermessensspielraum erkannt hat und von welchen Gesichtspunkten sie bei ihrer Ermessensentscheidung ausgegangen ist. Zwar ist unter den Voraussetzungen des § 121 Abs. 2 AO oder in Fällen, in denen die Ermessenserwägungen dem Betroffenen bereits bekannt sind, eine Begründung der Entscheidung nicht erforderlich. Daneben ist in bestimmten Bereichen des den Finanzbehörden eingeräumten Ermessens wie z.B. der Anordnung von Außenprüfungen die Ermessensentscheidung in einer Weise vorgeprägt, die eine besondere Begründung in der Regel entbehrlich macht. Der Bereich der Vollstreckung nach den Vorschriften der §§ 249 ff. AO zählt hierzu jedoch nicht (vgl. zu allem Niedersächsisches Finanzgericht, Beschluss vom 25.07.2014 – 15 V 164/14, EFG 2014, 1838). 412) Nach diesen Grundsätzen waren die angefochtenen Pfändungs- und Einziehungsverfügungen rechtswidrig, weil der Beklagte bei deren Erlass bzw. Änderung nicht diejenigen Erwägungen dargelegt hat, die der Auswahl und den Zeitpunkt der Vollstreckungsmaßnahme zugrunde lagen. Insbesondere enthalten die Mitteilungen, mit denen der Beklagte die Kläger über den Erlass von Pfändungs- und Einziehungsverfügungen gegenüber dem einzelnen Banken unterrichtet hat, keine Ermessenserwägungen. Aus den vorliegenden Akten ist nicht einmal erkennbar, ob dem Sachbearbeiter des Beklagten überhaupt bewusst war, dass er Ermessen auszuüben hatte. Es liegt damit ein Fall des sog. Ermessensnichtgebrauchs vor. 423) Der Beklagte war auch nicht berechtigt, die Ermessenserwägungen im Klageverfahren nachzuholen. Eine Ergänzung von Ermessenserwägungen nach § 102 Satz 2 FGO ist nur möglich, solange der Verwaltungsakt noch wirksam ist, und kommt deshalb bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage nicht in Betracht (BFH, Urteil vom 17.01.2017 – VIII R 52/14, BStBl II 2018, 740). Ungeachtet dessen würden die vom Beklagten im Schriftsatz vom 22.06.2022 dargelegten Ermessenserwägungen einer gerichtlichen Prüfung auch nicht standhalten, da es sich bei der Pfändung in Bankkonten keinesfalls um „die mildeste Form einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung“ handelt. Vielmehr stellt diese Art der Zwangsvollstreckung aufgrund der hierdurch typischerweise ausgelösten Folgen (u.a. Kündigung des Vertragsverhältnisses durch die Bank, Minderung der Kreditwürdigkeit des Vollstreckungsschuldners wegen Meldung an die SchuFa, Gefährdung sonstiger Vertragsverhältnisse durch Zahlungsverzug) regelmäßig die den Vollstreckungsschuldner am meisten belastende Form der Zwangsvollstreckung dar. 43Im Streitfall gilt dies in besonderem Maße bei Vergleich mit der – vom Beklagten in keiner Weise in Betracht gezogenen – Möglichkeit der Pfändung der erheblichen Pensions- und Rentenansprüche, welche für die Kläger (außer der Minderung der an sie ausgezahlten Leistungen) keine weiteren Folgen gehabt hätte. Soweit der Beklagte im Klageverfahren darauf verweist, dass Lohnpfändungen bei Arbeitnehmern die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber zur Folge haben könnten, vermag dies selbst bei aktiven Arbeitsverhältnissen angesichts weitgreifender Kündigungsschutzvorschriften kaum zu überzeugen. Bei Rentnern bzw. Pensionären kann es zu der vom Beklagten „befürchteten“ Kündigung schon deshalb nicht kommen, weil der Versorgungsträger kein Kündigungsrecht hat. 44D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
es wird festgestellt, dass die den kläger betreffenden pfändungs- und einziehungsverfügungen vom 05.06.2019 (az.: 1470/19), 16.12.2019 (az.: 2941/19), 24.01.2020 (az.: 267/20) und 28.01.2020 (az.: 325/20) und die die klägerin betreffende pfändungs- und einziehungsverfügung vom 24.01.2020 (az.: 268/20) rechtswidrig waren. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des verfahrens tragen die kläger und der beklagte je zur hälfte. das urteil ist hinsichtlich der kosten ohne sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. der beklagte kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des kostenerstattungsanspruchs der kläger abwenden, soweit nicht die kläger vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leisten. 1
2streitig ist, ob die rechtswidrigkeit von sechs pfändungs- und einziehungsverfügungen festzustellen ist. 3am 05.06.2019 richtete der beklagte zwei pfändungs- und einziehungsverfügungen an die a bank, mit denen er wegen rückständen i.h.v. 1.649,61 € sämtliche konten und ansprüche des klägers (az. 1470/19) bzw. der klägerin (az. 1473/19) aus der geschäftsbeziehung zu dem bankinstitut pfändete. bezüglich der klägerin teilte die a bank mit, dass es keine geschäftsbeziehung gebe. bezüglich des klägers erkannte die bank die pfändung an und zahlte den gepfändeten betrag am 08.07.2019 an den beklagten aus. die pfändungs- und einziehungsverfügung 1470/19 wurde daraufhin am 09.07.2019 aufgehoben. 4am 16.12.2019 (az. 2941/19) wurden die konten des klägers bei der a bank erneut gepfändet, und zwar wegen steuerrückständen i.h.v. 4.031,59 € (im wesentlichen bestehend aus säumniszuschlägen zur einkommensteuer 2001). der kläger erhob hiergegen am 07.01.2020 sprungklage, die als einspruch behandelte wurde. am 27.01.2020 zahlte die drittschuldnerin den offenen betrag an den beklagten, woraufhin der einspruch mit einspruchsentscheidung vom 13.05.2020 als unzulässig verworfen wurde. 5mit pfändungs- und einziehungsverfügungen vom 24.01.2020 pfändete der beklagte auch sämtliche konten und ansprüche aus der geschäftsbeziehung des klägers zu der b bank (az. 267/20) bzw. aus der geschäftsbeziehung der klägerin zu der c bank (az. 268/20), und zwar jeweils wegen steuerrückständen i.h.v. 5.821,59 €. in diesem betrag sind die steuerschulden, die gegenstand der gegenüber der a bank ergangenen pfändungs- und einziehungsverfügung 2941/19 waren, enthalten. die pfändungs- und einziehungsverfügungen 267/20 und 268/20 erledigten sich dadurch, dass die a bank – wie bereits dargestellt – am 27.01.2020 4.031,59 € an den beklagten überwies und der restbetrag von der tochter der kläger überwiesen wurde (1.756 € am 28.01.2020 und 64,11 € am 11.02.2020). auch gegen die pfändungs- und einziehungsverfügungen 267/20 und 268/20 hatten die kläger sprungklagen erhoben, welche als einspruch behandelt und mit einspruchsentscheidungen vom 13.05.2020 als unzulässig verworfen wurden. 6am 28.01.2020 (az. 325/20) pfändete der beklagte erneut die konten des klägers bei der a bank, und zwar diesmal wegen steuerrückständen i.h.v. 893,11 €. es handelt sich hierbei um aussetzungszinsen zur einkommensteuer / solidaritätszuschlag 2001, welche bis zum 05.12.2019 zu entrichten waren. die zahlung war mit schreiben vom 23.12.2019 angemahnt worden; eine vollstreckungsankündigung erging nicht. die pfändungs- und einziehungsverfügung erledigte sich dadurch, dass die tochter der kläger am 07.02.2020 893,11 € an den beklagten überwies. der eingelegte einspruch wurde als unzulässig verworfen. 7weder die o.g. sechs pfändungs- und einziehungsverfügungen noch die entsprechenden mitteilungen an die kläger enthalten ermessenserwägungen. solche ergeben sich auch nicht aus den übersandten akten. 8am 25.03.2020 haben die kläger klage erhoben, mit der sie die rechtswidrigkeit der o.g. sechs pfändungs- und einziehungsverfügungen rügen. im wege einer fortsetzungsfeststellungsklage nach § 100 abs. 1 satz 4 fgo werde die feststellung von deren rechtswidrigkeit beantragt. zudem seien sämtliche rechtswidrig eingezogenen zinsen und säumniszuschläge, die sich in der summe auf 6.518,48 € belaufen würden, zu erstatten. 9zu der zum az. 1473/19 ergangenen pfändungs- und einziehungsverfügung vom 05.06.2019 sei anzumerken, dass diese nicht „ins leere gegangen“ sei. vielmehr habe “die drittschuldnerin bank a dem beklagten aufgrund dieser pfändung den durch diesen gepfändeten betrag ausgezahlt“ (zitat aus dem schriftsatz der kläger vom 05.07.2022). ein feststellungsinteresse sei schon deshalb zu bejahen, weil der beklagte die kosten einer rechtswidrigen pfändungs- und einziehungsverfügung zu tragen habe. 10die rechtswidrigkeit der einzelnen pfändungs- und einziehungsverfügungen ergebe sich u.a. daraus, dass es für die in der jeweiligen „rückstandsaufstellung“ genannten einzelbeträge an säumniszuschlägen und zinsen keine bescheide als rechtsgrundlage gebe. außerdem habe der beklagte die konten, die mit den streitgegenständlichen pfändungs- und einziehungsverfügung gepfändet worden seien, durch einen rechtswidrigen kontenabruf nach § 93 b ao ermittelt, und teilweise seien vor der pfändung keine mahnungen oder vollstreckungsankündigungen versendet worden. hinsichtlich der einzelheiten der begründung der kläger sowie zu der berechnung des betrags von 6.518,48 € wird auf die ausführungen in der klageschrift und im schriftsatz vom 05.07.2022 bezug genommen. 11der zur mündlichen verhandlung nicht erschienene kläger beantragt, 12festzustellen, dass die ihn betreffenden pfändungs- und einziehungsverfügungen vom 05.06.2019, 16.12.2019, 24.01.2020 und 28.01.2020 rechtswidrig sind 13sowie den beklagten zu verpflichten, den aufgrund der o.g. pfändungs- und einziehungsverfügungen bereits eingezogenen betrag von 6.518,48 € an ihn zu erstatten. 14die ebenfalls zur mündlichen verhandlung nicht erschienene klägerin beantragt, 15festzustellen, dass die sie betreffenden pfändungs- und einziehungsverfügungen vom 05.06.2019 und 24.01.2020 rechtswidrig sind. 16der beklagte beantragt, 17die klage abzuweisen. 18er ist der auffassung, dass die klage bereits unzulässig sei, da es an einem besonderen feststellungsinteresse fehle. zudem sei die klage auch unbegründet. die streitgegenständlichen pfändungs- und einziehungsverfügungen seien rechtmäßig ausgesprochen. 19insbesondere sei es unschädlich, dass weder die pfändungs- und einziehungsverfügungen noch die hierzu ergangenen internen verfügungen ermessenserwägungen enthalten würden. solche seien nicht erforderlich gewesen, da die kläger sowohl kenntnis von den steuerrückständen als auch von der möglichkeit von vollstreckungsmaßnahmen bei nichtzahlung gehabt hätten. zudem habe sich die ausdrückliche darlegung von ermessenserwägungen schon deshalb erübrigt, weil er – der beklagte – „sich bewusst für das mildeste instrument einer pfändungs- und einziehungsverfügung entschieden habe“ (zitat aus schriftsatz vom 22.06.2022). eine kontenpfändung sei für den vollstreckungsschuldner deutlich weniger belastend als z.b. die pfändung von arbeitseinkommen oder die pfändung von bauspar- und lebensversicherungen. 20auch habe keine verpflichtung bestanden, vor der vollstreckung mahnungen und vollstreckungsankündigungen zu versenden. eine mahnung sei keine unerlässliche voraussetzung der vollstreckung und berühre daher die wirksamkeit einer vollstreckungsmaßnahme nicht (bfh, urteil vom 04.10.1983 – vii r 16/82 und vom 03.02.1970 – vii r 67/67). § 259 ao bestimme lediglich, dass der vollstreckungsschuldner in der regel vor beginn der vollstreckung mit einer zahlungsfrist von einer woche gemahnt werden solle (ermessensvorschrift). ebenso wenig gebe es eine gesetzliche regelung, die die versendung einer vollstreckungsankündigung vor einleitung der vollstreckung verlange. insbesondere finde § 63 des verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das land nordrhein-westfalen (vwvg nrw) keine anwendung, da die getroffene beitreibungsmaßnahme kein zwangsmittel i.s.d. § 57 vwvg nrw sei. zweck einer vollstreckungsankündigung sei es, die ernsthaftigkeit der situation zu verdeutlichen. sie könne von der vollstreckungsstelle ausgebracht werden, wenn damit zu rechnen sei, dass der schuldner daraufhin leisten werde. da die kläger bereits auf die mahnungen vom 23.09.2019 und 15.11.2019 sowie die vollstreckungsankündigung vom 28.10.2019 nicht vollständig gezahlt hätten, erscheine es ermessensgerecht, beitreibungsmaßnahmen auch ohne weitere mahnung und vollstreckungsankündigung auszubringen. 21dem stehe auch nicht der von den klägern herangezogene grundsatz der „selbstbindung der verwaltung“ entgegen, und zwar schon deshalb nicht, weil er – der beklagte – keinesfalls stets vollstreckungsankündigungen versende, sondern hiervon in geeigneten fällen auch ausnahmen mache. auch wenn die kläger früher mahnungen und vollstreckungsankündigungen erhalten hätten, könnten sie hieraus keinen vertrauensschutz ableiten, da derjenige, der sich fortgesetzt weigere, fällige beträge zu bezahlen, damit rechnen müsse, dass das finanzamt zukünftig vom versenden zusätzlicher mahnungen und vollstreckungsankündigungen absehen werde. 22die verpflichtung des finanzamts, die steuern nach maßgabe der gesetze gleichmäßig zu erheben (§ 85 satz 1 ao), erfordere eine konsequente vollstreckung. es seien daher zeitnah alle möglichen vollstreckungsmaßnahmen zu ergreifen, die geeignet seien, den angestrebten erfolg – d.h. die zumindest teilweise tilgung der rückstände - zu erreichen. dabei es auch zulässig, mehrere vollstreckungsmaßnahmen gleichzeitig zu ergreifen (abschn. 23 abs. 3 satz 1 der vollstreckungsanweisung -vollstra-). 23rechtsgrundlage für das im januar 2020 durchgeführte kontenabrufersuchen sei § 93 abs. 7 satz 1 nr. 4 ao. ein vorheriges auskunftsersuchen an die kläger sei nicht erfolgversprechend gewesen und hätte die vollstreckungsmaßnahmen möglicherweise sogar gefährdet. 24hinsichtlich der weiteren einzelheiten der begründung und der ermessenserwägungen wird auf die schriftsätze des beklagten vom 13.05.2020 und 22.06.2022 bezug genommen. 25
26a. das gericht war durch das nichterscheinen der kläger zur mündlichen verhandlung nicht an einer entscheidung gehindert. hinsichtlich der einzelheiten der begründung wird zwecks vermeidung von wiederholungen auf die begründung im urteil vom 22.07.2022 zum parallelverfahren 3 k 2405/19 e bezug genommen. 27b. die auf erstattung der eingezogenen bzw. freiwillig gezahlten säumniszuschläge und zinsen gerichtete klage hat keinen erfolg. 28ist eine steuer ohne rechtlichen grund gezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen rechnung die zahlung bewirkt worden ist, an den leistungsempfänger einen anspruch auf erstattung des gezahlten betrages (§ 37 abs. 2 satz 1 ao). ohne rechtlichen grund gezahlt ist eine steuer, wenn der rechtliche grund entweder von anfang an fehlt oder später wegfällt (§ 37 abs. 2 satz 2 ao). 291) unabhängig davon, ob die voraussetzungen eines erstattungsanspruchs im streitfall vorliegen, fehlt es jedenfalls an den formalen voraussetzungen für dessen geltendmachung. nach ständiger rechtsprechung des bfh kann eine auf zahlung gerichtete leistungsklage nur dann erfolg haben, wenn der auszahlungsanspruch zuvor aufgrund eines abgeschlossenen vorverfahrens durch verwaltungsakt – nämlich durch einen bescheid i.s. des § 218 abs. 1 ao - festgesetzt worden ist und nur dessen verwirklichung (erfüllung) noch aussteht (z.b. urteil vom 12.06.1986 - vii r 103/83, bstbl ii 1986, 702, beschluss vom 21.02.1992 – v b 75/91, bfh/nv 1992, 678 m.w.n., urteil vom 30.11.1999 – vii r 97/98, bfh/nv 2000, 412, beschluss vom 10.05.2007 – vii b 195/06, juris). im streitfall existiert jedoch kein bescheid, in dem festgestellt wird, dass der kläger – wie von ihm geltend gemacht wird - gegen den beklagten einen anspruch auf (rück)zahlung von säumniszuschlägen und zinsen i.h.v. 6.518,48 € hat. 302) der leistungsantrag hat auch unter dem gesichtspunkt der folgenbeseitigung (rückgängigmachung der durch die vollstreckungsmaßnahme bewirkten vermögensverschiebung) keinen erfolg. insoweit ist zu beachten, dass für die beantwortung der frage, ob eine zahlung ohne rechtlichen grund i.s.d. § 37 abs. 2 ao erfolgt ist, nicht auf die pfändungs- und einziehungsverfügung abzustellen ist, sondern die der pfändung zugrundeliegenden steuerbescheide (bzw. - bei den kraft gesetzes entstehenden säumniszuschlägen - die vorschrift des § 240 ao) den grund für das behaltendürfen der eingezogenen gelder darstellen. deshalb ist der erstattungsanspruch auch dann durch abrechnungsbescheid i.s.d. § 218 abs. 2 ao festzustellen, wenn gelder durch eine rechtswidrige vollstreckungsmaßnahme erlangt worden sind. eine ausnahme hiervon gilt nur dann, wenn die vollstreckungsmaßnahme gegen ein pfändungs- und vollstreckungsverbot verstoßen hat. in diesem fall muss das finanzamt das erlangte an den vollstreckungsschuldner herausgeben, da das vollstreckungsverbot anderen falls keinerlei schutzwirkung für den dadurch unmittelbar oder mittelbar begünstigten vollstreckungsschuldner entfalten könnte (bfh, beschluss vom 11.04.2001 – vii b 304/00, bstbl ii 2001, 525). 31nach diesen grundsätzen kann der kläger die rückzahlung der vom beklagten vereinnahmten summe von 6.518,48 € nicht als folgenbeseitigung beanspruchen. denn weder rügt er einen verstoß gegen ein pfändungs- und vollstreckungsverbot noch ist ein solcher verstoß anderweitig ersichtlich. die „einfache“ rechtswidrigkeit einer pfändungs- und einziehungsverfügung reicht - wie dargestellt - nicht aus, um eine von der (steuer)bescheidlage losgelöste rückzahlungspflicht der vollstreckungsbehörde zu begründen. 32c. i. soweit die kläger die feststellung der rechtswidrigkeit der pfändungs- und einziehungsverfügungen begehrt wird, ist die klage - außer betreffend die zum az. 1473/19 ergangene pfändungs- und einziehungsverfügung (hierzu unter 2) - zulässig. 331) dadurch, dass die steuerforderungen, aufgrund derer die vollstreckung betrieben wurde, durch freiwillige zahlungen bzw. drittschuldnerzahlungen erloschen sind, haben sich die pfändungs- und einziehungsverfügungen erledigt. erledigte verwaltungsakte können (zulässig) weder mit dem einspruch noch mit einer anfechtungsklage angefochten werden. tritt die erledigung bereits während des außergerichtlichen rechtsbehelfsverfahrens oder – bei noch laufender einspruchsfrist – sogar schon vor der einspruchseinlegung ein, kann mit einer fortsetzungsfeststellungsklage nach § 100 abs. 1 satz 4 fgo die feststellung der rechtswidrigkeit des erledigten verwaltungsakts begehrt werden (z.b. bfh, beschluss vom 11.04.2001 – vii b 304/00, bstbl ii 2001, 525). lediglich dann, wenn der verwaltungsakt im zeitpunkt der erledigung bereits bestandskräftig gewesen war oder ein einspruch aus anderen gründen nicht (mehr) zulässig gewesen wäre, ist eine fortsetzungsfeststellungsklage ausgeschlossen. im streitfall war im zeitpunkt der jeweiligen erledigung noch keine bestandskraft eingetreten. gegen die pfändungs- und einziehungsverfügungen 2941/19, 267/20, 268/20 und 325/20 wurde fristgerecht einspruch eingelegt und bezüglich der pfändungs- und einziehungsverfügung 1470/19 war die einspruchsfrist im zeitpunkt der erledigung noch nicht abgelaufen. 34bei vorprozessualer erledigung eines vor eintritt der bestandskraft unwirksam gewordenen verwaltungsaktes unterliegt die fortsetzungsfeststellungsklage keiner klagefrist (vgl. bfh, urteil vom 24.02.1989 - iii r 36/88, bstbl ii 1989, 445). sie ist gemäß § 100 abs. 1 s. 4 fgo jedoch nur zulässig, wenn der kläger ein berechtigtes interesse an der feststellung der rechtswidrigkeit eines zurückgenommenen oder anders erledigten verwaltungsaktes hat. für das berechtigte interesse genügt jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende schutzwürdige interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller art. bei hoheitlichen maßnahmen wie z.b. pfändungs- und einziehungsverfügungen, die nicht unwesentlich in den grundrechtsbereich des betroffenen eingreifen, sich aber typischerweise kurzfristig erledigen, ist das besondere feststellungsinteresse regelmäßig zu bejahen. denn ansonsten wäre eine gerichtliche überprüfung der maßnahme und eine beseitigung ihrer folgen in der von der prozessordnung gegebenen instanz kaum möglich, was einen mit art. 19 abs. 4 gg nicht zu vereinbarenden ausschluss jeglichen rechtsschutzes zur folge hätte (vgl. bfh, urteil vom 11.12.2007 – vii r 52/06, bfh/nv 2008, 749). entsprechend dieser grundsätze ist auch im streitfall das besondere feststellungsinteresse zu bejahen. hinzu kommt, dass der beklagte regelmäßig – auch über den streitfall hinaus – konten der kläger pfändet und somit wiederholungsgefahr besteht. 352) ungeachtet dessen ist die klage unzulässig, soweit sie die mit pfändungs- und einziehungsverfügung vom 05.06.2019 erfolgte pfändung von konten der klägerin bei der a bank (az.: 1473/19) betrifft. da die klägerin mit dieser bank keine geschäftsbeziehung unterhielt, ist die pfändung ins leere gegangen. soweit die kläger mit schriftsatz vom 06.07.2022 das gegenteil behaupten – nämlich, dass die pfändung nicht ins leere gegangen sei, sondern die bank den gepfändeten betrag ausgezahlt habe – wird dieser vortrag durch das schreiben der a bank vom 02.07.2019 widerlegt. darin weist die bank die pfändung „mangels geschäftsbeziehung“ zur klägerin ausdrücklich zurück. 36durch eine ins leere gegangene pfändung wird der vollstreckungsschuldner nicht beschwert. bezogen auf den streitfall hat dies zur folge, dass die klägerin gegen die pfändungs- und einziehungsverfügung 1473/19 keinen (zulässigen) einspruch einlegen konnte und deshalb auch keine (zulässige) fortsetzungsfeststellungsklage erhoben werden konnte. eine fortsetzungsfeststellungsklage ist nur statthaft, wenn gegen den verwaltungsakt vor dessen erledigung zulässig einspruch/klage eingelegt/erhoben wurde oder – bei wegdenken der erledigung – noch zulässig hätte eingelegt/erhoben werden können. 37ii. die fortsetzungsfeststellungsklage ist – soweit sie zulässig ist – auch begründet. 38die pfändungs- und einziehungsverfügungen 1470/19, 2941/19, 267/20, 268/20 und 325/20 sind rechtswidrig. dabei kann dahinstehen, ob die allgemeinen vollstreckungsvoraussetzungen der §§ 249, 251, 254 ao vorlagen. denn es fehlt zumindest an einer ordnungsgemäßen ermessensausübung. 391) wenngleich es zweifelhaft ist, ob den finanzbehörden für das „ob“ der vollstreckung ein ermessen eingeräumt ist (vgl. hierzu bfh, urteil vom 22.10.2002 - vii r 56/00, bstbl ii 2003, 109, unter 3 b), so liegt gleichwohl die entscheidung über die weiteren fragen des „wann“ und des „wie“ der vollstreckung im pflichtgemäßen ermessen der finanzbehörden; dabei ist der verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. ist - wie im bereich der auswahl zwischen verschiedenen möglichen vollstreckungsmaßnahmen nach § 249 ao - für die finanzbehörde ein ermessensspielraum eröffnet, so hat sie nach § 5 ao das ermessen entsprechend dem zweck der ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen grenzen des ermessens einzuhalten. die behörde muss ihre maßnahmen in jedem einzelfall auf das unumgänglich notwendige beschränken und prüfen, welche der zur erreichung des verfolgten zwecks geeigneten maßnahmen den betroffenen am wenigsten belasten (bfh, urteil vom 24.09.1991 - vii r 34/90, bstbl ii 1992, 57). 40damit der betroffene und gegebenenfalls die gerichte die ermessenserwägungen der finanzbehörde überprüfen können, muss eine ermessensentscheidung grundsätzlich begründet werden. die begründung muss zeigen, dass die finanzbehörde den ermessensspielraum erkannt hat und von welchen gesichtspunkten sie bei ihrer ermessensentscheidung ausgegangen ist. zwar ist unter den voraussetzungen des § 121 abs. 2 ao oder in fällen, in denen die ermessenserwägungen dem betroffenen bereits bekannt sind, eine begründung der entscheidung nicht erforderlich. daneben ist in bestimmten bereichen des den finanzbehörden eingeräumten ermessens wie z.b. der anordnung von außenprüfungen die ermessensentscheidung in einer weise vorgeprägt, die eine besondere begründung in der regel entbehrlich macht. der bereich der vollstreckung nach den vorschriften der §§ 249 ff. ao zählt hierzu jedoch nicht (vgl. zu allem niedersächsisches finanzgericht, beschluss vom 25.07.2014 – 15 v 164/14, efg 2014, 1838). 412) nach diesen grundsätzen waren die angefochtenen pfändungs- und einziehungsverfügungen rechtswidrig, weil der beklagte bei deren erlass bzw. änderung nicht diejenigen erwägungen dargelegt hat, die der auswahl und den zeitpunkt der vollstreckungsmaßnahme zugrunde lagen. insbesondere enthalten die mitteilungen, mit denen der beklagte die kläger über den erlass von pfändungs- und einziehungsverfügungen gegenüber dem einzelnen banken unterrichtet hat, keine ermessenserwägungen. aus den vorliegenden akten ist nicht einmal erkennbar, ob dem sachbearbeiter des beklagten überhaupt bewusst war, dass er ermessen auszuüben hatte. es liegt damit ein fall des sog. ermessensnichtgebrauchs vor. 423) der beklagte war auch nicht berechtigt, die ermessenserwägungen im klageverfahren nachzuholen. eine ergänzung von ermessenserwägungen nach § 102 satz 2 fgo ist nur möglich, solange der verwaltungsakt noch wirksam ist, und kommt deshalb bei einer fortsetzungsfeststellungsklage nicht in betracht (bfh, urteil vom 17.01.2017 – viii r 52/14, bstbl ii 2018, 740). ungeachtet dessen würden die vom beklagten im schriftsatz vom 22.06.2022 dargelegten ermessenserwägungen einer gerichtlichen prüfung auch nicht standhalten, da es sich bei der pfändung in bankkonten keinesfalls um „die mildeste form einer pfändungs- und einziehungsverfügung“ handelt. vielmehr stellt diese art der zwangsvollstreckung aufgrund der hierdurch typischerweise ausgelösten folgen (u.a. kündigung des vertragsverhältnisses durch die bank, minderung der kreditwürdigkeit des vollstreckungsschuldners wegen meldung an die schufa, gefährdung sonstiger vertragsverhältnisse durch zahlungsverzug) regelmäßig die den vollstreckungsschuldner am meisten belastende form der zwangsvollstreckung dar. 43im streitfall gilt dies in besonderem maße bei vergleich mit der – vom beklagten in keiner weise in betracht gezogenen – möglichkeit der pfändung der erheblichen pensions- und rentenansprüche, welche für die kläger (außer der minderung der an sie ausgezahlten leistungen) keine weiteren folgen gehabt hätte. soweit der beklagte im klageverfahren darauf verweist, dass lohnpfändungen bei arbeitnehmern die kündigung des arbeitsverhältnisses durch den arbeitgeber zur folge haben könnten, vermag dies selbst bei aktiven arbeitsverhältnissen angesichts weitgreifender kündigungsschutzvorschriften kaum zu überzeugen. bei rentnern bzw. pensionären kann es zu der vom beklagten „befürchteten“ kündigung schon deshalb nicht kommen, weil der versorgungsträger kein kündigungsrecht hat. 44d. die kostenentscheidung beruht auf § 136 abs. 1 satz 1 fgo.
Klaeger*in
1
143,227
4 O 105/15
2015-11-23T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. 1 2Tatbestand: 3Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Darlehensvertrags, den er und seine Ehefrau im Jahr 2009 mit der Beklagten abgeschlossen hatten und den sie im Jahre 2014 widerrufen haben. 4Zur Finanzierung des Erwerbs einer eigengenutzten Wohnimmobilie schlossen der Kläger und seine Ehefrau im Februar 2009 einen Darlehensvertrag mit der Beklagten unter der Darlehensnummer ########## über ein Betrag von 120.000,00 EUR mit einem Festzinssatz von 4,58 %, einer Laufzeit von zehn Jahren und einer monatlichen Rate (Zins und Tilgung) i.H.v. 558,00 EUR. 5Der Darlehensvertrag wurde unter Verwendung eines Vordrucks der Beklagten geschlossen. Der Kläger unterzeichnete den ihm von dem Sachbearbeiter der Beklagten, dem Zeugen F2, vorausgefüllt vorgelegten Vertrag am 26.02.2009 in der Filiale der Beklagten in E2. Die Vertragsurkunde enthält zudem unter dem vom Zeugen F2 per Stempelaufdruck vorausgefüllten Datum des 26.02.2009 die Unterschrift der Ehefrau des Klägers, der Zeugin B. Es ist zwischen den Parteien streitig, ob die Zeugin den Vertrag ebenfalls an diesem Tag in der Filiale der Beklagten in E2 unterzeichnet hat. 6Die Vertragsurkunde enthält folgende Widerrufsbelehrung unter der teilweise im Fettdruck wiedergegeben und mit einem Rahmen umfassten Überschrift „Widerrufsbelehrung für Verbraucherdarlehensverträge“: 7„Widerrufsrecht 8Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen (einem Monat)1 ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag nachdem Ihnen 9 ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und 10 die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrags zur Verfügung gestellt wurden. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. 11[…]“ 12Am Ende der Widerrufsbelehrung findet sich eine Belehrung über finanzierte Geschäfte. Wegen des Inhalts dieser Belehrung und der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Vertragsurkunde gemäß Anl. K1 (Bl. 10 ff. GA) Bezug genommen. 13Ab dem 27.04.2009 riefen der Kläger und seine Ehefrau das Darlehen sukzessive ab. Bis Ende Februar 2010 zahlten sie per 30.07.2009 und 30.08.2009 die vereinbarten Annuitätsraten und ansonsten die laufenden Zinsen und Bereitstellungsprovision. Ab dem 28.02. 2010 leisteten sie die planmäßigen Zins- an Tilgungsraten an die Beklagte. 14Mit Schreiben an die Beklagte vom 27.08.2014 (Anl. K3, Bl. 15 f. GA) erklärten der Kläger und seine Ehefrau den Widerruf des Darlehensvertrages. 15Mit Schreiben vom 26.09.2014 wies die Beklagte den Widerruf zurück, woraufhin der Kläger seine jetzigen Prozessbevollmächtigten beauftragte, die die Beklagte mit Schreiben vom 16.01.2015 aufforderte, den Widerruf anzuerkennen und die geleisteten Beträge nebst gezogener Nutzungen an den Kläger Zug um Zug gegen Rückzahlung des Darlehensbetrags auszuzahlen. 16Der Kläger ist der Ansicht, der Widerruf sei wirksam, da die Widerrufsfrist noch nicht abgelaufen gewesen sei, weil die Beklagte mit der von ihr verwendeten Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß über den Beginn der Widerrufsfrist belehrt habe. Zudem sei die Widerrufsbelehrung undeutlich und verwirrend, da sie die hier nicht einschlägige Rubrik „finanzierte Geschäfte“ enthalte. 17Der Kläger behauptet, der streitgegenständliche Darlehensvertrag sei lediglich von ihm, nicht jedoch von seiner Ehefrau am 26.02.2009 unterschrieben worden. Er sei an diesem Tag alleine in der Filiale der Beklagten in E2 gewesen. Der Zeuge F2 habe ihm dann den von ihm, dem Kläger, bereits unterzeichneten Vertrag mit nach Hause mitgegeben, damit seine Ehefrau noch unterschreiben könne. Dies habe sie am Morgen des 27.02.2009 getan. Anschließend habe er, der Kläger, den Vertrag auf dem Weg zur Arbeit in den Briefkasten der Filiale der Beklagten in E2 eingeworfen. 18Der Kläger meint, er sei alleine zur Geltendmachung der Ansprüche infolge des Widerrufs des Darlehensvertrags berechtigt. 19Zu den begehrten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten meint der Kläger, die Angelegenheit sei rechtlich schwierig gewesen, weshalb eine 1,5 Rahmengebühr angemessen sei, jedenfalls aber billigem Ermessen i.S.v. § 14 RVG entspräche. 20Der Kläger beantragt, 21die Beklagte zu verurteilen, 221. an den Kläger einen Betrag i.H.v. 47.730,85 EUR Zug um Zug gegen Rückgewähr eines Betrags in Höhe von 150.349,03 EUR zu zahlen, 232. festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger den Ersatz des noch nicht bezifferbaren Schadens schuldet, der aus der Zurückweisung des Widerrufs der Vertragserklärung zu dem Darlehensvertrag mit der Nummer ########## entstanden ist, 243. dem Kläger außergerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 2.858,38 EUR zu erstatten. 25Die Beklagte beantragt, 26die Klage abzuweisen. 27Im Wege der Hilfswiderklage beantragt die Beklagte, 281. den Kläger und die Widerbeklagte zu 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 102.517,11 EUR nebst Zinsen i.H.v. 4,58 % pro Jahr aus 29 109.113,11 EUR für die Zeit zwischen dem 27.08. und 28.08.2014, 30 108.655,11 EUR für die Zeit zwischen dem 29.08. und 29.09.2014, 31 108.097,11 EUR für die Zeit zwischen dem 30.09. und 30.10.2014, 32 107.539,11 EUR für die Zeit zwischen dem 31.10. und 27.11.2014, 33 106.981,11 EUR für die Zeit zwischen dem 28.11. und 30.12.2014, 34 106.423,11 EUR für die Zeit zwischen dem 31.12.14 und 01.01.2015, 35 105.865,11 EUR für die Zeit zwischen dem 31.01. und 26.02.2015, 36 105.307,11 EUR für die Zeit zwischen dem 27.02. und 30.03.2015, 37 104.749,11 EUR für die Zeit zwischen dem 31.03. und 29.04.2015, 38 104.191,11 EUR für die Zeit zwischen dem 30.04. und 28.05.2015, 39 103.633,11 EUR für die Zeit zwischen dem 29.05. und 29.06.2015, 40 103.075,11 EUR für die Zeit zwischen dem 30.06. und 30.07.2015, 41 102.517,11 EUR für die Zeit ab dem 31.07.2015 zu zahlen, 422. festzustellen, dass der Kläger und die Widerbeklagte zu 2) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Beklagten diejenigen Beträge zu erstatten, die die Beklagte auf einen Zinsertrag von insgesamt 4.210,18 EUR an Kapitalertragssteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer an das zuständige Finanzamt abführen muss. 43Der Kläger und die Widerbeklagten zu 2) beantragen, 44 die Hilfswiderklage abzuweisen. 45Die Beklagte behauptet, sowohl der Kläger als auch seine Ehefrau hätten den streitgegenständlichen Darlehensvertrag am 26.02.2009 in Gegenwart des Zeugen F2 unterzeichnet. Jedenfalls aber sei der Vertragsschluss für den Fall, dass die Ehefrau des Klägers den schriftlichen Vertrag erst am 27.02.2009 unterzeichnet habe, auf den 26.02.2009 zurück zu beziehen. 46Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger alleine sei nicht aktivlegitimiert, da der Darlehensvertrag nicht nur mit ihm, sondern auch mit seiner Ehefrau abgeschlossen wurde. Desweiteren meint die Beklagte, die von ihr verwendete Widerrufsbelehrung sei nicht fehlerhaft. Für den Fall der Wirksamkeit des Widerrufs erklärt die Beklagte die Hilfsaufrechnung mit Zinsansprüchen per 27.08.2014, die sie - nach Verrechnung mit Gegenansprüchen des Klägers und seiner Ehefrau - auf 23.077,14 EUR beziffert. Desweiteren erklärt die Beklagte mit eventuell bestehenden Rückzahlungsansprüchen des Klägers und seiner Ehefrau die Hilfsaufrechnung mit einem Kapitalrückzahlungsanspruch in Höhe von 109.213,11 EUR. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die Berechnungen im Schriftsatz der Beklagten vom 21. August 2015 (Bl. 94 ff. GA) Bezug genommen. 47Die Hilfswiderklage stützt die Beklagte auf eine nach ihrer Berechnung per 31. Juli 2015 verbleibende Restforderung in Höhe von 102.517,11 EUR zzgl. Zinsen. 48Der Kläger und die Drittwiderbeklagte halten die Widerklage für unzulässig, da sie ihrer Ansicht nach einen identischen Streitgegenstand betreffen. 49Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend zugenommen. 50Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 22.08.2015 durch die Vernehmung der Ehefrau des Klägers als Zeugin und dessen informatorische Anhörung. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 26.10.2015 Bezug genommen. 51Entscheidungsgründe: 52I. 53Die in der Fassung der zuletzt gestellten Anträge zulässige Klage ist unbegründet. 541. 55Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Rückabwicklung des streitgegenständlichen Darlehensvertrags zu. Es kann dabei dahinstehen, ob der Kläger alleine aktivlegitimiert ist oder ob er die sich aus einem Widerruf der Vertragserklärungen ergebenden Rechte nur zusammen mit seiner Ehefrau geltend machen kann. Der mit Schreiben des Klägers und seiner Ehefrau vom 27.08.2014 erklärte Widerruf des Darlehensvertrages ist nämlich nicht wirksam, da er nicht innerhalb der Widerrufsfrist von zwei Wochen ab dem Tag nach dem Erhalt der vollständigen Vertragsunterlagen mit der darin enthaltenen Widerrufsbelehrung erklärt wurde. Der Kläger und seine Ehefrau haben die maßgeblichen Vertragsunterlagen bereits im Jahre 2009 erhalten. Bereits zu diesem Zeitpunkt begann die Widerrufsfrist zu laufen. 56a) 57Die Widerrufsfrist beginnt nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. mit dem Zeitpunkt, in dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss die Widerrufsbelehrung umfassend, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist deshalb auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu belehren. Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf die Widerrufsbelehrung zudem grundsätzlich keine anderen Erklärungen erhalten, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Belehrung von Bedeutung sind und deshalb von ihr ablenken oder den Verbraucher verwirren können (vgl. BGH v. 15.02.2011, XI ZR 148/10). 58Nach den vorstehenden Maßstäben ist die von der Beklagten in dem streitgegenständlichen Vertragstext verwendete Widerrufsbelehrung nicht zu beanstanden. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Belehrung über den Fristbeginn als auch hinsichtlich des Abschnitts „finanzierte Geschäfte“. 59b) 60Die Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist genügt den gesetzlichen Anforderungen. 61Ist der Vertrag – wie im vorliegenden Fall eines Verbraucherdarlehensvertrags (vgl. § 492 Abs. 1 S. 1 BGB a.F.) - schriftlich abzuschließen, so beginnt die Frist nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werden (§ 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F.) 62Nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Urt. v.27.03.2015, I-17 U 125/14), der sich die Kammer anschließt, genügt die Formulierung zur Frage des Fristbeginns, die an die Überlassung der näher genannten Urkunden (Widerrufsbelehrung und Vertragsurkunde, schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrags) anknüpft, dem sich aus § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. ergebenden Deutlichkeitsgebot. 63Eine Fehlvorstellung des Klägers und seiner Ehefrau dahingehend, dass die Widerrufsfrist bereits einen Tag nach Zugang eines mit der Widerrufsbelehrung versehenen Darlehensangebots zu laufen beginne, konnte im vorliegenden Fall nicht aufkommen, weil sie kein gesondertes Vertragsangebot mit einer Widerrufsbelehrung, sondern mit der Widerrufsbelehrung sogleich die unterzeichnete Vertragsurkunde erhalten haben. 64Unstreitig hat die Beklagte dem Kläger und seiner Ehefrau am 26.02.2009 kein gesondertes Darlehensangebot, sondern die vollständige Vertragsurkunde ausgehändigt. Die Kammer ist zudem davon überzeugt, dass der Darlehensvertrag bereits am 26.02.2009 zustande gekommen ist. 65Hierfür spricht die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der vom Kläger und seiner Ehefrau jeweils unter dem Datum des 26.02.2009 unterzeichneten Vertragsurkunde. 66Nach ständiger Rechtsprechung besteht für die über ein Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunden die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit. Die Partei, die sich auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände und damit auf die inhaltliche Unrichtigkeit der Privaturkunde beruft, trifft insoweit die Beweislast (vgl. BGH, NJW 2002, 3164 (165) m.w.N.). 67Die danach bestehende Vermutung der Richtigkeit der unter dem Datum des 26.02.2009 vom Kläger und seiner Ehefrau eigenhändig unterzeichneten Vertragsurkunde hat der Kläger nicht erschüttert. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer nicht davon überzeugt, dass, wie vom Kläger behauptet, zunächst nur er am 26.02.2009 die Vertragsurkunde in Gegenwart des Zeugen F2 unterzeichnet, sie sodann mit nach Hause genommen und seine Ehefrau den Vertrag dann am Morgen des 27.02.2009 unterzeichnet hat. Zwar hat der Kläger dies bei seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung am 26.10.2015 behauptet und hierzu auch detailreich angegeben, dass seine Ehefrau die Vertragsurkunde beim Frühstück unterzeichnet habe und er sodann auf dem Weg zur Arbeit, das heißt am Morgen des 27.02.2009, in den Briefkasten der Filiale der Beklagten in E2 eingeworfen habe. Diese Schilderung ist allerdings durch die Aussage der Ehefrau des Klägers nicht nur nicht bestätigt, sondern in zahlreichen Details widerlegt worden. Die Zeugin B hat nämlich ausgesagt, dass sie sich sicher sei, dass sie den Vertrag erst am 27.02.2009 nachmittags, d.h. nach 16:00 Uhr, unterschrieben habe. Dessen sei sie sich deshalb sicher, weil ihr Mann an diesem Tag ebenfalls arbeiten gewesen sei und sie auch selbst an diesem Tag gearbeitet habe. Auf Vorhalt konnte die Zeugin ausschließen, dass sie die Vertragsurkunde schon morgens beim Frühstück unterschrieben habe. Nach der Aussage der Zeugin B ist zudem die Behauptung des Klägers widerlegt, sie habe den Vertrag schon deshalb nicht am 26.02.2009 unterzeichnen können, weil sie sich durchgehend bis zum Morgen des 27.02.2009 an ihrem Arbeitsplatz aufgehalten habe. Dies war nach der Aussage der Zeugin B und ihrem Dienstplan nicht der Fall. Vielmehr hat sich die Zeugin nach ihrer eigenen Aussage, die im Übrigen im Einklang steht mit den Eintragungen im Dienstplan ihres Arbeitgebers, am 26.02.2009 lediglich bis 22:15 Uhr (mit einer Unterbrechung zwischen 16:00 und 18:00h) an ihrem Arbeitsplatz aufgehalten. Damit steht fest, dass der Kläger bei seiner informatorischen Anhörung unrichtige Angaben zu Einzelheiten der von ihm behaupteten Geschehnisse gemacht hat, die die Glaubhaftigkeit seiner Angaben insgesamt in Zweifel ziehen. 68Allerdings ist die Kammer auch nicht von der Richtigkeit der Aussage der Zeugin B überzeugt. Eine nachvollziehbare Erklärung dafür, warum sich die Zeugin sicher gewesen sein will, dass sie den streitgegenständlichen Darlehensvertrag erst am 27.02.2009, und zwar erst am Nachmittag dieses Tags, unterzeichnet habe, hat ihre Aussage nämlich nicht ergeben. Zwar mag es sein, dass sich die Zeugin am 26.02.2009 von 7:30 Uhr bis 16:00 Uhr an ihrem Arbeitsplatz aufhielt und deshalb nicht an einem in diese Zeit fallenden Termin bei dem Zeugen F2 teilnehmen konnte. 69Allerdings hat die Zeugin nach ihrer Aussage am 26.02.2009 – und dies ergibt sich auch aus ihrem Dienstplan -, zwischen 16:00 und 18:00h nicht gearbeitet. Was genau sie in dieser Zeit am 26.02.2009 getan hat, konnte sie jedoch bei ihrer Vernehmung nicht hinreichend genau beschreiben. Auch konnte sie keine plausible Erklärung dafür nennen, warum sie die Vertragsurkunde nach ihrer Aussage am 27.02.2009 unter dem Datum des Vortags unterzeichnet haben will. Es war der Zeugin bewusst, dass es sich bei dem Abschluss des Darlehensvertrags um ein nicht unbedeutendes Rechtsgeschäft handelte, weshalb ihre Aussage, sie habe sich hinsichtlich des (nach ihrer Schilderung unzutreffenden) Unterschriftsdatums „eigentlich nichts gedacht“, lebensfremd und damit unglaubhaft ist. Es wäre für die Zeugin, die die deutsche Sprache sicher beherrscht und bei ihrer Vernehmung klar zum Ausdruck brachte, dass ihr die Bedeutung des Abschlusses eines Darlehensvertrags bewusst war, ohne weiteres möglich gewesen, die Richtigkeit der Vertragsurkunde dadurch herbeizuführen, dass sie das Datum auf den 27.02.2009 handschriftlich ändert, wenn sie tatsächlich an diesem Tag erst den Vertrag unterzeichnet hat. Hieran bestehen jedoch aus den vorstehenden Gründen durchgreifende Zweifel. 70Diese Zweifel ergeben sich auch daraus, dass die Original-Darlehensurkunde nach der Aussage des Zeugen F2 keinen Posteingangsstempel der Filiale der Beklagten trägt, obwohl ein solcher nach der Aussage des Zeugen F2 auf Postsendungen – auch auf Original-Vertragsurkunden- , die in den Briefkasten der Filiale eingeworfen werden, üblicherweise auf das jeweilige Dokument aufgebracht wird. Die Kammer hat an der Richtigkeit der hierzu vom Zeugen F2 geschilderten Geschäftsabläufe keine Zweifel, da sie den üblichen Abläufen bei der zentralen Abwicklung von Posteingängen entsprechen. Hinzu kommt, dass die vom Zeugen F2 ausgefüllten Angaben in der Legitimationsprüfung zum streitgegenständlichen Darlehensvertrag die Angabe unter dem Datum des 26.02.2009 enthalten, dass die Vertragsparteien den wesentlichen Inhalt des Vertrags vor oder bei Abschluss unter persönlicher gleichzeitiger Anwesenheit erörtert haben (Bl. 42 GA). Zwar konnte sich der Zeuge an die Details des Vertragsschlusses und die Frage, ob die Ehefrau des Klägers bei der Vertragsunterzeichnung am 26.02.2009 ebenfalls anwesend war, nicht mehr konkret erinnern. Allerdings hat seine Aussage auch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Angaben in der Legitiationsprüfung unrichtig sind. 71In der Gesamtschau ist damit die Vermutung der inhaltlichen Richtigkeit und Vollständigkeit der vom Kläger und seiner Ehefrau jeweils unter dem Datum des 26.02.2009 eigenhändig unterzeichneten Vertragsurkunde nicht erschüttert. 72Dies geht zu Lasten des Klägers, dem es oblegen hätte, die vorgenannte Vermutung erst gar nicht entstehen zu lassen (indem seine Ehefrau bei einer Unterzeichnung am 27.02.2009 nicht unter einem falschen Datum unterschrieben hätte) oder sie zu erschüttern. 73Im Ergebnis steht damit zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Darlehensvertrag bereits am 26.02.2009 zustande gekommen ist und dem Kläger und seiner Ehefrau die allseits unterzeichnete Vertragsurkunde mit der darin enthaltenen Widerrufsbelehrung ausgehändigt worden ist. 74Aus Sicht des Klägers und seiner Ehefrau konnte es damit für den Beginn des Laufs der Fristen nur auf den ihnen ausgehändigten Vertrag ankommen, während die als Teil eines vorformulierten Textbausteins enthaltene Variante des Erhalts eines Vertragsantrags offensichtlich auf andere Fälle zielte. Hat der Darlehensgeber aber nach den Umständen des konkreten Falles – wie hier - zutreffend über den Fristbeginn belehrt und den Verbraucher in die Lage versetzt, sein Widerrufsrecht fristgerecht auszuüben, so ist es aus Verbraucherschutzgesichtspunkten nicht geboten, dem Darlehensnehmer das Widerrufsrecht über die gesetzlich vorgesehene Frist von 2 Wochen hinaus zu erhalten (OLG Düsseldorf, a.a.O.). 75c) 76Der in der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung enthaltene Abschnitt „Finanzierte Geschäfte“ verstößt hier ebenfalls nicht gegen das aus des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. folgende Deutlichkeitsgebot. 77Es lag kein finanziertes (verbundenes) Geschäft vor, weshalb die Belehrungen in diesem Abschnitt den Widerruf des vorliegenden Darlehensvertrags nicht betrafen, mithin keinerlei Wirkung entfalten konnten, weshalb diese Passage für eine ordnungsgemäße Information des Verbrauchers über dessen Widerrufsrecht ohne Belang ist (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 07.07.2014, 23 U 172/13, BeckRS 2014, 16740; OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.06.2015, I-22 U 17/15, BeckRS 2015, 13607 unter Rn. 72). 78Dies war für den Kläger und seine Ehefrau auch ohne weiteres erkennbar, weshalb dieser Teil der Belehrung weder von der im Übrigen zutreffenden Widerrufsbelehrung ablenken noch den Kläger und seine Ehefrau verwirren konnte. 79c) 80Ob der (verfristeten) Ausübung des Widerrufsrechts der Einwand der Verwirkung oder sonstige Gründe entgegenstehen, kann aus den vorstehenden Gründen dahinstehen. 812. 82Der Klageantrag zu 2) ist ebenfalls unbegründet, da die Zurückweisung des Widerrufs der Vertragserklärung zu dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag durch die Beklagte nicht unberechtigt war und sie deshalb auch nicht für damit verbundene wirtschaftlichen Nachteile des Klägers einzustehen hat. 833. 84Mangels Hauptforderung steht den Klägern gegen die Beklagte auch kein Anspruch auf Ersatz von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu. 85II. 86Einer Entscheidung über die Hilfs-(Dritt-)Widerklage bedurfte es nicht, da diese bei einer - auch bei Prozesserklärungen zulässigen und hier mangels ausdrücklicher Erklärung der Beklagten gebotenen - objektiven Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB unter der innerprozessualen Bedingung der Begründetheit der Klage erhoben worden ist. 87III. 88Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO und die Entscheidung die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1 u. 2 ZPO. 89Rechtsbehelfsbelehrung: 90Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 911. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 922. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist. 93Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 94Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Düsseldorf zu begründen. 95Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 96Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 97
die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger. das urteil ist gegen sicherheitsleistung i.h.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags vorläufig vollstreckbar. 1 2
3der kläger begehrt die rückabwicklung eines darlehensvertrags, den er und seine ehefrau im jahr 2009 mit der beklagten abgeschlossen hatten und den sie im jahre 2014 widerrufen haben. 4zur finanzierung des erwerbs einer eigengenutzten wohnimmobilie schlossen der kläger und seine ehefrau im februar 2009 einen darlehensvertrag mit der beklagten unter der darlehensnummer ########## über ein betrag von 120.000,00 eur mit einem festzinssatz von 4,58 %, einer laufzeit von zehn jahren und einer monatlichen rate (zins und tilgung) i.h.v. 558,00 eur. 5der darlehensvertrag wurde unter verwendung eines vordrucks der beklagten geschlossen. der kläger unterzeichnete den ihm von dem sachbearbeiter der beklagten, dem zeugen f2, vorausgefüllt vorgelegten vertrag am 26.02.2009 in der filiale der beklagten in e2. die vertragsurkunde enthält zudem unter dem vom zeugen f2 per stempelaufdruck vorausgefüllten datum des 26.02.2009 die unterschrift der ehefrau des klägers, der zeugin b. es ist zwischen den parteien streitig, ob die zeugin den vertrag ebenfalls an diesem tag in der filiale der beklagten in e2 unterzeichnet hat. 6die vertragsurkunde enthält folgende widerrufsbelehrung unter der teilweise im fettdruck wiedergegeben und mit einem rahmen umfassten überschrift „widerrufsbelehrung für verbraucherdarlehensverträge“: 7„widerrufsrecht 8sie können ihre vertragserklärung innerhalb von zwei wochen (einem monat)1 ohne angabe von gründen in textform (z.b. brief, fax, e-mail) widerrufen. der lauf der frist für den widerruf beginnt einen tag nachdem ihnen 9 ein exemplar dieser widerrufsbelehrung und 10 die vertragsurkunde, der schriftliche vertragsantrag oder eine abschrift der vertragsurkunde oder des vertragsantrags zur verfügung gestellt wurden. zur wahrung der widerrufsfrist genügt die rechtzeitige absendung des widerrufs. 11[…]“ 12am ende der widerrufsbelehrung findet sich eine belehrung über finanzierte geschäfte. wegen des inhalts dieser belehrung und der weiteren einzelheiten wird auf den inhalt der vertragsurkunde gemäß anl. k1 (bl. 10 ff. ga) bezug genommen. 13ab dem 27.04.2009 riefen der kläger und seine ehefrau das darlehen sukzessive ab. bis ende februar 2010 zahlten sie per 30.07.2009 und 30.08.2009 die vereinbarten annuitätsraten und ansonsten die laufenden zinsen und bereitstellungsprovision. ab dem 28.02. 2010 leisteten sie die planmäßigen zins- an tilgungsraten an die beklagte. 14mit schreiben an die beklagte vom 27.08.2014 (anl. k3, bl. 15 f. ga) erklärten der kläger und seine ehefrau den widerruf des darlehensvertrages. 15mit schreiben vom 26.09.2014 wies die beklagte den widerruf zurück, woraufhin der kläger seine jetzigen prozessbevollmächtigten beauftragte, die die beklagte mit schreiben vom 16.01.2015 aufforderte, den widerruf anzuerkennen und die geleisteten beträge nebst gezogener nutzungen an den kläger zug um zug gegen rückzahlung des darlehensbetrags auszuzahlen. 16der kläger ist der ansicht, der widerruf sei wirksam, da die widerrufsfrist noch nicht abgelaufen gewesen sei, weil die beklagte mit der von ihr verwendeten widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß über den beginn der widerrufsfrist belehrt habe. zudem sei die widerrufsbelehrung undeutlich und verwirrend, da sie die hier nicht einschlägige rubrik „finanzierte geschäfte“ enthalte. 17der kläger behauptet, der streitgegenständliche darlehensvertrag sei lediglich von ihm, nicht jedoch von seiner ehefrau am 26.02.2009 unterschrieben worden. er sei an diesem tag alleine in der filiale der beklagten in e2 gewesen. der zeuge f2 habe ihm dann den von ihm, dem kläger, bereits unterzeichneten vertrag mit nach hause mitgegeben, damit seine ehefrau noch unterschreiben könne. dies habe sie am morgen des 27.02.2009 getan. anschließend habe er, der kläger, den vertrag auf dem weg zur arbeit in den briefkasten der filiale der beklagten in e2 eingeworfen. 18der kläger meint, er sei alleine zur geltendmachung der ansprüche infolge des widerrufs des darlehensvertrags berechtigt. 19zu den begehrten vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten meint der kläger, die angelegenheit sei rechtlich schwierig gewesen, weshalb eine 1,5 rahmengebühr angemessen sei, jedenfalls aber billigem ermessen i.s.v. § 14 rvg entspräche. 20der kläger beantragt, 21die beklagte zu verurteilen, 221. an den kläger einen betrag i.h.v. 47.730,85 eur zug um zug gegen rückgewähr eines betrags in höhe von 150.349,03 eur zu zahlen, 232. festzustellen, dass die beklagte dem kläger den ersatz des noch nicht bezifferbaren schadens schuldet, der aus der zurückweisung des widerrufs der vertragserklärung zu dem darlehensvertrag mit der nummer ########## entstanden ist, 243. dem kläger außergerichtliche anwaltskosten i.h.v. 2.858,38 eur zu erstatten. 25die beklagte beantragt, 26die klage abzuweisen. 27im wege der hilfswiderklage beantragt die beklagte, 281. den kläger und die widerbeklagte zu 2) als gesamtschuldner zu verurteilen, an die klägerin 102.517,11 eur nebst zinsen i.h.v. 4,58 % pro jahr aus 29 109.113,11 eur für die zeit zwischen dem 27.08. und 28.08.2014, 30 108.655,11 eur für die zeit zwischen dem 29.08. und 29.09.2014, 31 108.097,11 eur für die zeit zwischen dem 30.09. und 30.10.2014, 32 107.539,11 eur für die zeit zwischen dem 31.10. und 27.11.2014, 33 106.981,11 eur für die zeit zwischen dem 28.11. und 30.12.2014, 34 106.423,11 eur für die zeit zwischen dem 31.12.14 und 01.01.2015, 35 105.865,11 eur für die zeit zwischen dem 31.01. und 26.02.2015, 36 105.307,11 eur für die zeit zwischen dem 27.02. und 30.03.2015, 37 104.749,11 eur für die zeit zwischen dem 31.03. und 29.04.2015, 38 104.191,11 eur für die zeit zwischen dem 30.04. und 28.05.2015, 39 103.633,11 eur für die zeit zwischen dem 29.05. und 29.06.2015, 40 103.075,11 eur für die zeit zwischen dem 30.06. und 30.07.2015, 41 102.517,11 eur für die zeit ab dem 31.07.2015 zu zahlen, 422. festzustellen, dass der kläger und die widerbeklagte zu 2) als gesamtschuldner verpflichtet sind, der beklagten diejenigen beträge zu erstatten, die die beklagte auf einen zinsertrag von insgesamt 4.210,18 eur an kapitalertragssteuer, solidaritätszuschlag und kirchensteuer an das zuständige finanzamt abführen muss. 43der kläger und die widerbeklagten zu 2) beantragen, 44 die hilfswiderklage abzuweisen. 45die beklagte behauptet, sowohl der kläger als auch seine ehefrau hätten den streitgegenständlichen darlehensvertrag am 26.02.2009 in gegenwart des zeugen f2 unterzeichnet. jedenfalls aber sei der vertragsschluss für den fall, dass die ehefrau des klägers den schriftlichen vertrag erst am 27.02.2009 unterzeichnet habe, auf den 26.02.2009 zurück zu beziehen. 46die beklagte ist der ansicht, der kläger alleine sei nicht aktivlegitimiert, da der darlehensvertrag nicht nur mit ihm, sondern auch mit seiner ehefrau abgeschlossen wurde. desweiteren meint die beklagte, die von ihr verwendete widerrufsbelehrung sei nicht fehlerhaft. für den fall der wirksamkeit des widerrufs erklärt die beklagte die hilfsaufrechnung mit zinsansprüchen per 27.08.2014, die sie - nach verrechnung mit gegenansprüchen des klägers und seiner ehefrau - auf 23.077,14 eur beziffert. desweiteren erklärt die beklagte mit eventuell bestehenden rückzahlungsansprüchen des klägers und seiner ehefrau die hilfsaufrechnung mit einem kapitalrückzahlungsanspruch in höhe von 109.213,11 eur. wegen der diesbezüglichen einzelheiten wird auf die berechnungen im schriftsatz der beklagten vom 21. august 2015 (bl. 94 ff. ga) bezug genommen. 47die hilfswiderklage stützt die beklagte auf eine nach ihrer berechnung per 31. juli 2015 verbleibende restforderung in höhe von 102.517,11 eur zzgl. zinsen. 48der kläger und die drittwiderbeklagte halten die widerklage für unzulässig, da sie ihrer ansicht nach einen identischen streitgegenstand betreffen. 49wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf die zur akte gereichten schriftsätze nebst anlagen ergänzend zugenommen. 50das gericht hat beweis erhoben gemäß beweisbeschluss vom 22.08.2015 durch die vernehmung der ehefrau des klägers als zeugin und dessen informatorische anhörung. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf das protokoll der öffentlichen sitzung vom 26.10.2015 bezug genommen. 51
52i. 53die in der fassung der zuletzt gestellten anträge zulässige klage ist unbegründet. 541. 55dem kläger steht gegen die beklagte kein anspruch auf rückabwicklung des streitgegenständlichen darlehensvertrags zu. es kann dabei dahinstehen, ob der kläger alleine aktivlegitimiert ist oder ob er die sich aus einem widerruf der vertragserklärungen ergebenden rechte nur zusammen mit seiner ehefrau geltend machen kann. der mit schreiben des klägers und seiner ehefrau vom 27.08.2014 erklärte widerruf des darlehensvertrages ist nämlich nicht wirksam, da er nicht innerhalb der widerrufsfrist von zwei wochen ab dem tag nach dem erhalt der vollständigen vertragsunterlagen mit der darin enthaltenen widerrufsbelehrung erklärt wurde. der kläger und seine ehefrau haben die maßgeblichen vertragsunterlagen bereits im jahre 2009 erhalten. bereits zu diesem zeitpunkt begann die widerrufsfrist zu laufen. 56a) 57die widerrufsfrist beginnt nach § 355 abs. 2 s. 1 bgb a.f. mit dem zeitpunkt, in dem dem verbraucher eine deutlich gestaltete belehrung über sein widerrufsrecht, die ihm seine rechte deutlich macht, in textform mitgeteilt worden ist. nach der rechtsprechung des bundesgerichtshofs muss die widerrufsbelehrung umfassend, unmissverständlich und für den verbraucher eindeutig sein. der verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem widerrufsrecht kenntnis erlangen, sondern auch in die lage versetzt werden, dieses auszuüben. er ist deshalb auch über den beginn der widerrufsfrist eindeutig zu belehren. um die vom gesetz bezweckte verdeutlichung des rechts zum widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf die widerrufsbelehrung zudem grundsätzlich keine anderen erklärungen erhalten, die einen eigenen inhalt aufweisen und weder für das verständnis noch für die wirksamkeit der belehrung von bedeutung sind und deshalb von ihr ablenken oder den verbraucher verwirren können (vgl. bgh v. 15.02.2011, xi zr 148/10). 58nach den vorstehenden maßstäben ist die von der beklagten in dem streitgegenständlichen vertragstext verwendete widerrufsbelehrung nicht zu beanstanden. dies gilt sowohl im hinblick auf die belehrung über den fristbeginn als auch hinsichtlich des abschnitts „finanzierte geschäfte“. 59b) 60die belehrung über den beginn der widerrufsfrist genügt den gesetzlichen anforderungen. 61ist der vertrag – wie im vorliegenden fall eines verbraucherdarlehensvertrags (vgl. § 492 abs. 1 s. 1 bgb a.f.) - schriftlich abzuschließen, so beginnt die frist nicht zu laufen, bevor dem verbraucher auch eine vertragsurkunde, der schriftliche antrag des verbrauchers oder eine abschrift der vertragsurkunde oder des antrags zur verfügung gestellt werden (§ 355 abs. 2 s. 3 bgb a.f.) 62nach der rechtsprechung des oberlandesgerichts düsseldorf (urt. v.27.03.2015, i-17 u 125/14), der sich die kammer anschließt, genügt die formulierung zur frage des fristbeginns, die an die überlassung der näher genannten urkunden (widerrufsbelehrung und vertragsurkunde, schriftlicher vertragsantrag oder eine abschrift der vertragsurkunde oder des vertragsantrags) anknüpft, dem sich aus § 355 abs. 2 s. 1 bgb a.f. ergebenden deutlichkeitsgebot. 63eine fehlvorstellung des klägers und seiner ehefrau dahingehend, dass die widerrufsfrist bereits einen tag nach zugang eines mit der widerrufsbelehrung versehenen darlehensangebots zu laufen beginne, konnte im vorliegenden fall nicht aufkommen, weil sie kein gesondertes vertragsangebot mit einer widerrufsbelehrung, sondern mit der widerrufsbelehrung sogleich die unterzeichnete vertragsurkunde erhalten haben. 64unstreitig hat die beklagte dem kläger und seiner ehefrau am 26.02.2009 kein gesondertes darlehensangebot, sondern die vollständige vertragsurkunde ausgehändigt. die kammer ist zudem davon überzeugt, dass der darlehensvertrag bereits am 26.02.2009 zustande gekommen ist. 65hierfür spricht die vermutung der vollständigkeit und richtigkeit der vom kläger und seiner ehefrau jeweils unter dem datum des 26.02.2009 unterzeichneten vertragsurkunde. 66nach ständiger rechtsprechung besteht für die über ein rechtsgeschäft aufgenommenen urkunden die vermutung der vollständigkeit und richtigkeit. die partei, die sich auf außerhalb der urkunde liegende umstände und damit auf die inhaltliche unrichtigkeit der privaturkunde beruft, trifft insoweit die beweislast (vgl. bgh, njw 2002, 3164 (165) m.w.n.). 67die danach bestehende vermutung der richtigkeit der unter dem datum des 26.02.2009 vom kläger und seiner ehefrau eigenhändig unterzeichneten vertragsurkunde hat der kläger nicht erschüttert. nach dem ergebnis der beweisaufnahme ist die kammer nicht davon überzeugt, dass, wie vom kläger behauptet, zunächst nur er am 26.02.2009 die vertragsurkunde in gegenwart des zeugen f2 unterzeichnet, sie sodann mit nach hause genommen und seine ehefrau den vertrag dann am morgen des 27.02.2009 unterzeichnet hat. zwar hat der kläger dies bei seiner informatorischen anhörung in der mündlichen verhandlung am 26.10.2015 behauptet und hierzu auch detailreich angegeben, dass seine ehefrau die vertragsurkunde beim frühstück unterzeichnet habe und er sodann auf dem weg zur arbeit, das heißt am morgen des 27.02.2009, in den briefkasten der filiale der beklagten in e2 eingeworfen habe. diese schilderung ist allerdings durch die aussage der ehefrau des klägers nicht nur nicht bestätigt, sondern in zahlreichen details widerlegt worden. die zeugin b hat nämlich ausgesagt, dass sie sich sicher sei, dass sie den vertrag erst am 27.02.2009 nachmittags, d.h. nach 16:00 uhr, unterschrieben habe. dessen sei sie sich deshalb sicher, weil ihr mann an diesem tag ebenfalls arbeiten gewesen sei und sie auch selbst an diesem tag gearbeitet habe. auf vorhalt konnte die zeugin ausschließen, dass sie die vertragsurkunde schon morgens beim frühstück unterschrieben habe. nach der aussage der zeugin b ist zudem die behauptung des klägers widerlegt, sie habe den vertrag schon deshalb nicht am 26.02.2009 unterzeichnen können, weil sie sich durchgehend bis zum morgen des 27.02.2009 an ihrem arbeitsplatz aufgehalten habe. dies war nach der aussage der zeugin b und ihrem dienstplan nicht der fall. vielmehr hat sich die zeugin nach ihrer eigenen aussage, die im übrigen im einklang steht mit den eintragungen im dienstplan ihres arbeitgebers, am 26.02.2009 lediglich bis 22:15 uhr (mit einer unterbrechung zwischen 16:00 und 18:00h) an ihrem arbeitsplatz aufgehalten. damit steht fest, dass der kläger bei seiner informatorischen anhörung unrichtige angaben zu einzelheiten der von ihm behaupteten geschehnisse gemacht hat, die die glaubhaftigkeit seiner angaben insgesamt in zweifel ziehen. 68allerdings ist die kammer auch nicht von der richtigkeit der aussage der zeugin b überzeugt. eine nachvollziehbare erklärung dafür, warum sich die zeugin sicher gewesen sein will, dass sie den streitgegenständlichen darlehensvertrag erst am 27.02.2009, und zwar erst am nachmittag dieses tags, unterzeichnet habe, hat ihre aussage nämlich nicht ergeben. zwar mag es sein, dass sich die zeugin am 26.02.2009 von 7:30 uhr bis 16:00 uhr an ihrem arbeitsplatz aufhielt und deshalb nicht an einem in diese zeit fallenden termin bei dem zeugen f2 teilnehmen konnte. 69allerdings hat die zeugin nach ihrer aussage am 26.02.2009 – und dies ergibt sich auch aus ihrem dienstplan -, zwischen 16:00 und 18:00h nicht gearbeitet. was genau sie in dieser zeit am 26.02.2009 getan hat, konnte sie jedoch bei ihrer vernehmung nicht hinreichend genau beschreiben. auch konnte sie keine plausible erklärung dafür nennen, warum sie die vertragsurkunde nach ihrer aussage am 27.02.2009 unter dem datum des vortags unterzeichnet haben will. es war der zeugin bewusst, dass es sich bei dem abschluss des darlehensvertrags um ein nicht unbedeutendes rechtsgeschäft handelte, weshalb ihre aussage, sie habe sich hinsichtlich des (nach ihrer schilderung unzutreffenden) unterschriftsdatums „eigentlich nichts gedacht“, lebensfremd und damit unglaubhaft ist. es wäre für die zeugin, die die deutsche sprache sicher beherrscht und bei ihrer vernehmung klar zum ausdruck brachte, dass ihr die bedeutung des abschlusses eines darlehensvertrags bewusst war, ohne weiteres möglich gewesen, die richtigkeit der vertragsurkunde dadurch herbeizuführen, dass sie das datum auf den 27.02.2009 handschriftlich ändert, wenn sie tatsächlich an diesem tag erst den vertrag unterzeichnet hat. hieran bestehen jedoch aus den vorstehenden gründen durchgreifende zweifel. 70diese zweifel ergeben sich auch daraus, dass die original-darlehensurkunde nach der aussage des zeugen f2 keinen posteingangsstempel der filiale der beklagten trägt, obwohl ein solcher nach der aussage des zeugen f2 auf postsendungen – auch auf original-vertragsurkunden- , die in den briefkasten der filiale eingeworfen werden, üblicherweise auf das jeweilige dokument aufgebracht wird. die kammer hat an der richtigkeit der hierzu vom zeugen f2 geschilderten geschäftsabläufe keine zweifel, da sie den üblichen abläufen bei der zentralen abwicklung von posteingängen entsprechen. hinzu kommt, dass die vom zeugen f2 ausgefüllten angaben in der legitimationsprüfung zum streitgegenständlichen darlehensvertrag die angabe unter dem datum des 26.02.2009 enthalten, dass die vertragsparteien den wesentlichen inhalt des vertrags vor oder bei abschluss unter persönlicher gleichzeitiger anwesenheit erörtert haben (bl. 42 ga). zwar konnte sich der zeuge an die details des vertragsschlusses und die frage, ob die ehefrau des klägers bei der vertragsunterzeichnung am 26.02.2009 ebenfalls anwesend war, nicht mehr konkret erinnern. allerdings hat seine aussage auch keine anhaltspunkte dafür ergeben, dass die angaben in der legitiationsprüfung unrichtig sind. 71in der gesamtschau ist damit die vermutung der inhaltlichen richtigkeit und vollständigkeit der vom kläger und seiner ehefrau jeweils unter dem datum des 26.02.2009 eigenhändig unterzeichneten vertragsurkunde nicht erschüttert. 72dies geht zu lasten des klägers, dem es oblegen hätte, die vorgenannte vermutung erst gar nicht entstehen zu lassen (indem seine ehefrau bei einer unterzeichnung am 27.02.2009 nicht unter einem falschen datum unterschrieben hätte) oder sie zu erschüttern. 73im ergebnis steht damit zur überzeugung der kammer fest, dass der darlehensvertrag bereits am 26.02.2009 zustande gekommen ist und dem kläger und seiner ehefrau die allseits unterzeichnete vertragsurkunde mit der darin enthaltenen widerrufsbelehrung ausgehändigt worden ist. 74aus sicht des klägers und seiner ehefrau konnte es damit für den beginn des laufs der fristen nur auf den ihnen ausgehändigten vertrag ankommen, während die als teil eines vorformulierten textbausteins enthaltene variante des erhalts eines vertragsantrags offensichtlich auf andere fälle zielte. hat der darlehensgeber aber nach den umständen des konkreten falles – wie hier - zutreffend über den fristbeginn belehrt und den verbraucher in die lage versetzt, sein widerrufsrecht fristgerecht auszuüben, so ist es aus verbraucherschutzgesichtspunkten nicht geboten, dem darlehensnehmer das widerrufsrecht über die gesetzlich vorgesehene frist von 2 wochen hinaus zu erhalten (olg düsseldorf, a.a.o.). 75c) 76der in der streitgegenständlichen widerrufsbelehrung enthaltene abschnitt „finanzierte geschäfte“ verstößt hier ebenfalls nicht gegen das aus des § 355 abs. 2 s. 1 bgb a.f. folgende deutlichkeitsgebot. 77es lag kein finanziertes (verbundenes) geschäft vor, weshalb die belehrungen in diesem abschnitt den widerruf des vorliegenden darlehensvertrags nicht betrafen, mithin keinerlei wirkung entfalten konnten, weshalb diese passage für eine ordnungsgemäße information des verbrauchers über dessen widerrufsrecht ohne belang ist (vgl. olg frankfurt am main, urt. v. 07.07.2014, 23 u 172/13, beckrs 2014, 16740; olg düsseldorf, urt. v. 12.06.2015, i-22 u 17/15, beckrs 2015, 13607 unter rn. 72). 78dies war für den kläger und seine ehefrau auch ohne weiteres erkennbar, weshalb dieser teil der belehrung weder von der im übrigen zutreffenden widerrufsbelehrung ablenken noch den kläger und seine ehefrau verwirren konnte. 79c) 80ob der (verfristeten) ausübung des widerrufsrechts der einwand der verwirkung oder sonstige gründe entgegenstehen, kann aus den vorstehenden gründen dahinstehen. 812. 82der klageantrag zu 2) ist ebenfalls unbegründet, da die zurückweisung des widerrufs der vertragserklärung zu dem streitgegenständlichen darlehensvertrag durch die beklagte nicht unberechtigt war und sie deshalb auch nicht für damit verbundene wirtschaftlichen nachteile des klägers einzustehen hat. 833. 84mangels hauptforderung steht den klägern gegen die beklagte auch kein anspruch auf ersatz von außergerichtlichen rechtsanwaltskosten zu. 85ii. 86einer entscheidung über die hilfs-(dritt-)widerklage bedurfte es nicht, da diese bei einer - auch bei prozesserklärungen zulässigen und hier mangels ausdrücklicher erklärung der beklagten gebotenen - objektiven auslegung gemäß §§ 133, 157 bgb unter der innerprozessualen bedingung der begründetheit der klage erhoben worden ist. 87iii. 88die kostenentscheidung beruht auf § 91 abs. 1 zpo und die entscheidung die vorläufige vollstreckbarkeit auf § 709 s. 1 u. 2 zpo. 89rechtsbehelfsbelehrung: 90gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 911. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 922. wenn die berufung in dem urteil durch das landgericht zugelassen worden ist. 93die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem oberlandesgericht düsseldorf, cecilienallee 3, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils (datum des urteils, geschäftsnummer und parteien) gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 94die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem oberlandesgericht düsseldorf zu begründen. 95die parteien müssen sich vor dem oberlandesgericht düsseldorf durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 96mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 97
Verklagte*r
0
165,161
13 K 3070/12
2015-05-29T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. 1Tatbestand: 2Der als Justizoberinspektor beschäftigte Kläger steht in Diensten des beklagten Landes. Im Monat Januar 2009 wurde der Kläger aus der Besoldungsgruppe A 10, Besoldungsstufe 8, besoldet. Mit am 29. Dezember 2011 bei dem beklagten Land eingegangenen Schreiben vom 22. Dezember 2011 beantragte er für die Zeit vom 1. Januar 2008 die Neufestsetzung seiner Besoldung, berechnet nach der höchsten Dienstaltersstufe seiner Besoldungsgruppe. Das beklagte Land wies den Antrag mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2012 als unbegründet ab. 3Der Kläger hat am 8. November 2012 Klage erhoben, ohne einen hinreichend bestimmten Antrag zu stellen. In Reaktion auf die Aufforderung des Gerichts vom gleichen Tage, einen solchen bestimmten Antrag zu stellen, haben die Kläger-Vertreter den Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2012 zu den Gerichtsakten gereicht. Die Kammer forderte die Kläger-Vertreter unter dem 13. November 2012 daraufhin erneut auf, einen bestimmten Klageantrag zu stellen, das Begehren mitzuteilen. Mit Schriftsatz vom 14. November 2012 erklärten die Prozessbevollmächtigten des Klägers, dass dieser – rückwirkend ab dem 1. Januar 2008 – die Zahlung eines Grundgehaltes nach der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe (nebst Zinsen) begehre. Mit Schriftsatz vom 14. Januar 2013 erläuterte der Kläger sein Begehren, stützte sein Begehren insbesondere auf eine Altersdiskriminierung durch das damals geltende Landesbesoldungsrecht und berief sich im Wesentlichen auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 8. September 2011 (C-297/10 und C-298/10). Er sei wegen der Europarechtswidrigkeit der monierten besoldungsrechtlichen Regelung aus der Endstufe seiner Besoldungsgruppe zu besolden. 4Die Kammer hat die Beteiligten unter dem 4. November 2014 auf die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts (urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 3.13 –) hingewiesen. Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 23. März 2015 machte der Kläger weiter geltend, dass sich der Anspruchszeitraum auf der Basis der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2014 bzw. des § 15 Abs. 4 Satz 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) richtigerweise mindestens auf die Zeit bereits ab Oktober 2011 erstrecken dürfe. Mit Schriftsatz vom 22. April 2015 hat der Kläger sein Begehren „erweitert“ und dargetan, dass er hilfsweise – für den Fall der Unbegründetheit des hauptsächlich Verfolgten – für die Zeit von Januar 2008 bis Mai 2013 eine Entschädigung in Höhe von mindestens 100,- € monatlich begehre. 5Die Prozessbevollmächtigten des Klägers beantragen, 671. Das beklagte Land unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2012 zu verurteilen, dem Kläger rückwirkend ab dem 1. Januar 2008 Grundgehalt nach der höchsten Stufe seiner (jeweiligen) Besoldungsgruppe nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Dezember 2011 zu zahlen, 892. hilfsweise, das beklagte Land zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit von Januar 2008 bis einschließlich Mai 2013 für jeden vollen Kalendermonat eine Entschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die jedoch 100,- € je Kalendermonat nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2013 zu zahlen. 10Das beklagte Land beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. 13Entscheidungsgründe: 14Die Klage hat weder mit dem Haupt-, noch mit dem Hilfsantrag Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Zahlung einer höheren Besoldung. Er hat auch keinen Anspruch auf eine Entschädigung. 15Der Kläger hat zunächst mit Blick auf die Frage der Altersdiskriminierung keine (eigentlichen) besoldungsrechtlichen Ansprüche, sodass er mit seinem Hauptantrag unterliegt. Zwar steht nach der den Beteiligten bekannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG), 16Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 u.a. –, juris, 17zur Überzeugung des erkennenden Gerichts fest, dass (auch) die (vormalige) nordrhein-westfälische Regelung der Besoldung, die auf Lebensaltersstufen abstellte, den Kläger unmittelbar aufgrund seines Lebensalters benachteiligt hat. Ein Anspruch des Klägers auf Einstufung in eine höhere oder gar in die höchste Dienstaltersstufe ihrer Besoldungsgruppe zum Ausgleich dieser ungerechtfertigten Diskriminierung ist jedoch ausgeschlossen, weil von der Diskriminierung potenziell sämtliche Beamten erfasst waren, sodass kein gültiges Bezugssystem bestand, das als Grundlage herangezogen werden könnte. 18Vgl. zu diesem Ansatz: BVerwG, a.a.O., juris, Rdnr. 12 ff. des juris-Abdrucks. 19In Betracht käme deshalb allenfalls ein Entschädigungsanspruch des Klägers nach Maßgabe des § 15 Abs. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG, welcher dem Grunde nach auch gegeben ist, 20so: BVerwG, a.a.O., juris, Rdnr. 31 ff., 21und von den Kläger-Vertretern hilfsweise – wenn auch unnötig (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, a.a.O., juris, Rdnr. 32) – beantragt worden ist. 22Der Entschädigungsanspruch scheitert jedoch daran, dass der Kläger die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG von zwei Monaten zur schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs nicht gewahrt hat. 23Vgl. zur Anwendbarkeit des § 15 AGG: Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 3. Dezember 2014 – L-11 U 6/13, 11 U 6/13 –, juris. 24Die Frist beginnt nach § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG zu dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene von der Benachteiligung Kenntnis erlangt hat. Der Betroffene hat nach der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Kenntnis von der Benachteiligung, wenn er die anspruchsbegründenden Tatsachen kennt. Dass er aus diesen Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht, ist nicht erforderlich. Für den Fall einer – hier zunächst anzunehmenden – unsicheren und zweifelhaften Rechtslage ist von diesem Grundsatz eine Ausnahme geboten. Der Lauf der Ausschlussfrist beginnt dann zu dem Zeitpunkt, ab dem die Erhebung einer Klage für den Betroffenen zumutbar ist, d.h. die Klage hinreichend aussichtsreich, wenn auch nicht risikolos ist. In diesen Fällen ist danach die objektive Klärung der Rechtslage durch höchstrichterliche Entscheidungen maßgeblich. Die entscheidungserhebliche Rechtslage ist hier durch die Verkündung des Urteils des EuGH in Sachen Hennigs und Mai am 8. September 2011 geklärt worden. 25So: BVerwG, a.a.O., juris, Rdnr. 53 f.; vgl. auch: Verwaltungsgericht (VG) Bayreuth, Urteile vom 14. April 2015 – B 5 K 14.537 – und vom 24. März 2015 – B 5 K 12.458 –, jeweils juris. 26Der Kläger hat seinen Anspruch erst im Dezember 2011 – und damit nach Ablauf der vorgenannten Ausschlussfrist – geltend gemacht. 27Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers ausdrücklich erstmals im Rahmen der mündlichen Verhandlung geltend macht, dem Kläger stehe ab dem 8. September 2011 ein Anspruch nach Maßgabe des sog. unionsrechtlichen Haftungsanspruchs zu, hat die Klage ebenfalls keinen Erfolg. Zwar dürften die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs ab Verkündung des Urteils des EuGH in Sachen Hennigs und Mai am 8. September 2011 – dem Grunde nach – erfüllt sein, 28so: BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, juris, Leitsatz 2. 29Ein Anspruch des Klägers besteht wegen der Nichteinhaltung der oben angesprochenen Frist des § 15 Abs. 4 AGG insoweit dennoch nicht. Diese Frist findet nämlich auch auf den unionsrechtlichen Haftungsanspruch Anwendung. Nach der Rechtsprechung des EuGH findet der unionsrechtliche Haftungsanspruch seine Grundlage zwar unmittelbar im Gemeinschaftsrecht. Die Folgen des verursachten Schadens sind von dem Mitgliedstaat aber im Rahmen dessen nationalen Haftungsrechts zu beheben. Mangels einer einschlägigen Gemeinschaftsregelung ist es dabei Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die Ausgestaltung von Verfahren zu bestimmen, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Dabei dürfen diese Verfahren nicht weniger günstig ausgestaltet sein, als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Grundsatz der Äquivalenz), und die Ausübung der durch die Unions-Rechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität). In der Bundesrepublik Deutschland wurde die Richtlinie 2000/78/EG vom Bundesgesetzgeber mit dem am 18. August 2006 erstmals in Kraft getretenen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) umgesetzt. Dabei hat der Gesetzgeber mit den §§ 15 und 21 AGG nationale Haftungsnormen in dem vorgenannten Sinne geschaffen, in denen er die Voraussetzungen, unter denen ein Entschädigungs- oder Schadensersatzanspruch wegen Ungleichbehandlungen in Beschäftigung und Beruf und Zivilrechtsverkehr geltend gemacht werden kann, näher bestimmt hat. Die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG ist deshalb auch auf den unionsrechtlichen Haftungsanspruch anwendbar, wenn – wie es hier der Fall ist – dieser Anspruch auf einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot gestützt wird. 30Vgl. zum Ganzen: Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 3. Dezember 2014 – l-11 U 6/13, 11U 6/13 –, juris, Rdnr. 40 ff.; zur Anwendbarkeit des § 15 Abs. 4 AGTG im Rahmen der Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen wegen einer diskriminierenden Altersstufenregelung im BAT vgl. auch: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8. Mai 2013 – 26 Sa 2387/12 –, juris, Rdrn. 69. 31Der Zweck des § 15 Abs. 4 AGG, innerhalb einer kurzen Frist Rechtssicherheit und Rechtsklarheit herbeizuführen, würde vereitelt, wollte man die Frist nicht auf alle Ansprüche erstrecken, die auf den besonderen gesetzlichen Schutz vor Diskriminierung gegründet werden. 32Vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. Juni 2012 – AZR 188/11 –, juris. 33Insofern hat der Europäische Gerichtshof unter ausdrücklicher Erwähnung des § 15 Abs. 4 AGG entschieden, dass Europarecht einer nationalen Regelung, wonach derjenige, der wegen des Alters diskriminiert worden ist, seine Ansprüche auf Ersatz des Schadens gegenüber demjenigen, von dem diese Diskriminierung ausgeht, innerhalt von zwei Monaten geltend machen muss, nicht entgegensteht. 34EuGH, Urteil vom 8. Juli 2010 – C-246/09 – („Bulicke“), juris. 35Da ein Entschädigungsanspruch des Klägers nach dem unionsrechtlichen Haftungsanspruch schon wegen der Versäumung der Frist des § 15 Abs. 4 AGG ausscheidet, brauchte die Kammer nicht darüber zu entscheiden, ob ein solcher Anspruch – darüber hinaus – auch deshalb nicht gegeben wäre, weil dem (Landes-)Gesetzgeber noch eine angemessene Frist zur Beseitigung der unionsrechtlich festgestellten Verstoßes eingeräumt werden müsste, wobei zu berücksichtigen sein dürfte, dass sich die Entscheidung des EuGH in Sachen Hennigs und Mai nicht ausdrücklich auf das nordrhein-westfälische Landesrecht bezog und die Beseitigung legislativen Unrechts nicht ohne einen erheblichen zeitlichen Vorlauf möglich sein dürfte. Ferner braucht die Kammer nicht zu entscheiden, ob und in welcher Höhe den betroffenen Landesbeamten durch die europarechtlich monierte Besoldungsregelung überhaupt ein Schaden entstanden ist. Denn es lässt sich nicht sagen, wie die betroffenen Beamten ohne die Altersdiskriminierung stünden, sodass hier möglicherweise davon gesprochen werden könnte, dass ein „Schaden“ überhaupt nicht festgestellt werden kann. 36Vgl. insofern: Wonka, Das EuGH-Urteil vom 19.06.2014 zur Altersdiskriminierung in der Beamtenbesoldung (RS C-501/12 u.a.; Specht) – offen geblieben sind die Rechtsfolgen, DVBl. 2015, 79 ff. (82); zur Frage eines materiellen Schadens im Sinne des unionsrechtlichen Hafungsanspruchs vgl.: VG Bremen, Urteil vom 24. Februar 2015 – 6 K 2257/13 –, juris, Rdnr. 21. 37Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des rechtsstreits. 1
2der als justizoberinspektor beschäftigte kläger steht in diensten des beklagten landes. im monat januar 2009 wurde der kläger aus der besoldungsgruppe a 10, besoldungsstufe 8, besoldet. mit am 29. dezember 2011 bei dem beklagten land eingegangenen schreiben vom 22. dezember 2011 beantragte er für die zeit vom 1. januar 2008 die neufestsetzung seiner besoldung, berechnet nach der höchsten dienstaltersstufe seiner besoldungsgruppe. das beklagte land wies den antrag mit widerspruchsbescheid vom 19. oktober 2012 als unbegründet ab. 3der kläger hat am 8. november 2012 klage erhoben, ohne einen hinreichend bestimmten antrag zu stellen. in reaktion auf die aufforderung des gerichts vom gleichen tage, einen solchen bestimmten antrag zu stellen, haben die kläger-vertreter den widerspruchsbescheid vom 19. oktober 2012 zu den gerichtsakten gereicht. die kammer forderte die kläger-vertreter unter dem 13. november 2012 daraufhin erneut auf, einen bestimmten klageantrag zu stellen, das begehren mitzuteilen. mit schriftsatz vom 14. november 2012 erklärten die prozessbevollmächtigten des klägers, dass dieser – rückwirkend ab dem 1. januar 2008 – die zahlung eines grundgehaltes nach der höchsten stufe seiner besoldungsgruppe (nebst zinsen) begehre. mit schriftsatz vom 14. januar 2013 erläuterte der kläger sein begehren, stützte sein begehren insbesondere auf eine altersdiskriminierung durch das damals geltende landesbesoldungsrecht und berief sich im wesentlichen auf die entscheidung des europäischen gerichtshofes vom 8. september 2011 (c-297/10 und c-298/10). er sei wegen der europarechtswidrigkeit der monierten besoldungsrechtlichen regelung aus der endstufe seiner besoldungsgruppe zu besolden. 4die kammer hat die beteiligten unter dem 4. november 2014 auf die einschlägige rechtsprechung des europäischen gerichtshofs und des bundesverwaltungsgerichts (urteil vom 30. oktober 2014 – 2 c 3.13 –) hingewiesen. mit schriftsatz seines prozessbevollmächtigten vom 23. märz 2015 machte der kläger weiter geltend, dass sich der anspruchszeitraum auf der basis der urteile des bundesverwaltungsgerichts vom 30. oktober 2014 bzw. des § 15 abs. 4 satz 1 des allgemeinen gleichbehandlungsgesetzes (agg) richtigerweise mindestens auf die zeit bereits ab oktober 2011 erstrecken dürfe. mit schriftsatz vom 22. april 2015 hat der kläger sein begehren „erweitert“ und dargetan, dass er hilfsweise – für den fall der unbegründetheit des hauptsächlich verfolgten – für die zeit von januar 2008 bis mai 2013 eine entschädigung in höhe von mindestens 100,- € monatlich begehre. 5die prozessbevollmächtigten des klägers beantragen, 671. das beklagte land unter aufhebung des widerspruchsbescheides vom 19. oktober 2012 zu verurteilen, dem kläger rückwirkend ab dem 1. januar 2008 grundgehalt nach der höchsten stufe seiner (jeweiligen) besoldungsgruppe nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 30. dezember 2011 zu zahlen, 892. hilfsweise, das beklagte land zu verurteilen, dem kläger für die zeit von januar 2008 bis einschließlich mai 2013 für jeden vollen kalendermonat eine entschädigung, deren höhe in das ermessen des gerichts gestellt wird, die jedoch 100,- € je kalendermonat nicht unterschreiten sollte, nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 1. juni 2013 zu zahlen. 10das beklagte land beantragt, 11die klage abzuweisen. 12wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts und des vorbringens der beteiligten im übrigen wird auf den inhalt der gerichtsakte verwiesen. 13
14die klage hat weder mit dem haupt-, noch mit dem hilfsantrag erfolg. der kläger hat keinen anspruch auf die begehrte zahlung einer höheren besoldung. er hat auch keinen anspruch auf eine entschädigung. 15der kläger hat zunächst mit blick auf die frage der altersdiskriminierung keine (eigentlichen) besoldungsrechtlichen ansprüche, sodass er mit seinem hauptantrag unterliegt. zwar steht nach der den beteiligten bekannten entscheidung des bundesverwaltungsgerichts (bverwg), 16urteil vom 30. oktober 2014 – 2 c 6.13 u.a. –, juris, 17zur überzeugung des erkennenden gerichts fest, dass (auch) die (vormalige) nordrhein-westfälische regelung der besoldung, die auf lebensaltersstufen abstellte, den kläger unmittelbar aufgrund seines lebensalters benachteiligt hat. ein anspruch des klägers auf einstufung in eine höhere oder gar in die höchste dienstaltersstufe ihrer besoldungsgruppe zum ausgleich dieser ungerechtfertigten diskriminierung ist jedoch ausgeschlossen, weil von der diskriminierung potenziell sämtliche beamten erfasst waren, sodass kein gültiges bezugssystem bestand, das als grundlage herangezogen werden könnte. 18vgl. zu diesem ansatz: bverwg, a.a.o., juris, rdnr. 12 ff. des juris-abdrucks. 19in betracht käme deshalb allenfalls ein entschädigungsanspruch des klägers nach maßgabe des § 15 abs. 2 i.v.m. § 24 nr. 1 agg wegen verstoßes gegen das benachteiligungsverbot des § 7 abs. 1 agg, welcher dem grunde nach auch gegeben ist, 20so: bverwg, a.a.o., juris, rdnr. 31 ff., 21und von den kläger-vertretern hilfsweise – wenn auch unnötig (vgl. bverwg, urteil vom 30. oktober 2014 – 2 c 6.13 –, a.a.o., juris, rdnr. 32) – beantragt worden ist. 22der entschädigungsanspruch scheitert jedoch daran, dass der kläger die ausschlussfrist des § 15 abs. 4 agg von zwei monaten zur schriftlichen geltendmachung des anspruchs nicht gewahrt hat. 23vgl. zur anwendbarkeit des § 15 agg: oberlandesgericht hamm, urteil vom 3. dezember 2014 – l-11 u 6/13, 11 u 6/13 –, juris. 24die frist beginnt nach § 15 abs. 4 satz 2 agg zu dem zeitpunkt, in dem der betroffene von der benachteiligung kenntnis erlangt hat. der betroffene hat nach der vorgenannten rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts kenntnis von der benachteiligung, wenn er die anspruchsbegründenden tatsachen kennt. dass er aus diesen tatsachen die zutreffenden rechtlichen schlüsse zieht, ist nicht erforderlich. für den fall einer – hier zunächst anzunehmenden – unsicheren und zweifelhaften rechtslage ist von diesem grundsatz eine ausnahme geboten. der lauf der ausschlussfrist beginnt dann zu dem zeitpunkt, ab dem die erhebung einer klage für den betroffenen zumutbar ist, d.h. die klage hinreichend aussichtsreich, wenn auch nicht risikolos ist. in diesen fällen ist danach die objektive klärung der rechtslage durch höchstrichterliche entscheidungen maßgeblich. die entscheidungserhebliche rechtslage ist hier durch die verkündung des urteils des eugh in sachen hennigs und mai am 8. september 2011 geklärt worden. 25so: bverwg, a.a.o., juris, rdnr. 53 f.; vgl. auch: verwaltungsgericht (vg) bayreuth, urteile vom 14. april 2015 – b 5 k 14.537 – und vom 24. märz 2015 – b 5 k 12.458 –, jeweils juris. 26der kläger hat seinen anspruch erst im dezember 2011 – und damit nach ablauf der vorgenannten ausschlussfrist – geltend gemacht. 27soweit der prozessbevollmächtigte des klägers ausdrücklich erstmals im rahmen der mündlichen verhandlung geltend macht, dem kläger stehe ab dem 8. september 2011 ein anspruch nach maßgabe des sog. unionsrechtlichen haftungsanspruchs zu, hat die klage ebenfalls keinen erfolg. zwar dürften die voraussetzungen des unionsrechtlichen haftungsanspruchs ab verkündung des urteils des eugh in sachen hennigs und mai am 8. september 2011 – dem grunde nach – erfüllt sein, 28so: bverwg, urteil vom 30. oktober 2014 – 2 c 6.13 –, juris, leitsatz 2. 29ein anspruch des klägers besteht wegen der nichteinhaltung der oben angesprochenen frist des § 15 abs. 4 agg insoweit dennoch nicht. diese frist findet nämlich auch auf den unionsrechtlichen haftungsanspruch anwendung. nach der rechtsprechung des eugh findet der unionsrechtliche haftungsanspruch seine grundlage zwar unmittelbar im gemeinschaftsrecht. die folgen des verursachten schadens sind von dem mitgliedstaat aber im rahmen dessen nationalen haftungsrechts zu beheben. mangels einer einschlägigen gemeinschaftsregelung ist es dabei sache der innerstaatlichen rechtsordnung der einzelnen mitgliedstaaten, die ausgestaltung von verfahren zu bestimmen, die den schutz der dem bürger aus dem unionsrecht erwachsenden rechte gewährleisten sollen. dabei dürfen diese verfahren nicht weniger günstig ausgestaltet sein, als bei entsprechenden klagen, die nur innerstaatliches recht betreffen (grundsatz der äquivalenz), und die ausübung der durch die unions-rechtsordnung verliehenen rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (grundsatz der effektivität). in der bundesrepublik deutschland wurde die richtlinie 2000/78/eg vom bundesgesetzgeber mit dem am 18. august 2006 erstmals in kraft getretenen allgemeinen gleichbehandlungsgesetzes (agg) umgesetzt. dabei hat der gesetzgeber mit den §§ 15 und 21 agg nationale haftungsnormen in dem vorgenannten sinne geschaffen, in denen er die voraussetzungen, unter denen ein entschädigungs- oder schadensersatzanspruch wegen ungleichbehandlungen in beschäftigung und beruf und zivilrechtsverkehr geltend gemacht werden kann, näher bestimmt hat. die ausschlussfrist des § 15 abs. 4 agg ist deshalb auch auf den unionsrechtlichen haftungsanspruch anwendbar, wenn – wie es hier der fall ist – dieser anspruch auf einen verstoß gegen das diskriminierungsverbot gestützt wird. 30vgl. zum ganzen: oberlandesgericht hamm, urteil vom 3. dezember 2014 – l-11 u 6/13, 11u 6/13 –, juris, rdnr. 40 ff.; zur anwendbarkeit des § 15 abs. 4 agtg im rahmen der geltendmachung von entschädigungsansprüchen wegen einer diskriminierenden altersstufenregelung im bat vgl. auch: landesarbeitsgericht berlin-brandenburg, urteil vom 8. mai 2013 – 26 sa 2387/12 –, juris, rdrn. 69. 31der zweck des § 15 abs. 4 agg, innerhalb einer kurzen frist rechtssicherheit und rechtsklarheit herbeizuführen, würde vereitelt, wollte man die frist nicht auf alle ansprüche erstrecken, die auf den besonderen gesetzlichen schutz vor diskriminierung gegründet werden. 32vgl. bundesarbeitsgericht, urteil vom 21. juni 2012 – azr 188/11 –, juris. 33insofern hat der europäische gerichtshof unter ausdrücklicher erwähnung des § 15 abs. 4 agg entschieden, dass europarecht einer nationalen regelung, wonach derjenige, der wegen des alters diskriminiert worden ist, seine ansprüche auf ersatz des schadens gegenüber demjenigen, von dem diese diskriminierung ausgeht, innerhalt von zwei monaten geltend machen muss, nicht entgegensteht. 34eugh, urteil vom 8. juli 2010 – c-246/09 – („bulicke“), juris. 35da ein entschädigungsanspruch des klägers nach dem unionsrechtlichen haftungsanspruch schon wegen der versäumung der frist des § 15 abs. 4 agg ausscheidet, brauchte die kammer nicht darüber zu entscheiden, ob ein solcher anspruch – darüber hinaus – auch deshalb nicht gegeben wäre, weil dem (landes-)gesetzgeber noch eine angemessene frist zur beseitigung der unionsrechtlich festgestellten verstoßes eingeräumt werden müsste, wobei zu berücksichtigen sein dürfte, dass sich die entscheidung des eugh in sachen hennigs und mai nicht ausdrücklich auf das nordrhein-westfälische landesrecht bezog und die beseitigung legislativen unrechts nicht ohne einen erheblichen zeitlichen vorlauf möglich sein dürfte. ferner braucht die kammer nicht zu entscheiden, ob und in welcher höhe den betroffenen landesbeamten durch die europarechtlich monierte besoldungsregelung überhaupt ein schaden entstanden ist. denn es lässt sich nicht sagen, wie die betroffenen beamten ohne die altersdiskriminierung stünden, sodass hier möglicherweise davon gesprochen werden könnte, dass ein „schaden“ überhaupt nicht festgestellt werden kann. 36vgl. insofern: wonka, das eugh-urteil vom 19.06.2014 zur altersdiskriminierung in der beamtenbesoldung (rs c-501/12 u.a.; specht) – offen geblieben sind die rechtsfolgen, dvbl. 2015, 79 ff. (82); zur frage eines materiellen schadens im sinne des unionsrechtlichen hafungsanspruchs vgl.: vg bremen, urteil vom 24. februar 2015 – 6 k 2257/13 –, juris, rdnr. 21. 37die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo.
Verklagte*r
0
168,862
7a K 2538/14.A
2015-01-08T00:00:00
Urteil
Tenor Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 16. Mai 2014 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger und die Beklagte je zur Hälfte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Gerichtskosten werden nicht erhoben. 1Tatbestand: 2Die Kläger, marokkanische Staatsangehörige, reisten am 8. März 2014 in die Bundesrepublik ein und beantragten am 14. März 2014 Asyl. Dabei gaben sie an, 2011 von Marokko aus mit einem Boot nach Italien gereist zu sein. Dort hätten sie selbst für ihren Unterhalt sorgen sollen, aber keine Arbeit gefunden. Sie hätten keine Wohnung finanzieren können. Daher seien sie nach Deutschland weitergereist. 3Eine Anfrage des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) bei der EURODAC-Datenbank ergab, dass die Personalien der Kläger in Italien am 15. September 2011 erfasst worden sind. Am 18. April 2014 übersandte das Bundesamt ein Übernahmeersuchen nach Italien. Dieses wurde nicht beantwortet. 4Mit Bescheid vom 16. Mai 2014 stellte das Bundesamt fest, dass der Antrag unzulässig sei und ordnete die Abschiebung nach Italien an, da die Kläger dort bereits einen Asylantrag gestellt hätten, das Wiederaufnahmegesuch beim Innenministerium Italiens nicht beantwortet worden und daher von der Zuständigkeit Italiens auszugehen sei. Besondere humanitäre Gründe, das Selbsteintrittsrecht auszuüben, seien nicht erkennbar. 5Am 7. November 2014 haben die Kläger Klage erhoben und am 28. Mai 2014 um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Das Asylsystem in Italien leide unter systemischen Mängeln. Daher habe die Bundesrepublik Deutschland ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben. 6Die Kläger beantragen schriftsätzlich, 7die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 16. Mai 2014 zu verpflichten, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylVfG sowie – hilfsweise – des § 4 Abs. AsylVfG – weiterhin hilfsweise – Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. 8Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 9die Klage abzuweisen. 10Sie hält systemische Mängel im Flüchtlingsaufnahmeverfahren in Italien für nicht gegeben. 11Mit Beschluss vom 6. Oktober 2014 hat die Kammer die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung nach Italien angeordnet (7a L 834/14.A). 12Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte, einschließlich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakte Heft 1). 13Entscheidungsgründe: 14Die Klage, über die im Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO -), ist, soweit die Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 16. Mai 2014 begehrt wird, als Anfechtungsklage zulässig, im Übrigen ist sie unzulässig. 15Gegen die mit dem Bescheid allein getroffene Entscheidung nach §§ 27a, 34a des Asylverfahrensgesetzes ‑ AsylVfG ‑ ist die Anfechtungsklage zulässig, weil die isolierte Aufhebung der Entscheidungen zu Ziff. 1. und 2. des Bescheides zur gesetzlichen Verpflichtung des Bundesamtes führt, das Asylverfahren durchzuführen (vgl. §§ 31, 24 AsylVfG). Mit der Aufhebung des Bescheides vom 16. Mai 2014 ist das Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylgesuchs beseitigt. 16So auch: VG Düsseldorf, Urteil vom 10. Februar 2014 ‑ 25 K 8830/13.A -, InfAuslR 2014, 159 ff; im Ergebnis auch: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 ‑ A 11 S 1721/13 -, juris, Rdnr. 18. 17Neben diesem Anfechtungsbegehren sind die weitergehenden Anträge mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Das Bundesamt hat bisher keine Sachentscheidung getroffen. Den Klägern ginge eine Tatsacheninstanz mit umfassenden Verfahrensgarantien verloren, wenn das Gericht durch entscheiden würde, obgleich das Bundesamt bisher nur mit der vorrangigen Frage der Zuständigkeit des Mitgliedstaates befasst war. 18Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014, a.a.O.; VG Düsseldorf, Urteil vom 10. Februar 2014, a.a.O. 19Die Anfechtungsklage ist auch begründet. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 16. Mai 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Kläger haben einen Anspruch darauf, dass die Beklagte von ihrem Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) Gebrauch macht und ihren Asylantrag inhaltlich prüft. Das Ermessen der Beklagten ist insoweit auf null reduziert. 20Die Beklagte ist zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts verpflichtet, weil Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien auch derzeit noch systemische Mängel aufweisen, die die Prognose rechtfertigen, dass der Asylbewerber dort mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein wird. 21Vgl. zum Maßstab zuletzt: BVerwG, Urteil vom 19. März 2014 ‑ 10 B 6/14 -, juris, Rdnr. 9 m.w.N. 22Zur Situation von Asylbewerbern und Flüchtlingen in Italien und zu den dortigen Aufnahmebedingungen hat die Kammer zuletzt in einem Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ‑ Beschluss vom 13. November 2014, Az. 7a L 1718/14.A ‑ unter Auswertung der vorliegenden Erkenntnisquellen Folgendes ausgeführt: 23„Gem. § 34 a Abs. 1 S. 1 und 2 des Asylverfahrensgesetzes ‑ AsylVfG ‑ ordnet das Bundesamt, wenn die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) erfolgen soll, die Abschiebung an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Gegenüber dem Antragsteller ist die Abschiebung nach Italien, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union und insofern in einen kraft verfassungsrechtlicher Bestimmung sicheren Drittstaat (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG); § 26a Abs. 2 AsylVfG), angeordnet worden. Darüber hinaus ergibt sich die Zuständigkeit Italiens aus § 27a AsylVfG i. V. m. Art. 12, 13 der Verordnung (EG) Nr. 604//2013 ‑ Dublin III-Verordnung ‑. Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Das ist hier grundsätzlich der Fall, weil der Antragsteller sich seit 2002 mehrere Jahre vor seiner Einreise ins Bundesgebiet in Italien aufgehalten hatte und dorthin zuletzt nach einem Aufenthalt in Österreich zurückgekehrt war (Art. 13 Abs. 2 Dublin-III-VO). 24Aus Sicht der Kammer spricht allerdings Überwiegendes dafür, dass die Antragsgegnerin von ihrem Selbsteintrittsrecht aus Art. 17 Abs. 1 Dublin III-Verordnung Gebrauch machen und das Asylbegehren in eigener Zuständigkeit prüfen muss. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedsstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist, und wird dadurch zum zuständigen Mitgliedsstaat im Sinne der Verordnung. 25Das hiernach dem Mitgliedsstaat grundsätzlich eingeräumte Ermessen dürfte voraussichtlich in Bezug auf die Rücküberstellung nach Italien derzeit auf null reduziert sein, weil dort gegenwärtig systemische Mängel des Asylverfahrens zu besorgen sind, denen der Antragsteller ausgesetzt sein wird. 26Die den Regeln des Selbsteintrittsrechts und der Dublin-III-VO zugrundeliegende Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ‑ EUGrdRCH ‑, der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Genfer Flüchtlingskonvention steht, 27Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 ‑ C-411/10 ‑, NVwZ 2012, 417. 28trifft nach vorliegenden Erkenntnissen für Italien gegenwärtig wohl nicht zu. 29Dabei reicht allerdings nicht jede Verletzung von Verfahrens- oder materiellem Recht, um eine Selbsteintrittspflicht zu begründen. Ein Mitgliedstaat muss vielmehr die Überstellung eines Asylbewerbers an den zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Dublin-II-VO nur unterlassen, wenn ihm nicht unbekannt sein kann, dass das Asylverfahren in diesem Mitgliedstaat systemische Mängel aufweist, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union implizieren. In diesem Fall ist die Überstellung auch nach nationalem Verfassungsrecht unzulässig, wenn ‑ bezogen auf den Drittstaat bzw. auf den zuständigen Staat ‑ Abschiebungshindernisse durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. 30Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 ‑ 2 BvR 1938/93‑, juris. 31Ausgehend von diesen Maßstäben bestehen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen in Italien an systemischen Mängeln leiden. Dementsprechend ist das Interesse des Antragstellers daran, Schutz entsprechend den im Europäischen Gemeinschaftsrecht vereinbarten Mindeststandards zu erlangen, vorrangig gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse. 32Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass dem Antragsteller im Falle seiner Rücküberstellung nach Italien im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im zuvor dargestellten Sinne droht, er namentlich im Falle einer Überstellung nach Italien eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S. der Art. 4 EUGrdRCH, Art. 3 EMRK zu befürchten hat. 33Dafür liegen nach dem jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte unzweifelhafte Anhaltspunkte vor (EGMR, Urteil vom 4. November 2014, Case of Tarakhel vs. Switzerland 2917/12, u.a. Rdnr. 50 ff; 108, 115), die auch für den Kreis der nicht besonders schutzwürdigen Personen, zu denen der Antragsteller als alleinstehender Mann ohne Kinder gehört, nur unter eingeschränkten Bedingungen eine Abschiebung nach Italien zulassen. 34Die tatsächliche Situation von Schutzsuchenden in Italien stellt sich nach der gegenwärtigen Erkenntnislage im Wesentlichen wie folgt dar: 35Im Sommer 2013 ist die Zahl der in Italien ankommenden (Boots-)Flüchtlinge ‑ erneut ‑ stark angestiegen. 36Vgl. z.B. Zahlenangaben und Vergleiche 2011-2013 bei: Zeit online vom 10. Oktober 2013 unter Hinweis auf Material UNHCR; tagesschau.de vom 20. August 2013. 37Die bis dahin schon bedenkliche Auslastung der Aufnahmekapazitäten hat sich verschlechtert. 38Nach dem jüngsten Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom Oktober 2013, der auf einer Abklärungsreise nach Rom und Mailand, verschiedenen Interviews mit Vertretern von Nicht-Regierungs-Organisationen ‑ NGO’s ‑, Behörden und Flüchtlingen sowie aktuellen Berichten über die Situation in Italien fußt, sind die Aufnahmekapazitäten der für alle Asylsuchenden vorgesehenen Erstaufnahmezentren CARA, in denen auch sog. Dublin-Rückkehrende im Falle ihrer Rücküberstellung nach Italien grds. ‑ befristet ‑ unterkommen können, ausgelastet. Das gilt auch für die bereitgestellten Plätze im sog. FER-Projekt (vom Europäischen Flüchtlingsrat finanzierte Unterkünfte), die an den Flughäfen Rom und Mailand angeboten werden. Die Anzahl der Plätze in diesen Projekten, die zeitlich beschränkt sind, ist ohnehin sehr gering. 39Schweizerische Flüchtlingshilfe ‑ SFH ‑, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013 , S. 5, 14 ff, 20. 40Auch das Zweitaufnahmesystem SPRAR, das auf einer Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und NGO‘s basiert, ist ausgelastet; noch im Juli 2013 wurde vom italienischen Innenministerium wegen Überfüllung der Erstaufnahmezentren um Aufstockung der Plätze gebeten. 41Vgl. SFH, a.a.O., S. 23, Fußnote 135 unter Bezugnahme auf eine e-Mail Auskunft von borderline-europe vom 7. August 2013. 42Eine erhebliche Verschlechterung der Aufnahmebedingungen und deutliche Überbelegungen in den Zentren beklagt auch der UNHCR in seinen Empfehlungen vom Juli 2013, 43UNHCR Recommendations on important Aspects of Refugee protection in Italy, Juli 2013, S. 9 ff. 44Die tatsächliche Überbelegung wird schließlich anhand des von der Liaisonbeamtin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Rom vom 21. November 2013 unter Bezugnahme auf Daten des italienischen Innenministeriums vom 8. November 2013 übersandten Zahlenmaterials, das bestimmte Aufnahmezentren abdeckt (CARA/CDA), deutlich: Danach war dort in verschiedenen Orten „ursprünglich“ eine Kapazität von insgesamt 6.180 Plätzen, sind „jetzt“ 7.516 Plätze „vorgesehen“, die tatsächlich mit 10.856 Schutzsuchenden belegt sein sollen, 45vgl. Wiedergabe der Information der Liaisonbeamtin in der Klageerwiderung der Antragsgegnerin im Verfahren 7a K 486/14.A. 46Die Frage, ob das vom italienischen Innenministerium übermittelte Zahlenmaterial belastbar ist, lässt die Kammer dabei offen. 47Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 11. September 2013 an das OVG NRW (dort zu d) ist verlässliches Datenmaterial nicht zu erlangen; dahingehend auch: UNHCR, a.a.O., z.B. S. 10, 13. 48Rücküberstellte haben nach Einschätzung einer italienischen Untersuchungskommission keine ausdrückliche Garantie für eine Unterbringung in einer Aufnahmeeinrichtung. 49Vgl. Auskunft der italienischen Vereinigung für rechtliche Untersuchungen zur Situation von Einwanderern ‑ ASGI ‑ vom 20. November 2012 an das VG Darmstadt. 50Die anderslautende Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 11. September 2013 an das Oberverwaltungsgericht NRW (dort zu c) legt die Kammer im vorläufigen Rechtsschutzverfahren angesichts der wiedergegebenen Erkenntnisse vor Ort tätiger Organisationen, der unter b) dieser Auskunft des Auswärtigen Amtes angedeuteten Schwierigkeiten bei der Unterbringung unter Hinnahme auch Wochen fehlender Unterkunft und mit Rücksicht darauf, dass nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes kein belastbares Zahlenmaterial zu tatsächlichen Unterbringungsmöglichkeiten der Dublin-II-Rückkehrer von offizieller Seite zu erlangen ist (AA, Auskunft vom 11.09.2013, a.a.O., zu d)) nicht zugrunde. 51Aus der Schwierigkeit, dauerhaft eine angemessene und sichere Unterkunft zu erlangen, folgen insbesondere von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe beschriebene Probleme der (Dauer-)Obdachlosigkeit, Verwahrlosung und auch der (sexuellen) Ausbeutung für die Schutzsuchenden. 52SFH, a.a.O., z.B. S. 40, 45. 53Ein weiterer wesentlicher Mangel im System der Versorgung von Asylsuchenden ist darin zu sehen, dass der Mehrheit der Flüchtlinge ‑ abgesehen von der Unterbringung in Erstaufnahmezentren ‑ keine ausreichende Unterstützung und Hilfeleistungen zuteilwerden, die ein sozial würdiges Leben in einer für sie fremden Umgebung ermöglichen. Dazu gehört auch ein Mindestmaß an Integritätsbemühungen des Staates, um den Schutzsuchenden eine Teilnahme am Alltagsleben in Italien zu ermöglichen, wie etwa Sprachunterricht. Die vereinzelten Angebote decken den tatsächlichen Bedarf nicht annähernd ab. 54Vgl. UNHCR, a.a.O., S. 10, 12 f: “their self-reliance remains a concern after the end of the emergency reception plan. This is mainly because of the poor quality of reception services, … more broadly, because of the economic situation in Italy.”; SFH, a.a.O., S. 43 ff. 55Belastbare Auskünfte und Stellungnahmen aus jüngster Zeit, die die dargestellten allgemeinen Erkenntnisse erschüttern könnten, liegen bisher nicht vor. 56Die Kammer folgt der Einschätzung des UNHCR in den „Empfehlungen“, dass die Missstände insoweit auf fehlender strategischer und struktureller Planung und zuverlässiger Koordinationsmechanismen auf zentraler Ebene beruhen. Diese Bewertung wird von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe erneut im aktuellen Bericht geteilt. 57UNHCR, a.a.O., S. 10,13.; ebenso: SFH, a.a.O., S. 7. 58Die Kammer stuft diese Mängel insgesamt als systemisch ein, weil sie auf einem unzureichenden Aufnahmesystem und einem fehlendem materiellen und sozialen Sicherungsnetz beruhen, das der italienische Staat trotz ausreichender rechtlicher Rahmenbedingungen nicht bereitstellt. 59Ebenso: VG Gießen, Urteil vom 25. November 2013 ‑ 1 K 844/11.GI.A ‑ juris, insbes. Rdnr. 33 f m.w.N.; VG Frankfurt a.M., Urteil vom 9. Juli 2013 ‑ 7 K 560/11.F.A. ‑, juris Rdnr. 24 ff; VG Köln, Beschluss vom 7. Mai 2013 ‑ 20 L 613/13.A ‑ juris, VG Aachen, Beschluss vom 14. März 2013 ‑ 9 L 53/13.A, juris, VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 17. Mai 2013 ‑ 5a L 566/13.A -, juris. 60Am 4. Juni 2013 hat das italienische Innenministerium einen sog. EASO-Support-Plan beschlossen und mit dem Europäischen Asylunterstützungsbüro EASO einen Unterstützungsplan vereinbart. Dies verdeutlicht, dass der italienische Staat derzeit selbst davon ausgeht, den Mindestnormen der Gemeinschaft für die Aufnahme von Asylbewerbern nicht aus eigenen Kräften zu entsprechen. Dieser „Hilfsplan“ reicht bis Ende 2014. 61Vgl. EASO press-release 4.6.2013, EASO-Italy-Special-Support-Plan. 62Ob die Situation der Flüchtlinge sich dadurch nachhaltig bessert, bleibt abzuwarten. 63An der Einschätzung, dass in Italien auch zum jetzigen Zeitpunkt noch systemische Mängel des Asylverfahrens bestehen, die dazu führen, dass Flüchtlinge einschließlich der Antragsteller überwiegend wahrscheinlich menschenrechtswidrigen Verhältnissen ausgesetzt werden, hält die Kammer auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NRW zum jetzigen Zeitpunkt fest. Das Urteil des OVG NRW vom 7. März 2014 ‑ 1 A 21/12.A ‑, das die Rücküberstellung nach Italien für zulässig erachtet, beruht auf der Erkenntnislage, die auch die Kammer zugrundegelegt hat. Der Auffassung des Senats, die sich aus der Erkenntnislage ergebende Situation in Italien lasse noch kein systemisches, die Grenze zur drohenden Grundrechtsverletzung nach Art. 4 EuGRCh überschreitendes Versagen des Staates erkennen, vermag die Kammer gegenwärtig nicht zu folgen. 64Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Zahl der in Italien aufzunehmenden Flüchtlinge 2014 weiter erheblich angestiegen ist und erst jüngst das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR dringend angemahnt hat, einen strukturierten Plan zur Aufnahme der Flüchtlinge in Italien zu entwickeln. Anlass für diese Mahnung war, dass in Italien im Juni 2014 ca. 400 Flüchtlinge auf zwei Parkplätzen vor Rom und Mailand ohne Versorgung hilflos ausgesetzt worden waren. 65Vgl. z.B. Spiegel online 10. Juni 2014 „Hunderte Bootsflüchtlinge auf Parkplätzen ausgesetzt“; N24 10. Juni 2014; Huffington Post 18. Juni 2014 „Italy’s Churches shelter Refugees despite overflowing migrant crises“; FR 15. Juni 2014 „Mehr als 1500 Bootsflüchtlinge in 24 Stunden“; vgl. allgemein auch: west-info.eu 15. Juli 2014 „The new Europe begins at Lampedusa“ by G. Terranova. 66Erkenntnisse darüber, dass Italien angesichts der gestiegenen Zahlen die ohnehin überfüllten Unterbringungskapazitäten entsprechend aufgestockt hätte und den weiteren dargestellten Mängeln im Aufnahmeverfahren wirksam begegnet wäre, liegen nicht vor. 67Wegen der Zurückweisung von Flüchtlingen ohne Möglichkeit der Antragstellung hat die Europäische Kommission zudem ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien eingeleitet. 68Vgl. Asylmagazin, hrsg. v. Informationsverbund Asyl und Migration 5/2014, S. 142. 69Die Unanwendbarkeit der Zuständigkeitsregelungen der Dublin-III-VO aus Gründen höherrangigen Rechts ist danach insgesamt im vorläufigen Rechtsschutz mit der Folge zu bejahen, dass eine Rücküberstellung nach Italien derzeit nicht ‑ jedenfalls nicht ohne die erforderliche Rückversicherung im Einzelfall, dass der Betreffende Asylbewerber ohne Verletzung von Art. 3 MRK aufgenommen und untergebracht wird ‑, erfolgen darf. 70Vgl. EGMR, Urteil vom 4. November 2014, a.a.O. 71Eine solche Garantie hat die Beklagte, die sich ausschließlich auf die schriftlich angezeigte Übernahmebereitschaft Italiens bezieht, nicht eingeholt.“ 72Diese Eischätzung legt das Gericht auch für das vorliegende Klageverfahren zugrunde. Auch im Falle der Kläger hat die Beklagte eine Rückversicherung im Einzelfall nicht eingeholt. Vielmehr hat Italien auf die Übernahmeanfrage der Beklagten nicht reagiert. Diese beruft sich für die Zuständigkeitsfrage allein auf den Fristablauf. 73Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83 b AsylVfG nicht erhoben. Die Regelung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
der bescheid des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 16. mai 2014 wird aufgehoben. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des verfahrens tragen die kläger und die beklagte je zur hälfte. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der jeweilige vollstreckungsschuldner kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger zuvor sicherheit in gleicher höhe leistet. gerichtskosten werden nicht erhoben. 1
2die kläger, marokkanische staatsangehörige, reisten am 8. märz 2014 in die bundesrepublik ein und beantragten am 14. märz 2014 asyl. dabei gaben sie an, 2011 von marokko aus mit einem boot nach italien gereist zu sein. dort hätten sie selbst für ihren unterhalt sorgen sollen, aber keine arbeit gefunden. sie hätten keine wohnung finanzieren können. daher seien sie nach deutschland weitergereist. 3eine anfrage des bundesamtes für migration und flüchtlinge (bundesamt) bei der eurodac-datenbank ergab, dass die personalien der kläger in italien am 15. september 2011 erfasst worden sind. am 18. april 2014 übersandte das bundesamt ein übernahmeersuchen nach italien. dieses wurde nicht beantwortet. 4mit bescheid vom 16. mai 2014 stellte das bundesamt fest, dass der antrag unzulässig sei und ordnete die abschiebung nach italien an, da die kläger dort bereits einen asylantrag gestellt hätten, das wiederaufnahmegesuch beim innenministerium italiens nicht beantwortet worden und daher von der zuständigkeit italiens auszugehen sei. besondere humanitäre gründe, das selbsteintrittsrecht auszuüben, seien nicht erkennbar. 5am 7. november 2014 haben die kläger klage erhoben und am 28. mai 2014 um gewährung vorläufigen rechtsschutzes nachgesucht. das asylsystem in italien leide unter systemischen mängeln. daher habe die bundesrepublik deutschland ihr selbsteintrittsrecht auszuüben. 6die kläger beantragen schriftsätzlich, 7die beklagte unter aufhebung des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 16. mai 2014 zu verpflichten, die kläger als asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die voraussetzungen des § 3 abs. 1 asylvfg sowie – hilfsweise – des § 4 abs. asylvfg – weiterhin hilfsweise – abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 oder 7 satz 1 aufenthg vorliegen. 8die beklagte beantragt schriftsätzlich, 9die klage abzuweisen. 10sie hält systemische mängel im flüchtlingsaufnahmeverfahren in italien für nicht gegeben. 11mit beschluss vom 6. oktober 2014 hat die kammer die aufschiebende wirkung der klage gegen die abschiebungsandrohung nach italien angeordnet (7a l 834/14.a). 12wegen der weiteren einzelheiten des vorbringens der beteiligten wird bezug genommen auf die gerichtsakte, einschließlich der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten (beiakte heft 1). 13
14die klage, über die im einverständnis der parteien ohne mündliche verhandlung entschieden werden kann (§ 101 abs. 2 der verwaltungsgerichtsordnung ‑ vwgo -), ist, soweit die aufhebung des bescheides des bundesamtes vom 16. mai 2014 begehrt wird, als anfechtungsklage zulässig, im übrigen ist sie unzulässig. 15gegen die mit dem bescheid allein getroffene entscheidung nach §§ 27a, 34a des asylverfahrensgesetzes ‑ asylvfg ‑ ist die anfechtungsklage zulässig, weil die isolierte aufhebung der entscheidungen zu ziff. 1. und 2. des bescheides zur gesetzlichen verpflichtung des bundesamtes führt, das asylverfahren durchzuführen (vgl. §§ 31, 24 asylvfg). mit der aufhebung des bescheides vom 16. mai 2014 ist das verfahrenshindernis für die inhaltliche prüfung des asylgesuchs beseitigt. 16so auch: vg düsseldorf, urteil vom 10. februar 2014 ‑ 25 k 8830/13.a -, infauslr 2014, 159 ff; im ergebnis auch: vgh baden-württemberg, urteil vom 16. april 2014 ‑ a 11 s 1721/13 -, juris, rdnr. 18. 17neben diesem anfechtungsbegehren sind die weitergehenden anträge mangels rechtsschutzbedürfnis unzulässig. das bundesamt hat bisher keine sachentscheidung getroffen. den klägern ginge eine tatsacheninstanz mit umfassenden verfahrensgarantien verloren, wenn das gericht durch entscheiden würde, obgleich das bundesamt bisher nur mit der vorrangigen frage der zuständigkeit des mitgliedstaates befasst war. 18vgl. vgh baden-württemberg, urteil vom 16. april 2014, a.a.o.; vg düsseldorf, urteil vom 10. februar 2014, a.a.o. 19die anfechtungsklage ist auch begründet. der bescheid des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 16. mai 2014 ist rechtswidrig und verletzt die kläger in ihren rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). die kläger haben einen anspruch darauf, dass die beklagte von ihrem selbsteintrittsrecht gemäß art. 17 abs. 1 der verordnung (eg) nr. 604/2013 des europäischen parlaments und des rates (dublin iii-vo) gebrauch macht und ihren asylantrag inhaltlich prüft. das ermessen der beklagten ist insoweit auf null reduziert. 20die beklagte ist zur ausübung des selbsteintrittsrechts verpflichtet, weil asylverfahren und aufnahmebedingungen in italien auch derzeit noch systemische mängel aufweisen, die die prognose rechtfertigen, dass der asylbewerber dort mit beachtlicher, d.h. überwiegender wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung ausgesetzt sein wird. 21vgl. zum maßstab zuletzt: bverwg, urteil vom 19. märz 2014 ‑ 10 b 6/14 -, juris, rdnr. 9 m.w.n. 22zur situation von asylbewerbern und flüchtlingen in italien und zu den dortigen aufnahmebedingungen hat die kammer zuletzt in einem verfahren auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes ‑ beschluss vom 13. november 2014, az. 7a l 1718/14.a ‑ unter auswertung der vorliegenden erkenntnisquellen folgendes ausgeführt: 23„gem. § 34 a abs. 1 s. 1 und 2 des asylverfahrensgesetzes ‑ asylvfg ‑ ordnet das bundesamt, wenn die abschiebung in einen sicheren drittstaat (§ 26a asylvfg) oder in einen für die durchführung des asylverfahrens zuständigen staat (§ 27a asylvfg) erfolgen soll, die abschiebung an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. gegenüber dem antragsteller ist die abschiebung nach italien, einem mitgliedstaat der europäischen union und insofern in einen kraft verfassungsrechtlicher bestimmung sicheren drittstaat (art. 16a abs. 2 satz 1 des grundgesetzes (gg); § 26a abs. 2 asylvfg), angeordnet worden. darüber hinaus ergibt sich die zuständigkeit italiens aus § 27a asylvfg i. v. m. art. 12, 13 der verordnung (eg) nr. 604//2013 ‑ dublin iii-verordnung ‑. nach § 27a asylvfg ist ein asylantrag unzulässig, wenn ein anderer staat auf grund von rechtsvorschriften der europäischen gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen vertrages für die durchführung des asylverfahrens zuständig ist. das ist hier grundsätzlich der fall, weil der antragsteller sich seit 2002 mehrere jahre vor seiner einreise ins bundesgebiet in italien aufgehalten hatte und dorthin zuletzt nach einem aufenthalt in österreich zurückgekehrt war (art. 13 abs. 2 dublin-iii-vo). 24aus sicht der kammer spricht allerdings überwiegendes dafür, dass die antragsgegnerin von ihrem selbsteintrittsrecht aus art. 17 abs. 1 dublin iii-verordnung gebrauch machen und das asylbegehren in eigener zuständigkeit prüfen muss. nach dieser vorschrift kann jeder mitgliedsstaat einen von einem drittstaatsangehörigen eingereichten asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser verordnung festgelegten kriterien nicht für die prüfung zuständig ist, und wird dadurch zum zuständigen mitgliedsstaat im sinne der verordnung. 25das hiernach dem mitgliedsstaat grundsätzlich eingeräumte ermessen dürfte voraussichtlich in bezug auf die rücküberstellung nach italien derzeit auf null reduziert sein, weil dort gegenwärtig systemische mängel des asylverfahrens zu besorgen sind, denen der antragsteller ausgesetzt sein wird. 26die den regeln des selbsteintrittsrechts und der dublin-iii-vo zugrundeliegende vermutung, dass die behandlung der asylbewerber in jedem einzelnen mitgliedstaat im einklang mit den erfordernissen der charta der grundrechte der europäischen union ‑ eugrdrch ‑, der europäischen konvention zum schutze der menschenrechte und grundfreiheiten und der genfer flüchtlingskonvention steht, 27vgl. eugh, urteil vom 21. dezember 2011 ‑ c-411/10 ‑, nvwz 2012, 417. 28trifft nach vorliegenden erkenntnissen für italien gegenwärtig wohl nicht zu. 29dabei reicht allerdings nicht jede verletzung von verfahrens- oder materiellem recht, um eine selbsteintrittspflicht zu begründen. ein mitgliedstaat muss vielmehr die überstellung eines asylbewerbers an den zuständigen mitgliedstaat im sinne der dublin-ii-vo nur unterlassen, wenn ihm nicht unbekannt sein kann, dass das asylverfahren in diesem mitgliedstaat systemische mängel aufweist, die eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung der an diesen mitgliedstaat überstellten asylbewerber im sinne von art. 4 der charta der grundrechte der europäischen union implizieren. in diesem fall ist die überstellung auch nach nationalem verfassungsrecht unzulässig, wenn ‑ bezogen auf den drittstaat bzw. auf den zuständigen staat ‑ abschiebungshindernisse durch umstände begründet werden, die ihrer eigenart nach nicht vorweg im rahmen des konzepts normativer vergewisserung von verfassung oder gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der grenzen liegen, die der durchführung eines solchen konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. 30vgl. bverfg, urteil vom 14. mai 1996 ‑ 2 bvr 1938/93‑, juris. 31ausgehend von diesen maßstäben bestehen zum gegenwärtigen zeitpunkt nach der im verfahren des einstweiligen rechtsschutzes allein möglichen summarischen prüfung hinreichende anhaltspunkte dafür, dass das asylverfahren und/oder die aufnahmebedingungen in italien an systemischen mängeln leiden. dementsprechend ist das interesse des antragstellers daran, schutz entsprechend den im europäischen gemeinschaftsrecht vereinbarten mindeststandards zu erlangen, vorrangig gegenüber dem öffentlichen vollzugsinteresse. 32nach den dem gericht vorliegenden erkenntnissen ist davon auszugehen, dass dem antragsteller im falle seiner rücküberstellung nach italien im maßgeblichen zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung im zuvor dargestellten sinne droht, er namentlich im falle einer überstellung nach italien eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung i.s. der art. 4 eugrdrch, art. 3 emrk zu befürchten hat. 33dafür liegen nach dem jüngsten urteil des europäischen gerichtshofs für menschenrechte unzweifelhafte anhaltspunkte vor (egmr, urteil vom 4. november 2014, case of tarakhel vs. switzerland 2917/12, u.a. rdnr. 50 ff; 108, 115), die auch für den kreis der nicht besonders schutzwürdigen personen, zu denen der antragsteller als alleinstehender mann ohne kinder gehört, nur unter eingeschränkten bedingungen eine abschiebung nach italien zulassen. 34die tatsächliche situation von schutzsuchenden in italien stellt sich nach der gegenwärtigen erkenntnislage im wesentlichen wie folgt dar: 35im sommer 2013 ist die zahl der in italien ankommenden (boots-)flüchtlinge ‑ erneut ‑ stark angestiegen. 36vgl. z.b. zahlenangaben und vergleiche 2011-2013 bei: zeit online vom 10. oktober 2013 unter hinweis auf material unhcr; tagesschau.de vom 20. august 2013. 37die bis dahin schon bedenkliche auslastung der aufnahmekapazitäten hat sich verschlechtert. 38nach dem jüngsten bericht der schweizerischen flüchtlingshilfe vom oktober 2013, der auf einer abklärungsreise nach rom und mailand, verschiedenen interviews mit vertretern von nicht-regierungs-organisationen ‑ ngo’s ‑, behörden und flüchtlingen sowie aktuellen berichten über die situation in italien fußt, sind die aufnahmekapazitäten der für alle asylsuchenden vorgesehenen erstaufnahmezentren cara, in denen auch sog. dublin-rückkehrende im falle ihrer rücküberstellung nach italien grds. ‑ befristet ‑ unterkommen können, ausgelastet. das gilt auch für die bereitgestellten plätze im sog. fer-projekt (vom europäischen flüchtlingsrat finanzierte unterkünfte), die an den flughäfen rom und mailand angeboten werden. die anzahl der plätze in diesen projekten, die zeitlich beschränkt sind, ist ohnehin sehr gering. 39schweizerische flüchtlingshilfe ‑ sfh ‑, italien: aufnahmebedingungen, oktober 2013 , s. 5, 14 ff, 20. 40auch das zweitaufnahmesystem sprar, das auf einer zusammenarbeit zwischen gemeinden und ngo‘s basiert, ist ausgelastet; noch im juli 2013 wurde vom italienischen innenministerium wegen überfüllung der erstaufnahmezentren um aufstockung der plätze gebeten. 41vgl. sfh, a.a.o., s. 23, fußnote 135 unter bezugnahme auf eine e-mail auskunft von borderline-europe vom 7. august 2013. 42eine erhebliche verschlechterung der aufnahmebedingungen und deutliche überbelegungen in den zentren beklagt auch der unhcr in seinen empfehlungen vom juli 2013, 43unhcr recommendations on important aspects of refugee protection in italy, juli 2013, s. 9 ff. 44die tatsächliche überbelegung wird schließlich anhand des von der liaisonbeamtin des bundesamtes für migration und flüchtlinge in rom vom 21. november 2013 unter bezugnahme auf daten des italienischen innenministeriums vom 8. november 2013 übersandten zahlenmaterials, das bestimmte aufnahmezentren abdeckt (cara/cda), deutlich: danach war dort in verschiedenen orten „ursprünglich“ eine kapazität von insgesamt 6.180 plätzen, sind „jetzt“ 7.516 plätze „vorgesehen“, die tatsächlich mit 10.856 schutzsuchenden belegt sein sollen, 45vgl. wiedergabe der information der liaisonbeamtin in der klageerwiderung der antragsgegnerin im verfahren 7a k 486/14.a. 46die frage, ob das vom italienischen innenministerium übermittelte zahlenmaterial belastbar ist, lässt die kammer dabei offen. 47nach auskunft des auswärtigen amtes vom 11. september 2013 an das ovg nrw (dort zu d) ist verlässliches datenmaterial nicht zu erlangen; dahingehend auch: unhcr, a.a.o., z.b. s. 10, 13. 48rücküberstellte haben nach einschätzung einer italienischen untersuchungskommission keine ausdrückliche garantie für eine unterbringung in einer aufnahmeeinrichtung. 49vgl. auskunft der italienischen vereinigung für rechtliche untersuchungen zur situation von einwanderern ‑ asgi ‑ vom 20. november 2012 an das vg darmstadt. 50die anderslautende auskunft des auswärtigen amtes vom 11. september 2013 an das oberverwaltungsgericht nrw (dort zu c) legt die kammer im vorläufigen rechtsschutzverfahren angesichts der wiedergegebenen erkenntnisse vor ort tätiger organisationen, der unter b) dieser auskunft des auswärtigen amtes angedeuteten schwierigkeiten bei der unterbringung unter hinnahme auch wochen fehlender unterkunft und mit rücksicht darauf, dass nach einschätzung des auswärtigen amtes kein belastbares zahlenmaterial zu tatsächlichen unterbringungsmöglichkeiten der dublin-ii-rückkehrer von offizieller seite zu erlangen ist (aa, auskunft vom 11.09.2013, a.a.o., zu d)) nicht zugrunde. 51aus der schwierigkeit, dauerhaft eine angemessene und sichere unterkunft zu erlangen, folgen insbesondere von der schweizerischen flüchtlingshilfe beschriebene probleme der (dauer-)obdachlosigkeit, verwahrlosung und auch der (sexuellen) ausbeutung für die schutzsuchenden. 52sfh, a.a.o., z.b. s. 40, 45. 53ein weiterer wesentlicher mangel im system der versorgung von asylsuchenden ist darin zu sehen, dass der mehrheit der flüchtlinge ‑ abgesehen von der unterbringung in erstaufnahmezentren ‑ keine ausreichende unterstützung und hilfeleistungen zuteilwerden, die ein sozial würdiges leben in einer für sie fremden umgebung ermöglichen. dazu gehört auch ein mindestmaß an integritätsbemühungen des staates, um den schutzsuchenden eine teilnahme am alltagsleben in italien zu ermöglichen, wie etwa sprachunterricht. die vereinzelten angebote decken den tatsächlichen bedarf nicht annähernd ab. 54vgl. unhcr, a.a.o., s. 10, 12 f: “their self-reliance remains a concern after the end of the emergency reception plan. this is mainly because of the poor quality of reception services, … more broadly, because of the economic situation in italy.”; sfh, a.a.o., s. 43 ff. 55belastbare auskünfte und stellungnahmen aus jüngster zeit, die die dargestellten allgemeinen erkenntnisse erschüttern könnten, liegen bisher nicht vor. 56die kammer folgt der einschätzung des unhcr in den „empfehlungen“, dass die missstände insoweit auf fehlender strategischer und struktureller planung und zuverlässiger koordinationsmechanismen auf zentraler ebene beruhen. diese bewertung wird von der schweizerischen flüchtlingshilfe erneut im aktuellen bericht geteilt. 57unhcr, a.a.o., s. 10,13.; ebenso: sfh, a.a.o., s. 7. 58die kammer stuft diese mängel insgesamt als systemisch ein, weil sie auf einem unzureichenden aufnahmesystem und einem fehlendem materiellen und sozialen sicherungsnetz beruhen, das der italienische staat trotz ausreichender rechtlicher rahmenbedingungen nicht bereitstellt. 59ebenso: vg gießen, urteil vom 25. november 2013 ‑ 1 k 844/11.gi.a ‑ juris, insbes. rdnr. 33 f m.w.n.; vg frankfurt a.m., urteil vom 9. juli 2013 ‑ 7 k 560/11.f.a. ‑, juris rdnr. 24 ff; vg köln, beschluss vom 7. mai 2013 ‑ 20 l 613/13.a ‑ juris, vg aachen, beschluss vom 14. märz 2013 ‑ 9 l 53/13.a, juris, vg gelsenkirchen, beschluss vom 17. mai 2013 ‑ 5a l 566/13.a -, juris. 60am 4. juni 2013 hat das italienische innenministerium einen sog. easo-support-plan beschlossen und mit dem europäischen asylunterstützungsbüro easo einen unterstützungsplan vereinbart. dies verdeutlicht, dass der italienische staat derzeit selbst davon ausgeht, den mindestnormen der gemeinschaft für die aufnahme von asylbewerbern nicht aus eigenen kräften zu entsprechen. dieser „hilfsplan“ reicht bis ende 2014. 61vgl. easo press-release 4.6.2013, easo-italy-special-support-plan. 62ob die situation der flüchtlinge sich dadurch nachhaltig bessert, bleibt abzuwarten. 63an der einschätzung, dass in italien auch zum jetzigen zeitpunkt noch systemische mängel des asylverfahrens bestehen, die dazu führen, dass flüchtlinge einschließlich der antragsteller überwiegend wahrscheinlich menschenrechtswidrigen verhältnissen ausgesetzt werden, hält die kammer auch unter berücksichtigung der aktuellen rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts nrw zum jetzigen zeitpunkt fest. das urteil des ovg nrw vom 7. märz 2014 ‑ 1 a 21/12.a ‑, das die rücküberstellung nach italien für zulässig erachtet, beruht auf der erkenntnislage, die auch die kammer zugrundegelegt hat. der auffassung des senats, die sich aus der erkenntnislage ergebende situation in italien lasse noch kein systemisches, die grenze zur drohenden grundrechtsverletzung nach art. 4 eugrch überschreitendes versagen des staates erkennen, vermag die kammer gegenwärtig nicht zu folgen. 64dies gilt auch vor dem hintergrund, dass die zahl der in italien aufzunehmenden flüchtlinge 2014 weiter erheblich angestiegen ist und erst jüngst das un-flüchtlingshilfswerk unhcr dringend angemahnt hat, einen strukturierten plan zur aufnahme der flüchtlinge in italien zu entwickeln. anlass für diese mahnung war, dass in italien im juni 2014 ca. 400 flüchtlinge auf zwei parkplätzen vor rom und mailand ohne versorgung hilflos ausgesetzt worden waren. 65vgl. z.b. spiegel online 10. juni 2014 „hunderte bootsflüchtlinge auf parkplätzen ausgesetzt“; n24 10. juni 2014; huffington post 18. juni 2014 „italy’s churches shelter refugees despite overflowing migrant crises“; fr 15. juni 2014 „mehr als 1500 bootsflüchtlinge in 24 stunden“; vgl. allgemein auch: west-info.eu 15. juli 2014 „the new europe begins at lampedusa“ by g. terranova. 66erkenntnisse darüber, dass italien angesichts der gestiegenen zahlen die ohnehin überfüllten unterbringungskapazitäten entsprechend aufgestockt hätte und den weiteren dargestellten mängeln im aufnahmeverfahren wirksam begegnet wäre, liegen nicht vor. 67wegen der zurückweisung von flüchtlingen ohne möglichkeit der antragstellung hat die europäische kommission zudem ein vertragsverletzungsverfahren gegen italien eingeleitet. 68vgl. asylmagazin, hrsg. v. informationsverbund asyl und migration 5/2014, s. 142. 69die unanwendbarkeit der zuständigkeitsregelungen der dublin-iii-vo aus gründen höherrangigen rechts ist danach insgesamt im vorläufigen rechtsschutz mit der folge zu bejahen, dass eine rücküberstellung nach italien derzeit nicht ‑ jedenfalls nicht ohne die erforderliche rückversicherung im einzelfall, dass der betreffende asylbewerber ohne verletzung von art. 3 mrk aufgenommen und untergebracht wird ‑, erfolgen darf. 70vgl. egmr, urteil vom 4. november 2014, a.a.o. 71eine solche garantie hat die beklagte, die sich ausschließlich auf die schriftlich angezeigte übernahmebereitschaft italiens bezieht, nicht eingeholt.“ 72diese eischätzung legt das gericht auch für das vorliegende klageverfahren zugrunde. auch im falle der kläger hat die beklagte eine rückversicherung im einzelfall nicht eingeholt. vielmehr hat italien auf die übernahmeanfrage der beklagten nicht reagiert. diese beruft sich für die zuständigkeitsfrage allein auf den fristablauf. 73die kostenentscheidung folgt aus § 155 abs. 1 vwgo. gerichtskosten werden gem. § 83 b asylvfg nicht erhoben. die regelung über die vorläufige vollstreckbarkeit der kostenentscheidung beruht auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zivilprozessordnung.
Klaeger*in
1
116,406
17 K 4997/16
2016-11-04T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger wendet sich gegen die Untersagung der gewerblichen Sammlung von Altmetallen im Stadtgebiet der Beklagten. 3Am 8. Dezember 2015 gegen 22:02 Uhr wurde der Kläger von Beamten des Polizeipräsidiums L. kontrolliert, während er auf der T.------straße 7 in L. am Straßenrand abgestellten Sperrmüll durchsuchte und eine Stehlampe in einen Kleintransporter einräumte, in dem sich bereits weitere Elektrogeräte und diverse nicht elektronische Gegenstände befanden. Die daraufhin von den Polizeibeamten wegen Verstoßes gegen das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) und das Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) gefertigte Ordnungswidrigkeitenanzeige wurde an die Beklagte weitergeleitet. 4Mit Schreiben vom 17. Dezember 2015 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie gehe davon aus, dass er am 8. Dezember 2015 eine nicht angezeigte gewerbliche Abfallsammlung durchgeführt habe. Der Kläger wurde aufgefordert, die Abfallsammlung innerhalb von vier Wochen unter Vorlage im Einzelnen bezeichneter Unterlagen ordnungsgemäß bei der Beklagten anzuzeigen. 5Nachdem seitens des Klägers keine Reaktion erfolgte, untersagte die Beklagte dem Kläger nach vorheriger Anhörung mit Ordnungsverfügung vom 10. März 2016 (mittels Postzustellungsurkunde am 12. März 2016 zugestellt) die Sammlung von Altmetallen aus privaten Haushaltungen im gesamten Stadtgebiet L. (Ziffer I.) und ordnete die sofortige Vollziehung an (Ziffer II.). Für den Fall, dass der Kläger der Anordnung unter Ziffer I. der Ordnungsverfügung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommen sollte, drohte die Beklagte ihm ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung an (Ziffer III.) Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der Kläger habe eine gewerbliche Sammlung von Altmetallen im Sinne von § 3 Abs. 18, § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG durchgeführt, ohne diese zuvor gemäß § 18 Abs. 1 Alt. 2 KrWG angezeigt zu haben. Zudem sei er der Aufforderung der Beklagten vom 17. Dezember 2015 zur Vorlage der erforderlichen Anzeigeunterlagen nicht nachgekommen. Daher seien die Voraussetzungen für eine auf § 62 KrWG i.V.m. § 18 Abs. 1 Alt. 2 KrWG gestützte Untersagung der Sammlung gegeben. 6Der Kläger hat am Mittwoch, den 13. April 2016 Klage erhoben und am 25. August 2016 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. 7Die per Telefax übermittelte Klageschrift vom 12. April 2016 ist ausweislich des Uhrzeitaufdrucks des gerichtlichen Telefaxgerätes am 13. April 2016 um 00:01 Uhr bei Gericht eingegangen und wurde mit einem Eingangsstempel vom 13. April 2016 versehen. Die gerichtliche Eingangsbestätigung vom 14. April 2016 mit dem wörtlichen Hinweis „Ihre Klage ist am 13. April 2016 bei Gericht eingegangen“ wurde dem klägerischen Prozessbevollmächtigten am 20. April 2016 per Telefax übermittelt. 8Zur Begründung seiner Klage führt der Kläger im Wesentlichen aus, er habe keine gewerbliche Abfallsammlung durchgeführt, sondern sich lediglich bereit erklärt, für einen Bekannten Altgeräte zur Deponie zu bringen. Auf dem Nachhauseweg mit dem beladenen Kleintransporter habe er auf dem Sperrmüll eine Lampe gesehen, die er für sich selbst behalten wollte. Die Klagefrist sei nicht versäumt worden. Ausweislich des Faxprotokolls seines Prozessbevollmächtigten sei die Klageschrift per Telefax am 12. April 2016 übersandt und noch am gleichen Tag vom gerichtlichen Telefaxgerät empfangen worden. Insoweit sei der Faxversand am 12. April 2016 um 22:45 Uhr begonnen worden und um 23:01 Uhr beendet gewesen. Jedenfalls sei ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Aus der gerichtlichen Eingangsbestätigung vom 14. April 2016, nach der die Klage am 13. April 2016 eingegangen sei, folge keine generelle Pflicht des Prozessbevollmächtigten, den fristgerechten Eingang der Klage zu überprüfen. 9Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 10ihm Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist zu gewähren und die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 10. März 2016 aufzuheben. 11Die Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, der Kläger habe am 8. Dezember 2015 eine gewerbliche Abfallsammlung durchgeführt. Die gegenteiligen Ausführungen des Klägers seien widersprüchlich und als Schutzbehauptung zu werten. 14Das Gericht hat am 14. Oktober 2016 eine Auskunft der Gerichtsverwaltung eingeholt und sich einen Ausdruck des Empfangsprotokolls des gerichtlichen Telefaxgerätes vorlegen lassen. Hiernach war die Uhrzeit des gerichtlichen Telefaxgerätes am 12. und 13. April 2016 zutreffend auf die mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ) eingestellt. Die aus neun Seiten bestehende Faxsendung von der Rufnummer des klägerischen Prozessbevollmächtigten wurde ausweislich des Empfangsprotokolls des gerichtlichen Telefaxgerätes am 12. April 2016 um 23:45 Uhr (und 48 Sekunden) gestartet und nach 15 Minuten und 20 Sekunden vollständig empfangen. Der Uhrzeitaufdruck des gerichtlichen Telefaxgerätes (hier: 13. April 2016 um 00:01 Uhr) gibt den Zeitpunkt wieder, in welchem sämtliche Signale der Telefaxsendung vollständig übermittelt wurden. Eine Störung des gerichtlichen Telefaxgerätes war in der Nacht vom 12. auf den 13. April 2016 nicht zu verzeichnen. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 17Das Gericht kann trotz Ausbleibens des Klägers in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil er mit der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde, § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 18Die Klage bleibt ohne Erfolg. 19A. Die gegen die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 10. März 2016 gerichtete, als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthafte Klage ist unzulässig. 20I. Der Kläger hat die für Anfechtungsklagen geltende einmonatige Klagefrist gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO versäumt. 21Hiernach muss die Anfechtungsklage einen Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden. Für die Bekanntgabe der Ordnungsverfügung vom 10. März 2016 hat sich die Beklagte der Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde gemäß § 3 Landeszustellungsgesetz Nordrhein-Westfalen (LZG NRW) bedient. Ausweislich der vorliegenden Zustellungsurkunde erfolgte die ordnungsgemäße Zustellung und damit die Bekanntgabe (§ 2 Abs. 1 LZG NRW) der Ordnungsverfügung vom 10. März 2016 am 12. März 2016 gemäß § 3 LZG NRW i.V.m. § 180 Zivilprozessordnung (ZPO) mittels Ersatzzustellung durch Einlegen in den zur Wohnung des Klägers gehörenden Briefkasten. Die einmonatige Klagefrist endete folglich gemäß § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) mit Ablauf des 12. April 2016. 22Die per Telefax erhobene Klage ging ausweislich des Uhrzeitaufdrucks des gerichtlichen Telefaxgerätes erst am 13. April 2016 um 00:01 Uhr bei Gericht ein. 23Für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Schriftsatzes kommt es allein darauf an, ob die gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert) worden sind. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es der Absender nicht in der Hand hat, wann der Ausdruck eines empfangenen Telefaxes erfolgt, 24vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. Dezember 2009 – 8 D 10/08.AK –, juris Rn. 169; BGH, Beschluss vom 25. April 2006 – IV ZB 20/05 –, juris Rn. 18 (im Anschluss an BVerfG, Kammerbeschluss vom 1. August 1996 – 1 BvR 121/95 –, juris Rn. 8); BGH, Beschluss vom 15. Juli 2008 – X ZB 8/08 –, juris Rn. 11; BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2008 – IX ZB 41/08 –, juris Rn. 8; BFH, Beschluss vom 2. März 2000 – VII B 137/99 –, juris Rn. 11; BFH, Beschluss vom 25. November 2003 – VII R 9/03 –, juris Rn. 10; BFH, Beschluss vom 24. April 2008 – IX B 164/07 –, juris Rn. 2. 25Der Eingangszeitpunkt bestimmt sich regelmäßig nach dem Uhrzeitaufdruck des Telefaxgeräts des Gerichts, 26vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. Dezember 2009 – 8 D 10/08.AK –, juris Rn. 168; BFH, Beschluss vom 2. März 2000 – VII B 137/99 –, juris Rn. 11; BFH, Beschluss vom 25. November 2003 – VII R 9/03 –, juris Rn. 11; BFH, Beschluss vom 24. April 2008 – IX B 164/07 –, juris Rn. 2. 27Nach Maßgabe dieser Kriterien wurde die Klage nicht fristgemäß innerhalb der Monatsfrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO erhoben. Aus dem auf allen neun Seiten der Klageschrift aufgebrachten Uhrzeitaufdruck des gerichtlichen Telefaxgerätes, welcher den Zeitpunkt des vollständigen Empfangs bzw. der vollständigen Speicherung der Telefaxsendung wiedergibt, ist zu ersehen, dass die per Telefax erhobene Klage erst am 13. April 2016 um 00:01 Uhr, dem Tag nach Fristablauf, vollständig bei Gericht eingegangen ist. Mit der Einrichtung einer Empfangszeitkontrolle und der Erstellung eines Empfangsprotokolls für das gerichtliche Telefaxgerät ist die Gerichtsverwaltung ihrer Verpflichtung nachgekommen, dafür Sorge zu tragen, dass der Zeitpunkt des Eingangs eines fristgebundenen Schriftstückes zutreffend festgehalten wird, 28vgl. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. Dezember 2009 – 8 D 10/08.AK –, juris Rn. 185; BVerwG, Urteil vom 13. März 1962 – I C 158.60 –, NJW 1962, 1268. 29Das die Faxsendung ausweislich des Empfangsprotokolls des gerichtlichen Telefaxgerätes bereits am 12. April 2016 um 23:45 Uhr gestartet wurde ist unerheblich, weil es nach den vorstehenden Grundsätzen für die Fristwahrung allein darauf ankommt, dass die gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert) worden sind, was hier nicht der Fall war. 30Auf Grundlage des Uhrzeitaufdruckes des Telefaxgerätes auf der Klageschrift, des vorhandenen Empfangsprotokolls des gerichtlichen Telefaxgerätes sowie der Auskunft der Gerichtsverwaltung, dass die Uhrzeit des gerichtlichen Telefaxgerätes am 12. und 13. April 2016 zutreffend auf die mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ) eingestellt und eine Störung des gerichtlichen Telefaxgerätes in der Nacht vom 12. auf den 13. April 2016 nicht zu verzeichnen war, steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klage nicht fristgerecht erhoben wurde. 31Auch der vom Kläger vorgelegte Sendebericht und das Faxjournal des Telefaxgerätes seines Prozessbevollmächtigten führen zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Ausweislich der vorgelegten Unterlagen wurde die Faxsendung durch den klägerischen Prozessbevollmächtigten am 12. April 2016 um 22:45 Uhr begonnen und am gleichen Tag um 23:01 Uhr abgeschlossen. Da im Vergleich zu den Angaben im Empfangsprotokoll des gerichtlichen Telefaxgerätes insoweit lediglich die Stundenangaben voneinander abweichen, jedoch die Minutenangaben identisch sind, ist unter Berücksichtigung der eingeholten Auskunft der Gerichtsverwaltung davon auszugehen, dass die Uhrzeit des Telefaxgerätes des klägerischen Prozessbevollmächtigten im Zeitpunkt der Übermittlung der Klageschrift nicht zutreffend auf die mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ) umgestellt, sondern noch auf die bis zum letzten Sonntag im März geltende mitteleuropäische Zeit (MEZ) eingestellt war. 32Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellte, ein rechtzeitiger Zugang der Klageschrift wäre nicht feststellbar und auch nicht weiter aufklärbar, ginge dies im Ergebnis zu seinen Lasten und führte nicht zur Annahme einer fristgemäßen Klageerhebung. Sind nämlich alle in Betracht kommenden Aufklärungsmöglichkeiten ausgeschöpft, ohne dass bestimmte entscheidungserhebliche Tatsachen zur Überzeugung des Gerichts feststehen, geht die Nichterweislichkeit der Tatsachen zu Lasten dessen, der daraus für sich günstige Rechtsfolgen herleitet, sofern nicht das materielle Recht eine andere Verteilung der Beweislast vorsieht, 33vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 16. Oktober 1995 – 7 B 163.95 –, juris Rn. 8; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. Dezember 2009 – 8 D 10/08.AK –, juris Rn. 178 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. Januar 2004 – 1 A 458/01 –, juris Rn. 45; VGH Bayern, Beschluss vom 9. Februar 2007 – 3 B 03.519 –, juris Rn. 28. 34Hiernach wäre der Kläger materiell beweisbelastet, weil er durch den fristgemäßen Zugang der Klageschrift bei Gericht die Abweisung seiner Klage durch Prozessurteil abwenden würde und sich aus dem materiellen Recht keine abweichende Verteilung der Beweislast ergibt. 35II. Dem Kläger kann gemäß § 60 Abs. 1 VwGO auf seinen Antrag hin auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der versäumten Klagefrist gewährt werden. 36Gemäß § 60 Abs. 1 VwGO ist demjenigen, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 60 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz VwGO). Die versäumte Rechtshandlung ist innerhalb der Antragsfrist nachzuholen (§ 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO). 37Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand steht jedenfalls § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO entgegen. Denn der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Zweiwochenfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO versäumt und die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen nicht innerhalb dieser Frist vorgetragen, 38vgl. hierzu BFH, Urteil vom 16. Dezember 1988 – III R 13/85 –, juris Rn. 8 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Mai 1998 – 8 A 2610/96 –, juris Rn. 5 ff. 39Grundsätzlich gilt das Hindernis als behoben und beginnt die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist, sobald das Fortbestehen der Verhinderung nicht mehr unverschuldet ist. Das ist in dem Zeitpunkt der Fall, in dem ein verantwortlicher Anwalt bei Anwendung der von ihm zu erwartenden Sorgfalt die eingetretene Säumnis hätte erkennen können, 40vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. August 2014 – 13 A 1084/14.A –, juris Rn. 15; VGH Hessen, Beschluss vom 19. Mai 1992 – 13 TP 2474/91 –, juris Rn. 5; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. Dezember 1994 – 1 S 3532/94 –, juris Rn. 4.; BGH, Beschluss vom 9. Dezember 1992 – VIII ZB 30/92 –, juris Rn. 4. 41Dementsprechend beginnt die Wiedereinsetzungsfrist in Fällen, in denen seitens des Gerichts eine Eingangsbestätigung übersandt wird, mit welcher der Kläger über den genauen Zeitpunkt des Eingangs seines Rechtsbehelfs unterrichtet wird, mit dem Zeitpunkt, in dem der Kläger oder sein Bevollmächtigter von der Eingangsbestätigung Kenntnis nehmen konnte, 42vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. August 2014 – 13 A 1084/14.A –, juris Rn. 17; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Mai 1998 – 8 A 2610/96 –, juris Rn. 7; VGH Hessen, Beschluss vom 19. Mai 1992 – 13 TP 2474/91 –, juris Rn. 6; Czybulka, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Auflage 2014, § 60 VwGO, Rn. 112. 43Dies gilt auch, wenn ein anwaltlicher Prozessbevollmächtigter in der gerichtlichen Eingangsbestätigung nicht ausdrücklich auf die Versäumung der Klagefrist hingewiesen wurde. Denn bei einem Rechtsanwalt gehört es zu dessen Sorgfaltspflichten, sich im Falle der Zusendung einer Eingangsbestätigung durch das Gericht eigenständig durch einen Vergleich des in der Eingangsbestätigung genannten Eingangsdatums mit dem in seinen Akten vermerkten Datum der Zustellung der angefochtenen Entscheidung Gewissheit über die Einhaltung der Rechtsmittelfrist zu verschaffen, 44vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. Oktober 2000 – 18 B 1472/00 –, juris Rn. 4; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Mai 1998 – 8 A 2610/96 –, juris Rn. 7; VGH Hessen, Beschluss vom 19. Mai 1992 – 13 TP 2474/91 –, juris Rn. 6; Czybulka, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Auflage 2014, § 60 VwGO, Rn. 112. 45Nach Maßgabe dieser Kriterien wurden der Wiedereinsetzungsantrag nicht innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt und die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen nicht innerhalb dieser Frist vorgetragen. 46Der Wiedereinsetzungsantrag ist per Telefax erst am 25. August 2016 bei Gericht eingegangen. Die Wiedereinsetzung begründende Tatsachen wurden mit Schriftsatz vom 15. August 2016 sowie mit dem den Wiedereinsetzungsantrag enthaltenden Schriftsatz vom 25. August 2016 vorgetragen. Die zweiwöchige Frist für die Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages endete aber bereits am 4. Mai 2016. Denn das Hindernis für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist bereits mit der dem klägerischen Prozessbevollmächtigten am 20. April 2016 per Telefax übermittelten gerichtlichen Eingangsbestätigung vom 14. April 2016 weggefallen. Diese enthielt den Hinweis, dass die Klage am 13. April 2016 bei Gericht eingegangen ist. Damit wurde die Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO in Lauf gesetzt. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der Eingangsbestätigung vom 14. April 2016 nicht ausdrücklich auf die Versäumung der Klagefrist hingewiesen wurde, denn er hätte die fristgemäße Klageerhebung eigenständig durch einen Vergleich des in der Eingangsbestätigung genannten Eingangsdatums mit dem in seinen Akten vermerkten Datum der Zustellung der Ordnungsverfügung überprüfen müssen, 47vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. Oktober 2000 – 18 B 1472/00 –, juris Rn. 4; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Mai 1998 – 8 A 2610/96 –, juris Rn. 7. 48B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 49Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 709 Satz 2, § 711 ZPO. 50Die Berufung war nicht nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO vorliegt. 51Beschluss: 52Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt. 53Gründe: 54Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) erfolgt.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der kläger wendet sich gegen die untersagung der gewerblichen sammlung von altmetallen im stadtgebiet der beklagten. 3am 8. dezember 2015 gegen 22:02 uhr wurde der kläger von beamten des polizeipräsidiums l. kontrolliert, während er auf der t.------straße 7 in l. am straßenrand abgestellten sperrmüll durchsuchte und eine stehlampe in einen kleintransporter einräumte, in dem sich bereits weitere elektrogeräte und diverse nicht elektronische gegenstände befanden. die daraufhin von den polizeibeamten wegen verstoßes gegen das kreislaufwirtschaftsgesetz (krwg) und das elektro- und elektronikgerätegesetz (elektrog) gefertigte ordnungswidrigkeitenanzeige wurde an die beklagte weitergeleitet. 4mit schreiben vom 17. dezember 2015 teilte die beklagte dem kläger mit, sie gehe davon aus, dass er am 8. dezember 2015 eine nicht angezeigte gewerbliche abfallsammlung durchgeführt habe. der kläger wurde aufgefordert, die abfallsammlung innerhalb von vier wochen unter vorlage im einzelnen bezeichneter unterlagen ordnungsgemäß bei der beklagten anzuzeigen. 5nachdem seitens des klägers keine reaktion erfolgte, untersagte die beklagte dem kläger nach vorheriger anhörung mit ordnungsverfügung vom 10. märz 2016 (mittels postzustellungsurkunde am 12. märz 2016 zugestellt) die sammlung von altmetallen aus privaten haushaltungen im gesamten stadtgebiet l. (ziffer i.) und ordnete die sofortige vollziehung an (ziffer ii.). für den fall, dass der kläger der anordnung unter ziffer i. der ordnungsverfügung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommen sollte, drohte die beklagte ihm ein zwangsgeld in höhe von 1.000,00 euro für jeden fall der zuwiderhandlung an (ziffer iii.) zur begründung führte sie im wesentlichen aus, der kläger habe eine gewerbliche sammlung von altmetallen im sinne von § 3 abs. 18, § 17 abs. 2 satz 1 nr. 4 krwg durchgeführt, ohne diese zuvor gemäß § 18 abs. 1 alt. 2 krwg angezeigt zu haben. zudem sei er der aufforderung der beklagten vom 17. dezember 2015 zur vorlage der erforderlichen anzeigeunterlagen nicht nachgekommen. daher seien die voraussetzungen für eine auf § 62 krwg i.v.m. § 18 abs. 1 alt. 2 krwg gestützte untersagung der sammlung gegeben. 6der kläger hat am mittwoch, den 13. april 2016 klage erhoben und am 25. august 2016 einen antrag auf wiedereinsetzung in den vorigen stand gestellt. 7die per telefax übermittelte klageschrift vom 12. april 2016 ist ausweislich des uhrzeitaufdrucks des gerichtlichen telefaxgerätes am 13. april 2016 um 00:01 uhr bei gericht eingegangen und wurde mit einem eingangsstempel vom 13. april 2016 versehen. die gerichtliche eingangsbestätigung vom 14. april 2016 mit dem wörtlichen hinweis „ihre klage ist am 13. april 2016 bei gericht eingegangen“ wurde dem klägerischen prozessbevollmächtigten am 20. april 2016 per telefax übermittelt. 8zur begründung seiner klage führt der kläger im wesentlichen aus, er habe keine gewerbliche abfallsammlung durchgeführt, sondern sich lediglich bereit erklärt, für einen bekannten altgeräte zur deponie zu bringen. auf dem nachhauseweg mit dem beladenen kleintransporter habe er auf dem sperrmüll eine lampe gesehen, die er für sich selbst behalten wollte. die klagefrist sei nicht versäumt worden. ausweislich des faxprotokolls seines prozessbevollmächtigten sei die klageschrift per telefax am 12. april 2016 übersandt und noch am gleichen tag vom gerichtlichen telefaxgerät empfangen worden. insoweit sei der faxversand am 12. april 2016 um 22:45 uhr begonnen worden und um 23:01 uhr beendet gewesen. jedenfalls sei ihm wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren. aus der gerichtlichen eingangsbestätigung vom 14. april 2016, nach der die klage am 13. april 2016 eingegangen sei, folge keine generelle pflicht des prozessbevollmächtigten, den fristgerechten eingang der klage zu überprüfen. 9der kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 10ihm wiedereinsetzung in die versäumte klagefrist zu gewähren und die ordnungsverfügung der beklagten vom 10. märz 2016 aufzuheben. 11die beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13zur begründung führt sie im wesentlichen aus, der kläger habe am 8. dezember 2015 eine gewerbliche abfallsammlung durchgeführt. die gegenteiligen ausführungen des klägers seien widersprüchlich und als schutzbehauptung zu werten. 14das gericht hat am 14. oktober 2016 eine auskunft der gerichtsverwaltung eingeholt und sich einen ausdruck des empfangsprotokolls des gerichtlichen telefaxgerätes vorlegen lassen. hiernach war die uhrzeit des gerichtlichen telefaxgerätes am 12. und 13. april 2016 zutreffend auf die mitteleuropäische sommerzeit (mesz) eingestellt. die aus neun seiten bestehende faxsendung von der rufnummer des klägerischen prozessbevollmächtigten wurde ausweislich des empfangsprotokolls des gerichtlichen telefaxgerätes am 12. april 2016 um 23:45 uhr (und 48 sekunden) gestartet und nach 15 minuten und 20 sekunden vollständig empfangen. der uhrzeitaufdruck des gerichtlichen telefaxgerätes (hier: 13. april 2016 um 00:01 uhr) gibt den zeitpunkt wieder, in welchem sämtliche signale der telefaxsendung vollständig übermittelt wurden. eine störung des gerichtlichen telefaxgerätes war in der nacht vom 12. auf den 13. april 2016 nicht zu verzeichnen. 15wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen. 16
17das gericht kann trotz ausbleibens des klägers in der mündlichen verhandlung entscheiden, weil er mit der ladung auf diese rechtsfolge hingewiesen wurde, § 102 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 18die klage bleibt ohne erfolg. 19a. die gegen die ordnungsverfügung der beklagten vom 10. märz 2016 gerichtete, als anfechtungsklage gemäß § 42 abs. 1 alt. 1 vwgo statthafte klage ist unzulässig. 20i. der kläger hat die für anfechtungsklagen geltende einmonatige klagefrist gemäß § 74 abs. 1 satz 2 vwgo versäumt. 21hiernach muss die anfechtungsklage einen monat nach bekanntgabe des verwaltungsakts erhoben werden. für die bekanntgabe der ordnungsverfügung vom 10. märz 2016 hat sich die beklagte der zustellung durch die post mit zustellungsurkunde gemäß § 3 landeszustellungsgesetz nordrhein-westfalen (lzg nrw) bedient. ausweislich der vorliegenden zustellungsurkunde erfolgte die ordnungsgemäße zustellung und damit die bekanntgabe (§ 2 abs. 1 lzg nrw) der ordnungsverfügung vom 10. märz 2016 am 12. märz 2016 gemäß § 3 lzg nrw i.v.m. § 180 zivilprozessordnung (zpo) mittels ersatzzustellung durch einlegen in den zur wohnung des klägers gehörenden briefkasten. die einmonatige klagefrist endete folglich gemäß § 57 abs. 2 vwgo, § 222 zpo, § 187 abs. 1, § 188 abs. 2 bürgerliches gesetzbuch (bgb) mit ablauf des 12. april 2016. 22die per telefax erhobene klage ging ausweislich des uhrzeitaufdrucks des gerichtlichen telefaxgerätes erst am 13. april 2016 um 00:01 uhr bei gericht ein. 23für die beurteilung der rechtzeitigkeit des eingangs eines per telefax übersandten schriftsatzes kommt es allein darauf an, ob die gesendeten signale noch vor ablauf des letzten tages der frist vom telefaxgerät des gerichts vollständig empfangen (gespeichert) worden sind. damit wird dem umstand rechnung getragen, dass es der absender nicht in der hand hat, wann der ausdruck eines empfangenen telefaxes erfolgt, 24vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 9. dezember 2009 – 8 d 10/08.ak –, juris rn. 169; bgh, beschluss vom 25. april 2006 – iv zb 20/05 –, juris rn. 18 (im anschluss an bverfg, kammerbeschluss vom 1. august 1996 – 1 bvr 121/95 –, juris rn. 8); bgh, beschluss vom 15. juli 2008 – x zb 8/08 –, juris rn. 11; bgh, beschluss vom 4. dezember 2008 – ix zb 41/08 –, juris rn. 8; bfh, beschluss vom 2. märz 2000 – vii b 137/99 –, juris rn. 11; bfh, beschluss vom 25. november 2003 – vii r 9/03 –, juris rn. 10; bfh, beschluss vom 24. april 2008 – ix b 164/07 –, juris rn. 2. 25der eingangszeitpunkt bestimmt sich regelmäßig nach dem uhrzeitaufdruck des telefaxgeräts des gerichts, 26vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 9. dezember 2009 – 8 d 10/08.ak –, juris rn. 168; bfh, beschluss vom 2. märz 2000 – vii b 137/99 –, juris rn. 11; bfh, beschluss vom 25. november 2003 – vii r 9/03 –, juris rn. 11; bfh, beschluss vom 24. april 2008 – ix b 164/07 –, juris rn. 2. 27nach maßgabe dieser kriterien wurde die klage nicht fristgemäß innerhalb der monatsfrist des § 74 abs. 1 satz 2 vwgo erhoben. aus dem auf allen neun seiten der klageschrift aufgebrachten uhrzeitaufdruck des gerichtlichen telefaxgerätes, welcher den zeitpunkt des vollständigen empfangs bzw. der vollständigen speicherung der telefaxsendung wiedergibt, ist zu ersehen, dass die per telefax erhobene klage erst am 13. april 2016 um 00:01 uhr, dem tag nach fristablauf, vollständig bei gericht eingegangen ist. mit der einrichtung einer empfangszeitkontrolle und der erstellung eines empfangsprotokolls für das gerichtliche telefaxgerät ist die gerichtsverwaltung ihrer verpflichtung nachgekommen, dafür sorge zu tragen, dass der zeitpunkt des eingangs eines fristgebundenen schriftstückes zutreffend festgehalten wird, 28vgl. hierzu ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 9. dezember 2009 – 8 d 10/08.ak –, juris rn. 185; bverwg, urteil vom 13. märz 1962 – i c 158.60 –, njw 1962, 1268. 29das die faxsendung ausweislich des empfangsprotokolls des gerichtlichen telefaxgerätes bereits am 12. april 2016 um 23:45 uhr gestartet wurde ist unerheblich, weil es nach den vorstehenden grundsätzen für die fristwahrung allein darauf ankommt, dass die gesendeten signale noch vor ablauf des letzten tages der frist vom telefaxgerät des gerichts vollständig empfangen (gespeichert) worden sind, was hier nicht der fall war. 30auf grundlage des uhrzeitaufdruckes des telefaxgerätes auf der klageschrift, des vorhandenen empfangsprotokolls des gerichtlichen telefaxgerätes sowie der auskunft der gerichtsverwaltung, dass die uhrzeit des gerichtlichen telefaxgerätes am 12. und 13. april 2016 zutreffend auf die mitteleuropäische sommerzeit (mesz) eingestellt und eine störung des gerichtlichen telefaxgerätes in der nacht vom 12. auf den 13. april 2016 nicht zu verzeichnen war, steht zur überzeugung des gerichts fest, dass die klage nicht fristgerecht erhoben wurde. 31auch der vom kläger vorgelegte sendebericht und das faxjournal des telefaxgerätes seines prozessbevollmächtigten führen zu keiner anderen rechtlichen beurteilung. ausweislich der vorgelegten unterlagen wurde die faxsendung durch den klägerischen prozessbevollmächtigten am 12. april 2016 um 22:45 uhr begonnen und am gleichen tag um 23:01 uhr abgeschlossen. da im vergleich zu den angaben im empfangsprotokoll des gerichtlichen telefaxgerätes insoweit lediglich die stundenangaben voneinander abweichen, jedoch die minutenangaben identisch sind, ist unter berücksichtigung der eingeholten auskunft der gerichtsverwaltung davon auszugehen, dass die uhrzeit des telefaxgerätes des klägerischen prozessbevollmächtigten im zeitpunkt der übermittlung der klageschrift nicht zutreffend auf die mitteleuropäische sommerzeit (mesz) umgestellt, sondern noch auf die bis zum letzten sonntag im märz geltende mitteleuropäische zeit (mez) eingestellt war. 32selbst wenn man zugunsten des klägers unterstellte, ein rechtzeitiger zugang der klageschrift wäre nicht feststellbar und auch nicht weiter aufklärbar, ginge dies im ergebnis zu seinen lasten und führte nicht zur annahme einer fristgemäßen klageerhebung. sind nämlich alle in betracht kommenden aufklärungsmöglichkeiten ausgeschöpft, ohne dass bestimmte entscheidungserhebliche tatsachen zur überzeugung des gerichts feststehen, geht die nichterweislichkeit der tatsachen zu lasten dessen, der daraus für sich günstige rechtsfolgen herleitet, sofern nicht das materielle recht eine andere verteilung der beweislast vorsieht, 33vgl. hierzu bverwg, beschluss vom 16. oktober 1995 – 7 b 163.95 –, juris rn. 8; ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 9. dezember 2009 – 8 d 10/08.ak –, juris rn. 178 ff.; ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 28. januar 2004 – 1 a 458/01 –, juris rn. 45; vgh bayern, beschluss vom 9. februar 2007 – 3 b 03.519 –, juris rn. 28. 34hiernach wäre der kläger materiell beweisbelastet, weil er durch den fristgemäßen zugang der klageschrift bei gericht die abweisung seiner klage durch prozessurteil abwenden würde und sich aus dem materiellen recht keine abweichende verteilung der beweislast ergibt. 35ii. dem kläger kann gemäß § 60 abs. 1 vwgo auf seinen antrag hin auch keine wiedereinsetzung in den vorigen stand bezüglich der versäumten klagefrist gewährt werden. 36gemäß § 60 abs. 1 vwgo ist demjenigen, der ohne verschulden verhindert war, eine gesetzliche frist einzuhalten, auf antrag wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren. der antrag ist binnen zwei wochen nach wegfall des hindernisses zu stellen (§ 60 abs. 2 satz 1, 1. halbsatz vwgo). die versäumte rechtshandlung ist innerhalb der antragsfrist nachzuholen (§ 60 abs. 2 satz 3 vwgo). ist dies geschehen, so kann die wiedereinsetzung auch ohne antrag gewährt werden (§ 60 abs. 2 satz 4 vwgo). 37diese voraussetzungen sind nicht erfüllt. einer wiedereinsetzung in den vorigen stand steht jedenfalls § 60 abs. 2 satz 1 vwgo entgegen. denn der prozessbevollmächtigte des klägers hat die zweiwochenfrist des § 60 abs. 2 satz 1 vwgo versäumt und die die wiedereinsetzung begründenden tatsachen nicht innerhalb dieser frist vorgetragen, 38vgl. hierzu bfh, urteil vom 16. dezember 1988 – iii r 13/85 –, juris rn. 8 ff.; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 13. mai 1998 – 8 a 2610/96 –, juris rn. 5 ff. 39grundsätzlich gilt das hindernis als behoben und beginnt die zweiwöchige wiedereinsetzungsfrist, sobald das fortbestehen der verhinderung nicht mehr unverschuldet ist. das ist in dem zeitpunkt der fall, in dem ein verantwortlicher anwalt bei anwendung der von ihm zu erwartenden sorgfalt die eingetretene säumnis hätte erkennen können, 40vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 4. august 2014 – 13 a 1084/14.a –, juris rn. 15; vgh hessen, beschluss vom 19. mai 1992 – 13 tp 2474/91 –, juris rn. 5; vgh baden-württemberg, beschluss vom 30. dezember 1994 – 1 s 3532/94 –, juris rn. 4.; bgh, beschluss vom 9. dezember 1992 – viii zb 30/92 –, juris rn. 4. 41dementsprechend beginnt die wiedereinsetzungsfrist in fällen, in denen seitens des gerichts eine eingangsbestätigung übersandt wird, mit welcher der kläger über den genauen zeitpunkt des eingangs seines rechtsbehelfs unterrichtet wird, mit dem zeitpunkt, in dem der kläger oder sein bevollmächtigter von der eingangsbestätigung kenntnis nehmen konnte, 42vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 4. august 2014 – 13 a 1084/14.a –, juris rn. 17; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 13. mai 1998 – 8 a 2610/96 –, juris rn. 7; vgh hessen, beschluss vom 19. mai 1992 – 13 tp 2474/91 –, juris rn. 6; czybulka, in: sodan/ziekow, verwaltungsgerichtsordnung, 4. auflage 2014, § 60 vwgo, rn. 112. 43dies gilt auch, wenn ein anwaltlicher prozessbevollmächtigter in der gerichtlichen eingangsbestätigung nicht ausdrücklich auf die versäumung der klagefrist hingewiesen wurde. denn bei einem rechtsanwalt gehört es zu dessen sorgfaltspflichten, sich im falle der zusendung einer eingangsbestätigung durch das gericht eigenständig durch einen vergleich des in der eingangsbestätigung genannten eingangsdatums mit dem in seinen akten vermerkten datum der zustellung der angefochtenen entscheidung gewissheit über die einhaltung der rechtsmittelfrist zu verschaffen, 44vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 26. oktober 2000 – 18 b 1472/00 –, juris rn. 4; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 13. mai 1998 – 8 a 2610/96 –, juris rn. 7; vgh hessen, beschluss vom 19. mai 1992 – 13 tp 2474/91 –, juris rn. 6; czybulka, in: sodan/ziekow, verwaltungsgerichtsordnung, 4. auflage 2014, § 60 vwgo, rn. 112. 45nach maßgabe dieser kriterien wurden der wiedereinsetzungsantrag nicht innerhalb von zwei wochen nach wegfall des hindernisses gestellt und die die wiedereinsetzung begründenden tatsachen nicht innerhalb dieser frist vorgetragen. 46der wiedereinsetzungsantrag ist per telefax erst am 25. august 2016 bei gericht eingegangen. die wiedereinsetzung begründende tatsachen wurden mit schriftsatz vom 15. august 2016 sowie mit dem den wiedereinsetzungsantrag enthaltenden schriftsatz vom 25. august 2016 vorgetragen. die zweiwöchige frist für die stellung eines wiedereinsetzungsantrages endete aber bereits am 4. mai 2016. denn das hindernis für den antrag auf wiedereinsetzung in den vorigen stand ist bereits mit der dem klägerischen prozessbevollmächtigten am 20. april 2016 per telefax übermittelten gerichtlichen eingangsbestätigung vom 14. april 2016 weggefallen. diese enthielt den hinweis, dass die klage am 13. april 2016 bei gericht eingegangen ist. damit wurde die frist des § 60 abs. 2 satz 1 vwgo in lauf gesetzt. dem steht auch nicht entgegen, dass der prozessbevollmächtigte des klägers in der eingangsbestätigung vom 14. april 2016 nicht ausdrücklich auf die versäumung der klagefrist hingewiesen wurde, denn er hätte die fristgemäße klageerhebung eigenständig durch einen vergleich des in der eingangsbestätigung genannten eingangsdatums mit dem in seinen akten vermerkten datum der zustellung der ordnungsverfügung überprüfen müssen, 47vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 26. oktober 2000 – 18 b 1472/00 –, juris rn. 4; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 13. mai 1998 – 8 a 2610/96 –, juris rn. 7. 48b. die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 49die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11, § 709 satz 2, § 711 zpo. 50die berufung war nicht nach § 124a abs. 1 satz 1 vwgo zuzulassen, da keiner der gründe des § 124 abs. 2 nr. 3 und 4 vwgo vorliegt. 51beschluss: 52der streitwert wird auf 5.000,00 euro festgesetzt. 53gründe: 54die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 2 gerichtskostengesetz (gkg) erfolgt.
Verklagte*r
0
165,206
1 O 255/13
2015-05-28T00:00:00
Urteil
Tenor Das Versäumnisurteil des Landgerichts Aachen vom 21.08.2014 - Az. 1 O 255/13 - bleibt aufrechterhalten. Die weiteren Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung einer entsprechenden Sicherheit fortgesetzt werden. Der Antrag auf Durchführung des Kapitalanleger-Musterverfahrens wird als unzulässig verworfen 1Tatbestand: 2Die Kläger machen gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds geltend. 3Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen, welches auf Provisionsbasis Kapitalanlagen vertreibt. Unter ihrem vormaligen Namen „Allgemeiner Wirtschaftsdienst Gesellschaft für Wirtschaftsberatung und G mbH“ bot die Beklagte interessierten Anlegern unter anderem Beteiligungen an sogenannten „Dreiländerfonds“ an, deren Besonderheit darin bestand, dass die Anlagegelder in Immobilien in drei verschiedenen Ländern (Deutschland, Schweiz und USA) investiert wurden. Zu den jeweiligen G3 wurden Emissionsprospekte aufgelegt. Die Anleger schlossen dabei mit der ATC Allgemeine Treuhand- und T2 mbH in München als Treuhandkommanditistin einen Treuhandvertrag, nach dem diese den Beitritt des Anlegers als Treugeber bewirken sollte. 4Die vorliegende Klage ist Teil einer von den Prozessbevollmächtigten der Kläger initiierten Massenklage, im Rahmen dessen die Beklagte vorprozessual in ca. 4.500 Schlichtungsverfahren in Anspruch genommen wurde sowie anschließend in ca. 1.750 Fällen Klage im gesamten Bundesgebiet erhoben wurde. Sämtliche, in weiten Teilen identisch formulierte Klagen werden ausschließlich auf eine behauptete Unrichtigkeit der von der Beklagten beim Vertrieb genutzten Prospekte, also auf eine Prospekthaftung im weiteren Sinne, und auf Verschulden bei Vertragsschluss bzw. auf eine behauptete unrichtige Schulung der jeweiligen Vermittler gestützt. 5In einer etwa gleichen Anzahl von Fällen haben dieselben Klageparteien vor dem Landgericht Stuttgart gegen den persönlich haftenden Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaft, Herrn G2, ebenfalls wegen angeblicher Prospektfehler und fehlerhafter Produktschulungen Klage erhoben. 6Die Kläger zeichneten am 23.05.1994 nach Beratung durch den Finanzberater Harro von Puttkamer einen Antrag auf Abschluss eines Treuhandvertrages zum Beitritt zu der Schweiz-Deutschland-USA Dreiländer P2 - DLF 93/14 - G2 - KG i.H.v. 100.000,- DM zzgl. 5.000,- DM Agio. Der Beratung zugrunde lag der Emissionsprospekt mit Stand Juli 1993. Teilweise finanzierten sie die Beteiligung über ein Darlehen bei der BHW-Bank vom 22.06.1994. 7Die Kläger machten Ansprüche gegen die Beklagte in einem vorgerichtlichen Schlichtungsverfahren bei dem Schiedsmann Rechtsanwalt E in Lübben/Spreewald geltend, wobei zwischen den Parteien streitig ist, an welchem Tag der Schlichtungsantrag bei der Gütestelle eingereicht wurde. Die Prozessbevollmächtigten der Kläger hatten sich mit dem Schlichter im Vorfeld darauf geeinigt, dass eine Anzahlung i.H.v. 30.000,- € für die 4.500 eingereichten Schlichtungsanträge gezahlt wird. 8Die ca. 4.500 Güteanträge wurden der Beklagten sämtlich am 08.11.2012 zugestellt unter Bekanntgabe eines Schlichtungstermins für alle Verfahren am 18.12.2012. Mit Schreiben vom 12.11.2012 bat die Beklagte um Überlassung der Vollmachten der jeweils antragstellenden Parteien. Zudem wies die Beklagte den Schlichter darauf hin, dass nicht nachvollziehbar sei, warum die Bekanntgabe der Anträge erst im November 2012 erfolge. Mit Schreiben vom 13.12.2012 antwortete der Schlichter, dass die Prozessbevollmächtigten der Klägerseite zugesagt hätten, sämtliche Vollmachten im Termin am 18.12.2012 im Original vorzulegen. Zudem wies er darauf hin, dass der in allen die Beklagte betreffenden Schlichtungsverfahren anberaumte Termin auf den 18.12.2012 lediglich zu einer Vorbesprechung der weiteren Verfahrensweise genutzt werden solle. Zudem solle der Termin unter anderem auch dazu dienen, die Vollmachten einzusehen. Die Beklagte bat erfolglos zweimal um Verlegung des anberaumten Termins. 9Nachdem für die Beklagte zum Schlichtungstermin niemand erschienen war, erklärte der Schlichter den Schlichtungsversuch in allen Fällen für gescheitert. Ausweislich des Schlichtungsprotokolls wurden Vollmachten durch die Prozessbevollmächtigten der Klägerseite weder vorgelegt noch vom Schlichter eingesehen. 10Die Kläger behaupten, die Beklagte habe ihre Berater im Rahmen der Beteiligungsvermittlung der Dreiländerfonds zu „DLF-lizenzierten“ Finanzberatern ausgebildet. Die Schulungen seien vornehmlich von Herrn C und Herrn M geleitet worden. Aufbau und Struktur der Schulungen sowie die verwandten Unterlagen seien bei sämtlichen Dreiländerfonds nahezu identisch gewesen. Erst nach der Teilnahme an den entsprechenden Seminaren seien die Berater berechtigt gewesen, DLF-Beteiligungen zu vertreiben. Den Beratern seien dabei systematisch falsche Informationen gegeben worden, die diese wiederum an die Anleger weitergegeben hätten. Insbesondere hinsichtlich der Kosten des G3, der Risiken und der zu erzielenden Renditen seien den Beratern falsche und unvollständige Informationen gegeben worden, um die Risiken, Kosten und tatsächlich zu erwartenden Erträge der Anlage zu verschleiern. 11Bei der Vorstellung des hier streitgegenständlichen DLF habe sich der Berater von Puttkamer an den Vorgaben und Inhalten der Schulungen sowie an den Informationen des Emissionsprospekts orientiert. Seine Informationen zu den Investitionen des streitgegenständlichen G3 sowie zu der Darstellung der Entwicklung des G3 habe der Berater der Prospektdarstellung in dem Abschnitt „Angebot“ und „Entwicklung einer Beteiligung von DM 100.000 (Prognose)“ entnommen. Die Kläger hätten auf die Angaben aus der Beratung vertraut und am 23.05.1994 die streitgegenständliche Beteiligung über 100.000 DM zuzüglich Agio gezeichnet. 12Aus der Anlage hätten die Kläger Nettoausschüttungen i.H.v. 20.843,47 € erhalten. 13Die Kläger sind der Auffassung, dass der Emissionsprospekt in folgenden Punkten unrichtig, unvollständig und irreführend sei: 14 Die prognostizierten Mieterträge für den Investitionsteil Deutschland seien nicht sorgfältig ermittelt und unvertretbar hoch 15 die Höhe des prognostizierten Mietausfallwagnisses für Deutschland und die USA sei nicht sorgfältig ermittelt und unvertretbar niedrig 16 die Fortschreibung der Mieterträge für den Investitionsteil USA über die gesamte Laufzeit der Prognose sei nicht sorgfältig ermittelt und unvertretbar 17 die prognostizierten Instandhaltungskosten für Deutschland und die USA seien nicht sorgfältig ermittelt und unvertretbar niedrig 18 die prognostizierten Verkaufswerte der Immobilien in Deutschland und in den USA seien unvertretbar hoch 19 der prognostizierte Ertrag der Beteiligung an der G3 KG sei unvertretbar hoch 20 die Angabe über die Höhe der Vertriebskosten sei irreführend 21 die Darstellung der Entwicklung der Vorgängerfonds sei irreführend 22Die Beklagte habe bei kritischer Prüfung des Prospektes diese Mängel erkennen können und müssen und hätte - so die Auffassung der Kläger - die Anleger über diese aufklären müssen. 23Zudem beruhe die Beratung der Beklagten auf den falschen Schulungsinhalten. Aus den Schulungsinhalten ergebe sich im Übrigen, dass die Beklagte aufgrund einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung der Anleger nach § 826 BGB hafte. Denn sie habe die für sie tätigen Berater wissentlich falsch geschult (bzw. schulen lassen), um die Anlagen möglichst erfolgreich vertreiben zu können. 24Die Kläger behaupten, sie hätten vor der Beratung der Beklagten ihr Geld überwiegend in Bausparverträge und Festgeldanlagen angelegt. Der Berater von Puttkamer habe sich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Kläger erkundigt und nach deren Anlagezielen gefragt und eine Selbstauskunft gefertigt. Vor der hier streitgegenständlichen Anlage seien sie nicht von der Beklagten beraten worden. 25Bis zum Abschluss der streitgegenständlichen Beteiligung habe es zwei Beratungstermine in der Wohnung der Kläger in Aachen gegeben, die Unterzeichnung sei dann in den Büroräumen der Beklagten in Aachen erfolgt. Der Berater habe den G3 als geeignete Kapitalanlage vorgestellt. Dabei habe er sich an die Vorgaben und Inhalte der Schulungen gehalten. Er habe erklärt, dass die Dreiländerfonds im Vergleich zu anderen G3 einen Substanzwert hätten und deswegen mehr an ihre Anleger ausschütten könnten. In dem Termin am 23.05.1994 hätten die Kläger im Vertrauen auf die Beratung die Beitrittserklärung unterschrieben. Der Emissionsprospekt sei dabei nicht übergeben worden. 26Der Güteantrag sei vor dem 03.01.2012 bei der Schlichtungsstelle eingegangen. Die Schlichtungsanträge gegen die Beklagte seien alle zwischen dem 31.12.2011 und dem 02.01.2012 bei der Gütestelle E eingereicht worden. Sie seien dabei überwiegend persönlich gebracht und in einer geringen Anzahl per Fax überreicht worden. Alle zum Jahresende eingereichten Schlichtungsanträge durch die Prozessbevollmächtigten der Klägerseite seien durch den Schlichter sukzessive über das Jahr 2012 hinweg abgearbeitet worden. 27Die Kläger sind der Auffassung, dass sie einen Anspruch auf entgangenen Gewinn auf die erbrachte Einlage in Höhe der Umlaufrenditen festverzinslicher Wertpapiere inländischer Emittenten hätten. 28Des Weiteren beantragen sie die Durchführung eines Kapitalanleger-Musterverfahrens gemäß § 1 KapMuG mit dem Ziel, festzustellen, dass der Emissionsprospekt des DLF 93/14, Stand 15. Juli 1993, in zahlreichen, im Antrag der Kläger vom 28.02.2014 im einzelnen aufgeführten Aussagen unrichtig, unvollständig und irreführend sei. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Antrages vom 19.03.2014, Bl. 250 ff. der Akten Bezug genommen. 29Die Kläger verweisen darauf, dass das Landgericht Berlin nunmehr Vorlagebeschlüsse erlassen und veröffentlicht hat, mit denen Feststellungsziele, die auch mit dem Musterverfahrensantrag im hiesigen Verfahren geltend gemacht wurden, dem Kammergericht zum Zwecke eines Musterentscheids vorgelegt wurden und vertreten hierzu die Auffassung, dass das Verfahren im Hinblick hierauf gemäß § 8 Abs. 1 KapMuG auszusetzen sei. 30Die Kläger haben zunächst beantragt, 31festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerpartei sämtliche finanzielle Schäden zu ersetzen, die im Abschluss der Beteiligung mit der Vertragsnummer XXXXXXXX an der Dreiländer P 93/14 – G2 - KG ihre Ursache haben. 32Nachdem der Klägervertreter im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21.08. 2014 nicht aufgetreten ist, hat das Landgericht klageabweisendes Versäumnisurteil verkündet, das dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am 27.08.2014 zugestellten worden ist. Hiergegen haben die Kläger am 10.09.2014 Einspruch eingelegt. 33Nunmehr beantragen sie: 341. Das Versäumnisurteil vom 21.08.2014 - 1 O 255/13 - wird aufgehoben. 352. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerpartei 107.867,68 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen die schriftliche Zustimmung der Klägerpartei zur Übertragung der Ansprüche aus der Beteiligung an der Dreiländer P2 - DLF 93/14 – G2 – KG -, Vertragsnummer 93146915. 363. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerpartei sämtliche weiteren künftigen materiellen Schäden aus der Beteiligung an der Dreiländer P2 - DLF 93/14 - G2 - KG, Vertragsnummer 93146915, zu ersetzen. 374. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Gegenleistung in Verzug befindet. 385. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerpartei vorgerichtliche Kosten der Rechtsverfolgung i.H.v. 2.457,83 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie die Klägerpartei von den weiteren vorgerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung i.H.v. 2.953,87 € freizustellen. 39Des Weiteren beantragen sie die Durchführung eines Kapitalanleger-Musterverfahrens gemäß § 1 KapMuG. 40Die Beklagte beantragt, 41die Klage abzuweisen. 42Des Weiteren beantragt sie, den Antrag auf Durchführung des Kapitalanleger-Musterverfahrens zurückzuweisen. 43Die Beklagte rügt die mangelnde Substantiierung der Klage und weist insoweit darauf hin, dass in sämtlichen Klageverfahren im Bundesgebiet weitestgehend wortgleiche Schriftsätze eingereicht worden seien. 44Die Beklagte vertritt die Ansicht, dass Prospektfehler nicht vorlägen. Soweit Fehler vorhanden seien, seien diese für die Vermittler im Rahmen der Plausibilitätsprüfung jedenfalls nicht erkennbar gewesen. Der Anlageberater sei nicht verpflichtet, sämtliche in dem Prospekt enthaltenen Informationen sowie das Zahlenmaterial auf deren Richtigkeit hin zu überprüfen. Eine derart weitgehende Prüfungspflicht könne schon deshalb nicht angenommen werden, weil dem Berater die hierfür erforderlichen Informationen oft nicht zur Verfügung stünden. Dies, zumal bereits durch deutsche Gerichte wiederholt die Richtigkeit der den jeweiligen Anlagen zugrunde liegenden Emissionsprospekte bestätigt worden seien. 45Mitarbeiterschulungen mit falschen Angaben zu den Dreiländerfonds habe es nicht gegeben. Soweit es Werbeveranstaltungen gegeben habe, sei die Teilnahme daran nicht Voraussetzung für den Erwerb einer Vertriebslizenz und auch nicht obligatorisch gewesen. 46Etwaige Ansprüche der Kläger seien darüber hinaus verjährt. Zum einen sei absolute Verjährung wegen einer fehlenden Hemmungswirkung des Güteverfahrens eingetreten. So sei das Güteverfahren mangels gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage generell nicht zur Verjährungshemmung geeignet, die Schlichtungsordnung der Schlichtungsstelle E sei verfassungswidrig und genüge nicht rechtsstaatlichen Prinzipien, die formellen Anforderungen für ein ordnungsgemäßes Güteverfahren seien durch die Schlichtungsstelle nicht erfüllt worden, die Bekanntgabe der Güteanträge durch den Schlichter sei in kollusivem Zusammenwirken mit den Klägervertretern nicht „demnächst“ im Sinne des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB erfolgt und die Klägervertreter hätten durch die selbst ausgelöste völlige Überlastung der Schlichtungsstelle zumindest billigend in Kauf genommen, dass die Bekanntgabe nicht „demnächst“ erfolge. 47Die Beklagte bestreitet zudem, dass die Klägervertreter überhaupt zur Einreichung der Güteanträge von den jeweiligen Parteien bevollmächtigt gewesen seien, dass der Güteantrag tatsächlich vor dem 03.01.2012 bei der Schlichtungsstelle eingegangen sei und dass die Verfahrenskosten für das Güteverfahren eingezahlt worden seien. 48Im Übrigen sei - so die Ansicht der Beklagten - das Bemühen der Schlichtungsstelle rechtsmissbräuchlich gewesen, da es den Klägervertretern tatsächlich nicht um eine gütliche Einigung, sondern allein um das Hinauszögern des Verjährungseintritts gegangen sei. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Beklagte bereits vorab in unterschiedlichen vorgerichtlichen Auseinandersetzungen (in anderer Sache) die von den Kläger-Vertretern für Anleger geltend gemachten Ansprüche wiederholt und rigoros abgelehnt habe, so dass mit einer erfolgreichen Schlichtung unter keinen Umständen zu rechnen gewesen wäre. 49Hinsichtlich der im Rahmen des Schlichtungsantrages nicht genannten vermeintlichen Pflichtverletzungen sei ohne Weiteres absolute Verjährung eingetreten, da jede Pflichtverletzung einem eigenen Verjährungsablauf unterliege. 50Jedenfalls aber seien Schadensersatzansprüche aufgrund der ordnungsgemäßen Beratung der Anleger kenntnisabhängig verjährt. Spätestens seit Anfang der 2000er Jahre hätten die Anleger aufgrund des Rückgangs bzw. des Ausbleibens von Ausschüttungen sowie aufgrund der regelmäßigen schriftlichen Informationen über die wirtschaftliche Situation der Fondsgesellschaft durch Übersendung der jährlichen Geschäftsberichte und Protokolle der Gesellschafterversammlungen L2 gehabt. 51Zudem fehle es an einer Kausalität zwischen angeblicher Falschberatung und der Zeichnung der Anlage. Auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens könnten sich die Kläger mangels Substantiierung bzw. Individualisierung ihres Vorbringens nicht berufen. 52Die Beklagte bestreitet die Höhe der behaupteten Ausschüttungen mit Nichtwissen. 53Im Übrigen sieht sie keine Vermutung dafür, dass die Klägerpartei mit dem Anlagebetrag den nunmehr geltend gemachten entgangenen Gewinn erwirtschaftet hätte. 54Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 55Entscheidungsgründe: 56Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. 57I. 58Nach Umstellung der wegen Vorrangs der Leistungsklage ursprünglich unzulässigen Feststellungs- auf eine Leistungsklage ist diese nunmehr zwar zulässig, jedoch unbegründet. 591. 60Die Kläger haben ein zum Schadensersatz verpflichtendes Verhalten der Beklagten bereits nicht schlüssig dargelegt. Der klägerische - individualisierte - Vortrag besteht in der Bezeichnung der Parteien, des Beraters, des erworbenen G3 sowie der Angabe zur Höhe der Beteiligung. Ansonsten besteht der Vortrag ganz überwiegend aus in allen Parallelverfahren gleich lautenden Textbausteinen. Soweit die Kläger im Laufe des Verfahrens rudimentär Angaben zum Beratungsvorgang selbst nachgeschoben haben, reicht auch dies für einen schlüssigen Vortrag nicht aus, da die Klage auf die behauptete Unrichtigkeit des Prospektes gestützt wird. Es wird jedoch weder dargetan, welcher konkrete Inhalt des Prospektes einerseits oder welche Schulungsinhalte andererseits in den Gesprächen mit den Klägern in welcher Weise verwendet worden sein sollen. 61Angaben dazu, in welchen wirtschaftlichen Verhältnissen die Kläger damals lebten, welche Vorerfahrungen und Kenntnisse sie im Bereich von Kapitalanlagen konkret hatten, welche Anlageziele sie konkret mit der hier streitgegenständlichen Anlage verfolgten (abgesehen von dem in allen Verfahren gleichermaßen vorgetragen Pauschalbehauptungen, dass die Klägerpartei eine wertstabile und sichere Anlage wollte) fehlen vollständig, ebenso die Angaben zu der Frage, wer sich wann auf welche Weise an wen gewandt hat, um einen Gesprächstermin zu vereinbaren. 622. 63Selbst wenn man den Klägervortrag zu einer Pflichtverletzung der Beklagten im Hinblick auf eine Prospekthaftung im weiteren Sinne sowie eine unterlassene Plausibilitätsprüfung als hinreichend substantiiert ansehen wollte, wären Schadensersatzansprüche der Kläger zu verneinen. 64Die Beklagte ist unstreitig weder Gründer, noch Initiator oder Gestalter des G3 oder des Prospekts. Sie unterfällt daher nicht der eigentlichen Prospekthaftung (Palandt, BGB, 73. Auflage, § 311 Rn. 69) und ist grundsätzlich für die inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts nicht verantwortlich. Durch die Übernahme des Vertriebs wird eine Prospekthaftung im engeren Sinne nicht begründet (BGH, Urteil vom 12.02.2004, Az. III ZR 359/02, juris). 65Ein Anlageberater hat die Anlage, die er empfehlen will, aber mit dem üblichen kritischen Sachverstand zu prüfen oder den Anleger auf ein diesbezügliches Unterlassen hinzuweisen (BGH, Urteil vom 12.02.2004, Az. III 17/08, juris). Vertreibt er die Anlage anhand eines Prospektes, so hat er den Prospekt jedenfalls darauf zu überprüfen, ob dieser ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt bietet und ob die darin enthaltenen Informationen in einer kritischen Gesamtschau sachlich richtig und vollständig sind (vergleiche BGH, Urteil vom 05.03.2009, Az. III ZR 17/08, juris). Nach ständiger Rechtsprechung des BGH muss der Emissionsprospekt dem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermitteln, das heißt er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken, zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden. Lücken und Fehler eines Emissionsprospektes erlangen mittelbar auch für die Beratung und Aufklärungspflichten eines Anlageberaters Bedeutung, wenn sie bei obliegenheitsgemäßer Prüfung der Schlüssigkeit und Plausibilität des Anlagekonzepts erkennbar gewesen wären. Dabei gelten für den Anlageberater aber nicht dieselben Maßstäbe wie für die Anlagegesellschaft. Zwar kann die von ihm vorzunehmende Prüfung auch in gewissem Umfang Ermittlungspflichten einschließen, soweit es um Umstände geht, die nach der bei ihm vorauszusetzenden L2 Zweifel an der inneren Schlüssigkeit einer im Prospekt mitgeteilten Tatsache zu begründen vermögen. Allerdings dürfen an die Pflichten eines Anlageberaters oder Vermittlers keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Der mit der notwendigen Überprüfung verbundene Aufwand muss ihm zumutbar sein (BGH, Beschluss vom 05.05.2008, Az. III ZR 230/07, juris). 66Eine unterlassene Prüfung kann nur dann zu einer Haftung führen, wenn bei dieser ein Risiko erkennbar geworden wäre, über das der Anleger hätte aufgeklärt werden müssen, oder aber wenn erkennbar geworden wäre, dass eine Empfehlung der Anlage nicht anleger- und/oder objektgerecht ist (BGH, Urteil vom 15.11.2012, Az. III ZR 55/12, juris). Eine etwaige Unrichtigkeit des Prospekts im Rahmen der zumutbaren Prospektprüfung muss also auch für den Berater überhaupt erkennbar gewesen sein (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 30.11.2010, Az. 14 U 229/09, juris). 67Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab ist eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht gegeben. Die Kläger tragen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die vom Anlageberater geschuldete Prüfung nicht durchgeführt wurde oder nicht ordnungsgemäß war, weil sie anderenfalls zur Aufdeckung von aufklärungsbedürftigen Umständen geführt hätte (BGH, Urteil vom 15.11.2012, Az. III ZR 55/12). Insoweit haben die Kläger bereits ihrer Darlegungslast nicht genügt. Über ihre pauschale Behauptung, die Beklagte habe den streitgegenständlichen Prospekt nicht geprüft bzw. nicht ordnungsgemäß geprüft, hinaus bleiben sie einen konkreten Vortrag dazu, welche Fehler der Beklagten als Beraterin bei einer Plausibilitätskontrolle des Prospekts hätten auffallen müssen, schuldig. 68Ein solcher Vortrag ergibt sich auch nicht aus der Behauptung der Kläger zu vermeintlichen Prospektfehlern. Die Kläger überspannen bei ihrem Klagevortrag die Anforderungen, die die Rechtsprechung an einen Anlageberater im Hinblick auf die geschuldete Prüfung stellt. 69Vorliegend durfte die Beklagte selbst sowie die von ihr eingesetzten Berater bei der Prüfung des Prospektes von einer Richtigkeit der Angaben sowie der Plausibilität der Anlage ausgehen. Als reine Finanzdienstleisterin musste die Beklagte nicht über spezifische Kenntnisse und den praktischen Erfahrungshorizont eines Fachmannes auf dem Gebiet der Immobilienwirtschaft verfügen und sich diese auch nicht vor dem Vertrieb der streitgegenständlichen Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds beschaffen, um sämtliche im Prospekt enthaltenen Informationen, insbesondere die dort abgebildeten Prognosen, auf ihre kaufmännische Richtigkeit überprüfen zu können. Ein verständiger Anleger wird von einem Anlageberater auch keine entsprechende Ausbildung oder Kompetenz erwarten. Daher ist zwischen der von einem Anlageberater mit kritischem Sachverstand geschuldeten Plausibilitätskontrolle einer Prognose und einer genauen Überprüfung sämtlicher prospektierten Eckdaten und Einzelparameter sowie sonstiger Detailangaben, auf denen eine Prognoserechnung aufbaut, zu unterscheiden (OLG Hamm, Urteil vom 04.12.2014, Az. I-34 U 30/14). 70Die prognostizierten Mieterträge, Investitionskosten, Mietausfallwagnisse etc. sind in dem Prospekt nachvollziehbar und schlüssig dargelegt. Die Prüfung durch einen Finanzberater mit dem zu erwartenden kritischen Sachverstand musste diesem nach Auffassung der Kammer keine Veranlassung gegeben, an der Schlüssigkeit der dargelegten Werte zu zweifeln. 71Der Vortrag der Kläger, wonach ein höheres Mietausfallrisiko hätte einkalkuliert werden müssen, betrifft nicht mehr die Vertretbarkeit der Prognose der Mieteinnahmen. Vielmehr verlangen die Kläger darüber hinausgehend eine realistische, kaufmännischen Erfahrungen entsprechende Kalkulation. Die von den Klägern insoweit zitierte Rechtsprechung betrifft die Haftung eines Emittenten von Immobilienanlagen für eine zu positive Darstellung der mit dem Beitritt des Anlegers bestehenden Risiken erhöhter Instandsetzungskosten und des Leerstandes und nicht die Haftung des Anlageberaters. 72Soweit die Klägervertreter darauf hinweisen, dass in zwei anderen Rechtsstreitigkeiten - zu anderen Objekten - über die Prognose zum Mietausfallwagnis Sachverständigengutachten eingeholt worden seien und Sachverständige ein Mietausfallwagnis von tatsächlich 4 % oder 4,5 % angenommen hätten, wohingegen im Prospekt lediglich 2 % angenommen worden seien, ändert dies vorliegend nichts. Wenn Berufsrichter zur Beurteilung der Frage, ob bestimmte Prognosen des Emittenten aus Ex-Ante-Sicht vertretbar waren oder nicht, die Hilfe eines Sachverständigen benötigen, kann kaum angenommen werden, dass einem Finanzberater bei kritischer Durchsicht des Prospektes die Fehlerhaftigkeit dieser Prognose hätte auffallen müssen. 73Im Übrigen weist der Prospekt unter der Erläuterung „Entwicklung der Gesellschaft (Prognose)“ ausdrücklich darauf hin, dass die tatsächliche Entwicklung unter Umständen auch deutlich von dem prognostizierten Verlauf abweichen kann, insbesondere im Hinblick auf die Mietentwicklung. Unter dem Punkt „Chancen und Risiken“ wird für den Investitionsteil USA auf das Risiko von sinkenden Mieteinnahmen und/oder erhöhten Leerstandsraten hingewiesen. Gleiches gilt für den Investitionsteil Deutschland. 74Eine Täuschung der Anleger konnte der Anlageberater auch nicht im Hinblick auf die Darstellung der wirtschaftlichen Entwicklung der Vorgängerfonds feststellen. Die Angaben im Prospekt, wonach die kalkulierten Ausschüttungen von allen Beteiligungsgesellschaften seit 1987 jeweils termingerecht vorgenommen und in manchen Fällen sogar überschritten worden seien, waren zutreffend. Soweit die Kläger vortragen, dass diese Ausschüttungen nicht erwirtschaftet worden seien, verhilft dies der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg. Es würde an die Beklagte als Anlageberaterin völlig überspannte Anforderungen stellen, wenn man ihr abverlangen würde, zur Überprüfung der Entwicklung der Vorgängerfonds die von diesen vorgenommenen Ausschüttungen anhand der Geschäftsberichte mit den tatsächlich erwirtschafteten Erträgen abzugleichen (Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 15. Oktober 2014 – 5 U 114/14 –, WM 2015, 613, 616). 75Aufgrund der vorgenannten Umstände musste der im Streitfall tätig gewordene Berater Herr von Puttkamer für eine ordnungsgemäße Aufklärung neben den Angaben aus dem Prospekt weitere (richtigstellende oder ergänzende) Erklärungen gegenüber den Klägern nicht abgeben. 763. 77Darüber hinaus wären etwaige Schadensersatzansprüche kenntnisunabhängig am 03.01.2012 verjährt. 78Schadensersatzansprüche verjähren gemäß § 199 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 BGB ohne Rücksicht auf eine L2 oder grob fahrlässige Unkenntnis des Anspruchsinhabers von den die Ansprüche begründenden Umständen in der Regel spätestens mit Ablauf von zehn Jahren ab ihrer Entstehung. Für die vor der Schuldrechtsreform entstandenen Ansprüche begann diese Frist gem. Art. 229 § 6 Abs. 1, Abs. 4 S. 1 EGBGB ab dem 01.01.2002 zu laufen und endete damit mit Ablauf des 02.01.2012. 79a. 80Der vorgerichtliche Güteantrag der Kläger konnte die Verjährung nicht gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB hemmen. Nur ein Güteantrag, der den geltend gemachten Anspruch hinreichend genau bezeichnet, sich also auf einen oder mehrere bestimmte Streitgegenstände bezieht, hemmt die Verjährung (BGHZ 182, 284 Rn. 13; OLG München, Urteil vom 06.11.2013, Az. 20 U #####/####). Zu einer ausreichenden Individualisierung des Streitgegenstandes gehört neben der Darstellung des Lebenssachverhaltes auch die bestimmte Bezeichnung der begehrten Rechtsfolge, was in der Regel auch eine Bezifferung des Anspruchs voraussetzt (OLG München, WM 2008,733; LG Berlin, Urteil vom 23.10.2013, 10 O 43/13, juris). 81Vorliegend wurde in dem Güteantrag zwar die streitgegenständliche Beteiligung genannt und pauschal und ohne nähere Substantiierung Aufklärungspflichtverletzungen im Rahmen der Beratung behauptet. Hinweise auf die beratenden Personen, die maßgebenden Beratungszeitpunkte oder gar den Zeitpunkt der Zeichnung sind dem Güteantrag aber nicht zu entnehmen. Zumindest die Angabe des Zeitpunktes des Erwerbs der Anlage ist für eine hinreichende Individualisierung des Antrags jedoch erforderlich (BGH, Beschluss vom 21.10.2014, Az. XI ZB 12/12, juris). Der Güteantrag enthält auch keine konkreten, für eine Individualisierung des Streitgegenstandes ausreichenden Umstände, sondern ausschließlich formelhafte Wendungen, wie sie die Klägervertreter offensichtlich unabhängig vom Einzelfall in einer Vielzahl der gegen die Beklagte gerichteten Güteanträge verwendet haben. Damit fehlt es an der notwendigen kurzen Darstellung des dem vorliegenden Fall zugrunde liegenden Lebenssachverhaltes, etwa dazu, wer die Kläger wann und unter welchen Umständen über welche konkreten Risiken bzw. Nachteile der Anlage angeblich fehlerhaft nicht aufgeklärt haben soll. 82Die Beklagte, die selbst nicht Fondsgesellschaft ist (und damit keine L2 von der durch den Emittenten vergebenen Beteiligungsnummer haben muss), konnte anhand der mitgeteilten Daten nicht ohne unzumutbaren Aufwand zuordnen, um welchen konkreten Beratungsvorgang - der zu dieser Zeit zudem bereits 18 Jahre zurück lag - es sich konkret handeln sollte. Dies umso mehr, als die Beklagte angesichts ihrer bundesweiten Tätigkeit im Hinblick auf den Vertrieb von Kapitalanlagen ein Massengeschäft ausübt. Unstreitig gab es vor der Einleitung des Schlichtungsverfahrens auch keinerlei Korrespondenz zwischen den Parteien, so dass die Beklagte auch nicht aufgrund bereits mitgeteilter Beanstandungen darauf hätte schließen können, um welchen konkreten Beratungsvorgang es sich bei dem vorliegenden Güteantrag handeln sollte. 83Auch hinsichtlich der begehrten Rechtsfolge blieb der Antrag unbestimmt, vielmehr wurden lediglich „Schadensersatzansprüche“ für berechtigt gehalten. Weder wurde konkretisiert, welcher Schaden entstanden sein soll, noch in welcher Höhe ein Schaden geltend gemacht werden soll. In welcher Höhe den Klägern ein Schaden entstanden sein soll, wurde erst im Laufe des anhängigen Rechtsstreits und damit deutlich nach Ablauf der zehnjährigen kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist vorgetragen. 84Für das Ziel einer vergleichsweisen Einigung ist es für den Schuldner wesentlich, dass der Gläubiger sowohl den Streitgegenstand so konkret bezeichnet, dass ihm die Prüfung möglich ist, ob Ansprüche gegebenenfalls tatsächlich bestehen, sowie dass der Gläubiger die Höhe seiner Forderung im Güteantrag benennt (OLG München, Urteil vom 06.11.2013, Az. 20 U #####/####, juris; Palandt/Ellenberger, BGB, 74.. Auflage 2015, § 204 Rn. 19). Damit wird der Rechtsdurchsetzungswille des Gläubigers konkretisiert, gleichzeitig wird damit die Basis für Verhandlungen geschaffen. Durch dieses Erfordernis wird auch dem rechtsunkundigen Gläubiger nichts Unzumutbares abverlangt. Der Gesetzgeber verlangt auch bei der Erwirkung eines Mahnbescheides eine solche Bezifferung und traut dies einem Rechtsuchenden zu, selbst wenn dieser ohne anwaltlichen Beistand tätig wird. Wird lediglich pauschal „Schadensersatz“ begehrt, liegt eine hinreichende Bestimmtheit des Güteantrags daher nicht vor. Die Beklagte konnte aufgrund dieses Antrags mit zumutbarem Aufwand weder prüfen, ob überhaupt Ansprüche gegen sie bestehen könnten, noch konnte sie feststellen, in welcher Höhe sich die Kläger etwaiger Ansprüche gegen sie berühmen und aus welchen Forderungen sich diese zusammensetzen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 04.12.2014, Az. I-34 U 30/14, juris). Dass die Kläger aus der Anlage Ausschüttungen erhalten haben, haben sie erstmals mit Schreiben vom 26.03.2015 überhaupt mitgeteilt. 85Auch der Schlichter selbst war durch die Angaben im Güteantrag nicht ansatzweise in der Lage, einen Einigungsvorschlag zu erarbeiten. 86b. 87Daneben fehlte es für die ordnungsgemäße Durchführung der Güteverhandlung an der Vorlage der beklagtenseits geforderten Vollmacht. 88Gemäß § 174 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Der Antrag auf außergerichtliche Streitschlichtung bei der Gütestelle stellt eine geschäftsähnliche Handlung dar, die nach ihrer rechtlichen Struktur im Wesentlichen den gleichen Regeln wie eine Willenserklärung unterliegt, bspw. der Anmeldung von Ansprüchen, und auf die deshalb § 174 BGB entsprechend anzuwenden ist. Mit dem Antrag auf außergerichtliche Streitschlichtung bei einer Gütestelle erhält sich der Antragsteller bei rechtzeitiger Bekanntgabe seiner Ansprüche durch Verjährungshemmung die Durchsetzbarkeit seiner Ansprüche. 89Die Beklagtenseite hat das Fehlen der Vollmacht unverzüglich mit Schreiben vom 12.11.2012 gerügt. Dass eine solche schriftliche Vollmacht jedenfalls nach der entsprechenden Rüge der Beklagtenseite vorzulegen war, hat auch der Schlichter erkannt, als er ankündigte, die erforderlichen Vollmachten würden im Rahmen des Schlichtungstermins vorgelegt werden. Tatsächlich ist die Vorlage der Vollmachten auch in diesem Termin nicht erfolgt. Ausweislich des Protokolls der Schlichtungsverhandlung wurden solche seitens der Klägervertreter weder vorgelegt, noch durch den Schlichter in Augenschein genommen, erst recht ist keine Übersendung an die Beklagtenseite erfolgt. 90Mangels Vollmachtsvorlage wurde das Schlichtungsverfahren damit nicht von der „Partei“ selbst geführt und ist daher auch nach der Schlichtungsordnung unwirksam. 91c. 92Im Übrigen war die Gütestelle in Lübben/Spreewald auch keine für die Durchführung des vorgerichtlichen Schlichtungsverfahrens zuständige Stelle. Die Tätigkeit der Gütestelle E ist im Rahmen der dem Land Brandenburg eingeräumten hoheitlichen gesetzgeberischen Kompetenz in und für Rechtsstreitigkeiten in Brandenburg anerkannt, nicht aber in Bezug auf Sachverhalte oder Personen, die ausschließlich andere Bundesländer, namentlich die hier betroffenen Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, betreffen. Die Zuständigkeitskompetenz des Landes Brandenburg findet an den Landesgrenzen ihr Ende. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Land Brandenburg Gütestellen einrichten wollte, die Streitigkeiten zwischen den Beteiligten aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen regeln sollten. 93d. 94Das Nichteingreifen einer Verjährungshemmung gilt umso mehr, als zudem noch verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Schlichtungsordnung des Rechtsanwalts E bestehen. So begegnet insbesondere Ziffer 5 der Schlichtungsordnung verfassungsrechtlichen Bedenken, wonach der Schlichter das Schlichtungsverfahren „nach eigenem Gutdünken“ führt und berechtigt ist, auch getrennte Gespräche mit den Parteien zu führen, wenn ihm dies zur Klärung der Angelegenheit notwendig erscheint. 95Dass der Schlichter nicht mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar agierte und die Klägerseite auch nicht auf die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze hinwirkte, ergibt sich bereits daraus, dass der Schlichter trotz wiederholter Bitte der Prozessbevollmächtigten der Beklagten um Terminsverlegung überhaupt nicht reagierte und damit letztlich auf ein Scheitern des Güteverfahrens wegen Nichterscheinen der Antragsgegnerin aktiv hinwirkte. 96Dass es der Beklagten kaum möglich sein würde, binnen eines guten Monats auf die ca. 4.500 Schlichtungsanträge angemessen zu reagieren, musste dem Schlichter, der selbst knapp elf Monate gebraucht hatte, um überhaupt nur eine Zustellung „en bloc“ zu veranlassen, auch klar sein. 97e. 98Darüber hinaus bestehen Bedenken, ob ein ausschließlich zur Erlangung einer Verjährungshemmung angestrengtes Güteverfahren, durch das Zeit gewonnen werden soll, um die Möglichkeit der Durchführung eines Klageverfahrens zu eruieren und den hierfür erforderlichen Sachverhalt zu erfassen und aufzuarbeiten, aufgrund der Rechtsmissbräuchlichkeit geeignet ist, eine Verjährung wirksam zu hemmen. Die Klägervertreter haben die Güteverfahren ganz offensichtlich nicht ernsthaft mit dem Ziel einer schnellen, kostengünstigen und einvernehmlichen Streitbeilegung betrieben. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sie mit dem Rechtsanwalt E einen Schlichter ausgesucht haben, der in Lübben/Spreewald im Bundesland Brandenburg und damit mehrere 100 km sowohl vom Wohnsitz der Kläger in Aachen und dem Geschäftssitz der Beklagten in Hannover ansässig ist. Damit haben die Klägervertreter nicht nur die Zuständigkeitsvorschriften des brandenburgischen Schlichtungsgesetzes (§§ 3, 4) i.V.m. § 15 Schiedsstellengesetz missachtet, wonach die Schiedsstelle zuständig ist, in deren Bereich der Antragsgegner wohnt und damit bewusst einen örtlich unzuständigen Schlichter angerufen, sondern es war auch aufgrund der räumlichen Entfernung nicht damit zu rechnen, dass sich die Beklagte auf die Schlichtungsverfahren mit einer Schlichtungsverhandlung - die darüber hinaus in 4.500 Verfahren zeitgleich auf einen Termin von ein bis anderthalb Stunden anberaumt wurde - einlassen würde. Aus dem Umstand, dass die Klägervertreter einer solchen Terminierung nicht entgegengetreten sind, lässt sich entnehmen, dass es ihnen gerade nicht auf eine einvernehmliche Streitbeilegung ankam, sondern alleine die Hemmung der Verjährung zur Vorbereitung eines Massen-Klageverfahrens gewonnen werden sollte. 99Da aber das vorgerichtliche Güteverfahren bereits aus den zuvor dargelegten Gründen keine verjährungshemmende Wirkung entfaltet hat, kann eine etwaige Rechtsmissbräuchlichkeit dahinstehen, ebenso wie die Frage, ob der im vorliegenden Verfahren vorgelegte, auf den 29.12.2011 datierte Antrag auf außergerichtliche Streitschlichtung der Kläger rechtzeitig bei der Schlichtungsstelle eingegangen ist. 100Auch ein etwaiges Zusammenwirken der Klägervertreter mit dem Schlichter im Hinblick auf den extrem späten Zeitpunkt der Bekanntgabe der Anträge sowie die Frage einer Zustellung „demnächst“ können insoweit dahinstehen. 101f. 102Ansprüche aufgrund angeblicher Pflichtverletzungen, die nicht Gegenstand des vorgerichtlichen Güteverfahrens waren, sind darüber hinaus per se verjährt. 103Nach dem Grundsatz der verjährungsrechtlichen Eigenständigkeit unterliegen mehrere Beratungsfehler auch dann, wenn sie nicht jeweils unterschiedliche Schadensfolgen verursacht haben, sondern in demselben Schaden mit dem Erwerb einer Kapitalanlage münden, keiner einheitlichen Verjährung. Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB berechnet sich daher für jeden Beratungsfehler gesondert. Sie beginnt zu laufen, wenn der Kapitalanleger die Umstände, insbesondere die wirtschaftlichen Zusammenhänge kennt, aus denen sich die jeweilige Rechtspflicht des Anlageberaters zur Aufklärung ergibt. Dies muss gleichermaßen auch für die Frage des Eingreifens von Hemmungstatbeständen gelten. Das Eingreifen eines Hemmungstatbestandes setzt voraus, dass der entsprechende Beratungsfehler geltend gemacht worden ist (BGH BKR 2010,118). 1044. 105Der Antrag auf Durchführung des Kapitalanleger-Musterverfahrens war vorliegend entsprechend § 3 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG als unzulässig zu verwerfen, weil die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits nicht von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt. Die Klage ist derzeit in jedem Fall entscheidungsreif, so dass es auf den Ausgang eines etwaigen durchgeführten Muster-Verfahrens vorliegend nicht ankommt. 106Das Verfahren war auch nicht im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Landgerichts Berlin vom 03.03.2015 auszusetzen. Eine Vorgreiflichkeit des dort gegebenenfalls durchzuführenden Kapitalanleger-Musterverfahrens ist für das hiesige Verfahren nicht gegeben. Dass das Prozessgericht das Verfahren unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 KapMuG auch dann auszusetzen hat, wenn es selbst einen entsprechenden Musterverfahrensantrag als unzulässig abgewiesen hat, gilt in den Fällen, in denen eine Haftung der Beklagten für Prospektfehler im Raum steht. Für die Entscheidung des hiesigen Verfahrens ist der Ausgang eines etwaigen Musterverfahrens aus den dargestellten Gründen jedoch ohne jeden Belang. 1075. 108Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. 109Der Streitwert wird auf 42.948,52 EUR festgesetzt. 110Rechtsbehelfsbelehrung: 111Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 112a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 113b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist. 114Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, S-Platz, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 115Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen. 116Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 117Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
das versäumnisurteil des landgerichts aachen vom 21.08.2014 - az. 1 o 255/13 - bleibt aufrechterhalten. die weiteren kosten des rechtsstreits tragen die kläger. das urteil ist gegen sicherheitsleistung i.h.v. 110 % des vollstreckbaren betrages vorläufig vollstreckbar. die vollstreckung aus dem versäumnisurteil darf nur gegen leistung einer entsprechenden sicherheit fortgesetzt werden. der antrag auf durchführung des kapitalanleger-musterverfahrens wird als unzulässig verworfen 1
2die kläger machen gegen die beklagte schadensersatzansprüche wegen verletzung von aufklärungspflichten im zusammenhang mit dem erwerb einer beteiligung an einem geschlossenen immobilienfonds geltend. 3bei der beklagten handelt es sich um ein unternehmen, welches auf provisionsbasis kapitalanlagen vertreibt. unter ihrem vormaligen namen „allgemeiner wirtschaftsdienst gesellschaft für wirtschaftsberatung und g mbh“ bot die beklagte interessierten anlegern unter anderem beteiligungen an sogenannten „dreiländerfonds“ an, deren besonderheit darin bestand, dass die anlagegelder in immobilien in drei verschiedenen ländern (deutschland, schweiz und usa) investiert wurden. zu den jeweiligen g3 wurden emissionsprospekte aufgelegt. die anleger schlossen dabei mit der atc allgemeine treuhand- und t2 mbh in münchen als treuhandkommanditistin einen treuhandvertrag, nach dem diese den beitritt des anlegers als treugeber bewirken sollte. 4die vorliegende klage ist teil einer von den prozessbevollmächtigten der kläger initiierten massenklage, im rahmen dessen die beklagte vorprozessual in ca. 4.500 schlichtungsverfahren in anspruch genommen wurde sowie anschließend in ca. 1.750 fällen klage im gesamten bundesgebiet erhoben wurde. sämtliche, in weiten teilen identisch formulierte klagen werden ausschließlich auf eine behauptete unrichtigkeit der von der beklagten beim vertrieb genutzten prospekte, also auf eine prospekthaftung im weiteren sinne, und auf verschulden bei vertragsschluss bzw. auf eine behauptete unrichtige schulung der jeweiligen vermittler gestützt. 5in einer etwa gleichen anzahl von fällen haben dieselben klageparteien vor dem landgericht stuttgart gegen den persönlich haftenden gründungsgesellschafter der fondsgesellschaft, herrn g2, ebenfalls wegen angeblicher prospektfehler und fehlerhafter produktschulungen klage erhoben. 6die kläger zeichneten am 23.05.1994 nach beratung durch den finanzberater harro von puttkamer einen antrag auf abschluss eines treuhandvertrages zum beitritt zu der schweiz-deutschland-usa dreiländer p2 - dlf 93/14 - g2 - kg i.h.v. 100.000,- dm zzgl. 5.000,- dm agio. der beratung zugrunde lag der emissionsprospekt mit stand juli 1993. teilweise finanzierten sie die beteiligung über ein darlehen bei der bhw-bank vom 22.06.1994. 7die kläger machten ansprüche gegen die beklagte in einem vorgerichtlichen schlichtungsverfahren bei dem schiedsmann rechtsanwalt e in lübben/spreewald geltend, wobei zwischen den parteien streitig ist, an welchem tag der schlichtungsantrag bei der gütestelle eingereicht wurde. die prozessbevollmächtigten der kläger hatten sich mit dem schlichter im vorfeld darauf geeinigt, dass eine anzahlung i.h.v. 30.000,- € für die 4.500 eingereichten schlichtungsanträge gezahlt wird. 8die ca. 4.500 güteanträge wurden der beklagten sämtlich am 08.11.2012 zugestellt unter bekanntgabe eines schlichtungstermins für alle verfahren am 18.12.2012. mit schreiben vom 12.11.2012 bat die beklagte um überlassung der vollmachten der jeweils antragstellenden parteien. zudem wies die beklagte den schlichter darauf hin, dass nicht nachvollziehbar sei, warum die bekanntgabe der anträge erst im november 2012 erfolge. mit schreiben vom 13.12.2012 antwortete der schlichter, dass die prozessbevollmächtigten der klägerseite zugesagt hätten, sämtliche vollmachten im termin am 18.12.2012 im original vorzulegen. zudem wies er darauf hin, dass der in allen die beklagte betreffenden schlichtungsverfahren anberaumte termin auf den 18.12.2012 lediglich zu einer vorbesprechung der weiteren verfahrensweise genutzt werden solle. zudem solle der termin unter anderem auch dazu dienen, die vollmachten einzusehen. die beklagte bat erfolglos zweimal um verlegung des anberaumten termins. 9nachdem für die beklagte zum schlichtungstermin niemand erschienen war, erklärte der schlichter den schlichtungsversuch in allen fällen für gescheitert. ausweislich des schlichtungsprotokolls wurden vollmachten durch die prozessbevollmächtigten der klägerseite weder vorgelegt noch vom schlichter eingesehen. 10die kläger behaupten, die beklagte habe ihre berater im rahmen der beteiligungsvermittlung der dreiländerfonds zu „dlf-lizenzierten“ finanzberatern ausgebildet. die schulungen seien vornehmlich von herrn c und herrn m geleitet worden. aufbau und struktur der schulungen sowie die verwandten unterlagen seien bei sämtlichen dreiländerfonds nahezu identisch gewesen. erst nach der teilnahme an den entsprechenden seminaren seien die berater berechtigt gewesen, dlf-beteiligungen zu vertreiben. den beratern seien dabei systematisch falsche informationen gegeben worden, die diese wiederum an die anleger weitergegeben hätten. insbesondere hinsichtlich der kosten des g3, der risiken und der zu erzielenden renditen seien den beratern falsche und unvollständige informationen gegeben worden, um die risiken, kosten und tatsächlich zu erwartenden erträge der anlage zu verschleiern. 11bei der vorstellung des hier streitgegenständlichen dlf habe sich der berater von puttkamer an den vorgaben und inhalten der schulungen sowie an den informationen des emissionsprospekts orientiert. seine informationen zu den investitionen des streitgegenständlichen g3 sowie zu der darstellung der entwicklung des g3 habe der berater der prospektdarstellung in dem abschnitt „angebot“ und „entwicklung einer beteiligung von dm 100.000 (prognose)“ entnommen. die kläger hätten auf die angaben aus der beratung vertraut und am 23.05.1994 die streitgegenständliche beteiligung über 100.000 dm zuzüglich agio gezeichnet. 12aus der anlage hätten die kläger nettoausschüttungen i.h.v. 20.843,47 € erhalten. 13die kläger sind der auffassung, dass der emissionsprospekt in folgenden punkten unrichtig, unvollständig und irreführend sei: 14 die prognostizierten mieterträge für den investitionsteil deutschland seien nicht sorgfältig ermittelt und unvertretbar hoch 15 die höhe des prognostizierten mietausfallwagnisses für deutschland und die usa sei nicht sorgfältig ermittelt und unvertretbar niedrig 16 die fortschreibung der mieterträge für den investitionsteil usa über die gesamte laufzeit der prognose sei nicht sorgfältig ermittelt und unvertretbar 17 die prognostizierten instandhaltungskosten für deutschland und die usa seien nicht sorgfältig ermittelt und unvertretbar niedrig 18 die prognostizierten verkaufswerte der immobilien in deutschland und in den usa seien unvertretbar hoch 19 der prognostizierte ertrag der beteiligung an der g3 kg sei unvertretbar hoch 20 die angabe über die höhe der vertriebskosten sei irreführend 21 die darstellung der entwicklung der vorgängerfonds sei irreführend 22die beklagte habe bei kritischer prüfung des prospektes diese mängel erkennen können und müssen und hätte - so die auffassung der kläger - die anleger über diese aufklären müssen. 23zudem beruhe die beratung der beklagten auf den falschen schulungsinhalten. aus den schulungsinhalten ergebe sich im übrigen, dass die beklagte aufgrund einer vorsätzlichen sittenwidrigen schädigung der anleger nach § 826 bgb hafte. denn sie habe die für sie tätigen berater wissentlich falsch geschult (bzw. schulen lassen), um die anlagen möglichst erfolgreich vertreiben zu können. 24die kläger behaupten, sie hätten vor der beratung der beklagten ihr geld überwiegend in bausparverträge und festgeldanlagen angelegt. der berater von puttkamer habe sich nach den einkommens- und vermögensverhältnissen der kläger erkundigt und nach deren anlagezielen gefragt und eine selbstauskunft gefertigt. vor der hier streitgegenständlichen anlage seien sie nicht von der beklagten beraten worden. 25bis zum abschluss der streitgegenständlichen beteiligung habe es zwei beratungstermine in der wohnung der kläger in aachen gegeben, die unterzeichnung sei dann in den büroräumen der beklagten in aachen erfolgt. der berater habe den g3 als geeignete kapitalanlage vorgestellt. dabei habe er sich an die vorgaben und inhalte der schulungen gehalten. er habe erklärt, dass die dreiländerfonds im vergleich zu anderen g3 einen substanzwert hätten und deswegen mehr an ihre anleger ausschütten könnten. in dem termin am 23.05.1994 hätten die kläger im vertrauen auf die beratung die beitrittserklärung unterschrieben. der emissionsprospekt sei dabei nicht übergeben worden. 26der güteantrag sei vor dem 03.01.2012 bei der schlichtungsstelle eingegangen. die schlichtungsanträge gegen die beklagte seien alle zwischen dem 31.12.2011 und dem 02.01.2012 bei der gütestelle e eingereicht worden. sie seien dabei überwiegend persönlich gebracht und in einer geringen anzahl per fax überreicht worden. alle zum jahresende eingereichten schlichtungsanträge durch die prozessbevollmächtigten der klägerseite seien durch den schlichter sukzessive über das jahr 2012 hinweg abgearbeitet worden. 27die kläger sind der auffassung, dass sie einen anspruch auf entgangenen gewinn auf die erbrachte einlage in höhe der umlaufrenditen festverzinslicher wertpapiere inländischer emittenten hätten. 28des weiteren beantragen sie die durchführung eines kapitalanleger-musterverfahrens gemäß § 1 kapmug mit dem ziel, festzustellen, dass der emissionsprospekt des dlf 93/14, stand 15. juli 1993, in zahlreichen, im antrag der kläger vom 28.02.2014 im einzelnen aufgeführten aussagen unrichtig, unvollständig und irreführend sei. wegen der einzelheiten wird auf den inhalt des antrages vom 19.03.2014, bl. 250 ff. der akten bezug genommen. 29die kläger verweisen darauf, dass das landgericht berlin nunmehr vorlagebeschlüsse erlassen und veröffentlicht hat, mit denen feststellungsziele, die auch mit dem musterverfahrensantrag im hiesigen verfahren geltend gemacht wurden, dem kammergericht zum zwecke eines musterentscheids vorgelegt wurden und vertreten hierzu die auffassung, dass das verfahren im hinblick hierauf gemäß § 8 abs. 1 kapmug auszusetzen sei. 30die kläger haben zunächst beantragt, 31festzustellen, dass die beklagte verpflichtet ist, der klägerpartei sämtliche finanzielle schäden zu ersetzen, die im abschluss der beteiligung mit der vertragsnummer xxxxxxxx an der dreiländer p 93/14 – g2 - kg ihre ursache haben. 32nachdem der klägervertreter im termin zur mündlichen verhandlung vom 21.08. 2014 nicht aufgetreten ist, hat das landgericht klageabweisendes versäumnisurteil verkündet, das dem prozessbevollmächtigten der kläger am 27.08.2014 zugestellten worden ist. hiergegen haben die kläger am 10.09.2014 einspruch eingelegt. 33nunmehr beantragen sie: 341. das versäumnisurteil vom 21.08.2014 - 1 o 255/13 - wird aufgehoben. 352. die beklagte wird verurteilt, an die klägerpartei 107.867,68 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen, zug um zug gegen die schriftliche zustimmung der klägerpartei zur übertragung der ansprüche aus der beteiligung an der dreiländer p2 - dlf 93/14 – g2 – kg -, vertragsnummer 93146915. 363. es wird festgestellt, dass die beklagte verpflichtet ist, der klägerpartei sämtliche weiteren künftigen materiellen schäden aus der beteiligung an der dreiländer p2 - dlf 93/14 - g2 - kg, vertragsnummer 93146915, zu ersetzen. 374. es wird festgestellt, dass sich die beklagte mit der annahme der gegenleistung in verzug befindet. 385. die beklagte wird verurteilt, an die klägerpartei vorgerichtliche kosten der rechtsverfolgung i.h.v. 2.457,83 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen sowie die klägerpartei von den weiteren vorgerichtlichen kosten der rechtsverfolgung i.h.v. 2.953,87 € freizustellen. 39des weiteren beantragen sie die durchführung eines kapitalanleger-musterverfahrens gemäß § 1 kapmug. 40die beklagte beantragt, 41die klage abzuweisen. 42des weiteren beantragt sie, den antrag auf durchführung des kapitalanleger-musterverfahrens zurückzuweisen. 43die beklagte rügt die mangelnde substantiierung der klage und weist insoweit darauf hin, dass in sämtlichen klageverfahren im bundesgebiet weitestgehend wortgleiche schriftsätze eingereicht worden seien. 44die beklagte vertritt die ansicht, dass prospektfehler nicht vorlägen. soweit fehler vorhanden seien, seien diese für die vermittler im rahmen der plausibilitätsprüfung jedenfalls nicht erkennbar gewesen. der anlageberater sei nicht verpflichtet, sämtliche in dem prospekt enthaltenen informationen sowie das zahlenmaterial auf deren richtigkeit hin zu überprüfen. eine derart weitgehende prüfungspflicht könne schon deshalb nicht angenommen werden, weil dem berater die hierfür erforderlichen informationen oft nicht zur verfügung stünden. dies, zumal bereits durch deutsche gerichte wiederholt die richtigkeit der den jeweiligen anlagen zugrunde liegenden emissionsprospekte bestätigt worden seien. 45mitarbeiterschulungen mit falschen angaben zu den dreiländerfonds habe es nicht gegeben. soweit es werbeveranstaltungen gegeben habe, sei die teilnahme daran nicht voraussetzung für den erwerb einer vertriebslizenz und auch nicht obligatorisch gewesen. 46etwaige ansprüche der kläger seien darüber hinaus verjährt. zum einen sei absolute verjährung wegen einer fehlenden hemmungswirkung des güteverfahrens eingetreten. so sei das güteverfahren mangels gesetzlicher ermächtigungsgrundlage generell nicht zur verjährungshemmung geeignet, die schlichtungsordnung der schlichtungsstelle e sei verfassungswidrig und genüge nicht rechtsstaatlichen prinzipien, die formellen anforderungen für ein ordnungsgemäßes güteverfahren seien durch die schlichtungsstelle nicht erfüllt worden, die bekanntgabe der güteanträge durch den schlichter sei in kollusivem zusammenwirken mit den klägervertretern nicht „demnächst“ im sinne des § 204 abs. 1 nr. 4 bgb erfolgt und die klägervertreter hätten durch die selbst ausgelöste völlige überlastung der schlichtungsstelle zumindest billigend in kauf genommen, dass die bekanntgabe nicht „demnächst“ erfolge. 47die beklagte bestreitet zudem, dass die klägervertreter überhaupt zur einreichung der güteanträge von den jeweiligen parteien bevollmächtigt gewesen seien, dass der güteantrag tatsächlich vor dem 03.01.2012 bei der schlichtungsstelle eingegangen sei und dass die verfahrenskosten für das güteverfahren eingezahlt worden seien. 48im übrigen sei - so die ansicht der beklagten - das bemühen der schlichtungsstelle rechtsmissbräuchlich gewesen, da es den klägervertretern tatsächlich nicht um eine gütliche einigung, sondern allein um das hinauszögern des verjährungseintritts gegangen sei. dies ergebe sich bereits daraus, dass die beklagte bereits vorab in unterschiedlichen vorgerichtlichen auseinandersetzungen (in anderer sache) die von den kläger-vertretern für anleger geltend gemachten ansprüche wiederholt und rigoros abgelehnt habe, so dass mit einer erfolgreichen schlichtung unter keinen umständen zu rechnen gewesen wäre. 49hinsichtlich der im rahmen des schlichtungsantrages nicht genannten vermeintlichen pflichtverletzungen sei ohne weiteres absolute verjährung eingetreten, da jede pflichtverletzung einem eigenen verjährungsablauf unterliege. 50jedenfalls aber seien schadensersatzansprüche aufgrund der ordnungsgemäßen beratung der anleger kenntnisabhängig verjährt. spätestens seit anfang der 2000er jahre hätten die anleger aufgrund des rückgangs bzw. des ausbleibens von ausschüttungen sowie aufgrund der regelmäßigen schriftlichen informationen über die wirtschaftliche situation der fondsgesellschaft durch übersendung der jährlichen geschäftsberichte und protokolle der gesellschafterversammlungen l2 gehabt. 51zudem fehle es an einer kausalität zwischen angeblicher falschberatung und der zeichnung der anlage. auf die vermutung aufklärungsrichtigen verhaltens könnten sich die kläger mangels substantiierung bzw. individualisierung ihres vorbringens nicht berufen. 52die beklagte bestreitet die höhe der behaupteten ausschüttungen mit nichtwissen. 53im übrigen sieht sie keine vermutung dafür, dass die klägerpartei mit dem anlagebetrag den nunmehr geltend gemachten entgangenen gewinn erwirtschaftet hätte. 54hinsichtlich des weiteren sach- und streitstandes wird auf die gewechselten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 55
56die zulässige klage hat in der sache keinen erfolg. 57i. 58nach umstellung der wegen vorrangs der leistungsklage ursprünglich unzulässigen feststellungs- auf eine leistungsklage ist diese nunmehr zwar zulässig, jedoch unbegründet. 591. 60die kläger haben ein zum schadensersatz verpflichtendes verhalten der beklagten bereits nicht schlüssig dargelegt. der klägerische - individualisierte - vortrag besteht in der bezeichnung der parteien, des beraters, des erworbenen g3 sowie der angabe zur höhe der beteiligung. ansonsten besteht der vortrag ganz überwiegend aus in allen parallelverfahren gleich lautenden textbausteinen. soweit die kläger im laufe des verfahrens rudimentär angaben zum beratungsvorgang selbst nachgeschoben haben, reicht auch dies für einen schlüssigen vortrag nicht aus, da die klage auf die behauptete unrichtigkeit des prospektes gestützt wird. es wird jedoch weder dargetan, welcher konkrete inhalt des prospektes einerseits oder welche schulungsinhalte andererseits in den gesprächen mit den klägern in welcher weise verwendet worden sein sollen. 61angaben dazu, in welchen wirtschaftlichen verhältnissen die kläger damals lebten, welche vorerfahrungen und kenntnisse sie im bereich von kapitalanlagen konkret hatten, welche anlageziele sie konkret mit der hier streitgegenständlichen anlage verfolgten (abgesehen von dem in allen verfahren gleichermaßen vorgetragen pauschalbehauptungen, dass die klägerpartei eine wertstabile und sichere anlage wollte) fehlen vollständig, ebenso die angaben zu der frage, wer sich wann auf welche weise an wen gewandt hat, um einen gesprächstermin zu vereinbaren. 622. 63selbst wenn man den klägervortrag zu einer pflichtverletzung der beklagten im hinblick auf eine prospekthaftung im weiteren sinne sowie eine unterlassene plausibilitätsprüfung als hinreichend substantiiert ansehen wollte, wären schadensersatzansprüche der kläger zu verneinen. 64die beklagte ist unstreitig weder gründer, noch initiator oder gestalter des g3 oder des prospekts. sie unterfällt daher nicht der eigentlichen prospekthaftung (palandt, bgb, 73. auflage, § 311 rn. 69) und ist grundsätzlich für die inhaltliche richtigkeit und vollständigkeit des prospekts nicht verantwortlich. durch die übernahme des vertriebs wird eine prospekthaftung im engeren sinne nicht begründet (bgh, urteil vom 12.02.2004, az. iii zr 359/02, juris). 65ein anlageberater hat die anlage, die er empfehlen will, aber mit dem üblichen kritischen sachverstand zu prüfen oder den anleger auf ein diesbezügliches unterlassen hinzuweisen (bgh, urteil vom 12.02.2004, az. iii 17/08, juris). vertreibt er die anlage anhand eines prospektes, so hat er den prospekt jedenfalls darauf zu überprüfen, ob dieser ein in sich schlüssiges gesamtbild über das beteiligungsobjekt bietet und ob die darin enthaltenen informationen in einer kritischen gesamtschau sachlich richtig und vollständig sind (vergleiche bgh, urteil vom 05.03.2009, az. iii zr 17/08, juris). nach ständiger rechtsprechung des bgh muss der emissionsprospekt dem anleger für seine beitrittsentscheidung ein zutreffendes bild über das beteiligungsobjekt vermitteln, das heißt er muss über alle umstände, die für seine anlageentscheidung von wesentlicher bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen beteiligungsform verbundenen nachteile und risiken, zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden. lücken und fehler eines emissionsprospektes erlangen mittelbar auch für die beratung und aufklärungspflichten eines anlageberaters bedeutung, wenn sie bei obliegenheitsgemäßer prüfung der schlüssigkeit und plausibilität des anlagekonzepts erkennbar gewesen wären. dabei gelten für den anlageberater aber nicht dieselben maßstäbe wie für die anlagegesellschaft. zwar kann die von ihm vorzunehmende prüfung auch in gewissem umfang ermittlungspflichten einschließen, soweit es um umstände geht, die nach der bei ihm vorauszusetzenden l2 zweifel an der inneren schlüssigkeit einer im prospekt mitgeteilten tatsache zu begründen vermögen. allerdings dürfen an die pflichten eines anlageberaters oder vermittlers keine übertriebenen anforderungen gestellt werden. der mit der notwendigen überprüfung verbundene aufwand muss ihm zumutbar sein (bgh, beschluss vom 05.05.2008, az. iii zr 230/07, juris). 66eine unterlassene prüfung kann nur dann zu einer haftung führen, wenn bei dieser ein risiko erkennbar geworden wäre, über das der anleger hätte aufgeklärt werden müssen, oder aber wenn erkennbar geworden wäre, dass eine empfehlung der anlage nicht anleger- und/oder objektgerecht ist (bgh, urteil vom 15.11.2012, az. iii zr 55/12, juris). eine etwaige unrichtigkeit des prospekts im rahmen der zumutbaren prospektprüfung muss also auch für den berater überhaupt erkennbar gewesen sein (olg frankfurt am main, urteil vom 30.11.2010, az. 14 u 229/09, juris). 67ausgehend von diesem prüfungsmaßstab ist eine pflichtverletzung der beklagten nicht gegeben. die kläger tragen die darlegungs- und beweislast dafür, dass die vom anlageberater geschuldete prüfung nicht durchgeführt wurde oder nicht ordnungsgemäß war, weil sie anderenfalls zur aufdeckung von aufklärungsbedürftigen umständen geführt hätte (bgh, urteil vom 15.11.2012, az. iii zr 55/12). insoweit haben die kläger bereits ihrer darlegungslast nicht genügt. über ihre pauschale behauptung, die beklagte habe den streitgegenständlichen prospekt nicht geprüft bzw. nicht ordnungsgemäß geprüft, hinaus bleiben sie einen konkreten vortrag dazu, welche fehler der beklagten als beraterin bei einer plausibilitätskontrolle des prospekts hätten auffallen müssen, schuldig. 68ein solcher vortrag ergibt sich auch nicht aus der behauptung der kläger zu vermeintlichen prospektfehlern. die kläger überspannen bei ihrem klagevortrag die anforderungen, die die rechtsprechung an einen anlageberater im hinblick auf die geschuldete prüfung stellt. 69vorliegend durfte die beklagte selbst sowie die von ihr eingesetzten berater bei der prüfung des prospektes von einer richtigkeit der angaben sowie der plausibilität der anlage ausgehen. als reine finanzdienstleisterin musste die beklagte nicht über spezifische kenntnisse und den praktischen erfahrungshorizont eines fachmannes auf dem gebiet der immobilienwirtschaft verfügen und sich diese auch nicht vor dem vertrieb der streitgegenständlichen beteiligung an einem geschlossenen immobilienfonds beschaffen, um sämtliche im prospekt enthaltenen informationen, insbesondere die dort abgebildeten prognosen, auf ihre kaufmännische richtigkeit überprüfen zu können. ein verständiger anleger wird von einem anlageberater auch keine entsprechende ausbildung oder kompetenz erwarten. daher ist zwischen der von einem anlageberater mit kritischem sachverstand geschuldeten plausibilitätskontrolle einer prognose und einer genauen überprüfung sämtlicher prospektierten eckdaten und einzelparameter sowie sonstiger detailangaben, auf denen eine prognoserechnung aufbaut, zu unterscheiden (olg hamm, urteil vom 04.12.2014, az. i-34 u 30/14). 70die prognostizierten mieterträge, investitionskosten, mietausfallwagnisse etc. sind in dem prospekt nachvollziehbar und schlüssig dargelegt. die prüfung durch einen finanzberater mit dem zu erwartenden kritischen sachverstand musste diesem nach auffassung der kammer keine veranlassung gegeben, an der schlüssigkeit der dargelegten werte zu zweifeln. 71der vortrag der kläger, wonach ein höheres mietausfallrisiko hätte einkalkuliert werden müssen, betrifft nicht mehr die vertretbarkeit der prognose der mieteinnahmen. vielmehr verlangen die kläger darüber hinausgehend eine realistische, kaufmännischen erfahrungen entsprechende kalkulation. die von den klägern insoweit zitierte rechtsprechung betrifft die haftung eines emittenten von immobilienanlagen für eine zu positive darstellung der mit dem beitritt des anlegers bestehenden risiken erhöhter instandsetzungskosten und des leerstandes und nicht die haftung des anlageberaters. 72soweit die klägervertreter darauf hinweisen, dass in zwei anderen rechtsstreitigkeiten - zu anderen objekten - über die prognose zum mietausfallwagnis sachverständigengutachten eingeholt worden seien und sachverständige ein mietausfallwagnis von tatsächlich 4 % oder 4,5 % angenommen hätten, wohingegen im prospekt lediglich 2 % angenommen worden seien, ändert dies vorliegend nichts. wenn berufsrichter zur beurteilung der frage, ob bestimmte prognosen des emittenten aus ex-ante-sicht vertretbar waren oder nicht, die hilfe eines sachverständigen benötigen, kann kaum angenommen werden, dass einem finanzberater bei kritischer durchsicht des prospektes die fehlerhaftigkeit dieser prognose hätte auffallen müssen. 73im übrigen weist der prospekt unter der erläuterung „entwicklung der gesellschaft (prognose)“ ausdrücklich darauf hin, dass die tatsächliche entwicklung unter umständen auch deutlich von dem prognostizierten verlauf abweichen kann, insbesondere im hinblick auf die mietentwicklung. unter dem punkt „chancen und risiken“ wird für den investitionsteil usa auf das risiko von sinkenden mieteinnahmen und/oder erhöhten leerstandsraten hingewiesen. gleiches gilt für den investitionsteil deutschland. 74eine täuschung der anleger konnte der anlageberater auch nicht im hinblick auf die darstellung der wirtschaftlichen entwicklung der vorgängerfonds feststellen. die angaben im prospekt, wonach die kalkulierten ausschüttungen von allen beteiligungsgesellschaften seit 1987 jeweils termingerecht vorgenommen und in manchen fällen sogar überschritten worden seien, waren zutreffend. soweit die kläger vortragen, dass diese ausschüttungen nicht erwirtschaftet worden seien, verhilft dies der klage ebenfalls nicht zum erfolg. es würde an die beklagte als anlageberaterin völlig überspannte anforderungen stellen, wenn man ihr abverlangen würde, zur überprüfung der entwicklung der vorgängerfonds die von diesen vorgenommenen ausschüttungen anhand der geschäftsberichte mit den tatsächlich erwirtschafteten erträgen abzugleichen (oberlandesgericht des landes sachsen-anhalt, urteil vom 15. oktober 2014 – 5 u 114/14 –, wm 2015, 613, 616). 75aufgrund der vorgenannten umstände musste der im streitfall tätig gewordene berater herr von puttkamer für eine ordnungsgemäße aufklärung neben den angaben aus dem prospekt weitere (richtigstellende oder ergänzende) erklärungen gegenüber den klägern nicht abgeben. 763. 77darüber hinaus wären etwaige schadensersatzansprüche kenntnisunabhängig am 03.01.2012 verjährt. 78schadensersatzansprüche verjähren gemäß § 199 abs. 1, abs. 3 nr. 1 bgb ohne rücksicht auf eine l2 oder grob fahrlässige unkenntnis des anspruchsinhabers von den die ansprüche begründenden umständen in der regel spätestens mit ablauf von zehn jahren ab ihrer entstehung. für die vor der schuldrechtsreform entstandenen ansprüche begann diese frist gem. art. 229 § 6 abs. 1, abs. 4 s. 1 egbgb ab dem 01.01.2002 zu laufen und endete damit mit ablauf des 02.01.2012. 79a. 80der vorgerichtliche güteantrag der kläger konnte die verjährung nicht gemäß § 204 abs. 1 nr. 4 bgb hemmen. nur ein güteantrag, der den geltend gemachten anspruch hinreichend genau bezeichnet, sich also auf einen oder mehrere bestimmte streitgegenstände bezieht, hemmt die verjährung (bghz 182, 284 rn. 13; olg münchen, urteil vom 06.11.2013, az. 20 u #####/####). zu einer ausreichenden individualisierung des streitgegenstandes gehört neben der darstellung des lebenssachverhaltes auch die bestimmte bezeichnung der begehrten rechtsfolge, was in der regel auch eine bezifferung des anspruchs voraussetzt (olg münchen, wm 2008,733; lg berlin, urteil vom 23.10.2013, 10 o 43/13, juris). 81vorliegend wurde in dem güteantrag zwar die streitgegenständliche beteiligung genannt und pauschal und ohne nähere substantiierung aufklärungspflichtverletzungen im rahmen der beratung behauptet. hinweise auf die beratenden personen, die maßgebenden beratungszeitpunkte oder gar den zeitpunkt der zeichnung sind dem güteantrag aber nicht zu entnehmen. zumindest die angabe des zeitpunktes des erwerbs der anlage ist für eine hinreichende individualisierung des antrags jedoch erforderlich (bgh, beschluss vom 21.10.2014, az. xi zb 12/12, juris). der güteantrag enthält auch keine konkreten, für eine individualisierung des streitgegenstandes ausreichenden umstände, sondern ausschließlich formelhafte wendungen, wie sie die klägervertreter offensichtlich unabhängig vom einzelfall in einer vielzahl der gegen die beklagte gerichteten güteanträge verwendet haben. damit fehlt es an der notwendigen kurzen darstellung des dem vorliegenden fall zugrunde liegenden lebenssachverhaltes, etwa dazu, wer die kläger wann und unter welchen umständen über welche konkreten risiken bzw. nachteile der anlage angeblich fehlerhaft nicht aufgeklärt haben soll. 82die beklagte, die selbst nicht fondsgesellschaft ist (und damit keine l2 von der durch den emittenten vergebenen beteiligungsnummer haben muss), konnte anhand der mitgeteilten daten nicht ohne unzumutbaren aufwand zuordnen, um welchen konkreten beratungsvorgang - der zu dieser zeit zudem bereits 18 jahre zurück lag - es sich konkret handeln sollte. dies umso mehr, als die beklagte angesichts ihrer bundesweiten tätigkeit im hinblick auf den vertrieb von kapitalanlagen ein massengeschäft ausübt. unstreitig gab es vor der einleitung des schlichtungsverfahrens auch keinerlei korrespondenz zwischen den parteien, so dass die beklagte auch nicht aufgrund bereits mitgeteilter beanstandungen darauf hätte schließen können, um welchen konkreten beratungsvorgang es sich bei dem vorliegenden güteantrag handeln sollte. 83auch hinsichtlich der begehrten rechtsfolge blieb der antrag unbestimmt, vielmehr wurden lediglich „schadensersatzansprüche“ für berechtigt gehalten. weder wurde konkretisiert, welcher schaden entstanden sein soll, noch in welcher höhe ein schaden geltend gemacht werden soll. in welcher höhe den klägern ein schaden entstanden sein soll, wurde erst im laufe des anhängigen rechtsstreits und damit deutlich nach ablauf der zehnjährigen kenntnisunabhängigen verjährungsfrist vorgetragen. 84für das ziel einer vergleichsweisen einigung ist es für den schuldner wesentlich, dass der gläubiger sowohl den streitgegenstand so konkret bezeichnet, dass ihm die prüfung möglich ist, ob ansprüche gegebenenfalls tatsächlich bestehen, sowie dass der gläubiger die höhe seiner forderung im güteantrag benennt (olg münchen, urteil vom 06.11.2013, az. 20 u #####/####, juris; palandt/ellenberger, bgb, 74.. auflage 2015, § 204 rn. 19). damit wird der rechtsdurchsetzungswille des gläubigers konkretisiert, gleichzeitig wird damit die basis für verhandlungen geschaffen. durch dieses erfordernis wird auch dem rechtsunkundigen gläubiger nichts unzumutbares abverlangt. der gesetzgeber verlangt auch bei der erwirkung eines mahnbescheides eine solche bezifferung und traut dies einem rechtsuchenden zu, selbst wenn dieser ohne anwaltlichen beistand tätig wird. wird lediglich pauschal „schadensersatz“ begehrt, liegt eine hinreichende bestimmtheit des güteantrags daher nicht vor. die beklagte konnte aufgrund dieses antrags mit zumutbarem aufwand weder prüfen, ob überhaupt ansprüche gegen sie bestehen könnten, noch konnte sie feststellen, in welcher höhe sich die kläger etwaiger ansprüche gegen sie berühmen und aus welchen forderungen sich diese zusammensetzen (vgl. olg hamm, urteil vom 04.12.2014, az. i-34 u 30/14, juris). dass die kläger aus der anlage ausschüttungen erhalten haben, haben sie erstmals mit schreiben vom 26.03.2015 überhaupt mitgeteilt. 85auch der schlichter selbst war durch die angaben im güteantrag nicht ansatzweise in der lage, einen einigungsvorschlag zu erarbeiten. 86b. 87daneben fehlte es für die ordnungsgemäße durchführung der güteverhandlung an der vorlage der beklagtenseits geforderten vollmacht. 88gemäß § 174 bgb ist ein einseitiges rechtsgeschäft, das ein bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der bevollmächtigte eine vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das rechtsgeschäft aus diesem grunde unverzüglich zurückweist. der antrag auf außergerichtliche streitschlichtung bei der gütestelle stellt eine geschäftsähnliche handlung dar, die nach ihrer rechtlichen struktur im wesentlichen den gleichen regeln wie eine willenserklärung unterliegt, bspw. der anmeldung von ansprüchen, und auf die deshalb § 174 bgb entsprechend anzuwenden ist. mit dem antrag auf außergerichtliche streitschlichtung bei einer gütestelle erhält sich der antragsteller bei rechtzeitiger bekanntgabe seiner ansprüche durch verjährungshemmung die durchsetzbarkeit seiner ansprüche. 89die beklagtenseite hat das fehlen der vollmacht unverzüglich mit schreiben vom 12.11.2012 gerügt. dass eine solche schriftliche vollmacht jedenfalls nach der entsprechenden rüge der beklagtenseite vorzulegen war, hat auch der schlichter erkannt, als er ankündigte, die erforderlichen vollmachten würden im rahmen des schlichtungstermins vorgelegt werden. tatsächlich ist die vorlage der vollmachten auch in diesem termin nicht erfolgt. ausweislich des protokolls der schlichtungsverhandlung wurden solche seitens der klägervertreter weder vorgelegt, noch durch den schlichter in augenschein genommen, erst recht ist keine übersendung an die beklagtenseite erfolgt. 90mangels vollmachtsvorlage wurde das schlichtungsverfahren damit nicht von der „partei“ selbst geführt und ist daher auch nach der schlichtungsordnung unwirksam. 91c. 92im übrigen war die gütestelle in lübben/spreewald auch keine für die durchführung des vorgerichtlichen schlichtungsverfahrens zuständige stelle. die tätigkeit der gütestelle e ist im rahmen der dem land brandenburg eingeräumten hoheitlichen gesetzgeberischen kompetenz in und für rechtsstreitigkeiten in brandenburg anerkannt, nicht aber in bezug auf sachverhalte oder personen, die ausschließlich andere bundesländer, namentlich die hier betroffenen bundesländer nordrhein-westfalen und niedersachsen, betreffen. die zuständigkeitskompetenz des landes brandenburg findet an den landesgrenzen ihr ende. es bestehen auch keine anhaltspunkte dafür, dass das land brandenburg gütestellen einrichten wollte, die streitigkeiten zwischen den beteiligten aus nordrhein-westfalen und niedersachsen regeln sollten. 93d. 94das nichteingreifen einer verjährungshemmung gilt umso mehr, als zudem noch verfassungsrechtliche bedenken gegen die schlichtungsordnung des rechtsanwalts e bestehen. so begegnet insbesondere ziffer 5 der schlichtungsordnung verfassungsrechtlichen bedenken, wonach der schlichter das schlichtungsverfahren „nach eigenem gutdünken“ führt und berechtigt ist, auch getrennte gespräche mit den parteien zu führen, wenn ihm dies zur klärung der angelegenheit notwendig erscheint. 95dass der schlichter nicht mit rechtsstaatlichen grundsätzen vereinbar agierte und die klägerseite auch nicht auf die einhaltung rechtsstaatlicher grundsätze hinwirkte, ergibt sich bereits daraus, dass der schlichter trotz wiederholter bitte der prozessbevollmächtigten der beklagten um terminsverlegung überhaupt nicht reagierte und damit letztlich auf ein scheitern des güteverfahrens wegen nichterscheinen der antragsgegnerin aktiv hinwirkte. 96dass es der beklagten kaum möglich sein würde, binnen eines guten monats auf die ca. 4.500 schlichtungsanträge angemessen zu reagieren, musste dem schlichter, der selbst knapp elf monate gebraucht hatte, um überhaupt nur eine zustellung „en bloc“ zu veranlassen, auch klar sein. 97e. 98darüber hinaus bestehen bedenken, ob ein ausschließlich zur erlangung einer verjährungshemmung angestrengtes güteverfahren, durch das zeit gewonnen werden soll, um die möglichkeit der durchführung eines klageverfahrens zu eruieren und den hierfür erforderlichen sachverhalt zu erfassen und aufzuarbeiten, aufgrund der rechtsmissbräuchlichkeit geeignet ist, eine verjährung wirksam zu hemmen. die klägervertreter haben die güteverfahren ganz offensichtlich nicht ernsthaft mit dem ziel einer schnellen, kostengünstigen und einvernehmlichen streitbeilegung betrieben. dies ergibt sich bereits daraus, dass sie mit dem rechtsanwalt e einen schlichter ausgesucht haben, der in lübben/spreewald im bundesland brandenburg und damit mehrere 100 km sowohl vom wohnsitz der kläger in aachen und dem geschäftssitz der beklagten in hannover ansässig ist. damit haben die klägervertreter nicht nur die zuständigkeitsvorschriften des brandenburgischen schlichtungsgesetzes (§§ 3, 4) i.v.m. § 15 schiedsstellengesetz missachtet, wonach die schiedsstelle zuständig ist, in deren bereich der antragsgegner wohnt und damit bewusst einen örtlich unzuständigen schlichter angerufen, sondern es war auch aufgrund der räumlichen entfernung nicht damit zu rechnen, dass sich die beklagte auf die schlichtungsverfahren mit einer schlichtungsverhandlung - die darüber hinaus in 4.500 verfahren zeitgleich auf einen termin von ein bis anderthalb stunden anberaumt wurde - einlassen würde. aus dem umstand, dass die klägervertreter einer solchen terminierung nicht entgegengetreten sind, lässt sich entnehmen, dass es ihnen gerade nicht auf eine einvernehmliche streitbeilegung ankam, sondern alleine die hemmung der verjährung zur vorbereitung eines massen-klageverfahrens gewonnen werden sollte. 99da aber das vorgerichtliche güteverfahren bereits aus den zuvor dargelegten gründen keine verjährungshemmende wirkung entfaltet hat, kann eine etwaige rechtsmissbräuchlichkeit dahinstehen, ebenso wie die frage, ob der im vorliegenden verfahren vorgelegte, auf den 29.12.2011 datierte antrag auf außergerichtliche streitschlichtung der kläger rechtzeitig bei der schlichtungsstelle eingegangen ist. 100auch ein etwaiges zusammenwirken der klägervertreter mit dem schlichter im hinblick auf den extrem späten zeitpunkt der bekanntgabe der anträge sowie die frage einer zustellung „demnächst“ können insoweit dahinstehen. 101f. 102ansprüche aufgrund angeblicher pflichtverletzungen, die nicht gegenstand des vorgerichtlichen güteverfahrens waren, sind darüber hinaus per se verjährt. 103nach dem grundsatz der verjährungsrechtlichen eigenständigkeit unterliegen mehrere beratungsfehler auch dann, wenn sie nicht jeweils unterschiedliche schadensfolgen verursacht haben, sondern in demselben schaden mit dem erwerb einer kapitalanlage münden, keiner einheitlichen verjährung. die kenntnisabhängige regelmäßige verjährungsfrist des § 195 bgb berechnet sich daher für jeden beratungsfehler gesondert. sie beginnt zu laufen, wenn der kapitalanleger die umstände, insbesondere die wirtschaftlichen zusammenhänge kennt, aus denen sich die jeweilige rechtspflicht des anlageberaters zur aufklärung ergibt. dies muss gleichermaßen auch für die frage des eingreifens von hemmungstatbeständen gelten. das eingreifen eines hemmungstatbestandes setzt voraus, dass der entsprechende beratungsfehler geltend gemacht worden ist (bgh bkr 2010,118). 1044. 105der antrag auf durchführung des kapitalanleger-musterverfahrens war vorliegend entsprechend § 3 abs. 1 nr. 1 kapmug als unzulässig zu verwerfen, weil die entscheidung des zugrunde liegenden rechtsstreits nicht von den geltend gemachten feststellungszielen abhängt. die klage ist derzeit in jedem fall entscheidungsreif, so dass es auf den ausgang eines etwaigen durchgeführten muster-verfahrens vorliegend nicht ankommt. 106das verfahren war auch nicht im hinblick auf den vorlagebeschluss des landgerichts berlin vom 03.03.2015 auszusetzen. eine vorgreiflichkeit des dort gegebenenfalls durchzuführenden kapitalanleger-musterverfahrens ist für das hiesige verfahren nicht gegeben. dass das prozessgericht das verfahren unter den voraussetzungen des § 8 abs. 1 kapmug auch dann auszusetzen hat, wenn es selbst einen entsprechenden musterverfahrensantrag als unzulässig abgewiesen hat, gilt in den fällen, in denen eine haftung der beklagten für prospektfehler im raum steht. für die entscheidung des hiesigen verfahrens ist der ausgang eines etwaigen musterverfahrens aus den dargestellten gründen jedoch ohne jeden belang. 1075. 108die kostenentscheidung beruht auf § 91 zpo, die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 709 zpo. 109der streitwert wird auf 42.948,52 eur festgesetzt. 110rechtsbehelfsbelehrung: 111gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 112a) wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 113b) wenn die berufung in dem urteil durch das landgericht zugelassen worden ist. 114die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem oberlandesgericht köln, s-platz, 50670 köln, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils (datum des urteils, geschäftsnummer und parteien) gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 115die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem oberlandesgericht köln zu begründen. 116die parteien müssen sich vor dem oberlandesgericht köln durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 117mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden.
Verklagte*r
0
325,531
9 K 2735/14
2020-01-14T00:00:00
Urteil
Tenor Der Bescheid der Bezirksregierung vom 22. November 2013 wird aufgehoben. Der Beklagte, die Beigeladene zu 1. und die Beigeladene zu 2. tragen die Kosten des Verfahrens zu je ein Drittel. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist ein Naturschutzverein. Die Beigeladene zu 1. übernimmt seit 2003 als Anstalt öffentlichen Rechts die Abwasserbeseitigung im Gebiet der kreisangehörigen Stadt M. . Die Beigeladene zu 2. ist ein Energieversorgungsunternehmen. Der Kläger begehrt die Aufhebung einer der Beigeladenen zu 1. erteilten Erlaubnis zur Einleitung von Abwässern in die M1. , die dieser von einem – von der Beigeladenen zu 2. betriebenen – Steinkohlekraftwerk übernimmt. Die Abwässer stammen aus der Abflutung des Hauptkühlwasserkreislaufs (Kühlturmabflutwasser) und der Rauchgasentschwefelungsanlage (REA-Abwasser). Das Kühlturmabflutwasser wird unmittelbar, das REA-Abwasser nach Behandlung in einer anlageninternen Wasseraufbereitungsanlage in ein Übergabebecken geleitet, das sich im nordöstlichen Teil des Kraftwerksgeländes befindet. Von dort werden sie ca. 1 km durch eine Abwasserleitung der Beigeladenen zu 1. geführt und über ein bereits zuvor vorhandenes Einleitungsbauwerk des Pumpwerks M2. des M3. in die M1. eingeleitet. 3Mit Datum vom 13. April 2007 schrieb die Beigeladene zu 1. an die Bezirksregierung, er beantrage die Erlaubnis, das Kühlwasser aus dem geplanten U. -Kraftwerk im Ortsteil M. -M2. , in die M1. einzuleiten. Antragsunterlagen seien vierfach beigefügt (Beiakte 25, Bl. 22). Auf dem Antrag ist vermerkt: Eingang 17. April 2007, ausgetauscht Juni 2008 (Beiakte 25 Bl. 24). 4Unter dem 19. Juli 2007 bat die Beigeladene zu 1. die Bezirksregierung, nach Aktualisierung der Planunterlagen und des Fließschemas die entsprechenden Seiten und Pläne im Ursprungsantrag auszutauschen (Beiakte 25, Bl. 28). 5Im September 2007 fand im Verfahren zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ein Erörterungstermin statt. Inwieweit in diesem Zuge auch Fragen der wasserrechtlichen Einleitungserlaubnis mit erörtert worden ist, zwischen den Beteiligen streitig. 6Mit Schreiben vom 30. November 2007 legte die Beigeladene zu 1. weitere Verfahrensfließbilder, Sicherheitsdatenblätter sowie Betriebsbeschreibungen vor. 7Am 22. Februar 2008 fand bei der Beigeladenen zu 1. ein Besprechungstermin mit der Bezirksregierung statt (Terminvereinbarung Beiakte 26, Bl. 47, Dienstreisegenehmigung Beiakte 25, Bl. 50). 8Mit E-Mail vom 5. Mai 2008 (Beiakte 25, Bl. 42) teilte die Bezirksregierung der Beigeladenen zu 1. mit, in Ergänzung der „in den Besprechungen vom 22. Februar und 10. April 2008 getätigten Aussagen“ erhalte er noch einmal in Stichworten Informationen zu den noch beizubringenden Unterlagen/Angaben zum Antrag vom 13. April 2007. Es fehlten jedenfalls: Die Eintragungen unter Punkt 2.1, 2.6 und 4.2 im Antragsformular, das Fließschema zu Punkt 8.5, die Sicherheitsdatenblätter zu den Wasserkreisläufen des Kraftwerks unter Punkt 8.7, die die Auflistung der eingesetzten Stoffe jeweils mit Angaben zum Einsatzort und zum Einsatzzweck sowie unter Bezugnahme auf die jeweils betroffenen Verfahrensfließbilder enthalten müsse, die Anlagen- und Betriebsbeschreibung zu den Wasserkreisläufen des Kraftwerks unter Punkt 8.7, die Angaben zum Chloridgehalt der eingesetzten Kohle, ein überarbeitetes Konzept zur Niederschlagswasserbeseitigung mit entsprechenden Änderungen auch in den betroffenen Verfahrensfließbildern, Angaben zu dem ebenfalls gestellten Antrag auf Erlaubnis zur Entnahme von Wasser aus dem E. -I. -Kanal mit Angaben zu den beantragten Entnahmemengen und Angaben zur Konzeption für die Errichtung von Temperaturmessstellen in der M1. . Die Auflistung sei noch nicht abschließend. Sie werde voraussichtlich am Montag, den 12. Mai 2008, vervollständigt. 9Mit E-Mail vom 16. Mai 2008 (Beiakte 25, Bl. 41) „vervollständigte“ die Bezirksregierung gegenüber der Beigeladenen zu 1. „die begonnene Auflistung bezüglich der noch beizubringenden Unterlagen/Angaben“. Zu Punkt 7.3.4 der Anlagen- und Betriebsbeschreibung fehlten Angaben zur Art und Weise der Entschlackung. Üblicherweise erfolge diese als Nassentschlackung. Es bedürfe der Klarstellung, wie die weitere Behandlung/Ableitung des aus diesem Bereich stammenden Abwasserteilstroms erfolgen solle. Zu Punkt 7.3.7 der Anlagen- und Betriebsbeschreibung fehlten nähere Angaben. Es sei aufgeführt, dass zur Einhaltung des zulässigen Chlorgehalts eine Dosierung von Natriumbisolfitlösung in den Abwasserteilstrom Abschlämmwasser erfolgen könne. Dabei handele es sich um eine genehmigungsbedürftige Abwasserbehandlungsanlage, deren Errichtung und Betrieb zwingend für die Erlaubnisfähigkeit der Einleitung erforderlich sei. Zur fachlichen Beurteilung würden hinreichende Unterlagen benötigt, die sich insbesondere dazu verhielten, wo und wie die Dosierung erfolge, an welchen Stellen der Chlorgehalt für die Dosierung und die Überwachung gemessen werden solle und welche Sicherheitseinrichtungen für den Fall vorgesehen seien, dass der Chlorgehalt in der Ablaufleitung über dem zulässigen Überwachungswert liege. Zu Punkt 7.3.8 der Anlagen- und Betriebsbeschreibung sei eine Klarstellung erforderlich. Es werde beschrieben, dass das bei der Reinigung der Filter entstehende Abwasser zurück in den E. -I. -Kanal geleitet werden solle. Im „übergeordneten Verfahrensfließbild Abwassersystem“ sei hierfür dagegen eine Filterrückspülwasseraufbereitung vorgesehen. Im Weiteren fließe das behandelte Abwasser dann dem geplanten Regenrückhaltebecken zu. Punkt 7.3.9 der Anlagen- und Betriebsbeschreibung bedürfe ebenfalls der Klarstellung. Es werde erläutert, dass das Abschlämmwasser aus dem Wasser-Dampf-Kreislauf in die Abschlämmleitung des Kühlturms gefördert werden solle. Im „übergeordneten Verfahrensfließbild Abwassersystem“ sei die Ableitung dieses Abwasserteilstroms dagegen über den Betriebsabwasserspeicher zur Kläranlage T. vorgesehen. Punkt 7.4.3 der Anlagen- und Betriebsbeschreibung bedürfe der Erläuterung. Es werde angegeben, dass Prozessabwasser im Brüdenentgaser anfalle. Die Anfallstelle Brüdenentgaser sei im „übergeordneten Verfahrensfließbild Abwassersystem“ aber nicht vorgesehen. Punkt 7.4.3 sei darüber hinaus unklar. Es werde erläutert, dass das Niederschlagswasser von befestigten Flächen in einem Regenklärbecken gereinigt werden solle, während im „übergeordneten Verfahrensfließbild Abwassersystem“ für diesen Teilstrom ein Sandfang vorgesehen sei. Schließlich sei zu Punkt 8.7 (Wasserkreisläufe des Kraftwerks) das „übergeordnete Verfahrensfließbild Abwassersystem“ nicht eindeutig. In dem Verfahrensfließbild seien für einige Abwasserteilströme mehrere Optionen für die Ableitung/Einleitung/Entsorgung eingezeichnet. Aus dem Fließbild und unter Berücksichtigung der Anlagen- und Betriebsbeschreibung gehe in vielen Fällen nicht eindeutig hervor, wann welcher Abwasserteilstrom wohin abgeleitet werden solle. Das Fließbild sei entsprechend anzupassen und mit einem kurzen Erläuterungsbericht zu versehen. Bestandteil dieses Erläuterungsberichts müsse auch eine auf das aktualisierte Fließbild abstellende Auflistung aller Abwasserteilströme während des Regelbetriebs mit Angabe eines eindeutigen Entsorgungsweges sein. Gleiches gelte für die Abwasserteilströme. Für alle Abwasserbehandlungsanlagen sei eine auf das aktualisierte Fließbild abstellende Auflistung mit Angabe des Behandlungsziels zu erstellen. 10Mit Anschreiben vom 25. Juni 2008 (Beiakte 25, Bl. 44; Beiakte 27, Bl. 1) legte die Beigeladene zu 1. die von der Bezirksregierung „per E-Mail vom 5. Mai 2008 und 16. Mai 2008 geforderten Ergänzungen“ vor, darunter ein vom 25. Juni 2008 datiertes Antragsformular (Beiakte 27, Bl. 12) sowie einen vom 16. Juni 2008 datierten „Erläuterungsbericht Ergänzungsantrag“ der E1. Q. V. H. (Beiakte 26, Bl. 217; Beiakte 27, Bl. 14). 11Mit E-Mail vom 4. September 2008 teilte der Sachbearbeiter bei der Bezirksregierung B. W. L. seiner Abteilungsleiterin – nach deren Hinweis auf die Notwendigkeit der beschleunigten Bearbeitung – mit: Wie sich aus der Abfolge von Antrag, Besprechung, Nachforderung und Ergänzung der Unterlagen ergebe, sei er immer bemüht gewesen den eingereichten Antrag in einen prüffähigen Zustand zu bekommen. Die bisherige Verfahrensdauer beruhe im Wesentlichen auf der sehr schleppenden Antragsvervollständigung. Aufgrund der vorgegebenen Prioritätensetzung werde er den Antrag nunmehr in seinem Zuständigkeitsbereich abschließend bearbeiten (Beiakte 25, Bl. 77). 12Unter dem 23. September 2008 wurde ein Entwurf der beantragten Erlaubnis gefertigt (Beiakte 25, Bl. 156). Dieser Entwurf war Gegenstand einer am 25. September 2008 mit Vertretern unter anderem der Beigeladenen zu 1. und der Beigeladenen zu 2. abgehaltenen Besprechung. In einem Besprechungsvermerk wurden vier – teils auf Wunsch der Beigeladenen zu 2. – noch zu überarbeitende bzw. zu klärende Punkte festgehalten (Beiakte 25, Bl. 90). 13Mit Datum vom 30. September 2008 reichte die Beigeladene zu 1. einen „zweiten Ergänzungsantrag“ mit Erläuterungsbericht der ein (E-Mail Beiakte 25, Bl. 92, Anschreiben Beiakte 25, Bl. 184). In dem Erläuterungsbericht wird unter Ziffer 2 unter anderem ausgeführt: Bezüglich der verwendeten Techniken und Verfahren bezögen sich die Ergänzungen auf den aktuellen Stand der Planungen im Mai 2008. In einem Gespräch am 25. September 2008 sei vereinbart worden, den Antrag um folgende Punkte zu ergänzen: Ergänzung zum Chloridgehalt der zum Einsatz kommenden Steinkohlen, Stellungnahme zur Abstimmung zwischen F. und U. zur Aufwärmspanne, Vertrag zwischen U. und T. über die Leitung zur und die Einleitung in die M1. sowie Ergänzung zum Verbleib diverser Abwasserströme bei Betriebsstörungen. Im Folgenden würden diese Ergänzungen im Einzelnen wiedergegeben und erläutert. 14In einer E-Mail vom 8. Oktober 2008 unterrichtete der Bearbeiter L. die Abteilungsleiterin über die Besprechung vom 25. September 2008 und teilte mit, sobald die noch ausstehenden Unterlagen vorlägen und von ihm geprüft seien, werde das Verfahren zum Abschluss gebracht. 15Mit E-Mail vom 9. Oktober 2008 antwortete die Bezirksregierung der Beigeladenen zu 1., mit Blick auf die zugesandten Nachtragsunterlagen seien drei zu klärende Fragen aufgetreten, nämlich bezüglich der Betriebsweise des Regenklärbeckens, der nun anzunehmenden Rohmenge der Steinkohle für die Berechnung der Chloridfracht sowie bezüglich der Zwischenspeicherung des aus dem Bereich des Ammoniaklagers stammenden Berieselungs- und Niederschlagswassers (Beiakte 25, Bl. 116). 16Mit E-Mail vom 10. Oktober 2008 legte die Beigeladene zu 1. einen dritten Ergänzungsantrag mit Erläuterungsbericht vor. In den Erläuterungen ist unter Ziffer 2 u.a. ausgeführt: Bezüglich der verwendeten Techniken und Verfahren bezögen sich die Ergänzungen auf den aktuellen Stand der Planungen im Mai 2008. Im Laufe des Oktober 2008 sei vereinbart worden, den Antrag bezüglich der Änderung der Regenwassernutzung, der Klarstellung der maximalen Einsatzkohlemenge, der Klarstellung zum Abwassersammelbecken im Ammoniaklager sowie der Erläuterung zur ersatzweisen Ph-Messung im Niederschlagswasser im Ammoniaklager zu ergänzen. Im Folgenden würden diese Ergänzungen im Einzelnen wiedergegeben und erläutert. 17Unter dem 31. Oktober 2008 – nach Abstimmung eines Entwurfes vom 24. Oktober 2008 unter den Beteiligten – erteilte der Beklagte der Beigeladenen zu 1. die Erlaubnis zur Einleitung (Beiakte 25, Bl. 186 ff., und Beiakte 27, Bl. 1 ff.). 18Der Kläger erhob dagegen Klage beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) unter dem Aktenzeichen 20 D 134/09.AK. Mit Beschluss vom 7. Mai 2010 erklärte sich das OVG NRW – nach Anhörung der Beteiligten und entgegen deren Rechtsauffassung – für unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen. Der Beschluss ist damit begründet, dass die sachliche Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte nach § 45 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gegeben sei, weil der Rechtsstreit nicht nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 VwGO in die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts falle. 19Während des gerichtlichen Verfahrens kamen die Beteiligten überein, dass die bisher unterbliebene Öffentlichkeitsbeteiligung nachgeholt werden solle. 20Mit Anschreiben vom 13. Oktober 2010 übersandte die Beigeladene zu 1. der Bezirksregierung deshalb „wie vereinbart (…) die Antragsunterlagen zu der bereits (…) erteilten wasserrechtlichen Erlaubnis vom 31. Oktober 2008“ zum Auslegen (Beiakte 17, Bl. 3062). Ausweislich einer E-Mail der Bezirksregierung vom 20. Oktober 2010 hielt diese die Unterlagen nicht für vollständig. Eine Abstimmung mit der Beigeladenen zu 1. habe stattgefunden. Die Vervollständigung werde etwa eine Woche in Anspruch nehmen (Beiakte 17, Bl. 3063). Eine E-Mail der Bezirksregierung vom 25. Oktober 2010 informiert darüber, mit der Beigeladenen zu 1. sei für den Folgetag ein Termin zur Vervollständigung bzw. zum Austausch der Unterlagen für die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung vereinbart worden (Beiakte 17, Bl. 3064). 21In einer E-Mail vom 5. November 2010 informierte der Sachbearbeiter T1. der Bezirksregierung B. darüber, dass er dem Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zu 2. auf dessen Nachfrage mitgeteilt habe, dass das Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden könne, sobald alle mit auszulegenden Anträge auf Vollständigkeit geprüft und gegebenenfalls vervollständigt worden seien (Beiakte 17, Bl. 3072). 22In einer E-Mail vom 23. November 2010 teilt der Bearbeiter T1. u.a. mit: Es sollten insgesamt fünf Anträge, darunter der „Alt-Antrag“, ausgelegt werden. Eine Auslegung sei nur sinnvoll, wenn zuvor alle Anträge auf Vollständigkeit geprüft und ggf. vervollständigt worden seien. Die Behauptung des Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zu 2., nach erteilten Auskünften seien die Unterlagen vollständig, sei nicht zutreffend. Weder der Unterzeichner noch der Bearbeiter L. habe eine solche Auskunft erteilt. 23Am 3. Dezember 2010 vermerkte die Bezirksregierung unter dem Betreff „Nachholung der Öffentlichkeitsbeteiligung … für die … bereits erteilte wasserrechtliche Erlaubnis vom 31. Oktober 2008“ nach „Vollständigkeitsprüfung der vorgelegten Antragsunterlagen“, dass bezüglich des Ursprungsantrags insgesamt sieben Positionen, zum Teil mit Unterpunkten, unvollständig seien, bezüglich des Ergänzungsantrags vom 16. Juni 2008 insgesamt zehn, teils mit Unterpunkten, bezüglich des Ergänzungsantrags vom 30. September 2008 zwei Punkte, jeweils mit Unterpunkten, und bezüglich des Ergänzungsantrags vom 10. Oktober 2008 ein Punkt (Beiakte 17, Bl. 3089). Unter dem 7. Dezember 2010 wies sie die Beigeladene zu 1. auf diese Unvollständigkeiten hin und bat um kurzfristige Vervollständigung (Beiakte 17, Bl. 3101). 24Am 16. Dezember 2010 fand einen Gespräch der Beteiligten statt, in dem der Vervollständigungsbedarf erörtert wurde. Zudem ist unter anderem festgehalten, das Anschreiben vom 13. Oktober 2010 solle so geändert werden, dass deutlich werde, dass kein neues wasserrechtliches Verfahren geführt, sondern nur ein eventueller Verfahrensfehler geheilt werden solle (Beiakte 17, Bl. 3115). 25Mit Anschreiben vom 13. Januar 2011 nahm die Beigeladene zu 1. Bezug auf die wasserrechtliche Erlaubnis vom 31. Oktober 2008, „hier: nachzuholende Öffentlichkeitsbeteiligung“, und legte Antragsunterlagen vor, die zeitlich mit dem Antrag vom 25. Juni 2008 beginnen. Sie teilte mit, die Unterlagen entsprächen dem Stand aus Oktober 2008. „Nachrichtlich“ fügte sie eine Erläuterung bezüglich nachträglich eingetretener Umstände bei und verwies auf die Dokumente zur FFH-Verträglichkeitsprüfung aus dem Jahr 2010 (Beiakte 7, Bl. 1 ff; Antragsformular Bl. 40 ff, insbesondere 50). 26Mit Schreiben an die Bezirksregierung vom 23. August 2012 verwies die Beigeladene zu 1. auf deren Ankündigung im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens, die Erlaubnis vom 31. Oktober 2008 zu widerrufen. Für den Fall des Widerrufs erklärte er, dass er den Antrag vom 13. April 2007 mit Ergänzungen vom 16. Juni 2008, 25. Juni 2008, 30. September 2008 und 10. Oktober 2008 aufrechterhalte, ihn allerdings in den im folgenden aufgeführten Punkten – nämlich bezüglich der Einleitwerte für das REA-Abwasser im Regelbetrieb, bezüglich der Überwachungswerte für Quecksilber, Kadmium, Chrom, Nickel, Kupfer, Blei und Zink während einer Einfahrtphase von einem Jahr ab Beginn des ersten Kohlefeuers – ändere und ergänzend die Einleitung des Abwasserteilstroms Verwerfkondensatabwasser beantrage (Beiakte 8, Bl. 1). Die Änderung und Ergänzung wird im Folgenden begründet (Anlage 1). Dazu legte die Beigeladene zu 1. einen artenschutzrechtlichen Fachbeitrag (Anlage 2), eine Umweltverträglichkeitsüberprüfung vom 6. August 2012 (Anlage 3, Beiakte 6), eine FFH-Verträglichkeitsuntersuchung ebenfalls vom 6. August 2012 (Anlage 4, Beiakte 14), die „Antragsunterlagen in der Fassung vom 13. Januar 2011 (Öffentlichkeitsbeteiligung)“ zeitlich beginnend mit dem Antragsformular vom 25. Juni 2008 (Anlage 5, Beiakte 15) sowie Unterlagen betreffend die Durchführung eines Ausnahmeverfahrens nach Art. 6 Abs. 4 der FFH-Richtlinie datiert vom 23. August 2012 (Anlage 6, Beiakte 16) vor. 27Am 20. September 2012 hob die Bezirksregierung die Erlaubnis vom 31. Oktober 2008 auf, weil die im Rahmen der vorsorglich nachgeholten Öffentlichkeitsbeteiligung eingegangenen Einwendungen fachliche und rechtliche Fragestellungen aufgeworfen hätten, die im Erlaubnisverfahren zu beantworten seien. Das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht wurde in der Hauptsache für erledigt erklärt und eingestellt. 28Unter dem 16. Januar 2013 forderte die Bezirksregierung nach der Öffentlichkeitsbeteiligung Unterlagen nach, geordnet nach den Themenkomplexen Immissionsschutz, Wasserwirtschaft, Naturschutz und Fischerei (Beiakte 18, Bl. 6426). Mit Anschreiben vom 18. April 2013 nahm die Beigeladene zu 1. auf dieses Schreiben Bezug, nahm zu den im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung erörterten Themen Immissionsschutz, Wasserwirtschaft, Naturschutz und Fischerei Stellung und legte in insgesamt 13 Anlagen weitere Unterlagen vor (Beiakte 12, Bl. 2428). 29Unter dem 5. Juli 2013 legte die Beigeladene zu 1. weitere Unterlagen vor, die er in das laufende Erlaubnisverfahren einführte, nämlich eine aufgrund der Hinweise und Anregungen aus der Öffentlichkeitsbeteiligung vorgenommene Ergänzung der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung vom 18. Juni 2013 betreffend mögliche Kumulationswirkungen durch geplante Einleitungen in die M1. , ergänzende Erläuterungen vom 19. Juni 2013 zur Umweltverträglichkeitsuntersuchung, eine Ausarbeitung vom 20. Juni 2013 zum Ausnahmeverfahren nach Art. 6 Abs. 4 der FFH-Richtlinie sowie Sicherheitsdatenblätter und eine ergänzende Stellungnahme vom 19. Juni 2013 bezüglich des Kühlwasserkonditionierungsmittels Ferrofos 8450 und des Flockungshilfemittels Ferrocryl 8720 (Beiakte 9, Bl. 2914 ff.) 30Unter dem 22. November 2013 erteilte die Bezirksregierung der Beigeladenen zu 1. die im vorliegenden Verfahren angegriffene Erlaubnis gemäß § 8 Wasserhaushaltsgesetz (WHG), „während des Betriebs des … Steinkohlekraftwerks … anfallendes Abwasser (Kühlturmabflutwasser, REA-Abwasser) über ein vorhandenes Einleitungsbauwerk in das Gewässer M1. nach Maßgabe der Regelungen dieses Bescheides einzuleiten.“ Die Erlaubnis nimmt Bezug auf den Antrag vom 13. April 2007 mit den ergänzenden Schriftsätzen vom 16. Juni 2008 (Ergänzungsantrag), vom 25. Juni 2008 (geändertes Antragsformular), vom 30. September 2008 (zweiter Ergänzungsantrag), vom 10. Oktober 2008 (dritter Ergänzungsantrag), vom 13. Oktober 2010 (Ergänzung FFH-VU) und vom 13. Januar 2011 (geändertes Anschreiben) sowie vom 23. August 2014 (vierter Ergänzungsantrag), vom 18. April 2013 (ergänzende Antragsunterlagen), vom 23. Mai 2013 (Änderungsantrag hinsichtlich einzelner Stoffströme) und vom 5. Juli 2013 (ergänzende Antragsunterlagen). 31Zur Begründung ihrer Zuständigkeit beruft sich die Bezirksregierung auf § 12 Abs. 2 WHG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Anhang I 2. Spiegelstrich und § 2 Abs. 3 Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU). Bei dem Kraftwerk der Beigeladenen zu 2. handele es sich um eine Anlage, die zu den unter Nr. 1.1 des Anhangs der Vierten Bundesimmissionsschutzverordnung (4. BImSchV) genannten Anlagen zur Erzeugung von Strom durch den Einsatz von Brennstoffen in einer Verbrennungseinrichtung gehöre. Die von der Beigeladenen zu 1. „betriebene Abwasseranlage, über die das Abwasser über das Einleitungsbauwerk des M3. in die M1. eingeleitet“ werde, stehe in einem engen betriebstechnischen und organisatorischen Zusammenhang und diene gewerblichen Zwecken. 32Am 27. Dezember 2013 hat der Kläger gegen die Einleitungserlaubnis Klage beim OVG NRW (Az: 20 D 98/13.AK) erhoben. 33Das OVG NRW hat die Beteiligten zur beabsichtigten Verweisung an die erste Instanz angehört. Die Beteiligten haben – wie bereits im Jahr 2008 – übereinstimmend ausgeführt, dass sie das Oberverwaltungsgericht für zuständig halten. Dabei hat der Kläger mit Schriftsatz vom 5. Februar 2014 darauf hingewiesen, sollte das OVG NRW entscheiden, dass die wasserrechtliche Erlaubnis nicht in einem Zusammenhang mit dem Kraftwerksbetrieb stehe, und daher für die Klage nicht zuständig sein, stehe nach seiner Auffassung dann infrage, ob über den Erlaubnisantrag die zuständige Behörde entschieden habe, denn die Bezirksregierung habe sich zur Begründung ihrer Zuständigkeit nach § 2 Abs. 3 ZustVU NRW auf einen engen betriebstechnischen und organisatorischen Zusammenhang zwischen Kraftwerk und Einleitung berufen. Werde der Zusammenhang zwischen Kraftwerk und Einleitungserlaubnis verneint, wäre der Erlaubnisbescheid bereits wegen fehlender Zuständigkeit der Bezirksregierung rechtswidrig. (Bl. 45 der Gerichtsakte) 34Mit Beschluss vom 26. Mai 2014 hat sich das OVG NRW für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen verwiesen. Die Verweisung ist damit begründet, dass eine sachliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts nicht in Abweichung von der sich aus § 45 VwGO ergebenden regelmäßigen Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte durch § 48 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, S. 2 VwGO begründet werde. Der Senat halte damit an der bereits im Beschluss 20 D 134/09.AK in Bezug auf die – der nun angefochtenen Erlaubnis im Wesentlichen entsprechenden – Erlaubnis vom 31. Oktober 2008 vertretenen Auffassung fest. 35Der Kläger führt zur Klagebegründung im Wesentlichen aus: Die Einleitungserlaubnis verletze Vorschriften, die dem Umweltschutz dienten, nämlich § 12 Abs. 1 Nr. 1 WHG i.V.m. § 27 WHG, § 57 WHG und § 34 BNatSchG sowie § 12 Abs. 2 WHG. Außerdem sei die Erlaubnis wegen Verfahrensfehlern bei der Öffentlichkeitsbeteiligung im Zusammenhang mit der durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung und gemäß Art. 25 Abs. 1 der EU-Industrieemissionsrichtlinie (2010/75/EU) rechtswidrig und aufzuheben. 36Die Bezirksregierung sei für den Erlass der Einleitungserlaubnis nach der ZustVU NRW nicht zuständig gewesen. Über § 6 Abs. 3 ZustVU NRW gelte nicht mehr die alte Zuständigkeit, denn nach den durch das OVG NRW aufgestellten Maßstäben seien die Antragsunterlagen am 1. Januar 2008 noch nicht vollständig gewesen. Namentlich mit E-Mails vom 5. Mai und 16. Mai 2008 sei noch zur Vervollständigung der Unterlagen aufgefordert worden. Soweit die Beigeladene zu 2. auf die inhaltliche Erörterung der wasserrechtlichen Fragen im Erörterungstermin im September 2007 abstelle, sei nach seiner Kenntnis die entsprechende Erörterung gerade mit Hinweis auf das separate Verfahren abgeblockt worden. Auch deutlich später werde in den Unterlagen im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung noch zweimal darauf hingewiesen, dass die Unterlagen nicht vollständig seien. 37Der Kläger beantragt: 38den Bescheid der Bezirksregierung vom 22. November 2013 aufzuheben. 39Der Beklagte, die Beigeladene zu 1. und die Beigeladene zu 2. beantragen: 40die Klage abzuweisen. 41Der Beklagte trägt vor: Der Bescheid sei rechtmäßig. Insbesondere sei sie für den Erlass der angegriffenen Erlaubnis nach § 12 Abs. 2 WHG i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Anhang I zweiter Spiegelstrich sowie § 2 Abs. 3 ZustVU NRW zuständig gewesen. Die Anlagen, die die Beigeladene zu 1. zur Einleitung des Kraftwerksabwassers in die M1. nutze, seien Anlagen in und an Gewässern 1. Ordnung i.S.d. 6. Spiegelstrichs des Anhangs I. Der Anlagenbegriff sei der des § 36 Abs. 1 S. 2 WHG, von dem insbesondere Leitungsanlagen umfasst seien. Der Anlagenbegriff, hier der Begriff der Leitungsanlagen, sei weit zu verstehen. Mitumfasst seien künstliche, als solche wahrnehmbare Einrichtungen und Gebilde von gewisser Dauer, die wasserwirtschaftliche Bedeutung haben könnten. Sinn und Zweck der Vorschrift sei es, gemäß dem Vorsorgeprinzip Gefährdungspotenzialen zu begegnen, die von Anlagen ausgingen, die in besonderer räumlicher Nähe zu einem Gewässer lägen. Die in Rede stehenden Leitungsanlagen seien Anlagen in diesem Sinne. Sie lägen an einem Gewässer erster Ordnung, nämlich der M1. , auch wenn der Verlauf des Wassers unmittelbar vor Eintritt in die M1. zunächst über die offene Betonrinne des M3. führe. 42Auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 und 3 ZustVU NRW seien erfüllt. Nach dieser Vorschrift erfasse die Zuständigkeit nach den Absätzen 1 und 2 auch Anlagen anderer Betreiber, die sich auf demselben oder benachbarten Grundstücken befinden und die in einem engen betriebstechnischen und organisatorischen Zusammenhang betrieben werden, soweit sie gewerblichen Zwecken dienen. Der Anlagenbegriff in § 2 Abs. 2 ZustVU NRW entspreche nicht dem engen Anlagenbegriff nach § 2 Abs. 1 ZustVU NRW. Bei den Anlagen nach § 2 Abs. 2 ZustVU werde die an sich bei einer anderen Behörde liegende Zuständigkeit wegen des Zusammenhangs mit einer Anlage nach Anhang I ZustVU NRW auf die Bezirksregierung verlagert mit der Folge einer dort eintretenden Bündelung der Zuständigkeiten. Zur Abgrenzung der von der Bündelung betroffenen weiteren Anlagen enthalte § 2 Abs. 2 ZustVU eigenständige Merkmale, die weder ausdrücklich noch sinngemäß auf Anhang I ZustVU NRW verwiesen. Das mit der Vorschrift bezweckte Zaunprinzip solle für umweltrechtliche Belange aller Anlagen, die einen räumlichen und betriebstechnischen Zusammenhang hätten, die Zuständigkeit einer Behörde begründen. Das Kraftwerk der Beigeladenen zu 2. stelle eine Anlage eines anderen Betreibers dar. Auch grenzten die betroffenen Grundstücke direkt aneinander. Das Erfordernis des engen betriebstechnischen und organisatorischen Zusammenhangs sei nicht ernsthaft zu bezweifeln. Das Kraftwerk könne ohne die Wasserver- und Abwasserentsorgung, mithin die wasserrechtliche Erlaubnis für die Beigeladene zu 1., nicht betrieben werden. Ohne die Einleitung des anfallenden Abwassers in die M1. sei der Betrieb des Kraftwerks nicht gesichert. Das anfallende Abwasser müsste anderenfalls auf alternativen Wege entsorgt werden. Soweit entsprechende Möglichkeiten bei dem in erheblicher Menge anfallenden Abwasser nicht gegeben seien, sei ein Betrieb des Kraftwerks nicht möglich. Bei der Anlage der Beigeladenen zu 1. handele es sich nicht um eine allgemeine technische Infrastruktur, die die Beigeladene zu 2. bei Gelegenheit nutze. Die Beigeladene zu 2. habe nicht die Möglichkeit, diese Nutzung ohne weiteres aufzugeben und einen anderen Infrastrukturanbieter mit der Abwasserbeseitigung zu beauftragen. Vielmehr bestehe zwischen der Abwasserentsorgung durch die Beigeladene zu 1. und dem Kraftwerksbetrieb ein Abhängigkeitsverhältnis dergestalt, dass das Kraftwerk ohne die Abwasserbeseitigung durch die Beigeladene zu 1. nicht betrieben werden könne, und dass die Einrichtung des Beigeladenen zu 1. gegenstandslos würde. Die Einrichtung der Beigeladenen zu 1. habe allein den Zweck der Beseitigung des bei der Beigeladenen zu 2. anfallenden Abwassers. Dies werde durch die zwischen den beiden geschlossenen Verträge verdeutlicht. Stünde die Einrichtung im Eigentum der Beigeladenen zu 2. bestünde eine Zuständigkeit der Bezirksregierung nach § 2 Abs. 2 ZustVU NRW. Aufgrund des beschriebenen Zusammenhangs könne nicht allein aufgrund der Eigentumsverhältnisse etwas anderes gelten. Diese Überlegungen würden durch die Ausführungen im Urteil des OVG NRW vom 8. April 2014, Az. 20 A 404/12, gestützt. Dort werde ausgeführt, dass es für einen engen räumlichen Zusammenhang nicht darauf ankomme, ob alle weiteren Anlagen desselben Betreibers auf demselben oder auf aneinander grenzenden Grundstücken lägen. Vielmehr sei der Begriff „eng“ weit zu verstehen, so dass auch zwischen einem Chemielager und der dieses Lager nutzenden Fabrik ein Zusammenhang bestehe, obwohl die Anlagen nicht nebeneinander lägen. Dabei stelle das OVG NRW auf das Vorliegen von betrieblichen Beziehungen der Anlagen ab. Dies sei „mit der Regelung in § 2 Abs. 3 ZustVU NRW dergestalt vergleichbar, dass der Unterschied der Normen lediglich darin zu sehen sei, dass Abs. 2 sich an denselben Anlagenbetreiber mehrerer Anlagen und Abs. 3 an unterschiedliche Betreiber mehrere Anlagen richte.“ Der Vergleich der Vorschriften zeige, dass die Zuständigkeit als obere Wasserbehörde nicht davon abhängen könne, ob die Beigeladene zu 2. beide Anlagen betreibe oder nur eine. 43Soweit die Bezirksregierung nach § 2 ZustVU NRW instanziell unzuständig sein sollte, ergäbe sich deren Zuständigkeit aus § 6 Abs. 3 ZustVU NRW. Danach bleibe die ursprünglich zuständige Behörde bis zum Abschluss des Verfahrens durch bestandskräftige Entscheidung für diejenigen Verfahren zuständig, in denen am Tag des Inkrafttretens der Änderung der Zuständigkeitsordnung die vom Antragsteller einzureichenden Unterlagen vollständig vorgelegen hätten. Der Antrag der Beigeladenen zu 1. auf Erteilung der Einleitungserlaubnis datiere vom 17. April 2007. Er sei am 23. Juni 2007 aktualisiert und unter anderem am 22. August 2007 mit der Beigeladenen zu 1. besprochen worden. Am 24. August 2007 sei er als vollständig zu bezeichnen gewesen und dem Dezernat 51 als Träger öffentlicher Belange mit der Bitte um Stellungnahme vorgelegt worden. Ab diesem Zeitpunkt sei der Antrag prüfbar gewesen, lediglich Entscheidungsreife sei noch nicht gegeben gewesen. Es habe eine sachliche Befassung stattgefunden. Bei den in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Aussagen zur Unvollständigkeit der Unterlagen sei der Begriff „untechnisch“ verwendet worden. Eine andere Beurteilung ergebe sich nicht daraus, dass die Antragsunterlagen auch im Jahr 2008 noch ergänzt worden seien. Der Vollständigkeitsbegriff nach § 6 Abs. 3 ZustVU NRW sei weit auszulegen. 44Selbst wenn ein Verstoß gegen die instanzielle Zuständigkeit bestehen sollte, könne sich der Kläger darauf nicht berufen, weil ihm insoweit die Klagebefugnis fehle. Er sei insoweit nicht in subjektiven Rechten betroffen. Die Regelungen der instanziellen Zuständigkeit seien nicht dazu bestimmt, (auch) den Interessen des Klägers zu dienen. Vielmehr verfolgten sie ausschließlich den Zweck, Verwaltungsvorgänge in sinnvoller Weise dafür kompetenten Behörden innerhalb der Behördenhierarchie zuzuordnen. Danach rechtfertige sich die Übertragung der Zuständigkeit für die in Streit stehende Erlaubnis auf die Mittelinstanz wegen der Komplexität des Prüfumfangs in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht sowie aufgrund der unmittelbaren Zuständigkeit für die M1. als Gewässer erster Ordnung. Dass Rechte des Klägers gerade deshalb verletzt sein könnten, weil die mit höherer Verwaltungskraft ausgestattete mittlere Fachbehörde anstelle der unteren Behörde tätig geworden sei, sei nicht ersichtlich. Im Übrigen habe der Kreis als untere Wasserbehörde schriftlich mitgeteilt, dass ihm der Inhalt der in Rede stehenden Erlaubnisse bekannt sei und er die Bezirksregierung für zu deren Erteilung zuständig halte. Zur Erteilung der Erlaubnis durch die Mittelbehörde habe der Kreis ausdrücklich seine Zustimmung erklärt. Dazu hat die Bezirksregierung eine Erklärung des Kreises vorgelegt. 45Die Beigeladene zu 1. trägt vor:Bei Anwendung des § 6 Abs. 3 ZustVU NRW 2007 sowie unter Berücksichtigung der zu dieser Vorschrift ergangenen Rechtsprechung des 8. Senats des OVG NRW sei die Zuständigkeit nach Inkrafttreten der ZustVU NRW bei der Bezirksregierung verblieben, weil die Antragsunterlagen am maßgeblichen Stichtag, dem 1. Januar 2008, bereits vollständig im Sinne dieser Regelung gewesen seien. Denn das Zulassungsverfahren eines entsprechenden Großprojektes beginne bereits vor der formellen Antragstellung und es würden auch regelmäßig noch Unterlagen bis zum Ende des Verfahrens nachgereicht. Der damit schon zum Zeitpunkt des 1. Januar 2008 durch die Bezirksregierung erreichte Wissenstand führe nach dem Vollständigkeitsbegriff des OVG NRW zur Manifestation der Zuständigkeit. Es sei gerade keine Fallgestaltung gegeben, bei der ein Zulassungsverfahren ohne Verzögerung von der nunmehr zuständigen Behörde fortgeführt werden könne, da eine sachliche Befassung im Zeitpunkt der Zuständigkeitsänderung gerade wegen der unzureichenden Unterlagen noch nicht möglich gewesen sei. Der Vollständigkeitsbegriff könne nach Sinn und Zweck der Übergangsregelungen, die dem Grundsatz der Verfahrenseffizienz dienten, nicht mit dem Vollständigkeitsbegriff, wie er im Bereich des Prioritätsprinzip und der Öffentlichkeitsbeteiligung gelte, gleichgesetzt werden. Selbst wenn die ZustVU NRW Anwendung finden sollte, sei die Zuständigkeit der Bezirksregierung auf Grundlage von § 2 Abs. 3 ZustVU NRW gegeben. Es bestehe der erforderliche enge betriebstechnische und organisatorische Zusammenhang zum Kraftwerk und die Anlage diene auch gewerblichen Zwecken, da sie als private Anlage neben den kommunalen Aufgaben betrieben werde. Das OVG NRW habe mit seinen Verweisungsbeschlüssen auch nur darauf abgestellt, dass es sich um keine Nebeneinrichtung des Kraftwerks handele. Den betriebstechnischen und organisatorischen Zusammenhang habe es nicht in Frage gestellt, sondern vielmehr anerkannt, dass das Kraftwerk technisch auf die Einleitung angewiesen sei. 46Die Beigeladene zu 2. trägt vor:Die Zuständigkeit der Bezirksregierung zum Erlass der angegriffenen Einleitungserlaubnis ergebe sich aus der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten auf dem Gebiet des technischen Umweltrechts vom 14. Juni 1994. Der Neuerlass der ZustVU NRW zum 1. Januar 2008 habe daran nichts geändert. 47Bei Einreichung des Antrags der Beigeladenen zu 1. habe die Verordnung zur Regelung der Zuständigkeiten auf dem Gebiet des technischen Umweltschutzes vom 14. Juni 1994 gegolten. Nach deren Regelungen habe die Zuständigkeit für die Erteilung einer Erlaubnis zum Einbringen und Einleiten von Stoffen in oberirdische Gewässer von mehr als insgesamt 200 m³ in zwei Stunden oder eines geringeren Volumenstroms mit einem kürzeren Zeitraum bei der Bezirksregierung gelegen. Nach § 8 Abs. 2 ZustVU NRW 2007 habe auf Zulassungsverfahren, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der ZustVU NRW anhängig gewesen seien, die Übergangsregelung des § 6 Abs. 3 ZustVU NRW 2007 Anwendung gefunden. Nach dieser Regelung habe die ZustVU NRW nur dann gegolten, wenn im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens die bereits eingereichten Unterlagen noch nicht vollständig gewesen seien. Der Antrag der Beigeladenen zu 1. sei bereits im Jahr 2007 vollständig gewesen. Bereits vor Einreichung der Antragsunterlagen am 13. April 2007 hätten umfangreiche Abstimmungen zu dem Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis sowie dem Verfahren zwischen den Beigeladenen und deren Beratern und der Bezirksregierung stattgefunden. Mit dem Antrag vom 13. April 2007 habe die Beigeladene zu 1. insgesamt 186 Seiten vorgelegt, nämlich Antragsformular, Erläuterungsbericht, Fließschemata, Darstellungen der Einleitbauwerke, Darstellung der Wasserkreisläufe des Kraftwerks, Anlagen- und Betriebsbeschreibung, Sicherheitsdatenblätter, Beurteilungen der Auswirkungen auf die Temperaturverhältnisse in der M1. , Übersichtspläne, Übersichtskarte, Lagepläne, Längsschnitte sowie Bauwerkszeichnungen. Die Bezirksregierung habe den Antrag unmittelbar nach Eingang geprüft und im Juli 2007 mitgeteilt, dass einzelne Ergänzungen erforderlich seien. Am 24. August 2007 habe sie die Antragsunterlagen den aus ihrer Sicht zu beteiligenden Trägern öffentlicher Belange, nämlich dem Dezernat 51, zur Prüfung übergeben. Mit Stellungnahme vom 28. August 2007 habe das Dezernat 51 mitgeteilt, dass fischereifachlich keine Bedenken bestünden. Auch im Erörterungstermin zum immissionsschutzrechtlichen Antrag im September 2007 seien bereits die materiellen Fragen der Einleitungserlaubnis komplett miterörtert worden. Im November 2007 habe die Beigeladene zu 1. ergänzende Antragsunterlagen eingereicht, nämlich Verfahrensfließbilder, einen Auszug aus dem Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids nach § 9 BImSchG für das Kraftwerk, Sicherheitsdatenblätter sowie eine Beurteilung der Abwärme in die M1. . Bei der Festlegung der Zuständigkeiten gehe es um Verfahrenseffizienz und Verfahrensökonomie. In diesem Sinne sei der Begriff der Vollständigkeit in der Übergangsregelung auszulegen Er dürfe nicht überstrapaziert werden. Dies hätten der 8. Senat des OVG NRW und das VG Düsseldorf im Einzelnen ausgeführt. Nach dem damit anzulegenden großzügigen Maßstab seien die Unterlagen bereits im Jahr 2007 vollständig gewesen, weil sich die Bezirksregierung – und zwar auch schon vor der förmlichen Antragstellung – umfassend sachlich mit dem Vorhaben und den vorgelegten Unterlagen befasst habe. Zudem habe sie die Träger öffentlicher Belange beteiligt. Der Umstand, dass danach ergänzende Unterlagen vorgelegt worden seien, ändere daran nichts. W. einem Zuständigkeitswechsel auf den Kreis V1. ab dem 1. Januar 2008 auszugehen, wäre sachwidrig und würde der Verfahrenseffizienz zuwiderlaufen. Das mit dem Antrag von April 2007 in Gang gesetzte Verwaltungsverfahren habe auch nicht durch den Erlass der ersten wasserrechtlichen Erlaubnis vom 31. Oktober 2008 oder deren Aufhebung am 20. September 2012 seinen Abschluss gefunden. Ausweislich der eindeutigen Erklärung der Beigeladenen zu 1. vom 23. August 2012 habe es sich bei den an diesem Tag eingereichten Antragsunterlagen ausdrücklich um eine Ergänzung unter Bezugnahme auf und unter ausdrücklicher Aufrechterhaltung des ursprünglichen Antrags gehandelt. Auch in dem Widerrufsschreiben stelle die Bezirksregierung klar, dass über den am 13. April 2007 gestellten und später ergänzten Antrag neu zu entscheiden sei. 48Selbst wenn die ZustVU NRW zur Anwendung kommen sollte, sei danach die Bezirksregierung zuständig. 49Die Zuständigkeit ergebe sich aus § 2 Abs. 1 S. 1 ZustVU NRW i.V.m. 6. Spiegelstrich des Anhangs I. Die M1. sei ein Gewässer erster Ordnung im Sinne dieser Vorschrift und die Rohrleitungen der Beigeladenen zu 1. seien Anlagen an diesem Gewässer. Der Anlagenbegriff bestimme sich nach § 22 Abs. 1 LWG NRW i.V.m. § 36 WHG. Die Lage an einem Gewässer setze nicht voraus, dass diese unmittelbar an das Gewässer angrenze. Das Ende der Rohrleitungen und das Auffang-/Beruhigungsbecken lägen lediglich rund 17,5 m von der Mittelwasseruferlinie der M1. entfernt und seien – dies sei für die Lage „an“ einem Gewässer maßgeblich – geeignet, auf die M1. einzuwirken. Die Erlaubnis enthalte auch Anforderungen an den Betrieb der Anlage. Beispielsweise sehe sie in Ziffer 7.1.2 vor, dass die Abwasseranlagen jederzeit in einem ordnungsgemäßen und betriebsfähigen Zustand zu erhalten seien. Nach Ziffer 8.7 obliege die Unterhaltungspflicht der Anlagen der Beigeladenen zu 1. Ferner enthalte die Einleitungserlaubnis Vorgaben an die Menge und die Schadstoffkonzentrationen und -frachten der eingeleiteten Kraftwerksabwässer. 50Die Zuständigkeit ergebe sich außerdem aus § 2 Abs. 1 S. 1 ZustVU NRW i.V.m. 2. Spiegelstrich des Anhangs I. Danach sei die obere Umweltschutzbehörde zuständig für den Vollzug von Rechtsvorschriften, soweit es sich um Anforderungen des Wasserrechts gegenüber dem Betreiber einer Anlage im Sinne des Anhangs I der ZustVU NRW handele. Bei dem Kraftwerk handele es sich um eine Anlage im Sinne dieser Regelung und die wasserrechtliche Erlaubnis stelle Anforderungen an den Betrieb der Abwasserbehandlungsanlagen des Kraftwerks. Beispielsweise sehe Ziffer 7.1.2 der wasserrechtlichen Erlaubnis vor, dass die Abwasseranlagen jederzeit in einem ordnungsgemäßen und betriebsfähigen Zustand zu erhalten seien. W. dem Begriff der „Abwasseranlagen“ seien auch diejenigen des Kraftwerks erfasst, wie beispielsweise 10.2. 2.1.1.3 der wasserrechtlichen Erlaubnis zeige. Die wasserrechtliche Erlaubnis stelle zudem Anforderungen an die Betreiberin des Kraftwerks. So enthalte Ziffer 7.2 Anforderungen an die Überwachung der Einleitung, Ziffer 7.3 an die Selbstüberwachung der Abwassereinleitung, Ziffer 7.4 an die Ermittlung der Jahresfrachten für den Abwasserteilstrom aus der S. -Abwasserreinigungsanlage und Ziffer 7.7 an den allgemeinen Betrieb. Es sei unbeachtlich, dass die wasserrechtliche Erlaubnis an die Beigeladene zu 1. adressiert sei. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbehörde genehmige das Kraftwerk und die gesamte Kraftwerkstechnik, könne jedoch keine wasserrechtlichen Anforderungen stellen. Nach § 13 BImSchG schließe die Genehmigung zwar andere, die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen ein. Wasserrechtliche Erlaubnisse seien hiervon jedoch ausdrücklich ausgenommen. Daher sei für die Einleitung der durch die Beigeladene zu 1. von der Kraftwerksbetreiberin übernommenen Kraftwerksabwässer in die M1. eine separate wasserrechtliche Erlaubnis zu erteilen gewesen. Da die Beigeladene zu 1. die Einleitung vornehme und damit der Gewässerbenutzer sei, sei die wasserrechtliche Erlaubnis an ihn zu adressieren gewesen. 51Schließlich ergebe sich die Zuständigkeit der Bezirksregierung auch aus § 2 Abs. 3 ZustVU NRW. Bei dem Kraftwerk handele es sich um eine Anlage im Sinne des § 2 Abs. 1 ZustVU NRW i.V.m. 2. Spiegelstrich des Anhangs I i.V.m. Nr. 1.1 des Anhangs 1 der 4. BImSchV. Die Anlagen, über die die Einleitung in die M1. erfolge, nämlich die Rohrleitungen, das Auslaufbauwerk/Beruhigungsbecken und die offenen Betonrinnen, würden von der Beigeladenen zu 1. betrieben und seien damit Anlagen eines anderen Betreibers. Die Rohrleitungen begönnen am Übergabeschacht U1. auf dem Betriebsgelände des Kraftwerks und auf dem Grundstück Gemarkung M2. , Flur 1, Flurstück der Kraft als Betreiberin. Die für die Einleitung genutzten Abwasseranlagen würden in einem engen betriebstechnischen und organisatorischen Zusammenhang mit dem Kraftwerk betrieben. Ohne die Übernahme in die Anlagen der Beigeladenen zu 1. sei eine Einleitung der Kraftwerksabwässer in die M1. nicht möglich. Die Kraftwerksbetreiberin wiederum stelle sicher, dass Menge und Qualität des Abwassers den Vorgaben der wasserrechtlichen Erlaubnis entsprächen. Die Einleitung werde somit durch ein gemeinsames Vorgehen der Beigeladenen zu 1. und 2. bestimmt. Diesen betriebstechnischen Zusammenhang habe auch das OVG NRW anerkannt. In seinem Verweisungsbeschluss aus dem Jahr 2014 (dort Seite 2) habe es den funktionalen Zusammenhang zwischen dem Betrieb des Kraftwerks und der Einleitung der Abwässer bejaht. Es habe festgestellt, dass die durch die wasserrechtliche Erlaubnis zu legalisierende Einleitung des Abwassers für den Betrieb des Kraftwerks notwendig sei, da ohne die Einleitung die Abwasserentsorgung nicht gesichert sei und damit die mit dem Anfall des Abwassers einhergehende Stromerzeugung nicht durchgeführt und das Kraftwerk nicht genutzt werden können (dort Seite 4). Zudem dienten die Rohrleitungen, das Auslaufbauwerk/Beruhigungsbecken sowie die offene Betonrinne allein dazu, die Kraftwerksabwässer ab- und in die M1. einzuleiten. Dies ergebe sich aus dem zwischen den Beigeladenen geschlossenen Vertrag. Auch die erkennende Kammer habe diesen organisatorischen und betriebstechnischen Zusammenhang mit ihrer Beiladung der Kraftwerksbetreiberin zum Verfahren am 16. Juli 2014 anerkannt. In dem Schreiben der Kammer heiße es, dass die Beiladung aus den von der Beigeladenen zu 1. mit Schriftsatz vom 7. Juli 2014 vorgetragenen Gründen für zweckmäßig erachtet werde. Soweit das OVG NRW im Verweisungsbeschluss aus dem Jahr 2004 die Tatbestandsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 VwGO verneint habe, ergebe sich daraus nichts für die Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 3 ZustVU NRW. Die Voraussetzungen für die behördliche Zuständigkeit nach der ZustVU NRW seien mit denen der erstinstanzlichen Zuständigkeit des Obergerichts nach § 48 Abs. 1 S. 2 VwGO nicht identisch. Sie könnten auch nicht gleichgesetzt werden. Nach § 48 Abs. 1 S. 2 VwGO sei das Obergericht für Streitigkeiten zuständig über sämtliche für das Vorhaben erforderlichen Genehmigungen und Erlaubnisse, soweit sie Nebeneinrichtungen betreffen, die mit ihm in einem räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen. Diese Voraussetzungen habe das OVG NRW im Verweisungsbeschluss aus dem Jahr 2014, ebenso wie im Verweisungsbeschluss aus dem Jahr 2008, abgelehnt, weil es die Tatbestandsmerkmale der Erforderlichkeit und der Nebeneinrichtung verneint habe. Für die behördliche Zuständigkeit nach § 2 Abs. 3 ZustVU NRW seien diese beiden Tatbestandsmerkmale nicht Voraussetzung. 52Schließlich spreche auch der Regelungszweck des § 2 ZustVU NRW für die Zuständigkeit der Bezirksregierung. Dass der Regelung zu Grunde liegende „Zaunprinzip“ solle sicherstellen, dass die Überwachung von Anlagen nach Anhang I ZustVU NRW in der Verantwortung derselben Behörde bleibe und auf diese Weise widersprüchliche Anforderungen verhindern. Vor allem gehe es um ein gleichbleibend hohes Umweltschutzniveau. Die ausschließlich zuständige Behörde könne etwaige Wechselwirkungen und Kumulationen der einzelnen Anlagen in die fachliche Bewertung einfließen lassen. Deshalb wäre es sachwidrig, die Zulassung und Überwachung der Abwassereinleitung von der Zulassung und Überwachung des Kraftwerksbetriebs zu trennen. 53Selbst wenn die Bezirksregierung nicht zuständig gewesen sein sollte, fehle dem Kläger insoweit die Rügebefugnis. Ein Verstoß gegen die Regelungen über die instanzielle Zuständigkeit könne nicht zur Verletzung eigener Rechte des von einer Entscheidung betroffenen Dritten führen, da die Zuständigkeitsverordnung ausschließlich den Zweck verfolge, Verwaltungsvorgänge in sinnvoller Weise dafür kompetenten Behörden innerhalb der Behördenhierarchie zuzuordnen. Dies entspreche auch der Rechtsprechung der erkennenden Kammer. Diese Überlegungen gälten auch für den Fall, dass der Kläger ein anerkannter Umweltverband sei. Rechtsbehelfe eines Umweltverbandes könnten gemäß § 2 Abs. 3 UmwRG nur begründet sein, soweit ein Verstoß Belange berühre, die zu den Zielen gehörten, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördere. Die Regelungen der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz berührten nach dem dargelegten Schutzziel weder die Belange oder Interessen Dritter noch hätten sie einen irgendwie gearteten Umweltschutzbezug. Schon gar nicht werde in irgendeiner Weise das Schutzniveau für die Umweltschutzgüter beeinträchtigt. 54Jedenfalls sei der Kläger mit einer Rüge der Unzuständigkeit der Bezirksregierung nach § 5 UmwRG präkludiert, weil er sie jedenfalls nicht rechtzeitig gerügt habe. 55Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 56Entscheidungsgründe: 57Die Klage hat Erfolg. 58Sie ist zulässig. Insbesondere ist der Kläger klagebefugt. Seine Klagebefugnis ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG – Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) in der Fassung der Neubekanntmachung vom 23. August 2017 (BGBl. I S. 3290). 59Für die Beurteilung der Sachurteilsvoraussetzungen sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht maßgeblich. Zudem sind die in der Fassung der Neubekanntmachung geregelten Erweiterungen der Klagemöglichkeiten nach der Übergangsvorschrift des § 8 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 UmwRG auch in bereits vor deren Inkrafttreten anhängig gemachten Verfahren zu beachten. 60Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. November 2017 – 7 C 25/15 –, juris Rn. 17. 61Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG kann eine gemäß § 3 UmwRG anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung – ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen – Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG einlegen, wenn sie geltend macht, dass diese Entscheidung umweltbezogene Rechtsvorschriften verletzt, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. 62Dem Kläger ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 UmwRG die Anerkennung zur Einlegung von Rechtsbehelfen nach diesem Gesetz erteilt. Er wurde im Jahr 1981 (vgl. MBl. NRW vom 28. Juli 1981, S. 1459) nach § 29 BNatSchG in der bis zum 3. April 2002 geltenden Fassung (BNatSchG a. F) als Umwelt- und Naturschutzverein anerkannt. Diese Anerkennung gilt nach der Überleitungsvorschrift des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UmwRG als Anerkennung im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 UmwRG fort. 63Keiner Entscheidung bedarf, ob die angefochtene Erlaubnis – wie der Kläger meint – nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG tauglicher Verbandsklagegegenstand ist, nämlich als Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 WHG für eine Gewässerbenutzung, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (Industrieemissionsrichtlinie, ABl. L 334 vom 17. Dezember 2010, S. 17) verbunden ist. 64Unabhängig davon, ob hier eine solche Verbindung vorliegt, besteht die Klagebefugnis des Klägers nunmehr jedenfalls aufgrund von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG in der Fassung der Neubekanntmachung vom 23. August 2017. 65Nach dieser Bestimmung, die – wie auch Nr. 4 und Nr. 6 – der Umsetzung von Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens vom 25. Juni 1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention, BGBl. 2006 II S. 1251) dient, ist ein Rechtsbehelf auch gegen Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge gegeben, durch die andere als die in den Nummern 1 bis 2b genannten Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden. Der Begriff des Vorhabens orientiert sich, so die Gesetzesbegründung 66vgl. BT-Drs. 18/9526 S. 36, 67an der Begriffsbestimmung von § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der bis zum 28. Juli 2017 geltenden Fassung, allerdings ohne die Bezugnahme auf die Anlage 1 zum UVPG, die schon für die Reichweite der Klagebefugnis nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG von Bedeutung ist. Erfasst sein kann daher die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage, der Bau einer anderen Anlage oder die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme sowie jeweils deren Änderung bzw. Erweiterung. Ebenso werden besondere Ausgestaltungen von fachrechtlichen Zulassungsentscheidungen in Form eines Verwaltungsaktes, wie beispielsweise Teilgenehmigungen oder Vorbescheide, erfasst. Maßgeblich für die Abgrenzung ist jeweils allein, ob bei der Zulassungsentscheidung umweltbezogene Vorschriften des Bundes-, des Landes- oder des Unionsrechts anzuwenden sind. Der Begriff der umweltbezogenen Vorschriften wird in § 1 Abs. 4 UmwRG umschrieben. Danach sind die Elemente der Definition von „Umweltinformationen“ in § 2 Abs. 3 des Umweltinformationsgesetzes (UIG) von Relevanz, die eine 1:1-Umsetzung nicht nur der europäischen Umweltinformationsrichtlinie (2003/4/EG; ABl. L 041 vom 14. Februar 2003, Seite 26), sondern auch der dahinter stehenden Begriffsbestimmung der Aarhus-Konvention darstellt, 68vgl. BT-Drs. 18/9526 S. 36. 69Danach ist die auf § 8 WHG gestützte wasserrechtliche Erlaubnis tauglicher Gegenstand einer Verbandsklage. Sie lässt die Benutzung des Umweltbestandteils Wasser i.S.v. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG zu und die Abwasserableitungen wirken sich darauf i.S.v. § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG aus. 70Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. November 2017 – 7 C 25/15 –, juris Rn. 19 f. 71Der Kläger macht die Verletzung von Vorschriften geltend, die dem Umweltschutz dienen und die er damit als Umweltverband zu rügen berechtigt ist. Er kann sich insbesondere darauf berufen, dass die Erlaubnis zur Abwassereinleitung nach den dem Schutz des Umweltbestandteils Wasser zu dienen bestimmten Regelungen in § 12 Abs. 1 und Abs. 2 WHG nicht hätte erteilt werden dürfen. 72Die Klage ist begründet. 73Der Kläger kann die Aufhebung des angefochtenen Bescheids nach § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG beanspruchen. § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG setzt voraus, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a bis 6 UmwRG gegen eine umweltbezogene Rechtsvorschrift verstößt, die für die Entscheidung von Bedeutung ist, und dass der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die der Kläger nach seiner Satzung fördert. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. 74Die der Beigeladenen zu 1. erteilte Einleitungserlaubnis nach § 8 WHG verstößt als Entscheidung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG – unabhängig von der Frage ihrer Rechtmäßigkeit im Übrigen – jedenfalls gegen die (auch) umweltbezogene Vorschrift des § 12 Abs. 2 WHG, die für die Entscheidung von Bedeutung ist. 75§ 12 WHG regelt u.a. die Voraussetzungen für die Erteilung einer Einleitungserlaubnis nach § 8 WHG. Nach § 12 Abs. 1 WHG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn schädliche, auch durch Nebenbestimmungen nicht vermeidbare oder nicht ausgleichbare Gewässerveränderungen zu erwarten sind (Nr. 1) oder andere Anforderungen nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werden (Nr. 2). Nach § 12 Abs. 2 WHG steht die Erteilung der Erlaubnis im Übrigen im pflichtgemäßen Ermessen (Bewirtschaftungsermessen) der zuständigen Behörde. Die der Beigeladenen zu 1. erteilte Erlaubnis ist schon deshalb nicht den Anforderungen des § 12 Abs. 2 WHG entsprechend erteilt worden, weil die Ermessensentscheidung (begründet auf S. 164 ff. des Bescheids) nicht die zuständige Behörde getroffen hat. Dies hat der Kläger auch rechtzeitig im Sinne des § 6 Satz 1 UmwRG gerügt, nämlich nach Klageerhebung am 27. Dezember 2013 mit Schriftsatz vom 5. Februar 2014 und damit innerhalb der zehn-Wochen-Frist. 76Die Bezirksregierung war für die Erteilung der Erlaubnis nicht zuständig. 77Zuständige Behörde für die Erteilung einer Einleitungserlaubnis nach § 8 WHG ist nach §§ 1, 114 Abs. 3 117 Abs. 1 des Landeswassergesetzes (LWG NRW) i.V.m. § 1 Abs. 1 und Teil A, 3. Fall des Verzeichnisses der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz vom 11. Dezember 2007 (ZustVU NRW 2007), § 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZustVU NRW 2007 der Kreis als untere Umweltschutzbehörde. 78Diese Zuständigkeit bestimmt sich nach der am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen ZustVU NRW 2007. Die ZustVU NRW vom 3. Februar 2015 betrifft das vorliegende Verwaltungsverfahren nicht mehr, da dieses durch die unter dem 22. November 2013 erteilte Erlaubnis abgeschlossen wurde. Auch aus dem Fehlen einer § 8 Abs. 2 ZustVU NRW 2007 entsprechenden Regelung in der ZustVU NRW vom 3. Februar 2015 folgt, dass das vorliegende Verfahren nicht dieser Zuständigkeitsverordnung unterfällt. 79Die Kammer geht mit den Beteiligten davon aus, dass die Bezirksregierung im Zeitpunkt des Eingangs des Antrags der Beigeladenen zu 1. vom 13. April 2007 zuständige Behörde gewesen ist, nämlich nach der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten auf dem Gebiet des technischen Umweltschutzes vom 14. Juni 1994. Mit dem Antrag vom 13. April 2007 ist ein Verwaltungsverfahren anhängig geworden, das im Zeitpunkt des Inkrafttretens der ZustVU NRW 2007 noch nicht abgeschlossen war. 80Nach § 8 Abs. 2 ZustVU NRW 2007 fand auf Zulassungsverfahren, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung anhängig waren, § 6 Abs. 3 der Verordnung Anwendung. Danach blieb die ursprünglich zuständige Behörde bis zum Abschluss des Verfahrens durch bestandskräftige Entscheidung für diejenigen Verfahren zuständig, in denen am Tage des Inkrafttretens der Änderung – nämlich nach § 8 Abs. 1 dem 1. Januar 2008 – die vom Antragsteller einzureichenden Unterlagen vollständig vorlagen. Dies war nach der Überzeugung der Kammer bezüglich des Antrags der Beigeladenen zu 1. nicht der Fall, so dass es nicht bei der nach der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten auf dem Gebiet des technischen Umweltschutzes begründeten Zuständigkeit der Bezirksregierung geblieben ist. 81Dabei geht die Kammer mit dem Beklagten und den Beigeladenen davon aus, dass die Beigeladene zu 1. mit dem Schreiben vom 23. August 2012 keinen nach Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Widerruf der Erlaubnis vom 31. Oktober 2008, ein neues Verwaltungsverfahren einleitenden Antrag gestellt, sondern (zum wiederholten Male) den ursprünglichen Antrag geändert und ergänzt hat. Vollständig im Sinne der Übergangsregel sind die für die Erlaubnis vom 22. November 2013 vorgelegten Unterlagen frühestens mit Eingang der unter dem 25. Juni 2008 übersandten Unterlagen gewesen. 82Nach der Rechtsprechung des 8. Senats des OVG NRW, der sich die Kammer anschließt, sind für die Beantwortung der zuständigkeitsbestimmenden Frage, ob die vom Antragsteller einzureichenden Unterlagen vollständig vorliegen, neben den – einen Anhalt bietenden – Vorgaben des Fachrechts auch Zielrichtung und Zweck der Übergangsregelungen der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz zu beachten. Diese dienen den verfassungsrechtlich im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten der Betroffenen verankerten Grundsätzen der Verfahrenseffizienz, der Verfahrensökonomie und der Zügigkeit der Verwaltung. Diese Grundsätze, die in § 10 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) für den Bereich der Verwaltungstätigkeit einfachgesetzlichen Ausdruck gefunden haben, stellen auch Richtlinien für die Auslegung und Anwendung des Verwaltungsverfahrensrechts auf. 83Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. August 2008 – 8 A 2138/06 –, juris Rn. 64 m.w.N. 84Vor diesem Hintergrund ist eine Überfrachtung der Prüfung, ob die eingereichten Unterlagen im Sinne der Übergangsvorschrift vollständig sind, mit materiell-rechtlichen Fragestellungen zu vermeiden. Es muss auf der einen Seite gewährleistet bleiben, dass ein auf der Grundlage der vorgelegten Unterlagen bereits erreichter materieller Wissensstand weiter von der bisher zuständigen Behörde in das Verfahren eingebracht werden kann. Auf der anderen Seite kann ein Zulassungsverfahren ohne Verzögerung auch von der nunmehr zuständigen Behörde fortgeführt werden, wenn eine sachliche Befassung im Zeitpunkt der Zuständigkeitsänderung gerade wegen der unzureichenden Unterlagen noch nicht möglich war. Das bedeutet insbesondere, dass eine Änderung der Zuständigkeit der mit der Übergangsregelung unter Schutz gestellten Verfahrensökonomie – ungeachtet des Umstandes, ob die vorgelegten Unterlagen noch der Ergänzung bedürfen, – widerspräche, wenn die bisher zuständige Behörde über einen Antrag bereits entschieden hat, ohne die Unvollständigkeit der Unterlagen zu rügen. 85Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. August 2008 – 8 A 2138/06 –, juris Rn. 65 f.. 86Nach diesen Maßstäben sind die für die unter dem 22. November 2013 erteilte Erlaubnis vorgelegten Unterlagen am Stichtag des 1. Januar 2008 nicht vollständig im Sinne der Vorschrift gewesen. 87Ein den Zuständigkeitsübergang mit Blick auf den Regelungszweck der Verfahrensökonomie hindernder Bearbeitungsstand hat frühestens mit Eingang der unter dem 25. Juni 2008 nachgereichten Unterlagen bei der Bezirksregierung vorgelegen. Erst nach Einreichung dieser Unterlagen hat die Bezirksregierung einen ersten Entwurf der zu erteilenden Erlaubnis gefertigt, der auf eine maßgebliche Bearbeitung in materieller Hinsicht schließen lässt. Jedenfalls bis zur Vorlage der Unterlagen vom 25. Juni 2008 hat die Bezirksregierung noch für die Entscheidung über die Einleitungserlaubnis nach § 8 WHG wesentliche Unterlagen und Angaben nachgefordert, nämlich in den Besprechungen vom 22. Februar und 10. April 2008 sowie per E-Mail vom 5. und 16. Mai 2008. Zu diesen Unterlagen gehörten – neben einem um die Angaben des Namens und der Gesamtfläche des Betriebs sowie die Angabe des Zwecks der Einleitung vervollständigten Antragsformular – u.a. für die Beurteilung der beabsichtigten Einleitung maßgeblichen Sicherheitsdatenblätter zu den Wasserkreisläufen des Kraftwerks unter Angabe der eingesetzten Stoffe sowie deren Einsatzorten, Angaben zum Chloridgehalt der im Kraftwerk eingesetzten Kohle sowie Unterlagen zu der Abwasserbehandlungsanlage. Jedenfalls bis zur Vorlage dieser nachgeforderten Unterlagen war der Bearbeiter – wie er in der E-Mail an die Abteilungsleiterin vom 4. September 2008 geschildert hat – bemüht, „den eingereichten Antrag in einen prüffähigen Zustand zu bekommen“. Solange ein solcher Zustand nicht eingetreten und folglich die materielle Prüfung der Unterlagen auf die Erlaubnisfähigkeit der Einleitung nicht begonnen hatte, waren die Unterlagen – auch bei dem dargelegten, an Sinn und Zweck der Übergangsregelung orientierten Verständnis – nicht im dargelegten Sinne der Übergangsreglung vollständig. Soweit in einem Erörterungstermin im immissionsschutzrechtlichen Verfahren bereits im September 2007 materielle Fragen der wasserrechtlichen Einleitungserlaubnis miterörtert wurden, können daraus keine Rückschlüsse auf den Zustand der Antragsunterlagen oder den Grad der inhaltlichen Befassung im hier maßgeblichen wasserrechtlichen Verfahren gezogen werden. Auch eine Sachentscheidung hat die Bezirksregierung – anders als in der vom OVG NRW entschiedenen Konstellation – nicht vor, sondern mit Erteilung der im September 2012 aufgehobenen Erlaubnis vom 31. Oktober 2008 erst nach dem Stichtag des 1. Januar 2008 getroffen. 88Darauf, dass die Beigeladene zu 1. – wie die Beigeladene zu 2. ausgeführt hat – den Antrag mit Anlagen bestehend aus 186 Seiten bereits im April 2007 eingereicht und schon vor diesem Zeitpunkt Gespräche über ein zu führendes Erlaubnisverfahren stattgefunden haben, kommt es nicht an. Die Übergangsregelung in § 6 Abs. 3 ZustVU NRW 2007 stellt ausdrücklich nicht auf den Zeitpunkt des Beginns von Gesprächen oder den Zeitpunkt der Antragstellung, sondern auf die Vollständigkeit der einzureichenden Unterlagen ab. Dass dies der ursprünglich zuständigen Behörde – anders als eine auf das Eingangsdatum des Antrags abstellende Regelung – die Prüfung der Vollständigkeit aufbürdet, die gerade in komplexen Genehmigungs- oder Erlaubniskonstellationen in gewissem Umfang auch bereits eine Berücksichtigung der materiellen Rechtslage erfordern mag, weil diese, wie der 8. Senat des OVG NRW ausgeführt hat, einen Anhalt für die Beurteilung der Vollständigkeit bietet, hat der Verordnungsgeber damit in Kauf genommen. 89Lagen demnach die von der Beigeladenen zu 1. vorzulegenden Unterlagen am 1. Januar 2008 nicht vollständig im Sinne des § 6 Abs. 3 ZustVU NRW 2007 vor, ist eine zuvor aufgrund der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten auf dem Gebiet des technischen Umweltschutzes vom 14. Juni 1994 begründete Zuständigkeit der Bezirksregierung nicht über den Stichtag hinaus erhalten geblieben. Vielmehr richtete sich die Zuständigkeit der Bezirksregierung nach der ZustVU NRW 2007, wovon sie im Übrigen auch selbst ausgegangen ist. 90Eine Zuständigkeit der Bezirksregierung nach der ZustVU NRW 2007 besteht allerdings nicht. 91Eine Zuständigkeit der Bezirksregierung ergibt sich nicht aus § 2 Abs. 1 Satz 1 ZustVU NRW 2007. 92Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 ZustVU NRW 2007 ist für den Vollzug u.a. des WHG die Bezirksregierung als obere Umweltschutzbehörde (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 2 ZustVU NRW 2007) zuständig, soweit es sich um Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von Anlagen nach Anhang I dieser Verordnung oder um Anforderungen des Abfall-, Bodenschutz- und Wasserrechts gegenüber dem Betreiber dieser Anlage handelt und soweit in Anhang II nichts anderes bestimmt ist. Nach § 2 Abs. 3 ZustVU NRW 2007 erfasst diese Zuständigkeit auch Anlagen anderer Betreiber, die sich auf demselben oder benachbarten Grundstücken befinden und die in einem engen betriebstechnischen und organisatorischen Zusammenhang betrieben werden, soweit sie gewerblichen Zwecken dienen. 93Die angegriffene Einleitungserlaubnis erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 ZustVU NRW 2007. Sie betrifft weder Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb einer Anlage in diesem Sinne, noch stellt sie Anforderungen an den Betreiber einer solchen Anlage. 94Sie stellt keine Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb einer Anlage oder an den Betreiber einer Anlage, weil sie nicht anlagen-, sondern gewässerbezogen ist. Sie bezieht sich auf das Gewässer, in das unter den genannten Voraussetzungen (Ab-)Wasser eingeleitet werden darf. Sie erlaubt die Benutzung dieses Gewässers, im vorliegenden Fall der M1. . Anlagen oder Einrichtungen wie Kraftwerke, Rohrleitungen oder Einleitungsbauwerke, die den Anlagenbegriff erfüllen könnten, betrifft sie nicht. 95Vgl. OVG NRW, Verweisungsbeschluss vom 7. Mai 2010 – 20 D 134/09.AK –, Seite 5 f. des Beschlussabdrucks. 96Sie stellt zudem auch keine Anforderungen an den Betreiber einer solchen Anlage. Sie ist an die Beigeladene zu 1. gerichtet. Mit Wirkung für und gegen ihn trifft sie Regelungen zur Benutzung des Gewässers M1. . Eine Anlage im Sinne des § 2 Abs. 1 ZustVU NRW 2007 betreibt die Beigeladene zu 1. nicht. 97Die Einrichtungen, die als Anlagen im Sinne des § 2 Abs. 1 ZustVU NRW 2007 zu qualifizieren sind, sind im Anhang I zur ZustVU NRW 2007 abschließend aufgeführt. Erfasst sind Anlagen, auf die die Störfall-Verordnung (1. Spiegelstrich), die 4. BImSchV (2. Spiegelstrich) oder die Verordnung über elektromagnetische Felder (3. Spiegelstrich) Anwendung findet, Anlagen für die öffentliche Wasserversorgung (4. Spiegelstrich), zur Abwasserbehandlung (5. Spiegelstrich) oder Anlagen in und an einem Gewässer erster oder zweiter Ordnung und mit ihnen in Verbindung stehende Schifffahrtshäfen (6. Spiegelstrich), ferner Rückhaltebecken (7. Spiegelstrich) und Deponien (8. Spiegelstrich). Die von der Beigeladenen zu 1. auf der Grundlage einer vertraglichen Sondervereinbarung mit der Beigeladenen zu 2. für das Abwasser des Kraftwerks errichtete Doppelrohrleitung mit Auffang-/Beruhigungsbecken ist keine Anlage in diesem Sinne. Sie unterfällt keinem der genannten Anlagentypen. 98Die Rohre behandeln das Wasser nicht und sind daher keine Abwasserbehandlungsanlagen im Sinne des 5. Spiegelstrichs. 99Entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen zu 2. handelt es sich auch nicht um eine Anlage in oder an einem Gewässer 1. Ordnung. Zwar ist die M1. nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 LWG NRW i.V.m. A.I. der Anlage 1 im hier maßgeblichen Bereich ein Gewässer 1. Ordnung. Die Doppelrohrleitung und das in einem Abstand von ca. 17,5 m von der Mittelwasseruferlinie der M1. entfernte Auffangbecken befinden sich jedoch weder in noch an der M1. , sondern sind von ihr durch das Einleitungsbauwerk des M3. getrennt. 100Eine Zuständigkeit der Bezirksregierung ergibt sich nicht aus § 2 Abs. 3 ZustVU NRW 2007. Die der Beigeladenen zu 1. erteilte Einleitungserlaubnis betrifft nicht eine Anlage eines anderen Betreibers, die sich auf demselben oder benachbarten Grundstück befindet wie eine Anlage, für die eine Zuständigkeit nach § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 ZustVU NRW 2007 besteht, mit dieser in einem engen betriebstechnischen und organisatorischen Zusammenhang betrieben wird und gewerblichen Zwecken dient (§ 2 Abs. 3 ZustVU NRW 2007). Auch in dieser Hinsicht fehlt es bereits am notwendigen Anlagenbezug. Außerdem liegt kein enger betriebstechnischer Zusammenhang im Sinne der Vorschrift vor. 101Zwar handelt es sich bei dem Kraftwerk der Beigeladenen zu 2. um eine Anlage im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 ZustVU NRW 2007 i.V.m. dem Anhang I, 2. Spiegelstrich. Es fällt unter die in Nr. 1.1 des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (Vierte Bundesimmissionsschutzverordnung – 4. BImSchV) genannten Anlagen zur Erzeugung von Strom, Dampf, Warmwasser, Prozesswärme oder erhitztem Abgas durch den Einsatz von Brennstoffen in einer Verbrennungsanlage mit einer Feuerungswärmeleistung von 50 MW oder mehr, denn ausweislich der Betriebsbeschreibung wird es als Steinkohlekraftwerk im Normalbetrieb mit einer Bruttowärmeleistung von bis zu 1.870 MW gefahren. 102Gleichwohl vermag eine Zuständigkeit der Bezirksregierung in Bezug auf die Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb des Kraftwerks gemäß § 2 Abs. 1 ZustVU NRW keine Zuständigkeit für die Erteilung der an die Beigeladene zu 1. ergangene Einleitungserlaubnis nach § 2 Abs. 3 ZustVU NRW 2007 nach sich zu ziehen. 103Zum einen setzt auch § 2 Abs. 3 ZustVU NRW 2007 nach seinem Wortlaut („Die Zuständigkeit nach den Absätzen 1 und 2 erfasst auch Anlagen anderer Betreiber“) ebenso wie § 2 Abs. 1 ZustVU NRW 2007 einen Anlagenbezug voraus, der der auf das Gewässer bezogenen Einleitungserlaubnis fehlt. 104Vgl. OVG NRW, Verweisungsbeschluss vom 7. Mai 2010 – 20 D 134/09.AK –, Seite 5 f. des Beschlussabdrucks. 105Zum anderen käme als Anlage der Beigeladenen zu 1. als einer anderen Betreiberin im Sinne des § 2 Abs. 3 ZustVU NRW 2007 auch in diesem Zusammenhang nur die Doppelrohrleitung mit dem Auffang-/Beruhigungsbecken in Betracht, die den maßgeblichen Anlagenbegriff nicht erfüllt. Weitere Einrichtungen, die als Anlage in Betracht kommen könnten, unterhält die Beigeladene zu 1., auf die es als Adressatin der angegriffenen Genehmigung ankommt, nicht. 106Der Doppelrohrleitung und der Einleitungserlaubnis würde es außerdem an einem engen betriebstechnischen Zusammenhang im Sinne des § 2 Abs. 3 ZustVU NRW 2007 zu dem von der Beigeladenen zu 1. betriebenen Kraftwerk fehlen. Der Begriff des „engen betriebstechnischen Zusammenhangs“ orientiert sich an der Formulierung des § 1 Abs. 2 Nr. 2 4. BImSchV, der das Genehmigungserfordernis unter weiteren Voraussetzungen auf solche Nebeneinrichtungen erstreckt, die mit den nach § 1 Abs. 1 4. BImSchV genehmigungsbedürftigen Anlagen oder Anlagenteilen „in einem räumlichen und betriebstechnischen Zusammenhang stehen“. 107Vgl. LT-Drs. 14/4973, S. 200. 108Diese Formulierung findet sich außerdem in § 3 Abs. 3 des Umwelthaftungsgesetzes (UmwHG), der unter den Begriff der Anlage, von der Umwelteinwirkungen ausgehen können, die einen Schaden begründen, für den der Inhaber der Anlage zum Ersatz verpflichtet ist, auch solche Nebenanlagen fasst, die mit der (Kern-)Anlage „in einem räumlichen und technischen Zusammenhang stehen“. Rechtsprechung und Literatur zu § 1 Abs. 2 Nr. 2 4. BImSchV und § 3 Abs. 3 UmwHG können deshalb bei der Auslegung des § 2 Abs. 3 ZustVU NRW 2007 als Orientierungshilfe dienen, 109Vgl. LT-Drs. 14/4973, S. 200 in Bezug auf § 1 Abs. 1 der 4. BImSchV. 110wobei an den betriebstechnischen Zusammenhang nach § 2 Abs. 3 ZustVU NRW 2007 striktere Anforderungen zu stellen sind als an den nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 4. BImSchV und § 3 Abs. 3 UmwHG. Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut der Regelungen, der in § 2 Abs. 3 ZustVU NRW 2007 anders als in § 1 Abs. 2 Nr. 2 4. BImSchV und § 3 Abs. 3 UmwHG ausdrücklich einen „engen“ Zusammenhang fordert. Zum anderen folgt es aus dem Sinn und Zweck der Regelungen. Während die Schutzzwecke des § 1 Abs. 2 Nr. 2 4. BImSchV und des § 3 Abs. 3 UmwHG, auch die technische Peripherie einer potentiell umweltschädlichen oder gefahrträchtigen Anlage im engeren Sinne hinsichtlich ihres umweltschädlichen Potentials in die Genehmigungspflicht bzw. die Umwelthaftung einzubeziehen, für ein großzügiges Verständnis des zwischen Kern- und Nebenanlage erforderlichen Zusammenhangs sprechen, 111vgl. Herrler, in Staudinger/Kohler, BGB, Neubearbeitung 2017, § 3 UmwHG Rn. 25; Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band IV, Stand: August 2013, Vor § 1 4. BImSchV, Rn. 5; Ludwig, in: Feldhaus, BImSchG, Stand: November 1997, § 1 4. BImschV Rn. 34. 112legt das Zuständigkeitsregime in §§ 1 ff. ZustVU NRW 2007 ein enges Verständnis nahe. Ziel der Neuordnung der Zuständigkeiten für den Umweltschutz in §§ 1 ff. ZustVU NRW 2007 war es, das Umweltrecht möglichst weitgehend zu kommunalisieren und dadurch zu vereinfachen. Dieser möglichst weitgehenden Kommunalisierung entsprechend regelt § 1 Abs. 2 und 3 ZustVU NRW 2007 die Grundzuständigkeit der Kreise und kreisangehörigen Gemeinden als untere Umweltschutzbehörden, von der in Absatz 2 nur ausnahmsweise nach dem sog. Zaunprinzip zugunsten der oberen Umweltschutzbehörde abgewichen wird. 113Vgl. LT-Drs. 14/4973. 114Ausgehend von der Bestimmung des „betriebstechnischen Zusammenhangs“ zwischen Kern- und Nebenanlage nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 4. BImSchV und des § 3 Abs. 3 UmwHG ist auch für den „engen betriebstechnischen Zusammenhang“ nach § 2 Abs. 3 ZustVU NRW 2007 nicht ausreichend, dass zwischen der (Haupt-)Anlage nach § 2 Abs. 1 Satz 1 ZustVU NRW 2007 und der Anlage des anderen Betreibers nach § 2 Abs. 3 ZustVU NRW 2007 ein nur irgendwie gearteter faktischer Zusammenhang besteht. Vielmehr ist, da unter dem Betrieb einer Anlage ihre Verwendung entsprechend ihrer Zweckbestimmung zu verstehen ist, 115vgl. OVG NRW, Verweisungsbeschluss vom 7. Mai 2010 – 20 D 134/09 –, Seite 4 des Beschlussabdrucks m.w.N., 116mindestens vorauszusetzen, dass die Anlage des anderen Betreibers in den Funktionszusammenhang der Hauptanlage einbezogen ist, etwa weil beide einem gemeinsamen technischen Zweck dienen. 117Vgl. BayVGH, Urteil vom 25. Februar 2003 – 22 A 02.40013 –, juris Rn. 28 ff.; Ludwig, in: Feldhaus, BImSchG, Stand: November 1997, § 1 4. BImschV Rn. 34; jeweils zu § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV. 118Daran fehlt es hier. Das OVG NRW hat im Beschluss vom 7. Mai 2010 im Verfahren 20 D 134/09.AK ausgeführt: 119„Zweckbestimmung des Kraftwerks ist die Erzeugung von Strom (Nr. 1.1 Spalte 1 des Anhangs zur 4. BImSchV). Es kann dahinstehen, ob die durch das Kraftwerk erfolgende Einleitung des bei der Stromerzeugung anfallenden Abwassers in das zur M1. führende offene Gerinne noch dieser Zweckbestimmung zuzurechnen ist, woran zu denken sein könnte, weil die Abwasserbeseitigung zur Erreichung des Betriebszwecks tatsächlich notwendig ist. Jedenfalls nicht mehr dem Betrieb des Kraftwerks zurechenbar ist aber die durch die Beigeladene erfolgende Einleitung des Abwassers in die M1. . Vielmehr handelt es sich insofern lediglich um eine der öffentlichen Infrastruktur zuzurechnende Folgemaßnahme des Betriebs des Kraftwerks. Das Abwasser wird nicht von dem Kraftwerk, sondern von der Beigeladenen in ihrer Eigenschaft als gemeindliches Unternehmen, das zur Abwasserbeseitigung verpflichtet ist, eingeleitet. Diese Einleitung beruht auf der unternehmerischen Entscheidung der Beigeladenen, die aus dem Kraftwerk stammenden Abwässer nicht über ihre sonstigen Abwasseranlagen zu beseitigen, sondern in der vorgesehenen Art der M1. zuzuführen. Die Einleitung kommt dem Kraftwerk allein als Fremdleistung eines Dritten zugute, die der Erfüllung eigener Verpflichtungen des Dritten hinsichtlich der Beseitigung des Abwassers dient.“ 120Vgl. OVG NRW, Verweisungsbeschluss vom 7. Mai 2010 – 20 D 134/09 –, Seite 4 des Beschlussabdrucks. 121Im Verfahren 20 D 98/13.AK hat der Senat mit Beschluss vom 26. Mai 2014 an dieser Auffassung in Bezug auf die im vorliegenden Verfahren angefochtene Erlaubnis ausdrücklich festgehalten, 122vgl. OVG NRW, Verweisungsbeschluss vom 26. Mai 2014 – 20 D 98/13.AK –, Seite 2 des Beschlussabdrucks, 123und ergänzend ausgeführt: 124„Die Beseitigung des bei der Stromerzeugung entstehenden betrieblichen Abwassers mittels der Einleitung in die M1. ist kein Teil der betrieblichen Vorgänge des Kraftwerks. Die Abwasseranlage der Beigeladenen (= Beigeladene zu 1. des vorliegenden Verfahrens), die das Kraftwerk und die M1. miteinander verbindet, und deren Verwendung zur Abführung des Abwassers sowie dessen Einleitung in die M1. bilden im Verhältnis zum Kraftwerk vielmehr wie andere Einrichtungen und Maßnahmen Dritter, die der Versorgung bzw. Entsorgung oder der Erschließung dienen, lediglich die technische Infrastruktur, die dem Betrieb des Kraftwerks vorgelagert ist und ihn ermöglicht. Daran ändert nichts, dass es sich bei der Abwasseranlage der Beigeladenen nicht um eine öffentliche Einrichtung der Abwasserbeseitigung im Sinne von § 58 WHG handelt, sondern um eine private Anlage im Sinne von § 59 WHG, die von der Beigeladenen allein dazu genutzt wird, das aus dem Kraftwerk stammende Abwasser abzuführen. Unabhängig vom öffentlichen oder privaten Charakter der Abwasseranlage sowie der Getrennthaltung des Abwassers aus dem Kraftwerk von Abwasser sonstiger Herkunft wird das Abwasser von der Betreiberin des Kraftwerks an die Beigeladene übergeben und gelangt das Abwasser so im Wege der Indirekteinleitung in die M1. . Für die sich an die Übernahme des Abwassers in die Abwasseranlage der Beigeladenen anschließenden Schritte zur Abwasserbeseitigung einschließlich der Einleitung in die M1. ist im rechtlichen Außenverhältnis die Beigeladene verantwortlich. Der Beigeladenen ist die Pflicht zur Beseitigung des Abwassers nach § 53 Abs. 5 LWG (entspricht § 49 Abs. 6 LWG NRW) übertragen worden mit der Folge, dass sie mit der Einleitung des Abwassers in die M1. zur Erfüllung dieser Pflicht tätig wird. Die der Übernahme des Abwassers in die Abwasseranlage der Beigeladenen zugrunde liegenden Vereinbarungen zwischen der Beigeladenen und der Betreiberin des Kraftwerks versetzen die Beigeladene der Sache nach in die Lage, ihre Abwasserbeseitigungspflicht tatsächlich zu erfüllen. Die Beigeladene betreibt die Abwasseranlage denn auch im eigenen Namen und leitet das Abwasser ebenfalls im eigenen Namen in die M1. ein. Erst recht stellt die Einleitung des Abwassers aus der Abwasseranlage der Beigeladenen in die M1. keinen Vorgang der Verwendung von Nebeneinrichtungen des Kraftwerks dar.“ 125vgl. OVG NRW, Verweisungsbeschluss vom 26. Mai 2014 – 20 D 98/13.AK –, Seite 3 f. des Beschlussabdrucks. 126Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer – sowohl unter Berücksichtigung des Vorbringens des Beklagten und der Beigeladenen zu 2. zur Notwendigkeit der Einleitung für den Kraftwerksbetrieb als auch im Hinblick auf die in den Ziffern 4. - 9. des Beweisbeschlusses der erkennenden Kammer vom 14. Januar 2020 als wahr unterstellten Tatsachen – an. Danach fehlt es an einem betriebstechnischen Zusammenhang im vorgenannten Sinn. 127Darüber hinaus reicht allein der Hinweis darauf, dass die Beigeladene zu 1. die Doppelrohrleitung aufgrund vertraglicher Vereinbarung als private Anlage neben ihren kommunalen Aufgaben betrieben habe, vor dem Hintergrund, dass es sich um eine Anstalt des öffentlichen Recht handelt, der nach der zugrundeliegenden Satzung die Abwasserbeseitigungspflicht gemäß § 46 LWG NRW iVm § 56 WHG übertragen wurde, nicht aus, um zu begründen, dass die Anlage gewerblichen Zwecken dient. 128Eine Zuständigkeit der Bezirksregierung ergibt sich ferner nicht aus § 3 ZustVU NRW 2007, wovon sie indes selbst nicht ausgeht. Diese Vorschrift regelt nur die Zuständigkeit gegenüber Kreisen und kreisfreien Städten. Sie ist nicht geeignet eine Zuständigkeit gegenüber der kreisangehörigen Stadt M. , einem ihrer Betriebe oder einer ihrer Anstalten zu begründen. 129Der Rechtsverstoß berührt gerade die Umweltschutzbelange, für die sich der Kläger nach seinen in der Satzung (abgerufen am 13. Januar 2020 unter www.bund-nrw.de) bestimmten Zielen einsetzt. 130Diese Ziele sind nach § 1 Abs. 2 der Satzung „Schutz und Pflege von Natur und naturgemäßer Umwelt zur Erhaltung und Wiederherstellung der naturbedingten Einheit von Leben und Umwelt. Seine Bemühungen gelten insbesondere den noch verbliebenen Naturlandschaften und naturnahen Landschaften, einer ökologischen Gestaltung der Kulturlandschaft und naturnaher Erholungslandschaften, den natürlichen Bodenformen, schutzwürdigen Einzelobjekten, der einheimischen Tier- und Pflanzenwelt, der Förderung des Tierschutzes, der Bodengesundheit, der Reinhaltung von Wasser und Luft, der Lärmminderung sowie gesunder Lebensbedingungen, u.a. im Wohn-, Arbeits- und Ernährungsbereich.“ Damit schließen sie – insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Reinhaltung von Wasser – den in § 1 WHG niedergelegten und bei der Erteilung einer Erlaubnis zur Gewässerbenutzung im Rahmen der Ermessensausübung von der zuständigen Behörde nach § 12 Abs. 2 WHG zu berücksichtigenden Zweck des WHG ein, durch eine nachhaltige Gewässerbewirtschaftung die Gewässer als Bestandteil des Naturhaushalts, als Lebensgrundlage des Menschen, als Lebensraum für Tiere und Pflanzen sowie als nutzbares Gut zu schützen. 131Eine diesen Zweck berücksichtigende Ermessensentscheidung der zuständigen Behörde ist nicht ergangen, weil anstelle der zuständigen unteren Behörde die Mittelbehörde gehandelt hat. Eine Ermessensentscheidung der zuständigen unteren Behörde wäre erforderlich gewesen. Denn die Ermächtigung zur Ermessensentscheidung richtet sich an die für die Entscheidung zuständige Behörde, die ihr Ermessen selbst auszuüben hat. Eine übergeordnete Behörde kann das Ermessen nur ausüben, soweit sie ein gesetzliches Selbsteintrittsrechts hat. 132Vgl. Sachs, in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 40 Rn. 51. 133Ein solches hat vorliegend nicht bestanden. 134Der Kläger kann den Rechtsverstoß auch geltend machen. 135Die Rügefähigkeit scheitert nicht daran, dass die Regelungen der instanziellen Zuständigkeit – für sich genommen – kein subjektives Recht auf ein Handeln der im Instanzenzug zuständigen Behörde begründen. Dies gilt unabhängig davon, ob die altruistische Klage eines anerkannten Naturschutzverbands überhaupt auf die Geltendmachung subjektiver Rechte im Sinne der Schutznormtheorie beschränkt ist. 136Soweit die Kammer im Beschluss zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Verfahren 9 L 349/14 vom 4. April 2014 unter Berufung auf eine Entscheidung des baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshofs, 137Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 1991 - 5 S 3088/88 - juris Rn 28 f. = NVwZ-RR 1992, 304, 138ausgeführt hat, dass ein Verstoß gegen die Regelungen der instanziellen Zuständigkeit unbeachtlich sei, weil diese allein dem öffentlichen Interesse, nicht auch dem des klagenden Bürgers zu dienen bestimmt seien, hat der 20. Senat des OVG NRW diese Auffassung im Beschwerdeverfahren 20 B 422/14 nicht bestätigt. Nachdem der 8. Senat des OVG NRW bei einem Erörterungstermin in den immissionsschutzrechtlichen Verfahren 8 A 1352/13 und 8 A 1353/13 die Aufhebung der dort angefochtenen Bescheide auch aufgrund der Unzuständigkeit der Mittelbehörde für deren Erlass angeregt hat, 139vgl. OVG NRW in dem im Berufungsverfahren am 27. Januar 2016 durchgeführten Erörterungstermin – 8 A 1352/13 und 8 A 1353/13 –, Seite 3 des Protokolls (nicht veröffentlicht), 140hat die Bezirksregierung B. nicht nur die immissionsschutzrechtlichen Bescheide, sondern auch den in dem zum Eilverfahren 9 L 349/14 gehörigen Hauptsacheverfahren 9 K 1336/14 angefochtenen Bescheid sowie die in den Parallelverfahren 9 K 2748/14, 9 K 2822/14, 9 K 5132/14, 9 K 5277/14, 9 K 5295/14 und 9 K 4244/15 angefochtenen Bescheide aufgehoben. Die erkennende Kammer hat an der im Beschluss 9 L 349/14 zur instanziellen Zuständigkeit vertretenen Auffassung seitdem nicht mehr festgehalten. 141Vgl. etwa VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25. September 2018 – 9 K 5544/14 –, juris, Rn. 221 ff., insbes. 251. 142Vielmehr geht sie für Ermessensentscheidungen mit Sachs, 143vgl. Sachs, in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 40 Rn. 51, 144davon aus, dass sich die Ermächtigung zur Ermessensentscheidung allein an die für die Entscheidung zuständige Behörde richtet, die ihr Ermessen selbst auszuüben hat, sodass ein subjektives Recht auf ermessensfehlerfrei Entscheidung auch umfasst, dass diese Entscheidung von der zuständigen Behörde getroffen wird. Dies hat im Übrigen auch im Wortlaut des § 12 Abs. 2 WHG Niederschlag gefunden, der die Entscheidung über die Erteilung der Erlaubnis oder Bewilligung – sofern kein Versagungsgrund nach § 12 Abs. 1 WHG besteht – ausdrücklich in das pflichtgemäße Ermessen (Bewirtschaftungsermessen) der zuständigen Behörde stellt. 145Dabei kann schließlich auch nicht angenommen werden, der Fehler sei deswegen unbeachtlich und die Umweltschutzbelange, für die sich der Kläger satzungsgemäß einsetzt, seien nicht berührt, weil ausgeschlossen werden könne, dass die zuständige Behörde eine andere Entscheidung treffen würde. Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung auf Null bestehen nicht. Davon ist auch die Bezirksregierung im angegriffenen Bescheid nicht ausgegangen. Dass der zuständige Kreis nachträglich auf Nachfrage der Bezirksregierung mitgeteilt hat, mit der von dieser an den Beigeladenen zu 2. erteilten Erlaubnis einverstanden zu sein, ändert daran nichts. 146Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, und 3, § 159 Satz 1 iVm § 100 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. 147Da die Beigeladenen Anträge in der Sache gestellt haben, können ihnen gemäß § 154 Abs. 3 Kosten auferlegt werden. Ob und in welchem Umfang das Gericht dem Beigeladenen Kosten auferlegt, steht dabei nicht in seinem Ermessen. Ob der Beigeladene Kosten zu tragen hat, wenn er – wie hier – einen Antrag gestellt hat, richtet sich vielmehr nach § 154 Abs. 1 VwGO oder nach den Vorschriften, die sonst für die Kostenverteilung in Betracht kommen. 148Vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO § 154 Rn. 66. 149Vorliegend waren § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO heranzuziehen und die Kosten nach Kopfteilen zu verteilen, da die Beigeladenen zusammen mit dem Beklagten als Hauptbeteiligten, den sie mit ihrem Antrag unterstützt haben, unterlegen sind. Insofern bilden sie zusammen den kostenpflichtigen Teil. 150Vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO § 159 Rn. 13. 151Es entspricht nicht der Billigkeit i.S.d. § 162 Abs. 3 VwGO, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da die Beigeladenen zwar einen Antrag gestellt haben, mit diesem aber unterlegen sind. 152Vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 162 Rn. 131. 153Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 Zivilprozessordnung (ZPO). 154Rechtsmittelbelehrung: 155Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 1561. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 1572. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 1583. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 1594. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 1605. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 161Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV), bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV, einzureichen. 162Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO. 163B e s c h l u s s: 164Der Streitwert wird auf 15.000,00 € festgesetzt. 165G r ü n d e: 166Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Ziffer 1.2 des Streitwertkatalogs 2013 der Verwaltungsgerichtsbarkeit, 167abrufbar unter: https://www.bverwg.de/medien/pdf/streitwertkatalog.pdf. 168Danach bemisst sich der Streitwert einer Verbandsklage nach den Auswirkungen der begehrten Entscheidung auf die vertretenen Interessen und ist in der Regel mit 15.000,00 bis 30.000,00 € anzusetzen. Im Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes hält die Kammer für Klagen von Umweltschutzverbänden eine Streitwertfestsetzung am unteren Rand des bei Verbandsklagen Üblichen, die den nach Ziffer 2.2.2 des Streitwertkatalogs 2013 der Verwaltungsgerichtsbarkeit für Privatkläger, die als Drittbetroffene sonstige Beeinträchtigungen geltend machen, maßgeblichen Streitwert von 15.000,00 € nicht übersteigt, für gemeinschaftsrechtlich geboten. 169Der Kläger stützt sein Klagerecht als nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung auf das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz. Dieses Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. L 156 vom 25. Juni 2003, S. 17). Durch Art. 3 dieser Richtlinie wurde die EG-Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 175 vom 5. Juli 1985, S. 40) – UVP-RL – geändert und ergänzt. Nach dem neu eingefügten Art. 10a UVP-RL stellen die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit – wozu nach Art. 1 Abs. 2 UVP-RL auch Nichtregierungsorganisationen gehören, die sich für den Umweltschutz einsetzen – Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Die Verfahren werden nach Art. 10a UVP-RL „fair, gerecht, zügig und nicht übermäßig teuer durchgeführt". Erfasst werden durch diese Bestimmung nur die durch die Beteiligung an solchen Verfahren verursachten Kosten. Die Vorgabe untersagt nicht, dass die Gerichte eine Verurteilung zur Tragung der Kosten aussprechen können, sofern deren Betrag diesem Erfordernis entspricht. 170Vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - C-427/07 -, juris Rn. 92 ff. i.V.m. Rn. 55. 171Da die Belastung mit Verfahrenskosten von der Streitwerthöhe abhängt (§ 3 Abs. 1 GKG), ist die Streitwertwertfestsetzung einem klagebefugten Verein danach gemeinschaftsrechtlich nur dann zumutbar, wenn und soweit diese nicht übermäßig hoch ist. Dies ist nach Auffassung der Kammer in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des 8. Senats des OVG NRW regelmäßig dann der Fall, wenn sich die Streitwertfestsetzung an derjenigen, die für Privatkläger üblich ist, orientiert. 172Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. November 2009 – 8 B 1342/09.AK –, juris Rn. 31 ff. 173Hiervon ausgehend ist das Interesse des Klägers an der begehrten Aufhebung der Einleitungserlaubnis mit 15.000,00 € anzusetzen. 174Rechtsmittelbelehrung: 175Gegen diesen Beschluss findet innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt. 176Die Beschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV), beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen einzulegen. Über sie entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft.
der bescheid der bezirksregierung vom 22. november 2013 wird aufgehoben. der beklagte, die beigeladene zu 1. und die beigeladene zu 2. tragen die kosten des verfahrens zu je ein drittel. das urteil ist hinsichtlich der kosten gegen sicherheitsleistung in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2der kläger ist ein naturschutzverein. die beigeladene zu 1. übernimmt seit 2003 als anstalt öffentlichen rechts die abwasserbeseitigung im gebiet der kreisangehörigen stadt m. . die beigeladene zu 2. ist ein energieversorgungsunternehmen. der kläger begehrt die aufhebung einer der beigeladenen zu 1. erteilten erlaubnis zur einleitung von abwässern in die m1. , die dieser von einem – von der beigeladenen zu 2. betriebenen – steinkohlekraftwerk übernimmt. die abwässer stammen aus der abflutung des hauptkühlwasserkreislaufs (kühlturmabflutwasser) und der rauchgasentschwefelungsanlage (rea-abwasser). das kühlturmabflutwasser wird unmittelbar, das rea-abwasser nach behandlung in einer anlageninternen wasseraufbereitungsanlage in ein übergabebecken geleitet, das sich im nordöstlichen teil des kraftwerksgeländes befindet. von dort werden sie ca. 1 km durch eine abwasserleitung der beigeladenen zu 1. geführt und über ein bereits zuvor vorhandenes einleitungsbauwerk des pumpwerks m2. des m3. in die m1. eingeleitet. 3mit datum vom 13. april 2007 schrieb die beigeladene zu 1. an die bezirksregierung, er beantrage die erlaubnis, das kühlwasser aus dem geplanten u. -kraftwerk im ortsteil m. -m2. , in die m1. einzuleiten. antragsunterlagen seien vierfach beigefügt (beiakte 25, bl. 22). auf dem antrag ist vermerkt: eingang 17. april 2007, ausgetauscht juni 2008 (beiakte 25 bl. 24). 4unter dem 19. juli 2007 bat die beigeladene zu 1. die bezirksregierung, nach aktualisierung der planunterlagen und des fließschemas die entsprechenden seiten und pläne im ursprungsantrag auszutauschen (beiakte 25, bl. 28). 5im september 2007 fand im verfahren zur immissionsschutzrechtlichen genehmigung ein erörterungstermin statt. inwieweit in diesem zuge auch fragen der wasserrechtlichen einleitungserlaubnis mit erörtert worden ist, zwischen den beteiligen streitig. 6mit schreiben vom 30. november 2007 legte die beigeladene zu 1. weitere verfahrensfließbilder, sicherheitsdatenblätter sowie betriebsbeschreibungen vor. 7am 22. februar 2008 fand bei der beigeladenen zu 1. ein besprechungstermin mit der bezirksregierung statt (terminvereinbarung beiakte 26, bl. 47, dienstreisegenehmigung beiakte 25, bl. 50). 8mit e-mail vom 5. mai 2008 (beiakte 25, bl. 42) teilte die bezirksregierung der beigeladenen zu 1. mit, in ergänzung der „in den besprechungen vom 22. februar und 10. april 2008 getätigten aussagen“ erhalte er noch einmal in stichworten informationen zu den noch beizubringenden unterlagen/angaben zum antrag vom 13. april 2007. es fehlten jedenfalls: die eintragungen unter punkt 2.1, 2.6 und 4.2 im antragsformular, das fließschema zu punkt 8.5, die sicherheitsdatenblätter zu den wasserkreisläufen des kraftwerks unter punkt 8.7, die die auflistung der eingesetzten stoffe jeweils mit angaben zum einsatzort und zum einsatzzweck sowie unter bezugnahme auf die jeweils betroffenen verfahrensfließbilder enthalten müsse, die anlagen- und betriebsbeschreibung zu den wasserkreisläufen des kraftwerks unter punkt 8.7, die angaben zum chloridgehalt der eingesetzten kohle, ein überarbeitetes konzept zur niederschlagswasserbeseitigung mit entsprechenden änderungen auch in den betroffenen verfahrensfließbildern, angaben zu dem ebenfalls gestellten antrag auf erlaubnis zur entnahme von wasser aus dem e. -i. -kanal mit angaben zu den beantragten entnahmemengen und angaben zur konzeption für die errichtung von temperaturmessstellen in der m1. . die auflistung sei noch nicht abschließend. sie werde voraussichtlich am montag, den 12. mai 2008, vervollständigt. 9mit e-mail vom 16. mai 2008 (beiakte 25, bl. 41) „vervollständigte“ die bezirksregierung gegenüber der beigeladenen zu 1. „die begonnene auflistung bezüglich der noch beizubringenden unterlagen/angaben“. zu punkt 7.3.4 der anlagen- und betriebsbeschreibung fehlten angaben zur art und weise der entschlackung. üblicherweise erfolge diese als nassentschlackung. es bedürfe der klarstellung, wie die weitere behandlung/ableitung des aus diesem bereich stammenden abwasserteilstroms erfolgen solle. zu punkt 7.3.7 der anlagen- und betriebsbeschreibung fehlten nähere angaben. es sei aufgeführt, dass zur einhaltung des zulässigen chlorgehalts eine dosierung von natriumbisolfitlösung in den abwasserteilstrom abschlämmwasser erfolgen könne. dabei handele es sich um eine genehmigungsbedürftige abwasserbehandlungsanlage, deren errichtung und betrieb zwingend für die erlaubnisfähigkeit der einleitung erforderlich sei. zur fachlichen beurteilung würden hinreichende unterlagen benötigt, die sich insbesondere dazu verhielten, wo und wie die dosierung erfolge, an welchen stellen der chlorgehalt für die dosierung und die überwachung gemessen werden solle und welche sicherheitseinrichtungen für den fall vorgesehen seien, dass der chlorgehalt in der ablaufleitung über dem zulässigen überwachungswert liege. zu punkt 7.3.8 der anlagen- und betriebsbeschreibung sei eine klarstellung erforderlich. es werde beschrieben, dass das bei der reinigung der filter entstehende abwasser zurück in den e. -i. -kanal geleitet werden solle. im „übergeordneten verfahrensfließbild abwassersystem“ sei hierfür dagegen eine filterrückspülwasseraufbereitung vorgesehen. im weiteren fließe das behandelte abwasser dann dem geplanten regenrückhaltebecken zu. punkt 7.3.9 der anlagen- und betriebsbeschreibung bedürfe ebenfalls der klarstellung. es werde erläutert, dass das abschlämmwasser aus dem wasser-dampf-kreislauf in die abschlämmleitung des kühlturms gefördert werden solle. im „übergeordneten verfahrensfließbild abwassersystem“ sei die ableitung dieses abwasserteilstroms dagegen über den betriebsabwasserspeicher zur kläranlage t. vorgesehen. punkt 7.4.3 der anlagen- und betriebsbeschreibung bedürfe der erläuterung. es werde angegeben, dass prozessabwasser im brüdenentgaser anfalle. die anfallstelle brüdenentgaser sei im „übergeordneten verfahrensfließbild abwassersystem“ aber nicht vorgesehen. punkt 7.4.3 sei darüber hinaus unklar. es werde erläutert, dass das niederschlagswasser von befestigten flächen in einem regenklärbecken gereinigt werden solle, während im „übergeordneten verfahrensfließbild abwassersystem“ für diesen teilstrom ein sandfang vorgesehen sei. schließlich sei zu punkt 8.7 (wasserkreisläufe des kraftwerks) das „übergeordnete verfahrensfließbild abwassersystem“ nicht eindeutig. in dem verfahrensfließbild seien für einige abwasserteilströme mehrere optionen für die ableitung/einleitung/entsorgung eingezeichnet. aus dem fließbild und unter berücksichtigung der anlagen- und betriebsbeschreibung gehe in vielen fällen nicht eindeutig hervor, wann welcher abwasserteilstrom wohin abgeleitet werden solle. das fließbild sei entsprechend anzupassen und mit einem kurzen erläuterungsbericht zu versehen. bestandteil dieses erläuterungsberichts müsse auch eine auf das aktualisierte fließbild abstellende auflistung aller abwasserteilströme während des regelbetriebs mit angabe eines eindeutigen entsorgungsweges sein. gleiches gelte für die abwasserteilströme. für alle abwasserbehandlungsanlagen sei eine auf das aktualisierte fließbild abstellende auflistung mit angabe des behandlungsziels zu erstellen. 10mit anschreiben vom 25. juni 2008 (beiakte 25, bl. 44; beiakte 27, bl. 1) legte die beigeladene zu 1. die von der bezirksregierung „per e-mail vom 5. mai 2008 und 16. mai 2008 geforderten ergänzungen“ vor, darunter ein vom 25. juni 2008 datiertes antragsformular (beiakte 27, bl. 12) sowie einen vom 16. juni 2008 datierten „erläuterungsbericht ergänzungsantrag“ der e1. q. v. h. (beiakte 26, bl. 217; beiakte 27, bl. 14). 11mit e-mail vom 4. september 2008 teilte der sachbearbeiter bei der bezirksregierung b. w. l. seiner abteilungsleiterin – nach deren hinweis auf die notwendigkeit der beschleunigten bearbeitung – mit: wie sich aus der abfolge von antrag, besprechung, nachforderung und ergänzung der unterlagen ergebe, sei er immer bemüht gewesen den eingereichten antrag in einen prüffähigen zustand zu bekommen. die bisherige verfahrensdauer beruhe im wesentlichen auf der sehr schleppenden antragsvervollständigung. aufgrund der vorgegebenen prioritätensetzung werde er den antrag nunmehr in seinem zuständigkeitsbereich abschließend bearbeiten (beiakte 25, bl. 77). 12unter dem 23. september 2008 wurde ein entwurf der beantragten erlaubnis gefertigt (beiakte 25, bl. 156). dieser entwurf war gegenstand einer am 25. september 2008 mit vertretern unter anderem der beigeladenen zu 1. und der beigeladenen zu 2. abgehaltenen besprechung. in einem besprechungsvermerk wurden vier – teils auf wunsch der beigeladenen zu 2. – noch zu überarbeitende bzw. zu klärende punkte festgehalten (beiakte 25, bl. 90). 13mit datum vom 30. september 2008 reichte die beigeladene zu 1. einen „zweiten ergänzungsantrag“ mit erläuterungsbericht der ein (e-mail beiakte 25, bl. 92, anschreiben beiakte 25, bl. 184). in dem erläuterungsbericht wird unter ziffer 2 unter anderem ausgeführt: bezüglich der verwendeten techniken und verfahren bezögen sich die ergänzungen auf den aktuellen stand der planungen im mai 2008. in einem gespräch am 25. september 2008 sei vereinbart worden, den antrag um folgende punkte zu ergänzen: ergänzung zum chloridgehalt der zum einsatz kommenden steinkohlen, stellungnahme zur abstimmung zwischen f. und u. zur aufwärmspanne, vertrag zwischen u. und t. über die leitung zur und die einleitung in die m1. sowie ergänzung zum verbleib diverser abwasserströme bei betriebsstörungen. im folgenden würden diese ergänzungen im einzelnen wiedergegeben und erläutert. 14in einer e-mail vom 8. oktober 2008 unterrichtete der bearbeiter l. die abteilungsleiterin über die besprechung vom 25. september 2008 und teilte mit, sobald die noch ausstehenden unterlagen vorlägen und von ihm geprüft seien, werde das verfahren zum abschluss gebracht. 15mit e-mail vom 9. oktober 2008 antwortete die bezirksregierung der beigeladenen zu 1., mit blick auf die zugesandten nachtragsunterlagen seien drei zu klärende fragen aufgetreten, nämlich bezüglich der betriebsweise des regenklärbeckens, der nun anzunehmenden rohmenge der steinkohle für die berechnung der chloridfracht sowie bezüglich der zwischenspeicherung des aus dem bereich des ammoniaklagers stammenden berieselungs- und niederschlagswassers (beiakte 25, bl. 116). 16mit e-mail vom 10. oktober 2008 legte die beigeladene zu 1. einen dritten ergänzungsantrag mit erläuterungsbericht vor. in den erläuterungen ist unter ziffer 2 u.a. ausgeführt: bezüglich der verwendeten techniken und verfahren bezögen sich die ergänzungen auf den aktuellen stand der planungen im mai 2008. im laufe des oktober 2008 sei vereinbart worden, den antrag bezüglich der änderung der regenwassernutzung, der klarstellung der maximalen einsatzkohlemenge, der klarstellung zum abwassersammelbecken im ammoniaklager sowie der erläuterung zur ersatzweisen ph-messung im niederschlagswasser im ammoniaklager zu ergänzen. im folgenden würden diese ergänzungen im einzelnen wiedergegeben und erläutert. 17unter dem 31. oktober 2008 – nach abstimmung eines entwurfes vom 24. oktober 2008 unter den beteiligten – erteilte der beklagte der beigeladenen zu 1. die erlaubnis zur einleitung (beiakte 25, bl. 186 ff., und beiakte 27, bl. 1 ff.). 18der kläger erhob dagegen klage beim oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw) unter dem aktenzeichen 20 d 134/09.ak. mit beschluss vom 7. mai 2010 erklärte sich das ovg nrw – nach anhörung der beteiligten und entgegen deren rechtsauffassung – für unzuständig und verwies den rechtsstreit an das verwaltungsgericht gelsenkirchen. der beschluss ist damit begründet, dass die sachliche zuständigkeit der verwaltungsgerichte nach § 45 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) gegeben sei, weil der rechtsstreit nicht nach § 48 abs. 1 satz 1 nr. 3, satz 2 vwgo in die zuständigkeit des oberverwaltungsgerichts falle. 19während des gerichtlichen verfahrens kamen die beteiligten überein, dass die bisher unterbliebene öffentlichkeitsbeteiligung nachgeholt werden solle. 20mit anschreiben vom 13. oktober 2010 übersandte die beigeladene zu 1. der bezirksregierung deshalb „wie vereinbart (…) die antragsunterlagen zu der bereits (…) erteilten wasserrechtlichen erlaubnis vom 31. oktober 2008“ zum auslegen (beiakte 17, bl. 3062). ausweislich einer e-mail der bezirksregierung vom 20. oktober 2010 hielt diese die unterlagen nicht für vollständig. eine abstimmung mit der beigeladenen zu 1. habe stattgefunden. die vervollständigung werde etwa eine woche in anspruch nehmen (beiakte 17, bl. 3063). eine e-mail der bezirksregierung vom 25. oktober 2010 informiert darüber, mit der beigeladenen zu 1. sei für den folgetag ein termin zur vervollständigung bzw. zum austausch der unterlagen für die ffh-verträglichkeitsuntersuchung vereinbart worden (beiakte 17, bl. 3064). 21in einer e-mail vom 5. november 2010 informierte der sachbearbeiter t1. der bezirksregierung b. darüber, dass er dem prozessbevollmächtigten der beigeladenen zu 2. auf dessen nachfrage mitgeteilt habe, dass das verfahren der öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden könne, sobald alle mit auszulegenden anträge auf vollständigkeit geprüft und gegebenenfalls vervollständigt worden seien (beiakte 17, bl. 3072). 22in einer e-mail vom 23. november 2010 teilt der bearbeiter t1. u.a. mit: es sollten insgesamt fünf anträge, darunter der „alt-antrag“, ausgelegt werden. eine auslegung sei nur sinnvoll, wenn zuvor alle anträge auf vollständigkeit geprüft und ggf. vervollständigt worden seien. die behauptung des prozessbevollmächtigten der beigeladenen zu 2., nach erteilten auskünften seien die unterlagen vollständig, sei nicht zutreffend. weder der unterzeichner noch der bearbeiter l. habe eine solche auskunft erteilt. 23am 3. dezember 2010 vermerkte die bezirksregierung unter dem betreff „nachholung der öffentlichkeitsbeteiligung … für die … bereits erteilte wasserrechtliche erlaubnis vom 31. oktober 2008“ nach „vollständigkeitsprüfung der vorgelegten antragsunterlagen“, dass bezüglich des ursprungsantrags insgesamt sieben positionen, zum teil mit unterpunkten, unvollständig seien, bezüglich des ergänzungsantrags vom 16. juni 2008 insgesamt zehn, teils mit unterpunkten, bezüglich des ergänzungsantrags vom 30. september 2008 zwei punkte, jeweils mit unterpunkten, und bezüglich des ergänzungsantrags vom 10. oktober 2008 ein punkt (beiakte 17, bl. 3089). unter dem 7. dezember 2010 wies sie die beigeladene zu 1. auf diese unvollständigkeiten hin und bat um kurzfristige vervollständigung (beiakte 17, bl. 3101). 24am 16. dezember 2010 fand einen gespräch der beteiligten statt, in dem der vervollständigungsbedarf erörtert wurde. zudem ist unter anderem festgehalten, das anschreiben vom 13. oktober 2010 solle so geändert werden, dass deutlich werde, dass kein neues wasserrechtliches verfahren geführt, sondern nur ein eventueller verfahrensfehler geheilt werden solle (beiakte 17, bl. 3115). 25mit anschreiben vom 13. januar 2011 nahm die beigeladene zu 1. bezug auf die wasserrechtliche erlaubnis vom 31. oktober 2008, „hier: nachzuholende öffentlichkeitsbeteiligung“, und legte antragsunterlagen vor, die zeitlich mit dem antrag vom 25. juni 2008 beginnen. sie teilte mit, die unterlagen entsprächen dem stand aus oktober 2008. „nachrichtlich“ fügte sie eine erläuterung bezüglich nachträglich eingetretener umstände bei und verwies auf die dokumente zur ffh-verträglichkeitsprüfung aus dem jahr 2010 (beiakte 7, bl. 1 ff; antragsformular bl. 40 ff, insbesondere 50). 26mit schreiben an die bezirksregierung vom 23. august 2012 verwies die beigeladene zu 1. auf deren ankündigung im rahmen des gerichtlichen verfahrens, die erlaubnis vom 31. oktober 2008 zu widerrufen. für den fall des widerrufs erklärte er, dass er den antrag vom 13. april 2007 mit ergänzungen vom 16. juni 2008, 25. juni 2008, 30. september 2008 und 10. oktober 2008 aufrechterhalte, ihn allerdings in den im folgenden aufgeführten punkten – nämlich bezüglich der einleitwerte für das rea-abwasser im regelbetrieb, bezüglich der überwachungswerte für quecksilber, kadmium, chrom, nickel, kupfer, blei und zink während einer einfahrtphase von einem jahr ab beginn des ersten kohlefeuers – ändere und ergänzend die einleitung des abwasserteilstroms verwerfkondensatabwasser beantrage (beiakte 8, bl. 1). die änderung und ergänzung wird im folgenden begründet (anlage 1). dazu legte die beigeladene zu 1. einen artenschutzrechtlichen fachbeitrag (anlage 2), eine umweltverträglichkeitsüberprüfung vom 6. august 2012 (anlage 3, beiakte 6), eine ffh-verträglichkeitsuntersuchung ebenfalls vom 6. august 2012 (anlage 4, beiakte 14), die „antragsunterlagen in der fassung vom 13. januar 2011 (öffentlichkeitsbeteiligung)“ zeitlich beginnend mit dem antragsformular vom 25. juni 2008 (anlage 5, beiakte 15) sowie unterlagen betreffend die durchführung eines ausnahmeverfahrens nach art. 6 abs. 4 der ffh-richtlinie datiert vom 23. august 2012 (anlage 6, beiakte 16) vor. 27am 20. september 2012 hob die bezirksregierung die erlaubnis vom 31. oktober 2008 auf, weil die im rahmen der vorsorglich nachgeholten öffentlichkeitsbeteiligung eingegangenen einwendungen fachliche und rechtliche fragestellungen aufgeworfen hätten, die im erlaubnisverfahren zu beantworten seien. das verfahren vor dem verwaltungsgericht wurde in der hauptsache für erledigt erklärt und eingestellt. 28unter dem 16. januar 2013 forderte die bezirksregierung nach der öffentlichkeitsbeteiligung unterlagen nach, geordnet nach den themenkomplexen immissionsschutz, wasserwirtschaft, naturschutz und fischerei (beiakte 18, bl. 6426). mit anschreiben vom 18. april 2013 nahm die beigeladene zu 1. auf dieses schreiben bezug, nahm zu den im rahmen der öffentlichkeitsbeteiligung erörterten themen immissionsschutz, wasserwirtschaft, naturschutz und fischerei stellung und legte in insgesamt 13 anlagen weitere unterlagen vor (beiakte 12, bl. 2428). 29unter dem 5. juli 2013 legte die beigeladene zu 1. weitere unterlagen vor, die er in das laufende erlaubnisverfahren einführte, nämlich eine aufgrund der hinweise und anregungen aus der öffentlichkeitsbeteiligung vorgenommene ergänzung der ffh-verträglichkeitsuntersuchung vom 18. juni 2013 betreffend mögliche kumulationswirkungen durch geplante einleitungen in die m1. , ergänzende erläuterungen vom 19. juni 2013 zur umweltverträglichkeitsuntersuchung, eine ausarbeitung vom 20. juni 2013 zum ausnahmeverfahren nach art. 6 abs. 4 der ffh-richtlinie sowie sicherheitsdatenblätter und eine ergänzende stellungnahme vom 19. juni 2013 bezüglich des kühlwasserkonditionierungsmittels ferrofos 8450 und des flockungshilfemittels ferrocryl 8720 (beiakte 9, bl. 2914 ff.) 30unter dem 22. november 2013 erteilte die bezirksregierung der beigeladenen zu 1. die im vorliegenden verfahren angegriffene erlaubnis gemäß § 8 wasserhaushaltsgesetz (whg), „während des betriebs des … steinkohlekraftwerks … anfallendes abwasser (kühlturmabflutwasser, rea-abwasser) über ein vorhandenes einleitungsbauwerk in das gewässer m1. nach maßgabe der regelungen dieses bescheides einzuleiten.“ die erlaubnis nimmt bezug auf den antrag vom 13. april 2007 mit den ergänzenden schriftsätzen vom 16. juni 2008 (ergänzungsantrag), vom 25. juni 2008 (geändertes antragsformular), vom 30. september 2008 (zweiter ergänzungsantrag), vom 10. oktober 2008 (dritter ergänzungsantrag), vom 13. oktober 2010 (ergänzung ffh-vu) und vom 13. januar 2011 (geändertes anschreiben) sowie vom 23. august 2014 (vierter ergänzungsantrag), vom 18. april 2013 (ergänzende antragsunterlagen), vom 23. mai 2013 (änderungsantrag hinsichtlich einzelner stoffströme) und vom 5. juli 2013 (ergänzende antragsunterlagen). 31zur begründung ihrer zuständigkeit beruft sich die bezirksregierung auf § 12 abs. 2 whg i.v.m. § 2 abs. 1 satz 1 i.v.m. anhang i 2. spiegelstrich und § 2 abs. 3 zuständigkeitsverordnung umweltschutz (zustvu). bei dem kraftwerk der beigeladenen zu 2. handele es sich um eine anlage, die zu den unter nr. 1.1 des anhangs der vierten bundesimmissionsschutzverordnung (4. bimschv) genannten anlagen zur erzeugung von strom durch den einsatz von brennstoffen in einer verbrennungseinrichtung gehöre. die von der beigeladenen zu 1. „betriebene abwasseranlage, über die das abwasser über das einleitungsbauwerk des m3. in die m1. eingeleitet“ werde, stehe in einem engen betriebstechnischen und organisatorischen zusammenhang und diene gewerblichen zwecken. 32am 27. dezember 2013 hat der kläger gegen die einleitungserlaubnis klage beim ovg nrw (az: 20 d 98/13.ak) erhoben. 33das ovg nrw hat die beteiligten zur beabsichtigten verweisung an die erste instanz angehört. die beteiligten haben – wie bereits im jahr 2008 – übereinstimmend ausgeführt, dass sie das oberverwaltungsgericht für zuständig halten. dabei hat der kläger mit schriftsatz vom 5. februar 2014 darauf hingewiesen, sollte das ovg nrw entscheiden, dass die wasserrechtliche erlaubnis nicht in einem zusammenhang mit dem kraftwerksbetrieb stehe, und daher für die klage nicht zuständig sein, stehe nach seiner auffassung dann infrage, ob über den erlaubnisantrag die zuständige behörde entschieden habe, denn die bezirksregierung habe sich zur begründung ihrer zuständigkeit nach § 2 abs. 3 zustvu nrw auf einen engen betriebstechnischen und organisatorischen zusammenhang zwischen kraftwerk und einleitung berufen. werde der zusammenhang zwischen kraftwerk und einleitungserlaubnis verneint, wäre der erlaubnisbescheid bereits wegen fehlender zuständigkeit der bezirksregierung rechtswidrig. (bl. 45 der gerichtsakte) 34mit beschluss vom 26. mai 2014 hat sich das ovg nrw für unzuständig erklärt und den rechtsstreit an das verwaltungsgericht gelsenkirchen verwiesen. die verweisung ist damit begründet, dass eine sachliche zuständigkeit des oberverwaltungsgerichts nicht in abweichung von der sich aus § 45 vwgo ergebenden regelmäßigen zuständigkeit der verwaltungsgerichte durch § 48 abs. 1 s. 1 nr. 3, s. 2 vwgo begründet werde. der senat halte damit an der bereits im beschluss 20 d 134/09.ak in bezug auf die – der nun angefochtenen erlaubnis im wesentlichen entsprechenden – erlaubnis vom 31. oktober 2008 vertretenen auffassung fest. 35der kläger führt zur klagebegründung im wesentlichen aus: die einleitungserlaubnis verletze vorschriften, die dem umweltschutz dienten, nämlich § 12 abs. 1 nr. 1 whg i.v.m. § 27 whg, § 57 whg und § 34 bnatschg sowie § 12 abs. 2 whg. außerdem sei die erlaubnis wegen verfahrensfehlern bei der öffentlichkeitsbeteiligung im zusammenhang mit der durchgeführten umweltverträglichkeitsprüfung gemäß art. 11 der richtlinie 2011/92/eu über die umweltverträglichkeitsprüfung und gemäß art. 25 abs. 1 der eu-industrieemissionsrichtlinie (2010/75/eu) rechtswidrig und aufzuheben. 36die bezirksregierung sei für den erlass der einleitungserlaubnis nach der zustvu nrw nicht zuständig gewesen. über § 6 abs. 3 zustvu nrw gelte nicht mehr die alte zuständigkeit, denn nach den durch das ovg nrw aufgestellten maßstäben seien die antragsunterlagen am 1. januar 2008 noch nicht vollständig gewesen. namentlich mit e-mails vom 5. mai und 16. mai 2008 sei noch zur vervollständigung der unterlagen aufgefordert worden. soweit die beigeladene zu 2. auf die inhaltliche erörterung der wasserrechtlichen fragen im erörterungstermin im september 2007 abstelle, sei nach seiner kenntnis die entsprechende erörterung gerade mit hinweis auf das separate verfahren abgeblockt worden. auch deutlich später werde in den unterlagen im rahmen der öffentlichkeitsbeteiligung noch zweimal darauf hingewiesen, dass die unterlagen nicht vollständig seien. 37der kläger beantragt: 38den bescheid der bezirksregierung vom 22. november 2013 aufzuheben. 39der beklagte, die beigeladene zu 1. und die beigeladene zu 2. beantragen: 40die klage abzuweisen. 41der beklagte trägt vor: der bescheid sei rechtmäßig. insbesondere sei sie für den erlass der angegriffenen erlaubnis nach § 12 abs. 2 whg i.v.m. § 2 abs. 1 s. 1 i.v.m. anhang i zweiter spiegelstrich sowie § 2 abs. 3 zustvu nrw zuständig gewesen. die anlagen, die die beigeladene zu 1. zur einleitung des kraftwerksabwassers in die m1. nutze, seien anlagen in und an gewässern 1. ordnung i.s.d. 6. spiegelstrichs des anhangs i. der anlagenbegriff sei der des § 36 abs. 1 s. 2 whg, von dem insbesondere leitungsanlagen umfasst seien. der anlagenbegriff, hier der begriff der leitungsanlagen, sei weit zu verstehen. mitumfasst seien künstliche, als solche wahrnehmbare einrichtungen und gebilde von gewisser dauer, die wasserwirtschaftliche bedeutung haben könnten. sinn und zweck der vorschrift sei es, gemäß dem vorsorgeprinzip gefährdungspotenzialen zu begegnen, die von anlagen ausgingen, die in besonderer räumlicher nähe zu einem gewässer lägen. die in rede stehenden leitungsanlagen seien anlagen in diesem sinne. sie lägen an einem gewässer erster ordnung, nämlich der m1. , auch wenn der verlauf des wassers unmittelbar vor eintritt in die m1. zunächst über die offene betonrinne des m3. führe. 42auch die voraussetzungen des § 2 abs. 2 und 3 zustvu nrw seien erfüllt. nach dieser vorschrift erfasse die zuständigkeit nach den absätzen 1 und 2 auch anlagen anderer betreiber, die sich auf demselben oder benachbarten grundstücken befinden und die in einem engen betriebstechnischen und organisatorischen zusammenhang betrieben werden, soweit sie gewerblichen zwecken dienen. der anlagenbegriff in § 2 abs. 2 zustvu nrw entspreche nicht dem engen anlagenbegriff nach § 2 abs. 1 zustvu nrw. bei den anlagen nach § 2 abs. 2 zustvu werde die an sich bei einer anderen behörde liegende zuständigkeit wegen des zusammenhangs mit einer anlage nach anhang i zustvu nrw auf die bezirksregierung verlagert mit der folge einer dort eintretenden bündelung der zuständigkeiten. zur abgrenzung der von der bündelung betroffenen weiteren anlagen enthalte § 2 abs. 2 zustvu eigenständige merkmale, die weder ausdrücklich noch sinngemäß auf anhang i zustvu nrw verwiesen. das mit der vorschrift bezweckte zaunprinzip solle für umweltrechtliche belange aller anlagen, die einen räumlichen und betriebstechnischen zusammenhang hätten, die zuständigkeit einer behörde begründen. das kraftwerk der beigeladenen zu 2. stelle eine anlage eines anderen betreibers dar. auch grenzten die betroffenen grundstücke direkt aneinander. das erfordernis des engen betriebstechnischen und organisatorischen zusammenhangs sei nicht ernsthaft zu bezweifeln. das kraftwerk könne ohne die wasserver- und abwasserentsorgung, mithin die wasserrechtliche erlaubnis für die beigeladene zu 1., nicht betrieben werden. ohne die einleitung des anfallenden abwassers in die m1. sei der betrieb des kraftwerks nicht gesichert. das anfallende abwasser müsste anderenfalls auf alternativen wege entsorgt werden. soweit entsprechende möglichkeiten bei dem in erheblicher menge anfallenden abwasser nicht gegeben seien, sei ein betrieb des kraftwerks nicht möglich. bei der anlage der beigeladenen zu 1. handele es sich nicht um eine allgemeine technische infrastruktur, die die beigeladene zu 2. bei gelegenheit nutze. die beigeladene zu 2. habe nicht die möglichkeit, diese nutzung ohne weiteres aufzugeben und einen anderen infrastrukturanbieter mit der abwasserbeseitigung zu beauftragen. vielmehr bestehe zwischen der abwasserentsorgung durch die beigeladene zu 1. und dem kraftwerksbetrieb ein abhängigkeitsverhältnis dergestalt, dass das kraftwerk ohne die abwasserbeseitigung durch die beigeladene zu 1. nicht betrieben werden könne, und dass die einrichtung des beigeladenen zu 1. gegenstandslos würde. die einrichtung der beigeladenen zu 1. habe allein den zweck der beseitigung des bei der beigeladenen zu 2. anfallenden abwassers. dies werde durch die zwischen den beiden geschlossenen verträge verdeutlicht. stünde die einrichtung im eigentum der beigeladenen zu 2. bestünde eine zuständigkeit der bezirksregierung nach § 2 abs. 2 zustvu nrw. aufgrund des beschriebenen zusammenhangs könne nicht allein aufgrund der eigentumsverhältnisse etwas anderes gelten. diese überlegungen würden durch die ausführungen im urteil des ovg nrw vom 8. april 2014, az. 20 a 404/12, gestützt. dort werde ausgeführt, dass es für einen engen räumlichen zusammenhang nicht darauf ankomme, ob alle weiteren anlagen desselben betreibers auf demselben oder auf aneinander grenzenden grundstücken lägen. vielmehr sei der begriff „eng“ weit zu verstehen, so dass auch zwischen einem chemielager und der dieses lager nutzenden fabrik ein zusammenhang bestehe, obwohl die anlagen nicht nebeneinander lägen. dabei stelle das ovg nrw auf das vorliegen von betrieblichen beziehungen der anlagen ab. dies sei „mit der regelung in § 2 abs. 3 zustvu nrw dergestalt vergleichbar, dass der unterschied der normen lediglich darin zu sehen sei, dass abs. 2 sich an denselben anlagenbetreiber mehrerer anlagen und abs. 3 an unterschiedliche betreiber mehrere anlagen richte.“ der vergleich der vorschriften zeige, dass die zuständigkeit als obere wasserbehörde nicht davon abhängen könne, ob die beigeladene zu 2. beide anlagen betreibe oder nur eine. 43soweit die bezirksregierung nach § 2 zustvu nrw instanziell unzuständig sein sollte, ergäbe sich deren zuständigkeit aus § 6 abs. 3 zustvu nrw. danach bleibe die ursprünglich zuständige behörde bis zum abschluss des verfahrens durch bestandskräftige entscheidung für diejenigen verfahren zuständig, in denen am tag des inkrafttretens der änderung der zuständigkeitsordnung die vom antragsteller einzureichenden unterlagen vollständig vorgelegen hätten. der antrag der beigeladenen zu 1. auf erteilung der einleitungserlaubnis datiere vom 17. april 2007. er sei am 23. juni 2007 aktualisiert und unter anderem am 22. august 2007 mit der beigeladenen zu 1. besprochen worden. am 24. august 2007 sei er als vollständig zu bezeichnen gewesen und dem dezernat 51 als träger öffentlicher belange mit der bitte um stellungnahme vorgelegt worden. ab diesem zeitpunkt sei der antrag prüfbar gewesen, lediglich entscheidungsreife sei noch nicht gegeben gewesen. es habe eine sachliche befassung stattgefunden. bei den in den verwaltungsvorgängen befindlichen aussagen zur unvollständigkeit der unterlagen sei der begriff „untechnisch“ verwendet worden. eine andere beurteilung ergebe sich nicht daraus, dass die antragsunterlagen auch im jahr 2008 noch ergänzt worden seien. der vollständigkeitsbegriff nach § 6 abs. 3 zustvu nrw sei weit auszulegen. 44selbst wenn ein verstoß gegen die instanzielle zuständigkeit bestehen sollte, könne sich der kläger darauf nicht berufen, weil ihm insoweit die klagebefugnis fehle. er sei insoweit nicht in subjektiven rechten betroffen. die regelungen der instanziellen zuständigkeit seien nicht dazu bestimmt, (auch) den interessen des klägers zu dienen. vielmehr verfolgten sie ausschließlich den zweck, verwaltungsvorgänge in sinnvoller weise dafür kompetenten behörden innerhalb der behördenhierarchie zuzuordnen. danach rechtfertige sich die übertragung der zuständigkeit für die in streit stehende erlaubnis auf die mittelinstanz wegen der komplexität des prüfumfangs in tatsächlicher und rechtlicher hinsicht sowie aufgrund der unmittelbaren zuständigkeit für die m1. als gewässer erster ordnung. dass rechte des klägers gerade deshalb verletzt sein könnten, weil die mit höherer verwaltungskraft ausgestattete mittlere fachbehörde anstelle der unteren behörde tätig geworden sei, sei nicht ersichtlich. im übrigen habe der kreis als untere wasserbehörde schriftlich mitgeteilt, dass ihm der inhalt der in rede stehenden erlaubnisse bekannt sei und er die bezirksregierung für zu deren erteilung zuständig halte. zur erteilung der erlaubnis durch die mittelbehörde habe der kreis ausdrücklich seine zustimmung erklärt. dazu hat die bezirksregierung eine erklärung des kreises vorgelegt. 45die beigeladene zu 1. trägt vor:bei anwendung des § 6 abs. 3 zustvu nrw 2007 sowie unter berücksichtigung der zu dieser vorschrift ergangenen rechtsprechung des 8. senats des ovg nrw sei die zuständigkeit nach inkrafttreten der zustvu nrw bei der bezirksregierung verblieben, weil die antragsunterlagen am maßgeblichen stichtag, dem 1. januar 2008, bereits vollständig im sinne dieser regelung gewesen seien. denn das zulassungsverfahren eines entsprechenden großprojektes beginne bereits vor der formellen antragstellung und es würden auch regelmäßig noch unterlagen bis zum ende des verfahrens nachgereicht. der damit schon zum zeitpunkt des 1. januar 2008 durch die bezirksregierung erreichte wissenstand führe nach dem vollständigkeitsbegriff des ovg nrw zur manifestation der zuständigkeit. es sei gerade keine fallgestaltung gegeben, bei der ein zulassungsverfahren ohne verzögerung von der nunmehr zuständigen behörde fortgeführt werden könne, da eine sachliche befassung im zeitpunkt der zuständigkeitsänderung gerade wegen der unzureichenden unterlagen noch nicht möglich gewesen sei. der vollständigkeitsbegriff könne nach sinn und zweck der übergangsregelungen, die dem grundsatz der verfahrenseffizienz dienten, nicht mit dem vollständigkeitsbegriff, wie er im bereich des prioritätsprinzip und der öffentlichkeitsbeteiligung gelte, gleichgesetzt werden. selbst wenn die zustvu nrw anwendung finden sollte, sei die zuständigkeit der bezirksregierung auf grundlage von § 2 abs. 3 zustvu nrw gegeben. es bestehe der erforderliche enge betriebstechnische und organisatorische zusammenhang zum kraftwerk und die anlage diene auch gewerblichen zwecken, da sie als private anlage neben den kommunalen aufgaben betrieben werde. das ovg nrw habe mit seinen verweisungsbeschlüssen auch nur darauf abgestellt, dass es sich um keine nebeneinrichtung des kraftwerks handele. den betriebstechnischen und organisatorischen zusammenhang habe es nicht in frage gestellt, sondern vielmehr anerkannt, dass das kraftwerk technisch auf die einleitung angewiesen sei. 46die beigeladene zu 2. trägt vor:die zuständigkeit der bezirksregierung zum erlass der angegriffenen einleitungserlaubnis ergebe sich aus der verordnung zur regelung von zuständigkeiten auf dem gebiet des technischen umweltrechts vom 14. juni 1994. der neuerlass der zustvu nrw zum 1. januar 2008 habe daran nichts geändert. 47bei einreichung des antrags der beigeladenen zu 1. habe die verordnung zur regelung der zuständigkeiten auf dem gebiet des technischen umweltschutzes vom 14. juni 1994 gegolten. nach deren regelungen habe die zuständigkeit für die erteilung einer erlaubnis zum einbringen und einleiten von stoffen in oberirdische gewässer von mehr als insgesamt 200 m³ in zwei stunden oder eines geringeren volumenstroms mit einem kürzeren zeitraum bei der bezirksregierung gelegen. nach § 8 abs. 2 zustvu nrw 2007 habe auf zulassungsverfahren, die zum zeitpunkt des inkrafttretens der zustvu nrw anhängig gewesen seien, die übergangsregelung des § 6 abs. 3 zustvu nrw 2007 anwendung gefunden. nach dieser regelung habe die zustvu nrw nur dann gegolten, wenn im zeitpunkt ihres inkrafttretens die bereits eingereichten unterlagen noch nicht vollständig gewesen seien. der antrag der beigeladenen zu 1. sei bereits im jahr 2007 vollständig gewesen. bereits vor einreichung der antragsunterlagen am 13. april 2007 hätten umfangreiche abstimmungen zu dem antrag auf erteilung einer wasserrechtlichen erlaubnis sowie dem verfahren zwischen den beigeladenen und deren beratern und der bezirksregierung stattgefunden. mit dem antrag vom 13. april 2007 habe die beigeladene zu 1. insgesamt 186 seiten vorgelegt, nämlich antragsformular, erläuterungsbericht, fließschemata, darstellungen der einleitbauwerke, darstellung der wasserkreisläufe des kraftwerks, anlagen- und betriebsbeschreibung, sicherheitsdatenblätter, beurteilungen der auswirkungen auf die temperaturverhältnisse in der m1. , übersichtspläne, übersichtskarte, lagepläne, längsschnitte sowie bauwerkszeichnungen. die bezirksregierung habe den antrag unmittelbar nach eingang geprüft und im juli 2007 mitgeteilt, dass einzelne ergänzungen erforderlich seien. am 24. august 2007 habe sie die antragsunterlagen den aus ihrer sicht zu beteiligenden trägern öffentlicher belange, nämlich dem dezernat 51, zur prüfung übergeben. mit stellungnahme vom 28. august 2007 habe das dezernat 51 mitgeteilt, dass fischereifachlich keine bedenken bestünden. auch im erörterungstermin zum immissionsschutzrechtlichen antrag im september 2007 seien bereits die materiellen fragen der einleitungserlaubnis komplett miterörtert worden. im november 2007 habe die beigeladene zu 1. ergänzende antragsunterlagen eingereicht, nämlich verfahrensfließbilder, einen auszug aus dem antrag auf erteilung eines vorbescheids nach § 9 bimschg für das kraftwerk, sicherheitsdatenblätter sowie eine beurteilung der abwärme in die m1. . bei der festlegung der zuständigkeiten gehe es um verfahrenseffizienz und verfahrensökonomie. in diesem sinne sei der begriff der vollständigkeit in der übergangsregelung auszulegen er dürfe nicht überstrapaziert werden. dies hätten der 8. senat des ovg nrw und das vg düsseldorf im einzelnen ausgeführt. nach dem damit anzulegenden großzügigen maßstab seien die unterlagen bereits im jahr 2007 vollständig gewesen, weil sich die bezirksregierung – und zwar auch schon vor der förmlichen antragstellung – umfassend sachlich mit dem vorhaben und den vorgelegten unterlagen befasst habe. zudem habe sie die träger öffentlicher belange beteiligt. der umstand, dass danach ergänzende unterlagen vorgelegt worden seien, ändere daran nichts. w. einem zuständigkeitswechsel auf den kreis v1. ab dem 1. januar 2008 auszugehen, wäre sachwidrig und würde der verfahrenseffizienz zuwiderlaufen. das mit dem antrag von april 2007 in gang gesetzte verwaltungsverfahren habe auch nicht durch den erlass der ersten wasserrechtlichen erlaubnis vom 31. oktober 2008 oder deren aufhebung am 20. september 2012 seinen abschluss gefunden. ausweislich der eindeutigen erklärung der beigeladenen zu 1. vom 23. august 2012 habe es sich bei den an diesem tag eingereichten antragsunterlagen ausdrücklich um eine ergänzung unter bezugnahme auf und unter ausdrücklicher aufrechterhaltung des ursprünglichen antrags gehandelt. auch in dem widerrufsschreiben stelle die bezirksregierung klar, dass über den am 13. april 2007 gestellten und später ergänzten antrag neu zu entscheiden sei. 48selbst wenn die zustvu nrw zur anwendung kommen sollte, sei danach die bezirksregierung zuständig. 49die zuständigkeit ergebe sich aus § 2 abs. 1 s. 1 zustvu nrw i.v.m. 6. spiegelstrich des anhangs i. die m1. sei ein gewässer erster ordnung im sinne dieser vorschrift und die rohrleitungen der beigeladenen zu 1. seien anlagen an diesem gewässer. der anlagenbegriff bestimme sich nach § 22 abs. 1 lwg nrw i.v.m. § 36 whg. die lage an einem gewässer setze nicht voraus, dass diese unmittelbar an das gewässer angrenze. das ende der rohrleitungen und das auffang-/beruhigungsbecken lägen lediglich rund 17,5 m von der mittelwasseruferlinie der m1. entfernt und seien – dies sei für die lage „an“ einem gewässer maßgeblich – geeignet, auf die m1. einzuwirken. die erlaubnis enthalte auch anforderungen an den betrieb der anlage. beispielsweise sehe sie in ziffer 7.1.2 vor, dass die abwasseranlagen jederzeit in einem ordnungsgemäßen und betriebsfähigen zustand zu erhalten seien. nach ziffer 8.7 obliege die unterhaltungspflicht der anlagen der beigeladenen zu 1. ferner enthalte die einleitungserlaubnis vorgaben an die menge und die schadstoffkonzentrationen und -frachten der eingeleiteten kraftwerksabwässer. 50die zuständigkeit ergebe sich außerdem aus § 2 abs. 1 s. 1 zustvu nrw i.v.m. 2. spiegelstrich des anhangs i. danach sei die obere umweltschutzbehörde zuständig für den vollzug von rechtsvorschriften, soweit es sich um anforderungen des wasserrechts gegenüber dem betreiber einer anlage im sinne des anhangs i der zustvu nrw handele. bei dem kraftwerk handele es sich um eine anlage im sinne dieser regelung und die wasserrechtliche erlaubnis stelle anforderungen an den betrieb der abwasserbehandlungsanlagen des kraftwerks. beispielsweise sehe ziffer 7.1.2 der wasserrechtlichen erlaubnis vor, dass die abwasseranlagen jederzeit in einem ordnungsgemäßen und betriebsfähigen zustand zu erhalten seien. w. dem begriff der „abwasseranlagen“ seien auch diejenigen des kraftwerks erfasst, wie beispielsweise 10.2. 2.1.1.3 der wasserrechtlichen erlaubnis zeige. die wasserrechtliche erlaubnis stelle zudem anforderungen an die betreiberin des kraftwerks. so enthalte ziffer 7.2 anforderungen an die überwachung der einleitung, ziffer 7.3 an die selbstüberwachung der abwassereinleitung, ziffer 7.4 an die ermittlung der jahresfrachten für den abwasserteilstrom aus der s. -abwasserreinigungsanlage und ziffer 7.7 an den allgemeinen betrieb. es sei unbeachtlich, dass die wasserrechtliche erlaubnis an die beigeladene zu 1. adressiert sei. die immissionsschutzrechtliche genehmigungsbehörde genehmige das kraftwerk und die gesamte kraftwerkstechnik, könne jedoch keine wasserrechtlichen anforderungen stellen. nach § 13 bimschg schließe die genehmigung zwar andere, die anlage betreffende behördliche entscheidungen ein. wasserrechtliche erlaubnisse seien hiervon jedoch ausdrücklich ausgenommen. daher sei für die einleitung der durch die beigeladene zu 1. von der kraftwerksbetreiberin übernommenen kraftwerksabwässer in die m1. eine separate wasserrechtliche erlaubnis zu erteilen gewesen. da die beigeladene zu 1. die einleitung vornehme und damit der gewässerbenutzer sei, sei die wasserrechtliche erlaubnis an ihn zu adressieren gewesen. 51schließlich ergebe sich die zuständigkeit der bezirksregierung auch aus § 2 abs. 3 zustvu nrw. bei dem kraftwerk handele es sich um eine anlage im sinne des § 2 abs. 1 zustvu nrw i.v.m. 2. spiegelstrich des anhangs i i.v.m. nr. 1.1 des anhangs 1 der 4. bimschv. die anlagen, über die die einleitung in die m1. erfolge, nämlich die rohrleitungen, das auslaufbauwerk/beruhigungsbecken und die offenen betonrinnen, würden von der beigeladenen zu 1. betrieben und seien damit anlagen eines anderen betreibers. die rohrleitungen begönnen am übergabeschacht u1. auf dem betriebsgelände des kraftwerks und auf dem grundstück gemarkung m2. , flur 1, flurstück der kraft als betreiberin. die für die einleitung genutzten abwasseranlagen würden in einem engen betriebstechnischen und organisatorischen zusammenhang mit dem kraftwerk betrieben. ohne die übernahme in die anlagen der beigeladenen zu 1. sei eine einleitung der kraftwerksabwässer in die m1. nicht möglich. die kraftwerksbetreiberin wiederum stelle sicher, dass menge und qualität des abwassers den vorgaben der wasserrechtlichen erlaubnis entsprächen. die einleitung werde somit durch ein gemeinsames vorgehen der beigeladenen zu 1. und 2. bestimmt. diesen betriebstechnischen zusammenhang habe auch das ovg nrw anerkannt. in seinem verweisungsbeschluss aus dem jahr 2014 (dort seite 2) habe es den funktionalen zusammenhang zwischen dem betrieb des kraftwerks und der einleitung der abwässer bejaht. es habe festgestellt, dass die durch die wasserrechtliche erlaubnis zu legalisierende einleitung des abwassers für den betrieb des kraftwerks notwendig sei, da ohne die einleitung die abwasserentsorgung nicht gesichert sei und damit die mit dem anfall des abwassers einhergehende stromerzeugung nicht durchgeführt und das kraftwerk nicht genutzt werden können (dort seite 4). zudem dienten die rohrleitungen, das auslaufbauwerk/beruhigungsbecken sowie die offene betonrinne allein dazu, die kraftwerksabwässer ab- und in die m1. einzuleiten. dies ergebe sich aus dem zwischen den beigeladenen geschlossenen vertrag. auch die erkennende kammer habe diesen organisatorischen und betriebstechnischen zusammenhang mit ihrer beiladung der kraftwerksbetreiberin zum verfahren am 16. juli 2014 anerkannt. in dem schreiben der kammer heiße es, dass die beiladung aus den von der beigeladenen zu 1. mit schriftsatz vom 7. juli 2014 vorgetragenen gründen für zweckmäßig erachtet werde. soweit das ovg nrw im verweisungsbeschluss aus dem jahr 2004 die tatbestandsvoraussetzungen des § 48 abs. 1 s. 2 vwgo verneint habe, ergebe sich daraus nichts für die tatbestandsvoraussetzungen des § 2 abs. 3 zustvu nrw. die voraussetzungen für die behördliche zuständigkeit nach der zustvu nrw seien mit denen der erstinstanzlichen zuständigkeit des obergerichts nach § 48 abs. 1 s. 2 vwgo nicht identisch. sie könnten auch nicht gleichgesetzt werden. nach § 48 abs. 1 s. 2 vwgo sei das obergericht für streitigkeiten zuständig über sämtliche für das vorhaben erforderlichen genehmigungen und erlaubnisse, soweit sie nebeneinrichtungen betreffen, die mit ihm in einem räumlichen und betrieblichen zusammenhang stehen. diese voraussetzungen habe das ovg nrw im verweisungsbeschluss aus dem jahr 2014, ebenso wie im verweisungsbeschluss aus dem jahr 2008, abgelehnt, weil es die tatbestandsmerkmale der erforderlichkeit und der nebeneinrichtung verneint habe. für die behördliche zuständigkeit nach § 2 abs. 3 zustvu nrw seien diese beiden tatbestandsmerkmale nicht voraussetzung. 52schließlich spreche auch der regelungszweck des § 2 zustvu nrw für die zuständigkeit der bezirksregierung. dass der regelung zu grunde liegende „zaunprinzip“ solle sicherstellen, dass die überwachung von anlagen nach anhang i zustvu nrw in der verantwortung derselben behörde bleibe und auf diese weise widersprüchliche anforderungen verhindern. vor allem gehe es um ein gleichbleibend hohes umweltschutzniveau. die ausschließlich zuständige behörde könne etwaige wechselwirkungen und kumulationen der einzelnen anlagen in die fachliche bewertung einfließen lassen. deshalb wäre es sachwidrig, die zulassung und überwachung der abwassereinleitung von der zulassung und überwachung des kraftwerksbetriebs zu trennen. 53selbst wenn die bezirksregierung nicht zuständig gewesen sein sollte, fehle dem kläger insoweit die rügebefugnis. ein verstoß gegen die regelungen über die instanzielle zuständigkeit könne nicht zur verletzung eigener rechte des von einer entscheidung betroffenen dritten führen, da die zuständigkeitsverordnung ausschließlich den zweck verfolge, verwaltungsvorgänge in sinnvoller weise dafür kompetenten behörden innerhalb der behördenhierarchie zuzuordnen. dies entspreche auch der rechtsprechung der erkennenden kammer. diese überlegungen gälten auch für den fall, dass der kläger ein anerkannter umweltverband sei. rechtsbehelfe eines umweltverbandes könnten gemäß § 2 abs. 3 umwrg nur begründet sein, soweit ein verstoß belange berühre, die zu den zielen gehörten, die die vereinigung nach ihrer satzung fördere. die regelungen der zuständigkeitsverordnung umweltschutz berührten nach dem dargelegten schutzziel weder die belange oder interessen dritter noch hätten sie einen irgendwie gearteten umweltschutzbezug. schon gar nicht werde in irgendeiner weise das schutzniveau für die umweltschutzgüter beeinträchtigt. 54jedenfalls sei der kläger mit einer rüge der unzuständigkeit der bezirksregierung nach § 5 umwrg präkludiert, weil er sie jedenfalls nicht rechtzeitig gerügt habe. 55wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 56
57die klage hat erfolg. 58sie ist zulässig. insbesondere ist der kläger klagebefugt. seine klagebefugnis ergibt sich aus § 2 abs. 1 satz 1 nr. 1 i.v.m. § 1 abs. 1 satz 1 nr. 5 des gesetzes über ergänzende vorschriften zu rechtsbehelfen in umweltangelegenheiten nach der eg-richtlinie 2003/35/eg – umwelt-rechtsbehelfsgesetz (umwrg) in der fassung der neubekanntmachung vom 23. august 2017 (bgbl. i s. 3290). 59für die beurteilung der sachurteilsvoraussetzungen sind die tatsächlichen und rechtlichen verhältnisse im zeitpunkt der mündlichen verhandlung vor dem erkennenden gericht maßgeblich. zudem sind die in der fassung der neubekanntmachung geregelten erweiterungen der klagemöglichkeiten nach der übergangsvorschrift des § 8 abs. 1 oder abs. 2 nr. 1 umwrg auch in bereits vor deren inkrafttreten anhängig gemachten verfahren zu beachten. 60vgl. bverwg, urteil vom 2. november 2017 – 7 c 25/15 –, juris rn. 17. 61nach § 2 abs. 1 satz 1 nr. 1 umwrg kann eine gemäß § 3 umwrg anerkannte inländische oder ausländische vereinigung – ohne eine verletzung in eigenen rechten geltend machen zu müssen – rechtsbehelfe nach maßgabe der verwaltungsgerichtsordnung gegen eine entscheidung nach § 1 abs. 1 satz 1 umwrg einlegen, wenn sie geltend macht, dass diese entscheidung umweltbezogene rechtsvorschriften verletzt, die für die entscheidung von bedeutung sein können. diese voraussetzungen sind erfüllt. 62dem kläger ist nach § 3 abs. 1 satz 1 umwrg die anerkennung zur einlegung von rechtsbehelfen nach diesem gesetz erteilt. er wurde im jahr 1981 (vgl. mbl. nrw vom 28. juli 1981, s. 1459) nach § 29 bnatschg in der bis zum 3. april 2002 geltenden fassung (bnatschg a. f) als umwelt- und naturschutzverein anerkannt. diese anerkennung gilt nach der überleitungsvorschrift des § 8 abs. 3 nr. 2 umwrg als anerkennung im sinne des § 3 abs. 1 satz 1 umwrg fort. 63keiner entscheidung bedarf, ob die angefochtene erlaubnis – wie der kläger meint – nach § 1 abs. 1 satz 1 nr. 2 umwrg tauglicher verbandsklagegegenstand ist, nämlich als erlaubnis nach § 8 abs. 1 whg für eine gewässerbenutzung, die mit einem vorhaben im sinne der richtlinie 2010/75/eu des europäischen parlaments und des rates vom 24. november 2010 über industrieemissionen (industrieemissionsrichtlinie, abl. l 334 vom 17. dezember 2010, s. 17) verbunden ist. 64unabhängig davon, ob hier eine solche verbindung vorliegt, besteht die klagebefugnis des klägers nunmehr jedenfalls aufgrund von § 1 abs. 1 satz 1 nr. 5 umwrg in der fassung der neubekanntmachung vom 23. august 2017. 65nach dieser bestimmung, die – wie auch nr. 4 und nr. 6 – der umsetzung von art. 9 abs. 3 des übereinkommens vom 25. juni 1998 über den zugang zu informationen, die öffentlichkeitsbeteiligung an entscheidungsverfahren und den zugang zu gerichten in umweltangelegenheiten (aarhus-konvention, bgbl. 2006 ii s. 1251) dient, ist ein rechtsbehelf auch gegen verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche verträge gegeben, durch die andere als die in den nummern 1 bis 2b genannten vorhaben unter anwendung umweltbezogener rechtsvorschriften des bundesrechts, des landesrechts oder unmittelbar geltender rechtsakte der europäischen union zugelassen werden. der begriff des vorhabens orientiert sich, so die gesetzesbegründung 66vgl. bt-drs. 18/9526 s. 36, 67an der begriffsbestimmung von § 2 abs. 2 des gesetzes über die umweltverträglichkeitsprüfung (uvpg) in der bis zum 28. juli 2017 geltenden fassung, allerdings ohne die bezugnahme auf die anlage 1 zum uvpg, die schon für die reichweite der klagebefugnis nach § 1 abs. 1 satz 1 nr. 1 buchst. a umwrg von bedeutung ist. erfasst sein kann daher die errichtung und der betrieb einer technischen anlage, der bau einer anderen anlage oder die durchführung einer sonstigen in natur und landschaft eingreifenden maßnahme sowie jeweils deren änderung bzw. erweiterung. ebenso werden besondere ausgestaltungen von fachrechtlichen zulassungsentscheidungen in form eines verwaltungsaktes, wie beispielsweise teilgenehmigungen oder vorbescheide, erfasst. maßgeblich für die abgrenzung ist jeweils allein, ob bei der zulassungsentscheidung umweltbezogene vorschriften des bundes-, des landes- oder des unionsrechts anzuwenden sind. der begriff der umweltbezogenen vorschriften wird in § 1 abs. 4 umwrg umschrieben. danach sind die elemente der definition von „umweltinformationen“ in § 2 abs. 3 des umweltinformationsgesetzes (uig) von relevanz, die eine 1:1-umsetzung nicht nur der europäischen umweltinformationsrichtlinie (2003/4/eg; abl. l 041 vom 14. februar 2003, seite 26), sondern auch der dahinter stehenden begriffsbestimmung der aarhus-konvention darstellt, 68vgl. bt-drs. 18/9526 s. 36. 69danach ist die auf § 8 whg gestützte wasserrechtliche erlaubnis tauglicher gegenstand einer verbandsklage. sie lässt die benutzung des umweltbestandteils wasser i.s.v. § 2 abs. 3 nr. 1 uig zu und die abwasserableitungen wirken sich darauf i.s.v. § 2 abs. 3 nr. 2 uig aus. 70vgl. bverwg, urteil vom 2. november 2017 – 7 c 25/15 –, juris rn. 19 f. 71der kläger macht die verletzung von vorschriften geltend, die dem umweltschutz dienen und die er damit als umweltverband zu rügen berechtigt ist. er kann sich insbesondere darauf berufen, dass die erlaubnis zur abwassereinleitung nach den dem schutz des umweltbestandteils wasser zu dienen bestimmten regelungen in § 12 abs. 1 und abs. 2 whg nicht hätte erteilt werden dürfen. 72die klage ist begründet. 73der kläger kann die aufhebung des angefochtenen bescheids nach § 2 abs. 4 satz 1 nr. 2 umwrg beanspruchen. § 2 abs. 4 satz 1 nr. 2 umwrg setzt voraus, dass eine entscheidung nach § 1 abs. 1 satz 1 nr. 2a bis 6 umwrg gegen eine umweltbezogene rechtsvorschrift verstößt, die für die entscheidung von bedeutung ist, und dass der verstoß belange berührt, die zu den zielen gehören, die der kläger nach seiner satzung fördert. diese voraussetzungen sind erfüllt. 74die der beigeladenen zu 1. erteilte einleitungserlaubnis nach § 8 whg verstößt als entscheidung im sinne des § 1 abs. 1 satz 1 nr. 5 umwrg – unabhängig von der frage ihrer rechtmäßigkeit im übrigen – jedenfalls gegen die (auch) umweltbezogene vorschrift des § 12 abs. 2 whg, die für die entscheidung von bedeutung ist. 75§ 12 whg regelt u.a. die voraussetzungen für die erteilung einer einleitungserlaubnis nach § 8 whg. nach § 12 abs. 1 whg ist die erlaubnis zu versagen, wenn schädliche, auch durch nebenbestimmungen nicht vermeidbare oder nicht ausgleichbare gewässerveränderungen zu erwarten sind (nr. 1) oder andere anforderungen nach öffentlich-rechtlichen vorschriften nicht erfüllt werden (nr. 2). nach § 12 abs. 2 whg steht die erteilung der erlaubnis im übrigen im pflichtgemäßen ermessen (bewirtschaftungsermessen) der zuständigen behörde. die der beigeladenen zu 1. erteilte erlaubnis ist schon deshalb nicht den anforderungen des § 12 abs. 2 whg entsprechend erteilt worden, weil die ermessensentscheidung (begründet auf s. 164 ff. des bescheids) nicht die zuständige behörde getroffen hat. dies hat der kläger auch rechtzeitig im sinne des § 6 satz 1 umwrg gerügt, nämlich nach klageerhebung am 27. dezember 2013 mit schriftsatz vom 5. februar 2014 und damit innerhalb der zehn-wochen-frist. 76die bezirksregierung war für die erteilung der erlaubnis nicht zuständig. 77zuständige behörde für die erteilung einer einleitungserlaubnis nach § 8 whg ist nach §§ 1, 114 abs. 3 117 abs. 1 des landeswassergesetzes (lwg nrw) i.v.m. § 1 abs. 1 und teil a, 3. fall des verzeichnisses der zuständigkeitsverordnung umweltschutz vom 11. dezember 2007 (zustvu nrw 2007), § 1 abs. 3 i.v.m. abs. 2 satz 1 nr. 3 zustvu nrw 2007 der kreis als untere umweltschutzbehörde. 78diese zuständigkeit bestimmt sich nach der am 1. januar 2008 in kraft getretenen zustvu nrw 2007. die zustvu nrw vom 3. februar 2015 betrifft das vorliegende verwaltungsverfahren nicht mehr, da dieses durch die unter dem 22. november 2013 erteilte erlaubnis abgeschlossen wurde. auch aus dem fehlen einer § 8 abs. 2 zustvu nrw 2007 entsprechenden regelung in der zustvu nrw vom 3. februar 2015 folgt, dass das vorliegende verfahren nicht dieser zuständigkeitsverordnung unterfällt. 79die kammer geht mit den beteiligten davon aus, dass die bezirksregierung im zeitpunkt des eingangs des antrags der beigeladenen zu 1. vom 13. april 2007 zuständige behörde gewesen ist, nämlich nach der verordnung zur regelung von zuständigkeiten auf dem gebiet des technischen umweltschutzes vom 14. juni 1994. mit dem antrag vom 13. april 2007 ist ein verwaltungsverfahren anhängig geworden, das im zeitpunkt des inkrafttretens der zustvu nrw 2007 noch nicht abgeschlossen war. 80nach § 8 abs. 2 zustvu nrw 2007 fand auf zulassungsverfahren, die zum zeitpunkt des inkrafttretens dieser verordnung anhängig waren, § 6 abs. 3 der verordnung anwendung. danach blieb die ursprünglich zuständige behörde bis zum abschluss des verfahrens durch bestandskräftige entscheidung für diejenigen verfahren zuständig, in denen am tage des inkrafttretens der änderung – nämlich nach § 8 abs. 1 dem 1. januar 2008 – die vom antragsteller einzureichenden unterlagen vollständig vorlagen. dies war nach der überzeugung der kammer bezüglich des antrags der beigeladenen zu 1. nicht der fall, so dass es nicht bei der nach der verordnung zur regelung von zuständigkeiten auf dem gebiet des technischen umweltschutzes begründeten zuständigkeit der bezirksregierung geblieben ist. 81dabei geht die kammer mit dem beklagten und den beigeladenen davon aus, dass die beigeladene zu 1. mit dem schreiben vom 23. august 2012 keinen nach durchführung der öffentlichkeitsbeteiligung und widerruf der erlaubnis vom 31. oktober 2008, ein neues verwaltungsverfahren einleitenden antrag gestellt, sondern (zum wiederholten male) den ursprünglichen antrag geändert und ergänzt hat. vollständig im sinne der übergangsregel sind die für die erlaubnis vom 22. november 2013 vorgelegten unterlagen frühestens mit eingang der unter dem 25. juni 2008 übersandten unterlagen gewesen. 82nach der rechtsprechung des 8. senats des ovg nrw, der sich die kammer anschließt, sind für die beantwortung der zuständigkeitsbestimmenden frage, ob die vom antragsteller einzureichenden unterlagen vollständig vorliegen, neben den – einen anhalt bietenden – vorgaben des fachrechts auch zielrichtung und zweck der übergangsregelungen der zuständigkeitsverordnung umweltschutz zu beachten. diese dienen den verfassungsrechtlich im rechtsstaatsprinzip und den grundrechten der betroffenen verankerten grundsätzen der verfahrenseffizienz, der verfahrensökonomie und der zügigkeit der verwaltung. diese grundsätze, die in § 10 verwaltungsverfahrensgesetz für das land nordrhein-westfalen (vwvfg nrw) für den bereich der verwaltungstätigkeit einfachgesetzlichen ausdruck gefunden haben, stellen auch richtlinien für die auslegung und anwendung des verwaltungsverfahrensrechts auf. 83vgl. ovg nrw, urteil vom 28. august 2008 – 8 a 2138/06 –, juris rn. 64 m.w.n. 84vor diesem hintergrund ist eine überfrachtung der prüfung, ob die eingereichten unterlagen im sinne der übergangsvorschrift vollständig sind, mit materiell-rechtlichen fragestellungen zu vermeiden. es muss auf der einen seite gewährleistet bleiben, dass ein auf der grundlage der vorgelegten unterlagen bereits erreichter materieller wissensstand weiter von der bisher zuständigen behörde in das verfahren eingebracht werden kann. auf der anderen seite kann ein zulassungsverfahren ohne verzögerung auch von der nunmehr zuständigen behörde fortgeführt werden, wenn eine sachliche befassung im zeitpunkt der zuständigkeitsänderung gerade wegen der unzureichenden unterlagen noch nicht möglich war. das bedeutet insbesondere, dass eine änderung der zuständigkeit der mit der übergangsregelung unter schutz gestellten verfahrensökonomie – ungeachtet des umstandes, ob die vorgelegten unterlagen noch der ergänzung bedürfen, – widerspräche, wenn die bisher zuständige behörde über einen antrag bereits entschieden hat, ohne die unvollständigkeit der unterlagen zu rügen. 85vgl. ovg nrw, urteil vom 28. august 2008 – 8 a 2138/06 –, juris rn. 65 f.. 86nach diesen maßstäben sind die für die unter dem 22. november 2013 erteilte erlaubnis vorgelegten unterlagen am stichtag des 1. januar 2008 nicht vollständig im sinne der vorschrift gewesen. 87ein den zuständigkeitsübergang mit blick auf den regelungszweck der verfahrensökonomie hindernder bearbeitungsstand hat frühestens mit eingang der unter dem 25. juni 2008 nachgereichten unterlagen bei der bezirksregierung vorgelegen. erst nach einreichung dieser unterlagen hat die bezirksregierung einen ersten entwurf der zu erteilenden erlaubnis gefertigt, der auf eine maßgebliche bearbeitung in materieller hinsicht schließen lässt. jedenfalls bis zur vorlage der unterlagen vom 25. juni 2008 hat die bezirksregierung noch für die entscheidung über die einleitungserlaubnis nach § 8 whg wesentliche unterlagen und angaben nachgefordert, nämlich in den besprechungen vom 22. februar und 10. april 2008 sowie per e-mail vom 5. und 16. mai 2008. zu diesen unterlagen gehörten – neben einem um die angaben des namens und der gesamtfläche des betriebs sowie die angabe des zwecks der einleitung vervollständigten antragsformular – u.a. für die beurteilung der beabsichtigten einleitung maßgeblichen sicherheitsdatenblätter zu den wasserkreisläufen des kraftwerks unter angabe der eingesetzten stoffe sowie deren einsatzorten, angaben zum chloridgehalt der im kraftwerk eingesetzten kohle sowie unterlagen zu der abwasserbehandlungsanlage. jedenfalls bis zur vorlage dieser nachgeforderten unterlagen war der bearbeiter – wie er in der e-mail an die abteilungsleiterin vom 4. september 2008 geschildert hat – bemüht, „den eingereichten antrag in einen prüffähigen zustand zu bekommen“. solange ein solcher zustand nicht eingetreten und folglich die materielle prüfung der unterlagen auf die erlaubnisfähigkeit der einleitung nicht begonnen hatte, waren die unterlagen – auch bei dem dargelegten, an sinn und zweck der übergangsregelung orientierten verständnis – nicht im dargelegten sinne der übergangsreglung vollständig. soweit in einem erörterungstermin im immissionsschutzrechtlichen verfahren bereits im september 2007 materielle fragen der wasserrechtlichen einleitungserlaubnis miterörtert wurden, können daraus keine rückschlüsse auf den zustand der antragsunterlagen oder den grad der inhaltlichen befassung im hier maßgeblichen wasserrechtlichen verfahren gezogen werden. auch eine sachentscheidung hat die bezirksregierung – anders als in der vom ovg nrw entschiedenen konstellation – nicht vor, sondern mit erteilung der im september 2012 aufgehobenen erlaubnis vom 31. oktober 2008 erst nach dem stichtag des 1. januar 2008 getroffen. 88darauf, dass die beigeladene zu 1. – wie die beigeladene zu 2. ausgeführt hat – den antrag mit anlagen bestehend aus 186 seiten bereits im april 2007 eingereicht und schon vor diesem zeitpunkt gespräche über ein zu führendes erlaubnisverfahren stattgefunden haben, kommt es nicht an. die übergangsregelung in § 6 abs. 3 zustvu nrw 2007 stellt ausdrücklich nicht auf den zeitpunkt des beginns von gesprächen oder den zeitpunkt der antragstellung, sondern auf die vollständigkeit der einzureichenden unterlagen ab. dass dies der ursprünglich zuständigen behörde – anders als eine auf das eingangsdatum des antrags abstellende regelung – die prüfung der vollständigkeit aufbürdet, die gerade in komplexen genehmigungs- oder erlaubniskonstellationen in gewissem umfang auch bereits eine berücksichtigung der materiellen rechtslage erfordern mag, weil diese, wie der 8. senat des ovg nrw ausgeführt hat, einen anhalt für die beurteilung der vollständigkeit bietet, hat der verordnungsgeber damit in kauf genommen. 89lagen demnach die von der beigeladenen zu 1. vorzulegenden unterlagen am 1. januar 2008 nicht vollständig im sinne des § 6 abs. 3 zustvu nrw 2007 vor, ist eine zuvor aufgrund der verordnung zur regelung von zuständigkeiten auf dem gebiet des technischen umweltschutzes vom 14. juni 1994 begründete zuständigkeit der bezirksregierung nicht über den stichtag hinaus erhalten geblieben. vielmehr richtete sich die zuständigkeit der bezirksregierung nach der zustvu nrw 2007, wovon sie im übrigen auch selbst ausgegangen ist. 90eine zuständigkeit der bezirksregierung nach der zustvu nrw 2007 besteht allerdings nicht. 91eine zuständigkeit der bezirksregierung ergibt sich nicht aus § 2 abs. 1 satz 1 zustvu nrw 2007. 92nach § 2 abs. 1 satz 1 zustvu nrw 2007 ist für den vollzug u.a. des whg die bezirksregierung als obere umweltschutzbehörde (vgl. § 1 abs. 2 nr. 2 zustvu nrw 2007) zuständig, soweit es sich um anforderungen an die errichtung und den betrieb von anlagen nach anhang i dieser verordnung oder um anforderungen des abfall-, bodenschutz- und wasserrechts gegenüber dem betreiber dieser anlage handelt und soweit in anhang ii nichts anderes bestimmt ist. nach § 2 abs. 3 zustvu nrw 2007 erfasst diese zuständigkeit auch anlagen anderer betreiber, die sich auf demselben oder benachbarten grundstücken befinden und die in einem engen betriebstechnischen und organisatorischen zusammenhang betrieben werden, soweit sie gewerblichen zwecken dienen. 93die angegriffene einleitungserlaubnis erfüllt nicht die voraussetzungen des § 2 abs. 1 zustvu nrw 2007. sie betrifft weder anforderungen an die errichtung und den betrieb einer anlage in diesem sinne, noch stellt sie anforderungen an den betreiber einer solchen anlage. 94sie stellt keine anforderungen an die errichtung und den betrieb einer anlage oder an den betreiber einer anlage, weil sie nicht anlagen-, sondern gewässerbezogen ist. sie bezieht sich auf das gewässer, in das unter den genannten voraussetzungen (ab-)wasser eingeleitet werden darf. sie erlaubt die benutzung dieses gewässers, im vorliegenden fall der m1. . anlagen oder einrichtungen wie kraftwerke, rohrleitungen oder einleitungsbauwerke, die den anlagenbegriff erfüllen könnten, betrifft sie nicht. 95vgl. ovg nrw, verweisungsbeschluss vom 7. mai 2010 – 20 d 134/09.ak –, seite 5 f. des beschlussabdrucks. 96sie stellt zudem auch keine anforderungen an den betreiber einer solchen anlage. sie ist an die beigeladene zu 1. gerichtet. mit wirkung für und gegen ihn trifft sie regelungen zur benutzung des gewässers m1. . eine anlage im sinne des § 2 abs. 1 zustvu nrw 2007 betreibt die beigeladene zu 1. nicht. 97die einrichtungen, die als anlagen im sinne des § 2 abs. 1 zustvu nrw 2007 zu qualifizieren sind, sind im anhang i zur zustvu nrw 2007 abschließend aufgeführt. erfasst sind anlagen, auf die die störfall-verordnung (1. spiegelstrich), die 4. bimschv (2. spiegelstrich) oder die verordnung über elektromagnetische felder (3. spiegelstrich) anwendung findet, anlagen für die öffentliche wasserversorgung (4. spiegelstrich), zur abwasserbehandlung (5. spiegelstrich) oder anlagen in und an einem gewässer erster oder zweiter ordnung und mit ihnen in verbindung stehende schifffahrtshäfen (6. spiegelstrich), ferner rückhaltebecken (7. spiegelstrich) und deponien (8. spiegelstrich). die von der beigeladenen zu 1. auf der grundlage einer vertraglichen sondervereinbarung mit der beigeladenen zu 2. für das abwasser des kraftwerks errichtete doppelrohrleitung mit auffang-/beruhigungsbecken ist keine anlage in diesem sinne. sie unterfällt keinem der genannten anlagentypen. 98die rohre behandeln das wasser nicht und sind daher keine abwasserbehandlungsanlagen im sinne des 5. spiegelstrichs. 99entgegen der auffassung des beklagten und der beigeladenen zu 2. handelt es sich auch nicht um eine anlage in oder an einem gewässer 1. ordnung. zwar ist die m1. nach § 2 abs. 1 nr. 1 lwg nrw i.v.m. a.i. der anlage 1 im hier maßgeblichen bereich ein gewässer 1. ordnung. die doppelrohrleitung und das in einem abstand von ca. 17,5 m von der mittelwasseruferlinie der m1. entfernte auffangbecken befinden sich jedoch weder in noch an der m1. , sondern sind von ihr durch das einleitungsbauwerk des m3. getrennt. 100eine zuständigkeit der bezirksregierung ergibt sich nicht aus § 2 abs. 3 zustvu nrw 2007. die der beigeladenen zu 1. erteilte einleitungserlaubnis betrifft nicht eine anlage eines anderen betreibers, die sich auf demselben oder benachbarten grundstück befindet wie eine anlage, für die eine zuständigkeit nach § 2 abs. 1 oder abs. 2 zustvu nrw 2007 besteht, mit dieser in einem engen betriebstechnischen und organisatorischen zusammenhang betrieben wird und gewerblichen zwecken dient (§ 2 abs. 3 zustvu nrw 2007). auch in dieser hinsicht fehlt es bereits am notwendigen anlagenbezug. außerdem liegt kein enger betriebstechnischer zusammenhang im sinne der vorschrift vor. 101zwar handelt es sich bei dem kraftwerk der beigeladenen zu 2. um eine anlage im sinne des § 2 abs. 1 satz 1 zustvu nrw 2007 i.v.m. dem anhang i, 2. spiegelstrich. es fällt unter die in nr. 1.1 des anhangs 1 der verordnung über genehmigungsbedürftige anlagen (vierte bundesimmissionsschutzverordnung – 4. bimschv) genannten anlagen zur erzeugung von strom, dampf, warmwasser, prozesswärme oder erhitztem abgas durch den einsatz von brennstoffen in einer verbrennungsanlage mit einer feuerungswärmeleistung von 50 mw oder mehr, denn ausweislich der betriebsbeschreibung wird es als steinkohlekraftwerk im normalbetrieb mit einer bruttowärmeleistung von bis zu 1.870 mw gefahren. 102gleichwohl vermag eine zuständigkeit der bezirksregierung in bezug auf die anforderungen an die errichtung und den betrieb des kraftwerks gemäß § 2 abs. 1 zustvu nrw keine zuständigkeit für die erteilung der an die beigeladene zu 1. ergangene einleitungserlaubnis nach § 2 abs. 3 zustvu nrw 2007 nach sich zu ziehen. 103zum einen setzt auch § 2 abs. 3 zustvu nrw 2007 nach seinem wortlaut („die zuständigkeit nach den absätzen 1 und 2 erfasst auch anlagen anderer betreiber“) ebenso wie § 2 abs. 1 zustvu nrw 2007 einen anlagenbezug voraus, der der auf das gewässer bezogenen einleitungserlaubnis fehlt. 104vgl. ovg nrw, verweisungsbeschluss vom 7. mai 2010 – 20 d 134/09.ak –, seite 5 f. des beschlussabdrucks. 105zum anderen käme als anlage der beigeladenen zu 1. als einer anderen betreiberin im sinne des § 2 abs. 3 zustvu nrw 2007 auch in diesem zusammenhang nur die doppelrohrleitung mit dem auffang-/beruhigungsbecken in betracht, die den maßgeblichen anlagenbegriff nicht erfüllt. weitere einrichtungen, die als anlage in betracht kommen könnten, unterhält die beigeladene zu 1., auf die es als adressatin der angegriffenen genehmigung ankommt, nicht. 106der doppelrohrleitung und der einleitungserlaubnis würde es außerdem an einem engen betriebstechnischen zusammenhang im sinne des § 2 abs. 3 zustvu nrw 2007 zu dem von der beigeladenen zu 1. betriebenen kraftwerk fehlen. der begriff des „engen betriebstechnischen zusammenhangs“ orientiert sich an der formulierung des § 1 abs. 2 nr. 2 4. bimschv, der das genehmigungserfordernis unter weiteren voraussetzungen auf solche nebeneinrichtungen erstreckt, die mit den nach § 1 abs. 1 4. bimschv genehmigungsbedürftigen anlagen oder anlagenteilen „in einem räumlichen und betriebstechnischen zusammenhang stehen“. 107vgl. lt-drs. 14/4973, s. 200. 108diese formulierung findet sich außerdem in § 3 abs. 3 des umwelthaftungsgesetzes (umwhg), der unter den begriff der anlage, von der umwelteinwirkungen ausgehen können, die einen schaden begründen, für den der inhaber der anlage zum ersatz verpflichtet ist, auch solche nebenanlagen fasst, die mit der (kern-)anlage „in einem räumlichen und technischen zusammenhang stehen“. rechtsprechung und literatur zu § 1 abs. 2 nr. 2 4. bimschv und § 3 abs. 3 umwhg können deshalb bei der auslegung des § 2 abs. 3 zustvu nrw 2007 als orientierungshilfe dienen, 109vgl. lt-drs. 14/4973, s. 200 in bezug auf § 1 abs. 1 der 4. bimschv. 110wobei an den betriebstechnischen zusammenhang nach § 2 abs. 3 zustvu nrw 2007 striktere anforderungen zu stellen sind als an den nach § 1 abs. 2 nr. 2 4. bimschv und § 3 abs. 3 umwhg. dies ergibt sich zum einen aus dem wortlaut der regelungen, der in § 2 abs. 3 zustvu nrw 2007 anders als in § 1 abs. 2 nr. 2 4. bimschv und § 3 abs. 3 umwhg ausdrücklich einen „engen“ zusammenhang fordert. zum anderen folgt es aus dem sinn und zweck der regelungen. während die schutzzwecke des § 1 abs. 2 nr. 2 4. bimschv und des § 3 abs. 3 umwhg, auch die technische peripherie einer potentiell umweltschädlichen oder gefahrträchtigen anlage im engeren sinne hinsichtlich ihres umweltschädlichen potentials in die genehmigungspflicht bzw. die umwelthaftung einzubeziehen, für ein großzügiges verständnis des zwischen kern- und nebenanlage erforderlichen zusammenhangs sprechen, 111vgl. herrler, in staudinger/kohler, bgb, neubearbeitung 2017, § 3 umwhg rn. 25; hansmann/röckinghausen, in: landmann/rohmer, umweltrecht, band iv, stand: august 2013, vor § 1 4. bimschv, rn. 5; ludwig, in: feldhaus, bimschg, stand: november 1997, § 1 4. bimschv rn. 34. 112legt das zuständigkeitsregime in §§ 1 ff. zustvu nrw 2007 ein enges verständnis nahe. ziel der neuordnung der zuständigkeiten für den umweltschutz in §§ 1 ff. zustvu nrw 2007 war es, das umweltrecht möglichst weitgehend zu kommunalisieren und dadurch zu vereinfachen. dieser möglichst weitgehenden kommunalisierung entsprechend regelt § 1 abs. 2 und 3 zustvu nrw 2007 die grundzuständigkeit der kreise und kreisangehörigen gemeinden als untere umweltschutzbehörden, von der in absatz 2 nur ausnahmsweise nach dem sog. zaunprinzip zugunsten der oberen umweltschutzbehörde abgewichen wird. 113vgl. lt-drs. 14/4973. 114ausgehend von der bestimmung des „betriebstechnischen zusammenhangs“ zwischen kern- und nebenanlage nach § 1 abs. 2 nr. 2 4. bimschv und des § 3 abs. 3 umwhg ist auch für den „engen betriebstechnischen zusammenhang“ nach § 2 abs. 3 zustvu nrw 2007 nicht ausreichend, dass zwischen der (haupt-)anlage nach § 2 abs. 1 satz 1 zustvu nrw 2007 und der anlage des anderen betreibers nach § 2 abs. 3 zustvu nrw 2007 ein nur irgendwie gearteter faktischer zusammenhang besteht. vielmehr ist, da unter dem betrieb einer anlage ihre verwendung entsprechend ihrer zweckbestimmung zu verstehen ist, 115vgl. ovg nrw, verweisungsbeschluss vom 7. mai 2010 – 20 d 134/09 –, seite 4 des beschlussabdrucks m.w.n., 116mindestens vorauszusetzen, dass die anlage des anderen betreibers in den funktionszusammenhang der hauptanlage einbezogen ist, etwa weil beide einem gemeinsamen technischen zweck dienen. 117vgl. bayvgh, urteil vom 25. februar 2003 – 22 a 02.40013 –, juris rn. 28 ff.; ludwig, in: feldhaus, bimschg, stand: november 1997, § 1 4. bimschv rn. 34; jeweils zu § 1 abs. 2 nr. 2 der 4. bimschv. 118daran fehlt es hier. das ovg nrw hat im beschluss vom 7. mai 2010 im verfahren 20 d 134/09.ak ausgeführt: 119„zweckbestimmung des kraftwerks ist die erzeugung von strom (nr. 1.1 spalte 1 des anhangs zur 4. bimschv). es kann dahinstehen, ob die durch das kraftwerk erfolgende einleitung des bei der stromerzeugung anfallenden abwassers in das zur m1. führende offene gerinne noch dieser zweckbestimmung zuzurechnen ist, woran zu denken sein könnte, weil die abwasserbeseitigung zur erreichung des betriebszwecks tatsächlich notwendig ist. jedenfalls nicht mehr dem betrieb des kraftwerks zurechenbar ist aber die durch die beigeladene erfolgende einleitung des abwassers in die m1. . vielmehr handelt es sich insofern lediglich um eine der öffentlichen infrastruktur zuzurechnende folgemaßnahme des betriebs des kraftwerks. das abwasser wird nicht von dem kraftwerk, sondern von der beigeladenen in ihrer eigenschaft als gemeindliches unternehmen, das zur abwasserbeseitigung verpflichtet ist, eingeleitet. diese einleitung beruht auf der unternehmerischen entscheidung der beigeladenen, die aus dem kraftwerk stammenden abwässer nicht über ihre sonstigen abwasseranlagen zu beseitigen, sondern in der vorgesehenen art der m1. zuzuführen. die einleitung kommt dem kraftwerk allein als fremdleistung eines dritten zugute, die der erfüllung eigener verpflichtungen des dritten hinsichtlich der beseitigung des abwassers dient.“ 120vgl. ovg nrw, verweisungsbeschluss vom 7. mai 2010 – 20 d 134/09 –, seite 4 des beschlussabdrucks. 121im verfahren 20 d 98/13.ak hat der senat mit beschluss vom 26. mai 2014 an dieser auffassung in bezug auf die im vorliegenden verfahren angefochtene erlaubnis ausdrücklich festgehalten, 122vgl. ovg nrw, verweisungsbeschluss vom 26. mai 2014 – 20 d 98/13.ak –, seite 2 des beschlussabdrucks, 123und ergänzend ausgeführt: 124„die beseitigung des bei der stromerzeugung entstehenden betrieblichen abwassers mittels der einleitung in die m1. ist kein teil der betrieblichen vorgänge des kraftwerks. die abwasseranlage der beigeladenen (= beigeladene zu 1. des vorliegenden verfahrens), die das kraftwerk und die m1. miteinander verbindet, und deren verwendung zur abführung des abwassers sowie dessen einleitung in die m1. bilden im verhältnis zum kraftwerk vielmehr wie andere einrichtungen und maßnahmen dritter, die der versorgung bzw. entsorgung oder der erschließung dienen, lediglich die technische infrastruktur, die dem betrieb des kraftwerks vorgelagert ist und ihn ermöglicht. daran ändert nichts, dass es sich bei der abwasseranlage der beigeladenen nicht um eine öffentliche einrichtung der abwasserbeseitigung im sinne von § 58 whg handelt, sondern um eine private anlage im sinne von § 59 whg, die von der beigeladenen allein dazu genutzt wird, das aus dem kraftwerk stammende abwasser abzuführen. unabhängig vom öffentlichen oder privaten charakter der abwasseranlage sowie der getrennthaltung des abwassers aus dem kraftwerk von abwasser sonstiger herkunft wird das abwasser von der betreiberin des kraftwerks an die beigeladene übergeben und gelangt das abwasser so im wege der indirekteinleitung in die m1. . für die sich an die übernahme des abwassers in die abwasseranlage der beigeladenen anschließenden schritte zur abwasserbeseitigung einschließlich der einleitung in die m1. ist im rechtlichen außenverhältnis die beigeladene verantwortlich. der beigeladenen ist die pflicht zur beseitigung des abwassers nach § 53 abs. 5 lwg (entspricht § 49 abs. 6 lwg nrw) übertragen worden mit der folge, dass sie mit der einleitung des abwassers in die m1. zur erfüllung dieser pflicht tätig wird. die der übernahme des abwassers in die abwasseranlage der beigeladenen zugrunde liegenden vereinbarungen zwischen der beigeladenen und der betreiberin des kraftwerks versetzen die beigeladene der sache nach in die lage, ihre abwasserbeseitigungspflicht tatsächlich zu erfüllen. die beigeladene betreibt die abwasseranlage denn auch im eigenen namen und leitet das abwasser ebenfalls im eigenen namen in die m1. ein. erst recht stellt die einleitung des abwassers aus der abwasseranlage der beigeladenen in die m1. keinen vorgang der verwendung von nebeneinrichtungen des kraftwerks dar.“ 125vgl. ovg nrw, verweisungsbeschluss vom 26. mai 2014 – 20 d 98/13.ak –, seite 3 f. des beschlussabdrucks. 126diesen ausführungen schließt sich die kammer – sowohl unter berücksichtigung des vorbringens des beklagten und der beigeladenen zu 2. zur notwendigkeit der einleitung für den kraftwerksbetrieb als auch im hinblick auf die in den ziffern 4. - 9. des beweisbeschlusses der erkennenden kammer vom 14. januar 2020 als wahr unterstellten tatsachen – an. danach fehlt es an einem betriebstechnischen zusammenhang im vorgenannten sinn. 127darüber hinaus reicht allein der hinweis darauf, dass die beigeladene zu 1. die doppelrohrleitung aufgrund vertraglicher vereinbarung als private anlage neben ihren kommunalen aufgaben betrieben habe, vor dem hintergrund, dass es sich um eine anstalt des öffentlichen recht handelt, der nach der zugrundeliegenden satzung die abwasserbeseitigungspflicht gemäß § 46 lwg nrw ivm § 56 whg übertragen wurde, nicht aus, um zu begründen, dass die anlage gewerblichen zwecken dient. 128eine zuständigkeit der bezirksregierung ergibt sich ferner nicht aus § 3 zustvu nrw 2007, wovon sie indes selbst nicht ausgeht. diese vorschrift regelt nur die zuständigkeit gegenüber kreisen und kreisfreien städten. sie ist nicht geeignet eine zuständigkeit gegenüber der kreisangehörigen stadt m. , einem ihrer betriebe oder einer ihrer anstalten zu begründen. 129der rechtsverstoß berührt gerade die umweltschutzbelange, für die sich der kläger nach seinen in der satzung (abgerufen am 13. januar 2020 unter www.bund-nrw.de) bestimmten zielen einsetzt. 130diese ziele sind nach § 1 abs. 2 der satzung „schutz und pflege von natur und naturgemäßer umwelt zur erhaltung und wiederherstellung der naturbedingten einheit von leben und umwelt. seine bemühungen gelten insbesondere den noch verbliebenen naturlandschaften und naturnahen landschaften, einer ökologischen gestaltung der kulturlandschaft und naturnaher erholungslandschaften, den natürlichen bodenformen, schutzwürdigen einzelobjekten, der einheimischen tier- und pflanzenwelt, der förderung des tierschutzes, der bodengesundheit, der reinhaltung von wasser und luft, der lärmminderung sowie gesunder lebensbedingungen, u.a. im wohn-, arbeits- und ernährungsbereich.“ damit schließen sie – insbesondere unter dem gesichtspunkt der reinhaltung von wasser – den in § 1 whg niedergelegten und bei der erteilung einer erlaubnis zur gewässerbenutzung im rahmen der ermessensausübung von der zuständigen behörde nach § 12 abs. 2 whg zu berücksichtigenden zweck des whg ein, durch eine nachhaltige gewässerbewirtschaftung die gewässer als bestandteil des naturhaushalts, als lebensgrundlage des menschen, als lebensraum für tiere und pflanzen sowie als nutzbares gut zu schützen. 131eine diesen zweck berücksichtigende ermessensentscheidung der zuständigen behörde ist nicht ergangen, weil anstelle der zuständigen unteren behörde die mittelbehörde gehandelt hat. eine ermessensentscheidung der zuständigen unteren behörde wäre erforderlich gewesen. denn die ermächtigung zur ermessensentscheidung richtet sich an die für die entscheidung zuständige behörde, die ihr ermessen selbst auszuüben hat. eine übergeordnete behörde kann das ermessen nur ausüben, soweit sie ein gesetzliches selbsteintrittsrechts hat. 132vgl. sachs, in stelkens/bonk/sachs, vwvfg, 9. auflage 2018, § 40 rn. 51. 133ein solches hat vorliegend nicht bestanden. 134der kläger kann den rechtsverstoß auch geltend machen. 135die rügefähigkeit scheitert nicht daran, dass die regelungen der instanziellen zuständigkeit – für sich genommen – kein subjektives recht auf ein handeln der im instanzenzug zuständigen behörde begründen. dies gilt unabhängig davon, ob die altruistische klage eines anerkannten naturschutzverbands überhaupt auf die geltendmachung subjektiver rechte im sinne der schutznormtheorie beschränkt ist. 136soweit die kammer im beschluss zur gewährung vorläufigen rechtsschutzes im verfahren 9 l 349/14 vom 4. april 2014 unter berufung auf eine entscheidung des baden-württembergischen verwaltungsgerichtshofs, 137vgl. vgh baden-württemberg, urteil vom 21. oktober 1991 - 5 s 3088/88 - juris rn 28 f. = nvwz-rr 1992, 304, 138ausgeführt hat, dass ein verstoß gegen die regelungen der instanziellen zuständigkeit unbeachtlich sei, weil diese allein dem öffentlichen interesse, nicht auch dem des klagenden bürgers zu dienen bestimmt seien, hat der 20. senat des ovg nrw diese auffassung im beschwerdeverfahren 20 b 422/14 nicht bestätigt. nachdem der 8. senat des ovg nrw bei einem erörterungstermin in den immissionsschutzrechtlichen verfahren 8 a 1352/13 und 8 a 1353/13 die aufhebung der dort angefochtenen bescheide auch aufgrund der unzuständigkeit der mittelbehörde für deren erlass angeregt hat, 139vgl. ovg nrw in dem im berufungsverfahren am 27. januar 2016 durchgeführten erörterungstermin – 8 a 1352/13 und 8 a 1353/13 –, seite 3 des protokolls (nicht veröffentlicht), 140hat die bezirksregierung b. nicht nur die immissionsschutzrechtlichen bescheide, sondern auch den in dem zum eilverfahren 9 l 349/14 gehörigen hauptsacheverfahren 9 k 1336/14 angefochtenen bescheid sowie die in den parallelverfahren 9 k 2748/14, 9 k 2822/14, 9 k 5132/14, 9 k 5277/14, 9 k 5295/14 und 9 k 4244/15 angefochtenen bescheide aufgehoben. die erkennende kammer hat an der im beschluss 9 l 349/14 zur instanziellen zuständigkeit vertretenen auffassung seitdem nicht mehr festgehalten. 141vgl. etwa vg gelsenkirchen, urteil vom 25. september 2018 – 9 k 5544/14 –, juris, rn. 221 ff., insbes. 251. 142vielmehr geht sie für ermessensentscheidungen mit sachs, 143vgl. sachs, in stelkens/bonk/sachs, vwvfg, 9. auflage 2018, § 40 rn. 51, 144davon aus, dass sich die ermächtigung zur ermessensentscheidung allein an die für die entscheidung zuständige behörde richtet, die ihr ermessen selbst auszuüben hat, sodass ein subjektives recht auf ermessensfehlerfrei entscheidung auch umfasst, dass diese entscheidung von der zuständigen behörde getroffen wird. dies hat im übrigen auch im wortlaut des § 12 abs. 2 whg niederschlag gefunden, der die entscheidung über die erteilung der erlaubnis oder bewilligung – sofern kein versagungsgrund nach § 12 abs. 1 whg besteht – ausdrücklich in das pflichtgemäße ermessen (bewirtschaftungsermessen) der zuständigen behörde stellt. 145dabei kann schließlich auch nicht angenommen werden, der fehler sei deswegen unbeachtlich und die umweltschutzbelange, für die sich der kläger satzungsgemäß einsetzt, seien nicht berührt, weil ausgeschlossen werden könne, dass die zuständige behörde eine andere entscheidung treffen würde. anhaltspunkte für eine ermessensreduzierung auf null bestehen nicht. davon ist auch die bezirksregierung im angegriffenen bescheid nicht ausgegangen. dass der zuständige kreis nachträglich auf nachfrage der bezirksregierung mitgeteilt hat, mit der von dieser an den beigeladenen zu 2. erteilten erlaubnis einverstanden zu sein, ändert daran nichts. 146die kostenentscheidung folgt aus §§ 154 abs. 1, und 3, § 159 satz 1 ivm § 100 zpo, § 162 abs. 3 vwgo. 147da die beigeladenen anträge in der sache gestellt haben, können ihnen gemäß § 154 abs. 3 kosten auferlegt werden. ob und in welchem umfang das gericht dem beigeladenen kosten auferlegt, steht dabei nicht in seinem ermessen. ob der beigeladene kosten zu tragen hat, wenn er – wie hier – einen antrag gestellt hat, richtet sich vielmehr nach § 154 abs. 1 vwgo oder nach den vorschriften, die sonst für die kostenverteilung in betracht kommen. 148vgl. neumann, in: sodan/ziekow, vwgo § 154 rn. 66. 149vorliegend waren § 154 abs. 1 und § 159 satz 1 vwgo i.v.m. § 100 zpo heranzuziehen und die kosten nach kopfteilen zu verteilen, da die beigeladenen zusammen mit dem beklagten als hauptbeteiligten, den sie mit ihrem antrag unterstützt haben, unterlegen sind. insofern bilden sie zusammen den kostenpflichtigen teil. 150vgl. neumann, in: sodan/ziekow, vwgo § 159 rn. 13. 151es entspricht nicht der billigkeit i.s.d. § 162 abs. 3 vwgo, die außergerichtlichen kosten der beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da die beigeladenen zwar einen antrag gestellt haben, mit diesem aber unterlegen sind. 152vgl. neumann, in: sodan/ziekow, vwgo, § 162 rn. 131. 153die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit § 709 zivilprozessordnung (zpo). 154rechtsmittelbelehrung: 155gegen dieses urteil steht den beteiligten die berufung an das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. die berufung ist nur zuzulassen, wenn 1561. ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 1572. die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 1583. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 1594. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 1605. ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 161die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils schriftlich oder als elektronisches dokument, letzteres nach maßgabe des § 55a der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv), bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, zu beantragen. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, schriftlich oder als elektronisches dokument, letzteres nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv, einzureichen. 162im berufungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für den antrag auf zulassung der berufung. der kreis der als prozessbevollmächtigte zugelassenen personen und organisationen bestimmt sich nach § 67 abs. 4 vwgo. 163b e s c h l u s s: 164der streitwert wird auf 15.000,00 € festgesetzt. 165g r ü n d e: 166die entscheidung über den streitwert beruht auf § 52 abs. 1 gkg und orientiert sich an ziffer 1.2 des streitwertkatalogs 2013 der verwaltungsgerichtsbarkeit, 167abrufbar unter: https://www.bverwg.de/medien/pdf/streitwertkatalog.pdf. 168danach bemisst sich der streitwert einer verbandsklage nach den auswirkungen der begehrten entscheidung auf die vertretenen interessen und ist in der regel mit 15.000,00 bis 30.000,00 € anzusetzen. im anwendungsbereich des umwelt-rechtsbehelfsgesetzes hält die kammer für klagen von umweltschutzverbänden eine streitwertfestsetzung am unteren rand des bei verbandsklagen üblichen, die den nach ziffer 2.2.2 des streitwertkatalogs 2013 der verwaltungsgerichtsbarkeit für privatkläger, die als drittbetroffene sonstige beeinträchtigungen geltend machen, maßgeblichen streitwert von 15.000,00 € nicht übersteigt, für gemeinschaftsrechtlich geboten. 169der kläger stützt sein klagerecht als nach § 3 umwrg anerkannte umweltvereinigung auf das umwelt-rechtsbehelfsgesetz. dieses gesetz dient der umsetzung der richtlinie 2003/35/eg des europäischen parlaments und des rates vom 26. mai 2003 über die beteiligung der öffentlichkeit bei der ausarbeitung bestimmter umweltbezogener pläne und programme und zur änderung der richtlinien 85/337/ewg und 96/61/eg des rates in bezug auf die öffentlichkeitsbeteiligung und den zugang zu gerichten (abl. l 156 vom 25. juni 2003, s. 17). durch art. 3 dieser richtlinie wurde die eg-richtlinie 85/337/ewg des rates vom 27. juni 1985 über die umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten projekten (abl. l 175 vom 5. juli 1985, s. 40) – uvp-rl – geändert und ergänzt. nach dem neu eingefügten art. 10a uvp-rl stellen die mitgliedstaaten im rahmen ihrer innerstaatlichen rechtsvorschriften sicher, dass mitglieder der betroffenen öffentlichkeit – wozu nach art. 1 abs. 2 uvp-rl auch nichtregierungsorganisationen gehören, die sich für den umweltschutz einsetzen – zugang zu einem überprüfungsverfahren vor einem gericht oder einer anderen auf gesetzlicher grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche rechtmäßigkeit von entscheidungen, handlungen oder unterlassungen anzufechten, für die die bestimmungen dieser richtlinie über die öffentlichkeitsbeteiligung gelten. die verfahren werden nach art. 10a uvp-rl „fair, gerecht, zügig und nicht übermäßig teuer durchgeführt". erfasst werden durch diese bestimmung nur die durch die beteiligung an solchen verfahren verursachten kosten. die vorgabe untersagt nicht, dass die gerichte eine verurteilung zur tragung der kosten aussprechen können, sofern deren betrag diesem erfordernis entspricht. 170vgl. eugh, urteil vom 16. juli 2009 - c-427/07 -, juris rn. 92 ff. i.v.m. rn. 55. 171da die belastung mit verfahrenskosten von der streitwerthöhe abhängt (§ 3 abs. 1 gkg), ist die streitwertwertfestsetzung einem klagebefugten verein danach gemeinschaftsrechtlich nur dann zumutbar, wenn und soweit diese nicht übermäßig hoch ist. dies ist nach auffassung der kammer in übereinstimmung mit der rechtsprechung des 8. senats des ovg nrw regelmäßig dann der fall, wenn sich die streitwertfestsetzung an derjenigen, die für privatkläger üblich ist, orientiert. 172vgl. ovg nrw, beschluss vom 5. november 2009 – 8 b 1342/09.ak –, juris rn. 31 ff. 173hiervon ausgehend ist das interesse des klägers an der begehrten aufhebung der einleitungserlaubnis mit 15.000,00 € anzusetzen. 174rechtsmittelbelehrung: 175gegen diesen beschluss findet innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, beschwerde statt, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200 euro übersteigt. 176die beschwerde ist schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle oder als elektronisches dokument, letzteres nach maßgabe des § 55a der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv), beim verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen einzulegen. über sie entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, falls das beschließende gericht ihr nicht abhilft.
Klaeger*in
1
172,083
9 K 1021/14
2014-08-12T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse B. 3Am 18. November 2013 um 17:50 Uhr wurde er von einer Polizeistreife in H. im Rahmen einer Verkehrskontrolle angehalten. Den eingesetzten Polizeibeamten fielen dabei die glasig-wässrigen Augen, die geröteten Bindehäute, die vergrößerten Pupillen sowie leichter Alkoholgeruch des Klägers auf. Nach erfolgter Belehrung ergaben zwei Drogenvortests (Speichel- und Urintest) ein Vorhandensein von THC, Amphetamin- und Metaamphetaminsubstanzen. Nach erfolgter Einwilligung wurde dem Kläger eine Blutprobe abgenommen. Diese wurde durch das Labor L. in C. T. forensisch untersucht. Das unter dem 29. November 2013 erstattete Gutachten ergab eine Amphetamin-Konzentration 75 ng/ml Blutserum. Weiterhin wurden folgende Werte festgestellt: Metaamphetamin < 5,0 ng/ml, MDMA (Methylendioxymetaamphetamtin) 27 ng/ml, MDA 6,7 ng/ml und MDE < 5,0 ng/ml. 4Die Beklagte hörte den Kläger am 13. Dezember 2013 zu beabsichtigten Entziehung seiner Fahrerlaubnis an, worauf dieser durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten mitteilte, er habe wissentlich keine Betäubungsmittel konsumiert. 5Mit Ordnungsverfügung vom 18. Februar 2014 entzog die Beklagte dem Kläger seine Fahrerlaubnis und forderte ihn auf, seinen Führerschein bis zum 6. März 2014 abzuliefern. Für den Bescheid wurde eine Verwaltungsgebühr i.H.v. 153 Euro zuzüglich Zustellungskosten i.H.v. 3,48 € erhoben. Zur Begründung führte die Beklagte aus, ausweislich des vorliegenden rechtsmedizinischen Gutachtens habe der Kläger Amphetamin konsumiert. Die Ordnungsverfügung wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 21. Februar 2014 zugestellt. 6Am 1. April 2014 wurde der Kläger erneut von einer Polizeistreife angehalten. Nach positivem Drogenvortest bezüglich Amphetamin-Substanzen gab er an, gelegentlich und in unregelmäßigen Abständen Amphetamin zu konsumieren. Am 29. März 2014 habe er eine kleine Linie Amphetamin nasal eingenommen. Nach erfolgter Einwilligung wurde dem Kläger eine Blutprobe abgenommen. Diese wurde durch das Labor L. in C. T. forensisch untersucht. Das unter dem 15. April 2014 erstattete Gutachten ergab eine Amphetamin-Konzentration 130 ng/ml Blutserum. Weiterhin wurden folgende Werte festgestellt: Metaamphetamin < 5,0 ng/ml, MDMA < 5,0 ng/ml, MDA < 5,0 ng/ml und MDE < 5,0 ng/ml. 7Gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis hat der Kläger am 27. Februar 2014 die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung führt er an: Es liege kein bewusster Drogenkonsum vor. Wohl am Freitag, den 15. November 2013, habe er in der Diskothek „T1. “ auf Drängen seines namentlich benannten Freundes zweimal an dessen Joint gezogen. Im Übrigen sei er als Paketauslieferungsfahrer beschäftigt, so dass er zur Ausübung seines Berufes zwingend auf die Fahrerlaubnis angewiesen sei. Jedenfalls erweise sich die Entziehung der Fahrerlaubnis bei einmaligem Drogenkonsum als unverhältnismäßig. 8Der Kläger beantragt, 9die Verfügung der Beklagten vom 18. Februar 2014 – Az. 34 13 13/Ag. – aufzuheben. 10Die Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Sie wiederholt und vertieft zur Begründung ihrer Rechtsauffassung ihre Ausführungen aus der Ordnungsverfügung und verweist insbesondere auf die erneute Auffälligkeit des Klägers am 1. April 2014. 13Die Kammer hat das Verfahren mit Beschluss vom 13. März 2014 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. 14Entscheidungsgründe: 15Der Einzelrichter ist zuständig, nachdem ihm der Rechtsstreit mit Beschluss der Kammer übertragen worden ist, § 6 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 16Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 17Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c) Straßenverkehrsgesetz (StVG) und § 46 Abs. 1 FeV. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG ist die Fahrerlaubnisbehörde verpflichtet, eine Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn der Inhaber sich als zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet erweist. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV wiederholt den Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und konkretisiert in Satz 2, dass dies insbesondere gilt, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen. 18Dies ist beim Kläger der Fall. Seine Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Ordnungsverfügung ausgeschlossen, weil durch das Gutachten des Labors L. vom 23. April 2014 nachgewiesen ist, dass er Amphetamin, welches in der Anlage 3 zu § 1 Abs. 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) aufgeführt ist, konsumiert hat. 19Bei dem Konsum von anderen Drogen als Cannabis ist dabei unerheblich, ob es sich um einen einmaligen, gelegentlichen oder regelmäßigen Konsum handelt. Nummer 9.1 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13, 14 FeV stellt für den Regelfall weder auf die Häufigkeit der Einnahme noch auf ihren Bezug zum Führen eines Kraftfahrzeuges ab. Es wird weder der missbräuchliche Konsum, eine Abhängigkeit noch eine gelegentliche oder häufige Einnahme vorausgesetzt, sondern lediglich die „Einnahme“ selbst. Deshalb ist im Regelfall von einer Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen auch dann auszugehen, wenn es sich lediglich um einen einmaligen Vorfall gehandelt hat und zwar unabhängig davon, ob unter dem Einfluss der Betäubungsmittel ein Kraftfahrzeug geführt wurde. 20Ständige Rechtsprechung des OVG Nordrhein-Westfalen, vgl. etwa die Beschlüsse vom 2. April 2012 – 16 B 356/12 –, juris Rn 2, vom 6. März 2007 – 16 B 332/07 –, juris, m.w.N.; so auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. April 2012 – 3 M 47/12 –, juris Rn 6; BayVGH, Beschluss vom 14. Februar 2012 – 11 CS 12.28 –, juris Rn 9; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Mai 2002, – 10 S 835/02 –, juris Rn 6; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 2. September 2009 – 1 M 114/09 –, juris Rn 11; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 25. Juli 2008 – 10 B 10646/08 –, juris Rn 4; anders verhält es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschlüsse vom 20. Juni 2002 – 1 BvR 2062/96 –, juris Rn 44 ff., und vom 8. Juli 2002 – 1 BvR 2428/95 –, juris Rn 7) nur hinsichtlich der Frage des Zusammenhangs von gelegentlichem Cannabis-Konsum und Kraftfahrereignung. 21Ausgehend davon beruft sich der Kläger ohne Erfolg auf einen unbewussten Amphetaminkonsum. Zwar kann eine im Regelfall eignungsausschließende Einnahme von Betäubungsmitteln nur bei einem willentlichen Konsum angenommen werden. Hierfür spricht zunächst der Wortlaut der Nr. 9.1 der Anlage 4 ("Einnahme"), der auf eine bewusste Aufnahme hindeutet. Darüber hinaus fehlt es bei einer unwissentlichen Aufnahme von Betäubungsmitteln an einer beachtlichen Wiederholungswahrscheinlichkeit, die ihrerseits Grundlage für die regelmäßige Annahme der Kraftfahrungeeignetheit von Konsumenten sog. harter Drogen ist. 22Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. Februar 2008 – 16 B 2113/07 –, juris, vom 22. März 2012 – 16 B 231/12 –, juris Rn 4, und vom 29. Oktober 2012 – 16 B 1106/12 –, Blutalkohol 49 (2012), 341 = juris Rn 2. 23Allerdings geht nach allgemeiner Lebenserfahrung einem positiven Drogennachweis typischerweise ein entsprechender Willensakt voraus. Der von dem Kläger behauptete Fall einer versehentlichen bzw. missbräuchlich durch Dritte herbeigeführten Rauschmittelvergiftung stellt sich dagegen als ein Ausnahmetatbestand dar, zu dem nur der jeweils Betroffene als der am Geschehen Beteiligte Klärendes beisteuern kann und der daher von diesem jedenfalls glaubhaft und widerspruchsfrei dargetan werden muss. Erst nach einer solchen Schilderung kann sich die Frage ergeben, zu wessen Nachteil eine gleichwohl verbleibende Ungewissheit über den genauen Hergang der Ereignisse ausschlägt. 24Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22. März 2012 – 16 B 231/12 –, juris Rn 6, vom 29. Oktober 2012 – 16 B 1106/12 –, Blutalkohol 49 (2012), 341 = juris Rn 4, und vom 6. März 2013 – 16 B 1378/12 –, juris Rn 4; vgl. weiterhin OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28. Februar 2007 – 1 M 219/06 –, juris Rn 3. 25Welche Anforderungen an die Darlegung einer unbewussten Drogenaufnahme zu stellen sind, kann nur unter konkreter Berücksichtigung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. In aller Regel sind hierzu Angaben dazu erforderlich, wer aus welchem Grund und auf welche Weise die Drogen dem Betroffenen verabreicht haben soll. Allein eine unsubstantiierte Vermutung, die Drogen könnten von einem unbekannten Dritten versehentlich oder missbräuchlich verabreicht worden sein, kann hierzu nicht ausreichend sein. 26Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Februar 2008 – 16 B 2113/07 –, juris, unter Bezugnahme auf BayVGH, Beschluss vom 31. Mai 2007 – 11 C 06.2695 –, juris Rn 20. 27Gemessen hieran trägt das Vorbringen des Klägers die Annahme, er habe das nach dem toxikologischen Gutachten in seinem Blutserum festgestellten Amphetamin unwissentlich eingenommen, nicht. Zwar hat der Kläger denjenigen, der ihm das Amphetamin bei dem offensichtlich bewussten Konsum einer anderen Droge (THC) „untergemischt“ haben soll, namentlich benannt. Sonstige Umstände oder Motive hierfür hat er aber nicht dargetan. Vielmehr hat der Kläger jedenfalls im Nachgang der Ordnungsverfügung ein weiteres Mal Amphetamin eingenommen, wie durch das weitere Gutachten des Labors L. vom 15. April 2014 feststeht. Insoweit hat er gegenüber der Polizei auch zugegeben, dass es sich um einen bewussten Konsum gehandelt habe. Dabei hat er sogar ausgeführt, dass er gelegentlich Amphetamin konsumiere. Jedenfalls vor diesem Hintergrund sieht das Gericht in den Angaben zu einem angeblichen unbewussten Konsum im November 2013 eine reine Schutzbehauptung. 28Zwar gilt die in der Anlage 4 zur FeV vorgenommene Bewertung (nur) für den Regelfall (vgl. Nr. 3 Satz 1 der Vorbemerkung zu Anlage 4). Ein Ausnahmefall, der ein Abweichen von dieser Regel rechtfertigen könnte, liegt hier jedoch nicht vor. Es obliegt im Einzelfall nämlich dem Rechtsschutzsuchenden, solche Tatsachen geltend zu machen. 29Vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 30. Juni 2003 – 1 B206/03 –, juris Rn 7; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Mai 2002 – 10 S 835/02 –, juris Rn 6. 30Dies ist hier nicht erfolgt. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich. 31Für eine Wiedererlangung der Fahreignung im für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung ist nichts ersichtlich. Ein Ermessen stand der Antragsgegnerin gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG nicht zu, so dass entsprechende Erwägungen zu Recht unterblieben sind. Mithin hat die Antragsgegnerin etwaige Folgen der Entziehung der Fahrerlaubnis für das Arbeitsverhältnis des Antragstellers zu Recht nicht berücksichtigt. 32Die in dem Bescheid enthaltene deklaratorische Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG) begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Gleiches gilt für die Androhung eines Zwangsgeldes i.H.v. 250,- Euro für den Fall der Nichtabgabe des Führerscheins innerhalb der festgesetzten Frist. Die Androhung findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 63 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW (VwVG NRW). Das angedrohte Zwangsgeld ist in Anbetracht der verlangten Handlung und der Gefährdung des Straßenverkehrs nicht unverhältnismäßig. 33Auch die Gebührenfestsetzung ist rechtmäßig. Sie findet ihre Grundlage in § 6a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StVG i.V.m. §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt). Die Verwaltungsgebühr in Höhe von 150,- Euro hält sich auch in dem von § 1 Abs. 1 GebOSt i.V.m. Nr. 206 der Anlage zu § 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (Anlage GebOSt) gesetzten Rahmen von 33,20 € bis 256,00 €. Die Zustellkosten sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt vom Kläger zu tragen. 34Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 35Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO).
die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt der kläger. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110% des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der am 00.00.0000 geborene kläger ist inhaber einer fahrerlaubnis der klasse b. 3am 18. november 2013 um 17:50 uhr wurde er von einer polizeistreife in h. im rahmen einer verkehrskontrolle angehalten. den eingesetzten polizeibeamten fielen dabei die glasig-wässrigen augen, die geröteten bindehäute, die vergrößerten pupillen sowie leichter alkoholgeruch des klägers auf. nach erfolgter belehrung ergaben zwei drogenvortests (speichel- und urintest) ein vorhandensein von thc, amphetamin- und metaamphetaminsubstanzen. nach erfolgter einwilligung wurde dem kläger eine blutprobe abgenommen. diese wurde durch das labor l. in c. t. forensisch untersucht. das unter dem 29. november 2013 erstattete gutachten ergab eine amphetamin-konzentration 75 ng/ml blutserum. weiterhin wurden folgende werte festgestellt: metaamphetamin < 5,0 ng/ml, mdma (methylendioxymetaamphetamtin) 27 ng/ml, mda 6,7 ng/ml und mde < 5,0 ng/ml. 4die beklagte hörte den kläger am 13. dezember 2013 zu beabsichtigten entziehung seiner fahrerlaubnis an, worauf dieser durch seinen jetzigen prozessbevollmächtigten mitteilte, er habe wissentlich keine betäubungsmittel konsumiert. 5mit ordnungsverfügung vom 18. februar 2014 entzog die beklagte dem kläger seine fahrerlaubnis und forderte ihn auf, seinen führerschein bis zum 6. märz 2014 abzuliefern. für den bescheid wurde eine verwaltungsgebühr i.h.v. 153 euro zuzüglich zustellungskosten i.h.v. 3,48 € erhoben. zur begründung führte die beklagte aus, ausweislich des vorliegenden rechtsmedizinischen gutachtens habe der kläger amphetamin konsumiert. die ordnungsverfügung wurde dem prozessbevollmächtigten des klägers am 21. februar 2014 zugestellt. 6am 1. april 2014 wurde der kläger erneut von einer polizeistreife angehalten. nach positivem drogenvortest bezüglich amphetamin-substanzen gab er an, gelegentlich und in unregelmäßigen abständen amphetamin zu konsumieren. am 29. märz 2014 habe er eine kleine linie amphetamin nasal eingenommen. nach erfolgter einwilligung wurde dem kläger eine blutprobe abgenommen. diese wurde durch das labor l. in c. t. forensisch untersucht. das unter dem 15. april 2014 erstattete gutachten ergab eine amphetamin-konzentration 130 ng/ml blutserum. weiterhin wurden folgende werte festgestellt: metaamphetamin < 5,0 ng/ml, mdma < 5,0 ng/ml, mda < 5,0 ng/ml und mde < 5,0 ng/ml. 7gegen die entziehung der fahrerlaubnis hat der kläger am 27. februar 2014 die vorliegende klage erhoben. zur begründung führt er an: es liege kein bewusster drogenkonsum vor. wohl am freitag, den 15. november 2013, habe er in der diskothek „t1. “ auf drängen seines namentlich benannten freundes zweimal an dessen joint gezogen. im übrigen sei er als paketauslieferungsfahrer beschäftigt, so dass er zur ausübung seines berufes zwingend auf die fahrerlaubnis angewiesen sei. jedenfalls erweise sich die entziehung der fahrerlaubnis bei einmaligem drogenkonsum als unverhältnismäßig. 8der kläger beantragt, 9die verfügung der beklagten vom 18. februar 2014 – az. 34 13 13/ag. – aufzuheben. 10die beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12sie wiederholt und vertieft zur begründung ihrer rechtsauffassung ihre ausführungen aus der ordnungsverfügung und verweist insbesondere auf die erneute auffälligkeit des klägers am 1. april 2014. 13die kammer hat das verfahren mit beschluss vom 13. märz 2014 dem berichterstatter als einzelrichter zur entscheidung übertragen. 14
15der einzelrichter ist zuständig, nachdem ihm der rechtsstreit mit beschluss der kammer übertragen worden ist, § 6 abs. 1 satz 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 16die zulässige klage ist unbegründet. der bescheid der beklagten vom 18. februar 2014 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 17rechtsgrundlage für die entziehung der fahrerlaubnis ist § 3 abs. 1 satz 1 i.v.m. § 6 abs. 1 nr. 1 buchst. c) straßenverkehrsgesetz (stvg) und § 46 abs. 1 fev. nach § 3 abs. 1 satz 1 stvg ist die fahrerlaubnisbehörde verpflichtet, eine fahrerlaubnis zu entziehen, wenn der inhaber sich als zum führen von kraftfahrzeugen ungeeignet erweist. § 46 abs. 1 satz 1 fev wiederholt den wortlaut des § 3 abs. 1 satz 1 stvg und konkretisiert in satz 2, dass dies insbesondere gilt, wenn erkrankungen oder mängel nach den anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen. 18dies ist beim kläger der fall. seine eignung zum führen eines kraftfahrzeuges ist nach der maßgeblichen sach- und rechtslage im zeitpunkt der bekanntgabe der ordnungsverfügung ausgeschlossen, weil durch das gutachten des labors l. vom 23. april 2014 nachgewiesen ist, dass er amphetamin, welches in der anlage 3 zu § 1 abs. 1 betäubungsmittelgesetz (btmg) aufgeführt ist, konsumiert hat. 19bei dem konsum von anderen drogen als cannabis ist dabei unerheblich, ob es sich um einen einmaligen, gelegentlichen oder regelmäßigen konsum handelt. nummer 9.1 der anlage 4 zu den §§ 11, 13, 14 fev stellt für den regelfall weder auf die häufigkeit der einnahme noch auf ihren bezug zum führen eines kraftfahrzeuges ab. es wird weder der missbräuchliche konsum, eine abhängigkeit noch eine gelegentliche oder häufige einnahme vorausgesetzt, sondern lediglich die „einnahme“ selbst. deshalb ist im regelfall von einer ungeeignetheit zum führen von kraftfahrzeugen auch dann auszugehen, wenn es sich lediglich um einen einmaligen vorfall gehandelt hat und zwar unabhängig davon, ob unter dem einfluss der betäubungsmittel ein kraftfahrzeug geführt wurde. 20ständige rechtsprechung des ovg nordrhein-westfalen, vgl. etwa die beschlüsse vom 2. april 2012 – 16 b 356/12 –, juris rn 2, vom 6. märz 2007 – 16 b 332/07 –, juris, m.w.n.; so auch ovg sachsen-anhalt, beschluss vom 13. april 2012 – 3 m 47/12 –, juris rn 6; bayvgh, beschluss vom 14. februar 2012 – 11 cs 12.28 –, juris rn 9; vgh baden-württemberg, beschluss vom 24. mai 2002, – 10 s 835/02 –, juris rn 6; ovg mecklenburg-vorpommern, beschluss vom 2. september 2009 – 1 m 114/09 –, juris rn 11; ovg rheinland-pfalz, beschluss vom 25. juli 2008 – 10 b 10646/08 –, juris rn 4; anders verhält es sich nach der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts (beschlüsse vom 20. juni 2002 – 1 bvr 2062/96 –, juris rn 44 ff., und vom 8. juli 2002 – 1 bvr 2428/95 –, juris rn 7) nur hinsichtlich der frage des zusammenhangs von gelegentlichem cannabis-konsum und kraftfahrereignung. 21ausgehend davon beruft sich der kläger ohne erfolg auf einen unbewussten amphetaminkonsum. zwar kann eine im regelfall eignungsausschließende einnahme von betäubungsmitteln nur bei einem willentlichen konsum angenommen werden. hierfür spricht zunächst der wortlaut der nr. 9.1 der anlage 4 ("einnahme"), der auf eine bewusste aufnahme hindeutet. darüber hinaus fehlt es bei einer unwissentlichen aufnahme von betäubungsmitteln an einer beachtlichen wiederholungswahrscheinlichkeit, die ihrerseits grundlage für die regelmäßige annahme der kraftfahrungeeignetheit von konsumenten sog. harter drogen ist. 22vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 18. februar 2008 – 16 b 2113/07 –, juris, vom 22. märz 2012 – 16 b 231/12 –, juris rn 4, und vom 29. oktober 2012 – 16 b 1106/12 –, blutalkohol 49 (2012), 341 = juris rn 2. 23allerdings geht nach allgemeiner lebenserfahrung einem positiven drogennachweis typischerweise ein entsprechender willensakt voraus. der von dem kläger behauptete fall einer versehentlichen bzw. missbräuchlich durch dritte herbeigeführten rauschmittelvergiftung stellt sich dagegen als ein ausnahmetatbestand dar, zu dem nur der jeweils betroffene als der am geschehen beteiligte klärendes beisteuern kann und der daher von diesem jedenfalls glaubhaft und widerspruchsfrei dargetan werden muss. erst nach einer solchen schilderung kann sich die frage ergeben, zu wessen nachteil eine gleichwohl verbleibende ungewissheit über den genauen hergang der ereignisse ausschlägt. 24vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 22. märz 2012 – 16 b 231/12 –, juris rn 6, vom 29. oktober 2012 – 16 b 1106/12 –, blutalkohol 49 (2012), 341 = juris rn 4, und vom 6. märz 2013 – 16 b 1378/12 –, juris rn 4; vgl. weiterhin ovg sachsen-anhalt, beschluss vom 28. februar 2007 – 1 m 219/06 –, juris rn 3. 25welche anforderungen an die darlegung einer unbewussten drogenaufnahme zu stellen sind, kann nur unter konkreter berücksichtigung der maßgeblichen umstände des einzelfalls beurteilt werden. in aller regel sind hierzu angaben dazu erforderlich, wer aus welchem grund und auf welche weise die drogen dem betroffenen verabreicht haben soll. allein eine unsubstantiierte vermutung, die drogen könnten von einem unbekannten dritten versehentlich oder missbräuchlich verabreicht worden sein, kann hierzu nicht ausreichend sein. 26vgl. ovg nrw, beschluss vom 18. februar 2008 – 16 b 2113/07 –, juris, unter bezugnahme auf bayvgh, beschluss vom 31. mai 2007 – 11 c 06.2695 –, juris rn 20. 27gemessen hieran trägt das vorbringen des klägers die annahme, er habe das nach dem toxikologischen gutachten in seinem blutserum festgestellten amphetamin unwissentlich eingenommen, nicht. zwar hat der kläger denjenigen, der ihm das amphetamin bei dem offensichtlich bewussten konsum einer anderen droge (thc) „untergemischt“ haben soll, namentlich benannt. sonstige umstände oder motive hierfür hat er aber nicht dargetan. vielmehr hat der kläger jedenfalls im nachgang der ordnungsverfügung ein weiteres mal amphetamin eingenommen, wie durch das weitere gutachten des labors l. vom 15. april 2014 feststeht. insoweit hat er gegenüber der polizei auch zugegeben, dass es sich um einen bewussten konsum gehandelt habe. dabei hat er sogar ausgeführt, dass er gelegentlich amphetamin konsumiere. jedenfalls vor diesem hintergrund sieht das gericht in den angaben zu einem angeblichen unbewussten konsum im november 2013 eine reine schutzbehauptung. 28zwar gilt die in der anlage 4 zur fev vorgenommene bewertung (nur) für den regelfall (vgl. nr. 3 satz 1 der vorbemerkung zu anlage 4). ein ausnahmefall, der ein abweichen von dieser regel rechtfertigen könnte, liegt hier jedoch nicht vor. es obliegt im einzelfall nämlich dem rechtsschutzsuchenden, solche tatsachen geltend zu machen. 29vgl. ovg bremen, beschluss vom 30. juni 2003 – 1 b206/03 –, juris rn 7; vgh baden-württemberg, beschluss vom 24. mai 2002 – 10 s 835/02 –, juris rn 6. 30dies ist hier nicht erfolgt. sie sind auch sonst nicht ersichtlich. 31für eine wiedererlangung der fahreignung im für die entscheidung maßgeblichen zeitpunkt des erlasses der ordnungsverfügung ist nichts ersichtlich. ein ermessen stand der antragsgegnerin gemäß § 3 abs. 1 satz 1 stvg nicht zu, so dass entsprechende erwägungen zu recht unterblieben sind. mithin hat die antragsgegnerin etwaige folgen der entziehung der fahrerlaubnis für das arbeitsverhältnis des antragstellers zu recht nicht berücksichtigt. 32die in dem bescheid enthaltene deklaratorische aufforderung zur abgabe des führerscheins (vgl. § 3 abs. 2 satz 3 stvg) begegnet keinen rechtlichen bedenken. gleiches gilt für die androhung eines zwangsgeldes i.h.v. 250,- euro für den fall der nichtabgabe des führerscheins innerhalb der festgesetzten frist. die androhung findet ihre rechtsgrundlage in den §§ 55 abs. 1, 57 abs. 1 nr. 2, 60, 63 verwaltungsvollstreckungsgesetz nrw (vwvg nrw). das angedrohte zwangsgeld ist in anbetracht der verlangten handlung und der gefährdung des straßenverkehrs nicht unverhältnismäßig. 33auch die gebührenfestsetzung ist rechtmäßig. sie findet ihre grundlage in § 6a abs. 1 nr. 1, abs. 2 stvg i.v.m. §§ 1 abs. 1, 2 abs. 1 nr. 1 der gebührenordnung für maßnahmen im straßenverkehr (gebost). die verwaltungsgebühr in höhe von 150,- euro hält sich auch in dem von § 1 abs. 1 gebost i.v.m. nr. 206 der anlage zu § 1 der gebührenordnung für maßnahmen im straßenverkehr (anlage gebost) gesetzten rahmen von 33,20 € bis 256,00 €. die zustellkosten sind gemäß § 2 abs. 1 nr. 1 gebost vom kläger zu tragen. 34die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 35die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 satz 1 zivilprozessordnung (zpo).
Verklagte*r
0
168,611
2 K 1355/12.A
2015-01-20T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1 2VERWALTUNGSGERICHT MÜNSTER 3IM NAMEN DES VOLKES 4URTEIL 52 K 1355/12.A 6In dem Verwaltungsrechtsstreit 7w e g e n Asylrechts 8hat Richter am Verwaltungsgericht Dr. Kallerhoff 9auf Grund der mündlichen Verhandlung 10vom 20. Januar 2015 11für Recht erkannt: 12Die Klage wird abgewiesen. 13Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. 14Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 15Tatbestand: 16Die Klägerin reiste nach eigenen Angaben am 00.00.0000 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 00.00.0000 ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Zur Begründung gab die Klägerin im Rahmen ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Wesentlichen an: Sie stamme aus O. in B. und habe dort als ethnische B1. gelebt. Nach dem Ausbruch des Krieges zwischen B2. und B. sei ihr Mann – T. N. , geboren am 00.00.0000 – im Frühjahr 1988 verschollen und sie selbst im November 1988 nach S. gegangen. Danach habe sie ab 1995 bis zu ihrer Ausreise in die Bundesrepublik in der V. gelebt. 17Mit Bescheid vom 27. Februar 2012 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unter Bezugnahme auf § 30 Abs. 3 AsylVfG den Antrag der Klägerin auf Anerkennung als Asylberechtigte als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 1) und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen (Ziffer 2). Auch Abschiebungsverbote lägen nicht vor (Ziffer 3). Zugleich forderte es die Klägerin auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen und drohte ihr für den Fall der Nichteinhaltung dieser Frist die Abschiebung nach B2. an. Die Klägerin könne auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den sie einreisen dürfe oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet sei (Ziffer 4). 18Die Klägerin hat am 00.00.0000 Klage erhoben und einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt. 19Mit Beschluss vom 30. April 2012 hat das Verwaltungsgericht Münster unter dem Aktenzeichen 2 L 101/12.A dem Antrag der Klägerin auf Aussetzung der Vollziehung stattgegeben. 20Die Klägerin trägt vor: Sie könne glaubhaft belegen, dass sie als ethnische B1. aus B. stamme. Es sei nicht zutreffend, dass sie in Wahrheit S1. T1. – geboren am 00.00.0000 – heiße und 000000 Staatsangehörige sei. Auch ihr Sohn B3. N. und ihr Enkelkind F. T2. – die Kläger in den Verfahren mit den Aktenzeichen 2 K 1505/12.A und 2 K 1523/12.A – hätten nicht über ihre Identität und Staatsangehörigkeit getäuscht und hießen nicht in Wahrheit B3. I. – geboren am 00.00.0000 – sowie F. O1. – geboren am 00.00.0000. Es seien einige Fragen nicht beantwortet, die ihr Prozessbevollmächtigter unter anderem mit Schriftsatz vom 16. Mai 2014 formuliert habe. Das Schreiben des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. vom 3. Oktober 2014 weise – wie auch das Schreiben der Zentralen Ausländerbehörde C. vom 21. November 2013 – eine Reihe von Ungereimtheiten und Widersprüchen auf. Die Aussagen beruhten nicht auf substanziellen Feststellungen und ließen diese auch nicht erkennen. Namentlich stünden sie auch zu sonstigen festgestellten oder feststellbaren Tatsachen in Widerspruch, die ihr Prozessbevollmächtigter in seinen Schriftsätzen im Einzelnen benannt habe. So sei unter anderem eine Bescheinigung der Botschaft der Republik B2. in C1. vom 12. Dezember 2012 vorgelegt worden, wonach eine Frau S1. T1. – geboren am 00.00.0000 – nach einer Anfrage bei den zuständigen Behörden in B2. in der Datenbank der Passbeschaffungsbehörde der Polizei der Republik B2. als 00000000 Staatsangehörige nicht erfasst sei, keinen Nationalpass der Republik B2. erhalten und auch nie einen Antrag auf Einbürgerung gestellt habe. 21Die Klägerin trägt weiter vor: Sie müsse verschiedene Medikamente einnehmen. Ihre aktuelle Medikation ergebe sich aus dem Medikamentenplan des Arztes Dr. med. T3. Q. vom 00.00.0000, in dem die Medikamente Bisoprolol, Enalapril, ASS 100, Simva Basics und Amlodipin aufgeführt seien. Nach dem ärztlichen Attest des Dr. med. T3. Q. vom 6. Januar 2015 seien bei ihr die Diagnosen arterielle Hypertonie, chronische Herzinsuffizienz, Mitralklappenkrankheit und Hypercholesterinämie gestellt worden. Falls sie die verordneten Medikamente nicht erhalte und ihre Krankheiten unbehandelt blieben, drohe alsbald eine Verschlimmerung ihres Gesundheitszustandes. 22Die Klägerin beantragt, 23den Bescheid der Beklagten vom 00.00.0000 zu Ziffer 1 im Hinblick auf die Offensichtlichkeit der Unbegründetheit aufzuheben und im Übrigen die Ziffern 2 bis 4 des Bescheides vom 00.00.0000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, 24hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, ihr subsidiären Schutz nach § 60 Abs. 2 AufenthG in Verbindung mit § 4 AsylVfG zuzuerkennen, 25weiter hilfsweise die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. 26Die Beklagte beantragt, 27die Klage abzuweisen. 28Zur Begründung verweist sie auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides. 29Mit Schreiben vom 21. November 2013 übersandte die Zentrale Ausländerbehörde C. dem Gericht Kopien armenischer Passanträge, die vom 00000000 Außenministerium übermittelt wurden und mit Lichtbildern versehen sind, sowie Kopien 0000000 Staatsangehörigkeitsbescheinigungen der Pass- und Visabehörde der Polizei der Republik B2. vom 26. Oktober 2012, die von der Deutschen Botschaft in F1. übermittelt wurden. Sie sollen die Klägerin unter ihrer wahren Identität S1. T1. – geboren am 00.00.0000 – sowie ihre Familie als armenische Staatsangehörige ausweisen. 30Auf den Beweisbeschluss des Gerichts vom 17. April 2014 hat das Auswärtige Amt in C1. mit Schreiben vom 14. November 2014 Stellung genommen und die Verbalnote Nr. 1108-1/19544 des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. vom 3. Oktober 2014 übersandt, mit der dieses die 0000000 Staatsangehörigkeit der S1. T1. – geboren am 00.00.0000 – und weiterer Personen bestätigt und Kopien armenischer Passanträge mit Lichtbildern beifügt. 31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die Beiakten Hefte 1 bis 3 sowie die in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse Bezug genommen. 32Entscheidungsgründe: 33Die Klage ist zulässig. 34Insbesondere besteht für die Klägerin auch ein Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung des auf § 30 Abs. 3 AsylVfG gestützten Offensichtlichkeitsausspruches des Bundesamtes in Ziffer 1 und 2 des Bescheides vom 27. Februar 2012. Denn mit Blick auf § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG und seinen späteren Aufenthaltsstatus hat ein Asylbewerber, dessen Asylantrag abgelehnt wurde, im Rahmen seines gerichtlichen Rechtsschutzes im Hauptsacheverfahren zur Vermeidung einer Rechtsschutzlücke Anspruch auf die Überprüfung, ob seinem Asylbegehren der Makel der „offensichtlichen Unbegründetheit“ nach § 30 Abs. 3 AsylVfG anhaftet. Ein auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Asylklage gerichtetes Eilverfahren führte zwar zu einer Überprüfung des Offensichtlichkeitsausspruches des Bundesamtes, schaffte diesen jedoch nicht aus der Welt. Auch eine ausländerbehördliche oder gerichtliche Überprüfung des Offensichtlichkeitsausspruches im Verfahren auf Erteilung eines Aufenthaltstitels käme nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nicht in Frage, demzufolge es nicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 30 Abs. 3 AsylVfG ankommt, sondern auf die bloße Tatsache der Ablehnung des Asylantrages nach § 30 Abs. 3 AsylVfG. Das Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung des Offensichtlichkeitsausspruches kann allerdings nur so weit reichen, wie auch die Sperrwirkung des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG reicht, mithin sich nur auf eine Ablehnung als offensichtlich unbegründet beziehen, die – wie hier – konkret auf § 30 Abs. 3 AsylVfG gestützt ist. 35Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. November 2006 – 1 C 10.06 –, juris Rn. 21 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 14. September 2007 – 21 K 2318/07.A –, juris Rn. 15 ff.; VG Stuttgart, Urteil vom 13. April 2005 – A 11 K 11220/03 –, juris Rn. 49 ff. 36Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. 37Der angefochtene Bescheid ist im Umfang der gegen ihn erhobenen Klage rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Sie kann auch nicht mit Erfolg die Aufhebung des Offensichtlichkeitsausspruchs in Ziffer 1 und 2 des angefochtenen Bescheides verlangen. Einen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 2 AufenthG in Verbindung mit § 4 AsylVfG oder die Feststellung des Vorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG besitzt sie ebenfalls nicht. Gegen die in dem angefochtenen Bescheid enthaltene Abschiebungsandrohung ist rechtlich nichts zu erinnern. 38Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG. 39Nach dieser Vorschrift ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. 40Die Klägerin ist – anders als sie geltend macht – in Bezug auf B. keiner Verfolgung im obigen Sinne ausgesetzt. 41Denn es ist schon nicht davon auszugehen, dass die Klägerin – wie sie vorträgt – B4. O2. heißt, am 00.00.0000 in O. in B. als ethnische B1. geboren wurde und dort bis zu ihrer durch den Ausbruch des Krieges zwischen B2. und B. bedingten Flucht nach S. im November 1988 gelebt hat. Vielmehr steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin in Wahrheit S1. T1. – Vatersname: H. – heißt, am 00.00.0000 in B2. (Dorf: B5. , Region: B6. ) geboren wurde und 0000000 Staatsangehörige ist. Dies ergibt sich maßgeblich aus der als Anlage zur Verbalnote Nr. 1108-1/19544 des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. vom 3. Oktober 2014 übersandten und mit einem Lichtbild versehenen Kopie eines Passantrags der S1. T1. (vgl. Blatt 308 f. der Gerichtsakte), welche bereits mit Schreiben vom 21. November 2013 durch die Zentrale Ausländerbehörde C. – mit deutscher Übersetzung, aber in schlechterer Kopierqualität – (vgl. Blatt 178 bis 180 der Gerichtsakte) an das Gericht übermittelt wurde. Ergänzend wird diesbezüglich Bezug genommen auf die Bestätigung der armenischen Staatsangehörigkeit der S1. T1. – Vatersname: H. , geboren am 00.00.0000 – durch das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. mit Verbalnote Nr. 1108-1/19544 vom 3. Oktober 2014 (vgl. Blatt 300 bis 302 der Gerichtsakte) sowie durch die Pass- und Visabehörde der Polizei der Republik B2. mit Bescheinigung vom 26. Oktober 2012 (vgl. Blatt 189 bis 190 der Gerichtsakte). 42Die vorbezeichnete Kopie eines Passantrags der S1. T1. ist nach ihrem Beweiswert geeignet, das Gericht von der wahren Identität der Klägerin zu überzeugen. Das Lichtbild auf der Vorderseite des Passantrages zeigt die Klägerin in jüngeren Jahren und ist ohne Weiteres mit dem Zeitpunkt der Passantragstellung im Jahre 1995 vereinbar. Auf der Hinterseite ist das alte, vorherige Passfoto zu erkennen. Dieses zeigt ein Foto der Klägerin, das noch weiter in die Vergangenheit zurückreicht. Es kann dem auf der Vorderseite mit weiteren Passdaten angegebenen Ausstellungsdatum des alten Passes – 19. August 1982 – zugeordnet werden. In diesem Zusammenhang ist nicht erkennbar, warum die Behörden in B2. – wo sich die Klägerin nie aufgehalten haben will – über derartig charakteristisches Bildmaterial der Klägerin aus der Vergangenheit verfügen sollten, es sei denn dieses stammt tatsächlich aus einem regulären Passantragsverfahren in B2. . 43Ausweislich der als Anlage zur Verbalnote Nr. 1108-1/19544 des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. vom 3. Oktober 2014 übersandten Kopie des Passantrags der S1. T1. , die eine deutlich bessere Kopierqualität als die mit Schreiben der Zentralen Ausländerbehörde C. vom 21. November 2013 übersandte Kopie aufweist, ist das dortige Foto der Klägerin mit einem Stempel versehen. Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Beweisantrag zu 1) war deswegen insoweit wegen eigener Sachkunde des Gerichts abzulehnen. Es deutet auch nichts darauf hin, dass der auf dem Passantrag der S1. T1. verwendete Stempel nicht nach Inhalt und Form denjenigen Stempeln bzw. Siegeln entspricht, wie sie auf Passanträgen der Republik B2. 1995 zu verwenden gewesen wären, bzw. dass Inhalt und Form dieser Art nicht feststellbar sind. Die Klägerin hat insofern eine Behauptung „ins Blaue hinein“ aufgestellt und keine tatsächlichen, eine dahingehende Vermutung rechtfertigenden Anhaltspunkte geliefert. Aus diesem Grund war der Beweisantrag zu 2) – auch insoweit – mangels Substanziiertheit abzulehnen. Die unter Beweis gestellte Tatsache ist erkennbar grundlagenlos. 44Angesichts der in diesem Verfahren zur Feststellung der Identität der Klägerin vorgelegten Dokumente – namentlich des durch das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. übermittelten Passantrags der S1. T1. sowie der Bestätigung der 0000000 Staatsangehörigkeit der S1. T1. durch das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. mit Verbalnote vom 3. Oktober 2014 und durch die Pass- und Visabehörde der Polizei der Republik B2. mit Bescheinigung vom 26. Oktober 2012 – liegen ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür vor, dass für die Klägerin in der Republik B2. keine Geburtsurkunde bzw. kein Geburtseintrag existierte und existiert. Der Vortrag der Klägerin ist insofern erkennbar „aus der Luft gegriffen“. Dementsprechend war der Beweisantrag zu 3) – auch insoweit – mangels Substanziiertheit abzulehnen. Die unter Beweis gestellte Tatsache ist erkennbar grundlagenlos. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass laut einer von der Klägerin in beglaubigter Kopie vorgelegten Bescheinigung der Botschaft der Republik B2. in C1. vom 12. Dezember 2012 (vgl. Blatt 253 der Gerichtakte) eine Frau S1. T1. – geboren am 00.00.0000 – in der Datenbank der Passbeschaffungsbehörde der Polizei der Republik B2. als 0000000 Staatsangehörige nicht erfasst sei, keinen Nationalpass der Republik B2. erhalten und auch nie einen Antrag auf Einbürgerung gestellt habe. Denn das Gericht hat diese Bescheinigung vom 12. Dezember 2012 zum Anlass genommen, durch Beschluss vom 17. April 2014 weitere Aufklärung im Wege der Einholung einer amtlichen Auskunft des Auswärtigen Amtes in C1. zu betreiben. In seinem Anschreiben an das Auswärtige Amt mit demselben Datum ist das Gericht auf die vorbenannte Bescheinigung der Botschaft der Republik B2. in C1. ausdrücklich eingegangen. Das Auswärtige Amt hat daraufhin mit Schreiben vom 14. November 2014 gegenüber dem Gericht Stellung genommen und nimmt dabei Bezug auf die ebenfalls übermittelte Verbalnote Nr. 1108-1/19544 des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. vom 3. Oktober 2014, wonach die armenische Staatsangehörigkeit der S1. T1. – geboren am 00.00.0000 – bestätigt und ihr Passantrag in Kopie übermittelt wird. Die Bescheinigung der Botschaft der Republik B2. in C1. vom 12. Dezember 2012 muss danach als durch aktuelle Auskünfte überholt und entkräftet angesehen werden. Hinzu kommt, dass das Auswärtige Amt in C1. noch in seinem Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik B2. vom 8. November 2010 ausführt, dass in nicht wenigen Fällen, in denen die 00000000 Botschaft in C1. feststellte, dass Betroffene nicht im Besitz der armenischen Staatsangehörigkeit sind, später nachgewiesen werden konnte, dass dies sehr wohl der Fall ist. Wenn hingegen die armenische Staatsangehörigkeit festgestellt wird, kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass dies auch zutrifft. 45Vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik B2. vom 8. November 2010 (Stand: Oktober 2010), Seite 17 unter V.3. 46Ob der vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung im Original vorgelegte Scheidungsbeleg Nr. 017519 vom 25. Januar 2010 betreffend die Eintragung der Scheidung der Ehe des W. I. mit S2. S4. am 00.00.0000 im Registrierungsbuch der Ehescheidungen (vgl. die Übersetzung Bl. 214 der Gerichtsakte) echt und inhaltlich richtig ist, ist unerheblich. Es spielt nämlich für die hier zu klärende Frage der Identität bzw. Staatsangehörigkeit der Klägerin schon keine Rolle, ob sie überhaupt eine Ehe im Sinne des 0000000 Rechts mit W. I. eingegangen ist. Im Übrigen schließt eine Scheidung der Ehe des W. I. mit S2. S3. am 4. Juni 1987 nicht aus, dass die Klägerin zuvor eine Ehe mit W. I. eingegangen ist, die vor dessen Eheschließung mit S2. S3. geschieden wurde. Dementsprechend wurde der diesbezügliche Beweisantrag zu 4) abgelehnt. 47Die Klägerin beruft sich mit Blick auf den durch das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. übermittelten Passantrag der S1. T1. darauf, dass sie unter der dort angegebenen Anschrift I1. , 00. Straße, 0. Gasse, Haus 0 nie angemeldet und wohnhaft gewesen sei. Sie stützt ihren Vortrag auf eine nach eigenen Angaben durch Einschaltung der Rechtsanwältin P. N1. in B2. erlangte dreiseitige Kopie eines Hausbuchs (vgl. Blatt 372 bis 374 der Gerichtsakte) zu dieser Anschrift, in der der Name S1. T1. nicht aufgeführt sei. In Bezug auf diese dreiseitige Kopie kann – mit Ausnahme der Teilabdeckung auf Seite 1 – insoweit als wahr unterstellt werden, dass sie dem Original entspricht. Soweit die Klägerin allerdings darüber hinaus eine Beweiserhebung dazu verlangt, dass der aus der Kopie ersichtliche Inhalt vollständig und richtig sei und die Klägerin und ihre im Bundesgebiet lebenden Verwandten danach dort nicht angemeldet und wohnhaft gewesen seien, handelt es sich um einen auf Ausforschung gerichteten und damit unzulässigen Beweisermittlungsantrag. Dies ergibt sich maßgeblich aus der kumulierten Verwendung der weitläufigen Begrifflichkeiten der „Vollständigkeit“ und „Richtigkeit“ in diesem Zusammenhang, die auf die Einholung weiterer Informationen im Vorfeld angelegt ist. Die vorgelegte Kopie des Hausbuchs und die in dem Beweisantrag benannten Beweismittel sind jedenfalls nicht geeignet, ohne weitere Ermittlungen die in dem Beweisantrag aufgeworfenen Fragen zu klären. Der Beweisantrag zu 5) war aus diesem Grunde abzulehnen. 48Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin geltend macht, dass die von der Rechtsanwältin P. N1. in B2. befragten Hausbewohner in Bezug auf die Klägerin und ihre im Bundesgebiet lebenden Verwandten im Hinblick auf deren vorgelegte Fotos ein Wohnen in den in den den Klägern und ihren Verwandten zugeordneten Passanträgen bezeichneten Wohnungen mit Sicherheit ausgeschlossen hätten und dies auch heute ausschlössen, kann dies entsprechend dem Beschluss über die Ablehnung des Beweisantrags zu 6) als wahr unterstellt werden. Die Wahrunterstellung, dass diese Aussagen durch die befragten Hausbewohner gegenüber der Rechtsanwältin P. N1. erfolgt sind, sagt jedoch noch nichts darüber aus, welcher Beweiswert den Aussagen zukommt. Nach der Überzeugung des Gerichts ist dieser Beweiswert als gering einzuschätzen ist. Denn gerade wenn die Klägerin und ihre Verwandten in den in den Passanträgen bezeichneten Wohnungen gelebt haben sollten, bestünde nach hiesiger Auffassung durchaus die Möglichkeit, dass Falschaussagen von bekannten Bewohnern in der Nachbarschaft für das eigene Asylverfahren in der Bundesrepublik eingeholt wurden. Im Übrigen verwundert es, dass die Klägerin, die nach eigenen Angaben mit ihren Kindern nie in B2. gelebt haben will, über derartig gute Kontakte in diesem Land verfügt, dass sie von der Bundesrepublik aus – unter anderem – eine dort lebende Rechtsanwältin zwecks Recherche zu konkreten Anschriften in F1. einschalten konnte. 49Das von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin in dem Beweisantrag zu 7) benannte Beweisthema, dass es keine mit Namen und Adresse bezeichnete und bezeichenbare Person gebe, die wisse und erklärt habe, dass die Klägerin und ihre im Bundesgebiet lebenden Verwandten unter den in ihren ihnen jeweils zugeordneten Passanträgen bezeichneten Wohnungen gelebt hätten und angemeldet gewesen seien, dass im Übrigen sie kein Wissen bekundet habe und bekunden könne, wie der Inhalt der Aussagen darüber in ihr Wissen gelangt sei, auch in Bezug auf die vorgebliche Kenntnis des Geburtsdatums 00.00.0000 der Tochter D. der Klägerin, ist ersichtlich auf Ausforschung gerichtet, weswegen der Beweisantrag zu 7) als unzulässiger Beweisermittlungsantrag abzulehnen war. Die Klägerin will über ihren Prozessbevollmächtigten (Negativ-)Tatsachen, die der unmittelbaren eigenen Wahrnehmung entzogen sind, erst durch die Beweisaufnahme ermitteln lassen. Im Übrigen ist das in dem Beweisantrag unter 2. benannte Beweismittel untauglich, da die dort benannte Person nicht identifiziert ist. 50Das Gericht konnte davon absehen, die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin in dem Beweisantrag zu 8) benannte und in B2. (Region L. bzw. L1. , Dorf B7. bzw. B8. , Haus 0) lebende T4. H1. , Vatersname T5. , als Zeugin zu vernehmen, weil die Vernehmung nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit als nicht erforderlich angesehen wird, vgl. § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO. Dies ergibt sich aus einer am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten Abwägung der Bedeutung und des Beweiswerts des Beweismittels vor dem Hintergrund der bisherigen Beweisaufnahme einerseits und des zeitlichen sowie organisatorischen Aufwands der Ladung und der Vernehmung andererseits. Die Entscheidung über den einen Auslandszeugen betreffenden Beweisantrag darf das Gericht davon abhängig machen, welche Ergebnisse von der Beweisaufnahme zu erwarten sind und wie diese zu erwartenden Ergebnisse zu würdigen wären; kommt es dabei unter Berücksichtigung der Begründung des Beweisantrags und der in der bisherigen Beweisaufnahme angefallenen Erkenntnisse zu dem Ergebnis, dass der Zeuge die Beweisbehauptung nicht werde bestätigen können oder dass ein Einfluss auf seine Überzeugung auch dann sicher ausgeschlossen sei, wenn der Zeuge die in sein Wissen gestellte Behauptung bestätigen werde, ist eine Ablehnung des Beweisantrags rechtlich nicht zu beanstanden. 51Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. März 2012 – 2 A 11/10 –, juris Rn. 53; BVerwG, Beschluss vom 20. Mai 1998 – 7 B 440.97 –, juris Rn. 19 mit weiteren Nachweisen. 52In Anwendung dieses Maßstabs hat das Gericht in seine Entscheidung eingestellt, dass die Klägerseite einen vom 8. Mai 2013 datierenden Brief der T4. H1. übermittelt hat, in dem diese Angaben zur persönlichen Bekanntschaft der Klägerin unter dem Namen B4. O2. sowie ihrer vier Kinder macht und von der gemeinsamen Herkunft aus O. in B. berichtet. Dem Brief ist eine Kopie einer Geburtsurkunde beigefügt, die angibt, dass T4. H1. am 00.00.0000 in O. in B. als Kind von Eltern mit 00000000 Nationalität geboren sei. Selbst wenn T4. H1. ihre im Brief gemachten Angaben als Zeugin vor Gericht bestätigen würde, wäre diesem Vortrag vor dem Hintergrund der bisherigen Beweisaufnahme und wegen des herausragenden Beweiswerts des durch das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. übermittelten Passantrags der S1. T1. sowie der Bestätigung der armenischen Staatsangehörigkeit der S1. T1. durch das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. mit Verbalnote vom 3. Oktober 2014 und durch die Pass- und Visabehörde der Polizei der Republik B2. mit Bescheinigung vom 26. Oktober 2012 nach der Überzeugung des Gerichts nicht zu folgen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass es für die Klägerin – wenn sie tatsächlich S1. T1. ist und aus B2. kommt – unschwer möglich gewesen sein dürfte, eine in B2. lebende Person – wie es die von der Klägerin benannte T4. H1. ist – dazu zu bewegen, gegenüber Einrichtungen eines anderen Landes wie die Bunderepublik zu erklären, dass die Klägerin und ihre Familie wie sie selbst aus O. in B. stammten. Hinsichtlich der in Kopie vorgelegten Geburtsurkunde der T4. H1. ist anzumerken, dass eine etwaige tatsächliche Herkunft der T4. H1. aus O. in B. keinen logischen Schluss darauf zulässt, dass dies in Bezug auf die Klägerin und ihre Familie ebenfalls der Fall ist. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es in B2. grundsätzlich problemlos möglich ist, gefälschte Dokumente zu beschaffen. Ge- und verfälschte Personenstandsurkunden kommen häufig vor. 53Vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik B2. vom 7. Februar 2014 (Stand: Dezember 2013), Seite 19 unter V.1.2. 54Nach der – hier ausnahmsweise zulässigen – Beweisantizipation konnte der Beweisantrag zu 8) abgelehnt werden. Denn ein Einfluss des benannten Beweismittels auf die gerichtliche Überzeugung war sicher auszuschließen. 55Das Gericht konnte ferner davon absehen, dem in dem Beweisantrag zu 9) benannten Beweisthema nachzugehen, wonach zu Beweis gestellt wurde, dass die von der Klägerin benutzte Sprechweise eine Sprechweise sei, wie sie in F1. oder im Gebiet der heutigen Republik B2. nicht gesprochen werde, wie sie aber in der 0000000stämmigen E. der sogenannten B9. Dörfer wie O. in B. gesprochen werde und dass die in der mündlichen Verhandlung geäußerte sprachliche Herkunftsbeurteilung der Dolmetscherin Frau Q1. zutreffend sei. Denn die von der Klägerin aktuell – namentlich auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung – benutzte Sprechweise sagt nach der Überzeugung des Gerichts nichts über die hier maßgebliche Frage der wahren Identität der Klägerin und ihr originäres Heimatland aus. Der Beweisantrag zu 9) war dementsprechend wegen Unerheblichkeit abzulehnen. In diesem Zusammenhang fällt entscheidend ins Gewicht, dass die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag B. im November 1988 verlassen haben will und somit seit circa 27 Jahren unterschiedlichsten anderen Spracheinflüssen ausgesetzt wäre. Zudem ist auch in Bezug auf die mit der Klägerin in Verbindung gebrachte Identität der S1. T1. anzuführen, dass diese ausweislich des sie betreffenden und durch das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. übermittelten Passantrags jedenfalls noch im Jahre 1995 bei den Behörden in Kernarmenien vorstellig geworden sein soll, was aber vorherige und auch nachfolgende Berührungen mit und Aneignungen von unterschiedlichsten anderen Spracheinflüssen – auch noch in der Bunderepublik – nicht ausschließt. Gegen einen Schluss von der aktuellen Sprechweise der Klägerin auf ihre Identität und ihr originäres Heimatland spricht auch, dass bereits in der Vergangenheit – und damit in Bezug auf die seinerzeit aktuelle Sprechweise – Einschätzungen vorgenommen wurden bzw. von solchen Einschätzungen berichtet wurde, die sich nicht mit den Äußerungen der Dolmetscherin Frau Q1. im Rahmen der mündlichen Verhandlung decken. So ist am Ende des Protokolls der am 30. Januar 2012 von dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durchgeführten Anhörung der Hinweis enthalten, dass die Klägerin laut Auskunft der Sprachmittlerin Frau T6. ein B10. spreche, das im Kernland B2. gesprochen werde, vgl. Beiakte Heft 1, Blatt 83 = Seite 7 des Anhörungsprotokolls. Ferner führt der Mitarbeiter Herr X. der ZAB C. in seinem Gesprächsvermerk vom 21. Juni 2011 über ein Identifizierungsgespräch der Klägerin am 14. Juni 2011 mit der hierfür angereisten armenischen Expertenkommission aus, dass die armenischen Experten nach kurzer Beratung erklärt hätten, dass sie sich aus dem Zwiegespräch der Klägerin mit der Übersetzerin bereits einen Eindruck zum Sprachvermögen hätten verschaffen können. Die Klägerin spreche fließend in der (gegenwärtigen) ostarmenischen Sprache, die in dieser Form typischerweise von „Inlandsarmeniern“ (Einwohnern der Republik B2. ) benutzt werde. Insbesondere sei in der Aussprache der Betroffenen kein „000000 Dialekt“ feststellbar, vgl. Beiakte Heft 2, Blatt 491 f. Im Übrigen hat die Dolmetscherin Frau Q1. , die selbst aus H2. stammt, im Rahmen der mündlichen Verhandlung lediglich berichtet, dass die Klägerin – soweit sie nicht in die 0000000 Sprache verfallen ist, vgl. Seite 2 des Protokollabdrucks – mit ihr ein B10. spreche, das in bestimmten Gebieten gesprochen bzw. nicht gesprochen werde. Frau Q1. hat aber keine Bestimmung bzw. Beurteilung der Herkunft der Klägerin im Sinne eines Schlusses von der aktuell verwendeten Sprechweise auf ihr originäres Heimatland vorgenommen, vgl. Seite 5 des Protokollabdrucks. 56Der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin gestellte Beweisantrag zu 10) a) und b) konnte schon deshalb abgelehnt werden, weil er keine Beweistatsache thematisiert, sondern auf die Überprüfung von Wertungen bzw. rechtlichen Würdigungen gerichtet ist, die nicht dem Beweis zugänglich sind. Unabhängig davon geht das Gericht davon aus, dass das Auswärtige Amt in C1. Stellungnahmen von Außenministerien fremder Länder, die es – wie hier mit Schreiben vom 14. November 2014 – auf einen auf Einholung einer amtlichen Auskunft gerichteten gerichtlichen Beschluss hin an das Gericht übersendet, sich zu eigen macht. 57Schließlich gilt in Bezug auf die Kopie der Bescheinigung der Botschaft der 0000000 Republik in C1. vom 9. September 2003 (vgl. Beiakte Heft 1, Blatt 97), wonach unter anderem Frau B11. O2. – geboren am 00.00.0000 – und ihre Kinder B3. und D. N. tatsächlich aus B. stammen und bis November 1988 in B. wohnhaft gewesen sein sollen, dass nach der Überzeugung des Gerichts nicht von der inhaltlichen Richtigkeit dieser Bescheinigung auszugehen ist. Die Beklagte hat diesbezüglich in ihrem Bescheid vom 27. Februar 2012 bereits überzeugende Ausführungen gemacht, vgl. dort Seiten 6 und 7. Im Übrigen weigern sich aserbaidschanische Behörden – auch die 0000000 Botschaft in C1. – kategorisch, die 00000000 Staatsangehörigkeit von in Deutschland lebenden Personen mit 00000000 Namen anzuerkennen, selbst wenn diese angeben, 000000 zu sein und dies mit alten 000000 oder 000000/00000000 Dokumenten belegen können. 58Vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik B. vom 14. Februar 2014 (Stand: Januar 2014), Seite 13 unter II.1.3. 59Es ist vor diesem Hintergrund nicht plausibel, warum die aserbaidschanische Botschaft in C1. bereitwillig und ohne Weiteres eine Bescheinigung mit den beschriebenen Angaben ausstellen sollte, wobei auch fraglich ist, ob sie überhaupt über die dafür notwendigen Informationen verfügt. Daneben ist allgemein darauf zu verweisen, dass das aserbaidschanische Urkundenwesen nicht zuverlässig ist. 60Vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik B. vom 14. Februar 2014 (Stand: Januar 2014), Seite 22 unter V.1. 61Die Klägerin ist in Bezug auf B2. ebenfalls keiner Verfolgung im Sinne von § 3 AsylVfG ausgesetzt. 62Dies gilt insbesondere auch insoweit, als die Klägerin als Angehörige von Personen anzusehen sein sollte, die sich dem Wehrdienst in B2. entzogen haben. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat zwar diesbezüglich in seinem Schriftsatz vom 26. April 2012 unter Abgabe von Beweisangeboten ausgeführt, dass in der Republik B2. zeitweise Familienangehörige von Deserteuren geiselähnlichen Repressalien ausgesetzt gewesen seien – vgl. dort Seite 6 unter 2.d. – und diese Passage als Teil weiterer Ausführungen in der mündlichen Verhandlung als Hilfsbeweisantrag gestellt. Der Hilfsbeweisantrag ist jedoch insoweit abzulehnen. Denn zum einen sind die angebotenen Beweismittel völlig untauglich, da es sich um Gutachten bzw. Auskünfte aus den Jahren 1994 und 1995 handelt, die keine Aussagekraft für die aktuelle Situation in B2. besitzen. Zum anderen besitzt das Gericht die eigene Sachkunde, vermittelt durch die in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse. Danach gibt es Kollektivhaft – zum Beispiel innerhalb der Familie – in B2. nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes nicht. 63Vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik B2. vom 7. Februar 2014 (Stand: Dezember 2013), Seite 11 unter II.1.5. 64Der in Ziffer 1 und 2 des angefochtenen Bescheides vom 27. Februar 2012 getroffene Offensichtlichkeitsausspruch ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dies ergibt sich bereits aus den vorangegangen Ausführungen, nach denen das Gericht davon überzeugt ist, dass die Klägerin nicht B4. O2. – geboren am 00.00.0000 als ethnische B1. in O. in B. – ist, sondern in Wahrheit S1. T1. – Vatersname: H. , geboren am 00.00.0000 in B2. (Dorf: B5. , Region: B6. ) – heißt und 0000000 Staatsangehörige ist. Damit liegen jedenfalls die Voraussetzungen des § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG hier vor, wonach ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist, wenn der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass das Verwaltungsgericht seine Entscheidung zulässigerweise auf einen liquiden, bereits zur Zeit der Entscheidung des Bundesamts verwirklichten Qualifizierungsgrund stützen kann. 65Vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, § 30 Rn. 159 (Stand: Juni 2014), § 36 Rn. 68 (Stand: Februar 2013), § 74 Rn. 27 (Stand: November 2014) mit weiteren Nachweisen. 66Die Klägerin ist auch nicht subsidiär Schutzberechtigte. Nach § 4 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Es bestehen – namentlich vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen – keine Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin ein derartiger ernsthafter Schaden droht. 67Für das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG ist – namentlich vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen – ebenso nichts ersichtlich. 68Die Klägerin hat ebenfalls keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Hiernach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt bei einer zu erwartenden Verschlimmerung einer Erkrankung im Abschiebezielstaat vor, wenn sich der Gesundheitszustand des betreffenden Ausländers mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Ankunft im Abschiebezielstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde, weil die notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation dort wegen des geringeren Versorgungsstandards generell nicht verfügbar oder dem betroffenen Ausländer aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist. 69Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juli 1999 – 9 C 2/99 –, juris; Urteil vom 29. Oktober 2002 – 1 C 1/02 –, DVBl 2003, 463; OVG NRW, Urteil vom 2. Februar 2005 – 8 A 59/04.A –, juris. 70Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. 71Mit Blick auf die Frage des Zugangs der Klägerin zu ärztlicher Behandlung bzw. Medikation in B2. ist zu beachten, dass die medizinische Grundversorgung in B2. flächendeckend gewährleistet ist. Das Gesetz über die kostenlose medizinische Behandlung regelt den Umfang der ambulanten oder stationären Behandlung bei bestimmten Krankheiten, Leistungen für Medikamente sowie zusätzlich für bestimmte sozial bedürftige Gruppen (zum Beispiel Kinder, Flüchtlinge, Invaliden). Es hängt allerdings von der Durchsetzungsfähigkeit und Eigeninitiative der Patienten ab, ob es gelingt, ihr Recht auf kostenlose Behandlung durchzusetzen. Dennoch ist die Qualität der medizinischen Dienstleistung weiterhin häufig von „freiwilligen Zuzahlungen“ bzw. „Zuwendungen“ an den behandelnden Arzt abhängig, auch bei Abschluss einer privaten Krankenversicherung. In letzter Zeit erschienen in der Presse Artikel mit Informationen über die kostenlose Behandlung; immer mehr Patienten bestehen erfolgreich auf diesem Recht. Die Behandlung in der Poliklinik des jeweiligen Wohnbezirks ist grundsätzlich kostenlos. 72Vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik B2. vom 7. Februar 2014 (Stand: Dezember 2013), Seite 17 unter IV.1.2. 73Im Übrigen ist zu beachten, dass die in dem für die Klägerin erstellten aktuellen Medikamentenplan des Dr. med. T3. Q. vom 6. Januar 2015 aufgeführten und jeweils einmal täglich einzunehmenden Medikamente bzw. deren Wirkstoffe in B2. erhältlich sind. Bisoprolol ist pro Packung (50 Tabletten à 5 mg) für 3.200 000000 (AMD) erhältlich, wobei dies etwa 7 Euro entspricht. Enalapril ist zugelassen und in den Apotheken für 490 AMD (5 mg N30) erhältlich, was circa 1 Euro entspricht. ASS100 mit dem Wirkstoff Acetylsalicylsäure kostet pro Packung (20 Stück à 100 mg) etwa 2,46 Euro. Amlodipin wird pro Packung (30 Tabletten à 10 mg) für 1.350 AMD bzw. 3,5 US Dollar angeboten, was höchstens circa 3,5 Euro entspricht. Schließlich ist der in dem Medikament Simva basics enthaltene Wirkstoff Simvastatin in B2. pro Packung (28 Tabletten à 10 mg) für 3.200 AMD bzw. 8,5 US Dollar erhältlich, was höchstens circa 8,5 Euro entspricht. 74Vgl. Bericht der Botschaft der BRD F1. vom 14. Dezember 2007 an das VG Düsseldorf; Bericht des Auswärtigen Amtes vom 8. September 2004 an das VG Schleswig; Bericht der Botschaft der BRD F1. vom 8. Mai 2014 an das VG Schwerin; Bericht der Botschaft der BRD F1. vom 19. Juli 2010 an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Seite 4; Bericht der Botschaft der BRD F1. vom 9. Juni 2011 an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Seite 4. 75Das Gericht konnte die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin gestellten Beweisanträge zu 11) und 12 a) ablehnen, weil es die eigene Sachkunde besitzt, vermittelt durch die in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse. 76Es ist auch davon auszugehen, dass die Klägerin die von ihr benötigten Medikamente in B2. erhalten wird. Die Kosten für die dargestellte, in B2. vorhandene Medikation der Klägerin liegen lediglich im Bereich von circa 20 Euro im Monat. Hinzu kommt, dass die Klägerin über ein weit verzweigtes familiäres Netzwerk verfügt, das sich nicht nur auf die drei in der Bundesrepublik lebenden Kinder B3. , B12. und D. beschränkt. Vielmehr hat die Klägerin – wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurde – eine weitere Tochter M. , die in H2. lebt. Ferner hat sie einen Schwiegersohn – den Ehemann der D. –, der deutscher Staatsangehöriger ist. Auch ihre Enkelin N2. ist im erwerbsfähigen Alter und besitzt eine Aufenthaltserlaubnis für die Bunderepublik. Es ist vor diesem Hintergrund davon auszugehen, dass die Klägerin von ihrer Familie ausreichende finanzielle Unterstützung erhält. Darüber hinaus steht – namentlich in Anbetracht des umfangreichen Vortrags der Klägerin in diesem Verfahren – zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin auch über ein ausgeprägtes außerfamiliäres Netzwerk mit zahlreichen Kontaktpersonen – insbesondere in B2. – verfügt, auf das sie zurückgreifen kann. So konnte die Klägerin von der Bunderepublik aus unter anderem eine Rechtsanwältin sowie einen Journalisten in B2. mobilisieren und hat mit T4. H1. eine in B2. lebende Person als Zeugin benannt. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass Rückkehrer nach ihrer Ankunft in B2. in die Gesellschaft integriert werden und häufig ihre in Deutschland geknüpften Kontakte nutzen. Sie haben Zugang zu allen Berufsgruppen, auch im Staatsdienst, und überdurchschnittlich gute Chancen, Arbeit zu finden. 77Vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik B2. vom 7. Februar 2014 (Stand: Dezember 2013), Seite 18 unter IV.2. 78Der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin gestellte Beweisantrag zu 12 b), mit dem zu Beweis gestellt wurde, dass die Klägerin die zur privaten Finanzierung erforderlichen Mittel selbst oder durch Verwandte nicht aufbringen kann und nicht besitzt, und in dem die Parteivernehmung der Klägerin sowie die Zeuginnen B12. N. (I. ) und D. L2. als Beweismittel benannt wurden, konnte als unsubstanziiert abgelehnt werden. Denn das Beweisthema ist schon nicht bestimmt genug. Dies gilt namentlich mit Blick auf die Wendung „zur privaten Finanzierung erforderlichen Mittel“, die die Höhe eines aufzuwendenden Geldbetrages völlig offenlässt, sowie bezüglich des weitläufigen Begriffs „durch Verwandte“, der keine konkrete Personenbestimmung beinhaltet. Zudem ist in Bezug auf die aufgeführten Beweismittel nicht ersichtlich, dass die benannten Personen über ihre eigenen gegenwärtigen finanziellen Verhältnisse hinaus belastbare Angaben zu den Einkommens- bzw. Vermögensverhältnissen anderer Personen machen könnten. Der Beweisantrag ist insofern unsubstanziiert, weil er auf Ausforschung gerichtet ist. Schließlich ist er auch deshalb unsubstanziiert, weil die Behauptung, die private Finanzierung sei nicht möglich, vor dem Hintergrund der sich – wie dargestellt – im Bereich von circa 20 Euro im Monat bewegenden Kosten für die Medikation der Klägerin als erkennbar „aus der Luft gegriffen“ angesehen werden muss. 79Des Weiteren ist in Bezug auf die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in seinem Schriftsatz vom 26. April 2012 – soweit dieser sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung als Hilfsbeweisantrag gestellt hat und soweit sie sich nicht ohnehin auf C2. -L3. als inländische Fluchtalternative in B. beziehen und daher hier unerheblich sind – Folgendes festzuhalten: Hinsichtlich des Gesundheitszustands der Klägerin und der von ihr benötigten Medikation besitzt das Gericht die eigene Sachkunde vermittelt durch die vorgelegten aktuellen ärztlichen Bescheinigungen – namentlich des Dr. med. T3. Q. –, weswegen der Hilfsbeweisantrag insoweit abzulehnen ist. Soweit unter Beweis gestellt werden soll, dass die Klägerin – auch bei optimal eingestellter Medikation und engmaschiger ärztlicher Betreuung – nicht erwerbsfähig ist, ist der Hilfsbeweisantrag unsubstanziiert. Denn angesichts der vorgelegten aktuellen ärztlichen Bescheinigungen – namentlich des Dr. med. T3. Q. – erfolgt diese Behauptung „ins Blaue hinein“. Laut dem Attest dieses Arztes vom 6. Januar 2015 war die Klägerin bisher nur zweimal – am 19. Mai 2014 und am 16. Dezember 2014 – in seiner hausärztlichen Behandlung. Es wird lediglich ausgeführt, dass ohne regelmäßige Medikamenteneinnahme eine Verschlimmerung der Erkrankungen eintrete. Von Arbeitsunfähigkeit ist jedoch gerade keine Rede. Abschließend ist bezüglich der Frage der privaten Finanzierung von Medikamenten bzw. ärztlichen Leistungen – soweit sie in dem Schriftsatz vom 26. April 2012 nicht ohnehin C2. -L3. betreffen – auf die obigen Ausführungen zu verweisen, so dass der Hifsbeweisantrag insoweit ebenfalls abzulehnen ist. 80Auch im Übrigen ist eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf die Klägerin nicht ersichtlich. 81Die Abschiebungsandrohung genügt den gesetzlichen Vorgaben der §§ 34 und 36 Abs. 1 AsylVfG in Verbindung mit § 59 AufenthG. Nach § 37 Abs. 2 AsylVfG endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens, wenn – wie hier – das Verwaltungsgericht im Falle eines als offensichtlich unbegründet abgelehnten Asylantrags dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entspricht. 82Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 83Rechtsmittelbelehrung 84Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen beantragt werden. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Münster, Piusallee 38, 48147 Münster (Postanschrift: Postfach 8048, 48043 Münster) schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Verwaltungsgerichten und den Finanzgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (Elektronische Rechtsverkehrsverordnung Verwaltungs- und Finanzgerichte – ERVVO VG/FG) vom 7. November 2012 (GV. NRW S. 548), zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. 85Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 861. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 872. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 883. ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 89Vor dem Oberverwaltungsgericht muss sich jeder Beteiligte – außer im Prozesskostenhilfeverfahren – durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte sind nur die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneten und ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen. 90Kallerhoff
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110% des jeweils beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 2verwaltungsgericht münster 3im namen des volkes 4urteil 52 k 1355/12.a 6in dem verwaltungsrechtsstreit 7w e g e n asylrechts 8hat richter am verwaltungsgericht dr. kallerhoff 9auf grund der mündlichen verhandlung 10vom 20. januar 2015 11für recht erkannt: 12die klage wird abgewiesen. 13die klägerin trägt die kosten des verfahrens. 14das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110% des jeweils beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 15
16die klägerin reiste nach eigenen angaben am 00.00.0000 auf dem landweg in die bundesrepublik deutschland ein und beantragte am 00.00.0000 ihre anerkennung als asylberechtigte. zur begründung gab die klägerin im rahmen ihrer anhörung vor dem bundesamt für migration und flüchtlinge im wesentlichen an: sie stamme aus o. in b. und habe dort als ethnische b1. gelebt. nach dem ausbruch des krieges zwischen b2. und b. sei ihr mann – t. n. , geboren am 00.00.0000 – im frühjahr 1988 verschollen und sie selbst im november 1988 nach s. gegangen. danach habe sie ab 1995 bis zu ihrer ausreise in die bundesrepublik in der v. gelebt. 17mit bescheid vom 27. februar 2012 lehnte das bundesamt für migration und flüchtlinge unter bezugnahme auf § 30 abs. 3 asylvfg den antrag der klägerin auf anerkennung als asylberechtigte als offensichtlich unbegründet ab (ziffer 1) und stellte fest, dass die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen (ziffer 2). auch abschiebungsverbote lägen nicht vor (ziffer 3). zugleich forderte es die klägerin auf, die bundesrepublik deutschland innerhalb einer woche nach bekanntgabe der entscheidung zu verlassen und drohte ihr für den fall der nichteinhaltung dieser frist die abschiebung nach b2. an. die klägerin könne auch in einen anderen staat abgeschoben werden, in den sie einreisen dürfe oder der zu ihrer rückübernahme verpflichtet sei (ziffer 4). 18die klägerin hat am 00.00.0000 klage erhoben und einen antrag auf aussetzung der vollziehung gestellt. 19mit beschluss vom 30. april 2012 hat das verwaltungsgericht münster unter dem aktenzeichen 2 l 101/12.a dem antrag der klägerin auf aussetzung der vollziehung stattgegeben. 20die klägerin trägt vor: sie könne glaubhaft belegen, dass sie als ethnische b1. aus b. stamme. es sei nicht zutreffend, dass sie in wahrheit s1. t1. – geboren am 00.00.0000 – heiße und 000000 staatsangehörige sei. auch ihr sohn b3. n. und ihr enkelkind f. t2. – die kläger in den verfahren mit den aktenzeichen 2 k 1505/12.a und 2 k 1523/12.a – hätten nicht über ihre identität und staatsangehörigkeit getäuscht und hießen nicht in wahrheit b3. i. – geboren am 00.00.0000 – sowie f. o1. – geboren am 00.00.0000. es seien einige fragen nicht beantwortet, die ihr prozessbevollmächtigter unter anderem mit schriftsatz vom 16. mai 2014 formuliert habe. das schreiben des ministeriums für auswärtige angelegenheiten der republik b2. vom 3. oktober 2014 weise – wie auch das schreiben der zentralen ausländerbehörde c. vom 21. november 2013 – eine reihe von ungereimtheiten und widersprüchen auf. die aussagen beruhten nicht auf substanziellen feststellungen und ließen diese auch nicht erkennen. namentlich stünden sie auch zu sonstigen festgestellten oder feststellbaren tatsachen in widerspruch, die ihr prozessbevollmächtigter in seinen schriftsätzen im einzelnen benannt habe. so sei unter anderem eine bescheinigung der botschaft der republik b2. in c1. vom 12. dezember 2012 vorgelegt worden, wonach eine frau s1. t1. – geboren am 00.00.0000 – nach einer anfrage bei den zuständigen behörden in b2. in der datenbank der passbeschaffungsbehörde der polizei der republik b2. als 00000000 staatsangehörige nicht erfasst sei, keinen nationalpass der republik b2. erhalten und auch nie einen antrag auf einbürgerung gestellt habe. 21die klägerin trägt weiter vor: sie müsse verschiedene medikamente einnehmen. ihre aktuelle medikation ergebe sich aus dem medikamentenplan des arztes dr. med. t3. q. vom 00.00.0000, in dem die medikamente bisoprolol, enalapril, ass 100, simva basics und amlodipin aufgeführt seien. nach dem ärztlichen attest des dr. med. t3. q. vom 6. januar 2015 seien bei ihr die diagnosen arterielle hypertonie, chronische herzinsuffizienz, mitralklappenkrankheit und hypercholesterinämie gestellt worden. falls sie die verordneten medikamente nicht erhalte und ihre krankheiten unbehandelt blieben, drohe alsbald eine verschlimmerung ihres gesundheitszustandes. 22die klägerin beantragt, 23den bescheid der beklagten vom 00.00.0000 zu ziffer 1 im hinblick auf die offensichtlichkeit der unbegründetheit aufzuheben und im übrigen die ziffern 2 bis 4 des bescheides vom 00.00.0000 aufzuheben und die beklagte zu verpflichten, ihr die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, 24hilfsweise die beklagte zu verpflichten, ihr subsidiären schutz nach § 60 abs. 2 aufenthg in verbindung mit § 4 asylvfg zuzuerkennen, 25weiter hilfsweise die beklagte zu verpflichten festzustellen, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 oder abs. 7 satz 1 aufenthg vorliegen. 26die beklagte beantragt, 27die klage abzuweisen. 28zur begründung verweist sie auf den inhalt des angefochtenen bescheides. 29mit schreiben vom 21. november 2013 übersandte die zentrale ausländerbehörde c. dem gericht kopien armenischer passanträge, die vom 00000000 außenministerium übermittelt wurden und mit lichtbildern versehen sind, sowie kopien 0000000 staatsangehörigkeitsbescheinigungen der pass- und visabehörde der polizei der republik b2. vom 26. oktober 2012, die von der deutschen botschaft in f1. übermittelt wurden. sie sollen die klägerin unter ihrer wahren identität s1. t1. – geboren am 00.00.0000 – sowie ihre familie als armenische staatsangehörige ausweisen. 30auf den beweisbeschluss des gerichts vom 17. april 2014 hat das auswärtige amt in c1. mit schreiben vom 14. november 2014 stellung genommen und die verbalnote nr. 1108-1/19544 des ministeriums für auswärtige angelegenheiten der republik b2. vom 3. oktober 2014 übersandt, mit der dieses die 0000000 staatsangehörigkeit der s1. t1. – geboren am 00.00.0000 – und weiterer personen bestätigt und kopien armenischer passanträge mit lichtbildern beifügt. 31wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte, die beiakten hefte 1 bis 3 sowie die in das verfahren eingeführten erkenntnisse bezug genommen. 32
33die klage ist zulässig. 34insbesondere besteht für die klägerin auch ein rechtsschutzinteresse an der aufhebung des auf § 30 abs. 3 asylvfg gestützten offensichtlichkeitsausspruches des bundesamtes in ziffer 1 und 2 des bescheides vom 27. februar 2012. denn mit blick auf § 10 abs. 3 satz 2 aufenthg und seinen späteren aufenthaltsstatus hat ein asylbewerber, dessen asylantrag abgelehnt wurde, im rahmen seines gerichtlichen rechtsschutzes im hauptsacheverfahren zur vermeidung einer rechtsschutzlücke anspruch auf die überprüfung, ob seinem asylbegehren der makel der „offensichtlichen unbegründetheit“ nach § 30 abs. 3 asylvfg anhaftet. ein auf anordnung der aufschiebenden wirkung der asylklage gerichtetes eilverfahren führte zwar zu einer überprüfung des offensichtlichkeitsausspruches des bundesamtes, schaffte diesen jedoch nicht aus der welt. auch eine ausländerbehördliche oder gerichtliche überprüfung des offensichtlichkeitsausspruches im verfahren auf erteilung eines aufenthaltstitels käme nach dem wortlaut des § 10 abs. 3 satz 2 aufenthg nicht in frage, demzufolge es nicht auf das vorliegen der voraussetzungen des § 30 abs. 3 asylvfg ankommt, sondern auf die bloße tatsache der ablehnung des asylantrages nach § 30 abs. 3 asylvfg. das rechtsschutzinteresse an der aufhebung des offensichtlichkeitsausspruches kann allerdings nur so weit reichen, wie auch die sperrwirkung des § 10 abs. 3 satz 2 aufenthg reicht, mithin sich nur auf eine ablehnung als offensichtlich unbegründet beziehen, die – wie hier – konkret auf § 30 abs. 3 asylvfg gestützt ist. 35vgl. bverwg, urteil vom 21. november 2006 – 1 c 10.06 –, juris rn. 21 ff.; vg düsseldorf, urteil vom 14. september 2007 – 21 k 2318/07.a –, juris rn. 15 ff.; vg stuttgart, urteil vom 13. april 2005 – a 11 k 11220/03 –, juris rn. 49 ff. 36die klage hat jedoch in der sache keinen erfolg. 37der angefochtene bescheid ist im umfang der gegen ihn erhobenen klage rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten (§ 113 abs. 1 satz 1, abs. 5 satz 1 vwgo). die klägerin hat keinen anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft. sie kann auch nicht mit erfolg die aufhebung des offensichtlichkeitsausspruchs in ziffer 1 und 2 des angefochtenen bescheides verlangen. einen anspruch auf zuerkennung subsidiären schutzes nach § 60 abs. 2 aufenthg in verbindung mit § 4 asylvfg oder die feststellung des vorliegens von abschiebungsverboten nach § 60 abs. 5 oder abs. 7 satz 1 aufenthg besitzt sie ebenfalls nicht. gegen die in dem angefochtenen bescheid enthaltene abschiebungsandrohung ist rechtlich nichts zu erinnern. 38die klägerin hat keinen anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 asylvfg. 39nach dieser vorschrift ist ein ausländer flüchtling im sinne des abkommens über die rechtsstellung der flüchtlinge, wenn er sich aus begründeter furcht vor verfolgung wegen seiner rasse, religion, nationalität, politischen überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe außerhalb des landes (herkunftsland) befindet, dessen staatsangehörigkeit er besitzt und dessen schutz er nicht in anspruch nehmen kann oder wegen dieser furcht nicht in anspruch nehmen will oder in dem er als staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser furcht nicht zurückkehren will. 40die klägerin ist – anders als sie geltend macht – in bezug auf b. keiner verfolgung im obigen sinne ausgesetzt. 41denn es ist schon nicht davon auszugehen, dass die klägerin – wie sie vorträgt – b4. o2. heißt, am 00.00.0000 in o. in b. als ethnische b1. geboren wurde und dort bis zu ihrer durch den ausbruch des krieges zwischen b2. und b. bedingten flucht nach s. im november 1988 gelebt hat. vielmehr steht zur überzeugung des gerichts fest, dass die klägerin in wahrheit s1. t1. – vatersname: h. – heißt, am 00.00.0000 in b2. (dorf: b5. , region: b6. ) geboren wurde und 0000000 staatsangehörige ist. dies ergibt sich maßgeblich aus der als anlage zur verbalnote nr. 1108-1/19544 des ministeriums für auswärtige angelegenheiten der republik b2. vom 3. oktober 2014 übersandten und mit einem lichtbild versehenen kopie eines passantrags der s1. t1. (vgl. blatt 308 f. der gerichtsakte), welche bereits mit schreiben vom 21. november 2013 durch die zentrale ausländerbehörde c. – mit deutscher übersetzung, aber in schlechterer kopierqualität – (vgl. blatt 178 bis 180 der gerichtsakte) an das gericht übermittelt wurde. ergänzend wird diesbezüglich bezug genommen auf die bestätigung der armenischen staatsangehörigkeit der s1. t1. – vatersname: h. , geboren am 00.00.0000 – durch das ministerium für auswärtige angelegenheiten der republik b2. mit verbalnote nr. 1108-1/19544 vom 3. oktober 2014 (vgl. blatt 300 bis 302 der gerichtsakte) sowie durch die pass- und visabehörde der polizei der republik b2. mit bescheinigung vom 26. oktober 2012 (vgl. blatt 189 bis 190 der gerichtsakte). 42die vorbezeichnete kopie eines passantrags der s1. t1. ist nach ihrem beweiswert geeignet, das gericht von der wahren identität der klägerin zu überzeugen. das lichtbild auf der vorderseite des passantrages zeigt die klägerin in jüngeren jahren und ist ohne weiteres mit dem zeitpunkt der passantragstellung im jahre 1995 vereinbar. auf der hinterseite ist das alte, vorherige passfoto zu erkennen. dieses zeigt ein foto der klägerin, das noch weiter in die vergangenheit zurückreicht. es kann dem auf der vorderseite mit weiteren passdaten angegebenen ausstellungsdatum des alten passes – 19. august 1982 – zugeordnet werden. in diesem zusammenhang ist nicht erkennbar, warum die behörden in b2. – wo sich die klägerin nie aufgehalten haben will – über derartig charakteristisches bildmaterial der klägerin aus der vergangenheit verfügen sollten, es sei denn dieses stammt tatsächlich aus einem regulären passantragsverfahren in b2. . 43ausweislich der als anlage zur verbalnote nr. 1108-1/19544 des ministeriums für auswärtige angelegenheiten der republik b2. vom 3. oktober 2014 übersandten kopie des passantrags der s1. t1. , die eine deutlich bessere kopierqualität als die mit schreiben der zentralen ausländerbehörde c. vom 21. november 2013 übersandte kopie aufweist, ist das dortige foto der klägerin mit einem stempel versehen. der in der mündlichen verhandlung gestellte beweisantrag zu 1) war deswegen insoweit wegen eigener sachkunde des gerichts abzulehnen. es deutet auch nichts darauf hin, dass der auf dem passantrag der s1. t1. verwendete stempel nicht nach inhalt und form denjenigen stempeln bzw. siegeln entspricht, wie sie auf passanträgen der republik b2. 1995 zu verwenden gewesen wären, bzw. dass inhalt und form dieser art nicht feststellbar sind. die klägerin hat insofern eine behauptung „ins blaue hinein“ aufgestellt und keine tatsächlichen, eine dahingehende vermutung rechtfertigenden anhaltspunkte geliefert. aus diesem grund war der beweisantrag zu 2) – auch insoweit – mangels substanziiertheit abzulehnen. die unter beweis gestellte tatsache ist erkennbar grundlagenlos. 44angesichts der in diesem verfahren zur feststellung der identität der klägerin vorgelegten dokumente – namentlich des durch das ministerium für auswärtige angelegenheiten der republik b2. übermittelten passantrags der s1. t1. sowie der bestätigung der 0000000 staatsangehörigkeit der s1. t1. durch das ministerium für auswärtige angelegenheiten der republik b2. mit verbalnote vom 3. oktober 2014 und durch die pass- und visabehörde der polizei der republik b2. mit bescheinigung vom 26. oktober 2012 – liegen ebenfalls keine anhaltspunkte dafür vor, dass für die klägerin in der republik b2. keine geburtsurkunde bzw. kein geburtseintrag existierte und existiert. der vortrag der klägerin ist insofern erkennbar „aus der luft gegriffen“. dementsprechend war der beweisantrag zu 3) – auch insoweit – mangels substanziiertheit abzulehnen. die unter beweis gestellte tatsache ist erkennbar grundlagenlos. dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass laut einer von der klägerin in beglaubigter kopie vorgelegten bescheinigung der botschaft der republik b2. in c1. vom 12. dezember 2012 (vgl. blatt 253 der gerichtakte) eine frau s1. t1. – geboren am 00.00.0000 – in der datenbank der passbeschaffungsbehörde der polizei der republik b2. als 0000000 staatsangehörige nicht erfasst sei, keinen nationalpass der republik b2. erhalten und auch nie einen antrag auf einbürgerung gestellt habe. denn das gericht hat diese bescheinigung vom 12. dezember 2012 zum anlass genommen, durch beschluss vom 17. april 2014 weitere aufklärung im wege der einholung einer amtlichen auskunft des auswärtigen amtes in c1. zu betreiben. in seinem anschreiben an das auswärtige amt mit demselben datum ist das gericht auf die vorbenannte bescheinigung der botschaft der republik b2. in c1. ausdrücklich eingegangen. das auswärtige amt hat daraufhin mit schreiben vom 14. november 2014 gegenüber dem gericht stellung genommen und nimmt dabei bezug auf die ebenfalls übermittelte verbalnote nr. 1108-1/19544 des ministeriums für auswärtige angelegenheiten der republik b2. vom 3. oktober 2014, wonach die armenische staatsangehörigkeit der s1. t1. – geboren am 00.00.0000 – bestätigt und ihr passantrag in kopie übermittelt wird. die bescheinigung der botschaft der republik b2. in c1. vom 12. dezember 2012 muss danach als durch aktuelle auskünfte überholt und entkräftet angesehen werden. hinzu kommt, dass das auswärtige amt in c1. noch in seinem bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der republik b2. vom 8. november 2010 ausführt, dass in nicht wenigen fällen, in denen die 00000000 botschaft in c1. feststellte, dass betroffene nicht im besitz der armenischen staatsangehörigkeit sind, später nachgewiesen werden konnte, dass dies sehr wohl der fall ist. wenn hingegen die armenische staatsangehörigkeit festgestellt wird, kann mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass dies auch zutrifft. 45vgl. bericht des auswärtigen amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der republik b2. vom 8. november 2010 (stand: oktober 2010), seite 17 unter v.3. 46ob der vom prozessbevollmächtigten der klägerin im rahmen der mündlichen verhandlung im original vorgelegte scheidungsbeleg nr. 017519 vom 25. januar 2010 betreffend die eintragung der scheidung der ehe des w. i. mit s2. s4. am 00.00.0000 im registrierungsbuch der ehescheidungen (vgl. die übersetzung bl. 214 der gerichtsakte) echt und inhaltlich richtig ist, ist unerheblich. es spielt nämlich für die hier zu klärende frage der identität bzw. staatsangehörigkeit der klägerin schon keine rolle, ob sie überhaupt eine ehe im sinne des 0000000 rechts mit w. i. eingegangen ist. im übrigen schließt eine scheidung der ehe des w. i. mit s2. s3. am 4. juni 1987 nicht aus, dass die klägerin zuvor eine ehe mit w. i. eingegangen ist, die vor dessen eheschließung mit s2. s3. geschieden wurde. dementsprechend wurde der diesbezügliche beweisantrag zu 4) abgelehnt. 47die klägerin beruft sich mit blick auf den durch das ministerium für auswärtige angelegenheiten der republik b2. übermittelten passantrag der s1. t1. darauf, dass sie unter der dort angegebenen anschrift i1. , 00. straße, 0. gasse, haus 0 nie angemeldet und wohnhaft gewesen sei. sie stützt ihren vortrag auf eine nach eigenen angaben durch einschaltung der rechtsanwältin p. n1. in b2. erlangte dreiseitige kopie eines hausbuchs (vgl. blatt 372 bis 374 der gerichtsakte) zu dieser anschrift, in der der name s1. t1. nicht aufgeführt sei. in bezug auf diese dreiseitige kopie kann – mit ausnahme der teilabdeckung auf seite 1 – insoweit als wahr unterstellt werden, dass sie dem original entspricht. soweit die klägerin allerdings darüber hinaus eine beweiserhebung dazu verlangt, dass der aus der kopie ersichtliche inhalt vollständig und richtig sei und die klägerin und ihre im bundesgebiet lebenden verwandten danach dort nicht angemeldet und wohnhaft gewesen seien, handelt es sich um einen auf ausforschung gerichteten und damit unzulässigen beweisermittlungsantrag. dies ergibt sich maßgeblich aus der kumulierten verwendung der weitläufigen begrifflichkeiten der „vollständigkeit“ und „richtigkeit“ in diesem zusammenhang, die auf die einholung weiterer informationen im vorfeld angelegt ist. die vorgelegte kopie des hausbuchs und die in dem beweisantrag benannten beweismittel sind jedenfalls nicht geeignet, ohne weitere ermittlungen die in dem beweisantrag aufgeworfenen fragen zu klären. der beweisantrag zu 5) war aus diesem grunde abzulehnen. 48soweit der prozessbevollmächtigte der klägerin geltend macht, dass die von der rechtsanwältin p. n1. in b2. befragten hausbewohner in bezug auf die klägerin und ihre im bundesgebiet lebenden verwandten im hinblick auf deren vorgelegte fotos ein wohnen in den in den den klägern und ihren verwandten zugeordneten passanträgen bezeichneten wohnungen mit sicherheit ausgeschlossen hätten und dies auch heute ausschlössen, kann dies entsprechend dem beschluss über die ablehnung des beweisantrags zu 6) als wahr unterstellt werden. die wahrunterstellung, dass diese aussagen durch die befragten hausbewohner gegenüber der rechtsanwältin p. n1. erfolgt sind, sagt jedoch noch nichts darüber aus, welcher beweiswert den aussagen zukommt. nach der überzeugung des gerichts ist dieser beweiswert als gering einzuschätzen ist. denn gerade wenn die klägerin und ihre verwandten in den in den passanträgen bezeichneten wohnungen gelebt haben sollten, bestünde nach hiesiger auffassung durchaus die möglichkeit, dass falschaussagen von bekannten bewohnern in der nachbarschaft für das eigene asylverfahren in der bundesrepublik eingeholt wurden. im übrigen verwundert es, dass die klägerin, die nach eigenen angaben mit ihren kindern nie in b2. gelebt haben will, über derartig gute kontakte in diesem land verfügt, dass sie von der bundesrepublik aus – unter anderem – eine dort lebende rechtsanwältin zwecks recherche zu konkreten anschriften in f1. einschalten konnte. 49das von dem prozessbevollmächtigten der klägerin in dem beweisantrag zu 7) benannte beweisthema, dass es keine mit namen und adresse bezeichnete und bezeichenbare person gebe, die wisse und erklärt habe, dass die klägerin und ihre im bundesgebiet lebenden verwandten unter den in ihren ihnen jeweils zugeordneten passanträgen bezeichneten wohnungen gelebt hätten und angemeldet gewesen seien, dass im übrigen sie kein wissen bekundet habe und bekunden könne, wie der inhalt der aussagen darüber in ihr wissen gelangt sei, auch in bezug auf die vorgebliche kenntnis des geburtsdatums 00.00.0000 der tochter d. der klägerin, ist ersichtlich auf ausforschung gerichtet, weswegen der beweisantrag zu 7) als unzulässiger beweisermittlungsantrag abzulehnen war. die klägerin will über ihren prozessbevollmächtigten (negativ-)tatsachen, die der unmittelbaren eigenen wahrnehmung entzogen sind, erst durch die beweisaufnahme ermitteln lassen. im übrigen ist das in dem beweisantrag unter 2. benannte beweismittel untauglich, da die dort benannte person nicht identifiziert ist. 50das gericht konnte davon absehen, die von dem prozessbevollmächtigten der klägerin in dem beweisantrag zu 8) benannte und in b2. (region l. bzw. l1. , dorf b7. bzw. b8. , haus 0) lebende t4. h1. , vatersname t5. , als zeugin zu vernehmen, weil die vernehmung nach dem pflichtgemäßen ermessen des gerichts zur erforschung der wahrheit als nicht erforderlich angesehen wird, vgl. § 244 abs. 5 satz 2 stpo. dies ergibt sich aus einer am grundsatz der verhältnismäßigkeit orientierten abwägung der bedeutung und des beweiswerts des beweismittels vor dem hintergrund der bisherigen beweisaufnahme einerseits und des zeitlichen sowie organisatorischen aufwands der ladung und der vernehmung andererseits. die entscheidung über den einen auslandszeugen betreffenden beweisantrag darf das gericht davon abhängig machen, welche ergebnisse von der beweisaufnahme zu erwarten sind und wie diese zu erwartenden ergebnisse zu würdigen wären; kommt es dabei unter berücksichtigung der begründung des beweisantrags und der in der bisherigen beweisaufnahme angefallenen erkenntnisse zu dem ergebnis, dass der zeuge die beweisbehauptung nicht werde bestätigen können oder dass ein einfluss auf seine überzeugung auch dann sicher ausgeschlossen sei, wenn der zeuge die in sein wissen gestellte behauptung bestätigen werde, ist eine ablehnung des beweisantrags rechtlich nicht zu beanstanden. 51vgl. bverwg, urteil vom 29. märz 2012 – 2 a 11/10 –, juris rn. 53; bverwg, beschluss vom 20. mai 1998 – 7 b 440.97 –, juris rn. 19 mit weiteren nachweisen. 52in anwendung dieses maßstabs hat das gericht in seine entscheidung eingestellt, dass die klägerseite einen vom 8. mai 2013 datierenden brief der t4. h1. übermittelt hat, in dem diese angaben zur persönlichen bekanntschaft der klägerin unter dem namen b4. o2. sowie ihrer vier kinder macht und von der gemeinsamen herkunft aus o. in b. berichtet. dem brief ist eine kopie einer geburtsurkunde beigefügt, die angibt, dass t4. h1. am 00.00.0000 in o. in b. als kind von eltern mit 00000000 nationalität geboren sei. selbst wenn t4. h1. ihre im brief gemachten angaben als zeugin vor gericht bestätigen würde, wäre diesem vortrag vor dem hintergrund der bisherigen beweisaufnahme und wegen des herausragenden beweiswerts des durch das ministerium für auswärtige angelegenheiten der republik b2. übermittelten passantrags der s1. t1. sowie der bestätigung der armenischen staatsangehörigkeit der s1. t1. durch das ministerium für auswärtige angelegenheiten der republik b2. mit verbalnote vom 3. oktober 2014 und durch die pass- und visabehörde der polizei der republik b2. mit bescheinigung vom 26. oktober 2012 nach der überzeugung des gerichts nicht zu folgen. in diesem zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass es für die klägerin – wenn sie tatsächlich s1. t1. ist und aus b2. kommt – unschwer möglich gewesen sein dürfte, eine in b2. lebende person – wie es die von der klägerin benannte t4. h1. ist – dazu zu bewegen, gegenüber einrichtungen eines anderen landes wie die bunderepublik zu erklären, dass die klägerin und ihre familie wie sie selbst aus o. in b. stammten. hinsichtlich der in kopie vorgelegten geburtsurkunde der t4. h1. ist anzumerken, dass eine etwaige tatsächliche herkunft der t4. h1. aus o. in b. keinen logischen schluss darauf zulässt, dass dies in bezug auf die klägerin und ihre familie ebenfalls der fall ist. im übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es in b2. grundsätzlich problemlos möglich ist, gefälschte dokumente zu beschaffen. ge- und verfälschte personenstandsurkunden kommen häufig vor. 53vgl. bericht des auswärtigen amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der republik b2. vom 7. februar 2014 (stand: dezember 2013), seite 19 unter v.1.2. 54nach der – hier ausnahmsweise zulässigen – beweisantizipation konnte der beweisantrag zu 8) abgelehnt werden. denn ein einfluss des benannten beweismittels auf die gerichtliche überzeugung war sicher auszuschließen. 55das gericht konnte ferner davon absehen, dem in dem beweisantrag zu 9) benannten beweisthema nachzugehen, wonach zu beweis gestellt wurde, dass die von der klägerin benutzte sprechweise eine sprechweise sei, wie sie in f1. oder im gebiet der heutigen republik b2. nicht gesprochen werde, wie sie aber in der 0000000stämmigen e. der sogenannten b9. dörfer wie o. in b. gesprochen werde und dass die in der mündlichen verhandlung geäußerte sprachliche herkunftsbeurteilung der dolmetscherin frau q1. zutreffend sei. denn die von der klägerin aktuell – namentlich auch im rahmen der mündlichen verhandlung – benutzte sprechweise sagt nach der überzeugung des gerichts nichts über die hier maßgebliche frage der wahren identität der klägerin und ihr originäres heimatland aus. der beweisantrag zu 9) war dementsprechend wegen unerheblichkeit abzulehnen. in diesem zusammenhang fällt entscheidend ins gewicht, dass die klägerin nach ihrem eigenen vortrag b. im november 1988 verlassen haben will und somit seit circa 27 jahren unterschiedlichsten anderen spracheinflüssen ausgesetzt wäre. zudem ist auch in bezug auf die mit der klägerin in verbindung gebrachte identität der s1. t1. anzuführen, dass diese ausweislich des sie betreffenden und durch das ministerium für auswärtige angelegenheiten der republik b2. übermittelten passantrags jedenfalls noch im jahre 1995 bei den behörden in kernarmenien vorstellig geworden sein soll, was aber vorherige und auch nachfolgende berührungen mit und aneignungen von unterschiedlichsten anderen spracheinflüssen – auch noch in der bunderepublik – nicht ausschließt. gegen einen schluss von der aktuellen sprechweise der klägerin auf ihre identität und ihr originäres heimatland spricht auch, dass bereits in der vergangenheit – und damit in bezug auf die seinerzeit aktuelle sprechweise – einschätzungen vorgenommen wurden bzw. von solchen einschätzungen berichtet wurde, die sich nicht mit den äußerungen der dolmetscherin frau q1. im rahmen der mündlichen verhandlung decken. so ist am ende des protokolls der am 30. januar 2012 von dem bundesamt für migration und flüchtlinge durchgeführten anhörung der hinweis enthalten, dass die klägerin laut auskunft der sprachmittlerin frau t6. ein b10. spreche, das im kernland b2. gesprochen werde, vgl. beiakte heft 1, blatt 83 = seite 7 des anhörungsprotokolls. ferner führt der mitarbeiter herr x. der zab c. in seinem gesprächsvermerk vom 21. juni 2011 über ein identifizierungsgespräch der klägerin am 14. juni 2011 mit der hierfür angereisten armenischen expertenkommission aus, dass die armenischen experten nach kurzer beratung erklärt hätten, dass sie sich aus dem zwiegespräch der klägerin mit der übersetzerin bereits einen eindruck zum sprachvermögen hätten verschaffen können. die klägerin spreche fließend in der (gegenwärtigen) ostarmenischen sprache, die in dieser form typischerweise von „inlandsarmeniern“ (einwohnern der republik b2. ) benutzt werde. insbesondere sei in der aussprache der betroffenen kein „000000 dialekt“ feststellbar, vgl. beiakte heft 2, blatt 491 f. im übrigen hat die dolmetscherin frau q1. , die selbst aus h2. stammt, im rahmen der mündlichen verhandlung lediglich berichtet, dass die klägerin – soweit sie nicht in die 0000000 sprache verfallen ist, vgl. seite 2 des protokollabdrucks – mit ihr ein b10. spreche, das in bestimmten gebieten gesprochen bzw. nicht gesprochen werde. frau q1. hat aber keine bestimmung bzw. beurteilung der herkunft der klägerin im sinne eines schlusses von der aktuell verwendeten sprechweise auf ihr originäres heimatland vorgenommen, vgl. seite 5 des protokollabdrucks. 56der von dem prozessbevollmächtigten der klägerin gestellte beweisantrag zu 10) a) und b) konnte schon deshalb abgelehnt werden, weil er keine beweistatsache thematisiert, sondern auf die überprüfung von wertungen bzw. rechtlichen würdigungen gerichtet ist, die nicht dem beweis zugänglich sind. unabhängig davon geht das gericht davon aus, dass das auswärtige amt in c1. stellungnahmen von außenministerien fremder länder, die es – wie hier mit schreiben vom 14. november 2014 – auf einen auf einholung einer amtlichen auskunft gerichteten gerichtlichen beschluss hin an das gericht übersendet, sich zu eigen macht. 57schließlich gilt in bezug auf die kopie der bescheinigung der botschaft der 0000000 republik in c1. vom 9. september 2003 (vgl. beiakte heft 1, blatt 97), wonach unter anderem frau b11. o2. – geboren am 00.00.0000 – und ihre kinder b3. und d. n. tatsächlich aus b. stammen und bis november 1988 in b. wohnhaft gewesen sein sollen, dass nach der überzeugung des gerichts nicht von der inhaltlichen richtigkeit dieser bescheinigung auszugehen ist. die beklagte hat diesbezüglich in ihrem bescheid vom 27. februar 2012 bereits überzeugende ausführungen gemacht, vgl. dort seiten 6 und 7. im übrigen weigern sich aserbaidschanische behörden – auch die 0000000 botschaft in c1. – kategorisch, die 00000000 staatsangehörigkeit von in deutschland lebenden personen mit 00000000 namen anzuerkennen, selbst wenn diese angeben, 000000 zu sein und dies mit alten 000000 oder 000000/00000000 dokumenten belegen können. 58vgl. bericht des auswärtigen amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der republik b. vom 14. februar 2014 (stand: januar 2014), seite 13 unter ii.1.3. 59es ist vor diesem hintergrund nicht plausibel, warum die aserbaidschanische botschaft in c1. bereitwillig und ohne weiteres eine bescheinigung mit den beschriebenen angaben ausstellen sollte, wobei auch fraglich ist, ob sie überhaupt über die dafür notwendigen informationen verfügt. daneben ist allgemein darauf zu verweisen, dass das aserbaidschanische urkundenwesen nicht zuverlässig ist. 60vgl. bericht des auswärtigen amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der republik b. vom 14. februar 2014 (stand: januar 2014), seite 22 unter v.1. 61die klägerin ist in bezug auf b2. ebenfalls keiner verfolgung im sinne von § 3 asylvfg ausgesetzt. 62dies gilt insbesondere auch insoweit, als die klägerin als angehörige von personen anzusehen sein sollte, die sich dem wehrdienst in b2. entzogen haben. der prozessbevollmächtigte der klägerin hat zwar diesbezüglich in seinem schriftsatz vom 26. april 2012 unter abgabe von beweisangeboten ausgeführt, dass in der republik b2. zeitweise familienangehörige von deserteuren geiselähnlichen repressalien ausgesetzt gewesen seien – vgl. dort seite 6 unter 2.d. – und diese passage als teil weiterer ausführungen in der mündlichen verhandlung als hilfsbeweisantrag gestellt. der hilfsbeweisantrag ist jedoch insoweit abzulehnen. denn zum einen sind die angebotenen beweismittel völlig untauglich, da es sich um gutachten bzw. auskünfte aus den jahren 1994 und 1995 handelt, die keine aussagekraft für die aktuelle situation in b2. besitzen. zum anderen besitzt das gericht die eigene sachkunde, vermittelt durch die in das verfahren eingeführten erkenntnisse. danach gibt es kollektivhaft – zum beispiel innerhalb der familie – in b2. nach erkenntnissen des auswärtigen amtes nicht. 63vgl. bericht des auswärtigen amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der republik b2. vom 7. februar 2014 (stand: dezember 2013), seite 11 unter ii.1.5. 64der in ziffer 1 und 2 des angefochtenen bescheides vom 27. februar 2012 getroffene offensichtlichkeitsausspruch ist rechtlich nicht zu beanstanden. dies ergibt sich bereits aus den vorangegangen ausführungen, nach denen das gericht davon überzeugt ist, dass die klägerin nicht b4. o2. – geboren am 00.00.0000 als ethnische b1. in o. in b. – ist, sondern in wahrheit s1. t1. – vatersname: h. , geboren am 00.00.0000 in b2. (dorf: b5. , region: b6. ) – heißt und 0000000 staatsangehörige ist. damit liegen jedenfalls die voraussetzungen des § 30 abs. 3 nr. 2 asylvfg hier vor, wonach ein unbegründeter asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist, wenn der ausländer im asylverfahren über seine identität oder staatsangehörigkeit täuscht oder diese angaben verweigert. in diesem zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass das verwaltungsgericht seine entscheidung zulässigerweise auf einen liquiden, bereits zur zeit der entscheidung des bundesamts verwirklichten qualifizierungsgrund stützen kann. 65vgl. funke-kaiser, in: gk-asylvfg, § 30 rn. 159 (stand: juni 2014), § 36 rn. 68 (stand: februar 2013), § 74 rn. 27 (stand: november 2014) mit weiteren nachweisen. 66die klägerin ist auch nicht subsidiär schutzberechtigte. nach § 4 abs. 1 asylvfg ist ein ausländer subsidiär schutzberechtigter, wenn er stichhaltige gründe für die annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem herkunftsland ein ernsthafter schaden droht. als ernsthafter schaden gilt die verhängung oder vollstreckung der todesstrafe, folter oder unmenschliche oder erniedrigende behandlung oder bestrafung oder eine ernsthafte individuelle bedrohung des lebens oder der unversehrtheit einer zivilperson infolge willkürlicher gewalt im rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten konflikts. es bestehen – namentlich vor dem hintergrund der obigen ausführungen – keine anhaltspunkte dafür, dass der klägerin ein derartiger ernsthafter schaden droht. 67für das vorliegen eines abschiebungsverbots nach § 60 abs. 5 aufenthg ist – namentlich vor dem hintergrund der obigen ausführungen – ebenso nichts ersichtlich. 68die klägerin hat ebenfalls keinen anspruch auf feststellung eines abschiebungsverbots nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg. hiernach soll von der abschiebung eines ausländers in einen anderen staat abgesehen werden, wenn dort für diesen ausländer eine erhebliche konkrete gefahr für leib, leben oder freiheit besteht. eine gefahr im sinne des § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg liegt bei einer zu erwartenden verschlimmerung einer erkrankung im abschiebezielstaat vor, wenn sich der gesundheitszustand des betreffenden ausländers mit beachtlicher wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner ankunft im abschiebezielstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde, weil die notwendige ärztliche behandlung oder medikation dort wegen des geringeren versorgungsstandards generell nicht verfügbar oder dem betroffenen ausländer aus finanziellen oder sonstigen gründen nicht zugänglich ist. 69vgl. bverwg, urteil vom 29. juli 1999 – 9 c 2/99 –, juris; urteil vom 29. oktober 2002 – 1 c 1/02 –, dvbl 2003, 463; ovg nrw, urteil vom 2. februar 2005 – 8 a 59/04.a –, juris. 70diese voraussetzungen sind hier nicht gegeben. 71mit blick auf die frage des zugangs der klägerin zu ärztlicher behandlung bzw. medikation in b2. ist zu beachten, dass die medizinische grundversorgung in b2. flächendeckend gewährleistet ist. das gesetz über die kostenlose medizinische behandlung regelt den umfang der ambulanten oder stationären behandlung bei bestimmten krankheiten, leistungen für medikamente sowie zusätzlich für bestimmte sozial bedürftige gruppen (zum beispiel kinder, flüchtlinge, invaliden). es hängt allerdings von der durchsetzungsfähigkeit und eigeninitiative der patienten ab, ob es gelingt, ihr recht auf kostenlose behandlung durchzusetzen. dennoch ist die qualität der medizinischen dienstleistung weiterhin häufig von „freiwilligen zuzahlungen“ bzw. „zuwendungen“ an den behandelnden arzt abhängig, auch bei abschluss einer privaten krankenversicherung. in letzter zeit erschienen in der presse artikel mit informationen über die kostenlose behandlung; immer mehr patienten bestehen erfolgreich auf diesem recht. die behandlung in der poliklinik des jeweiligen wohnbezirks ist grundsätzlich kostenlos. 72vgl. bericht des auswärtigen amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der republik b2. vom 7. februar 2014 (stand: dezember 2013), seite 17 unter iv.1.2. 73im übrigen ist zu beachten, dass die in dem für die klägerin erstellten aktuellen medikamentenplan des dr. med. t3. q. vom 6. januar 2015 aufgeführten und jeweils einmal täglich einzunehmenden medikamente bzw. deren wirkstoffe in b2. erhältlich sind. bisoprolol ist pro packung (50 tabletten à 5 mg) für 3.200 000000 (amd) erhältlich, wobei dies etwa 7 euro entspricht. enalapril ist zugelassen und in den apotheken für 490 amd (5 mg n30) erhältlich, was circa 1 euro entspricht. ass100 mit dem wirkstoff acetylsalicylsäure kostet pro packung (20 stück à 100 mg) etwa 2,46 euro. amlodipin wird pro packung (30 tabletten à 10 mg) für 1.350 amd bzw. 3,5 us dollar angeboten, was höchstens circa 3,5 euro entspricht. schließlich ist der in dem medikament simva basics enthaltene wirkstoff simvastatin in b2. pro packung (28 tabletten à 10 mg) für 3.200 amd bzw. 8,5 us dollar erhältlich, was höchstens circa 8,5 euro entspricht. 74vgl. bericht der botschaft der brd f1. vom 14. dezember 2007 an das vg düsseldorf; bericht des auswärtigen amtes vom 8. september 2004 an das vg schleswig; bericht der botschaft der brd f1. vom 8. mai 2014 an das vg schwerin; bericht der botschaft der brd f1. vom 19. juli 2010 an das bundesamt für migration und flüchtlinge, seite 4; bericht der botschaft der brd f1. vom 9. juni 2011 an das bundesamt für migration und flüchtlinge, seite 4. 75das gericht konnte die von dem prozessbevollmächtigten der klägerin gestellten beweisanträge zu 11) und 12 a) ablehnen, weil es die eigene sachkunde besitzt, vermittelt durch die in das verfahren eingeführten erkenntnisse. 76es ist auch davon auszugehen, dass die klägerin die von ihr benötigten medikamente in b2. erhalten wird. die kosten für die dargestellte, in b2. vorhandene medikation der klägerin liegen lediglich im bereich von circa 20 euro im monat. hinzu kommt, dass die klägerin über ein weit verzweigtes familiäres netzwerk verfügt, das sich nicht nur auf die drei in der bundesrepublik lebenden kinder b3. , b12. und d. beschränkt. vielmehr hat die klägerin – wie in der mündlichen verhandlung vorgetragen wurde – eine weitere tochter m. , die in h2. lebt. ferner hat sie einen schwiegersohn – den ehemann der d. –, der deutscher staatsangehöriger ist. auch ihre enkelin n2. ist im erwerbsfähigen alter und besitzt eine aufenthaltserlaubnis für die bunderepublik. es ist vor diesem hintergrund davon auszugehen, dass die klägerin von ihrer familie ausreichende finanzielle unterstützung erhält. darüber hinaus steht – namentlich in anbetracht des umfangreichen vortrags der klägerin in diesem verfahren – zur überzeugung des gerichts fest, dass die klägerin auch über ein ausgeprägtes außerfamiliäres netzwerk mit zahlreichen kontaktpersonen – insbesondere in b2. – verfügt, auf das sie zurückgreifen kann. so konnte die klägerin von der bunderepublik aus unter anderem eine rechtsanwältin sowie einen journalisten in b2. mobilisieren und hat mit t4. h1. eine in b2. lebende person als zeugin benannt. schließlich ist darauf hinzuweisen, dass rückkehrer nach ihrer ankunft in b2. in die gesellschaft integriert werden und häufig ihre in deutschland geknüpften kontakte nutzen. sie haben zugang zu allen berufsgruppen, auch im staatsdienst, und überdurchschnittlich gute chancen, arbeit zu finden. 77vgl. bericht des auswärtigen amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der republik b2. vom 7. februar 2014 (stand: dezember 2013), seite 18 unter iv.2. 78der von dem prozessbevollmächtigten der klägerin gestellte beweisantrag zu 12 b), mit dem zu beweis gestellt wurde, dass die klägerin die zur privaten finanzierung erforderlichen mittel selbst oder durch verwandte nicht aufbringen kann und nicht besitzt, und in dem die parteivernehmung der klägerin sowie die zeuginnen b12. n. (i. ) und d. l2. als beweismittel benannt wurden, konnte als unsubstanziiert abgelehnt werden. denn das beweisthema ist schon nicht bestimmt genug. dies gilt namentlich mit blick auf die wendung „zur privaten finanzierung erforderlichen mittel“, die die höhe eines aufzuwendenden geldbetrages völlig offenlässt, sowie bezüglich des weitläufigen begriffs „durch verwandte“, der keine konkrete personenbestimmung beinhaltet. zudem ist in bezug auf die aufgeführten beweismittel nicht ersichtlich, dass die benannten personen über ihre eigenen gegenwärtigen finanziellen verhältnisse hinaus belastbare angaben zu den einkommens- bzw. vermögensverhältnissen anderer personen machen könnten. der beweisantrag ist insofern unsubstanziiert, weil er auf ausforschung gerichtet ist. schließlich ist er auch deshalb unsubstanziiert, weil die behauptung, die private finanzierung sei nicht möglich, vor dem hintergrund der sich – wie dargestellt – im bereich von circa 20 euro im monat bewegenden kosten für die medikation der klägerin als erkennbar „aus der luft gegriffen“ angesehen werden muss. 79des weiteren ist in bezug auf die ausführungen des prozessbevollmächtigten der klägerin in seinem schriftsatz vom 26. april 2012 – soweit dieser sie im rahmen der mündlichen verhandlung als hilfsbeweisantrag gestellt hat und soweit sie sich nicht ohnehin auf c2. -l3. als inländische fluchtalternative in b. beziehen und daher hier unerheblich sind – folgendes festzuhalten: hinsichtlich des gesundheitszustands der klägerin und der von ihr benötigten medikation besitzt das gericht die eigene sachkunde vermittelt durch die vorgelegten aktuellen ärztlichen bescheinigungen – namentlich des dr. med. t3. q. –, weswegen der hilfsbeweisantrag insoweit abzulehnen ist. soweit unter beweis gestellt werden soll, dass die klägerin – auch bei optimal eingestellter medikation und engmaschiger ärztlicher betreuung – nicht erwerbsfähig ist, ist der hilfsbeweisantrag unsubstanziiert. denn angesichts der vorgelegten aktuellen ärztlichen bescheinigungen – namentlich des dr. med. t3. q. – erfolgt diese behauptung „ins blaue hinein“. laut dem attest dieses arztes vom 6. januar 2015 war die klägerin bisher nur zweimal – am 19. mai 2014 und am 16. dezember 2014 – in seiner hausärztlichen behandlung. es wird lediglich ausgeführt, dass ohne regelmäßige medikamenteneinnahme eine verschlimmerung der erkrankungen eintrete. von arbeitsunfähigkeit ist jedoch gerade keine rede. abschließend ist bezüglich der frage der privaten finanzierung von medikamenten bzw. ärztlichen leistungen – soweit sie in dem schriftsatz vom 26. april 2012 nicht ohnehin c2. -l3. betreffen – auf die obigen ausführungen zu verweisen, so dass der hifsbeweisantrag insoweit ebenfalls abzulehnen ist. 80auch im übrigen ist eine gefahr im sinne des § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg in bezug auf die klägerin nicht ersichtlich. 81die abschiebungsandrohung genügt den gesetzlichen vorgaben der §§ 34 und 36 abs. 1 asylvfg in verbindung mit § 59 aufenthg. nach § 37 abs. 2 asylvfg endet die ausreisefrist 30 tage nach dem unanfechtbaren abschluss des asylverfahrens, wenn – wie hier – das verwaltungsgericht im falle eines als offensichtlich unbegründet abgelehnten asylantrags dem antrag nach § 80 abs. 5 vwgo entspricht. 82die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. gerichtskosten werden gemäß § 83b asylvfg nicht erhoben. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 83rechtsmittelbelehrung 84gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung die zulassung der berufung an das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen beantragt werden. der antrag ist bei dem verwaltungsgericht münster, piusallee 38, 48147 münster (postanschrift: postfach 8048, 48043 münster) schriftlich oder in elektronischer form nach maßgabe der verordnung über den elektronischen rechtsverkehr bei den verwaltungsgerichten und den finanzgerichten im lande nordrhein-westfalen (elektronische rechtsverkehrsverordnung verwaltungs- und finanzgerichte – ervvo vg/fg) vom 7. november 2012 (gv. nrw s. 548), zu stellen. er muss das angefochtene urteil bezeichnen. in dem antrag sind die gründe, aus denen die berufung zuzulassen ist, darzulegen. 85die berufung ist nur zuzulassen, wenn 861. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat oder 872. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 883. ein in § 138 der verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 89vor dem oberverwaltungsgericht muss sich jeder beteiligte – außer im prozesskostenhilfeverfahren – durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die ein verfahren vor dem oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. als prozessbevollmächtigte sind nur die in § 67 abs. 4 der verwaltungsgerichtsordnung bezeichneten und ihnen kraft gesetzes gleichgestellten personen zugelassen. 90kallerhoff
Verklagte*r
0
167,357
S 9 KR 903/14
2015-03-02T00:00:00
Urteil
Tenor Unter Aufhebung des Bescheides vom 27.08.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2015 wird die Beklage verpflichtet, der Klägerin vier postbariatrische Wiederherstellungsoperationen als Sachleistung zu gewähren. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Kosten für vier postbariatrische Wiederherstellungsoperationen mit Liposuktionen zu übernehmen. 3Die Klägerin beantragte am 01.07.2014 die Übernahme der Kosten von Wiederherstellungsoperationen nach massiver Gewichtsreduktion in Form einer Bodyliftoperation nach Lockwood, Oberarmstraffung, Liposuktion der Ober- und Unterschenkel bei Lipödemen und eine Oberschenkelstraffung. Innerhalb eines Jahres habe sie mit Hilfe einer konsequenten Umstellung ihrer Ernährungs– und Lebensgewohnheiten und des im Mai 2009 gewährten Magenbypasses mehr als 50 kg an Gewicht verloren. Sie halte das erreichte Gewicht bereits seit vier Jahren. Durch die jahrelange Adipositas per Magna und dem starken Gewichtsverlust lägen Hautüberschüsse vor allem im Bereich von Oberarmen, Unterbauch, Gesäß und Oberschenkeln vor, sowie Lipödeme an Gesäß, Ober- und Unterschenkel. Vor dem Treffen einer Entscheidung bat die Klägerin um Vorlage der Unterlagen beim MDK. Dem Antrag war eine ärztliche Bescheinigung des T. N-Krankenhauses in E vom 15.04.2014 sowie ein ärztliches Gutachten zur Vorlage bei der Krankenkasse – MDK der Hausarztpraxis H1 C K, H2 I, F M vom 16.05.2014 beigefügt. 4Mit Schreiben vom 31.07.2014 teilte die Beklagte mit, dass die Klägerin am 02.07.2014 einen Antrag auf Bewilligung einer Bodyliftoperation gestellt habe. Zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzung benötige sie eine gutachtliche Stellungnahme. Sie habe daher den medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) beauftragt. Sobald das Gutachten vorliege, werde unverzüglich über den Antrag entschieden. Am gleichen Tag erteilte die Beklagte dem MDK den entsprechenden Gutachtenauftrag. 5Mit Schreiben vom 07.08.2014 wurde die Klägerin zu einem Untersuchungstermin am 11.08.2014 beim MDK eingeladen. Die Klägerin nahm diesen Termin wahr. 6Der MDK teilte der Beklagten mit Schreiben vom 14.08.2014 per Vorabinformation mit, dass die medizinischen Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung nicht erfüllt seien. Mit Schreiben vom 25.08.2014 übersandte der MDK der Beklagten das angeforderte Gutachten vom 22.08.2014. 7Mit Bescheid vom 27.08.2014 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme für eine Bodyliftoperation ab. Eine Genehmigung sei deshalb nicht möglich, da die Hauterschlaffung durch langjähriges Übergewicht keine Erkrankung im Sinne des Gesetzes darstelle. Das Ausmaß der Faltenbildung habe keinen Krankheitswert und behindere nicht die Bewegungsabläufe. Zur Abklärung der Schmerzen empfehle der MDK die Führung von Schmerzprotokollen und anschließender Auswertung durch einen Arzt für Schmerztherapie. Für die Behandlung der Entzündungen/Ekzeme der Haut in den Faltenregionen sei bei Bedarf eine dermatologische fachärztliche Behandlung angezeigt. Eine Vorstellung bei Lymphologen zur Behandlung des Lipödems sollte erfolgen. Bei den geplanten Operationen handele es sich um plastisch-chirurgische Maßnahmen zur Änderung der Körperkontur, nicht um medizinisch notwendige Operationen zur Therapie von Erkrankungen. Diese falle nicht in den Leistungsbereich der Krankenversicherung, sondern in den eigenverantwortlichen Bereich. 8Mit Schreiben vom 02.09.2014 legte die Klägerin gegen diesen Bescheid Widerspruch ein. 9Die Klägerin hat am 15.10.2014 Klage erhoben. Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, dass die Beklagte die 5-Wochen-Frist des § 13 Abs. 3 a SGB V nicht eingehalten habe, so dass die Genehmigungsfiktion eintrete. In diesem Rahmen sei eine medizinische Notwendigkeit der beantragten Leistungen nicht mehr zu prüfen. 10Sie hat zunächst beantragt, 11es wird festgestellt, dass der Antrag der Klägerin auf Gewährung von vier postbariatrischen Wiederherstellungsoperationen als Sachleitung vom 01.Juli gemäß § 13 Abs. 3 a Satz 6 SGB V als genehmigt gelte. 12Die Klägerin beantragt nunmehr, 13es wird festgestellt, dass der Antrag der Klägerin auf Gewährung von vier postbariatrischen Wiederherstellungsoperationen als Sachleistung vom 01. Juli 2014 gemäß § 13 Abs. 3 a Satz 6 SGB V als genehmigt gilt, dies unter Aufhebung des Bescheides vom 27. August 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2015. 14Die Beklagte beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass die Klage als Feststellungsklage unzulässig sei. Zudem sei sie unbegründet. Es liege kein Fristversäumnis vor. Die Klägerin habe bereits bei Antragstellung eine Vorlage bei dem MDK gefordert, so dass die 5-Wochen-Frist gelte. Die Ablehnung am 27.08. sei unverzüglich nach Eingang des Gutachtens erfolgt. Schließlich sehe § 13 Abs. 3a SGB V nur einen Kostenerstattungsanspruch, nicht aber einen Sachleistungsanspruch vor. Zudem sei auch hier die medizinische Notwendigkeit zu prüfen. 17Das Gericht hat am 10.01.2015 einen Verhandlungstermin durchgeführt. Die Beteiligten haben im Rahmen des Verhandlungstermins ihr Einverständnis erklärt, dass das Gericht den Rechtsstreit durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann. Zu den Einzelheiten wird auf den Ausführungen der Sitzungsniederschrift Bezug genommen. 18Die Beklagte hat am 29.01.2015 einen Widerspruchsbescheid erlassen. Zu den Einzelheiten wird auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheides Bezug genommen. 19Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. 20Entscheidungsgründe: 21Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG den Rechtsstreit durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben. 22Die Klage hat Erfolg. 23Die Klage ist zulässig und begründet. 24Das Sozialgericht Düsseldorf ist gemäß § 57a Abs. 1 SGG örtlich zuständig, da die Klägerin bei Klageerhebung ihren Wohnsitz hatte. Die Verlagerung des Wohnsitzes nach G erfolgte erst im laufenden Klageverfahren und hat auf die örtliche Zuständigkeit keinen Einfluss. 25Die zunächst erhobene Feststellungsklage ist nunmehr als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und 4 SGG auszulegen, da die Beklagte am 29.01.2015 nunmehr einen Widerspruchsbescheid erlassen hat. Die Sachentscheidungsvoraussetzung der erhobenen Anfechtungsklage sind vorliegend erfüllt, da das notwendige Vorverfahren gemäß § 78 ff. SGG durchgeführt ist. Insoweit kann dahinstehen, ob die zunächst erhobene Feststellungsklage zulässig war. 26Die Klage ist auch begründet. 27Der Bescheid der Beklagten vom 27.08.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, weil eine Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V vor Bekanntgabe des ablehnenden Bescheides vom 27.08.2014 eingetreten ist. 28Nach § 13 Abs. 3a SGB V hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer Dienst), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. 29Die Beklagte hat die Fristen nach § 13 Abs. 3 a SGB V nicht eingehalten und der Klägerin die Gründe hierfür nicht vor Ablauf der Frist und damit rechtzeitig mitgeteilt. Dies gilt selbst dann, wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, dass ab Antragseingang eine 5-Wochen-Frist gilt, da die Klägerin selbst die Einschaltung des MDK im Rahmen ihres Antrags angeregt hatte. Diese 5-Wochen-Frist wäre am 05.08.2014, bei einem unterstellten Antragseingang vom 01.07.2014, abgelaufen. Der Bescheid stammt jedoch vom 27.08.2014. Die Frist des § 13 Abs. 3 a Satz. 1 SGB V beginnt nach § 26 Abs. 1 und 3 Satz 1 i.V.m. §§ 187, 188 und 193 BGB am auf den Auftragseingang folgenden Tag – hier am 02.07.2013 – und endet mit dem Ablauf des Tages, der nach seiner Benennung dem Tag des Antragseingangs entspricht. Fällt dieser Tag auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, endet die Frist mit Ablauf des nächst folgenden Werktags. Hier endete die 3-Wochen-Frist mit Ablauf des 22.07.2014 (Dienstag) und die 5-Wochen-Frist mit Ablauf des 05.08.2014 (Dienstag). Die Beklagte teilte der Klägerin zwar mit Schreiben vom 31.07.2014, und damit innerhalb der 5-Wochen-Frist mit, dass sie den MDK einschalten werde. Daraus ist aber weder erkennbar, ob die Beklagte überhaupt von einer Entscheidungsfrist ausging und ob sie eine solche – gegebenenfalls, welche – einhalten oder aus welchen Gründen nicht einhalten kann. Der Begutachtungsauftrag erreichte den MDK am 31.07.2014, die Vorabinformation über das Ergebnis der Begutachtung am 14.08.2014 und das tatsächliche Gutachten stammt vom 22.08.2014 und lag damit bereits auch außerhalb der 5-Wochen-Frist. Die Beklagte hat der Klägerin vor Ablauf der 5-Wochen-Frist jedoch weder eine Entscheidung mitgeteilt noch dargelegt, dass und weshalb sie die Frist nicht einhalten konnte. Sie hat der Klägerin erst außerhalb der Frist mit Schreiben vom 27.08.2014 die Ablehnung mitgeteilt. 30Zudem hat die Beklagte ihre Pflicht aus § 13 Abs. 3 a Satz 2 SGB V verletzt. Hiernach hat die Krankenkasse, wenn sie eine gutachterliche Stellungnahme für erforderlich hält, diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Die Beauftragung des MDK erfolgte hier am 31.07.2014. Da der Antrag vom 01.07.2014 stammt, kann hier nicht von einer unverzüglichen Beauftragung des MDK ausgegangen werden. Denn Unverzüglichkeit setzt voraus, dass die Beklagte hier ohne schuldhaftes Zögern den MDK beauftragt. Weder ist seitens der Beklagten vorgetragen noch aus der Verwaltungsakte ersichtlich, dass hier Gründe vorgelegen haben, weshalb eine Beauftragung des MDK erst am 31.07.2014 erfolgte. 31Nach § 13 Abs. 3 a Satz 6 SGB V gilt die beantragte Leistung damit als genehmigt. 32Die Rechtsauffassung der Beklagten, dass § 13 Abs. 3a SGB V den Anspruch auf eine Kostenerstattung beschränkt, wird von der Kammer in Anlehnung an die Entscheidung des LSG NW vom 23.05.2014, L 5 KR 222/14 B ER nicht geteilt. Nach dem klaren Wortlaut der Norm gewähren Satz 6 und Satz 7 mittels einer Genehmigungsfiktion einen Sachleistungsanspruch oder einen Kostenerstattungsanspruch für die erforderliche Leistung. Zwar hatte der Gesetzgeber zunächst lediglich einen Kostenerstattungsanspruch für erforderliche Leistungen ins Auge gefasst, wie es sich aus dem Entwurf des Patientenrechtsgesetz (PatRechtG) ergibt (BR-Drucks. 312/12, S.46, siehe auch BT-Drucks. 17/10488, S. 32). Nachdem durch den Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestags im November 2012 mit dem Satz 6 eine Genehmigungsfiktion der Leistung bei Nichteinhaltung der Fristen neben der in Satz 7 geregelten Kostenerstattung aufgenommen worden war (BT-Drucks. 17/11710 S.30), um es dem Versicherten zu erleichtern, sich die ihm zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen, wurden Satz 6 und Satz 7 - ohne weitere den klaren Wortlaut im Sinne der Beklagten einschränkende Erläuterungen - in der Gesetzesänderung aufgenommen. Beide Sätze stehen ihrem Wortlaut nach gleichberechtigt nebeneinander. Wäre der Geltungsbereich des § 13 Abs. 3 a SGB V lediglich auf einen Kostenerstattungsanspruch beschränkt, käme Satz 6 kein eigener Regelungsgehalt zu. Zudem schlösse eine solche Auslegung mittellose Versicherte, die nach Ablauf der Frist nicht in der Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, entgegen des Gleichbehandlungsgebots nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) praktisch aus dem Schutzbereich des § 13 Abs. 3 a SGB V aus (so im Ergebnis auch SG Dessau-Roßlau, Urteil vom 18.12.2013 - S 21 KR 282/13 - , SG Nürnberg, Beschluss vom 25.3.2014 - S 7 KR 100/14 ER - und Urteil vom 27.3.2014 - S 7 KR 520/13 - und wohl auch SG Dortmund, Beschluss vom 31.1.2014 - S 28 KR 1/14 ER - sowie Noftz in Hauck/Haines, SGB V, Erg.-Lfg. 1/14, § 13 S. 78g ff.; a.A. wohl Dalichau in Dalichau "SGB V", Stand 1.7.2013, S. 51). Selbst wenn man sich der Auffassung anschließen würde, § 13 Abs. 3 a SGB V gewähre nur einen Kostenerstattungsanspruch, so gelangt man zu keinem anderen Ergebnis, da der Kostenerstattungsanspruch auch einen Anspruch auf Freistellung umfasst. 33Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Dabei umfasst die Krankenbehandlung gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V die Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln. § 12 SGB V verlangt, dass die Behandlung ausreichend, zweckmäßig, wirtschaftlich und notwendig ist. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V). 34Das Erfordernis einer Leistungsgenehmigung ist in dem auf Sach- und Naturalleistungsverschaffung ausgerichteten System der Gesetzlichen Krankenversicherung auf Ausnahmefälle beschränkt, in denen die Prüfung aller formellen und materiellen Anspruchsvoraussetzungen vorab erfolgt. Der Verfügungssatz eines genehmigenden begünstigenden Verwaltungsakts regelt, dass der Antragsteller die beantragte Leistung in Anspruch nehmen darf und sich die Kasse unter Ausschluss aller Einwendungen zur Leistung verpflichtet (BSG SozR 4-2500 § 125 Nr.4, Rz. 23); die Regelung wird mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts gem. § 39 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gegenüber dem Adressaten wirksam. Durch die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3 a Satz 6 SGB V gilt die Genehmigung der beantragten Leistung durch einen fingierten Verwaltungsakt als erlassen (so auch Noftz in Hauck/Haines a.a.O., Seite 78h). Fingierte Verwaltungsakte haben die gleichen Rechtswirkungen wie tatsächlich erlassene Verwaltungsakte (BVerwG, NJW 2013, 99 Rz. 12) und sind dem Sozialrecht nicht fremd (§ 32 Abs. 1b Satz 3 HS 2 SGB V, § 116 Abs. 2 Satz 4 SGB V, § 88 Abs. 5 Satz 2 SGB IX, § 91 Abs. 3 Satz 2 SGB IX). Durch die Fiktion der Genehmigung ist die Leistungsberechtigung des Antragstellers wirksam verfügt und die Krankenkasse mit allen Einwendungen (wie hier der Frage, der medizinischen Notwendigkeit der beantragten Behandlungen) ausgeschlossen. Nur auf diese Weise kann der Wunsch des Gesetzgebers, generalpräventiv die Zügigkeit des Verwaltungsverfahrens zu verbessern, umgesetzt werden. Dieses Ziel würde ins Leere laufen, könnte die Genehmigungsfiktion durch eine (außerhalb der Frist erfolgende) nachträgliche Prüfung der einzelnen Leistungsvoraussetzungen wieder erlöschen (a.A. LSG NW, Beschluss vom 26.05.2014, L 16 KR 154/14 B ER). 35Abschließend erlaubt sich das Gericht den Hinweis an die Beklagte, dass es irritiert darüber ist, dass sich die Beklagte im Rahmen ihres Widerspruchbescheides nicht mit der Frage der Genehmigungsfiktion auseinandergesetzt hat, obwohl dies im Rahmen des Verhandlungstermins vom 19.01.2015 – und damit vor Erlass des Widerspruchsbescheids ausführlich mit den Beteiligten erörtert und die Rechtsauffassung des Gerichts im Protokoll festgehalten worden ist. Das Gericht erwartet, dass sich mit den vom Gericht geäußerten Rechtsauffassungen auch auf Seiten der Beklagten zumindest auseinandergesetzt wird. 36Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
unter aufhebung des bescheides vom 27.08.2014 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 29.01.2015 wird die beklage verpflichtet, der klägerin vier postbariatrische wiederherstellungsoperationen als sachleistung zu gewähren. die beklagte trägt die außergerichtlichen kosten der klägerin. 1
2die beteiligten streiten über die frage, ob die beklagte verpflichtet ist, die kosten für vier postbariatrische wiederherstellungsoperationen mit liposuktionen zu übernehmen. 3die klägerin beantragte am 01.07.2014 die übernahme der kosten von wiederherstellungsoperationen nach massiver gewichtsreduktion in form einer bodyliftoperation nach lockwood, oberarmstraffung, liposuktion der ober- und unterschenkel bei lipödemen und eine oberschenkelstraffung. innerhalb eines jahres habe sie mit hilfe einer konsequenten umstellung ihrer ernährungs– und lebensgewohnheiten und des im mai 2009 gewährten magenbypasses mehr als 50 kg an gewicht verloren. sie halte das erreichte gewicht bereits seit vier jahren. durch die jahrelange adipositas per magna und dem starken gewichtsverlust lägen hautüberschüsse vor allem im bereich von oberarmen, unterbauch, gesäß und oberschenkeln vor, sowie lipödeme an gesäß, ober- und unterschenkel. vor dem treffen einer entscheidung bat die klägerin um vorlage der unterlagen beim mdk. dem antrag war eine ärztliche bescheinigung des t. n-krankenhauses in e vom 15.04.2014 sowie ein ärztliches gutachten zur vorlage bei der krankenkasse – mdk der hausarztpraxis h1 c k, h2 i, f m vom 16.05.2014 beigefügt. 4mit schreiben vom 31.07.2014 teilte die beklagte mit, dass die klägerin am 02.07.2014 einen antrag auf bewilligung einer bodyliftoperation gestellt habe. zur prüfung der anspruchsvoraussetzung benötige sie eine gutachtliche stellungnahme. sie habe daher den medizinischen dienst der krankenversicherung (mdk) beauftragt. sobald das gutachten vorliege, werde unverzüglich über den antrag entschieden. am gleichen tag erteilte die beklagte dem mdk den entsprechenden gutachtenauftrag. 5mit schreiben vom 07.08.2014 wurde die klägerin zu einem untersuchungstermin am 11.08.2014 beim mdk eingeladen. die klägerin nahm diesen termin wahr. 6der mdk teilte der beklagten mit schreiben vom 14.08.2014 per vorabinformation mit, dass die medizinischen voraussetzungen für eine leistungsgewährung nicht erfüllt seien. mit schreiben vom 25.08.2014 übersandte der mdk der beklagten das angeforderte gutachten vom 22.08.2014. 7mit bescheid vom 27.08.2014 lehnte die beklagte den antrag auf kostenübernahme für eine bodyliftoperation ab. eine genehmigung sei deshalb nicht möglich, da die hauterschlaffung durch langjähriges übergewicht keine erkrankung im sinne des gesetzes darstelle. das ausmaß der faltenbildung habe keinen krankheitswert und behindere nicht die bewegungsabläufe. zur abklärung der schmerzen empfehle der mdk die führung von schmerzprotokollen und anschließender auswertung durch einen arzt für schmerztherapie. für die behandlung der entzündungen/ekzeme der haut in den faltenregionen sei bei bedarf eine dermatologische fachärztliche behandlung angezeigt. eine vorstellung bei lymphologen zur behandlung des lipödems sollte erfolgen. bei den geplanten operationen handele es sich um plastisch-chirurgische maßnahmen zur änderung der körperkontur, nicht um medizinisch notwendige operationen zur therapie von erkrankungen. diese falle nicht in den leistungsbereich der krankenversicherung, sondern in den eigenverantwortlichen bereich. 8mit schreiben vom 02.09.2014 legte die klägerin gegen diesen bescheid widerspruch ein. 9die klägerin hat am 15.10.2014 klage erhoben. zur begründung hat die klägerin ausgeführt, dass die beklagte die 5-wochen-frist des § 13 abs. 3 a sgb v nicht eingehalten habe, so dass die genehmigungsfiktion eintrete. in diesem rahmen sei eine medizinische notwendigkeit der beantragten leistungen nicht mehr zu prüfen. 10sie hat zunächst beantragt, 11es wird festgestellt, dass der antrag der klägerin auf gewährung von vier postbariatrischen wiederherstellungsoperationen als sachleitung vom 01.juli gemäß § 13 abs. 3 a satz 6 sgb v als genehmigt gelte. 12die klägerin beantragt nunmehr, 13es wird festgestellt, dass der antrag der klägerin auf gewährung von vier postbariatrischen wiederherstellungsoperationen als sachleistung vom 01. juli 2014 gemäß § 13 abs. 3 a satz 6 sgb v als genehmigt gilt, dies unter aufhebung des bescheides vom 27. august 2014 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 29.01.2015. 14die beklagte beantragt, 15die klage abzuweisen. 16die beklagte vertritt die auffassung, dass die klage als feststellungsklage unzulässig sei. zudem sei sie unbegründet. es liege kein fristversäumnis vor. die klägerin habe bereits bei antragstellung eine vorlage bei dem mdk gefordert, so dass die 5-wochen-frist gelte. die ablehnung am 27.08. sei unverzüglich nach eingang des gutachtens erfolgt. schließlich sehe § 13 abs. 3a sgb v nur einen kostenerstattungsanspruch, nicht aber einen sachleistungsanspruch vor. zudem sei auch hier die medizinische notwendigkeit zu prüfen. 17das gericht hat am 10.01.2015 einen verhandlungstermin durchgeführt. die beteiligten haben im rahmen des verhandlungstermins ihr einverständnis erklärt, dass das gericht den rechtsstreit durch urteil ohne mündliche verhandlung entscheiden kann. zu den einzelheiten wird auf den ausführungen der sitzungsniederschrift bezug genommen. 18die beklagte hat am 29.01.2015 einen widerspruchsbescheid erlassen. zu den einzelheiten wird auf die ausführungen des widerspruchsbescheides bezug genommen. 19zu den weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird im übrigen auf den inhalt der gerichtsakte sowie der verwaltungsakte der beklagten bezug genommen. 20
21das gericht konnte gemäß § 124 abs. 2 sgg den rechtsstreit durch urteil ohne mündliche verhandlung entscheiden, da die beteiligten hierzu ihr einverständnis erklärt haben. 22die klage hat erfolg. 23die klage ist zulässig und begründet. 24das sozialgericht düsseldorf ist gemäß § 57a abs. 1 sgg örtlich zuständig, da die klägerin bei klageerhebung ihren wohnsitz hatte. die verlagerung des wohnsitzes nach g erfolgte erst im laufenden klageverfahren und hat auf die örtliche zuständigkeit keinen einfluss. 25die zunächst erhobene feststellungsklage ist nunmehr als kombinierte anfechtungs- und leistungsklage gemäß § 54 abs. 1 und 4 sgg auszulegen, da die beklagte am 29.01.2015 nunmehr einen widerspruchsbescheid erlassen hat. die sachentscheidungsvoraussetzung der erhobenen anfechtungsklage sind vorliegend erfüllt, da das notwendige vorverfahren gemäß § 78 ff. sgg durchgeführt ist. insoweit kann dahinstehen, ob die zunächst erhobene feststellungsklage zulässig war. 26die klage ist auch begründet. 27der bescheid der beklagten vom 27.08.2014 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 29.01.2015 ist rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten, weil eine genehmigungsfiktion nach § 13 abs. 3a satz 6 sgb v vor bekanntgabe des ablehnenden bescheides vom 27.08.2014 eingetreten ist. 28nach § 13 abs. 3a sgb v hat die krankenkasse über einen antrag auf leistungen zügig, spätestens bis zum ablauf von drei wochen nach antragseingang oder in fällen, in denen eine gutachtliche stellungnahme, insbesondere des medizinischen dienstes der krankenversicherung (medizinischer dienst), eingeholt wird, innerhalb von fünf wochen nach antragseingang zu entscheiden. wenn die krankenkasse eine gutachtliche stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. der medizinische dienst nimmt innerhalb von drei wochen gutachtlich stellung. wird ein im bundesmantelvertrag für zahnärzte vorgesehenes gutachterverfahren durchgeführt, hat die krankenkasse ab antragseingang innerhalb von sechs wochen zu entscheiden; der gutachter nimmt innerhalb von vier wochen stellung. kann die krankenkasse fristen nach satz 1 oder satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den leistungsberechtigten unter darlegung der gründe rechtzeitig schriftlich mit. erfolgt keine mitteilung eines hinreichenden grundes, gilt die leistung nach ablauf der frist als genehmigt. beschaffen sich leistungsberechtigte nach ablauf der frist eine erforderliche leistung selbst, ist die krankenkasse zur erstattung der hierdurch entstandenen kosten verpflichtet. 29die beklagte hat die fristen nach § 13 abs. 3 a sgb v nicht eingehalten und der klägerin die gründe hierfür nicht vor ablauf der frist und damit rechtzeitig mitgeteilt. dies gilt selbst dann, wenn man zugunsten der beklagten unterstellt, dass ab antragseingang eine 5-wochen-frist gilt, da die klägerin selbst die einschaltung des mdk im rahmen ihres antrags angeregt hatte. diese 5-wochen-frist wäre am 05.08.2014, bei einem unterstellten antragseingang vom 01.07.2014, abgelaufen. der bescheid stammt jedoch vom 27.08.2014. die frist des § 13 abs. 3 a satz. 1 sgb v beginnt nach § 26 abs. 1 und 3 satz 1 i.v.m. §§ 187, 188 und 193 bgb am auf den auftragseingang folgenden tag – hier am 02.07.2013 – und endet mit dem ablauf des tages, der nach seiner benennung dem tag des antragseingangs entspricht. fällt dieser tag auf einen samstag, sonntag oder gesetzlichen feiertag, endet die frist mit ablauf des nächst folgenden werktags. hier endete die 3-wochen-frist mit ablauf des 22.07.2014 (dienstag) und die 5-wochen-frist mit ablauf des 05.08.2014 (dienstag). die beklagte teilte der klägerin zwar mit schreiben vom 31.07.2014, und damit innerhalb der 5-wochen-frist mit, dass sie den mdk einschalten werde. daraus ist aber weder erkennbar, ob die beklagte überhaupt von einer entscheidungsfrist ausging und ob sie eine solche – gegebenenfalls, welche – einhalten oder aus welchen gründen nicht einhalten kann. der begutachtungsauftrag erreichte den mdk am 31.07.2014, die vorabinformation über das ergebnis der begutachtung am 14.08.2014 und das tatsächliche gutachten stammt vom 22.08.2014 und lag damit bereits auch außerhalb der 5-wochen-frist. die beklagte hat der klägerin vor ablauf der 5-wochen-frist jedoch weder eine entscheidung mitgeteilt noch dargelegt, dass und weshalb sie die frist nicht einhalten konnte. sie hat der klägerin erst außerhalb der frist mit schreiben vom 27.08.2014 die ablehnung mitgeteilt. 30zudem hat die beklagte ihre pflicht aus § 13 abs. 3 a satz 2 sgb v verletzt. hiernach hat die krankenkasse, wenn sie eine gutachterliche stellungnahme für erforderlich hält, diese unverzüglich einzuholen und die leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. die beauftragung des mdk erfolgte hier am 31.07.2014. da der antrag vom 01.07.2014 stammt, kann hier nicht von einer unverzüglichen beauftragung des mdk ausgegangen werden. denn unverzüglichkeit setzt voraus, dass die beklagte hier ohne schuldhaftes zögern den mdk beauftragt. weder ist seitens der beklagten vorgetragen noch aus der verwaltungsakte ersichtlich, dass hier gründe vorgelegen haben, weshalb eine beauftragung des mdk erst am 31.07.2014 erfolgte. 31nach § 13 abs. 3 a satz 6 sgb v gilt die beantragte leistung damit als genehmigt. 32die rechtsauffassung der beklagten, dass § 13 abs. 3a sgb v den anspruch auf eine kostenerstattung beschränkt, wird von der kammer in anlehnung an die entscheidung des lsg nw vom 23.05.2014, l 5 kr 222/14 b er nicht geteilt. nach dem klaren wortlaut der norm gewähren satz 6 und satz 7 mittels einer genehmigungsfiktion einen sachleistungsanspruch oder einen kostenerstattungsanspruch für die erforderliche leistung. zwar hatte der gesetzgeber zunächst lediglich einen kostenerstattungsanspruch für erforderliche leistungen ins auge gefasst, wie es sich aus dem entwurf des patientenrechtsgesetz (patrechtg) ergibt (br-drucks. 312/12, s.46, siehe auch bt-drucks. 17/10488, s. 32). nachdem durch den ausschuss für gesundheit des deutschen bundestags im november 2012 mit dem satz 6 eine genehmigungsfiktion der leistung bei nichteinhaltung der fristen neben der in satz 7 geregelten kostenerstattung aufgenommen worden war (bt-drucks. 17/11710 s.30), um es dem versicherten zu erleichtern, sich die ihm zustehende leistung zeitnah zu beschaffen, wurden satz 6 und satz 7 - ohne weitere den klaren wortlaut im sinne der beklagten einschränkende erläuterungen - in der gesetzesänderung aufgenommen. beide sätze stehen ihrem wortlaut nach gleichberechtigt nebeneinander. wäre der geltungsbereich des § 13 abs. 3 a sgb v lediglich auf einen kostenerstattungsanspruch beschränkt, käme satz 6 kein eigener regelungsgehalt zu. zudem schlösse eine solche auslegung mittellose versicherte, die nach ablauf der frist nicht in der lage sind, sich die begehrte leistung selbst zu beschaffen, entgegen des gleichbehandlungsgebots nach art. 3 abs. 1 grundgesetz (gg) praktisch aus dem schutzbereich des § 13 abs. 3 a sgb v aus (so im ergebnis auch sg dessau-roßlau, urteil vom 18.12.2013 - s 21 kr 282/13 - , sg nürnberg, beschluss vom 25.3.2014 - s 7 kr 100/14 er - und urteil vom 27.3.2014 - s 7 kr 520/13 - und wohl auch sg dortmund, beschluss vom 31.1.2014 - s 28 kr 1/14 er - sowie noftz in hauck/haines, sgb v, erg.-lfg. 1/14, § 13 s. 78g ff.; a.a. wohl dalichau in dalichau "sgb v", stand 1.7.2013, s. 51). selbst wenn man sich der auffassung anschließen würde, § 13 abs. 3 a sgb v gewähre nur einen kostenerstattungsanspruch, so gelangt man zu keinem anderen ergebnis, da der kostenerstattungsanspruch auch einen anspruch auf freistellung umfasst. 33nach § 27 abs. 1 satz 1 sgb v haben versicherte anspruch auf krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre verschlimmerung zu verhüten oder krankheitsbeschwerden zu lindern. dabei umfasst die krankenbehandlung gemäß § 27 abs. 1 satz 2 nr. 3 sgb v die versorgung mit arznei-, verband-, heil- und hilfsmitteln. § 12 sgb v verlangt, dass die behandlung ausreichend, zweckmäßig, wirtschaftlich und notwendig ist. leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können versicherte nicht beanspruchen, dürfen die leistungserbringer nicht bewirken und die krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 abs. 1 satz 2 sgb v). 34das erfordernis einer leistungsgenehmigung ist in dem auf sach- und naturalleistungsverschaffung ausgerichteten system der gesetzlichen krankenversicherung auf ausnahmefälle beschränkt, in denen die prüfung aller formellen und materiellen anspruchsvoraussetzungen vorab erfolgt. der verfügungssatz eines genehmigenden begünstigenden verwaltungsakts regelt, dass der antragsteller die beantragte leistung in anspruch nehmen darf und sich die kasse unter ausschluss aller einwendungen zur leistung verpflichtet (bsg sozr 4-2500 § 125 nr.4, rz. 23); die regelung wird mit der bekanntgabe des verwaltungsakts gem. § 39 abs. 1 zehntes buch sozialgesetzbuch (sgb x) gegenüber dem adressaten wirksam. durch die genehmigungsfiktion des § 13 abs. 3 a satz 6 sgb v gilt die genehmigung der beantragten leistung durch einen fingierten verwaltungsakt als erlassen (so auch noftz in hauck/haines a.a.o., seite 78h). fingierte verwaltungsakte haben die gleichen rechtswirkungen wie tatsächlich erlassene verwaltungsakte (bverwg, njw 2013, 99 rz. 12) und sind dem sozialrecht nicht fremd (§ 32 abs. 1b satz 3 hs 2 sgb v, § 116 abs. 2 satz 4 sgb v, § 88 abs. 5 satz 2 sgb ix, § 91 abs. 3 satz 2 sgb ix). durch die fiktion der genehmigung ist die leistungsberechtigung des antragstellers wirksam verfügt und die krankenkasse mit allen einwendungen (wie hier der frage, der medizinischen notwendigkeit der beantragten behandlungen) ausgeschlossen. nur auf diese weise kann der wunsch des gesetzgebers, generalpräventiv die zügigkeit des verwaltungsverfahrens zu verbessern, umgesetzt werden. dieses ziel würde ins leere laufen, könnte die genehmigungsfiktion durch eine (außerhalb der frist erfolgende) nachträgliche prüfung der einzelnen leistungsvoraussetzungen wieder erlöschen (a.a. lsg nw, beschluss vom 26.05.2014, l 16 kr 154/14 b er). 35abschließend erlaubt sich das gericht den hinweis an die beklagte, dass es irritiert darüber ist, dass sich die beklagte im rahmen ihres widerspruchbescheides nicht mit der frage der genehmigungsfiktion auseinandergesetzt hat, obwohl dies im rahmen des verhandlungstermins vom 19.01.2015 – und damit vor erlass des widerspruchsbescheids ausführlich mit den beteiligten erörtert und die rechtsauffassung des gerichts im protokoll festgehalten worden ist. das gericht erwartet, dass sich mit den vom gericht geäußerten rechtsauffassungen auch auf seiten der beklagten zumindest auseinandergesetzt wird. 36die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg.
Klaeger*in
1
185,066
10 K 3182/13.A
2014-01-21T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand:2Der Kläger stellte am 14. Juni 2011 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (künftig: Bundesamt) einen Asylantrag. Dabei gab er an: Er sei am 10. Juni 1982 in H. -T1. (Nigeria) geboren worden. Er besitze die nigerianische Staatsangehörigkeit, gehöre dem Volke der Haussa an und sei christlichen Glaubens.3Am 29. Juni 2011 wurde der Kläger in Düsseldorf vor dem Bundesamt angehört und führte hierbei zur Begründung seines Asylantrags (in englischer Sprache) im Wesentlichen aus: In seinem Heimatland Nigeria habe er die Schule bis zum Abitur besucht und danach bei einem Sicherheitsdienst sowie als Fahrer gearbeitet. Zuletzt habe er in der Stadt H. gelebt und sei dort als Taxifahrer tätig gewesen. Ein Freund habe versucht, ihn dazu zu bewegen, sich der Terrorgruppe Boko Haram anzuschließen. Er – der Kläger – habe dies jedoch nicht gewollt. Der Freund habe aber immer wieder versucht, ihn zu überzeugen. Ein paarmal habe er – der Kläger – den Leuten von Boko Haram auch geholfen, indem er sie mit dem Taxi zu Operationen gefahren habe. Die Boko-Haram-Angehörigen hätten Taschen mitgeführt und seien manchmal als Polizisten oder Militärangehörige verkleidet gewesen. Sie hätten die Taxifahrten bezahlt. Sie hätten ihn quasi als normalen Taxifahrer beauftragt. Während der Fahrten sei nichts weiter passiert. Er habe die Leute lediglich zu einem Ort gefahren und sie später wieder abgeholt. Irgendwann hätten sie versucht, ihm einige Geheimnisse anzuvertrauen. Mit der Zeit habe er sich nicht mehr verweigern können. Die Leute hätten Voodoo mit ihm gemacht. Sie hätten ihn mit Voodoo gewaschen, damit er keine Angst habe. Dann sei er noch zum Medizinmann gegangen, der ihn stark gemacht habe. Schließlich habe er – der Kläger – aber gemerkt, dass es keine guten Leute seien und habe mit ihnen nichts mehr zu tun haben wollen. Die Boko-Haram-Angehörigen hätten dann, da er einiges über sie gewusst habe, versucht, ihn zu finden. Im April 2011 sei er in eine Polizeikontrolle geraten. Man habe Haschisch und mehrere Messer in seinem Wagen gefunden, woraufhin er zwei Wochen im Gewahrsam der Polizei verbracht habe. Er habe von dort aus mit seinem Pastor telefoniert, der dafür gesorgt habe, dass er wieder frei komme. Der Pastor und das Kirchenkomitee hätten ihm dann gesagt, er solle sich verstecken, da ihn sonst die Leute von Boko Haram umbringen könnten. Im Juni 2011 habe er Nigeria über den Flughafen von L. -T1. verlassen und sei per Direktflug nach Europa gereist, wo er am 5. Juni 2011 eingetroffen sei. Mit welcher Fluggesellschaft er gereist sei, wisse er nicht. Ebenso wenig könne er den Ankunftsflughafen nennen. Eine andere Person habe die Reise für ihn bezahlt. Man habe ihm auch einen auf den Namen "E1. T3. " ausgestellten nigerianischen Pass, in dem ein Visum enthalten gewesen sei, zur Verfügung gestellt. Sein eigener Personalausweis sei in Nigeria geblieben. Seine Schleuser seien die "E1. -T3. -Leute" gewesen. Das seien Menschen, die Pilgern, die nach Mekka fahren, helfen. Nach Nigeria könne er nicht zurückkehren, da ihm die Boko-Haram-Angehörigen mit Hilfe von Voodoo-Zaubern dort jederzeit überall aufspüren könnten.4Am 22. März 2012 teilte der Kläger dem Bundesamt schriftlich mit, dass der Name des Pastors, der ihm geholfen habe, "T2. E. " laute und die Kirche, für die er tätig sei, die "F. -0-Church" in H. sei. Dort habe er – der Kläger – sich bis zu seiner Ausreise im Juni 2011 aufgehalten. Ferner legte er dem Bundesamt mehrere Presseberichte zur Lage in Nigeria, namentlich zum Terror durch die islamistische Gruppierung Boko Haram, vor.5Mit Bescheid vom 11. September 2013, zwecks Zustellung per Einschreiben zur Post gegeben am 12. September 2013, lehnte das Bundesamt den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter ab. Zugleich stellte es fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht vorlägen und auch keine Abschiebungsverbote gegeben seien. Ferner drohte es ihm die Abschiebung nach Nigeria an.6Am 27. September 2013 hat der Kläger Klage erhoben. Schriftsätzlich beantragt er sinngemäß,7die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 11. September 2013 zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, ihm subsidiären Schutz zu gewähren und festzustellen, dass Abschiebungsverbote vorliegen.8Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,9die Klage abzuweisen.10Mit Beschluss vom 7. November 2013 hat die Kammer das Verfahren dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 76 Abs. 1 AsylVfG). Dieser hat mit Beschluss vom 12. November 2013 einen Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den durch das Bundesamt übersandten Verwaltungsvorgang (1 Heft) Bezug genommen.12Entscheidungsgründe:13A. Das Gericht war nicht gehindert, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. Januar 2014 über die Klage zu entscheiden, obwohl weder ein Vertreter der Beklagten noch der Kläger und/oder seine Prozessbevollmächtigte zur mündlichen Verhandlung erschienen sind. Denn die Beteiligten wurden unter Hinweis darauf, dass das Gericht beim Ausbleiben eines Beteiligten ohne ihn verhandeln und entscheiden kann, geladen (§ 102 Abs. 2 VwGO).14B. Die zulässige Klage ist unbegründet.15I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter.161. Gemäß Art. 16 a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Eine Verfolgung ist dann eine politische, wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder an für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen. Die Rechtsverletzung, aus der der Asylbewerber seine Asylberechtigung herleitet, muss ihm gezielt, d.h. gerade in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale zugefügt worden sein. Hieran fehlt es regelmäßig bei Nachteilen, die jemand auf Grund der allgemeinen Zustände in seinem Herkunftsstaat zu erleiden hat, etwa infolge von Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen Lage oder infolge allgemeiner Auswirkungen von Unruhen, Revolutionen und Kriegen. Die in diesem Sinne gezielt zugefügte Rechtsverletzung muss von einer Intensität sein, die sich nicht nur als Beeinträchtigung, sondern als ausgrenzende Verfolgung darstellt, sodass der davon Betroffene gezwungen war, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen. Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter besteht nur dann, wenn der Asylsuchende geltend machen kann, dass er im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) bei einer Rückkehr in sein Heimatland von politischer Verfolgung bedroht wäre, wenn ihm also zu diesem Zeitpunkt die Rückkehr in die Heimat nicht zugemutet werden kann. Für die danach anzustellende Prognose gelten unterschiedliche Maßstäbe je nach dem, ob der Asylsuchende seinen Heimatstaat auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen hat oder ob er unverfolgt in die Bundesrepublik Deutschland gekommen ist. Im erstgenannten Fall ist Asyl schon dann zu gewähren, wenn der Asylsuchende bei einer Rückkehr vor erneuter Verfolgung nicht hinreichend sicher sein kann. Hat der Asylsuchende sein Heimatland jedoch unverfolgt verlassen, so kann sein Asylanerkennungsbegehren nach Art. 16a Abs. 1 GG nur Erfolg haben, wenn ihm auf Grund von Nachfluchttatbeständen politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht.17Vgl. zum Ganzen etwa OVG NRW, Urteil vom 14. Februar 2006 – 15 A 2202/00.A –, m.w.N., juris,18Vorliegend lässt sich nicht feststellen, dass dem Kläger im Falle einer Rückkehr in die Bundesrepublik Nigeria mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung droht. Dieser Prognosemaßstab – Frage gerade nach der beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer künftigen politischen Verfolgung – ist hier deshalb heranzuziehen, weil nicht erkennbar ist, dass der Kläger in seiner Heimat bereits einmal politisch verfolgt worden ist, also vorverfolgt ausgereist ist. Dass es nicht möglich ist, eine entsprechende Feststellung zu treffen, ergibt sich bereits daraus, dass sein Vortrag zu den Gründen für seine Ausreise aus Nigeria unglaubhaft ist. Insoweit nimmt die Kammer auf die Erwägungen Bezug, die das Bundesamt auf den Seiten fünf (von „Die vorgetragenen Gründe weisen Ungereimtheiten und Widersprüche ...“) bis sechs (bis einschließlich „... scheitert die Glaubhaftmachung.“) seines Bescheides vom 11. September 2013 angestellt hat (§ 77 Abs. 2 AsylVfG). Die Kammer erachtet diese Ausführungen, gegen die der Kläger keine substanziierten Einwände erhoben hat, nach eigener Überprüfung für zutreffend.192. Doch selbst dann, wenn man den sinngemäßen Vortrag des Klägers, er werde durch Angehörige der Terrorgruppe Boko Haram verfolgt, als wahr unterstellen würde, könnte er hieraus nichts für sich herleiten. Denn er kann sich vor etwaigen Übergriffen dieser Gruppierung jedenfalls durch Nutzung einer innerstaatlichen Fluchtalternative schützen, weshalb er des Schutzes vor Verfolgung im Ausland nicht bedarf.20Eine innerstaatliche Fluchtalternative, die den Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter ausschließt, liegt immer dann vor, wenn der betreffende Asylbewerber in anderen Teilen seines Heimatstaates vor (erneuter) politischer Verfolgung hinreichend sicher ist und ihm am Ort einer solchen inländischen Fluchtalternative keine sonstigen unzumutbaren Gefahren und Nachteile drohen, die nach ihrer Intensität und Schwere einer asylrechtlich erheblichen Rechtsgutbeeinträchtigung aus politischen Gründen gleichkommen. Erforderlich ist dabei neben der Erreichbarkeit des betreffenden Ortes, dass dort das wirtschaftliche Existenzminimum gesichert ist.21Vgl. z.B. OVG NRW, Urteil vom 17. November 2008 – 11 A 4395/04.A –, juris.22Eine diesen Anforderungen genügende Fluchtalternative würde der Kläger, der nach eigenem Bekunden dem Christentum angehört, außerhalb seiner in H. -T1. gelegenen Heimat vorfinden. Mit einer Fläche von 925.000 qkm ist Nigeria fast dreimal so groß wie die Bundesrepublik Deutschland. Christen aus den nördlichen Bundesstaaten Nigerias, zu denen auch H. -T1. gehört, können in andere Landesteile Nigerias umziehen, was zahlreiche Christen, insbesondere solche aus der Region Jos (Plateau T1. ), auch schon getan haben. Sie sind dabei keinen besonderen Einschränkungen unterworfen. Nach Art. 41 der Verfassung der Bundesrepublik Nigeria von 1999 steht es jedem Nigerianer frei, sich überall in Nigeria niederzulassen. Denkbar ist für Christen aus dem Norden des Landes, einschließlich des Klägers, vor allem eine Ansiedlung in den südwestlichen Staaten Nigerias, z.B. in den Regionen Lagos und Ibadan. Bei einer Ansiedlung in Lagos wird von zugezogenen nigerianischen Staatsangehörigen lediglich verlangt, dass sie sich zur Erhebung der Einkommenssteuer ordnungsgemäß registrieren.23Vgl. die Nrn. 11 bis 13 der amtlichen Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Minden vom 25. Oktober 2012 (Nr. 711 der den Beteiligten übermittelten Erkenntnisliste).24In den südwestlichen Bundesstaaten Nigerias, insbesondere in Lagos bzw. Ibadan, würden für den Kläger zudem keine nennenswerten Sprachprobleme entstehen. Der Kläger ist des Englischen mächtig. Diese Sprache dient auch in der genannten Region als Verkehrssprache. Zudem dominiert im Südwesten Nigerias, anders als im stark muslimisch geprägten Norden des Landes, keine Religion. Zwar sind viele der dort lebenden Menschen Moslems oder praktizieren traditionelle Religionen. Daneben bekennt sich aber auch eine große Zahl der dort lebenden Menschen zum Christentum.25Vgl. Teil 3 des Online-Loseblattwerks des Bundesamtes zum Herkunftsland Nigeria - Gesellschaft und Bevölkerung.26Der Kläger würde somit als Christ im Südwesten Nigerias, der für ihn auch tatsächlich erreichbar sein wird, keiner religiösen Minderheit angehören. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass er dort aufgrund seiner Religionszugehörigkeit diskriminiert werden würde oder in anderer Weise gefährdet wäre. Insbesondere finden sich in den Erkenntnisgrundlagen, die dem Gericht zur Verfügung stehen, vor allem im Bericht des Auswärtigen Amtes zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Bundesrepublik Nigeria vom 28. August 2013 (Nr. 722 der den Beteiligten übermittelten Erkenntnisliste), keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass für Christen im Südwesten des Landes in absehbarer Zeit eine ähnlich bedrohliche Situation entstehen könnte wie in anderen Landesteilen. Im Gegenteil sind die südwestlichen Bundesstaaten bislang von den immer wieder in Zentral- und Nord-Nigeria vorkommenden Anschlägen der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram ebenso verschont geblieben wie von religiös motivierten Auseinandersetzungen größeren Ausmaßes. In der Region gibt es seit Jahrhunderten ein friedliches Zusammenleben zwischen Christen und Moslems. Mischehen zwischen Angehörigen beider Religionen sind häufig.27Vgl. dazu S. 13 des Lageberichts des Auswärtigen Amtes vom 28. August 2013.28Zwar kam es in den letzten Jahren vereinzelt auch in den südwestlichen Bundesstaaten zu gewaltsamen Konflikten und Übergriffen. Dabei handelte es sich jedoch zumeist nicht um religiös motivierte Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems, sondern um Konflikte zwischen Haussa und Angehörigen anderer Volksgruppen, die überwiegend wirtschaftlich begründet waren, so etwa bei einem gewaltsam ausgetragenen Streit zwischen Haussa und Yoruba um die Führung des Mile-12-Market in der Region Lagos29- vgl. Nr. 15 der Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Minden vom 25. Oktober 2012 -.30Es ist nichts dafür ersichtlich, dass dem Kläger bei einer Ansiedlung in Lagos oder Ibadan die reale Gefahr droht, in einen solchen Konflikt hineingezogen zu werden.31Darüber hinaus kann der Kläger sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass Angehörige der Gruppierung Boko Haram ihn überall in Nigeria aufspüren könnten. Angesichts der in Nigeria bestehenden infrastrukturellen Mängel sowie eines fehlenden flächendeckenden Meldewesens32- vgl. dazu S. 23 und S. 26 des Lageberichts des Auswärtigen Amtes vom 28. August 2013 -33ist nicht einmal ansatzweise erkennbar, wie etwaige Verfolger, soweit diese aktuell überhaupt noch ein Interesse am Kläger haben sollten, ihn ohne weiteres auffinden können sollten, wenn er sich in den hunderte Kilometer von H. -T1. entfernten südwestlichen Bundesstaaten niederlässt. Die vom Kläger angesprochenen „Voodoo-Praktiken“ stellen offenkundig kein geeignetes Mittel dar, ihn bei einem Ausweichen auf den Südwesten des Landes aufzuspüren.34Eine Ansiedlung in den südwestlichen Bundesstaaten seines Heimatlandes ist dem Kläger ferner nicht mit Blick darauf unzumutbar, dass er sich im April 2011 für etwa zwei Wochen in Polizeigewahrsam befunden haben will, weil bei ihm Haschisch und mehrere Messer gefunden worden sein sollen, die man ihm untergeschoben habe. Da er sich nach seiner Freilassung im April 2011 noch bis Juni 2011 in Nigeria aufgehalten haben will, ohne dass vorgetragen oder sonst ersichtlich wäre, dass die Polizei ihn während dieser Zeit weiter behelligt hätte, kann nicht davon ausgegangen werden, dass noch heute – beinahe drei Jahre später – nach ihm gefahndet würde. Erst Recht ist es vollkommen fernliegend, dass die Polizei wegen des Auffindens der genannten Gegenstände aktuell landesweit – gerade auch im Südwesten Nigerias – nach dem Kläger sucht. Dafür, dass der Kläger bei einer Niederlassung im Südwesten Nigerias zur Rechenschaft gezogen werden würde, weil er im Nordosten des Landes Boko-Haram-Angehörigen seine Dienste als Taxifahrer zur Verfügung gestellt haben will, bestehen ebenfalls keine zureichenden Anhaltspunkte, zumal seine kurzzeitige Ingewahrsamnahme im April 2011 nach den insoweit eindeutigen Bekundungen des Klägers ihren Grund allein in dem Fund von Messern sowie Haschisch und mithin gerade nicht in etwaigen Unterstützungsleistungen für Boko Haram gehabt haben soll.35Die Nutzung einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Südwesten Nigerias würde darüber hinaus nicht daran scheitern, dass der Kläger in Deutschland ein Asylbegehren verfolgt. Denn allein aufgrund einer Asylantragstellung unterliegt ein zurückkehrender nigerianischer Staatsangehöriger keiner Verfolgung durch die Behörden seines Landes.36Vgl. S. 25 des Lageberichts des Auswärtigen Amtes vom 28. August 2013.37Zudem hat das erkennende Gericht keinen durchgreifenden Zweifel daran, dass dem Kläger im Anschluss an eine Rückkehr in die Bundesrepublik Nigeria die Sicherung seiner wirtschaftlichen Existenz möglich sein wird. Erforderlich ist insoweit, dass der betreffende Asylbewerber durch eigene, notfalls auch wenig attraktive und seiner Vorbildung nicht entsprechende Arbeit, die grundsätzlich zumutbar ist, oder durch Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu seinem Lebensunterhalt Notwendige erlangen kann. Zu den danach zumutbaren Arbeiten gehören auch Tätigkeiten, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern, und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristen Bedarfs, beispielsweise in der Landwirtschaft oder auf dem Bausektor, ausgeübt werden können.38Vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 1. Februar 2007 – 1 C 24.06 -, NVwZ 2007, 590; OVG NRW, Urteil vom 17. November 2008 – 11 A 4395/04.A –, juris.39Es ist nicht feststellbar, dass der Kläger eine diesen Anforderungen genügende Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, nicht vorfinden bzw. nicht nutzen können wird. Gegenteiliges folgt auch nicht daraus, dass die wirtschaftliche sowie die soziale Lage in Nigeria insgesamt schwierig ist und vorhandenen sozialen Netzwerken und familiären Bindungen hohe Bedeutung bei der Sicherung des Lebensunterhalts zukommt.40Vgl. S. 18f. des Lageberichts des Auswärtigen Amtes vom 28. August 2013.41Anhaltspunkte für eine Erwerbsunfähigkeit des Klägers aus gesundheitlichen Gründen liegen nicht vor. Von seiner Arbeitsfähigkeit ist daher auszugehen. Zudem hat er seinen eigenen Angaben zufolge in seiner Heimat bereits in einem Sicherheitsdienst sowie als (Taxi-) Fahrer gearbeitet. Es ist angesichts dieser Umstände nicht erkennbar, warum es ihm weder möglich noch zumutbar sein sollte, nach Rückkehr in die Bundesrepublik Nigeria außerhalb seiner Heimatregion, insbesondere in Lagos oder Ibadan, auch ohne unmittelbare familiäre Unterstützung Fuß zu fassen und durch die Aufnahme einer legalen Erwerbstätigkeit seinen notwendigen Lebensunterhalt zu sichern.42Hinzu kommt, dass er im Falle seiner freiwilligen Rückkehr nach Nigeria finanzielle Unterstützung durch die Beklagte aus den Programmen REAG bzw. GARP erhalten kann (vgl. dazu auch Bl. 120ff. der beigezogenen Bundesamtsakte), die es ihm erleichtern würde, die Übergangszeit bis zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu überbrücken.43Vgl. zu diesem Aspekt OVG NRW, Beschluss vom 26. November 2010 ‑ 3 A 1627/10.A –, und OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 3. März 2009 ‑ OVG 3 B 16.08 –, beide abrufbar über juris.44In dem Fall, dass der Kläger sich im Anschluss an eine Rückkehr nach Nigeria in die Stadt Lagos begibt, wird ihm überdies zugutekommen, dass sich die wirtschaftliche Entwicklung dort positiver als in anderen Regionen des Landes darstellt. Unter dem Gouverneur von Lagos-T1. , Babatunde Fashola, konnte in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Arbeitsplätzen geschaffen werden. Zudem hat sich die dortige Sicherheitslage seit dem Amtsantritt Fasholas im Jahre 2007 spürbar verbessert. So ist die Zahl der bewaffneten Raubüberfälle seither um fast 90 % zurückgegangen. Die Mordrate hat sich beinahe halbiert.45Vgl. zur Entwicklung der Stadt Lagos seit 2007 etwa den Bericht in der Financial Times Deutschland vom 17. August 2011 (Nr. 615 des Verzeichnisses der beigezogenen Erkenntnisgrundlagen).46Festzuhalten bleibt nach danach, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Nigeria nicht außerstande wäre, seinen notwendigen Lebensunterhalt zu bestreiten. In seinem Fall ist aufgrund der vorstehend im Einzelnen genannten individuellen Gegebenheiten vom Bestehen einer Ausweichmöglichkeit im Südwesten Nigerias, vor allem in Lagos oder Ibadan, auszugehen. Der Kläger wird als gesunder und arbeitsfähiger Mann, der zudem über berufliche Erfahrung verfügt, nach Rückkehr in die Bundesrepublik Nigeria in der Lage sein, sich im Südwesten des Landes auch ohne Einbindung in eine Großfamilie oder sonstiges „soziales Netz“ durchzuschlagen.47Ebenso in ähnlich gelagerten Fällen z.B. VG Augsburg, Urteil vom 17. August 2012 – Au 7 K 12.30186 - und VG Aachen, Urteil vom 21. Juni 2012 – 2 K 1581/10.A –, beide abrufbar über juris.48Einer Ansiedlung des Klägers im Südwesten Nigerias steht schließlich auch nicht die Empfehlung des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) vom 29. Oktober 201349- diese ist im Internet abrufbar unter der Adresse: http://www.unhcr.de/presse/nachrichten/artikel/a3bc7e766c6422627c9a6b8e2f1f0447/warnung-vor-zwangsrueckfuehrungen-nach-nordost-nigeria.html?L=mootjaugatqkgala; vgl. in diesem Zusammenhang ferner die „UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus dem Nordosten Nigerias fliehen (die Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa)“, die im Internet unter der Adresse http://www.unhcr.at/fileadmin/rechtsinfos/fluechtlingsrecht/6_laenderinformationen/6_1_afrika/NIG_102013.pdf abrufbar sind -50entgegen. UNHCR berichtet darin, dass mehrere tausend Menschen aus den nordöstlichen Bundestaaten Borno, Yobe und Adamawa vor Kämpfen zwischen Regierungstruppen und „Aufständischen“ (Boko-Haram-Angehörigen) in andere Landesteile sowie in Nachbarstaaten (Kamerun, Tschad, Niger) geflohen seien, und erachtet es für sehr wahrscheinlich, dass Menschen aus dieser Region die Kriterien für eine Schutzgewährung erfüllen. Der Kläger kann aus dieser Empfehlung nichts für sich herleiten. Zwar grenzt der Bundesstaat H. , aus dem er geflohen sein will, unmittelbar an die in der UNHCR-Empfehlung angesprochene Krisenregion an. Jedoch liegen in seinem Fall – wie ausgeführt – individuelle Gegebenheiten vor, welche die Prognose erlauben, dass es ihm gelingen wird, im Südwesten Nigerias Fuß zu fassen. Es ist ihm daher möglich und auch zumutbar, bei einer Rückkehr nach Nigeria die in der UNHCR-Empfehlung angesprochene Krisenregion weiträumig zu meiden.51II. Ferner hat der Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3474). Die diesbezüglichen Voraussetzungen sind im Fall des Klägers nicht erfüllt. Es kann bereits deshalb nicht festgestellt werden, dass der Kläger sich aus begründeter Furcht vor politischer Verfolgung in der Bundesrepublik Deutschland befindet (§ 3 Abs. 1 AsylVfG), weil sein Vorbringen – wie vorstehend unter I. 1. ausgeführt – unglaubhaft ist. Abgesehen davon scheitert sein Begehren, als Flüchtling anerkannt zu werden, daran dass die Voraussetzungen des § 3e Abs. 1 AsylVfG, dessen Gegenstand der sog. interne Schutz ist, erfüllt sind. Nach dieser Bestimmung wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft dann nicht zuerkannt, wenn er (1.) in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylVfG hat und (2.) sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Gemäß § 3e Abs. 2 Satz 1 AsylVfG sind bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Abs. 1 erfüllt, die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Art. 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Gemessen hieran kann der Kläger die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft selbst unter der Annahme, dass er tatsächlich durch Boko-Haram-Angehörige verfolgt würde, nicht beanspruchen, weil ihm aus den vorstehend unter I. 2. genannten Gründen nicht nur eine der Anerkennung als Asylberechtigter entgegenstehende innerstaatliche Fluchtalternative, sondern zugleich auch ein interner Schutz gemäß § 3e AsylVfG zur Verfügung steht. Diese Einschätzung beruht zudem auf „genauen und aktuellen Informationen aus relevanten Quellen“ im Sinne von § 3e Abs. 2 Satz 2 AsylVfG, insbesondere auf Auskünften und dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes.52III. Der Kläger kann überdies keinen subsidiären Schutz im Sinne von § 4 AsylVfG beanspruchen. Da sein Vorbringen unglaubhaft ist, lässt sich eine Gefährdungslage im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylVfG, namentliche eine solche gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG, nicht feststellen. Unabhängig hiervon muss er sich auch in diesem Zusammenhang entgegenhalten lassen, dass er einer etwaigen Verfolgung durch Angehörige von Boko Haram durch Inanspruchnahme internen Schutzes entgegen könnte (§ 4 Abs. 3 i.V.m. § 3e AsylVfG).53IV. Darüber hinaus liegen keine Abschiebungsverbote vor, insbesondere kein solches nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gefahren nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, werden bei Entscheidungen nach § 60a AufenthG berücksichtigt (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG).54Allerdings ist eine Feststellung nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG auch bei allgemeinen Gefahrenlagen möglich, ohne dass eine Entscheidung nach § 60a AufenthG erfolgt ist, sofern eine solche Gefahr eine extreme Zuspitzung erfahren hat und ein abzuschiebender Ausländer deshalb gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgesetzt wäre. Für diesen Fall gebieten die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 Satz 1 GG in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG auch bei Vorliegen einer allgemeinen Gefahrenlage die Gewährung von Abschiebungsschutz.55Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. August 2006 – 1 B 60.06 -, Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2ff. AufenthG Nr. 19; OVG NRW, Beschluss vom 21. März 2007 – 20 A 5164/04.A -, juris.56Das Vorliegen einer Erkrankung, die in Nigeria nicht behandelbar wäre bzw. deren Behandlung für den Kläger nicht erreichbar wäre, oder sonstiger Umstände, die einer Abschiebung in der unmittelbaren Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG entgegenstehen könnten, ist nicht feststellbar. Ebenso wenig kann ihm in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG – und damit über den nach Satz 2 der Vorschrift begrenzten Anwendungsbereich hinaus – Schutz vor Abschiebung gewährt werden. Denn es ist nichts dafür erkennbar, dass er unmittelbar im Anschluss an eine Rückkehr nach Nigeria aufgrund der dort herrschenden allgemeinen Lebensbedingungen (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG) in eine extreme Gefährdungslage geraten würde, die ihn mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit dem sicheren Tode oder schwersten Verletzungen ausliefern würde.57V. Die in dem streitgegenständlichen Bescheid vom 11. September 2013 enthaltene Abschiebungsandrohung ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.58C. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Hinweis auf die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens beruht auf § 83b AsylVfG.59D. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
die klage wird abgewiesen.der kläger trägt die kosten des verfahrens; gerichtskosten werden nicht erhoben.das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. dem kläger wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1
2der kläger stellte am 14. juni 2011 beim bundesamt für migration und flüchtlinge (künftig: bundesamt) einen asylantrag. dabei gab er an: er sei am 10. juni 1982 in h. -t1. (nigeria) geboren worden. er besitze die nigerianische staatsangehörigkeit, gehöre dem volke der haussa an und sei christlichen glaubens.3am 29. juni 2011 wurde der kläger in düsseldorf vor dem bundesamt angehört und führte hierbei zur begründung seines asylantrags (in englischer sprache) im wesentlichen aus: in seinem heimatland nigeria habe er die schule bis zum abitur besucht und danach bei einem sicherheitsdienst sowie als fahrer gearbeitet. zuletzt habe er in der stadt h. gelebt und sei dort als taxifahrer tätig gewesen. ein freund habe versucht, ihn dazu zu bewegen, sich der terrorgruppe boko haram anzuschließen. er – der kläger – habe dies jedoch nicht gewollt. der freund habe aber immer wieder versucht, ihn zu überzeugen. ein paarmal habe er – der kläger – den leuten von boko haram auch geholfen, indem er sie mit dem taxi zu operationen gefahren habe. die boko-haram-angehörigen hätten taschen mitgeführt und seien manchmal als polizisten oder militärangehörige verkleidet gewesen. sie hätten die taxifahrten bezahlt. sie hätten ihn quasi als normalen taxifahrer beauftragt. während der fahrten sei nichts weiter passiert. er habe die leute lediglich zu einem ort gefahren und sie später wieder abgeholt. irgendwann hätten sie versucht, ihm einige geheimnisse anzuvertrauen. mit der zeit habe er sich nicht mehr verweigern können. die leute hätten voodoo mit ihm gemacht. sie hätten ihn mit voodoo gewaschen, damit er keine angst habe. dann sei er noch zum medizinmann gegangen, der ihn stark gemacht habe. schließlich habe er – der kläger – aber gemerkt, dass es keine guten leute seien und habe mit ihnen nichts mehr zu tun haben wollen. die boko-haram-angehörigen hätten dann, da er einiges über sie gewusst habe, versucht, ihn zu finden. im april 2011 sei er in eine polizeikontrolle geraten. man habe haschisch und mehrere messer in seinem wagen gefunden, woraufhin er zwei wochen im gewahrsam der polizei verbracht habe. er habe von dort aus mit seinem pastor telefoniert, der dafür gesorgt habe, dass er wieder frei komme. der pastor und das kirchenkomitee hätten ihm dann gesagt, er solle sich verstecken, da ihn sonst die leute von boko haram umbringen könnten. im juni 2011 habe er nigeria über den flughafen von l. -t1. verlassen und sei per direktflug nach europa gereist, wo er am 5. juni 2011 eingetroffen sei. mit welcher fluggesellschaft er gereist sei, wisse er nicht. ebenso wenig könne er den ankunftsflughafen nennen. eine andere person habe die reise für ihn bezahlt. man habe ihm auch einen auf den namen "e1. t3. " ausgestellten nigerianischen pass, in dem ein visum enthalten gewesen sei, zur verfügung gestellt. sein eigener personalausweis sei in nigeria geblieben. seine schleuser seien die "e1. -t3. -leute" gewesen. das seien menschen, die pilgern, die nach mekka fahren, helfen. nach nigeria könne er nicht zurückkehren, da ihm die boko-haram-angehörigen mit hilfe von voodoo-zaubern dort jederzeit überall aufspüren könnten.4am 22. märz 2012 teilte der kläger dem bundesamt schriftlich mit, dass der name des pastors, der ihm geholfen habe, "t2. e. " laute und die kirche, für die er tätig sei, die "f. -0-church" in h. sei. dort habe er – der kläger – sich bis zu seiner ausreise im juni 2011 aufgehalten. ferner legte er dem bundesamt mehrere presseberichte zur lage in nigeria, namentlich zum terror durch die islamistische gruppierung boko haram, vor.5mit bescheid vom 11. september 2013, zwecks zustellung per einschreiben zur post gegeben am 12. september 2013, lehnte das bundesamt den antrag des klägers auf anerkennung als asylberechtigter ab. zugleich stellte es fest, dass die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nicht vorlägen und auch keine abschiebungsverbote gegeben seien. ferner drohte es ihm die abschiebung nach nigeria an.6am 27. september 2013 hat der kläger klage erhoben. schriftsätzlich beantragt er sinngemäß,7die beklagte unter aufhebung des bescheides des bundesamtes vom 11. september 2013 zu verpflichten, ihn als asylberechtigten anzuerkennen, ihm die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, ihm subsidiären schutz zu gewähren und festzustellen, dass abschiebungsverbote vorliegen.8die beklagte beantragt schriftsätzlich,9die klage abzuweisen.10mit beschluss vom 7. november 2013 hat die kammer das verfahren dem berichterstatter als einzelrichter zur entscheidung übertragen (§ 76 abs. 1 asylvfg). dieser hat mit beschluss vom 12. november 2013 einen antrag des klägers auf gewährung von prozesskostenhilfe abgelehnt.11wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte sowie den durch das bundesamt übersandten verwaltungsvorgang (1 heft) bezug genommen.12
13a. das gericht war nicht gehindert, aufgrund der mündlichen verhandlung vom 21. januar 2014 über die klage zu entscheiden, obwohl weder ein vertreter der beklagten noch der kläger und/oder seine prozessbevollmächtigte zur mündlichen verhandlung erschienen sind. denn die beteiligten wurden unter hinweis darauf, dass das gericht beim ausbleiben eines beteiligten ohne ihn verhandeln und entscheiden kann, geladen (§ 102 abs. 2 vwgo).14b. die zulässige klage ist unbegründet.15i. der kläger hat keinen anspruch auf anerkennung als asylberechtigter.161. gemäß art. 16 a abs. 1 gg genießen politisch verfolgte asylrecht. eine verfolgung ist dann eine politische, wenn sie dem einzelnen in anknüpfung an seine politische überzeugung, seine religiöse grundentscheidung oder an für ihn unverfügbare merkmale, die sein anderssein prägen, gezielt rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer intensität nach aus der übergreifenden friedensordnung der staatlichen einheit ausgrenzen. die rechtsverletzung, aus der der asylbewerber seine asylberechtigung herleitet, muss ihm gezielt, d.h. gerade in anknüpfung an asylerhebliche merkmale zugefügt worden sein. hieran fehlt es regelmäßig bei nachteilen, die jemand auf grund der allgemeinen zustände in seinem herkunftsstaat zu erleiden hat, etwa infolge von naturkatastrophen, arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen lage oder infolge allgemeiner auswirkungen von unruhen, revolutionen und kriegen. die in diesem sinne gezielt zugefügte rechtsverletzung muss von einer intensität sein, die sich nicht nur als beeinträchtigung, sondern als ausgrenzende verfolgung darstellt, sodass der davon betroffene gezwungen war, in begründeter furcht vor einer ausweglosen lage sein heimatland zu verlassen und im ausland schutz zu suchen. ein anspruch auf anerkennung als asylberechtigter besteht nur dann, wenn der asylsuchende geltend machen kann, dass er im maßgeblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung (§ 77 abs. 1 satz 1 asylvfg) bei einer rückkehr in sein heimatland von politischer verfolgung bedroht wäre, wenn ihm also zu diesem zeitpunkt die rückkehr in die heimat nicht zugemutet werden kann. für die danach anzustellende prognose gelten unterschiedliche maßstäbe je nach dem, ob der asylsuchende seinen heimatstaat auf der flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer verfolgung verlassen hat oder ob er unverfolgt in die bundesrepublik deutschland gekommen ist. im erstgenannten fall ist asyl schon dann zu gewähren, wenn der asylsuchende bei einer rückkehr vor erneuter verfolgung nicht hinreichend sicher sein kann. hat der asylsuchende sein heimatland jedoch unverfolgt verlassen, so kann sein asylanerkennungsbegehren nach art. 16a abs. 1 gg nur erfolg haben, wenn ihm auf grund von nachfluchttatbeständen politische verfolgung mit beachtlicher wahrscheinlichkeit droht.17vgl. zum ganzen etwa ovg nrw, urteil vom 14. februar 2006 – 15 a 2202/00.a –, m.w.n., juris,18vorliegend lässt sich nicht feststellen, dass dem kläger im falle einer rückkehr in die bundesrepublik nigeria mit beachtlicher wahrscheinlichkeit politische verfolgung droht. dieser prognosemaßstab – frage gerade nach der beachtlichen wahrscheinlichkeit einer künftigen politischen verfolgung – ist hier deshalb heranzuziehen, weil nicht erkennbar ist, dass der kläger in seiner heimat bereits einmal politisch verfolgt worden ist, also vorverfolgt ausgereist ist. dass es nicht möglich ist, eine entsprechende feststellung zu treffen, ergibt sich bereits daraus, dass sein vortrag zu den gründen für seine ausreise aus nigeria unglaubhaft ist. insoweit nimmt die kammer auf die erwägungen bezug, die das bundesamt auf den seiten fünf (von „die vorgetragenen gründe weisen ungereimtheiten und widersprüche ...“) bis sechs (bis einschließlich „... scheitert die glaubhaftmachung.“) seines bescheides vom 11. september 2013 angestellt hat (§ 77 abs. 2 asylvfg). die kammer erachtet diese ausführungen, gegen die der kläger keine substanziierten einwände erhoben hat, nach eigener überprüfung für zutreffend.192. doch selbst dann, wenn man den sinngemäßen vortrag des klägers, er werde durch angehörige der terrorgruppe boko haram verfolgt, als wahr unterstellen würde, könnte er hieraus nichts für sich herleiten. denn er kann sich vor etwaigen übergriffen dieser gruppierung jedenfalls durch nutzung einer innerstaatlichen fluchtalternative schützen, weshalb er des schutzes vor verfolgung im ausland nicht bedarf.20eine innerstaatliche fluchtalternative, die den anspruch auf anerkennung als asylberechtigter ausschließt, liegt immer dann vor, wenn der betreffende asylbewerber in anderen teilen seines heimatstaates vor (erneuter) politischer verfolgung hinreichend sicher ist und ihm am ort einer solchen inländischen fluchtalternative keine sonstigen unzumutbaren gefahren und nachteile drohen, die nach ihrer intensität und schwere einer asylrechtlich erheblichen rechtsgutbeeinträchtigung aus politischen gründen gleichkommen. erforderlich ist dabei neben der erreichbarkeit des betreffenden ortes, dass dort das wirtschaftliche existenzminimum gesichert ist.21vgl. z.b. ovg nrw, urteil vom 17. november 2008 – 11 a 4395/04.a –, juris.22eine diesen anforderungen genügende fluchtalternative würde der kläger, der nach eigenem bekunden dem christentum angehört, außerhalb seiner in h. -t1. gelegenen heimat vorfinden. mit einer fläche von 925.000 qkm ist nigeria fast dreimal so groß wie die bundesrepublik deutschland. christen aus den nördlichen bundesstaaten nigerias, zu denen auch h. -t1. gehört, können in andere landesteile nigerias umziehen, was zahlreiche christen, insbesondere solche aus der region jos (plateau t1. ), auch schon getan haben. sie sind dabei keinen besonderen einschränkungen unterworfen. nach art. 41 der verfassung der bundesrepublik nigeria von 1999 steht es jedem nigerianer frei, sich überall in nigeria niederzulassen. denkbar ist für christen aus dem norden des landes, einschließlich des klägers, vor allem eine ansiedlung in den südwestlichen staaten nigerias, z.b. in den regionen lagos und ibadan. bei einer ansiedlung in lagos wird von zugezogenen nigerianischen staatsangehörigen lediglich verlangt, dass sie sich zur erhebung der einkommenssteuer ordnungsgemäß registrieren.23vgl. die nrn. 11 bis 13 der amtlichen auskunft des auswärtigen amtes an das vg minden vom 25. oktober 2012 (nr. 711 der den beteiligten übermittelten erkenntnisliste).24in den südwestlichen bundesstaaten nigerias, insbesondere in lagos bzw. ibadan, würden für den kläger zudem keine nennenswerten sprachprobleme entstehen. der kläger ist des englischen mächtig. diese sprache dient auch in der genannten region als verkehrssprache. zudem dominiert im südwesten nigerias, anders als im stark muslimisch geprägten norden des landes, keine religion. zwar sind viele der dort lebenden menschen moslems oder praktizieren traditionelle religionen. daneben bekennt sich aber auch eine große zahl der dort lebenden menschen zum christentum.25vgl. teil 3 des online-loseblattwerks des bundesamtes zum herkunftsland nigeria - gesellschaft und bevölkerung.26der kläger würde somit als christ im südwesten nigerias, der für ihn auch tatsächlich erreichbar sein wird, keiner religiösen minderheit angehören. es ist nichts dafür ersichtlich, dass er dort aufgrund seiner religionszugehörigkeit diskriminiert werden würde oder in anderer weise gefährdet wäre. insbesondere finden sich in den erkenntnisgrundlagen, die dem gericht zur verfügung stehen, vor allem im bericht des auswärtigen amtes zur asyl- und abschiebungsrelevanten lage in der bundesrepublik nigeria vom 28. august 2013 (nr. 722 der den beteiligten übermittelten erkenntnisliste), keinerlei anhaltspunkte dafür, dass für christen im südwesten des landes in absehbarer zeit eine ähnlich bedrohliche situation entstehen könnte wie in anderen landesteilen. im gegenteil sind die südwestlichen bundesstaaten bislang von den immer wieder in zentral- und nord-nigeria vorkommenden anschlägen der islamistischen terrorgruppe boko haram ebenso verschont geblieben wie von religiös motivierten auseinandersetzungen größeren ausmaßes. in der region gibt es seit jahrhunderten ein friedliches zusammenleben zwischen christen und moslems. mischehen zwischen angehörigen beider religionen sind häufig.27vgl. dazu s. 13 des lageberichts des auswärtigen amtes vom 28. august 2013.28zwar kam es in den letzten jahren vereinzelt auch in den südwestlichen bundesstaaten zu gewaltsamen konflikten und übergriffen. dabei handelte es sich jedoch zumeist nicht um religiös motivierte auseinandersetzungen zwischen christen und moslems, sondern um konflikte zwischen haussa und angehörigen anderer volksgruppen, die überwiegend wirtschaftlich begründet waren, so etwa bei einem gewaltsam ausgetragenen streit zwischen haussa und yoruba um die führung des mile-12-market in der region lagos29- vgl. nr. 15 der auskunft des auswärtigen amtes an das vg minden vom 25. oktober 2012 -.30es ist nichts dafür ersichtlich, dass dem kläger bei einer ansiedlung in lagos oder ibadan die reale gefahr droht, in einen solchen konflikt hineingezogen zu werden.31darüber hinaus kann der kläger sich nicht mit erfolg darauf berufen, dass angehörige der gruppierung boko haram ihn überall in nigeria aufspüren könnten. angesichts der in nigeria bestehenden infrastrukturellen mängel sowie eines fehlenden flächendeckenden meldewesens32- vgl. dazu s. 23 und s. 26 des lageberichts des auswärtigen amtes vom 28. august 2013 -33ist nicht einmal ansatzweise erkennbar, wie etwaige verfolger, soweit diese aktuell überhaupt noch ein interesse am kläger haben sollten, ihn ohne weiteres auffinden können sollten, wenn er sich in den hunderte kilometer von h. -t1. entfernten südwestlichen bundesstaaten niederlässt. die vom kläger angesprochenen „voodoo-praktiken“ stellen offenkundig kein geeignetes mittel dar, ihn bei einem ausweichen auf den südwesten des landes aufzuspüren.34eine ansiedlung in den südwestlichen bundesstaaten seines heimatlandes ist dem kläger ferner nicht mit blick darauf unzumutbar, dass er sich im april 2011 für etwa zwei wochen in polizeigewahrsam befunden haben will, weil bei ihm haschisch und mehrere messer gefunden worden sein sollen, die man ihm untergeschoben habe. da er sich nach seiner freilassung im april 2011 noch bis juni 2011 in nigeria aufgehalten haben will, ohne dass vorgetragen oder sonst ersichtlich wäre, dass die polizei ihn während dieser zeit weiter behelligt hätte, kann nicht davon ausgegangen werden, dass noch heute – beinahe drei jahre später – nach ihm gefahndet würde. erst recht ist es vollkommen fernliegend, dass die polizei wegen des auffindens der genannten gegenstände aktuell landesweit – gerade auch im südwesten nigerias – nach dem kläger sucht. dafür, dass der kläger bei einer niederlassung im südwesten nigerias zur rechenschaft gezogen werden würde, weil er im nordosten des landes boko-haram-angehörigen seine dienste als taxifahrer zur verfügung gestellt haben will, bestehen ebenfalls keine zureichenden anhaltspunkte, zumal seine kurzzeitige ingewahrsamnahme im april 2011 nach den insoweit eindeutigen bekundungen des klägers ihren grund allein in dem fund von messern sowie haschisch und mithin gerade nicht in etwaigen unterstützungsleistungen für boko haram gehabt haben soll.35die nutzung einer innerstaatlichen fluchtalternative im südwesten nigerias würde darüber hinaus nicht daran scheitern, dass der kläger in deutschland ein asylbegehren verfolgt. denn allein aufgrund einer asylantragstellung unterliegt ein zurückkehrender nigerianischer staatsangehöriger keiner verfolgung durch die behörden seines landes.36vgl. s. 25 des lageberichts des auswärtigen amtes vom 28. august 2013.37zudem hat das erkennende gericht keinen durchgreifenden zweifel daran, dass dem kläger im anschluss an eine rückkehr in die bundesrepublik nigeria die sicherung seiner wirtschaftlichen existenz möglich sein wird. erforderlich ist insoweit, dass der betreffende asylbewerber durch eigene, notfalls auch wenig attraktive und seiner vorbildung nicht entsprechende arbeit, die grundsätzlich zumutbar ist, oder durch zuwendungen von dritter seite jedenfalls nach überwindung von anfangsschwierigkeiten das zu seinem lebensunterhalt notwendige erlangen kann. zu den danach zumutbaren arbeiten gehören auch tätigkeiten, die nicht überkommenen berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere fähigkeiten erfordern, und die nur zeitweise, etwa zur deckung eines kurzfristen bedarfs, beispielsweise in der landwirtschaft oder auf dem bausektor, ausgeübt werden können.38vgl. z.b. bverwg, urteil vom 1. februar 2007 – 1 c 24.06 -, nvwz 2007, 590; ovg nrw, urteil vom 17. november 2008 – 11 a 4395/04.a –, juris.39es ist nicht feststellbar, dass der kläger eine diesen anforderungen genügende möglichkeit, seinen lebensunterhalt zu bestreiten, nicht vorfinden bzw. nicht nutzen können wird. gegenteiliges folgt auch nicht daraus, dass die wirtschaftliche sowie die soziale lage in nigeria insgesamt schwierig ist und vorhandenen sozialen netzwerken und familiären bindungen hohe bedeutung bei der sicherung des lebensunterhalts zukommt.40vgl. s. 18f. des lageberichts des auswärtigen amtes vom 28. august 2013.41anhaltspunkte für eine erwerbsunfähigkeit des klägers aus gesundheitlichen gründen liegen nicht vor. von seiner arbeitsfähigkeit ist daher auszugehen. zudem hat er seinen eigenen angaben zufolge in seiner heimat bereits in einem sicherheitsdienst sowie als (taxi-) fahrer gearbeitet. es ist angesichts dieser umstände nicht erkennbar, warum es ihm weder möglich noch zumutbar sein sollte, nach rückkehr in die bundesrepublik nigeria außerhalb seiner heimatregion, insbesondere in lagos oder ibadan, auch ohne unmittelbare familiäre unterstützung fuß zu fassen und durch die aufnahme einer legalen erwerbstätigkeit seinen notwendigen lebensunterhalt zu sichern.42hinzu kommt, dass er im falle seiner freiwilligen rückkehr nach nigeria finanzielle unterstützung durch die beklagte aus den programmen reag bzw. garp erhalten kann (vgl. dazu auch bl. 120ff. der beigezogenen bundesamtsakte), die es ihm erleichtern würde, die übergangszeit bis zur aufnahme einer erwerbstätigkeit zu überbrücken.43vgl. zu diesem aspekt ovg nrw, beschluss vom 26. november 2010 ‑ 3 a 1627/10.a –, und ovg berlin-brandenburg, urteil vom 3. märz 2009 ‑ ovg 3 b 16.08 –, beide abrufbar über juris.44in dem fall, dass der kläger sich im anschluss an eine rückkehr nach nigeria in die stadt lagos begibt, wird ihm überdies zugutekommen, dass sich die wirtschaftliche entwicklung dort positiver als in anderen regionen des landes darstellt. unter dem gouverneur von lagos-t1. , babatunde fashola, konnte in den vergangenen jahren eine vielzahl von arbeitsplätzen geschaffen werden. zudem hat sich die dortige sicherheitslage seit dem amtsantritt fasholas im jahre 2007 spürbar verbessert. so ist die zahl der bewaffneten raubüberfälle seither um fast 90 % zurückgegangen. die mordrate hat sich beinahe halbiert.45vgl. zur entwicklung der stadt lagos seit 2007 etwa den bericht in der financial times deutschland vom 17. august 2011 (nr. 615 des verzeichnisses der beigezogenen erkenntnisgrundlagen).46festzuhalten bleibt nach danach, dass der kläger bei einer rückkehr nach nigeria nicht außerstande wäre, seinen notwendigen lebensunterhalt zu bestreiten. in seinem fall ist aufgrund der vorstehend im einzelnen genannten individuellen gegebenheiten vom bestehen einer ausweichmöglichkeit im südwesten nigerias, vor allem in lagos oder ibadan, auszugehen. der kläger wird als gesunder und arbeitsfähiger mann, der zudem über berufliche erfahrung verfügt, nach rückkehr in die bundesrepublik nigeria in der lage sein, sich im südwesten des landes auch ohne einbindung in eine großfamilie oder sonstiges „soziales netz“ durchzuschlagen.47ebenso in ähnlich gelagerten fällen z.b. vg augsburg, urteil vom 17. august 2012 – au 7 k 12.30186 - und vg aachen, urteil vom 21. juni 2012 – 2 k 1581/10.a –, beide abrufbar über juris.48einer ansiedlung des klägers im südwesten nigerias steht schließlich auch nicht die empfehlung des hohen flüchtlingskommissars der vereinten nationen (unhcr) vom 29. oktober 201349- diese ist im internet abrufbar unter der adresse: http://www.unhcr.de/presse/nachrichten/artikel/a3bc7e766c6422627c9a6b8e2f1f0447/warnung-vor-zwangsrueckfuehrungen-nach-nordost-nigeria.html?l=mootjaugatqkgala; vgl. in diesem zusammenhang ferner die „unhcr-erwägungen zum schutzbedarf von personen, die aus dem nordosten nigerias fliehen (die bundesstaaten borno, yobe und adamawa)“, die im internet unter der adresse http://www.unhcr.at/fileadmin/rechtsinfos/fluechtlingsrecht/6_laenderinformationen/6_1_afrika/nig_102013.pdf abrufbar sind -50entgegen. unhcr berichtet darin, dass mehrere tausend menschen aus den nordöstlichen bundestaaten borno, yobe und adamawa vor kämpfen zwischen regierungstruppen und „aufständischen“ (boko-haram-angehörigen) in andere landesteile sowie in nachbarstaaten (kamerun, tschad, niger) geflohen seien, und erachtet es für sehr wahrscheinlich, dass menschen aus dieser region die kriterien für eine schutzgewährung erfüllen. der kläger kann aus dieser empfehlung nichts für sich herleiten. zwar grenzt der bundesstaat h. , aus dem er geflohen sein will, unmittelbar an die in der unhcr-empfehlung angesprochene krisenregion an. jedoch liegen in seinem fall – wie ausgeführt – individuelle gegebenheiten vor, welche die prognose erlauben, dass es ihm gelingen wird, im südwesten nigerias fuß zu fassen. es ist ihm daher möglich und auch zumutbar, bei einer rückkehr nach nigeria die in der unhcr-empfehlung angesprochene krisenregion weiträumig zu meiden.51ii. ferner hat der kläger keinen anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 asylvfg in der hier maßgeblichen fassung des gesetzes zur umsetzung der richtlinie 2011/95/eu vom 28. august 2013 (bgbl. i s. 3474). die diesbezüglichen voraussetzungen sind im fall des klägers nicht erfüllt. es kann bereits deshalb nicht festgestellt werden, dass der kläger sich aus begründeter furcht vor politischer verfolgung in der bundesrepublik deutschland befindet (§ 3 abs. 1 asylvfg), weil sein vorbringen – wie vorstehend unter i. 1. ausgeführt – unglaubhaft ist. abgesehen davon scheitert sein begehren, als flüchtling anerkannt zu werden, daran dass die voraussetzungen des § 3e abs. 1 asylvfg, dessen gegenstand der sog. interne schutz ist, erfüllt sind. nach dieser bestimmung wird dem ausländer die flüchtlingseigenschaft dann nicht zuerkannt, wenn er (1.) in einem teil seines herkunftslandes keine begründete furcht vor verfolgung oder zugang zu schutz vor verfolgung nach § 3d asylvfg hat und (2.) sicher und legal in diesen landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. gemäß § 3e abs. 2 satz 1 asylvfg sind bei der prüfung der frage, ob ein teil des herkunftslandes die voraussetzungen nach abs. 1 erfüllt, die dortigen allgemeinen gegebenheiten und die persönlichen umstände des ausländers gemäß art. 4 der richtlinie 2011/95/eu zum zeitpunkt der entscheidung über den antrag zu berücksichtigen. gemessen hieran kann der kläger die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft selbst unter der annahme, dass er tatsächlich durch boko-haram-angehörige verfolgt würde, nicht beanspruchen, weil ihm aus den vorstehend unter i. 2. genannten gründen nicht nur eine der anerkennung als asylberechtigter entgegenstehende innerstaatliche fluchtalternative, sondern zugleich auch ein interner schutz gemäß § 3e asylvfg zur verfügung steht. diese einschätzung beruht zudem auf „genauen und aktuellen informationen aus relevanten quellen“ im sinne von § 3e abs. 2 satz 2 asylvfg, insbesondere auf auskünften und dem aktuellen lagebericht des auswärtigen amtes.52iii. der kläger kann überdies keinen subsidiären schutz im sinne von § 4 asylvfg beanspruchen. da sein vorbringen unglaubhaft ist, lässt sich eine gefährdungslage im sinne des § 4 abs. 1 asylvfg, namentliche eine solche gemäß § 4 abs. 1 nr. 3 asylvfg, nicht feststellen. unabhängig hiervon muss er sich auch in diesem zusammenhang entgegenhalten lassen, dass er einer etwaigen verfolgung durch angehörige von boko haram durch inanspruchnahme internen schutzes entgegen könnte (§ 4 abs. 3 i.v.m. § 3e asylvfg).53iv. darüber hinaus liegen keine abschiebungsverbote vor, insbesondere kein solches nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg. nach dieser vorschrift soll von der abschiebung eines ausländers in einen anderen staat abgesehen werden, wenn dort für diesen ausländer eine erhebliche konkrete gefahr für leib, leben oder freiheit besteht. gefahren nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg, denen die bevölkerung oder die bevölkerungsgruppe, der der ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, werden bei entscheidungen nach § 60a aufenthg berücksichtigt (vgl. § 60 abs. 7 satz 2 aufenthg).54allerdings ist eine feststellung nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg auch bei allgemeinen gefahrenlagen möglich, ohne dass eine entscheidung nach § 60a aufenthg erfolgt ist, sofern eine solche gefahr eine extreme zuspitzung erfahren hat und ein abzuschiebender ausländer deshalb gleichsam sehenden auges dem sicheren tod oder schwersten verletzungen ausgesetzt wäre. für diesen fall gebieten die grundrechte aus art. 1 abs. 1, 2 abs. 2 satz 1 gg in verfassungskonformer auslegung des § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg auch bei vorliegen einer allgemeinen gefahrenlage die gewährung von abschiebungsschutz.55vgl. bverwg, beschluss vom 23. august 2006 – 1 b 60.06 -, buchholz 402.242 § 60 abs. 2ff. aufenthg nr. 19; ovg nrw, beschluss vom 21. märz 2007 – 20 a 5164/04.a -, juris.56das vorliegen einer erkrankung, die in nigeria nicht behandelbar wäre bzw. deren behandlung für den kläger nicht erreichbar wäre, oder sonstiger umstände, die einer abschiebung in der unmittelbaren anwendung des § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg entgegenstehen könnten, ist nicht feststellbar. ebenso wenig kann ihm in verfassungskonformer anwendung des § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg – und damit über den nach satz 2 der vorschrift begrenzten anwendungsbereich hinaus – schutz vor abschiebung gewährt werden. denn es ist nichts dafür erkennbar, dass er unmittelbar im anschluss an eine rückkehr nach nigeria aufgrund der dort herrschenden allgemeinen lebensbedingungen (§ 60 abs. 7 satz 2 aufenthg) in eine extreme gefährdungslage geraten würde, die ihn mit der erforderlichen hohen wahrscheinlichkeit dem sicheren tode oder schwersten verletzungen ausliefern würde.57v. die in dem streitgegenständlichen bescheid vom 11. september 2013 enthaltene abschiebungsandrohung ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.58c. die kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 abs. 1 vwgo. der hinweis auf die gerichtskostenfreiheit des verfahrens beruht auf § 83b asylvfg.59d. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 10, 711 zpo.
Verklagte*r
0
168,704
9 K 4006/13
2015-01-15T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten für den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt von dem Beklagten 185.053,08 Euro, die sie für archäologische Untersuchungen des Baugrundstücks T.-------gasse /Am X. Tor in N. im Zusammenhang mit der Bebauung dieser Grundstücke aufgewendet hat. 3Die Klägerin hatte zunächst für die Bebauung der Grundstücke Am X. Tor 18, 20 und 22 sowie T.-------gasse 23, Gemarkung S. , Flur 00 für die Errichtung von mehreren Mehrfamilienhäusern mit einer Tiefgarage eine später nicht weiter verfolgte Bauvoranfrage am 2. Oktober 2009 gestellt. Bei den Grundstücksflächen handelte es sich um unbebaute Parzellen im Ortskern von S1. , die nicht als Bodendenkmal in die Denkmalliste eingetragen waren. 4Bereits im Rahmen dieser Bauvoranfrage war die Abteilung Denkmalschutz/Praktische Bodendenkmalpflege des Beklagten von der unteren Denkmalbehörde der Stadt N. um Stellungnahme gebeten worden. Am 23. November 2009 teilte der Beklagte der Unteren Denkmalbehörde der Stadt N. mit, zur fachlichen Einschätzung werde auf die beigefügte archäologisch-bodendenkmalpflegerische Bewertung vom 4. November 2009 Bezug genommen. Darin wird u.a. dargelegt, das Grundstück liege im historischen Ortskern S. in unmittelbarer Nähe zur ursprünglich mittelalterlichen St. I. Kirche bzw. dem ehemaligen Kloster St. L. . Nach Auskunft des Urkatasters von 1819/20 habe zu dieser Zeit eine nahezu geschlossene Bebauung entlang der T.-------gasse und der Straße Am X. Tor bestanden. Ohne historische Recherchen lasse sich zunächst nur vermuten, dass das Alter dieser Bebauung, die im Zweiten Weltkrieg zerstört worden sei, zumindest teilweise einige Jahrhunderte betragen dürfe. Auf jeden Fall sei auf Grund der Lage der überplanten Fläche davon auszugehen, dass sie bereits im Mittelalter bebaut und genutzt worden sei. Zur Befunderwartung führte das Fachamt des Beklagten weiter aus, im Plangebiet seien mittelalterlich-neuzeitliche Siedlungsbefunde und Funde zu erwarten. Auftreten könnten bauliche Reste, wie Pflasterungen, Fundamente und Keller, wirtschaftliche und hauswirtschaftliche Anlagen, wie Wasserleitungen, Brunnen, Latrinen und Abfallgruben sowie archäologisch-relevante Schichten, Bodenveränderungen und Funde, die im Zusammenhang mit den Siedlungsaktivitäten entstanden bzw. in den Boden gelangt seien. 5Der Beklagte wies vor dem Hintergrund dieser bodendenkmalpflegerischen Bewertung darauf hin, es müsse davon ausgegangen werden, dass sich im Untergrund bedeutende archäologische Substanz erhalten habe, die die Voraussetzung für die Eintragung in die Liste der ortsfesten Bodendenkmäler der Stadt N. erfülle. Als große zusammenhängende Fläche des historischen Ortskerns, die – anders als ihre Umgebung – seit dem Zweiten Weltkrieg von gravierenden Bodeneingriffen verschont geblieben sei, besitze das Areal einen besonderen archäologischen Quellenwert. Es sei davon auszugehen, dass sich hier umfangreiche archäologische Funde und Befunde in ihrem ursprünglichen stratigrafischen Kontext erhalten hätten, die für die Geschichte des Ortes von außerordentlicher Bedeutung seien. Im Hinblick auf die geplante Bebauung des Grundstücks werde die Untere Denkmalbehörde gebeten, die Eintragung dieser Fläche in die Liste der ortsfesten Bodendenkmäler der Stadt N. umgehend in die Wege zu leiten. Den Überlegungen zur Bebauung des Grundstücks müsse dann eine archäologische Sachverhaltsermittlung mit dem Ziel vorausgehen, eine neue Nutzung bodendenkmalverträglich zu gestalten. Grundsätzliche denkmalpflegerische Bedenken bestünden aus Sicht des Fachamtes gegen die angedachte Überplanung, die mit ihrer Struktur, Massivität und Orientierung in völligem Gegensatz zur historischen Bebauungsstruktur S. stehe, die das in der gesamten Umgebung erhaltende System von kleinen, langschmalen Parzellen einer straßenbegleitenden Bebauung auf den Kopf stelle und damit das Erscheinungsbild des Denkmals massiv verunklare. 6Die Klägerin beantragte am 23. Dezember 2009 Baugenehmigungen für Mehrfamilienhäuser mit Tiefgaragen auf den in Rede stehenden Grundstücken. Nachdem die Baubehörde aus städtebaulicher Sicht keine Bedenken geäußert hatte, wurde das Vorhaben in der Baukonferenz beraten. Dabei wurde, wie sich aus der Niederschrift vom 27. Januar 2010 ergibt, insbesondere der folgende Punkt erörtert: „Die Fläche wird als Bodendenkmal in die Denkmalliste eingetragen. Die Baumaßnahmen sind archäologisch zu begleiten. Eine denkmalrechtliche Erlaubnis gemäß § 9 und eine Grabungserlaubnis gemäß § 13 DSchG NW sind zu beantragen.“ 7Am 12. März 2010 beantragte die B. GbR für die Klägerin bei der Bezirksregierung Düsseldorf eine Grabungserlaubnis gemäß § 13 DSchG (Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande Nordrhein-Westfalen –DSchG) unter dem Betreff „Bauvorgreifende Ausgrabungen“. Sie führte aus, dass die Klägerin im Zentrum von N. -S. die Errichtung von unterkellerten Wohnhäusern plane. Die Baugrundstücke lägen zum größeren Teil im Bereich des Bodendenkmals N1. 000 und sollten bauvorgreifend ausgegraben werden. 8Der in diesem Verfahren beteiligte Beklagte teilte der Bezirksregierung E. mit Schreiben vom 25. März 2010 mit, nachdem nun ein überarbeitetes fachliches Konzept vorliege, stelle er gemäß §§ 21 und 13 DSchG das Benehmen zur Genehmigung der beantragten archäologischen Maßnahme her, mit der Bitte, die von ihm genannten Nebenbestimmung in die Erlaubnis aufzunehmen. 9Die Bezirksregierung E. erteilte sodann der B. GbR mit Bescheid vom 29. März 2010 die Grabungserlaubnis gemäß § 13 DSchG für die Durchführung archäologischer Maßnahmen (Sachverhaltsermittlung) im Zusammenhang mit der geplanten Bebauung des Grundstücks Am X. Tor/T.-------gasse in N. /S. . 10Am 31. April 2010 begann die archäologische Untersuchung durch die Firma B. GbR C. . In dem vorgelegten Zwischenbericht NI 2010/1010 vom April 2010 führt Dipl.-Ark. Z. H. aus, dass bis zum 30. April 2010 eine knapp 2.000 qm große Fläche freigelegt und zum größten Teil untersucht worden sei. Die bisherigen Untersuchungen belegten eine durchgehende Besiedlung auf dem Platz vom Hochmittelalter bis in die Gegenwart. Zu den ältesten Befunden zählten Kellergruben sowie ein Latrinenhaus. Die grobe Sichtung des Fundmaterials erlaube eine Datierung der Befunde zwischen dem 10. und 13. Jahrhundert. Die Untersuchungen wurden Ende September 2010 abgeschlossen. 11Der Fachbereich Bauordnung und Denkmalschutz der Stadt N. erteilte der Klägerin mit Bescheiden vom 17. September 2010 die Genehmigungen für die Errichtung der beantragten dreigeschossigen Mehrfamilienhäuser mit Tiefgarage. 12Mit Schreiben vom 7. August 2012 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten die Übernahme der ihr im Zuge der Ausgrabung, Dokumentation und Bergung archäologischer Befunde bzw. Funde auf den Baugrundstücken entstandenen Kosten geltend. Zur Begründung führte sie aus, dass sie die entstandenen Kosten für die Grabungen ohne rechtliche Grundlage übernommen habe. Es liege ein Fall der Geschäftsführung ohne Auftrag oder der ungerechtfertigten Bereicherung vor. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein Westfalen (OVG NRW) habe in seiner Entscheidung vom 20. September 2011 festgestellt, dass die Aufgabe der Bodendenkmalpflege nach § 22 Abs. 3 Nr. 4 DSchG dem Landschaftsverband obläge. Dieser müsse mangels einer anderen gesetzlichen Regelung die erforderlichen Maßnahmen auf eigene Kosten durchführen. Sie habe diese archäologischen Maßnahmen im mutmaßlichen Willen des Beklagten durchgeführt. 13Der Beklagte teilte der Klägerin mit Schriftsatz vom 4. September 2012 mit, dass der von ihr vorgetragene Anspruch aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. der behauptete Bereicherungsanspruch nicht bestehe und auch nicht durch das Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 20. September 2011 begründet werden könne. Die dort zu Grunde liegender Sachverhaltskonstellation sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Eine Kostenübernahme werde daher nicht erfolgen. 14Die Klägerin hat am 25. April 2013 die vorliegende Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Sie macht geltend, im Zuge der Bebauung der Grundstücke mit vier Wohnhäusern habe der Beklagte sowie die untere Denkmalbehörde der Stadt N. mitgeteilt, dass mit dem Auffinden von Bodendenkmälern zu rechnen sei. Infolgedessen habe der Beklagte die Beantragung einer Grabungsgenehmigung gefordert. Diese habe die Bezirksregierung E. auf entsprechenden Antrag am 29. März 2010 erteilt. Die Klägerin habe das Büro B1. mit der Beantragung der Erlaubnis sowie den umfangreichen Arbeiten beauftragt. Dafür habe sie 165.070,13 EUR und für Erdarbeiten insgesamt 91.960,82 EUR gezahlt. Diese Kosten seien ihr von dem Beklagten zu erstatten. Das OVG NRW habe in seiner grundlegenden Entscheidung vom 20. September 2011 festgestellt, das Veranlasserprinzip im Denkmalrecht finde nur bei entsprechender ausdrücklicher Regelung Anwendung. Die Bodendenkmalpflege obliege gemäß § 42 Abs. 3 Nr. 4 DSchG dem Beklagten. Mangels anderer gesetzlicher Regelungen müsse deshalb der Beklagte die erforderlichen Maßnahmen auf eigene Kosten durchführen. Selbst wenn - wie vorliegend - Auslöser für die Maßnahmen ein privates Bauvorhaben sei, führe dies nicht zu einer Kostentragungspflicht des Vorhabenträgers. Vielmehr bestehe keine Möglichkeit, die Kosten dem Grundstückseigentümer bzw. Vorhabenträger aufzuerlegen. Es liege daher ein Fall der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag vor. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass die Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 677 ff. BGB auch im öffentlichen Recht Anwendung fänden. Die Durchführung der Maßnahme habe auch dem mutmaßlichen Willen des Beklagten entsprochen, da sie aufgrund der Vorgaben der Grabungsgenehmigung umgesetzt worden sei. Die Durchführung der archäologischen Maßnahme sei nicht aufgrund eines eigenständigen Willensentschlusses, sondern aufgrund der Forderung der Denkmalbehörden erfolgt. Sie selbst habe nur ein mittelbares Interesse an der Durchführung der Maßnahmen gehabt, da ohne die Erfüllung der Vorgaben der Grabungserlaubnis ihr Bauvorhaben nicht umsetzbar gewesen wäre. Deshalb hätten die handelnden Personen auch bei der Beauftragung der streitgegenständlichen Arbeiten die Vorstellung gehabt, dass diese auch im Interesse des Beklagten durchgeführt werden. Der Beklagte habe die Grabungsarbeiten der Firma B1. überwacht und sei über den Stand der Arbeiten informiert gewesen. 15Für den Fall, dass entgegen der Auffassung der Klägerin nicht von der Führung eines fremden Geschäftes ausgegangen werde, komme auch ein Bereicherungsanspruch in Betracht. 16Die Klägerin beantragt, 17den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 185.053,08 EUR zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. August 2012 zu zahlen. 18Der Beklagte beantragt, 19die Klage abzuweisen. 20Zur Begründung verweist er darauf, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag nicht vorlägen. Entgegen der Behauptung der Klägerin habe er zu keinem Zeitpunkt die Beantragung einer Grabungserlaubnis gemäß § 13 DSchG gefordert. Die Klägerin habe, soweit erkennbar, offenbar im Herbst 2009 bei der Stadt N. einen Bauvorbescheid beantragt. Im Rahmen dieses Bauvorbescheidsverfahrens sei er als Fachamt beteiligt worden und habe zu dem Vorhaben auf der Grundlage des § 22 Abs. 2 DSchG Stellung genommen und habe für eine Erhaltung der vermuteten Bodendenkmäler an Ort und Stelle plädiert. Damit habe er sich bereits im November 2009 gegen eine Ausgrabung gemäß § 13 DSchG ausgesprochen. 21Entgegen seiner Empfehlung sei eine Eintragung derjenigen Flächen, die die Klägerin zu bebauen beabsichtigte, als Bodendenkmal nicht erfolgt. Im weiteren Verlauf habe die Klägerin offenbar motiviert durch Forderungen der Stadt N. bei der Bezirksregierung E. eine Erlaubnis zur Ausgrabung gemäß § 13 DSchG beantragt. Es könne nur vermutet werden, dass die Klägerin in Absprache mit der Stadt N. diese Vorgehensweise gewählt habe, um die förmliche Unterschutzstellung der betroffenen Flächen zu vermeiden. Eine Eintragung der betreffenden Flächen als Bodendenkmal hätte nämlich das Bauvorhaben der Klägerin von dem Erfordernis einer denkmalpflegerischen Erlaubnis nach § 9 DSchG abhängig gemacht und die Realisierung des Vorhabens, wenn nicht verhindert, so doch erheblich verzögert. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens sei er von der Bezirksregierung E. nochmals beteiligt worden. Nachdem das Benehmen im Hinblick auf die fehlerhafte Wiedergabe der Ausgangssituation im Grabungskonzept zunächst nicht erteilt worden sei, sei das Benehmen zu der dann beantragten Sachstandsermittlung hergestellt worden. 22Das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag finde im vorliegenden Fall aus rechtsgrundsätzlichen Erwägungen keine Anwendung. Die Klägerin habe mit der Beauftragung der konkreten Grabung gemäß § 13 DSchG kein Geschäft des Beklagten geführt. Zwar sei es richtig, dass es grundsätzlich zu den Aufgaben gehöre, Bodendenkmäler wissenschaftlich auszugraben und zu erforschen. Das gelte aber nur für eingetragene Bodendenkmäler gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 DSchG. Bereits daran mangele es im vorliegenden Fall. Nicht zu den Aufgaben gehöre es ferner im Interesse eines Privaten, archäologische Prospektionsmaßnahmen durchzuführen. Eine solche Pflicht lasse sich insbesondere nicht aus § 22 DSchG entnehmen. Davon gehe auch das OVG NRW in seiner Entscheidung vom 20. September 2011 nicht aus. Es obliege den Denkmalbehörden nicht, flächendeckende Erkenntnisse über das Vorhandensein und die Wertigkeit von Bodendenkmälern zu beschaffen. Das Gesetz räume der Denkmalbehörde vielmehr ein Ermessen hinsichtlich des „Ob“ bzw. des „Wie“ sowie insbesondere des Zeitpunktes der Untersuchung von archäologischen Verdachtsflächen ein. Dieses Ermessen sei im vorliegenden Fall mit Blick auf das Bauvorhaben der Klägerin auch nicht reduziert gewesen. Abgesehen davon, dass die Klägerin nicht ihr Geschäft geführt habe, fehle es auch am Fremdgeschäftsführungswillen der Klägerin. Denn sie habe im eigenen Interesse gehandelt, um mögliche Bauverzögerungen und Baustopps bei zufälligen Funden von denkmalwerter Substanz frühzeitig zu begegnen. Außerdem stehe auch ihr Wille als vermeintlicher Geschäftsherr entgegen. Die Übernahme von Ausgrabungen nach § 13 DSchG vor Eintragung in die Liste als Bodendenkmal habe nicht dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen entsprochen. Dass die gesamte in Rede stehende Fläche letztlich vollständig archäologisch untersucht und ausgegraben worden sei, sei keine Forderung gewesen. Die Klägerin habe vielmehr ohne Verwaltungsakt, der sie dazu verpflichtet habe, und ohne jede Abstimmung oder Kontaktaufnahme mit ihm die Firma B1. mit der archäologischen Ausgrabung und damit der „Baureifemachung“ ihres Grundstücks beauftragt. Auch seien Ansprüche aus öffentlichem Erstattungsanspruch gemäß § 812 BGB analog nicht gegeben. 23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 24Entscheidungsgründe: 25Die zulässige Leistungsklage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung eines Betrages i.H.v. 185.053,08 EUR. Ein Anspruch ergibt sich weder aus einem Aufwendungsersatzanspruch aus öffentlich rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) oder in Gestalt eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs. 26Die Klägerin beruft sich hier zur Geltendmachung ihrer Erstattungsforderung auf die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag nach § 677, § 683 i.V.m. § 670 BGB in entsprechender Anwendung. 27Bei einer Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht (§ 683 S. 1 BGB). Ein Beauftragter kann nach § 670 BGB vom Auftraggeber Ersatz von Aufwendungen zum Zweck der Ausführung des Auftrags verlangen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf. Die zivilrechtlichen Vorschriften der §§ 677 ff. BGB über die Geschäftsführung ohne Auftrag können im öffentlichen Recht grundsätzlich entsprechende Anwendung finden. Dies ist in der Rechtsprechung anerkannt, 28vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. März 2003 – 6 B 22.03 - juris; OVG NRW, Urteil vom 12. September 2013 – 20 A 433/11-, Juris; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Auflage 2012, Seite 409 ff. 29Im vorliegenden Fall ist aber schon zweifelhaft, ob ein solcher Aufwendungsersatzanspruch aus öffentlich rechtlicher GoA aus grundsätzlichen Erwägungen überhaupt in Betracht kommen kann. Die entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag im Bürger - Staats - Verhältnis ist grundsätzlich nur im Ausnahmeverhältnis zulässig, denn die Träger öffentlicher Gewalt erfüllen ihre Aufgaben nach Maßgabe der gesetzlichen Kompetenzregelungen und es steht ihnen bei der Aufgabenerfüllung ein Ermessensspielraum zu. Nach allgemeiner Auffassung ist der Ersatz von Aufwendungen nur zu gewährleisten, wenn das private Eingreifen durch besondere Dringlichkeit der Aufgabenerfüllung gerechtfertigt ist, 30vgl. Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 5. Auflage 2009 vor § 677 Rn. 25, Ossenbühl, s.o., Seite 418. 31Eine besondere Dringlichkeit der Aufgabenerfüllung hat hier schon nicht vorgelegen. Die Klägerin hat keine Aufgabe erfüllt, die der Beklagte hätte erfüllen müssen. Bis zum Beginn der Baumaßnahme durch die Klägerin haben die vermuteten Bodendenkmäler geschützt in der Erde gelegen. Die Fläche war auch nicht als Bodendenkmal eingetragen worden. Es ist nicht Aufgabe des Beklagten, eine wissenschaftliche Ausgrabung durchführen, weil ein Bauvorhaben verwirklicht werden soll. Erst bei zufälligen archäologischen Funden ist er dazu berufen, über die Denkmaleigenschaft der Funde eine Entscheidung zu treffen. Das korrespondiert mit der Anzeigepflicht des Grundstückeigentümers nach § 15 DSchG, 32vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. September 2011 – 10 A 1995/09 -, juris Rn. 56, 69. 33Ob und in welchem Maße die Denkmalbehörde tätig wird, steht in ihrem Entschließungsermessen. Erst wenn ein Bodendenkmal entdeckt worden ist und ihr dies nach § 16 DSchG angezeigt worden ist, ist sie nach § 16 Abs. 4 DSchG berechtigt, Maßnahmen einzuleiten. Der somit eröffnete Handlungsspielraum des Beklagten kann daher grundsätzlich nicht durch Private zu Lasten des öffentlichen Haushaltes eingeengt werden. Das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag kann nur in eng begrenzten Fällen Anwendung finden, da grundsätzlich der Private nicht in den Aufgabenbereich der öffentlichen Verwaltung hineinwirken soll. 34Vor diesem Hintergrund neigt die Kammer schon aus grundsätzlichen Erwägungen dazu, hier nicht von einem grundsätzlichen Anwendungsbereich der Geschäftsführung ohne Auftrag auszugehen. 35Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin von einer grundsätzlichen Anwendbarkeit des Rechtsinstituts der Geschäftsführung ohne Auftrag ausginge, hätte die Klage keine Aussicht auf Erfolg. Denn auch die weiteren Voraussetzungen der §§ 677, 679, 683 BGB liegen hier nicht vor. Die Klägerin wollte ersichtlich schon kein Geschäft des Beklagten führen. Vielmehr hat sie im eigenen Interesse gehandelt, da sie die Voraussetzungen für eine (schnellere) Bebaubarkeit der Grundstücke schaffen wollte. Die bauvorgreifende Ausgrabung hatte ersichtlich das Ziel zu vermeiden, dass erst nach Baubeginn Bodendenkmäler aufgefunden werden und die angelaufenen Bauarbeiten gestoppt werden, was zu Mehrkosten für ihr Bauprojekt geführt hätte. 36Auch wenn dieser Aspekt nicht maßgeblich in die Bewertung eingestellt würde, hat die Klägerin aber vor allem deshalb kein Geschäft des Beklagten geführt, weil es vorliegend nicht in seinen Aufgabenbereich gefallen ist, seinerseits im fraglichen Bereich nach Bodendenkmälern zu suchen und er daher nicht zu einer Sondierung des Geländes verpflichtet war. Denn die Vorschriften der §§ 15 ff. DSchG greifen erst ein, wenn ein Bodendenkmal tatsächlich entdeckt worden ist. Dieses ist nach § 15 DSchG vom Eigentümer nach Entdeckung anzuzeigen. Nach § 16 DSchG können das Land und der Landschaftsverband das Bodendenkmal bergen, auswerten oder für die wissenschaftliche Erforschung bis zu sechs Monaten im Besitz nehmen. Dabei können sie alle zur Erhaltung des Bodendenkmals notwendigen Maßnahmen treffen. Den Denkmalbehörden obliegt auch nicht die gezielte Suche nach Bodendenkmälern mit der Folge, dass bestimmte Gebiete von ihnen als „denkmalfrei“ erklärt werden könnten. Erst bei (zufälligen) archäologischen Funden sind sie dazu berufen, über die Denkmaleigenschaft der Funde eine Entscheidung zu treffen. Gelangen sie zu der Einschätzung, dass den Funden kein Denkmalwert zukommt, sieht das Denkmalschutzgesetz keine entsprechende negative Feststellung vor. Nur wenn die Denkmaleigenschaft festgestellt werden kann, ist diese Einschätzung durch die Eintragung des Denkmals in die Denkmalliste zu dokumentieren. Das eingetragene Denkmal ist dann nach Maßgabe der §§ 7 und 8 DSchG zu erhalten und zu nutzen, 37vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. September 2009 -10 A 2611/09 -, juris, Rn. 42; VG Düsseldorf, Urteil vom 18. Juni 2013 - 17 K 2191 / 12 - juris. 38Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass im Zusammenhang mit der Einreichung der Bauvoranfrage seitens der unteren Denkmalbehörde darauf hingewiesen worden war, dass das zu bebauende Gelände Bodendenkmäler enthalten könnte und dass in der Baukonferenz vom 27. Januar 2010 erörtert worden ist, ob die Fläche als Bodendenkmal in die Denkmalsliste eingetragen werden soll. Dabei hat es sich um allgemeine Hinweise auf die Rechtlage und mögliche Handlungsoptionen gehandelt, nicht jedoch um einen Auftrag an die Klägerin, den Boden nach Bodendenkmälern zu untersuchen. Erst Recht hat hier eine „Entdeckung“ eines Bodendenkmals im oben beschriebenen Sinne nicht vorgelegen. 39Auch soweit die Klägerin darauf verweist, Mitarbeiter des Beklagten seien vor Ort gewesen und hätten Einfluss auf die Maßnahmen genommen, führt dies nicht zu der Annahme, es habe sich um ein Geschäft des Beklagten gehandelt. Denn die Klägerin selbst hat „bauvorgreiflich“ einen Antrag bei der Bezirksregierung E. auf die Erteilung einer Grabungserlaubnis gestellt. In diesem Verfahren war der Beklagte nach § 22 DschG beteiligt und hat seine beratende und unterstützende Funktion wahrgenommen. Diese Beteiligung ist im Denkmalschutzgesetz vorgesehen und führt als solche nicht dazu, dass der Beklagte ein eigenes Geschäft im Rahmen der Ausgrabungen führt. 40Soweit sich die Klägerin auf das Urteil des OVG NRW vom 20. September 2011 41vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. September 2011-10 A 1995/09-, juris, 42beruft, führt das ebenfalls zu keiner anderen Entscheidung. Die dort zu Grunde liegende Fallkonstellation ist mit der des vorliegenden Falles nicht vergleichbar. Im dortigen Fall war bereits die Abgrabungsgenehmigung mit einer Nebenbestimmung versehen worden, die die Durchführung von archäologischen Ausgrabungen sichern sollte. Nachdem die zur Abgrabung vorgesehen Fläche als Bodendenkmal eingetragen worden war, wurde eine Grabungserlaubnis mit einer Nebenbestimmung nach § 36 VwVfG erteilt, die die Kosten der Maßnahmen dem Antragsteller auferlegte. Für diese Fallgestaltung war eine Kostentragungspflicht für Projektträger oder Eigentümer bei Veränderung oder Beseitigung von Bodendenkmälern (Verursacherprinzip) für unzulässig gehalten worden, da dafür eine gesetzliche Grundlage fehlte. Im vorliegenden Fall hingegen waren die betroffenen Flurstücke gerade nicht als Bodendenkmal eingetragen worden und weder die Grabungserlaubnis noch die Baugenehmigung waren mit einer Nebenbestimmung nach § 36 VwVfG versehen worden, so dass die Fälle nicht vergleichbar sind. Vielmehr hat die Klägerin, ersichtlich um spätere Entdeckungen von Bodendenkmälern zu vermeiden, die ihr Bauvorhaben hätten verzögern können, bereits vor Erteilung der Baugenehmigungen Geländeuntersuchungen veranlasst. 43Zudem entsprach die bauvorgreifliche Ausgrabung auch nicht dem mutmaßlichen Willen des Beklagten. Nach § 683 BGB kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. 44Der Beklagte hatte der unteren Denkmalbehörde der Stadt N. mit Schreiben vom 23. November 2009 mitgeteilt, dass grundsätzliche denkmalpflegerische Bedenken gegen die angedachte Bebauung der Grundstücke bestünden, die mit ihrer Struktur, Massivität und Orientierung im völligen Gegensatz zur historischen Bebauungsstruktur S2. stehe. Damit hat er sich gerade gegen die Erteilung einer Baugenehmigung und die diese begleitenden Maßnahmen ausgesprochen. Vor diesem Hintergrund war es nicht sein Wille, im Vorgriff auf die Erteilung einer möglichen Baugenehmigung durch die Stadt N. , das Gelände im Hinblick auf das Vorkommen von Bodendenkmälern zu untersuchen. Das hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung erneut bekräftigt und ausgeführt, aus bodendenkmalpflegerischer Sicht sei ein Erhalt von Bodendenkmälern im Boden den durchgeführten Maßnahmen vorzuziehen. 45Dieser der Geschäftsführung entgegenstehende Wille des Beklagten ist auch nicht analog §§ 679, 683 Satz 2 BGB unbeachtlich. Eine Pflicht des Beklagten als vermeintlicher Geschäftsführer, die ohne die Geschäftsführung nicht rechtzeitig erfüllt worden wäre, bestand ganz offensichtlich nicht. Der Beklagte hat nach § 22 DSchG zwar die Möglichkeit, wissenschaftliche Ausgrabungen, Bergung und Restaurierung von Bodendenkmälern und Überwachung dieser Maßnahmen sowie Erfassung der beweglichen Bodendenkmäler als Aufgabe wahrzunehmen. Dazu ist er jedoch nicht verpflichtet, wie bereits oben dargelegt worden ist. 46Soweit die Klägerin sich darauf beruft, sie sei aufgrund der Hinweise der unteren Denkmalbehörde der Stadt N. im „Infoblatt Bodendenkmal“ davon ausgegangen, dass sie zu einer bauvorgreiflichen Bodenuntersuchung verpflichtet gewesen sei, führt auch dies zu keiner anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Aus der Überschrift und dem Textteil des „Infoblatts Bodendenkmal“ folgt, dass sich die Hinweise auf eingetragene Bodendenkmäler bezogen. Für das Grundstück der Klägerin war aber noch kein Bodendenkmal eingetragen worden, sondern es war nur vermutet worden, dass in dem betroffenen Bereich mit dem Auffinden von Bodendenkmälern zu rechnen sein könnte. 47Ganz abgesehen davon, welche Rechtsfolgen sich daraus für die untere Denkmalbehörde ergeben könnten, folgt aus diesem Markblatt entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht, dass vor Erteilung einer Baugenehmigung Bodenuntersuchungen erforderlich sind. Vielmehr ist dem Merkblatt und seiner Überschrift eindeutig zu entnehmen, dass es um bereits eingetragene Bodendenkmälern geht. Hier hatte die untere Denkmalbehörde zwar die Eintragung als Bodendenkmal angedacht, diese Absicht ist jedoch nie verwirklicht worden. Dieses hätte die Klägerin bei verständiger Würdigung der Aussagen aus dem Merkblatt auch erkennen können. Auch der Hinweis auf die Kostentragungspflicht bezieht sich eindeutig auf ein bereits eingetragenes Bodendenkmal: 48„Ist das Bodendenkmal z.B. aufgrund einer Baumaßnahme in seinem weiteren Bestand gefährdet, ist nach Prüfung des Einzelfalles gegebenenfalls eine archäologische Begleitung des Projektes erforderlich. Derjenige, der eine archäologische Ausgrabung verursacht, muss aufgrund bestehender verwaltungsverfahrensrechtlicher Bestimmung auch deren Kosten tragen.“ 49Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch (analog §§ 812 ff. BGB) scheidet nach dem Vorhergesagten aus, weil der Beklagte bei unstreitig fehlendem Leistungsverhältnis zur Klägerin auch nicht auf sonstige Weise auf deren Kosten etwas erlangt hat (analog § 812 Abs. 1 S. 1 zweite Alternative BGB). Der Beklagte hat keine Aufwendungen erspart, da er nach den vorstehenden Ausführungen nicht selbst zur Vornahme der Untersuchungen verpflichtet war. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob ersparte Aufwendungen grundsätzlich über dieses Rechtsinstitut überhaupt erstattungsfähig wären. 50Soweit der Gesetzgeber nunmehr eine Kostentragungspflicht für Veranlasser von bodendenkmalpflegerischen Maßnahmen in § 29 Abs. 1 DSchG in der seit dem 27. Juli 2013 geltenden Fassung normiert hat, ist diese Gesetzesänderung auf den vorliegenden Fall nicht rückwirkend anwendbar, da der Gesetzgeber eine rückwirkende Regelung nicht getroffen hat. 51Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten für den beklagten gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2die klägerin begehrt von dem beklagten 185.053,08 euro, die sie für archäologische untersuchungen des baugrundstücks t.-------gasse /am x. tor in n. im zusammenhang mit der bebauung dieser grundstücke aufgewendet hat. 3die klägerin hatte zunächst für die bebauung der grundstücke am x. tor 18, 20 und 22 sowie t.-------gasse 23, gemarkung s. , flur 00 für die errichtung von mehreren mehrfamilienhäusern mit einer tiefgarage eine später nicht weiter verfolgte bauvoranfrage am 2. oktober 2009 gestellt. bei den grundstücksflächen handelte es sich um unbebaute parzellen im ortskern von s1. , die nicht als bodendenkmal in die denkmalliste eingetragen waren. 4bereits im rahmen dieser bauvoranfrage war die abteilung denkmalschutz/praktische bodendenkmalpflege des beklagten von der unteren denkmalbehörde der stadt n. um stellungnahme gebeten worden. am 23. november 2009 teilte der beklagte der unteren denkmalbehörde der stadt n. mit, zur fachlichen einschätzung werde auf die beigefügte archäologisch-bodendenkmalpflegerische bewertung vom 4. november 2009 bezug genommen. darin wird u.a. dargelegt, das grundstück liege im historischen ortskern s. in unmittelbarer nähe zur ursprünglich mittelalterlichen st. i. kirche bzw. dem ehemaligen kloster st. l. . nach auskunft des urkatasters von 1819/20 habe zu dieser zeit eine nahezu geschlossene bebauung entlang der t.-------gasse und der straße am x. tor bestanden. ohne historische recherchen lasse sich zunächst nur vermuten, dass das alter dieser bebauung, die im zweiten weltkrieg zerstört worden sei, zumindest teilweise einige jahrhunderte betragen dürfe. auf jeden fall sei auf grund der lage der überplanten fläche davon auszugehen, dass sie bereits im mittelalter bebaut und genutzt worden sei. zur befunderwartung führte das fachamt des beklagten weiter aus, im plangebiet seien mittelalterlich-neuzeitliche siedlungsbefunde und funde zu erwarten. auftreten könnten bauliche reste, wie pflasterungen, fundamente und keller, wirtschaftliche und hauswirtschaftliche anlagen, wie wasserleitungen, brunnen, latrinen und abfallgruben sowie archäologisch-relevante schichten, bodenveränderungen und funde, die im zusammenhang mit den siedlungsaktivitäten entstanden bzw. in den boden gelangt seien. 5der beklagte wies vor dem hintergrund dieser bodendenkmalpflegerischen bewertung darauf hin, es müsse davon ausgegangen werden, dass sich im untergrund bedeutende archäologische substanz erhalten habe, die die voraussetzung für die eintragung in die liste der ortsfesten bodendenkmäler der stadt n. erfülle. als große zusammenhängende fläche des historischen ortskerns, die – anders als ihre umgebung – seit dem zweiten weltkrieg von gravierenden bodeneingriffen verschont geblieben sei, besitze das areal einen besonderen archäologischen quellenwert. es sei davon auszugehen, dass sich hier umfangreiche archäologische funde und befunde in ihrem ursprünglichen stratigrafischen kontext erhalten hätten, die für die geschichte des ortes von außerordentlicher bedeutung seien. im hinblick auf die geplante bebauung des grundstücks werde die untere denkmalbehörde gebeten, die eintragung dieser fläche in die liste der ortsfesten bodendenkmäler der stadt n. umgehend in die wege zu leiten. den überlegungen zur bebauung des grundstücks müsse dann eine archäologische sachverhaltsermittlung mit dem ziel vorausgehen, eine neue nutzung bodendenkmalverträglich zu gestalten. grundsätzliche denkmalpflegerische bedenken bestünden aus sicht des fachamtes gegen die angedachte überplanung, die mit ihrer struktur, massivität und orientierung in völligem gegensatz zur historischen bebauungsstruktur s. stehe, die das in der gesamten umgebung erhaltende system von kleinen, langschmalen parzellen einer straßenbegleitenden bebauung auf den kopf stelle und damit das erscheinungsbild des denkmals massiv verunklare. 6die klägerin beantragte am 23. dezember 2009 baugenehmigungen für mehrfamilienhäuser mit tiefgaragen auf den in rede stehenden grundstücken. nachdem die baubehörde aus städtebaulicher sicht keine bedenken geäußert hatte, wurde das vorhaben in der baukonferenz beraten. dabei wurde, wie sich aus der niederschrift vom 27. januar 2010 ergibt, insbesondere der folgende punkt erörtert: „die fläche wird als bodendenkmal in die denkmalliste eingetragen. die baumaßnahmen sind archäologisch zu begleiten. eine denkmalrechtliche erlaubnis gemäß § 9 und eine grabungserlaubnis gemäß § 13 dschg nw sind zu beantragen.“ 7am 12. märz 2010 beantragte die b. gbr für die klägerin bei der bezirksregierung düsseldorf eine grabungserlaubnis gemäß § 13 dschg (gesetz zum schutz und zur pflege der denkmäler im lande nordrhein-westfalen –dschg) unter dem betreff „bauvorgreifende ausgrabungen“. sie führte aus, dass die klägerin im zentrum von n. -s. die errichtung von unterkellerten wohnhäusern plane. die baugrundstücke lägen zum größeren teil im bereich des bodendenkmals n1. 000 und sollten bauvorgreifend ausgegraben werden. 8der in diesem verfahren beteiligte beklagte teilte der bezirksregierung e. mit schreiben vom 25. märz 2010 mit, nachdem nun ein überarbeitetes fachliches konzept vorliege, stelle er gemäß §§ 21 und 13 dschg das benehmen zur genehmigung der beantragten archäologischen maßnahme her, mit der bitte, die von ihm genannten nebenbestimmung in die erlaubnis aufzunehmen. 9die bezirksregierung e. erteilte sodann der b. gbr mit bescheid vom 29. märz 2010 die grabungserlaubnis gemäß § 13 dschg für die durchführung archäologischer maßnahmen (sachverhaltsermittlung) im zusammenhang mit der geplanten bebauung des grundstücks am x. tor/t.-------gasse in n. /s. . 10am 31. april 2010 begann die archäologische untersuchung durch die firma b. gbr c. . in dem vorgelegten zwischenbericht ni 2010/1010 vom april 2010 führt dipl.-ark. z. h. aus, dass bis zum 30. april 2010 eine knapp 2.000 qm große fläche freigelegt und zum größten teil untersucht worden sei. die bisherigen untersuchungen belegten eine durchgehende besiedlung auf dem platz vom hochmittelalter bis in die gegenwart. zu den ältesten befunden zählten kellergruben sowie ein latrinenhaus. die grobe sichtung des fundmaterials erlaube eine datierung der befunde zwischen dem 10. und 13. jahrhundert. die untersuchungen wurden ende september 2010 abgeschlossen. 11der fachbereich bauordnung und denkmalschutz der stadt n. erteilte der klägerin mit bescheiden vom 17. september 2010 die genehmigungen für die errichtung der beantragten dreigeschossigen mehrfamilienhäuser mit tiefgarage. 12mit schreiben vom 7. august 2012 machte die klägerin gegenüber dem beklagten die übernahme der ihr im zuge der ausgrabung, dokumentation und bergung archäologischer befunde bzw. funde auf den baugrundstücken entstandenen kosten geltend. zur begründung führte sie aus, dass sie die entstandenen kosten für die grabungen ohne rechtliche grundlage übernommen habe. es liege ein fall der geschäftsführung ohne auftrag oder der ungerechtfertigten bereicherung vor. das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein westfalen (ovg nrw) habe in seiner entscheidung vom 20. september 2011 festgestellt, dass die aufgabe der bodendenkmalpflege nach § 22 abs. 3 nr. 4 dschg dem landschaftsverband obläge. dieser müsse mangels einer anderen gesetzlichen regelung die erforderlichen maßnahmen auf eigene kosten durchführen. sie habe diese archäologischen maßnahmen im mutmaßlichen willen des beklagten durchgeführt. 13der beklagte teilte der klägerin mit schriftsatz vom 4. september 2012 mit, dass der von ihr vorgetragene anspruch aus öffentlich-rechtlicher geschäftsführung ohne auftrag bzw. der behauptete bereicherungsanspruch nicht bestehe und auch nicht durch das urteil des oberverwaltungsgerichts vom 20. september 2011 begründet werden könne. die dort zu grunde liegender sachverhaltskonstellation sei auf den vorliegenden fall nicht übertragbar. eine kostenübernahme werde daher nicht erfolgen. 14die klägerin hat am 25. april 2013 die vorliegende klage erhoben, mit der sie ihr begehren weiterverfolgt. sie macht geltend, im zuge der bebauung der grundstücke mit vier wohnhäusern habe der beklagte sowie die untere denkmalbehörde der stadt n. mitgeteilt, dass mit dem auffinden von bodendenkmälern zu rechnen sei. infolgedessen habe der beklagte die beantragung einer grabungsgenehmigung gefordert. diese habe die bezirksregierung e. auf entsprechenden antrag am 29. märz 2010 erteilt. die klägerin habe das büro b1. mit der beantragung der erlaubnis sowie den umfangreichen arbeiten beauftragt. dafür habe sie 165.070,13 eur und für erdarbeiten insgesamt 91.960,82 eur gezahlt. diese kosten seien ihr von dem beklagten zu erstatten. das ovg nrw habe in seiner grundlegenden entscheidung vom 20. september 2011 festgestellt, das veranlasserprinzip im denkmalrecht finde nur bei entsprechender ausdrücklicher regelung anwendung. die bodendenkmalpflege obliege gemäß § 42 abs. 3 nr. 4 dschg dem beklagten. mangels anderer gesetzlicher regelungen müsse deshalb der beklagte die erforderlichen maßnahmen auf eigene kosten durchführen. selbst wenn - wie vorliegend - auslöser für die maßnahmen ein privates bauvorhaben sei, führe dies nicht zu einer kostentragungspflicht des vorhabenträgers. vielmehr bestehe keine möglichkeit, die kosten dem grundstückseigentümer bzw. vorhabenträger aufzuerlegen. es liege daher ein fall der öffentlich-rechtlichen geschäftsführung ohne auftrag vor. in der rechtsprechung sei anerkannt, dass die grundsätze der geschäftsführung ohne auftrag gemäß §§ 677 ff. bgb auch im öffentlichen recht anwendung fänden. die durchführung der maßnahme habe auch dem mutmaßlichen willen des beklagten entsprochen, da sie aufgrund der vorgaben der grabungsgenehmigung umgesetzt worden sei. die durchführung der archäologischen maßnahme sei nicht aufgrund eines eigenständigen willensentschlusses, sondern aufgrund der forderung der denkmalbehörden erfolgt. sie selbst habe nur ein mittelbares interesse an der durchführung der maßnahmen gehabt, da ohne die erfüllung der vorgaben der grabungserlaubnis ihr bauvorhaben nicht umsetzbar gewesen wäre. deshalb hätten die handelnden personen auch bei der beauftragung der streitgegenständlichen arbeiten die vorstellung gehabt, dass diese auch im interesse des beklagten durchgeführt werden. der beklagte habe die grabungsarbeiten der firma b1. überwacht und sei über den stand der arbeiten informiert gewesen. 15für den fall, dass entgegen der auffassung der klägerin nicht von der führung eines fremden geschäftes ausgegangen werde, komme auch ein bereicherungsanspruch in betracht. 16die klägerin beantragt, 17den beklagten zu verurteilen, an die klägerin 185.053,08 eur zuzüglich verzugszinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 25. august 2012 zu zahlen. 18der beklagte beantragt, 19die klage abzuweisen. 20zur begründung verweist er darauf, dass die voraussetzungen für einen anspruch aus geschäftsführung ohne auftrag nicht vorlägen. entgegen der behauptung der klägerin habe er zu keinem zeitpunkt die beantragung einer grabungserlaubnis gemäß § 13 dschg gefordert. die klägerin habe, soweit erkennbar, offenbar im herbst 2009 bei der stadt n. einen bauvorbescheid beantragt. im rahmen dieses bauvorbescheidsverfahrens sei er als fachamt beteiligt worden und habe zu dem vorhaben auf der grundlage des § 22 abs. 2 dschg stellung genommen und habe für eine erhaltung der vermuteten bodendenkmäler an ort und stelle plädiert. damit habe er sich bereits im november 2009 gegen eine ausgrabung gemäß § 13 dschg ausgesprochen. 21entgegen seiner empfehlung sei eine eintragung derjenigen flächen, die die klägerin zu bebauen beabsichtigte, als bodendenkmal nicht erfolgt. im weiteren verlauf habe die klägerin offenbar motiviert durch forderungen der stadt n. bei der bezirksregierung e. eine erlaubnis zur ausgrabung gemäß § 13 dschg beantragt. es könne nur vermutet werden, dass die klägerin in absprache mit der stadt n. diese vorgehensweise gewählt habe, um die förmliche unterschutzstellung der betroffenen flächen zu vermeiden. eine eintragung der betreffenden flächen als bodendenkmal hätte nämlich das bauvorhaben der klägerin von dem erfordernis einer denkmalpflegerischen erlaubnis nach § 9 dschg abhängig gemacht und die realisierung des vorhabens, wenn nicht verhindert, so doch erheblich verzögert. im rahmen des genehmigungsverfahrens sei er von der bezirksregierung e. nochmals beteiligt worden. nachdem das benehmen im hinblick auf die fehlerhafte wiedergabe der ausgangssituation im grabungskonzept zunächst nicht erteilt worden sei, sei das benehmen zu der dann beantragten sachstandsermittlung hergestellt worden. 22das rechtsinstitut der geschäftsführung ohne auftrag finde im vorliegenden fall aus rechtsgrundsätzlichen erwägungen keine anwendung. die klägerin habe mit der beauftragung der konkreten grabung gemäß § 13 dschg kein geschäft des beklagten geführt. zwar sei es richtig, dass es grundsätzlich zu den aufgaben gehöre, bodendenkmäler wissenschaftlich auszugraben und zu erforschen. das gelte aber nur für eingetragene bodendenkmäler gemäß § 13 abs. 1 satz 4 dschg. bereits daran mangele es im vorliegenden fall. nicht zu den aufgaben gehöre es ferner im interesse eines privaten, archäologische prospektionsmaßnahmen durchzuführen. eine solche pflicht lasse sich insbesondere nicht aus § 22 dschg entnehmen. davon gehe auch das ovg nrw in seiner entscheidung vom 20. september 2011 nicht aus. es obliege den denkmalbehörden nicht, flächendeckende erkenntnisse über das vorhandensein und die wertigkeit von bodendenkmälern zu beschaffen. das gesetz räume der denkmalbehörde vielmehr ein ermessen hinsichtlich des „ob“ bzw. des „wie“ sowie insbesondere des zeitpunktes der untersuchung von archäologischen verdachtsflächen ein. dieses ermessen sei im vorliegenden fall mit blick auf das bauvorhaben der klägerin auch nicht reduziert gewesen. abgesehen davon, dass die klägerin nicht ihr geschäft geführt habe, fehle es auch am fremdgeschäftsführungswillen der klägerin. denn sie habe im eigenen interesse gehandelt, um mögliche bauverzögerungen und baustopps bei zufälligen funden von denkmalwerter substanz frühzeitig zu begegnen. außerdem stehe auch ihr wille als vermeintlicher geschäftsherr entgegen. die übernahme von ausgrabungen nach § 13 dschg vor eintragung in die liste als bodendenkmal habe nicht dem wirklichen oder mutmaßlichen willen entsprochen. dass die gesamte in rede stehende fläche letztlich vollständig archäologisch untersucht und ausgegraben worden sei, sei keine forderung gewesen. die klägerin habe vielmehr ohne verwaltungsakt, der sie dazu verpflichtet habe, und ohne jede abstimmung oder kontaktaufnahme mit ihm die firma b1. mit der archäologischen ausgrabung und damit der „baureifemachung“ ihres grundstücks beauftragt. auch seien ansprüche aus öffentlichem erstattungsanspruch gemäß § 812 bgb analog nicht gegeben. 23wegen der weiteren einzelheiten des sach-und streitstandes wird auf den inhalt der beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 24
25die zulässige leistungsklage ist unbegründet. die klägerin hat keinen anspruch auf zahlung eines betrages i.h.v. 185.053,08 eur. ein anspruch ergibt sich weder aus einem aufwendungsersatzanspruch aus öffentlich rechtlicher geschäftsführung ohne auftrag (goa) oder in gestalt eines öffentlich-rechtlichen erstattungsanspruchs. 26die klägerin beruft sich hier zur geltendmachung ihrer erstattungsforderung auf die vorschriften über die geschäftsführung ohne auftrag nach § 677, § 683 i.v.m. § 670 bgb in entsprechender anwendung. 27bei einer geschäftsführung ohne auftrag (goa) kann der geschäftsführer wie ein beauftragter ersatz seiner aufwendungen verlangen, wenn die übernahme der geschäftsführung dem interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen willen des geschäftsherrn entspricht (§ 683 s. 1 bgb). ein beauftragter kann nach § 670 bgb vom auftraggeber ersatz von aufwendungen zum zweck der ausführung des auftrags verlangen, die er den umständen nach für erforderlich halten darf. die zivilrechtlichen vorschriften der §§ 677 ff. bgb über die geschäftsführung ohne auftrag können im öffentlichen recht grundsätzlich entsprechende anwendung finden. dies ist in der rechtsprechung anerkannt, 28vgl. bverwg, beschluss vom 28. märz 2003 – 6 b 22.03 - juris; ovg nrw, urteil vom 12. september 2013 – 20 a 433/11-, juris; ossenbühl/cornils, staatshaftungsrecht, 6. auflage 2012, seite 409 ff. 29im vorliegenden fall ist aber schon zweifelhaft, ob ein solcher aufwendungsersatzanspruch aus öffentlich rechtlicher goa aus grundsätzlichen erwägungen überhaupt in betracht kommen kann. die entsprechende anwendung der vorschriften über die geschäftsführung ohne auftrag im bürger - staats - verhältnis ist grundsätzlich nur im ausnahmeverhältnis zulässig, denn die träger öffentlicher gewalt erfüllen ihre aufgaben nach maßgabe der gesetzlichen kompetenzregelungen und es steht ihnen bei der aufgabenerfüllung ein ermessensspielraum zu. nach allgemeiner auffassung ist der ersatz von aufwendungen nur zu gewährleisten, wenn das private eingreifen durch besondere dringlichkeit der aufgabenerfüllung gerechtfertigt ist, 30vgl. münchener kommentar zum bürgerlichen gesetzbuch, 5. auflage 2009 vor § 677 rn. 25, ossenbühl, s.o., seite 418. 31eine besondere dringlichkeit der aufgabenerfüllung hat hier schon nicht vorgelegen. die klägerin hat keine aufgabe erfüllt, die der beklagte hätte erfüllen müssen. bis zum beginn der baumaßnahme durch die klägerin haben die vermuteten bodendenkmäler geschützt in der erde gelegen. die fläche war auch nicht als bodendenkmal eingetragen worden. es ist nicht aufgabe des beklagten, eine wissenschaftliche ausgrabung durchführen, weil ein bauvorhaben verwirklicht werden soll. erst bei zufälligen archäologischen funden ist er dazu berufen, über die denkmaleigenschaft der funde eine entscheidung zu treffen. das korrespondiert mit der anzeigepflicht des grundstückeigentümers nach § 15 dschg, 32vgl. ovg nrw, urteil vom 20. september 2011 – 10 a 1995/09 -, juris rn. 56, 69. 33ob und in welchem maße die denkmalbehörde tätig wird, steht in ihrem entschließungsermessen. erst wenn ein bodendenkmal entdeckt worden ist und ihr dies nach § 16 dschg angezeigt worden ist, ist sie nach § 16 abs. 4 dschg berechtigt, maßnahmen einzuleiten. der somit eröffnete handlungsspielraum des beklagten kann daher grundsätzlich nicht durch private zu lasten des öffentlichen haushaltes eingeengt werden. das rechtsinstitut der geschäftsführung ohne auftrag kann nur in eng begrenzten fällen anwendung finden, da grundsätzlich der private nicht in den aufgabenbereich der öffentlichen verwaltung hineinwirken soll. 34vor diesem hintergrund neigt die kammer schon aus grundsätzlichen erwägungen dazu, hier nicht von einem grundsätzlichen anwendungsbereich der geschäftsführung ohne auftrag auszugehen. 35selbst wenn man zu gunsten der klägerin von einer grundsätzlichen anwendbarkeit des rechtsinstituts der geschäftsführung ohne auftrag ausginge, hätte die klage keine aussicht auf erfolg. denn auch die weiteren voraussetzungen der §§ 677, 679, 683 bgb liegen hier nicht vor. die klägerin wollte ersichtlich schon kein geschäft des beklagten führen. vielmehr hat sie im eigenen interesse gehandelt, da sie die voraussetzungen für eine (schnellere) bebaubarkeit der grundstücke schaffen wollte. die bauvorgreifende ausgrabung hatte ersichtlich das ziel zu vermeiden, dass erst nach baubeginn bodendenkmäler aufgefunden werden und die angelaufenen bauarbeiten gestoppt werden, was zu mehrkosten für ihr bauprojekt geführt hätte. 36auch wenn dieser aspekt nicht maßgeblich in die bewertung eingestellt würde, hat die klägerin aber vor allem deshalb kein geschäft des beklagten geführt, weil es vorliegend nicht in seinen aufgabenbereich gefallen ist, seinerseits im fraglichen bereich nach bodendenkmälern zu suchen und er daher nicht zu einer sondierung des geländes verpflichtet war. denn die vorschriften der §§ 15 ff. dschg greifen erst ein, wenn ein bodendenkmal tatsächlich entdeckt worden ist. dieses ist nach § 15 dschg vom eigentümer nach entdeckung anzuzeigen. nach § 16 dschg können das land und der landschaftsverband das bodendenkmal bergen, auswerten oder für die wissenschaftliche erforschung bis zu sechs monaten im besitz nehmen. dabei können sie alle zur erhaltung des bodendenkmals notwendigen maßnahmen treffen. den denkmalbehörden obliegt auch nicht die gezielte suche nach bodendenkmälern mit der folge, dass bestimmte gebiete von ihnen als „denkmalfrei“ erklärt werden könnten. erst bei (zufälligen) archäologischen funden sind sie dazu berufen, über die denkmaleigenschaft der funde eine entscheidung zu treffen. gelangen sie zu der einschätzung, dass den funden kein denkmalwert zukommt, sieht das denkmalschutzgesetz keine entsprechende negative feststellung vor. nur wenn die denkmaleigenschaft festgestellt werden kann, ist diese einschätzung durch die eintragung des denkmals in die denkmalliste zu dokumentieren. das eingetragene denkmal ist dann nach maßgabe der §§ 7 und 8 dschg zu erhalten und zu nutzen, 37vgl. ovg nrw, urteil vom 20. september 2009 -10 a 2611/09 -, juris, rn. 42; vg düsseldorf, urteil vom 18. juni 2013 - 17 k 2191 / 12 - juris. 38dieser beurteilung steht nicht entgegen, dass im zusammenhang mit der einreichung der bauvoranfrage seitens der unteren denkmalbehörde darauf hingewiesen worden war, dass das zu bebauende gelände bodendenkmäler enthalten könnte und dass in der baukonferenz vom 27. januar 2010 erörtert worden ist, ob die fläche als bodendenkmal in die denkmalsliste eingetragen werden soll. dabei hat es sich um allgemeine hinweise auf die rechtlage und mögliche handlungsoptionen gehandelt, nicht jedoch um einen auftrag an die klägerin, den boden nach bodendenkmälern zu untersuchen. erst recht hat hier eine „entdeckung“ eines bodendenkmals im oben beschriebenen sinne nicht vorgelegen. 39auch soweit die klägerin darauf verweist, mitarbeiter des beklagten seien vor ort gewesen und hätten einfluss auf die maßnahmen genommen, führt dies nicht zu der annahme, es habe sich um ein geschäft des beklagten gehandelt. denn die klägerin selbst hat „bauvorgreiflich“ einen antrag bei der bezirksregierung e. auf die erteilung einer grabungserlaubnis gestellt. in diesem verfahren war der beklagte nach § 22 dschg beteiligt und hat seine beratende und unterstützende funktion wahrgenommen. diese beteiligung ist im denkmalschutzgesetz vorgesehen und führt als solche nicht dazu, dass der beklagte ein eigenes geschäft im rahmen der ausgrabungen führt. 40soweit sich die klägerin auf das urteil des ovg nrw vom 20. september 2011 41vgl. ovg nrw, urteil vom 20. september 2011-10 a 1995/09-, juris, 42beruft, führt das ebenfalls zu keiner anderen entscheidung. die dort zu grunde liegende fallkonstellation ist mit der des vorliegenden falles nicht vergleichbar. im dortigen fall war bereits die abgrabungsgenehmigung mit einer nebenbestimmung versehen worden, die die durchführung von archäologischen ausgrabungen sichern sollte. nachdem die zur abgrabung vorgesehen fläche als bodendenkmal eingetragen worden war, wurde eine grabungserlaubnis mit einer nebenbestimmung nach § 36 vwvfg erteilt, die die kosten der maßnahmen dem antragsteller auferlegte. für diese fallgestaltung war eine kostentragungspflicht für projektträger oder eigentümer bei veränderung oder beseitigung von bodendenkmälern (verursacherprinzip) für unzulässig gehalten worden, da dafür eine gesetzliche grundlage fehlte. im vorliegenden fall hingegen waren die betroffenen flurstücke gerade nicht als bodendenkmal eingetragen worden und weder die grabungserlaubnis noch die baugenehmigung waren mit einer nebenbestimmung nach § 36 vwvfg versehen worden, so dass die fälle nicht vergleichbar sind. vielmehr hat die klägerin, ersichtlich um spätere entdeckungen von bodendenkmälern zu vermeiden, die ihr bauvorhaben hätten verzögern können, bereits vor erteilung der baugenehmigungen geländeuntersuchungen veranlasst. 43zudem entsprach die bauvorgreifliche ausgrabung auch nicht dem mutmaßlichen willen des beklagten. nach § 683 bgb kann der geschäftsführer wie ein beauftragter ersatz seiner aufwendungen verlangen wenn die übernahme der geschäftsführung dem interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen willen des geschäftsherrn entspricht. diese voraussetzungen liegen hier nicht vor. 44der beklagte hatte der unteren denkmalbehörde der stadt n. mit schreiben vom 23. november 2009 mitgeteilt, dass grundsätzliche denkmalpflegerische bedenken gegen die angedachte bebauung der grundstücke bestünden, die mit ihrer struktur, massivität und orientierung im völligen gegensatz zur historischen bebauungsstruktur s2. stehe. damit hat er sich gerade gegen die erteilung einer baugenehmigung und die diese begleitenden maßnahmen ausgesprochen. vor diesem hintergrund war es nicht sein wille, im vorgriff auf die erteilung einer möglichen baugenehmigung durch die stadt n. , das gelände im hinblick auf das vorkommen von bodendenkmälern zu untersuchen. das hat der beklagte in der mündlichen verhandlung erneut bekräftigt und ausgeführt, aus bodendenkmalpflegerischer sicht sei ein erhalt von bodendenkmälern im boden den durchgeführten maßnahmen vorzuziehen. 45dieser der geschäftsführung entgegenstehende wille des beklagten ist auch nicht analog §§ 679, 683 satz 2 bgb unbeachtlich. eine pflicht des beklagten als vermeintlicher geschäftsführer, die ohne die geschäftsführung nicht rechtzeitig erfüllt worden wäre, bestand ganz offensichtlich nicht. der beklagte hat nach § 22 dschg zwar die möglichkeit, wissenschaftliche ausgrabungen, bergung und restaurierung von bodendenkmälern und überwachung dieser maßnahmen sowie erfassung der beweglichen bodendenkmäler als aufgabe wahrzunehmen. dazu ist er jedoch nicht verpflichtet, wie bereits oben dargelegt worden ist. 46soweit die klägerin sich darauf beruft, sie sei aufgrund der hinweise der unteren denkmalbehörde der stadt n. im „infoblatt bodendenkmal“ davon ausgegangen, dass sie zu einer bauvorgreiflichen bodenuntersuchung verpflichtet gewesen sei, führt auch dies zu keiner anderen beurteilung der sach- und rechtslage. aus der überschrift und dem textteil des „infoblatts bodendenkmal“ folgt, dass sich die hinweise auf eingetragene bodendenkmäler bezogen. für das grundstück der klägerin war aber noch kein bodendenkmal eingetragen worden, sondern es war nur vermutet worden, dass in dem betroffenen bereich mit dem auffinden von bodendenkmälern zu rechnen sein könnte. 47ganz abgesehen davon, welche rechtsfolgen sich daraus für die untere denkmalbehörde ergeben könnten, folgt aus diesem markblatt entgegen der auffassung der klägerin auch nicht, dass vor erteilung einer baugenehmigung bodenuntersuchungen erforderlich sind. vielmehr ist dem merkblatt und seiner überschrift eindeutig zu entnehmen, dass es um bereits eingetragene bodendenkmälern geht. hier hatte die untere denkmalbehörde zwar die eintragung als bodendenkmal angedacht, diese absicht ist jedoch nie verwirklicht worden. dieses hätte die klägerin bei verständiger würdigung der aussagen aus dem merkblatt auch erkennen können. auch der hinweis auf die kostentragungspflicht bezieht sich eindeutig auf ein bereits eingetragenes bodendenkmal: 48„ist das bodendenkmal z.b. aufgrund einer baumaßnahme in seinem weiteren bestand gefährdet, ist nach prüfung des einzelfalles gegebenenfalls eine archäologische begleitung des projektes erforderlich. derjenige, der eine archäologische ausgrabung verursacht, muss aufgrund bestehender verwaltungsverfahrensrechtlicher bestimmung auch deren kosten tragen.“ 49ein öffentlich-rechtlicher erstattungsanspruch (analog §§ 812 ff. bgb) scheidet nach dem vorhergesagten aus, weil der beklagte bei unstreitig fehlendem leistungsverhältnis zur klägerin auch nicht auf sonstige weise auf deren kosten etwas erlangt hat (analog § 812 abs. 1 s. 1 zweite alternative bgb). der beklagte hat keine aufwendungen erspart, da er nach den vorstehenden ausführungen nicht selbst zur vornahme der untersuchungen verpflichtet war. vor diesem hintergrund kann dahinstehen, ob ersparte aufwendungen grundsätzlich über dieses rechtsinstitut überhaupt erstattungsfähig wären. 50soweit der gesetzgeber nunmehr eine kostentragungspflicht für veranlasser von bodendenkmalpflegerischen maßnahmen in § 29 abs. 1 dschg in der seit dem 27. juli 2013 geltenden fassung normiert hat, ist diese gesetzesänderung auf den vorliegenden fall nicht rückwirkend anwendbar, da der gesetzgeber eine rückwirkende regelung nicht getroffen hat. 51die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1, die entscheidung zur vollstreckbarkeit aus § 167 vwgo i.v.m. § 709 satz 2 zpo.
Verklagte*r
0
161,471
5 O 286/18
2018-12-18T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin bietet Serviceleistungen für Bestattungsunternehmen für internationale Überführungen von Verstorbenen und damit zusammenhängende Transportleistungen an. 3Die Klägerin verlangt von den Beklagten Schadensersatz aufgrund des Vorwurfs einer von der internistischen Intensivstation der Beklagten zu 1) in Bezug auf die Infektionsgefahr erstellten unzutreffenden Todesbescheinigung (Anl. K1, K2) und einer von dem Institut für Pathologie der Beklagten zu 1) erstellten unrichtigen Unbedenklichkeitsbescheinigung (Anl. K4) über den Leichnam des im Hause der Beklagten zu 1) verstorbenen Patienten L. 4Der amerikanische Staatsbürger L, geboren 15.09.1969 wurde auf seiner Flugreise von Togo (Westafrika) über Deutschland in die USA am 26.2.2016 in die internistische Intensivstation 4B der Klinik I für Innere Medizin der Beklagten mit der Verdachtsdiagnose einer schwer verlaufenden Malaria-Erkrankung eingewiesen. 5Der Patient verstarb am 26.2.2016 in der Klinik der Beklagten zu 1). Noch vor dem Eintritt des Todes beauftragte die Beklagte zu 1) das Hamburger Institut für Tropenkrankheiten mit der Abklärung der differenzialdiagnostischen Krankheitsursache. 6Auf der im Hause der Beklagten zu 1) ausgestellten Todesbescheinigung vom 26.02.2016 wurde unter „Ziffer 4. Warnhinweise“ (Z. 15) die Frage, ob Hinweise für eine übertragbare Krankheit nach § 6 oder § 7 des Infektionsschutzgesetzes vorläge, mit „ja“ angekreuzt. Die Frage, ob besondere Verhaltensmaßnahmen bei der Aufbewahrung, Beförderung oder Bestattung zu beachten seien, wurde mit „Nein“ beantwortet. Auf einer vom Institut für Pathologie der Beklagten ausgestellten Bescheinigung vom 29.2.2016 (Anl. K4) wurde bescheinigt, dass bei dem Verstorbenen nach erfolgter innerer Leichenschau (Obduktion) kein Infektionsrisiko bestehe. 7Die Ehefrau des Verstorbenen beauftragte in der Folgezeit die Firma Bestattungen T GmbH, die den Leichnam von der Uniklinik zur Rechtsmedizin der Beklagten zu 1) für die Durchführung der zweiten Leichenschau zwecks Ausstellung des Leichenpasses für internationale Leichenbeförderung und sodann in den Klimaraum des städtischen Friedhofs Köln-G überführte. 8Die Firma Bestattungen T GmbH beauftragte wiederum die Klägerin mit der Überführung des Verstorbenen von Deutschland nach Togo. Am 02.03.2016 übernahm eine Mitarbeiterin der Klägerin den Verstorbenen im Beisein von zwei Mitarbeitern des beauftragten Bestattungsinstituts und überführte den Leichnam in den Behandlungsraum der Klägerin in B, wo er bis zum 09.03.2016 zur Vorbereitung für die Flugüberführung und die notwendigen thanatopraktischen Behandlungen aufbewahrt wurde. Am Abend des 9. März um 22:00 Uhr erhielt die Klägerin vom Gesundheitsamt Düsseldorf die Mitteilung, dass die Ursache des Todes des Verstorbenen das Lassa-Fieber sei, nachdem das von der Beklagten zu 1) beauftragte Hamburger Institut für die Feststellung der Todesursache die erforderlichen Untersuchungen durchgeführt hatte. Der Verstorbene wurde sodann unter Einhaltung der entsprechenden Schutzmaßnahmen von einer Spezialeinheit des Arbeiter Samariterbundes in dem vorsorglich hermetisch abgeschlossenen Container der Klägerin geborgen und auf Anordnung des zuständigen Gesundheitsamts im nächst gelegenen Krematorium eingeäschert. Die sterblichen Überreste wurden sodann nach Togo überführt und dort bestattet. 9Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte zu 1) die Todesbescheinigung und Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht habe ausstellen dürfen, solange die Ergebnisse des Instituts für Tropenmedizin nicht vorlagen. Jedenfalls hätte die Beklagte zu 1) den Leichnam als ansteckungsverdächtigen Leichnam behandeln müssen, der dann entsprechend dem speziellen Leitfaden für die gerichtliche Leichenöffnung der deutschen Akkreditierungsstelle hätte anders gelagert bzw. transportiert werden müssen. Auch hätten die Mitarbeiter der Beklagten zu 1) die Verdachtsdiagnose Lassa-Fieber schon vor Bekanntgabe der Ergebnisse des Instituts stellen müssen. Eine rechtzeitige differentialdiagnostische Abklärung der Krankheitsursache durch die Beklage zu 1) sei unterblieben. 10Der Klägerin sei durch das Verhalten der Beklagten zu 1) ein erheblicher Schaden entstanden. Nach der zwischenzeitlich erfolgten Teilklagerücknahme behauptet die Klägerin noch folgende Schadenspositionen: 1112Kosten im Zusammenhang mit der Vorhaltung, Unterhaltung und Reinigung eines Spezialcontainers in Höhe von insgesamt 5.192,70 EUR (Bl. 88 bis 91 d.A., Bl. 176 bis 178 d.A., Bl. 182 und 183 d.A.); 1314Kosten im Zusammenhang mit dem Ausfall eines Bestattungskraftwagens in Höhe von insgesamt 4.564,58 EUR (Bl. 91 bis 93 d.A., Bl. 178 und 179 d.A, Bl. 183 d.A.); 1516sowie Kosten für den Ausfall einer in Quarantäne genommenen Mitarbeiterin der Klägerin in Höhe von insgesamt 735,00 EUR (Bl. 93 und 94 d.A., Bl. 179 und 180 d.A.). 17Hinsichtlich der Schadensberechnung im Einzelnen wird auf die zitierten schriftsätzlichen Ausführungen der Klägerin Bezug genommen. Die Klägerin behauptet, dass ihr diese Kosten nicht entstanden wären, wenn sich die Mitarbeiter der Beklagten zu 1) nicht pflichtwidrig verhalten hätten. Der Verstorbene wäre dann nicht in Köln abgeholt, nach B überführt und für die Verbringung von Frankfurt am Main nach Togo behandelt worden. 18Die Klägerin ist der Ansicht, dass sich eine Haftung der Beklagten zu 1) unter dem Gesichtspunkt des Vertrages mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter ergebe. Die Todesbescheinigung vom 26.02.2016 sei eine von der Ehefrau des Verstorbenen bei der Beklagten zu 1) in Auftrag gegebene Leistung. Bereits diese Abrede sei als Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter, mithin der Klägerin, zu würdigen. Dies gelte sinngemäß auch für die Bescheinigung des Instituts für Pathologie der Beklagten zu 1) vom 19.02.2016, welche die totenfürsorgeberechtigte Ehefrau für die Durchführung der internationalen Leichenbeförderung von Deutschland nach Togo benötigte. Auch die Abrede zwischen der Ehefrau des Verstorbenen und der Beklagten zu 1) zum Zwecke der Erstellung der Bescheinigung stelle einen Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter dar, aus dem die Klägerin ihre Schadensersatzansprüche wegen schuldhafter vertraglicher Pflichtverletzung gegen die Beklagte zu 1) herleiten könne. 19Darüber hinaus hafte die Beklagte zu 1) wegen der von ihr begangenen Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz und das Bestattungsgesetz NRW auch aus diesen Vorschriften in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB. Es handle sich bei den einschlägigen Normen des Infektionsschutzgesetzes und des Bestattungsgesetzes um Schutzgesetze i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB. 20Eine Haftung des beklagten Landes ergebe sich aufgrund der von der Beklagten zu 1) begangenen Pflichtverletzungen sowohl aus § 39 OBG NRW als auch aus § 839 BGB. 21Die Klägerin hat zunächst beantragt, 221.) die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an die Klägerin 26.591,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.10.2016 zu zahlen; 232.) die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an die Klägerin 1.141,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 24Mit Schriftsatz vom 24.07.2018 (Bl. 83 d.A.) hat die Klägerin die Klage auf das beklagte Land erweitert und der Höhe nach teilweise zurückgenommen. Sie beantragt nunmehr, 251.) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 10.493,17 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu Lasten des Beklagten zu 1) seit dem 26.10.2016 und zu Lasten der Beklagten zu 2) seit Rechtshängigkeit zu zahlen; 262.) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 865,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu Lasten des Beklagten zu 1) seit Rechtshängigkeit der Klageschrift vom 05.09.2017 und zu Lasten der Beklagten zu 2) seit Zustellung dieser Klageerweiterung. 27Die Beklagten beantragen, 28die Klage abzuweisen und der Klägerin die Kosten der Teilklagerücknahme aufzuerlegen. 29Die Beklagte zu 1) behauptete, dass Togo nicht zum Endemiegebiet gehöre, in dem der das Lassa-Fieber verursachende Virus auftrete. Aus Togo sei kein einziger Fall des Lassa-Fiebers bekannt. 30Die Beklagte zu 1) ist der Ansicht, dass sich die Ausstellung der Todesbescheinigung und die pathologische „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ deshalb jeglicher Kritik entziehe. Eine Stellungnahme zu den medizinischen und behandlungstechnischen Behauptungen der Klägerin sei der Beklagten zu 1) aufgrund der fehlenden Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht nicht möglich. 31Das beklagte Land ist der Ansicht, dass ein Schadensersatzanspruch aus § 39 OBG NRW ausscheide, da die Beklagte zu 1) nicht als Ordnungsbehörde im Sinne dieser Vorschrift gehandelt habe. Ein Amtshaftungsanspruch gegen das beklagte Land komme ebenfalls nicht in Betracht, da das Verhalten der Mitarbeiter der Beklagten zu 1) ordnungsgemäß gewesen sei. Zumindest hätten diese nicht schuldhaft gehandelt. Darüber hinaus fehle es an der Drittgerichtetheit der angeblich verletzten Amtspflichten. 32Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. 33Entscheidungsgründe: 34Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die gegen die Beklagten geltend gemachten Ansprüche unter keinem erdenklichen rechtlichen Gesichtspunkt zu. 351.) Die Klage gegen die Beklagte zu 1) scheitert bereits an deren fehlender Passivlegitimation. 361.1) Die Beklagte zu 1) wurde im Rahmen der Ausstellung der Todesbescheinigung NRW (siehe Anlagen K 1,2) nach §§ 9, 13 Bestattungsgesetz NRW in Ausübung eines öffentlichen Amtes tätig, so dass bei einer Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) nur Ansprüche aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG gegen das Bundesland in Betracht kämen, das dem Arzt bzw. der Einrichtung der Beklagten zu 1) die amtliche Anerkennung erteilt hat (so entschieden für den TÜV, der im Rahmen der Zulassungsvorschriften tätig wird: BGH NJW 1993, 1784; OLG Hamm BeckRS 2010, 02015, OLG Hamm, NVwZ-RR 2007,315). 37Ähnlich einem Durchgangsarzt, dessen zu treffende Entscheidung, ob die allgemeine oder die besondere Heilbehandlung erforderlich ist, als hoheitlich im Sinne von § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG zu qualifizieren ist (BGH NJW 2017, 1745), stellen auch die in der Todesbescheinigung zu dokumentierenden Angaben über Feststellungen des Todes, Todesart und Warnhinweise auf der Todesbescheinigung, im Nichtvertraulichen Teil (Anlage K 1) und im Vertraulichen Teil (Anlage K 2) hoheitliches Handeln dar. 38Entsprechend handelt es sich bei den im Hause der Beklagten zu 1) ausgefüllten Formularen auch um vorgefertigte Todesbescheinigungen der unteren Gesundheitsbehörde, die gemäß § 6 des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen (ÖGDG NRW), unter anderem auch an der Gesundheitsförderung, der Prävention und dem Gesundheitsschutz mitwirkt. Auch bei einer geplanten Beförderung der Leiche über die Grenze der Bundesrepublik Deutschland hinaus sind gemäß § 17 Abs. 1 und 2 Bestattungsgesetz NRW die Bestattungsunterlagen (§ 13 Abs. 1 Bestattungsgesetz NRW) auszustellen und eine weitere ärztliche Leichenschau vorzunehmen und entsprechend zu bescheinigen (§ 15 Abs. 1 Bestattungsgesetz NRW). Insoweit ist die Beklagte zu 1) hier nicht im Auftrag der Ehefrau des Verstorbenen, sondern in öffentlichem Auftrag tätig gewesen. Gleiches gilt auch im Hinblick auf die durchgeführte Obduktion (innere Leichenschau) und deren aufgeführtes Ergebnis in der von dem Institut für Pathologie der Beklagten zu 1) ausgeführten Bescheinigung. 39Nach dem geltenden Erlass über die Todesbescheinigung des Ministeriums für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie vom 25.7.2003 ist die Todesbescheinigung (für den nicht vertraulichen Teil über das Standesamt) zur Weiterleitung an die untere Gesundheitsbehörde bestimmt. Auch die vorgenommenen Untersuchungen zur Diagnosestellung im Rahmen der Obduktion oder ein ggfs. versäumtes Abwarten der Ergebnisse des Tropeninstituts Hamburg sind demnach als öffentlich –rechtliches Handeln einzuordnen. 401.2) Die Erfüllung dieser öffentlich-rechtlichen Aufgaben schließt die gleichzeitige Begründung eines zivilrechtlichen Vertrags, noch dazu mit Schutzwirkung für die Klägerin als Dritten, aus. Mangels vertraglicher Ansprüche kämen - auch wenn man eine zivilrechtliche Haftung annehmen wollte - nur deliktsrechtliche Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) in Betracht. Diese sind gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG ausgeschlossen. 412.) Die von der Klägerin gegen das beklagte Land geltend gemachten Ansprüche ergeben sich weder aus § 39 Abs. 1 lit. b) OBG NRW noch aus § 839 BGB. 422.1) Eine Haftung des beklagten Landes aus § 39 Abs. 1 lit. b) OBG NRW besteht nicht. Gemäߠ39 Abs. 1 lit. b) OBG NRW ist ein Schaden zu ersetzen, den jemand durch Maßnahmen der Ordnungsbehörden erleidet, wenn er durch rechtswidrige Maßnahmen, gleichgültig, ob die Ordnungsbehörden ein Verschulden trifft oder nicht, entstanden ist. 43Erforderlich für die Anwendbarkeit dieser Vorschrift ist, dass der Ordnungsbehörde eine Aufgabe als solche der Gefahrenabwehr übertragen ist. Der Kreis der Ordnungsbehörden ist in § 3 OBG NRW geregelt. Die Beklagte zu 1) unterfällt als Anstalt des öffentlichen Rechts nicht dem dort normierten Katalog. 44Die Beklagte zu 1) ist auch keine Sonderordnungsbehörde i.S.v. § 12 OBG NRW. Erforderlich ist in diesem Fall eine ausdrückliche Kennzeichnung der schadensbegründenden Behördentätigkeit als Tätigkeit einer Sonderordnungsbehörde. 39 Abs. 1 lit. b) OBG NRW findet nur auf die Maßnahme derjenigen Behörden Anwendung, die durch Rechtssetzungsakt des Landes Nordrhein-Westfalen als Ordnungsbehörden bezeichnet werden, auf den materiellen Polizeibegriff kommt es hier nicht an (OLG Düsseldorf, Urteil vom 31. Oktober 1990 – 18 U 103/90 –, juris). 45Eine solche ausdrückliche Zuweisung der streitbefangenen Tätigkeiten der Beklagten zu 1) als Ordnungs- bzw. Sonderordnungsbehörde ist nicht erfolgt. Es fehlt an einem entsprechenden Rechtssetzungsakt. 462.2) Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen das beklagte Land aus § 839 BGB besteht mangels Verletzung einer drittschützenden Amtspflicht nicht. 47Ob eine Amtspflicht gegenüber einem geschädigten Dritten besteht, bestimmt sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs danach, ob die Amtspflicht - wenn auch nicht notwendig allein, so doch gegebenenfalls neben der Erfüllung allgemeiner Interessen und öffentlicher Zwecke auch - den Sinn hat, gerade sein Interesse wahrzunehmen (BGH, Urteil vom 06. Juni 2013 – III ZR 196/12 –, Rn. 14, juris). 48Aus den die Amtspflicht begründenden und sie umreißenden Bestimmungen sowie aus der besonderen Natur des Amtsgeschäfts muss sich ergeben, dass der Geschädigte zu dem Personenkreis zählt, dessen Belange nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt und gefördert werden sollen; darüber hinaus kommt es darauf an, ob in qualifizierter und zugleich individualisierbarer Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Es muss mithin eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten Dritten bestehen. Hierfür ist die unmittelbare Beteiligung am Amtsgeschäft freilich ebenso wenig notwendige Voraussetzung wie ein Rechtsanspruch des Betroffenen auf die streitgegenständliche Amtshandlung. Andererseits genügt es nicht allein, dass sich die Verletzung der Amtspflicht für den Geschädigten nachteilig ausgewirkt hat. Da im Übrigen eine Person, der gegenüber eine Amtspflicht zu erfüllen ist, nicht in allen ihren Belangen immer als Dritter anzusehen sein muss, ist jeweils zu prüfen, ob gerade das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt sein soll (BGH, Urteil vom 06. Juni 2013 – III ZR 196/12 –, Rn. 14, juris). 492.2.1) Aus dem Infektionsschutzgesetz lassen sich unter Berücksichtigung der Kriterien des Bundesgerichtshofs keine drittbezogenen Amtspflichten zum Schutz des Vermögens der Klägerin ableiten. 50Zweck des Gesetzes ist gemäß § 1 Abs. 1 IfSG, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern. 51Dieser Zweck betrifft zunächst die Vorbeugung vor übertragbaren Krankheiten. Deren Prävention ist der Leitgedanke des gesamten Infektionsschutzgesetzes. Daneben dient das IfSG der Verhinderung der Weiterverbreitung von Krankheiten und Infektionen (vgl. Bales/Baumann/Schnitzler, Infektionsschutzgesetz, § 1 Rn. 2 bis 4). Der Schutz privater Vermögensinteressen lässt sich dem Infektionsschutzgesetz hingegen nicht als allgemeiner Rechtsgedanke entnehmen. 52Das Infektionsschutzgesetz enthält lediglich in § 65 einen für zwei konkrete Sonderfälle normierten Anspruch auf Ersatz von Vermögensschäden. Soweit auf Grund einer Maßnahme nach den §§ 16 und 17 IfSG Gegenstände vernichtet, beschädigt oder in sonstiger Weise in ihrem Wert gemindert werden oder ein anderer nicht nur unwesentlicher Vermögensnachteil verursacht wird, ist gemäß § 65 IfSG eine Entschädigung in Geld zu leisten; eine Entschädigung erhält jedoch nicht derjenige, dessen Gegenstände mit Krankheitserregern oder mit Gesundheitsschädlingen als vermutlichen Überträgern solcher Krankheitserreger behaftet oder dessen verdächtig sind. Verpflichtet zur Zahlung der Entschädigung nach § 65 IfSG ist nach § 66 Abs. 1 IfSG das Land, in dem der Schaden verursacht worden ist. 53Selbst wenn man einen Teil der von der Klägerin behaupteten Schadenspositionen unter § 65 IfSG subsumieren wollte, bestünde ein solcher Anspruch nicht gegen die Beklagten. Etwaige Maßnahmen nach §§ 16 und 17 IfSG erfolgten durch den Landkreis B, mithin in Rheinland-Pfalz. Ein Anspruch gegen das beklagte Land kommt somit nach § 66 Abs. 1 IfSG nicht in Betracht. 54Aus den von der Klägerin zitierten verwaltungsgerichtlichen Urteilen ergibt sich keine abweichende rechtliche Beurteilung. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 02.05.2002 (Az. M3K 01.6310) betrifft Ansprüche nach dem Gentechnikgesetz. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 14.03.2018 (Az. 14 K 65.15) umfasst Ansprüche aus einem im Infektionsschutzgesetz selbst geregelten Entschädigungsanspruch (§ 69 Abs. 1 Nr. 10 IfSG). Beiden Urteilen lässt sich zu der Frage, ob sich aus §§ 6, 8 IfSG drittschützende Amtspflichten zu Gunsten eines Bestattungsunternehmens ergeben, nichts entnehmen. 55Das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 05.10.2017 zu dem streitbefangenen Fall (Az. 1 K 1430/16. MZ) betrifft zum einen nur die nach der Teilklagerücknahme nicht mehr streitgegenständlichen Schadenspositionen und triff zum anderen nur Aussagen zur polizei- und ordnungsrechtlichen Beurteilung einer etwaigen Pflichtverletzung der Universitätsklinik. Ausführungen zur Drittbezogenheit einer etwaigen Amtspflicht aus §§ 6, 8 IfSG oder der Einordnung dieser Vorschriften als Schutzgesetze i.S.v. § 823 BGB enthält das Urteils nicht. Ob und inwiefern ein schuldhaftes Verhalten der jeweiligen Mitarbeiter der Beklagten zu 1) vorlag, lässt das Urteil ebenfalls ausdrücklich offen. 562.2.2) § 9 Abs. 1 bis 3 des Bestattungsgesetzes NRW enthalten ebenfalls keine drittbezogene Amtspflicht zur Vermeidung von Vermögensschäden des Bestattungsunternehmens. 57Gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 Bestattungsgesetz NRW handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig, wer entgegen § 9 Abs. 1 bis 3 Bestattungsgesetz NRW nicht unverzüglich die Leichenschau veranlasst, sie nicht unverzüglich oder nicht sorgfältig vornimmt oder die Todesbescheinigung nicht unverzüglich aushändigt oder die Auskünfte über Befunde verweigert, 58Zu der sorgfältigen Vornahme der Leichenschau gehört auch die korrekte Ausfüllung der Todesbescheinigung unter Einbeziehung der Warnhinweise, die zwar in Bezug auf die Hinweise zur möglichen Infektion der Leiche (§§ 6,7 InfSG) zutreffend angekreuzt wurden, aber zum einen falsch in Bezug auf die notwendigen besonderen Verhaltensweisen in Bezug auf die Aufbewahrung, Beförderung und Bestattung waren, zum anderen auch von der Pathologie der Beklagten zu 1) zu Unrecht eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt wurde. 59Hieraus folgt jedoch nicht, dass § 9 Abs. 3 Bestattungsgesetz NRW auch als drittbezogene Amtspflicht zur Verhinderung von Vermögensschäden zu verstehen ist. Selbst wenn man in der Vorschrift eine Regelung sieht, die gerade dem Schutz der Angehörigen und Bestatter im Besonderen dient, so dient diese Vorschrift jedenfalls ganz sicher allenfalls dem Schutz der Gesundheit der ggfs. mit der Bestattung oder Beförderung der Leiche Beauftragten, nicht aber dem Schutz des Vermögens oder dem durch die Infektion bzw. dessen Beseitigung entstandenen Schaden an den zur Beförderung genutzten Gegenständen (Särge, Container usw). 60Vielmehr war die Beklagte zu 1) nach § 9 Abs. 2 und 3 BestG NRW als Krankenhaus nach Eintritt des Todes unmittelbar verpflichtet, die Durchführung der Leichenschau zu veranlassen und die notwendigen Untersuchungen durchzuführen und die Todesbescheinigungen auszustellen und auszuhändigen. 61Die von der Klägerin vorgelegten Literatur- und Rechtsprechungsfundstellen beschäftigen sich mit der Frage der Aktivlegitimation bezüglich eines Anspruchs auf Erstattung der durch die pflichtwidrig verzögerte Aushändigung der Todesbescheinigung an die die Leichenschau veranlassende Person entstandenen Kosten und werfen die Frage auf, ob auch der Bestatter selbst einen Anspruch im eigenen Namen gegen den Arzt geltend machen kann, da er ein „Geschäft des Arztes“ führe, wenn er für die Organisation und Beibringung der Todesbescheinigung sorge. Zur Frage einer drittbezogenen Amtspflicht verhalten sich die zitierten Urteile und Literaturfundstellen nicht. 622.3) Die Frage, ob die Mitarbeiter der Beklagten zu 1) schuldhaft gegen die einschlägigen Normen des Infektionsschutzgesetzes und des Bestattungsgesetzes verstoßen haben, kann mangels Drittbezogenheit der jeweiligen Amtspflichten dahinstehen. 633.) Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2, 709 Satz 1 und 2 ZPO. 64Der Streitwert wird auf 26.591,24 EUR festgesetzt.
die klage wird abgewiesen. die klägerin hat die kosten des rechtsstreits zu tragen. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2die klägerin bietet serviceleistungen für bestattungsunternehmen für internationale überführungen von verstorbenen und damit zusammenhängende transportleistungen an. 3die klägerin verlangt von den beklagten schadensersatz aufgrund des vorwurfs einer von der internistischen intensivstation der beklagten zu 1) in bezug auf die infektionsgefahr erstellten unzutreffenden todesbescheinigung (anl. k1, k2) und einer von dem institut für pathologie der beklagten zu 1) erstellten unrichtigen unbedenklichkeitsbescheinigung (anl. k4) über den leichnam des im hause der beklagten zu 1) verstorbenen patienten l. 4der amerikanische staatsbürger l, geboren 15.09.1969 wurde auf seiner flugreise von togo (westafrika) über deutschland in die usa am 26.2.2016 in die internistische intensivstation 4b der klinik i für innere medizin der beklagten mit der verdachtsdiagnose einer schwer verlaufenden malaria-erkrankung eingewiesen. 5der patient verstarb am 26.2.2016 in der klinik der beklagten zu 1). noch vor dem eintritt des todes beauftragte die beklagte zu 1) das hamburger institut für tropenkrankheiten mit der abklärung der differenzialdiagnostischen krankheitsursache. 6auf der im hause der beklagten zu 1) ausgestellten todesbescheinigung vom 26.02.2016 wurde unter „ziffer 4. warnhinweise“ (z. 15) die frage, ob hinweise für eine übertragbare krankheit nach § 6 oder § 7 des infektionsschutzgesetzes vorläge, mit „ja“ angekreuzt. die frage, ob besondere verhaltensmaßnahmen bei der aufbewahrung, beförderung oder bestattung zu beachten seien, wurde mit „nein“ beantwortet. auf einer vom institut für pathologie der beklagten ausgestellten bescheinigung vom 29.2.2016 (anl. k4) wurde bescheinigt, dass bei dem verstorbenen nach erfolgter innerer leichenschau (obduktion) kein infektionsrisiko bestehe. 7die ehefrau des verstorbenen beauftragte in der folgezeit die firma bestattungen t gmbh, die den leichnam von der uniklinik zur rechtsmedizin der beklagten zu 1) für die durchführung der zweiten leichenschau zwecks ausstellung des leichenpasses für internationale leichenbeförderung und sodann in den klimaraum des städtischen friedhofs köln-g überführte. 8die firma bestattungen t gmbh beauftragte wiederum die klägerin mit der überführung des verstorbenen von deutschland nach togo. am 02.03.2016 übernahm eine mitarbeiterin der klägerin den verstorbenen im beisein von zwei mitarbeitern des beauftragten bestattungsinstituts und überführte den leichnam in den behandlungsraum der klägerin in b, wo er bis zum 09.03.2016 zur vorbereitung für die flugüberführung und die notwendigen thanatopraktischen behandlungen aufbewahrt wurde. am abend des 9. märz um 22:00 uhr erhielt die klägerin vom gesundheitsamt düsseldorf die mitteilung, dass die ursache des todes des verstorbenen das lassa-fieber sei, nachdem das von der beklagten zu 1) beauftragte hamburger institut für die feststellung der todesursache die erforderlichen untersuchungen durchgeführt hatte. der verstorbene wurde sodann unter einhaltung der entsprechenden schutzmaßnahmen von einer spezialeinheit des arbeiter samariterbundes in dem vorsorglich hermetisch abgeschlossenen container der klägerin geborgen und auf anordnung des zuständigen gesundheitsamts im nächst gelegenen krematorium eingeäschert. die sterblichen überreste wurden sodann nach togo überführt und dort bestattet. 9die klägerin ist der ansicht, dass die beklagte zu 1) die todesbescheinigung und unbedenklichkeitsbescheinigung nicht habe ausstellen dürfen, solange die ergebnisse des instituts für tropenmedizin nicht vorlagen. jedenfalls hätte die beklagte zu 1) den leichnam als ansteckungsverdächtigen leichnam behandeln müssen, der dann entsprechend dem speziellen leitfaden für die gerichtliche leichenöffnung der deutschen akkreditierungsstelle hätte anders gelagert bzw. transportiert werden müssen. auch hätten die mitarbeiter der beklagten zu 1) die verdachtsdiagnose lassa-fieber schon vor bekanntgabe der ergebnisse des instituts stellen müssen. eine rechtzeitige differentialdiagnostische abklärung der krankheitsursache durch die beklage zu 1) sei unterblieben. 10der klägerin sei durch das verhalten der beklagten zu 1) ein erheblicher schaden entstanden. nach der zwischenzeitlich erfolgten teilklagerücknahme behauptet die klägerin noch folgende schadenspositionen: 1112kosten im zusammenhang mit der vorhaltung, unterhaltung und reinigung eines spezialcontainers in höhe von insgesamt 5.192,70 eur (bl. 88 bis 91 d.a., bl. 176 bis 178 d.a., bl. 182 und 183 d.a.); 1314kosten im zusammenhang mit dem ausfall eines bestattungskraftwagens in höhe von insgesamt 4.564,58 eur (bl. 91 bis 93 d.a., bl. 178 und 179 d.a, bl. 183 d.a.); 1516sowie kosten für den ausfall einer in quarantäne genommenen mitarbeiterin der klägerin in höhe von insgesamt 735,00 eur (bl. 93 und 94 d.a., bl. 179 und 180 d.a.). 17hinsichtlich der schadensberechnung im einzelnen wird auf die zitierten schriftsätzlichen ausführungen der klägerin bezug genommen. die klägerin behauptet, dass ihr diese kosten nicht entstanden wären, wenn sich die mitarbeiter der beklagten zu 1) nicht pflichtwidrig verhalten hätten. der verstorbene wäre dann nicht in köln abgeholt, nach b überführt und für die verbringung von frankfurt am main nach togo behandelt worden. 18die klägerin ist der ansicht, dass sich eine haftung der beklagten zu 1) unter dem gesichtspunkt des vertrages mit schutzwirkung zu gunsten dritter ergebe. die todesbescheinigung vom 26.02.2016 sei eine von der ehefrau des verstorbenen bei der beklagten zu 1) in auftrag gegebene leistung. bereits diese abrede sei als vertrag mit schutzwirkung zu gunsten dritter, mithin der klägerin, zu würdigen. dies gelte sinngemäß auch für die bescheinigung des instituts für pathologie der beklagten zu 1) vom 19.02.2016, welche die totenfürsorgeberechtigte ehefrau für die durchführung der internationalen leichenbeförderung von deutschland nach togo benötigte. auch die abrede zwischen der ehefrau des verstorbenen und der beklagten zu 1) zum zwecke der erstellung der bescheinigung stelle einen vertrag mit schutzwirkung zu gunsten dritter dar, aus dem die klägerin ihre schadensersatzansprüche wegen schuldhafter vertraglicher pflichtverletzung gegen die beklagte zu 1) herleiten könne. 19darüber hinaus hafte die beklagte zu 1) wegen der von ihr begangenen verstöße gegen das infektionsschutzgesetz und das bestattungsgesetz nrw auch aus diesen vorschriften in verbindung mit § 823 abs. 2 bgb. es handle sich bei den einschlägigen normen des infektionsschutzgesetzes und des bestattungsgesetzes um schutzgesetze i.s.v. § 823 abs. 2 bgb. 20eine haftung des beklagten landes ergebe sich aufgrund der von der beklagten zu 1) begangenen pflichtverletzungen sowohl aus § 39 obg nrw als auch aus § 839 bgb. 21die klägerin hat zunächst beantragt, 221.) die beklagte zu 1) zu verurteilen, an die klägerin 26.591,24 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 26.10.2016 zu zahlen; 232.) die beklagte zu 1) zu verurteilen, an die klägerin 1.141,90 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 24mit schriftsatz vom 24.07.2018 (bl. 83 d.a.) hat die klägerin die klage auf das beklagte land erweitert und der höhe nach teilweise zurückgenommen. sie beantragt nunmehr, 251.) die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, an die klägerin 10.493,17 eur nebst zinsen hieraus in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz zu lasten des beklagten zu 1) seit dem 26.10.2016 und zu lasten der beklagten zu 2) seit rechtshängigkeit zu zahlen; 262.) die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, an die klägerin 865,00 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz zu lasten des beklagten zu 1) seit rechtshängigkeit der klageschrift vom 05.09.2017 und zu lasten der beklagten zu 2) seit zustellung dieser klageerweiterung. 27die beklagten beantragen, 28die klage abzuweisen und der klägerin die kosten der teilklagerücknahme aufzuerlegen. 29die beklagte zu 1) behauptete, dass togo nicht zum endemiegebiet gehöre, in dem der das lassa-fieber verursachende virus auftrete. aus togo sei kein einziger fall des lassa-fiebers bekannt. 30die beklagte zu 1) ist der ansicht, dass sich die ausstellung der todesbescheinigung und die pathologische „unbedenklichkeitsbescheinigung“ deshalb jeglicher kritik entziehe. eine stellungnahme zu den medizinischen und behandlungstechnischen behauptungen der klägerin sei der beklagten zu 1) aufgrund der fehlenden entbindung von der ärztlichen schweigepflicht nicht möglich. 31das beklagte land ist der ansicht, dass ein schadensersatzanspruch aus § 39 obg nrw ausscheide, da die beklagte zu 1) nicht als ordnungsbehörde im sinne dieser vorschrift gehandelt habe. ein amtshaftungsanspruch gegen das beklagte land komme ebenfalls nicht in betracht, da das verhalten der mitarbeiter der beklagten zu 1) ordnungsgemäß gewesen sei. zumindest hätten diese nicht schuldhaft gehandelt. darüber hinaus fehle es an der drittgerichtetheit der angeblich verletzten amtspflichten. 32wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den akteninhalt bezug genommen. 33
34die zulässige klage ist unbegründet. der klägerin stehen die gegen die beklagten geltend gemachten ansprüche unter keinem erdenklichen rechtlichen gesichtspunkt zu. 351.) die klage gegen die beklagte zu 1) scheitert bereits an deren fehlender passivlegitimation. 361.1) die beklagte zu 1) wurde im rahmen der ausstellung der todesbescheinigung nrw (siehe anlagen k 1,2) nach §§ 9, 13 bestattungsgesetz nrw in ausübung eines öffentlichen amtes tätig, so dass bei einer pflichtverletzung der beklagten zu 1) nur ansprüche aus § 839 bgb i.v.m. art. 34 gg gegen das bundesland in betracht kämen, das dem arzt bzw. der einrichtung der beklagten zu 1) die amtliche anerkennung erteilt hat (so entschieden für den tüv, der im rahmen der zulassungsvorschriften tätig wird: bgh njw 1993, 1784; olg hamm beckrs 2010, 02015, olg hamm, nvwz-rr 2007,315). 37ähnlich einem durchgangsarzt, dessen zu treffende entscheidung, ob die allgemeine oder die besondere heilbehandlung erforderlich ist, als hoheitlich im sinne von § 839 bgb i.v.m. art. 34 gg zu qualifizieren ist (bgh njw 2017, 1745), stellen auch die in der todesbescheinigung zu dokumentierenden angaben über feststellungen des todes, todesart und warnhinweise auf der todesbescheinigung, im nichtvertraulichen teil (anlage k 1) und im vertraulichen teil (anlage k 2) hoheitliches handeln dar. 38entsprechend handelt es sich bei den im hause der beklagten zu 1) ausgefüllten formularen auch um vorgefertigte todesbescheinigungen der unteren gesundheitsbehörde, die gemäß § 6 des gesetzes über den öffentlichen gesundheitsdienst des landes nordrhein-westfalen (ögdg nrw), unter anderem auch an der gesundheitsförderung, der prävention und dem gesundheitsschutz mitwirkt. auch bei einer geplanten beförderung der leiche über die grenze der bundesrepublik deutschland hinaus sind gemäß § 17 abs. 1 und 2 bestattungsgesetz nrw die bestattungsunterlagen (§ 13 abs. 1 bestattungsgesetz nrw) auszustellen und eine weitere ärztliche leichenschau vorzunehmen und entsprechend zu bescheinigen (§ 15 abs. 1 bestattungsgesetz nrw). insoweit ist die beklagte zu 1) hier nicht im auftrag der ehefrau des verstorbenen, sondern in öffentlichem auftrag tätig gewesen. gleiches gilt auch im hinblick auf die durchgeführte obduktion (innere leichenschau) und deren aufgeführtes ergebnis in der von dem institut für pathologie der beklagten zu 1) ausgeführten bescheinigung. 39nach dem geltenden erlass über die todesbescheinigung des ministeriums für gesundheit, soziales, frauen und familie vom 25.7.2003 ist die todesbescheinigung (für den nicht vertraulichen teil über das standesamt) zur weiterleitung an die untere gesundheitsbehörde bestimmt. auch die vorgenommenen untersuchungen zur diagnosestellung im rahmen der obduktion oder ein ggfs. versäumtes abwarten der ergebnisse des tropeninstituts hamburg sind demnach als öffentlich –rechtliches handeln einzuordnen. 401.2) die erfüllung dieser öffentlich-rechtlichen aufgaben schließt die gleichzeitige begründung eines zivilrechtlichen vertrags, noch dazu mit schutzwirkung für die klägerin als dritten, aus. mangels vertraglicher ansprüche kämen - auch wenn man eine zivilrechtliche haftung annehmen wollte - nur deliktsrechtliche ansprüche gegen die beklagte zu 1) in betracht. diese sind gemäß § 839 bgb i.v.m. art. 34 gg ausgeschlossen. 412.) die von der klägerin gegen das beklagte land geltend gemachten ansprüche ergeben sich weder aus § 39 abs. 1 lit. b) obg nrw noch aus § 839 bgb. 422.1) eine haftung des beklagten landes aus § 39 abs. 1 lit. b) obg nrw besteht nicht. gemäߠ39 abs. 1 lit. b) obg nrw ist ein schaden zu ersetzen, den jemand durch maßnahmen der ordnungsbehörden erleidet, wenn er durch rechtswidrige maßnahmen, gleichgültig, ob die ordnungsbehörden ein verschulden trifft oder nicht, entstanden ist. 43erforderlich für die anwendbarkeit dieser vorschrift ist, dass der ordnungsbehörde eine aufgabe als solche der gefahrenabwehr übertragen ist. der kreis der ordnungsbehörden ist in § 3 obg nrw geregelt. die beklagte zu 1) unterfällt als anstalt des öffentlichen rechts nicht dem dort normierten katalog. 44die beklagte zu 1) ist auch keine sonderordnungsbehörde i.s.v. § 12 obg nrw. erforderlich ist in diesem fall eine ausdrückliche kennzeichnung der schadensbegründenden behördentätigkeit als tätigkeit einer sonderordnungsbehörde. 39 abs. 1 lit. b) obg nrw findet nur auf die maßnahme derjenigen behörden anwendung, die durch rechtssetzungsakt des landes nordrhein-westfalen als ordnungsbehörden bezeichnet werden, auf den materiellen polizeibegriff kommt es hier nicht an (olg düsseldorf, urteil vom 31. oktober 1990 – 18 u 103/90 –, juris). 45eine solche ausdrückliche zuweisung der streitbefangenen tätigkeiten der beklagten zu 1) als ordnungs- bzw. sonderordnungsbehörde ist nicht erfolgt. es fehlt an einem entsprechenden rechtssetzungsakt. 462.2) ein schadensersatzanspruch der klägerin gegen das beklagte land aus § 839 bgb besteht mangels verletzung einer drittschützenden amtspflicht nicht. 47ob eine amtspflicht gegenüber einem geschädigten dritten besteht, bestimmt sich nach der ständigen rechtsprechung des bundesgerichtshofs danach, ob die amtspflicht - wenn auch nicht notwendig allein, so doch gegebenenfalls neben der erfüllung allgemeiner interessen und öffentlicher zwecke auch - den sinn hat, gerade sein interesse wahrzunehmen (bgh, urteil vom 06. juni 2013 – iii zr 196/12 –, rn. 14, juris). 48aus den die amtspflicht begründenden und sie umreißenden bestimmungen sowie aus der besonderen natur des amtsgeschäfts muss sich ergeben, dass der geschädigte zu dem personenkreis zählt, dessen belange nach dem zweck und der rechtlichen bestimmung des amtsgeschäfts geschützt und gefördert werden sollen; darüber hinaus kommt es darauf an, ob in qualifizierter und zugleich individualisierbarer weise auf schutzwürdige interessen eines erkennbar abgegrenzten kreises dritter rücksicht zu nehmen ist. es muss mithin eine besondere beziehung zwischen der verletzten amtspflicht und dem geschädigten dritten bestehen. hierfür ist die unmittelbare beteiligung am amtsgeschäft freilich ebenso wenig notwendige voraussetzung wie ein rechtsanspruch des betroffenen auf die streitgegenständliche amtshandlung. andererseits genügt es nicht allein, dass sich die verletzung der amtspflicht für den geschädigten nachteilig ausgewirkt hat. da im übrigen eine person, der gegenüber eine amtspflicht zu erfüllen ist, nicht in allen ihren belangen immer als dritter anzusehen sein muss, ist jeweils zu prüfen, ob gerade das im einzelfall berührte interesse nach dem zweck und der rechtlichen bestimmung des amtsgeschäfts geschützt sein soll (bgh, urteil vom 06. juni 2013 – iii zr 196/12 –, rn. 14, juris). 492.2.1) aus dem infektionsschutzgesetz lassen sich unter berücksichtigung der kriterien des bundesgerichtshofs keine drittbezogenen amtspflichten zum schutz des vermögens der klägerin ableiten. 50zweck des gesetzes ist gemäß § 1 abs. 1 ifsg, übertragbaren krankheiten beim menschen vorzubeugen, infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre weiterverbreitung zu verhindern. 51dieser zweck betrifft zunächst die vorbeugung vor übertragbaren krankheiten. deren prävention ist der leitgedanke des gesamten infektionsschutzgesetzes. daneben dient das ifsg der verhinderung der weiterverbreitung von krankheiten und infektionen (vgl. bales/baumann/schnitzler, infektionsschutzgesetz, § 1 rn. 2 bis 4). der schutz privater vermögensinteressen lässt sich dem infektionsschutzgesetz hingegen nicht als allgemeiner rechtsgedanke entnehmen. 52das infektionsschutzgesetz enthält lediglich in § 65 einen für zwei konkrete sonderfälle normierten anspruch auf ersatz von vermögensschäden. soweit auf grund einer maßnahme nach den §§ 16 und 17 ifsg gegenstände vernichtet, beschädigt oder in sonstiger weise in ihrem wert gemindert werden oder ein anderer nicht nur unwesentlicher vermögensnachteil verursacht wird, ist gemäß § 65 ifsg eine entschädigung in geld zu leisten; eine entschädigung erhält jedoch nicht derjenige, dessen gegenstände mit krankheitserregern oder mit gesundheitsschädlingen als vermutlichen überträgern solcher krankheitserreger behaftet oder dessen verdächtig sind. verpflichtet zur zahlung der entschädigung nach § 65 ifsg ist nach § 66 abs. 1 ifsg das land, in dem der schaden verursacht worden ist. 53selbst wenn man einen teil der von der klägerin behaupteten schadenspositionen unter § 65 ifsg subsumieren wollte, bestünde ein solcher anspruch nicht gegen die beklagten. etwaige maßnahmen nach §§ 16 und 17 ifsg erfolgten durch den landkreis b, mithin in rheinland-pfalz. ein anspruch gegen das beklagte land kommt somit nach § 66 abs. 1 ifsg nicht in betracht. 54aus den von der klägerin zitierten verwaltungsgerichtlichen urteilen ergibt sich keine abweichende rechtliche beurteilung. das urteil des verwaltungsgerichts münchen vom 02.05.2002 (az. m3k 01.6310) betrifft ansprüche nach dem gentechnikgesetz. das urteil des verwaltungsgerichts berlin vom 14.03.2018 (az. 14 k 65.15) umfasst ansprüche aus einem im infektionsschutzgesetz selbst geregelten entschädigungsanspruch (§ 69 abs. 1 nr. 10 ifsg). beiden urteilen lässt sich zu der frage, ob sich aus §§ 6, 8 ifsg drittschützende amtspflichten zu gunsten eines bestattungsunternehmens ergeben, nichts entnehmen. 55das urteil des verwaltungsgerichts mainz vom 05.10.2017 zu dem streitbefangenen fall (az. 1 k 1430/16. mz) betrifft zum einen nur die nach der teilklagerücknahme nicht mehr streitgegenständlichen schadenspositionen und triff zum anderen nur aussagen zur polizei- und ordnungsrechtlichen beurteilung einer etwaigen pflichtverletzung der universitätsklinik. ausführungen zur drittbezogenheit einer etwaigen amtspflicht aus §§ 6, 8 ifsg oder der einordnung dieser vorschriften als schutzgesetze i.s.v. § 823 bgb enthält das urteils nicht. ob und inwiefern ein schuldhaftes verhalten der jeweiligen mitarbeiter der beklagten zu 1) vorlag, lässt das urteil ebenfalls ausdrücklich offen. 562.2.2) § 9 abs. 1 bis 3 des bestattungsgesetzes nrw enthalten ebenfalls keine drittbezogene amtspflicht zur vermeidung von vermögensschäden des bestattungsunternehmens. 57gemäß § 19 abs. 1 nr. 1 bestattungsgesetz nrw handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig, wer entgegen § 9 abs. 1 bis 3 bestattungsgesetz nrw nicht unverzüglich die leichenschau veranlasst, sie nicht unverzüglich oder nicht sorgfältig vornimmt oder die todesbescheinigung nicht unverzüglich aushändigt oder die auskünfte über befunde verweigert, 58zu der sorgfältigen vornahme der leichenschau gehört auch die korrekte ausfüllung der todesbescheinigung unter einbeziehung der warnhinweise, die zwar in bezug auf die hinweise zur möglichen infektion der leiche (§§ 6,7 infsg) zutreffend angekreuzt wurden, aber zum einen falsch in bezug auf die notwendigen besonderen verhaltensweisen in bezug auf die aufbewahrung, beförderung und bestattung waren, zum anderen auch von der pathologie der beklagten zu 1) zu unrecht eine unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt wurde. 59hieraus folgt jedoch nicht, dass § 9 abs. 3 bestattungsgesetz nrw auch als drittbezogene amtspflicht zur verhinderung von vermögensschäden zu verstehen ist. selbst wenn man in der vorschrift eine regelung sieht, die gerade dem schutz der angehörigen und bestatter im besonderen dient, so dient diese vorschrift jedenfalls ganz sicher allenfalls dem schutz der gesundheit der ggfs. mit der bestattung oder beförderung der leiche beauftragten, nicht aber dem schutz des vermögens oder dem durch die infektion bzw. dessen beseitigung entstandenen schaden an den zur beförderung genutzten gegenständen (särge, container usw). 60vielmehr war die beklagte zu 1) nach § 9 abs. 2 und 3 bestg nrw als krankenhaus nach eintritt des todes unmittelbar verpflichtet, die durchführung der leichenschau zu veranlassen und die notwendigen untersuchungen durchzuführen und die todesbescheinigungen auszustellen und auszuhändigen. 61die von der klägerin vorgelegten literatur- und rechtsprechungsfundstellen beschäftigen sich mit der frage der aktivlegitimation bezüglich eines anspruchs auf erstattung der durch die pflichtwidrig verzögerte aushändigung der todesbescheinigung an die die leichenschau veranlassende person entstandenen kosten und werfen die frage auf, ob auch der bestatter selbst einen anspruch im eigenen namen gegen den arzt geltend machen kann, da er ein „geschäft des arztes“ führe, wenn er für die organisation und beibringung der todesbescheinigung sorge. zur frage einer drittbezogenen amtspflicht verhalten sich die zitierten urteile und literaturfundstellen nicht. 622.3) die frage, ob die mitarbeiter der beklagten zu 1) schuldhaft gegen die einschlägigen normen des infektionsschutzgesetzes und des bestattungsgesetzes verstoßen haben, kann mangels drittbezogenheit der jeweiligen amtspflichten dahinstehen. 633.) die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 abs. 1, 269 abs. 3 satz 2, 709 satz 1 und 2 zpo. 64der streitwert wird auf 26.591,24 eur festgesetzt.
Verklagte*r
0
170,880
13 K 4659/13
2014-09-12T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die am 00.00.1953 geborene Klägerin stand als Postbetriebsassistentin (Besoldungsgruppe A 6 Bundesbesoldungsordnung – BBesO) im Dienst der Beklagten und war bei der E. Q. AG beschäftigt. 3Mit Bescheid vom 17. November 2009 ermäßigte die Beklagte die bisherige Arbeitszeit der Klägerin auf ihren Antrag hin für die Zeit vom 1. Dezember 2009 bis zum 30. November 2018 auf 50 % der regelmäßigen Wochenarbeitszeit. Zugleich wurde die Verteilung der Wochenarbeitszeit dahingehend festgelegt, dass sich die Altersteilzeit der Klägerin auf eine Arbeitsphase vom 1. Dezember 2009 bis zum 31. Mai 2014 mit 38,5 Stunden pro Woche sowie eine Freistellungsphase vom 1. Juni 2014 bis zum 30. November 2018 verteilen sollte (Blockmodell). 4In der Arbeitsphase war die Klägerin mehrfach dienstunfähig erkrankt. Eine vom 24. August 2011 bis zum 21. September 2011 durchgeführte Kur konnte die Dienstfähigkeit nicht wieder herstellen. Der 22. November 2011 war der 183. Tag, an dem die Klägerin wegen ihrer Erkrankung keinen Dienst leistete. Die Klägerin nahm ihre Tätigkeit zum Jahreswechsel 2012 im Rahmen einer stufenweisen Wiedereingliederung wieder auf. Eine ab dem 20. Februar 2012 vorgesehene Verlängerung der Wiedereingliederung kam nicht mehr zustande, da die Klägerin den Arbeitsversuch ab dem 22. Februar 2012 abbrechen musste; eine erneute Rückkehr in den Dienst blieb aus. 5Daher wurde eine Dienstunfähigkeitsuntersuchung im Sinne des § 44 Absatz 1 Bundesbeamtengesetz (BBG) eingeleitet. Das Gutachten des Postbetriebsarztes vom 14. Juni 2012 ergab, dass die Klägerin nur noch unterhalbschichtig in der Lage sei, leichte Arbeit (bis ca. 10 kg) zu verrichten. Stapler- und Schlepperfahren, Anlagensteuerung und Lärm (über 85 dB) seien dabei auszuschließen. 6Mit Bescheid der Stadt E1. vom 22. Juni 2012 wurde der Klägerin eine Schwerbehinderung mit einem Grad der Behinderung von 30 bescheinigt. 7Mit Bescheid vom 14. August 2012 versetzte die Beklagte die Klägerin wegen dauernder Dienstunfähigkeit mit Ablauf des Monats August 2012 in den Ruhestand. 8Mit Schreiben vom 30. August 2012 teilte die E. Q. AG der Klägerin mit, dass der Ausgleichsbetrag bei vorzeitiger Beendigung der Altersteilzeit nach § 2a der Verordnung über die Gewährung eines Zuschlags bei Altersteilzeit (Altersteilzeitzuschlagsverordnung – ATZV) 5.448,69 Euro betrage. Dabei blieben Zeiten ohne Dienstleistungen (Dienstunfähigkeit) in der Ansparphase, soweit sie insgesamt sechs Monate (182 Kalendertage) überschritten haben, für die Berechnung des Ausgleichsbetrages unberücksichtigt. 9Mit Schreiben vom 27. September 2012 erhob die Klägerin „Einspruch“ gegen diese Berechnung und bat um Überprüfung des Ausgleichsbetrags. 10Nachdem die Klägerin eine Untätigkeitsklage erhoben hatte (vgl. Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 17. Juni 2013 – 13 K 3405/13) wies die E. Q. AG mit Widerspruchsbescheid vom 29. April 2013 den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass Zeiten ohne Dienstleistung in der Arbeitsphase unberücksichtigt blieben, soweit sie insgesamt sechs Monate überschritten. Demnach verringere sich ab dem 183. Tag ohne Dienstleistung der Ausgleichsbetrag bis zum Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand am 1. September 2012 aufgrund der Dienstunfähigkeit der Klägerin. 11Sie verweist zudem auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 26. Oktober 2012 (13 K 5575/11). Das Verwaltungsgericht habe insoweit richtig ausgeführt, dass der Ausgleichsbetrag durch einen Vergleich zwischen den „sog. Hätte-Bezügen“ und den tatsächlichen Altersteilzeitdienstbezügen für den in Rede stehenden Gesamtzeitraum zu ermitteln sei. Der der Klägerin zustehende Ausgleichsbetrag ergebe sich ausschließlich aus der Gegenüberstellung der jeweiligen Summe der fiktiven Vollzeitbezüge und der tatsächlichen Dienstbezüge. Dass die Klägerin ab dem 22. November 2011 mehr als sechs Monate wegen Dienstunfähigkeit keinen Dienst mehr getan habe, führe nicht dazu, dass ihr für diesen Zeitraum keine Dienstbezüge mehr zugestanden hätten oder nicht mehr ausgezahlt worden wären. Es bewirke lediglich, dass für diesen Zeitraum allein ihre tatsächlichen Dienstbezüge in die Berechnung eingestellt werden müssten, ohne dass diesen fiktive Vollzeitbezüge gegenübergestellt würden. Insoweit vermindere dieser Zeitraum zwar die Höhe des Ausgleichsbetrages, er reduziere aber nicht den Anspruch der Klägerin auf ihre Dienstbezüge. Mit der Regelung in § 2a ATZV sei der Dienstherr seiner Fürsorgepflicht gegenüber Beamten, die die Freistellungsphase ihrer Altersteilzeit nicht oder nicht vollständig ausschöpfen könnten, hinreichend nachgekommen. 12Hiergegen hat die Klägerin am 24. Mai 2013 Klage erhoben. 13Sie ist der Ansicht, sie habe einen Anspruch auf Zahlung weiterer 18.265,18 € gemäß § 6 Absatz 2 Satz 4 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) i.V.m. § 2a ATZV. Der Ausgleich bestehe im Unterschiedsbetrag zwischen den dem Beamten in der Altersteilzeit insgesamt gezahlten Altersteilzeitbezügen und der Besoldung, die ihm nach seiner tatsächlichen Beschäftigung ohne Altersteilzeit zugestanden hätte. Würde man die von der Beklagten zugrunde gelegte Tabelle bis August 2012 ab November 2011 mit fiktiven Vollzeitbezügen in Höhe von monatlich 2.410,85 Euro fortführen, ergäben sich fiktive Vollzeitbezüge in Höhe von insgesamt 81.109,39 Euro. Es seien weitere sieben Monate mit einem fiktiven Vollzeitbezug in Höhe von 2.410,85 Euro zu belegen. Im Monat November 2011 ergebe sich eine Differenz in Höhe von 97,13 Euro. Im Monat Januar 2012 betrage die Differenz 97,13 Euro und im Februar 2012 568,85 Euro. 14Diese Berechnung sei auch nicht durch § 2a Satz 2 ATZV ausgeschlossen. Die Norm verstoße gegen Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b) der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie). Danach liege eine verbotene mittelbare Diskriminierung vor, wenn eine dem Anschein nach neutrale Vorschrift – wie vorliegend § 2a Satz 2 ATZV – Personen mit einer Behinderung – mithin die Klägerin – gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen könne. Durch die Nichtberücksichtigung der Zeiten ohne Dienstleistung werde ein kranker Mensch gegenüber einem gesunden Menschen benachteiligt. Ein gesunder Mensch würde schon nicht von § 2a ATZV erfasst, da kein Fall vorstellbar sei, in dem es bei einem gesunden Beamten zu einem Störfall der Altersteilzeit käme. Er erhielte daher in jedem Fall einen Ausgleich für seine vorgeleistete Vollzeittätigkeit in der zweiten Phase der Altersteizeit im Blockmodell. Würde ein gesunder Beamter dennoch die Altersteilzeit vorzeitig beenden und das Altersteilzeitverhältnis rückabwickeln, würde er einen höheren Betrag erhalten als ein erkrankter Beamter. Bei einem gesunden Beamten seien Zeiten ohne Dienstleistung typischerweise ausgeschlossen. 15Zudem verstoße § 2a Satz 2 ATZV gegen Artikel 33 Absatz 5 Grundgesetz (GG). Der Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation zähle zu den in Artikel 33 Absatz 5 GG geschützten hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Der Gesetzgeber dürfe daher dem Beamten keine Arbeitszeit abverlangen, die unbezahlt bleibe. Durch die Reduzierung des Ausgleichsbeitrags bleibe jedoch ein Teil der von der Klägerin vorgeleisteten Arbeitszeit unvergütet. Durch den Ausgleichsbetrag erhalte sie die Vergütung für die Hälfte der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit zuzüglich des Altersteilzeitzuschlags. Mit der anderen Hälfte gehe sie in Vorleistung, um den Freizeitausgleich in der Freistellungsphase zu erarbeiten. Könne dieser nicht mehr verwirklicht werden, habe sie die andere Hälfte der Arbeitszeit umsonst erbracht. Der Dienstherr sei aber verpflichtet, die ihr für die Arbeitszeit zustehende Vergütung zu zahlen. Kürze man den Ausgleichsbetrag um die Zeiten ohne Dienstleistung, werde die Klägerin schlechter gestellt, als sei es nicht zur Altersteilzeit gekommen. Dies widerspreche dem Sinn und Zweck des Gesetzes. 16Jedenfalls habe die Klägerin einen Vergütungsanspruch gegen die Beklagte in geltend gemachter Höhe, da sie einen Anspruch auf ungekürzte Dienstbezüge habe. 17Die Klägerin beantragt sinngemäß, 18die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheids der E. Q. AG vom 30. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. April 2013 zu verpflichten, ihr einen weiteren Ausgleichsbetrag in Höhe von 18.265,18 Euro zu gewähren. 19Die Beklagte beantragt, 20die Klage abzuweisen. 21Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbingen aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend macht sie geltend, dass auch kein Verstoß gegen die Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie vorliege, da es keine Benachteiligung durch die Vorschrift des § 2a ATZV gebe. Der Dienstherr sei vielmehr seiner Fürsorgepflicht gegenüber den Beamten die ihre Freistellungsphase nicht oder nicht vollständig ausschöpfen könnten hinreichend nachgekommen. Insoweit sei auch kein Verstoß gegen die Grundsätze des Berufsbeamtentums ersichtlich. Im Grunde habe sich nur das allgemeine Lebensrisiko realisiert. 22Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. 23Entscheidungsgründe: 24Die als Verpflichtungsklage zulässige Klage ist unbegründet. 25Der Bescheid der E. Q. AG vom 30. August 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. April 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Absatz 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung eines weitergehenden Ausgleichs nach § 2a ATZV in Höhe von 18.265,18 Euro. 26Die Gewährung eines Ausgleichsbetrags, wie er hier in Rede steht, bestimmt sich nach § 6 Absatz 2 Satz 4 BBesG i.V.m. § 2a ATZV. 27Nach § 6 Absatz 2 Satz 4 BBesG ist für den Fall der vorzeitigen Beendigung der Altersteilzeit ein Ausgleich zu regeln. Nach § 2a ATZV ist einem Beamten, dessen Altersteilzeit mit ungleichmäßiger Verteilung der Arbeitszeit (Blockmodell) vorzeitig endet und bei dem deshalb die in der Freistellungsphase vorgesehene Freistellung vom Dienst zumindest teilweise unmöglich geworden ist, ein Ausgleich in Geld zu gewähren (Satz 1). Der Ausgleich besteht in dem Unterschiedsbetrag zwischen den dem Beamten in der Altersteilzeit insgesamt gezahlten Altersteilzeitbezügen und der Besoldung, die ihm nach seiner tatsächlichen Beschäftigung ohne Altersteilzeit zugestanden hätte, wobei bei der Berechnung des Ausgleichsbetrags Zeiten ohne Dienstleistung in der Arbeitsphase unberücksichtigt bleiben, soweit sie insgesamt sechs Monate überschreiten (Satz 2). 28§ 2a ATZV wurde durch Artikel 10 Nr. 2 des Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 2000 – BBVAnpG 2000 – (BGBl. I S. 618, 621) in die Altersteilzeitzuschlagsverordnung eingefügt. Die Vorschrift ist der Ausgleichsregelung des § 9 Absatz 3 des Tarifvertrags zur Regelung der Altersteilzeit vom 5. Mai 1989 (GMBl. S. 638) nachgebildet und folgt den allgemeinen Grundsätzen des Vorteilsausgleichs und des Erstattungsanspruchs. Sie bezweckt, dem betroffenen Beamten einen Anspruch auf Zahlung der Differenz zwischen den ihm insgesamt gezahlten Altersteilzeitbezügen und der Besoldung zu geben, die ihm nach dem Maß seiner tatsächlichen Beschäftigung ohne Altersteilzeit zugestanden hätte. 29Vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des BBVAnpG 2000, BT-Drs. 14/5198, Seite 12 und 13. 30In der Sache regelt die Vorschrift, dass im Falle des Eintritts einer Störung bei der Abwicklung der Altersteilzeit mit ungleichmäßiger Verteilung der Arbeitszeit die "Vorleistung" des Beamten während der Arbeitsphase besoldungsrechtlich so honoriert wird, als handele es sich um eine Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigung je nach dem insoweit vorgesehenen tatsächlichen Umfang der Arbeitszeit. Dadurch wird eine Benachteiligung des Beamten vermieden, dessen Dienstleistung nicht oder nicht vollständig durch Freizeit ausgeglichen wird. An die Stelle des Anspruchs auf Freizeitausgleich tritt der Anspruch auf besoldungsrechtlichen Ausgleich in Höhe der Differenz zwischen den sog. "Hätte-Bezügen" und den tatsächlich (für den Gesamtzeitraum) gewährten Altersteilzeitbezügen, wobei bei der Berechnung der tatsächlich gezahlten Altersteilzeitbezüge der dem Beamten gewährte Altersteilzeitzuschlag angerechnet wird. Bei der Berechnung der sog. "Hätte-Bezüge" bleiben die Zeiten, in denen der Beamte wegen Dienstunfähigkeit keinen Dienst geleistet hat, unberücksichtigt, soweit sie insgesamt einen Zeitraum von sechs Monaten überschreiten. 31Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 24. Januar 2013 – 13 K 4331/12 –, S. 6 des Urteilsabdrucks und vom 11. Oktober 2011 – 26 K 8729/10 –, juris, Rn. 36 f.; Verwaltungsgericht Arnsberg, Urteil vom 20. Juni 2011 – K 1660/10 –, juris, Rn. 23; bestätigt durch Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 31. Juli 2012 – 1 A 1654/12 –, juris. 32Das bedeutet, dass sich der maßgebliche Zeitraum für die Ermittlung der sog. "Hätte-Bezüge" aus der tatsächlichen Beschäftigungszeit des Beamten ergibt, der ein Zeitraum von maximal sechs Monaten der Dienstunfähigkeit hinzuzurechnen ist. Für diese Zeitspanne übernimmt der Dienstherr das vollständige Risiko eines unplanmäßigen Verlaufs der Altersteilzeit mit der Folge der Unmöglichkeit eines Ausgleichs durch Freistellung vom Dienst. 33Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 30. Oktober 2002 – 2 A 2.01 –, juris, Rn. 13; Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG Rh.-Pf.), Beschluss vom 28. April 2004 – 10 A 10058/04 –, juris, Rn. 4; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 24. Januar 2013 – 13 K 4331/12 –, S. 6 des Urteilsabdrucks und vom 11. Oktober 2011 – 26 K 8729/10 –, juris, Rn. 36 f. 34Danach hat die Klägerin zwar dem Grunde nach einen Anspruch auf Ausgleich gemäß § 2a Satz 1 ATZV, da die Altersteilzeit im Blockmodell – noch während der vorgesehenen aktiven Phase – vorzeitig durch ihre Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit mit Ablauf des Monats August 2012 endete mit der Folge, dass sie den Freizeitausgleich in der Freistellungsphase, für den sie "vorgearbeitet" hatte, nicht mehr in Anspruch nehmen konnte. Der Anspruch der Klägerin besteht jedoch nicht über den bereits von der Beklagten gezahlten Ausgleich hinaus in Höhe von weiteren 18.265,18 Euro. 35Soweit der Sechsmonatszeitraum des § 2a Satz 2 ATZV überschritten wird, besteht kein Ausgleichsanspruch, da es an einer ausgleichsfähigen Vorleistung fehlt. Insoweit kann sich die Klägerin auch nicht auf die Fürsorgepflicht des Dienstherrn berufen, da diese mit der Regelung in § 2a ATZV hinreichend konkretisiert worden ist. 36BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2002 – 2 A 2.01 –, juris, Rn. 15; OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 28. April 2004 – 10 A 10058/04 –, juris, Rn. 8; OVG NRW, Beschluss vom 15. September 2010 – 1 A 2284/08 –, juris, Rn. 13 f. m.w.N.; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 24. Januar 2013 – 13 K 4331/12 –, S. 6 des Urteilsabdrucks; Verwaltungsgericht Arnsberg, Urteil vom 20. Juni 2011 – 13 K 1660/10 –, juris, Rn. 26 f. und 30 m.w.N. 37Aus Billigkeitsgesichtspunkten, namentlich aus dem Gedanken des Vorteilsausgleichs, sieht § 2 a Satz 1 ATZV vor, dass dem Beamten die geleistete Vollarbeitszeit wertmäßig zu Gute gebracht wird, sofern sie die gezahlten Altersteilzeitbezüge übersteigt. Ungeachtet seines Status als Teilzeitbeschäftigter soll der Dienstherr nicht die Mehrarbeit des Beamten als Vollzeitbeschäftigter "behalten dürfen". Sie wird vielmehr dem Beamten gut gebracht, indem in die Vergleichsberechnung "die Besoldung, die nach der tatsächlichen Beschäftigung ohne Altersteilzeit zugestanden hätte", eingestellt wird. Damit ist dem zuvor aufgezeigten Gedanken der Billigkeit und des Vorteilsausgleichs bereits Rechnung getragen worden. Die gesetzliche Regelung geht indes noch einen Schritt weiter, indem sie in § 2 a Satz 2 ATZV trotz fehlender Bereicherung des Dienstherrn vorsieht, dass dieser tatsächlich geleisteten Vollarbeitszeit noch ein Zeitraum von einem halben Jahr hinzu gerechnet und mit diesem die "fiktive" Vollarbeitszeit errechnet wird. 38OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 28. April 2004 – 10 A 10058/04 –, juris, Rn. 8 f. 39Die gesetzliche Regelung entspricht bei objektiver Betrachtung mithin demjenigen, was die Beteiligten billigerweise voraussichtlich vereinbart hätten, wenn sie den Störfall – als Wegfall der Geschäftsgrundlage – vorausgesehen hätten. 40Die Kammer teilt auch nicht die seitens der Klägerin vorgebrachten Bedenken gegen die Wirksamkeit des § 2a Satz 2 ATZV. Weder ist ein Verstoß gegen die Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie (vgl. 1.) 41– umgesetzt durch das Gesetz zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung der Gleichbehandlung von 14.08.2006 (BGBl. I S. 1897) – 42noch ist ein Verstoß gegen Artikel 33 Absatz 5 GG (vgl. 2.) ersichtlich. 431. Ein Verstoß gegen die Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie ist nicht erkennbar. Nach Artikel 2 Absatz 1 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie bedeutet „Gleichbehandlungsgrundsatz“, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe – hier einer Behinderung – geben darf. Ungeachtet der Frage, ob der Geltungsbereich nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c) der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie eröffnet ist – wobei die Kammer aufgrund einer europarechtskonformen Auslegung annimmt, dass es sich um eine Frage des „Arbeitsentgelts“ i.S. der Norm handelt –, 44vgl. Schleusener, in :Schleusener/Suckow/Voigt, AGG, § 2, Rn. 9, 45liegt jedenfalls keine Diskriminierung in diesem Sinne vor. 46Das Vorliegen einer unmittelbaren Diskriminierung nach Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a) der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie ist von vornherein nicht ersichtlich und wird auch seitens der Klägerin nicht geltend gemacht. Eine mittelbare Diskriminierung liegt nach Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b) der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen mit einer bestimmten Behinderung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können. 47Diese Voraussetzungen erfüllt § 2a Satz 2 ATZV nicht. Die Möglichkeit der Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen gegenüber anderen Personen scheidet schon deshalb aus, weil die Vorschrift – entgegen der Annahme der Klägerin – sich in ihrem Anwendungsbereich faktisch nicht allein auf kranke Menschen beschränkt. Vielmehr werden bei allen Personen – die aus welchen Gründen auch immer – länger als sechs Monate in der Arbeitsphase keinen Dienst leisten, diese Zeiten nicht berücksichtigt. Weder § 2a ATZV noch die ihm zu Grunde liegende Vorschrift des § 6 Absatz 2 Satz 4 BBesG lassen erkennen, dass bezüglich der Ausgleichszahlung zwischen verschiedenen Ursachen für den Abbruch unterschieden wird. § 6 Absatz 2 Satz 4 BBesG spricht lediglich vom "Fall der vorzeitigen Beendigung der Altersteilzeit" als Anknüpfungspunkt für die Ausgleichszahlung. Entsprechend formuliert § 2a Satz 1 ATZV "wenn die Altersteilzeit mit ungleichmäßiger Verteilung der Arbeitszeit (Blockmodell) vorzeitig endet", ohne auch nur den Ansatz dafür zu liefern, dass hier zwischen verschiedenen Ursachen für die vorzeitige Beendigung zu unterscheiden sei. 48OVG NRW, Beschluss vom 15. September 2010 – 1 A 2284/08 –, juris, Rn. 30 ff.; Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des BBVAnpG 2000, BT-Drs. 14/5198, Seite 13. 49Auch geht ein Störfall der Altersteilzeit nicht zwangsläufig mit einer Dienstunfähigkeit infolge einer Schwerbehinderung einher. Vielmehr sind auch andere Störfälle denkbar, insbesondere auch Fälle, in denen gesunde Menschen von der Regelung betroffen sein könnten. Ausweislich der Gesetzesbegründung gilt die Regelung für alle Fälle der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses. Beispielhaft – und keinesfalls abschließend – genannt wird in diesem Zusammenhang die Beendigung durch Tod, Dienstunfähigkeit und Entlassung. 50Vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des BBVAnpG 2000, BT-Drs. 14/5198, Seite 13. 51Zudem geht das krankheitsbedingte Unterbleiben der Dienstleistung ohnehin nicht zwingend mit einer Schwerbehinderung einher. Der Begriff der Behinderung ist gerade nicht mit dem Begriff einer Krankheit gleichzusetzen. 52Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 11. Juli 2006, – C-13/05 –, Celex-Nr. 62005CJ0013, juris, Rn. 44 ff. 53Die Regelungen zur Schwerbehinderung bezwecken auch nicht, den betroffenen Beamten besoldungsrechtlich besser zu stellen, sondern ihn von der Arbeitsleistung frei zu stellen. Dies ist hier mit der Anpassung der Altersteilzeit und der vorzeitigen Zurruhesetzung der Klägerin geschehen. 54Vgl. Verwaltungsgericht Arnsberg, Urteil vom 20. Juni 2011 – 13 K 1660/10 –, juris, Rn. 30; bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 31. Juli 2012 – 1 A 1654/12 –, juris. 55Im Übrigen wäre eine – nicht bestehende – Diskriminierung sachlich gerechtfertigt im Sinne von Artikel 2 Absatz 2 lit. b) i) der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie, da es sich um eine wirtschaftlich nachvollziehbare und vernünftige Entscheidung handelt. § 2 a Satz 2 ATZV verfolgt das rechtmäßige Ziel, den Dienstherrn nur insoweit zu einem Ausgleich bei vorzeitiger Beendigung der Altersteilzeit nach § 2a ATZV zu verpflichten, wie er einen tatsächlichen Vorteil durch die Vorleistung des jeweiligen Beamten erhalten hat. Ein solcher Vorteil im Sinne einer Bereicherung fehlt aber dann, wenn keine Dienste geleistet worden sind. Dementsprechend bedarf es mit Blick auf den dargestellten Zweck des Gesetzes dann aber auch keines Bereicherungsausgleichs mehr, zumindest keines über die gesetzliche Regelung hinausgehenden Ausgleichs mehr. 56Vgl. OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 28. April 2004 – 10 A 10058/04 –, juris, Rn. 8 f. 57Die Kammer hat auch keine Bedenken gegen die Erforderlichkeit und Angemessenheit des Mittels. Da den Beamten der Sechsmonatszeitraum des § 2a Satz 2 ATZV in jedem Fall hinzugerechnet wird, hat der Gesetzgeber insoweit bereits ein mildes Mittel gewählt, das auch verhältnismäßig im engeren Sinne ist. Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass – wie noch weiter ausgeführt werden wird – entgegen der Ansicht der Klägerin gerade nicht ein Teil der von ihr vorgeleisteten Arbeitszeit unvergütet bleibt. Vielmehr bleibt ihr Anspruch auf ihre Dienstbezüge von der Regelung in § 2a Satz 2 ATZV unberührt. 582. Ein Verstoß gegen das in Artikel 33 Absatz 5 GG verankerte Alimentationsprinzip scheidet allein deshalb aus, da dem Arbeitsteilzeitzuschlag – und damit auch dem Ausgleich nach § 2a ATZV – schon kein Alimentationscharakter zukommt. Diese Leistung, die in § 6 Absatz 2 BBesG nicht als "Dienstbezüge" oder als "sonstige Bezüge", sondern als „Zuschlag“ bezeichnet wird, hat keinen Alimentationscharakter und steht auch nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Dienstleistung des Beamten. Sie soll nicht in einem exakt vorgegebenen Umfang den Besoldungsausfall infolge der Teilzeitbeschäftigung ausgleichen. Vielmehr hat der Zuschlag Anreizfunktion. Er soll die Bereitschaft fördern, von der Möglichkeit der Altersteilzeit Gebrauch zu machen. 59BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2002 – 2 C 16.01 –, juris, Rn. 11; Kathke, in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Teil AII/I, § 6 BBesG, Rn. 45 m.w.N. 60Jedenfalls wird dieser Grundsatz schon durch die Zahlung der Altersteilzeitbezüge gewahrt. Dann liegt aber erst recht kein Verstoß hiergegen vor, wenn dem Beamten im Wege des Vorteilsausgleichs noch ein angemessener höherer Betrag gewährt wird. 61OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 28. April 2004 – 10 A 10058/04 –, juris, Rn. 11. 62Insbesondere bleibt nicht ein Teil der von der Klägerin vorgeleisteten Arbeitszeit unvergütet. Dass die Kläger in der Arbeitsphase mehr als sechs Monate lang wegen Dienstunfähigkeit keinen Dienst mehr getan hatte, führt danach nicht dazu, dass ihr für diesen Zeitraum keine Dienstbezüge mehr zugestanden hätten oder nicht mehr ausgezahlt worden wären. Vielmehr werden für diesen Zeitraum allein ihre tatsächlichen Dienstbezüge in die Berechnung eingestellt, ohne dass diesen fiktive Vollzeitbezüge gegenübergestellt werden. Insoweit vermindert dieser Zeitraum zwar die Höhe des Ausgleichsbetrags; er reduziert aber nicht den Anspruch der Klägerin auf ihre Dienstbezüge. 63Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 26. Oktober 2012 – 13 K 5575/11 –, juris, Rn. 39. 64Den von der Klägerin vorgetragenen Widerspruch zum Sinn und Zweck des Gesetzes vermag die Kammer ebenfalls nicht zu erkennen. Die Klägerin nimmt insoweit Bezug auf die falsche Vergleichsgruppe. § 2a ATZV verfolgt – ausweislich der Eingangs dargestellten Gesetzesbegründung – nicht den Zweck, den Beamten, der sich für das Altersteilzeitmodell entschieden hat, im Nachhinein so zu stellen, als sei es nie zur Altersteilzeit gekommen. Vermieden werden soll lediglich eine Benachteiligung des Beamten, dessen Dienstleistung nicht mehr durch Freizeit ausgeglichen werden kann. Eine solche liegt aber gerade mit Blick auf den fortbestehenden Anspruch der Klägerin auf ihre Dienstbezüge und den zusätzlichen Ausgleich nicht vor. Dass sich das Altersteilzeitmodell im Einzelfall aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten als weniger günstig herausstellen kann, fällt hingegen in den (allgemeinen Lebens-)Risikobereich des jeweiligen Beamten. Indem er seine geschuldete Arbeitszeit in der ersten Phase um 100 % übererfüllt, um dies durch die völlige Freistellung in der zweiten Phase ausgleichen zu können, trägt er auch von vornherein das Risiko, dass er seine Vorleistung durch die Freistellungsphase kompensieren kann. Wie bereits dargestellt hat der Gesetzgeber dieses Risiko – in Gestalt von § 2a ATZV – bereits hinreichend berücksichtigt. 65Die Berechnung der Beklagten in dem Bescheid der E. Q. AG vom 30. August 2012 entspricht den dargestellten gesetzlichen Vorgaben. 66Die Beklagte hat zunächst die sog. "Hätte-Bezüge" der Klägerin in der Zeit von Dezember 2009 bis August 2012 zutreffend ermittelt. Bedenken gegen die rechnerische Richtigkeit der dort ausgewiesenen Beträge bestehen nicht und sind auch von der Klägerin nicht geltend gemacht worden. Sie hat bezogen auf die Monate Dezember 2009 bis Oktober 2011 die jeweiligen fiktiven Vollzeitbezüge der Klägerin angesetzt. Für den Monat November 2011 hat die Beklagte zutreffend lediglich den Zeitraum bis einschließlich 21. November 2011 in den Blick genommen, weil der 22. November 2011 der 183. Tag ohne Dienstleistung der Klägerin war, sie also ab diesem Tag mehr als sechs Monate wegen Dienstunfähigkeit keinen Dienst geleistet hatte. Dementsprechend ist auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte insoweit als fiktive Vollzeitbezüge lediglich den anteiligen Betrag von 1.687,60 Euro angesetzt hat. Gleiches gilt für den Monat Februar 2012. Da die Klägerin ab dem 22. Februar 2012 keinen Dienst mehr geleistet hat, hat die Beklagte als fiktive Vollzeitbezüge zu Recht lediglich den anteiligen Betrag von 1.842,00 Euro angesetzt. Ebenso wenig ist es deshalb zu beanstanden, dass die Beklagte bei dieser Zusammenstellung für die Monate Dezember 2011 und März bis August 2012 keine fiktiven Vollzeitbezüge in Ansatz gebracht hat, weil die Klägerin in diesen Monaten keinen Dienst geleistet hat. Entsprechend hat die Beklagte die Summe der fiktiven Vollzeitbezüge der Klägerin für den Zeitraum von Dezember 2009 bis April 2011 zutreffend mit 62.844,21 Euro in Ansatz gebracht. 67Entsprechend den oben genannten Maßstäben hat die Beklagte sodann die tatsächlichen Teilzeitdienstbezüge der Klägerin einschließlich des Altersteilzeitzuschlags in der Zeit von Dezember 2009 bis August 2012 ermittelt, die sich auf insgesamt 57.395,52 Euro (42.023,45 Euro Teilzeitbezüge ohne Altersteilzeitzuschlag und 15.372,07 Euro Altersteilzeitzuschlag) beliefen. Bedenken gegen die rechnerische Richtigkeit der dort genannten Beträge bestehen nicht und sind auch von der Klägerin nicht geltend gemacht worden. 68Schließlich hat die Beklagte zutreffend die fiktiven Vollzeitbezüge für den streitgegenständlichen Zeitraum von Dezember 2009 bis August 2012 in Höhe von insgesamt 62.844,21 Euro den tatsächlichen Dienstbezügen der Klägerin (Teilzeitdienstbezüge zuzüglich Altersteilzeitzuschlag) in Höhe von insgesamt 57.395,52 Euro gegenübergestellt. Hieraus errechnet sich eine Differenz in Höhe von 5.448,69 Euro. In dieser Höhe hat die Beklagte der Klägerin einen Ausgleichsbetrag gewährt. 69Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO. Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 prozent des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 prozent des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die am 00.00.1953 geborene klägerin stand als postbetriebsassistentin (besoldungsgruppe a 6 bundesbesoldungsordnung – bbeso) im dienst der beklagten und war bei der e. q. ag beschäftigt. 3mit bescheid vom 17. november 2009 ermäßigte die beklagte die bisherige arbeitszeit der klägerin auf ihren antrag hin für die zeit vom 1. dezember 2009 bis zum 30. november 2018 auf 50 % der regelmäßigen wochenarbeitszeit. zugleich wurde die verteilung der wochenarbeitszeit dahingehend festgelegt, dass sich die altersteilzeit der klägerin auf eine arbeitsphase vom 1. dezember 2009 bis zum 31. mai 2014 mit 38,5 stunden pro woche sowie eine freistellungsphase vom 1. juni 2014 bis zum 30. november 2018 verteilen sollte (blockmodell). 4in der arbeitsphase war die klägerin mehrfach dienstunfähig erkrankt. eine vom 24. august 2011 bis zum 21. september 2011 durchgeführte kur konnte die dienstfähigkeit nicht wieder herstellen. der 22. november 2011 war der 183. tag, an dem die klägerin wegen ihrer erkrankung keinen dienst leistete. die klägerin nahm ihre tätigkeit zum jahreswechsel 2012 im rahmen einer stufenweisen wiedereingliederung wieder auf. eine ab dem 20. februar 2012 vorgesehene verlängerung der wiedereingliederung kam nicht mehr zustande, da die klägerin den arbeitsversuch ab dem 22. februar 2012 abbrechen musste; eine erneute rückkehr in den dienst blieb aus. 5daher wurde eine dienstunfähigkeitsuntersuchung im sinne des § 44 absatz 1 bundesbeamtengesetz (bbg) eingeleitet. das gutachten des postbetriebsarztes vom 14. juni 2012 ergab, dass die klägerin nur noch unterhalbschichtig in der lage sei, leichte arbeit (bis ca. 10 kg) zu verrichten. stapler- und schlepperfahren, anlagensteuerung und lärm (über 85 db) seien dabei auszuschließen. 6mit bescheid der stadt e1. vom 22. juni 2012 wurde der klägerin eine schwerbehinderung mit einem grad der behinderung von 30 bescheinigt. 7mit bescheid vom 14. august 2012 versetzte die beklagte die klägerin wegen dauernder dienstunfähigkeit mit ablauf des monats august 2012 in den ruhestand. 8mit schreiben vom 30. august 2012 teilte die e. q. ag der klägerin mit, dass der ausgleichsbetrag bei vorzeitiger beendigung der altersteilzeit nach § 2a der verordnung über die gewährung eines zuschlags bei altersteilzeit (altersteilzeitzuschlagsverordnung – atzv) 5.448,69 euro betrage. dabei blieben zeiten ohne dienstleistungen (dienstunfähigkeit) in der ansparphase, soweit sie insgesamt sechs monate (182 kalendertage) überschritten haben, für die berechnung des ausgleichsbetrages unberücksichtigt. 9mit schreiben vom 27. september 2012 erhob die klägerin „einspruch“ gegen diese berechnung und bat um überprüfung des ausgleichsbetrags. 10nachdem die klägerin eine untätigkeitsklage erhoben hatte (vgl. beschluss des verwaltungsgerichts düsseldorf vom 17. juni 2013 – 13 k 3405/13) wies die e. q. ag mit widerspruchsbescheid vom 29. april 2013 den widerspruch der klägerin zurück. zur begründung führte sie aus, dass zeiten ohne dienstleistung in der arbeitsphase unberücksichtigt blieben, soweit sie insgesamt sechs monate überschritten. demnach verringere sich ab dem 183. tag ohne dienstleistung der ausgleichsbetrag bis zum zeitpunkt des eintritts in den ruhestand am 1. september 2012 aufgrund der dienstunfähigkeit der klägerin. 11sie verweist zudem auf das urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf vom 26. oktober 2012 (13 k 5575/11). das verwaltungsgericht habe insoweit richtig ausgeführt, dass der ausgleichsbetrag durch einen vergleich zwischen den „sog. hätte-bezügen“ und den tatsächlichen altersteilzeitdienstbezügen für den in rede stehenden gesamtzeitraum zu ermitteln sei. der der klägerin zustehende ausgleichsbetrag ergebe sich ausschließlich aus der gegenüberstellung der jeweiligen summe der fiktiven vollzeitbezüge und der tatsächlichen dienstbezüge. dass die klägerin ab dem 22. november 2011 mehr als sechs monate wegen dienstunfähigkeit keinen dienst mehr getan habe, führe nicht dazu, dass ihr für diesen zeitraum keine dienstbezüge mehr zugestanden hätten oder nicht mehr ausgezahlt worden wären. es bewirke lediglich, dass für diesen zeitraum allein ihre tatsächlichen dienstbezüge in die berechnung eingestellt werden müssten, ohne dass diesen fiktive vollzeitbezüge gegenübergestellt würden. insoweit vermindere dieser zeitraum zwar die höhe des ausgleichsbetrages, er reduziere aber nicht den anspruch der klägerin auf ihre dienstbezüge. mit der regelung in § 2a atzv sei der dienstherr seiner fürsorgepflicht gegenüber beamten, die die freistellungsphase ihrer altersteilzeit nicht oder nicht vollständig ausschöpfen könnten, hinreichend nachgekommen. 12hiergegen hat die klägerin am 24. mai 2013 klage erhoben. 13sie ist der ansicht, sie habe einen anspruch auf zahlung weiterer 18.265,18 € gemäß § 6 absatz 2 satz 4 bundesbesoldungsgesetz (bbesg) i.v.m. § 2a atzv. der ausgleich bestehe im unterschiedsbetrag zwischen den dem beamten in der altersteilzeit insgesamt gezahlten altersteilzeitbezügen und der besoldung, die ihm nach seiner tatsächlichen beschäftigung ohne altersteilzeit zugestanden hätte. würde man die von der beklagten zugrunde gelegte tabelle bis august 2012 ab november 2011 mit fiktiven vollzeitbezügen in höhe von monatlich 2.410,85 euro fortführen, ergäben sich fiktive vollzeitbezüge in höhe von insgesamt 81.109,39 euro. es seien weitere sieben monate mit einem fiktiven vollzeitbezug in höhe von 2.410,85 euro zu belegen. im monat november 2011 ergebe sich eine differenz in höhe von 97,13 euro. im monat januar 2012 betrage die differenz 97,13 euro und im februar 2012 568,85 euro. 14diese berechnung sei auch nicht durch § 2a satz 2 atzv ausgeschlossen. die norm verstoße gegen artikel 2 absatz 2 buchstabe b) der richtlinie 2000/78/eg des rates vom 27. november 2000 zur festlegung eines allgemeinen rahmens für die verwirklichung der gleichbehandlung in beschäftigung und beruf (gleichbehandlungsrahmenrichtlinie). danach liege eine verbotene mittelbare diskriminierung vor, wenn eine dem anschein nach neutrale vorschrift – wie vorliegend § 2a satz 2 atzv – personen mit einer behinderung – mithin die klägerin – gegenüber anderen personen in besonderer weise benachteiligen könne. durch die nichtberücksichtigung der zeiten ohne dienstleistung werde ein kranker mensch gegenüber einem gesunden menschen benachteiligt. ein gesunder mensch würde schon nicht von § 2a atzv erfasst, da kein fall vorstellbar sei, in dem es bei einem gesunden beamten zu einem störfall der altersteilzeit käme. er erhielte daher in jedem fall einen ausgleich für seine vorgeleistete vollzeittätigkeit in der zweiten phase der altersteizeit im blockmodell. würde ein gesunder beamter dennoch die altersteilzeit vorzeitig beenden und das altersteilzeitverhältnis rückabwickeln, würde er einen höheren betrag erhalten als ein erkrankter beamter. bei einem gesunden beamten seien zeiten ohne dienstleistung typischerweise ausgeschlossen. 15zudem verstoße § 2a satz 2 atzv gegen artikel 33 absatz 5 grundgesetz (gg). der grundsatz der amtsangemessenen alimentation zähle zu den in artikel 33 absatz 5 gg geschützten hergebrachten grundsätzen des berufsbeamtentums. der gesetzgeber dürfe daher dem beamten keine arbeitszeit abverlangen, die unbezahlt bleibe. durch die reduzierung des ausgleichsbeitrags bleibe jedoch ein teil der von der klägerin vorgeleisteten arbeitszeit unvergütet. durch den ausgleichsbetrag erhalte sie die vergütung für die hälfte der tatsächlich geleisteten arbeitszeit zuzüglich des altersteilzeitzuschlags. mit der anderen hälfte gehe sie in vorleistung, um den freizeitausgleich in der freistellungsphase zu erarbeiten. könne dieser nicht mehr verwirklicht werden, habe sie die andere hälfte der arbeitszeit umsonst erbracht. der dienstherr sei aber verpflichtet, die ihr für die arbeitszeit zustehende vergütung zu zahlen. kürze man den ausgleichsbetrag um die zeiten ohne dienstleistung, werde die klägerin schlechter gestellt, als sei es nicht zur altersteilzeit gekommen. dies widerspreche dem sinn und zweck des gesetzes. 16jedenfalls habe die klägerin einen vergütungsanspruch gegen die beklagte in geltend gemachter höhe, da sie einen anspruch auf ungekürzte dienstbezüge habe. 17die klägerin beantragt sinngemäß, 18die beklagte unter teilweiser aufhebung des bescheids der e. q. ag vom 30. august 2012 in der gestalt des widerspruchsbescheids vom 29. april 2013 zu verpflichten, ihr einen weiteren ausgleichsbetrag in höhe von 18.265,18 euro zu gewähren. 19die beklagte beantragt, 20die klage abzuweisen. 21zur begründung wiederholt und vertieft sie ihr vorbingen aus dem verwaltungsverfahren. ergänzend macht sie geltend, dass auch kein verstoß gegen die gleichbehandlungsrahmenrichtlinie vorliege, da es keine benachteiligung durch die vorschrift des § 2a atzv gebe. der dienstherr sei vielmehr seiner fürsorgepflicht gegenüber den beamten die ihre freistellungsphase nicht oder nicht vollständig ausschöpfen könnten hinreichend nachgekommen. insoweit sei auch kein verstoß gegen die grundsätze des berufsbeamtentums ersichtlich. im grunde habe sich nur das allgemeine lebensrisiko realisiert. 22hinsichtlich des weiteren sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und den der beigezogenen verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen. 23
24die als verpflichtungsklage zulässige klage ist unbegründet. 25der bescheid der e. q. ag vom 30. august 2012 in gestalt des widerspruchsbescheids vom 29. april 2013 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten (vgl. § 113 absatz 5 satz 1 vwgo). die klägerin hat keinen anspruch auf die gewährung eines weitergehenden ausgleichs nach § 2a atzv in höhe von 18.265,18 euro. 26die gewährung eines ausgleichsbetrags, wie er hier in rede steht, bestimmt sich nach § 6 absatz 2 satz 4 bbesg i.v.m. § 2a atzv. 27nach § 6 absatz 2 satz 4 bbesg ist für den fall der vorzeitigen beendigung der altersteilzeit ein ausgleich zu regeln. nach § 2a atzv ist einem beamten, dessen altersteilzeit mit ungleichmäßiger verteilung der arbeitszeit (blockmodell) vorzeitig endet und bei dem deshalb die in der freistellungsphase vorgesehene freistellung vom dienst zumindest teilweise unmöglich geworden ist, ein ausgleich in geld zu gewähren (satz 1). der ausgleich besteht in dem unterschiedsbetrag zwischen den dem beamten in der altersteilzeit insgesamt gezahlten altersteilzeitbezügen und der besoldung, die ihm nach seiner tatsächlichen beschäftigung ohne altersteilzeit zugestanden hätte, wobei bei der berechnung des ausgleichsbetrags zeiten ohne dienstleistung in der arbeitsphase unberücksichtigt bleiben, soweit sie insgesamt sechs monate überschreiten (satz 2). 28§ 2a atzv wurde durch artikel 10 nr. 2 des bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 2000 – bbvanpg 2000 – (bgbl. i s. 618, 621) in die altersteilzeitzuschlagsverordnung eingefügt. die vorschrift ist der ausgleichsregelung des § 9 absatz 3 des tarifvertrags zur regelung der altersteilzeit vom 5. mai 1989 (gmbl. s. 638) nachgebildet und folgt den allgemeinen grundsätzen des vorteilsausgleichs und des erstattungsanspruchs. sie bezweckt, dem betroffenen beamten einen anspruch auf zahlung der differenz zwischen den ihm insgesamt gezahlten altersteilzeitbezügen und der besoldung zu geben, die ihm nach dem maß seiner tatsächlichen beschäftigung ohne altersteilzeit zugestanden hätte. 29vgl. begründung der bundesregierung zum entwurf des bbvanpg 2000, bt-drs. 14/5198, seite 12 und 13. 30in der sache regelt die vorschrift, dass im falle des eintritts einer störung bei der abwicklung der altersteilzeit mit ungleichmäßiger verteilung der arbeitszeit die "vorleistung" des beamten während der arbeitsphase besoldungsrechtlich so honoriert wird, als handele es sich um eine vollzeit- oder teilzeitbeschäftigung je nach dem insoweit vorgesehenen tatsächlichen umfang der arbeitszeit. dadurch wird eine benachteiligung des beamten vermieden, dessen dienstleistung nicht oder nicht vollständig durch freizeit ausgeglichen wird. an die stelle des anspruchs auf freizeitausgleich tritt der anspruch auf besoldungsrechtlichen ausgleich in höhe der differenz zwischen den sog. "hätte-bezügen" und den tatsächlich (für den gesamtzeitraum) gewährten altersteilzeitbezügen, wobei bei der berechnung der tatsächlich gezahlten altersteilzeitbezüge der dem beamten gewährte altersteilzeitzuschlag angerechnet wird. bei der berechnung der sog. "hätte-bezüge" bleiben die zeiten, in denen der beamte wegen dienstunfähigkeit keinen dienst geleistet hat, unberücksichtigt, soweit sie insgesamt einen zeitraum von sechs monaten überschreiten. 31verwaltungsgericht düsseldorf, urteile vom 24. januar 2013 – 13 k 4331/12 –, s. 6 des urteilsabdrucks und vom 11. oktober 2011 – 26 k 8729/10 –, juris, rn. 36 f.; verwaltungsgericht arnsberg, urteil vom 20. juni 2011 – k 1660/10 –, juris, rn. 23; bestätigt durch oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 31. juli 2012 – 1 a 1654/12 –, juris. 32das bedeutet, dass sich der maßgebliche zeitraum für die ermittlung der sog. "hätte-bezüge" aus der tatsächlichen beschäftigungszeit des beamten ergibt, der ein zeitraum von maximal sechs monaten der dienstunfähigkeit hinzuzurechnen ist. für diese zeitspanne übernimmt der dienstherr das vollständige risiko eines unplanmäßigen verlaufs der altersteilzeit mit der folge der unmöglichkeit eines ausgleichs durch freistellung vom dienst. 33bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteil vom 30. oktober 2002 – 2 a 2.01 –, juris, rn. 13; oberverwaltungsgericht rheinland-pfalz (ovg rh.-pf.), beschluss vom 28. april 2004 – 10 a 10058/04 –, juris, rn. 4; verwaltungsgericht düsseldorf, urteile vom 24. januar 2013 – 13 k 4331/12 –, s. 6 des urteilsabdrucks und vom 11. oktober 2011 – 26 k 8729/10 –, juris, rn. 36 f. 34danach hat die klägerin zwar dem grunde nach einen anspruch auf ausgleich gemäß § 2a satz 1 atzv, da die altersteilzeit im blockmodell – noch während der vorgesehenen aktiven phase – vorzeitig durch ihre versetzung in den ruhestand wegen dienstunfähigkeit mit ablauf des monats august 2012 endete mit der folge, dass sie den freizeitausgleich in der freistellungsphase, für den sie "vorgearbeitet" hatte, nicht mehr in anspruch nehmen konnte. der anspruch der klägerin besteht jedoch nicht über den bereits von der beklagten gezahlten ausgleich hinaus in höhe von weiteren 18.265,18 euro. 35soweit der sechsmonatszeitraum des § 2a satz 2 atzv überschritten wird, besteht kein ausgleichsanspruch, da es an einer ausgleichsfähigen vorleistung fehlt. insoweit kann sich die klägerin auch nicht auf die fürsorgepflicht des dienstherrn berufen, da diese mit der regelung in § 2a atzv hinreichend konkretisiert worden ist. 36bverwg, urteil vom 30. oktober 2002 – 2 a 2.01 –, juris, rn. 15; ovg rh.-pf., beschluss vom 28. april 2004 – 10 a 10058/04 –, juris, rn. 8; ovg nrw, beschluss vom 15. september 2010 – 1 a 2284/08 –, juris, rn. 13 f. m.w.n.; verwaltungsgericht düsseldorf, urteile vom 24. januar 2013 – 13 k 4331/12 –, s. 6 des urteilsabdrucks; verwaltungsgericht arnsberg, urteil vom 20. juni 2011 – 13 k 1660/10 –, juris, rn. 26 f. und 30 m.w.n. 37aus billigkeitsgesichtspunkten, namentlich aus dem gedanken des vorteilsausgleichs, sieht § 2 a satz 1 atzv vor, dass dem beamten die geleistete vollarbeitszeit wertmäßig zu gute gebracht wird, sofern sie die gezahlten altersteilzeitbezüge übersteigt. ungeachtet seines status als teilzeitbeschäftigter soll der dienstherr nicht die mehrarbeit des beamten als vollzeitbeschäftigter "behalten dürfen". sie wird vielmehr dem beamten gut gebracht, indem in die vergleichsberechnung "die besoldung, die nach der tatsächlichen beschäftigung ohne altersteilzeit zugestanden hätte", eingestellt wird. damit ist dem zuvor aufgezeigten gedanken der billigkeit und des vorteilsausgleichs bereits rechnung getragen worden. die gesetzliche regelung geht indes noch einen schritt weiter, indem sie in § 2 a satz 2 atzv trotz fehlender bereicherung des dienstherrn vorsieht, dass dieser tatsächlich geleisteten vollarbeitszeit noch ein zeitraum von einem halben jahr hinzu gerechnet und mit diesem die "fiktive" vollarbeitszeit errechnet wird. 38ovg rh.-pf., beschluss vom 28. april 2004 – 10 a 10058/04 –, juris, rn. 8 f. 39die gesetzliche regelung entspricht bei objektiver betrachtung mithin demjenigen, was die beteiligten billigerweise voraussichtlich vereinbart hätten, wenn sie den störfall – als wegfall der geschäftsgrundlage – vorausgesehen hätten. 40die kammer teilt auch nicht die seitens der klägerin vorgebrachten bedenken gegen die wirksamkeit des § 2a satz 2 atzv. weder ist ein verstoß gegen die gleichbehandlungsrahmenrichtlinie (vgl. 1.) 41– umgesetzt durch das gesetz zur umsetzung europäischer richtlinien zur verwirklichung der gleichbehandlung von 14.08.2006 (bgbl. i s. 1897) – 42noch ist ein verstoß gegen artikel 33 absatz 5 gg (vgl. 2.) ersichtlich. 431. ein verstoß gegen die gleichbehandlungsrahmenrichtlinie ist nicht erkennbar. nach artikel 2 absatz 1 der gleichbehandlungsrahmenrichtlinie bedeutet „gleichbehandlungsgrundsatz“, dass es keine unmittelbare oder mittelbare diskriminierung wegen eines der in artikel 1 genannten gründe – hier einer behinderung – geben darf. ungeachtet der frage, ob der geltungsbereich nach artikel 3 absatz 1 buchstabe c) der gleichbehandlungsrahmenrichtlinie eröffnet ist – wobei die kammer aufgrund einer europarechtskonformen auslegung annimmt, dass es sich um eine frage des „arbeitsentgelts“ i.s. der norm handelt –, 44vgl. schleusener, in :schleusener/suckow/voigt, agg, § 2, rn. 9, 45liegt jedenfalls keine diskriminierung in diesem sinne vor. 46das vorliegen einer unmittelbaren diskriminierung nach artikel 2 absatz 2 buchstabe a) der gleichbehandlungsrahmenrichtlinie ist von vornherein nicht ersichtlich und wird auch seitens der klägerin nicht geltend gemacht. eine mittelbare diskriminierung liegt nach artikel 2 absatz 2 buchstabe b) der gleichbehandlungsrahmenrichtlinie vor, wenn dem anschein nach neutrale vorschriften, kriterien oder verfahren personen mit einer bestimmten behinderung gegenüber anderen personen in besonderer weise benachteiligen können. 47diese voraussetzungen erfüllt § 2a satz 2 atzv nicht. die möglichkeit der benachteiligung von menschen mit behinderungen gegenüber anderen personen scheidet schon deshalb aus, weil die vorschrift – entgegen der annahme der klägerin – sich in ihrem anwendungsbereich faktisch nicht allein auf kranke menschen beschränkt. vielmehr werden bei allen personen – die aus welchen gründen auch immer – länger als sechs monate in der arbeitsphase keinen dienst leisten, diese zeiten nicht berücksichtigt. weder § 2a atzv noch die ihm zu grunde liegende vorschrift des § 6 absatz 2 satz 4 bbesg lassen erkennen, dass bezüglich der ausgleichszahlung zwischen verschiedenen ursachen für den abbruch unterschieden wird. § 6 absatz 2 satz 4 bbesg spricht lediglich vom "fall der vorzeitigen beendigung der altersteilzeit" als anknüpfungspunkt für die ausgleichszahlung. entsprechend formuliert § 2a satz 1 atzv "wenn die altersteilzeit mit ungleichmäßiger verteilung der arbeitszeit (blockmodell) vorzeitig endet", ohne auch nur den ansatz dafür zu liefern, dass hier zwischen verschiedenen ursachen für die vorzeitige beendigung zu unterscheiden sei. 48ovg nrw, beschluss vom 15. september 2010 – 1 a 2284/08 –, juris, rn. 30 ff.; begründung der bundesregierung zum entwurf des bbvanpg 2000, bt-drs. 14/5198, seite 13. 49auch geht ein störfall der altersteilzeit nicht zwangsläufig mit einer dienstunfähigkeit infolge einer schwerbehinderung einher. vielmehr sind auch andere störfälle denkbar, insbesondere auch fälle, in denen gesunde menschen von der regelung betroffen sein könnten. ausweislich der gesetzesbegründung gilt die regelung für alle fälle der vorzeitigen beendigung des dienstverhältnisses. beispielhaft – und keinesfalls abschließend – genannt wird in diesem zusammenhang die beendigung durch tod, dienstunfähigkeit und entlassung. 50vgl. begründung der bundesregierung zum entwurf des bbvanpg 2000, bt-drs. 14/5198, seite 13. 51zudem geht das krankheitsbedingte unterbleiben der dienstleistung ohnehin nicht zwingend mit einer schwerbehinderung einher. der begriff der behinderung ist gerade nicht mit dem begriff einer krankheit gleichzusetzen. 52europäischer gerichtshof (eugh), urteil vom 11. juli 2006, – c-13/05 –, celex-nr. 62005cj0013, juris, rn. 44 ff. 53die regelungen zur schwerbehinderung bezwecken auch nicht, den betroffenen beamten besoldungsrechtlich besser zu stellen, sondern ihn von der arbeitsleistung frei zu stellen. dies ist hier mit der anpassung der altersteilzeit und der vorzeitigen zurruhesetzung der klägerin geschehen. 54vgl. verwaltungsgericht arnsberg, urteil vom 20. juni 2011 – 13 k 1660/10 –, juris, rn. 30; bestätigt durch ovg nrw, beschluss vom 31. juli 2012 – 1 a 1654/12 –, juris. 55im übrigen wäre eine – nicht bestehende – diskriminierung sachlich gerechtfertigt im sinne von artikel 2 absatz 2 lit. b) i) der gleichbehandlungsrahmenrichtlinie, da es sich um eine wirtschaftlich nachvollziehbare und vernünftige entscheidung handelt. § 2 a satz 2 atzv verfolgt das rechtmäßige ziel, den dienstherrn nur insoweit zu einem ausgleich bei vorzeitiger beendigung der altersteilzeit nach § 2a atzv zu verpflichten, wie er einen tatsächlichen vorteil durch die vorleistung des jeweiligen beamten erhalten hat. ein solcher vorteil im sinne einer bereicherung fehlt aber dann, wenn keine dienste geleistet worden sind. dementsprechend bedarf es mit blick auf den dargestellten zweck des gesetzes dann aber auch keines bereicherungsausgleichs mehr, zumindest keines über die gesetzliche regelung hinausgehenden ausgleichs mehr. 56vgl. ovg rh.-pf., beschluss vom 28. april 2004 – 10 a 10058/04 –, juris, rn. 8 f. 57die kammer hat auch keine bedenken gegen die erforderlichkeit und angemessenheit des mittels. da den beamten der sechsmonatszeitraum des § 2a satz 2 atzv in jedem fall hinzugerechnet wird, hat der gesetzgeber insoweit bereits ein mildes mittel gewählt, das auch verhältnismäßig im engeren sinne ist. insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass – wie noch weiter ausgeführt werden wird – entgegen der ansicht der klägerin gerade nicht ein teil der von ihr vorgeleisteten arbeitszeit unvergütet bleibt. vielmehr bleibt ihr anspruch auf ihre dienstbezüge von der regelung in § 2a satz 2 atzv unberührt. 582. ein verstoß gegen das in artikel 33 absatz 5 gg verankerte alimentationsprinzip scheidet allein deshalb aus, da dem arbeitsteilzeitzuschlag – und damit auch dem ausgleich nach § 2a atzv – schon kein alimentationscharakter zukommt. diese leistung, die in § 6 absatz 2 bbesg nicht als "dienstbezüge" oder als "sonstige bezüge", sondern als „zuschlag“ bezeichnet wird, hat keinen alimentationscharakter und steht auch nicht in unmittelbarem zusammenhang mit der dienstleistung des beamten. sie soll nicht in einem exakt vorgegebenen umfang den besoldungsausfall infolge der teilzeitbeschäftigung ausgleichen. vielmehr hat der zuschlag anreizfunktion. er soll die bereitschaft fördern, von der möglichkeit der altersteilzeit gebrauch zu machen. 59bverwg, urteil vom 28. februar 2002 – 2 c 16.01 –, juris, rn. 11; kathke, in: schwegmann/summer, besoldungsrecht des bundes und der länder, teil aii/i, § 6 bbesg, rn. 45 m.w.n. 60jedenfalls wird dieser grundsatz schon durch die zahlung der altersteilzeitbezüge gewahrt. dann liegt aber erst recht kein verstoß hiergegen vor, wenn dem beamten im wege des vorteilsausgleichs noch ein angemessener höherer betrag gewährt wird. 61ovg rh.-pf., beschluss vom 28. april 2004 – 10 a 10058/04 –, juris, rn. 11. 62insbesondere bleibt nicht ein teil der von der klägerin vorgeleisteten arbeitszeit unvergütet. dass die kläger in der arbeitsphase mehr als sechs monate lang wegen dienstunfähigkeit keinen dienst mehr getan hatte, führt danach nicht dazu, dass ihr für diesen zeitraum keine dienstbezüge mehr zugestanden hätten oder nicht mehr ausgezahlt worden wären. vielmehr werden für diesen zeitraum allein ihre tatsächlichen dienstbezüge in die berechnung eingestellt, ohne dass diesen fiktive vollzeitbezüge gegenübergestellt werden. insoweit vermindert dieser zeitraum zwar die höhe des ausgleichsbetrags; er reduziert aber nicht den anspruch der klägerin auf ihre dienstbezüge. 63verwaltungsgericht düsseldorf, urteil vom 26. oktober 2012 – 13 k 5575/11 –, juris, rn. 39. 64den von der klägerin vorgetragenen widerspruch zum sinn und zweck des gesetzes vermag die kammer ebenfalls nicht zu erkennen. die klägerin nimmt insoweit bezug auf die falsche vergleichsgruppe. § 2a atzv verfolgt – ausweislich der eingangs dargestellten gesetzesbegründung – nicht den zweck, den beamten, der sich für das altersteilzeitmodell entschieden hat, im nachhinein so zu stellen, als sei es nie zur altersteilzeit gekommen. vermieden werden soll lediglich eine benachteiligung des beamten, dessen dienstleistung nicht mehr durch freizeit ausgeglichen werden kann. eine solche liegt aber gerade mit blick auf den fortbestehenden anspruch der klägerin auf ihre dienstbezüge und den zusätzlichen ausgleich nicht vor. dass sich das altersteilzeitmodell im einzelfall aufgrund der tatsächlichen gegebenheiten als weniger günstig herausstellen kann, fällt hingegen in den (allgemeinen lebens-)risikobereich des jeweiligen beamten. indem er seine geschuldete arbeitszeit in der ersten phase um 100 % übererfüllt, um dies durch die völlige freistellung in der zweiten phase ausgleichen zu können, trägt er auch von vornherein das risiko, dass er seine vorleistung durch die freistellungsphase kompensieren kann. wie bereits dargestellt hat der gesetzgeber dieses risiko – in gestalt von § 2a atzv – bereits hinreichend berücksichtigt. 65die berechnung der beklagten in dem bescheid der e. q. ag vom 30. august 2012 entspricht den dargestellten gesetzlichen vorgaben. 66die beklagte hat zunächst die sog. "hätte-bezüge" der klägerin in der zeit von dezember 2009 bis august 2012 zutreffend ermittelt. bedenken gegen die rechnerische richtigkeit der dort ausgewiesenen beträge bestehen nicht und sind auch von der klägerin nicht geltend gemacht worden. sie hat bezogen auf die monate dezember 2009 bis oktober 2011 die jeweiligen fiktiven vollzeitbezüge der klägerin angesetzt. für den monat november 2011 hat die beklagte zutreffend lediglich den zeitraum bis einschließlich 21. november 2011 in den blick genommen, weil der 22. november 2011 der 183. tag ohne dienstleistung der klägerin war, sie also ab diesem tag mehr als sechs monate wegen dienstunfähigkeit keinen dienst geleistet hatte. dementsprechend ist auch nicht zu beanstanden, dass die beklagte insoweit als fiktive vollzeitbezüge lediglich den anteiligen betrag von 1.687,60 euro angesetzt hat. gleiches gilt für den monat februar 2012. da die klägerin ab dem 22. februar 2012 keinen dienst mehr geleistet hat, hat die beklagte als fiktive vollzeitbezüge zu recht lediglich den anteiligen betrag von 1.842,00 euro angesetzt. ebenso wenig ist es deshalb zu beanstanden, dass die beklagte bei dieser zusammenstellung für die monate dezember 2011 und märz bis august 2012 keine fiktiven vollzeitbezüge in ansatz gebracht hat, weil die klägerin in diesen monaten keinen dienst geleistet hat. entsprechend hat die beklagte die summe der fiktiven vollzeitbezüge der klägerin für den zeitraum von dezember 2009 bis april 2011 zutreffend mit 62.844,21 euro in ansatz gebracht. 67entsprechend den oben genannten maßstäben hat die beklagte sodann die tatsächlichen teilzeitdienstbezüge der klägerin einschließlich des altersteilzeitzuschlags in der zeit von dezember 2009 bis august 2012 ermittelt, die sich auf insgesamt 57.395,52 euro (42.023,45 euro teilzeitbezüge ohne altersteilzeitzuschlag und 15.372,07 euro altersteilzeitzuschlag) beliefen. bedenken gegen die rechnerische richtigkeit der dort genannten beträge bestehen nicht und sind auch von der klägerin nicht geltend gemacht worden. 68schließlich hat die beklagte zutreffend die fiktiven vollzeitbezüge für den streitgegenständlichen zeitraum von dezember 2009 bis august 2012 in höhe von insgesamt 62.844,21 euro den tatsächlichen dienstbezügen der klägerin (teilzeitdienstbezüge zuzüglich altersteilzeitzuschlag) in höhe von insgesamt 57.395,52 euro gegenübergestellt. hieraus errechnet sich eine differenz in höhe von 5.448,69 euro. in dieser höhe hat die beklagte der klägerin einen ausgleichsbetrag gewährt. 69die kostenentscheidung beruht auf § 154 absatz 1 vwgo. die entscheidung über die vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i. v. m. den §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zivilprozessordnung (zpo).
Verklagte*r
0
319,203
L 19 AS 586/18
2019-03-28T00:00:00
Urteil
Tenor Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 24.01.2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten der Kläger sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Kläger begehren die Gewährung von höheren Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II als Zuschuss für die Zeit vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008. 3Der am 00.00.1956 geborene Kläger zu 1) und die am 00.00.1957 geborene Klägerin zu 2) sind verheiratet. Sie haben zwei gemeinsame Kinder, die am 00.00.1986 geborene Tochter O und den am 00.00.1988 geborenen Sohn G. 4Im Jahr 1996 erwarben die Kläger das Hausgrundstück F 00, H je zur Hälfte. Der Kaufpreis betrug 380.000.00 DM. Die Grundstücksfläche beträgt 597qm. In dem Haus befinden sich zwei Wohnungen. Die Erdgeschoßwohnung verfügt über eine Wohnfläche von 117 qm, die Dachgeschoßwohnung über eine Wohnfläche von 54 qm sowie der Außenflur über eine Fläche von 7,6 qm. Am 29.08.2005 erteilte die Stadt H eine Abgeschlossenheitserklärung für die Dachgeschoßwohnung. In dem Einheitswertbescheid des Finanzamt B vom 27.05.1997 betreffend das Grundstück, F 00 wird als Grundstücksart "Zweifamilienhaus" festgestellt. 5Nach Einschätzung des Gutachterausschusses für den Kreis C aus Oktober 2005 beläuft sich der Verkehrswert für das Hausgrundstück auf ca. 187.000,00 Euro (220.430,00 Euro abzüglich 15% unter Berücksichtigung des Risikos der Vermarktbarkeit). Auf dem Grundstück lastet eine Grundschuld i.H.v. 250.000,00 DM zu Gunsten der Spar- und Darlehenskasse H e.G. Ein Darlehen der Kläger bei der Deutschen Genossenschafts-Hypothekenbank belief sich zum 31.03.2005 auf 79.596,47 Euro. Der Tilgungsplan sah vor, dass das Darlehn monatlich mit 1,0000% getilgt wird. Die im Tilgungsplan ausgewiesenen Tilgungsbeträge bis zum 30.06.2005 beliefen sich auf unter 100,00 Euro monatlich. Im März 2004 nahmen die Kläger von Privatpersonen zwei weitere Darlehen i.H.v. 20.451,68 Euro und i.H.v. 10.225,84 Euro mit einer Laufzeit bis zum 30.03.2014 auf. Die Darlehen waren bis zum 30.03.2014 nicht zu tilgen. 6Die Kläger bewohnten zusammen mit ihren beiden Kindern die Erdgeschoßwohnung. In der Zeit ab dem 01.04.2005 vermieteten die Kläger die Dachgeschoßwohnung gegen eine Bruttokaltmiete von 255,00 Euro (200,00 Euro Grundmiete + 55,00 Euro Betriebskostenvorschuss) und ab dem 01.03.2006 gegen eine Bruttokaltmiete von 200,00 Euro monatlich (145,00 Euro Grundmiete + 55,00 Euro Betriebskostenvorschuss). Die Tochter O zog zum 01.03.2006 aus der Erdgeschoßwohnung aus. Zum 01.08.2006 schlossen die Kläger mit ihrer Tochter O einen Mietvertrag über die Dachgeschoßwohnung ab. Die Bruttokaltmiete belief sich auf insgesamt 200,00 Euro monatlich (145,00 Euro Grundmiete + 55,00 Euro Betriebskostenvorschuss). Ab dem 01.11.2006 vermietete die Tochter O mit Zustimmung der Kläger ihre Wohnung an ihren Bruder G unter. Die an die Kläger zu leistende Miete erhöhte sich auf 280,00 Euro (210,00 Euro Grundmiete + 70,00 Betriebskostenvorschuss). 7Der Kläger zu 1) bezog bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe. Die Klägerin zu 2) war geringfügig beschäftigt. Sie erzielte ein Entgelt von 150,00 Euro monatlich. 8Die Tochter O war 2005 Schülerin und bezog BAföG. Der Sohn G begann am 01.08.2005 eine Berufsausbildung als Energieelektroniker. Die monatliche Ausbildungsvergütung betrug im ersten Ausbildungsjahr 463,00 Euro, im zweiten Ausbildungsjahr 622,00 Euro, im dritten Ausbildungsjahr 692,00 Euro sowie im vierten Ausbildungsjahr 749,00 Euro. 9Der Kläger zu 1) beantragte am 29.12.2004 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Die Agentur für Arbeit D bewilligte mit Bescheid vom 29.12.2004 dem Ehepaar und ihrem Sohn G für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.03.2005 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II i.H.v. insgesamt 1.116,21 Euro monatlich. In dem Bescheid wurde u.a. ausgeführt, dass aufgrund von zu erwartenden Einkommensänderungen (Bezug von Mieteinnahmen bzw. fiktive Anrechnung von erzielbarer Miete) die Leistungen vorerst bis 31.03.2005 bewilligt werden. Die Agentur für Arbeit D stellte die Zahlung der Leistungen zum 28.02.2005 ein. 10Mit Bescheid vom 24.03.2005 teilte die Beklagte dem Ehepaar mit, dass die Leistungen zum 01.03.2005 eingestellt werden. Hiergegen erhob das Ehepaar Widerspruch. 11Mit Bescheid vom 19.04.2005 lehnte die Beklagte den Leistungsantrag des Ehepaares vom 31.03.2005 ab. Hiergegen erhob das Ehepaar Widerspruch. 12Mit Bescheid vom 23.06.2005 bewilligte die Beklagte den Klägern und ihrem Sohn G für die Zeit vom 01.04.2005 bis 31.05.2005 Grundsicherungsleistungen i.H.v. insgesamt 864,54 Euro monatlich und für die Zeit vom 01.06.2005 bis 31.07.2005 i.H.v. insgesamt 1.018,54 Euro monatlich. Gemäß der Bewilligung der Bundesagentur werde die Leistung für März 2005 in der ursprünglichen Höhe als Beihilfe gewährt, für die Zeit ab 01.04.2005 nur noch gemäß § 9 Abs. 4 SGB II a.F. als Darlehen. 13Mit weiterem Bescheid vom 29.07.2005 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen für die Zeit ab 01.08.2005 mit der Begründung ab, das Ehepaar verfüge über Vermögen, welches nicht gemäß § 12 Abs. 3 SGB II geschützt sei. Auch eine darlehensweise Weiterbewilligung komme nicht in Betracht, da das Ehepaar nicht bereit sei, das Darlehen grundbuchrechtlich absichern zu lassen. 14Gegen die Bescheide vom 23.06.2005 und 29.07.2005 legten die Kläger zu 1) und zu 2) jeweils Widerspruch ein. Der Kreis C wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2005 mit der Maßgabe zurück, dass die Leistungen für die Zeit vom 01.04.2005 bis 31.07.2005 sich um monatlich 19,07 Euro erhöhten. 15Am 25.11.2005 erhoben Kläger Klage, S 16 AS 162/05, gegen die Bescheide vom 23.06.2005 und vom 29.07.2005, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2005. Sie begehrten Gewährung von Grundsicherungsleistungen als Zuschuss. Mit Gerichtsbescheid vom 22.08.2007 wies das Sozialgericht (SG) Münster die Klage ab. Auf die Berufung der Kläger, L 12 AS 42/07, änderte das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) mit Urteil vom 06.04.2011 den Gerichtsbescheid des SG Münster vom 22.08.2007 ab. Es verurteilte die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 29.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2005, den Klägern Grundsicherungsleistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen für die Zeit vom 01.08.2005 bis 31.03.2006 als Darlehen zu gewähren. Soweit die Leistungen als Zuschuss begehrt werden, wies das LSG NRW die Klage ab. Die hiergegen eingelegte Revision, B 4 AS 99/11 R, wies das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 22.03.2012 zurück. Die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde nahm das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung an. (Beschluss vom 21.10.2014 - 1 BvR 1608/12). 16Die Beklagte bewilligte den Klägern Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 07.08.2006 bis 28.02.2007 nach Bestellung einer Grundschuld i.H.v. 12.000,00 Euro zu ihren Gunsten als Darlehen nach § 23. Abs. 5 SGB II a.F. Gegen die Bescheide vom 10.09.2006, 28.09.2006, 27.11.2006 und vom 31.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2007 erhoben die Kläger Klage, S 8 AS 168/14, die das Sozialgericht Münster mit Urteil vom 24.01.2018 abwies. Hiergegen legten die Kläger Berufung ein, L 19 AS 587/18. 17Die Beklagte bewilligte den Klägern Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.03.2007 bis 30.09.2007 nach Bestellung einer Grundschuld i.H.v. 8.000,00 Euro zu ihren Gunsten als Darlehen nach § 23 Abs. 5 SGB II a.F. Gegen die Bescheide vom 24.09.2007 und 19.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2008 erhoben die Kläger Klage, die das Sozialgericht Münster mit Urteil vom 24.01.2018 abwies. Hiergegen legten die Kläger Berufung ein, L 19 AS 588/18. 18Im September 2007 beantragte der Kläger zu 1) die Fortbewilligung von Grundsicherungsleistungen. Am 06.09.2007 bestellten die Kläger eine Grundschuld zu Gunsten der Beklagten i.H.v. 7.000,00 Euro. 19Mit Bescheid vom 24.09.2007 bewilligte die Beklagte den Klägern Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008 i.H.v. insgesamt 994,70 Euro monatlich als Darlehen nach § 23 Abs. 5 SGB II a.F. 20Gegen den Bescheid legte der Kläger zu 1) Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 19.11.2007 senkte die Beklagte die Grundsicherungsleistungen an die Kläger für die Zeit vom 01.11.2007 bis 31.03.2008 auf 863,70 Euro monatlich herab. Hiergegen legte der Kläger zu 1) Widerspruch ein. Er wandte sich gegen die darlehensweise Leistungsbewilligung. 21Mit Widerspruchsbescheid vom 17.01.2008 wies der Kreis C die Widersprüche des Klägers zu 1) gegen die Bescheide vom 24.09.2007 und 19.11.2007 als unbegründet zurück. 22Mit Bescheid vom 04.02.2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) jeweils Grundsicherungsleistungen i.H.v. insgesamt 453,08 Euro monatlich für die Zeit vom 01.01.2008 bis zum 31.03.2008 als Darlehen nach § 23 Abs. 5 SGB II a.F. 23Mit weiterem Bescheid vom 06.02.2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) jeweils Grundsicherungsleistungen i.H.v. 443,24 Euro monatlich für die Zeit vom 01.01.2008 bis 31.03.2008 als Darlehen nach § 23 Abs. 5 SGB a.F. 24Am 15.02.2008 haben die Kläger gegen die Bescheide vom 24.09.2007 und vom 19.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2008 Klage mit dem Begehren erhoben, die beantragten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II als Zuschuss zu gewähren. 25Sie haben vorgetragen, die Beklagte und die Sozialgerichte hätten bislang zu Unrecht Unangemessenheit ihres Hauses festgestellt. Bei ihrem Haus handele es sich nicht um ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung, sondern um ein Zweifamilienhaus. Deshalb sei bei der Prüfung der Angemessenheit i.S.v. § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II a.F. ausschließlich auf die Wohnfläche der von ihnen genutzten Erdgeschoßwohnung abzustellen. Denn die beiden Wohnungen seien voneinander abgeschlossen. Die Wohnfläche im Erdgeschoss einschließlich des Außenflurs betrage 125 qm. Da sie die Erdgeschoßwohnung beim erstmaligen Bezug von Grundsicherungsleistungen mit vier Personen genutzt hätten, sei die Wohnfläche von 117 qm angemessen gewesen, da die angemessene Wohnfläche für vier Personen bei einem selbstgenutzten Eigenheim 130 qm betrage. Eine Verminderung der Personenzahl nach dem erstmaligen Bezug der Wohnung sei nach § 82 Abs. 3 S. 2 II. WoBauG unschädlich. Sie hätten mit dem Bewilligungsbescheid vom 29.12.2004 das Stammrecht auf Grundsicherungsleistungen in Form eines Zuschusses erhalten. Der Bescheid vom 29.12.2004 sei weiterhin gültig. 26Mit Urteil vom 24.01.2018 hat das Sozialgericht Münster die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen. 27Gegen das ihnen am 15.02.2018 zugestellten Urteil haben die Kläger am 14.03.2018 Berufung beim Sozialgericht Münster eingelegt. 28Sie vertreten die Auffassung, dass ihnen für den streitbefangenen Zeitraum höhere Grundsicherungsleistungen als bewilligt in Form eines Zuschusses zuständen. Der Nachzahlungsbetrag belaufe sich insgesamt auf 1.547,67 Euro. Sie seien Eigentümer eines Zweifamilienhauses. Der Ausbau der 2. Wohnung und somit die Trennung der Erdgeschosswohnung vom Außenflur sei nach 1974 erfolgt. Sie hätten an der Dachgeschoßwohnung kein Sondereigentum gebildet, da es für dieses nach Auskünften von Maklern keinen Käufermarkt gegeben habe. Die Dachgeschoßwohnung sei adäquat vermietet gewesen. 29Bei der Prüfung der Angemessenheit ihres Hausgrundstücks i.S.v. § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II sei ausschließlich auf die Wohnfläche der von ihnen genutzten Erdgeschoßwohnung abzustellen. Da sie die Erdgeschoßwohnung beim erstmaligen Bezug von Grundsicherungsleistungen im Jahr 2005 mit vier Personen genutzt hätten, sei die Wohnfläche der Erdgeschoßwohnung i.S.v. § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II angemessen gewesen. Soweit das Bundesozialgericht im Urteil vom 12.10.2106 - B 4 AS 4/16 R entschieden habe, dass die Vorschrift des § 82 Abs. 3 S. 2 II. WoBauG bei der Prüfung der Angemessenheit eines selbstgenutzten Hauses kein Anwendung finde, sei diese Entscheidung für Bewilligungszeiträume vor dem 01.12.2009 nicht bindend. 30Ein Familienheim mit zwei Wohnungen i.S. der Vorschriften des II. WoBauG falle unter den Begriff des Schonvermögens i.S.v. § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II. Deshalb sei bei einem Familienheim mit zwei Wohnungen auf die in § 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 II. WoBauG bestimmte Wohnflächengrenze von 200 qm bei der Angemessenheitsprüfung abzustellen. Die Anerkennung des Grundvermögens "Familienwohnheim" als geschütztes Vermögen richte sich nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II unter Anwendung der §§ 7, 9, 11 und 39 II. WoBauG. Die Auslegung des in § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II verwandten Begriffs der Angemessenheit durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit verstoße gegen Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 1 und 2 GG, Art. 11 EMRK Zusatzprotokoll, Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK und Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG). 31Sie hätten seit der Erstbescheidung durch die Agentur für Arbeit D ein Stammrecht auf Arbeitslosengeld II-Regelleistungen erworben. Dies resultiere daraus, dass die gewährten Alg II Leistungen als "Regelleistungen" zur Auszahlung gekommen seien und nicht wie in den Entscheidungen des LSG und des BSG behauptet als Zuschuss. In dem Bewilligungsbescheid vom 29.12.2004 seien nicht ansatzweise Hinweise für eine zuschussweise Hilfegewährung enthalten. Die Beklagte sei im Rahmen des Fortzahlungsantrages vom 29.03.2005 für den Folgebewilligungszeitraum ab dem 01.04.2005 nur zu einer erneuten Bedürftigkeitsprüfung hinsichtlich veränderter materieller Bedingungen berechtigt gewesen. Die Beklagte habe den Vermögensschutz "Familienwohnheim", welche durch die Agentur für Arbeit D ihnen mit Bescheid vom 29.12.2004 in Form der Alg II-Regelleistungen gewährt worden sei, nicht abändern dürfen. Die Beklagte sei aufgrund § 44a Abs. 1 S. 1 SGB II daran gehindert gewesen, festzustellen, ob ein Arbeitssuchender erwerbsfähig und hilfebedürftig sei. Ab dem 01.01.2005 sei die Aufgabe von der Beklagten als Optionskommune nach § 6a SGB II wahrgenommen worden. Hierbei habe die Optionskommune ihre im SGB II zugewiesenen eingeschränkte rechtliche Kompetenz gemäß § 44a Abs. 1 S. 1 SGB II a.F ... Auch aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ergebe sich ein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen in Form des Zuschusses. 32Der Kläger zu 1) beantragt, 33das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 24.01.2018 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 24.09.2007 und 19.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2008, diese in der Fassung der Änderungsbescheide vom 02.04.2008 und 06.02.2008 zu verurteilen, den Klägern Grundsicherungsleistungen als Zuschuss für die Zeit vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. 34Der Vertreter der Beklagten beantragt, 35die Berufung zurückzuweisen. 36Die Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. 37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist. 38Entscheidungsgründe: 39Die zulässige Berufung ist unbegründet. 40Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind die Bescheide vom 24.09.2007 und vom 19.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2008 sowie die Änderungsbescheide vom 04.02.2008 und 06.02.2008, die nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden sind. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden den Klägern Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008 als Darlehen nach § 23 Abs. 5 SGB II i.d.F. ab dem 01.04.2006 (Gesetz vom 24.03.2006, BGBl. I 558 - a.F.) gewährt. Damit hat die Beklagte konkludent die Gewährung von Grundsicherungsleistungen in Form eines Zuschusses abgelehnt. Nach dem im Berufungsverfahren gestellten Antrag haben die Kläger ihr Klagebegehren dahingehend beschränkt, dass sie die Zuerkennung höherer Grundsicherungsleistungen in Form eines Zuschusses im streitbefangenen Zeitraum begehren. Die Differenz zwischen bewilligten Leistungen und den ihnen tatsächlich zustehenden Leistungen beziffern sie auf insgesamt 1.547,67 Euro. Da die Kläger in ihrer Berufungsschrift sowie in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich die Gewährung höherer Grundsicherungsleistungen als Zuschuss beantragt haben, haben sie auf Gewährung von höheren Grundsicherungsleistungen in Form eines Darlehens verzichtet. Damit stehen nur noch Zuschussleistungen im Streit. 41Die Stadt H ist passiv legitimiert, weil sie gegenüber den Leistungsberechtigten im Außenverhältnis materiell zur Erbringung der Leistungen nach dem SGB II verpflichtet ist (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 99/11 R -, m.w.N.). 42Die zulässige Berufung ist unbegründet. 43Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. 44Die Kläger sind nicht beschwert i.S.v. § 54 Abs. 2 SGG. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig, soweit die Beklagte die Gewährung von Grundsicherungsleistungen an die Kläger als Zuschuss für die Zeit vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008 abgelehnt hat. 45Den Klägern steht im Zeitraum vom 01.11.2007 bis zum 31.03.2008 gegenüber dem Beklagten kein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach § 19ff SGB II als Zuschuss zu. 46Die Kläger sind nicht hilfebedürftig i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGG gewesen. Denn sie haben über ein zu berücksichtigendes Vermögen i.S.v. § 12 SGB II (in der Fassung des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954 - a.F.) verfügt, das ihren Hilfebedarf gedeckt hat. Die Kläger sind je zur Hälfte Miteigentümer eines selbst genutzten Hausgrundstücks, in dem sich zwei eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennte, baulich voneinander abgeschlossene Wohnungen befinden. Bei diesen Hausgrundstück handelt es sich um kein Schonvermögen i.S.v. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II a.F., sondern um verwertbares Vermögen. Der Senat nimmt Bezug auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 28.03.2019 in dem Parallelverfahren L 19 AS 587/18 betreffend den Bewilligungszeitraum vom 17.05.2006 bis zum 28.02.2007. Die Sach - und Rechtslage hat sich im Bewilligungszeitraum vom 01.10.2007 bis 28.02.2008 nicht geändert. Der Verkehrswert des Hausgrundstückes übersteigt nach Abzug der dinglich gesicherten Forderungen (79.596,47 Euro Darlehensforderung Bank + 20.000,00 Euro dinglich gesicherte Darlehen der Beklagten) den Freibetrag der Kläger i.H.v. 16.650,00 Euro ([50 x 150 Euro] + [50 x 150 Euro] + [2 x 750,00 Euro]) ab dem 01.10.2007 bzw. i.H.v. 16.800,00 Euro ([51 x 150 Euro] + [50 x 150 Euro] + [2 x 750,00]) ab 01.03.2008. 47Ergänzend ist anzumerken, dass ausgehend von der Auffassung der Kläger, dass bei der Prüfung der Angemessenheit der Wohnfläche i.S.v. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II a.F. ausschließlich auf die Wohnfläche der von den Klägern selbstgenutzten 117qm qm großen Erdgeschoßwohnung abzustellen ist, die Wohnfläche der Erdgeschoßwohnung im streitbefangenen Zeitraum unangemessen gewesen ist. Denn die angemessene Wohnfläche für zwei Personen i.S.v. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II a.F. beläuft sich auf 90 qm. Die Angemessenheit der Wohnfläche eines selbstgenutzten Hauses ist auch dann nach der Anzahl der Personen zu bestimmen, die es zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs - vorliegend ab dem 01.10.2007 - bewohnen, wenn bei Erbauung oder Bezug des Hauses bzw. Erstbezug von Grundsicherungsleistungen wegen einer größeren Bewohnerzahl und der damit verbundenen höheren Wohnflächengrenze noch von einer Angemessenheit auszugehen war. Die Vorschrift des § 82 Abs. 3 S 2 II. WoBauG, wonach eine Verminderung der Personenzahl nach dem erstmaligen Bezug der Wohnung unschädlich für die Beurteilung der angemessenen Wohnfläche von steuerbegünstigten Wohnungen ist, findet im Grundsicherungsrecht keine Anwendung (BSG, Urteil vom 12.10.2016 - B 4 AS 4/16 R). Dies gilt auch für die Zeiträume vor dem 01.12.2009. 48Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. 49Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
die berufung der kläger gegen das urteil des sozialgerichts münster vom 24.01.2018 wird zurückgewiesen. außergerichtliche kosten der kläger sind auch im berufungsverfahren nicht zu erstatten. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die kläger begehren die gewährung von höheren grundsicherungsleistungen nach dem sgb ii als zuschuss für die zeit vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008. 3der am 00.00.1956 geborene kläger zu 1) und die am 00.00.1957 geborene klägerin zu 2) sind verheiratet. sie haben zwei gemeinsame kinder, die am 00.00.1986 geborene tochter o und den am 00.00.1988 geborenen sohn g. 4im jahr 1996 erwarben die kläger das hausgrundstück f 00, h je zur hälfte. der kaufpreis betrug 380.000.00 dm. die grundstücksfläche beträgt 597qm. in dem haus befinden sich zwei wohnungen. die erdgeschoßwohnung verfügt über eine wohnfläche von 117 qm, die dachgeschoßwohnung über eine wohnfläche von 54 qm sowie der außenflur über eine fläche von 7,6 qm. am 29.08.2005 erteilte die stadt h eine abgeschlossenheitserklärung für die dachgeschoßwohnung. in dem einheitswertbescheid des finanzamt b vom 27.05.1997 betreffend das grundstück, f 00 wird als grundstücksart "zweifamilienhaus" festgestellt. 5nach einschätzung des gutachterausschusses für den kreis c aus oktober 2005 beläuft sich der verkehrswert für das hausgrundstück auf ca. 187.000,00 euro (220.430,00 euro abzüglich 15% unter berücksichtigung des risikos der vermarktbarkeit). auf dem grundstück lastet eine grundschuld i.h.v. 250.000,00 dm zu gunsten der spar- und darlehenskasse h e.g. ein darlehen der kläger bei der deutschen genossenschafts-hypothekenbank belief sich zum 31.03.2005 auf 79.596,47 euro. der tilgungsplan sah vor, dass das darlehn monatlich mit 1,0000% getilgt wird. die im tilgungsplan ausgewiesenen tilgungsbeträge bis zum 30.06.2005 beliefen sich auf unter 100,00 euro monatlich. im märz 2004 nahmen die kläger von privatpersonen zwei weitere darlehen i.h.v. 20.451,68 euro und i.h.v. 10.225,84 euro mit einer laufzeit bis zum 30.03.2014 auf. die darlehen waren bis zum 30.03.2014 nicht zu tilgen. 6die kläger bewohnten zusammen mit ihren beiden kindern die erdgeschoßwohnung. in der zeit ab dem 01.04.2005 vermieteten die kläger die dachgeschoßwohnung gegen eine bruttokaltmiete von 255,00 euro (200,00 euro grundmiete + 55,00 euro betriebskostenvorschuss) und ab dem 01.03.2006 gegen eine bruttokaltmiete von 200,00 euro monatlich (145,00 euro grundmiete + 55,00 euro betriebskostenvorschuss). die tochter o zog zum 01.03.2006 aus der erdgeschoßwohnung aus. zum 01.08.2006 schlossen die kläger mit ihrer tochter o einen mietvertrag über die dachgeschoßwohnung ab. die bruttokaltmiete belief sich auf insgesamt 200,00 euro monatlich (145,00 euro grundmiete + 55,00 euro betriebskostenvorschuss). ab dem 01.11.2006 vermietete die tochter o mit zustimmung der kläger ihre wohnung an ihren bruder g unter. die an die kläger zu leistende miete erhöhte sich auf 280,00 euro (210,00 euro grundmiete + 70,00 betriebskostenvorschuss). 7der kläger zu 1) bezog bis zum 31.12.2004 arbeitslosenhilfe. die klägerin zu 2) war geringfügig beschäftigt. sie erzielte ein entgelt von 150,00 euro monatlich. 8die tochter o war 2005 schülerin und bezog bafög. der sohn g begann am 01.08.2005 eine berufsausbildung als energieelektroniker. die monatliche ausbildungsvergütung betrug im ersten ausbildungsjahr 463,00 euro, im zweiten ausbildungsjahr 622,00 euro, im dritten ausbildungsjahr 692,00 euro sowie im vierten ausbildungsjahr 749,00 euro. 9der kläger zu 1) beantragte am 29.12.2004 grundsicherungsleistungen nach dem sgb ii. die agentur für arbeit d bewilligte mit bescheid vom 29.12.2004 dem ehepaar und ihrem sohn g für die zeit vom 01.01.2005 bis 31.03.2005 grundsicherungsleistungen nach dem sgb ii i.h.v. insgesamt 1.116,21 euro monatlich. in dem bescheid wurde u.a. ausgeführt, dass aufgrund von zu erwartenden einkommensänderungen (bezug von mieteinnahmen bzw. fiktive anrechnung von erzielbarer miete) die leistungen vorerst bis 31.03.2005 bewilligt werden. die agentur für arbeit d stellte die zahlung der leistungen zum 28.02.2005 ein. 10mit bescheid vom 24.03.2005 teilte die beklagte dem ehepaar mit, dass die leistungen zum 01.03.2005 eingestellt werden. hiergegen erhob das ehepaar widerspruch. 11mit bescheid vom 19.04.2005 lehnte die beklagte den leistungsantrag des ehepaares vom 31.03.2005 ab. hiergegen erhob das ehepaar widerspruch. 12mit bescheid vom 23.06.2005 bewilligte die beklagte den klägern und ihrem sohn g für die zeit vom 01.04.2005 bis 31.05.2005 grundsicherungsleistungen i.h.v. insgesamt 864,54 euro monatlich und für die zeit vom 01.06.2005 bis 31.07.2005 i.h.v. insgesamt 1.018,54 euro monatlich. gemäß der bewilligung der bundesagentur werde die leistung für märz 2005 in der ursprünglichen höhe als beihilfe gewährt, für die zeit ab 01.04.2005 nur noch gemäß § 9 abs. 4 sgb ii a.f. als darlehen. 13mit weiterem bescheid vom 29.07.2005 lehnte die beklagte die bewilligung von grundsicherungsleistungen für die zeit ab 01.08.2005 mit der begründung ab, das ehepaar verfüge über vermögen, welches nicht gemäß § 12 abs. 3 sgb ii geschützt sei. auch eine darlehensweise weiterbewilligung komme nicht in betracht, da das ehepaar nicht bereit sei, das darlehen grundbuchrechtlich absichern zu lassen. 14gegen die bescheide vom 23.06.2005 und 29.07.2005 legten die kläger zu 1) und zu 2) jeweils widerspruch ein. der kreis c wies die widersprüche mit widerspruchsbescheid vom 28.10.2005 mit der maßgabe zurück, dass die leistungen für die zeit vom 01.04.2005 bis 31.07.2005 sich um monatlich 19,07 euro erhöhten. 15am 25.11.2005 erhoben kläger klage, s 16 as 162/05, gegen die bescheide vom 23.06.2005 und vom 29.07.2005, beide in gestalt des widerspruchsbescheides vom 28.10.2005. sie begehrten gewährung von grundsicherungsleistungen als zuschuss. mit gerichtsbescheid vom 22.08.2007 wies das sozialgericht (sg) münster die klage ab. auf die berufung der kläger, l 12 as 42/07, änderte das landessozialgericht nordrhein-westfalen (lsg nrw) mit urteil vom 06.04.2011 den gerichtsbescheid des sg münster vom 22.08.2007 ab. es verurteilte die beklagte unter abänderung des bescheides vom 29.07.2005 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 28.10.2005, den klägern grundsicherungsleistungen nach maßgabe der gesetzlichen bestimmungen für die zeit vom 01.08.2005 bis 31.03.2006 als darlehen zu gewähren. soweit die leistungen als zuschuss begehrt werden, wies das lsg nrw die klage ab. die hiergegen eingelegte revision, b 4 as 99/11 r, wies das bundessozialgericht (bsg) mit urteil vom 22.03.2012 zurück. die hiergegen erhobene verfassungsbeschwerde nahm das bundesverfassungsgericht nicht zur entscheidung an. (beschluss vom 21.10.2014 - 1 bvr 1608/12). 16die beklagte bewilligte den klägern grundsicherungsleistungen für die zeit vom 07.08.2006 bis 28.02.2007 nach bestellung einer grundschuld i.h.v. 12.000,00 euro zu ihren gunsten als darlehen nach § 23. abs. 5 sgb ii a.f. gegen die bescheide vom 10.09.2006, 28.09.2006, 27.11.2006 und vom 31.01.2007 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 03.04.2007 erhoben die kläger klage, s 8 as 168/14, die das sozialgericht münster mit urteil vom 24.01.2018 abwies. hiergegen legten die kläger berufung ein, l 19 as 587/18. 17die beklagte bewilligte den klägern grundsicherungsleistungen für die zeit vom 01.03.2007 bis 30.09.2007 nach bestellung einer grundschuld i.h.v. 8.000,00 euro zu ihren gunsten als darlehen nach § 23 abs. 5 sgb ii a.f. gegen die bescheide vom 24.09.2007 und 19.11.2007 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 17.01.2008 erhoben die kläger klage, die das sozialgericht münster mit urteil vom 24.01.2018 abwies. hiergegen legten die kläger berufung ein, l 19 as 588/18. 18im september 2007 beantragte der kläger zu 1) die fortbewilligung von grundsicherungsleistungen. am 06.09.2007 bestellten die kläger eine grundschuld zu gunsten der beklagten i.h.v. 7.000,00 euro. 19mit bescheid vom 24.09.2007 bewilligte die beklagte den klägern grundsicherungsleistungen für die zeit vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008 i.h.v. insgesamt 994,70 euro monatlich als darlehen nach § 23 abs. 5 sgb ii a.f. 20gegen den bescheid legte der kläger zu 1) widerspruch ein. mit bescheid vom 19.11.2007 senkte die beklagte die grundsicherungsleistungen an die kläger für die zeit vom 01.11.2007 bis 31.03.2008 auf 863,70 euro monatlich herab. hiergegen legte der kläger zu 1) widerspruch ein. er wandte sich gegen die darlehensweise leistungsbewilligung. 21mit widerspruchsbescheid vom 17.01.2008 wies der kreis c die widersprüche des klägers zu 1) gegen die bescheide vom 24.09.2007 und 19.11.2007 als unbegründet zurück. 22mit bescheid vom 04.02.2008 bewilligte die beklagte dem kläger zu 1) und der klägerin zu 2) jeweils grundsicherungsleistungen i.h.v. insgesamt 453,08 euro monatlich für die zeit vom 01.01.2008 bis zum 31.03.2008 als darlehen nach § 23 abs. 5 sgb ii a.f. 23mit weiterem bescheid vom 06.02.2008 bewilligte die beklagte dem kläger zu 1) und der klägerin zu 2) jeweils grundsicherungsleistungen i.h.v. 443,24 euro monatlich für die zeit vom 01.01.2008 bis 31.03.2008 als darlehen nach § 23 abs. 5 sgb a.f. 24am 15.02.2008 haben die kläger gegen die bescheide vom 24.09.2007 und vom 19.11.2007 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 17.01.2008 klage mit dem begehren erhoben, die beantragten leistungen zur sicherung des lebensunterhaltes nach dem sgb ii als zuschuss zu gewähren. 25sie haben vorgetragen, die beklagte und die sozialgerichte hätten bislang zu unrecht unangemessenheit ihres hauses festgestellt. bei ihrem haus handele es sich nicht um ein einfamilienhaus mit einliegerwohnung, sondern um ein zweifamilienhaus. deshalb sei bei der prüfung der angemessenheit i.s.v. § 12 abs. 3 nr. 4 sgb ii a.f. ausschließlich auf die wohnfläche der von ihnen genutzten erdgeschoßwohnung abzustellen. denn die beiden wohnungen seien voneinander abgeschlossen. die wohnfläche im erdgeschoss einschließlich des außenflurs betrage 125 qm. da sie die erdgeschoßwohnung beim erstmaligen bezug von grundsicherungsleistungen mit vier personen genutzt hätten, sei die wohnfläche von 117 qm angemessen gewesen, da die angemessene wohnfläche für vier personen bei einem selbstgenutzten eigenheim 130 qm betrage. eine verminderung der personenzahl nach dem erstmaligen bezug der wohnung sei nach § 82 abs. 3 s. 2 ii. wobaug unschädlich. sie hätten mit dem bewilligungsbescheid vom 29.12.2004 das stammrecht auf grundsicherungsleistungen in form eines zuschusses erhalten. der bescheid vom 29.12.2004 sei weiterhin gültig. 26mit urteil vom 24.01.2018 hat das sozialgericht münster die klage abgewiesen. auf die entscheidungsgründe wird bezug genommen. 27gegen das ihnen am 15.02.2018 zugestellten urteil haben die kläger am 14.03.2018 berufung beim sozialgericht münster eingelegt. 28sie vertreten die auffassung, dass ihnen für den streitbefangenen zeitraum höhere grundsicherungsleistungen als bewilligt in form eines zuschusses zuständen. der nachzahlungsbetrag belaufe sich insgesamt auf 1.547,67 euro. sie seien eigentümer eines zweifamilienhauses. der ausbau der 2. wohnung und somit die trennung der erdgeschosswohnung vom außenflur sei nach 1974 erfolgt. sie hätten an der dachgeschoßwohnung kein sondereigentum gebildet, da es für dieses nach auskünften von maklern keinen käufermarkt gegeben habe. die dachgeschoßwohnung sei adäquat vermietet gewesen. 29bei der prüfung der angemessenheit ihres hausgrundstücks i.s.v. § 12 abs. 3 nr. 4 sgb ii sei ausschließlich auf die wohnfläche der von ihnen genutzten erdgeschoßwohnung abzustellen. da sie die erdgeschoßwohnung beim erstmaligen bezug von grundsicherungsleistungen im jahr 2005 mit vier personen genutzt hätten, sei die wohnfläche der erdgeschoßwohnung i.s.v. § 12 abs. 3 nr. 4 sgb ii angemessen gewesen. soweit das bundesozialgericht im urteil vom 12.10.2106 - b 4 as 4/16 r entschieden habe, dass die vorschrift des § 82 abs. 3 s. 2 ii. wobaug bei der prüfung der angemessenheit eines selbstgenutzten hauses kein anwendung finde, sei diese entscheidung für bewilligungszeiträume vor dem 01.12.2009 nicht bindend. 30ein familienheim mit zwei wohnungen i.s. der vorschriften des ii. wobaug falle unter den begriff des schonvermögens i.s.v. § 12 abs. 3 nr. 4 sgb ii. deshalb sei bei einem familienheim mit zwei wohnungen auf die in § 39 abs. 1 s. 1 nr. 2 ii. wobaug bestimmte wohnflächengrenze von 200 qm bei der angemessenheitsprüfung abzustellen. die anerkennung des grundvermögens "familienwohnheim" als geschütztes vermögen richte sich nach § 12 abs. 3 s. 1 nr. 4 sgb ii unter anwendung der §§ 7, 9, 11 und 39 ii. wobaug. die auslegung des in § 12 abs. 3 satz 1 nr. 4 sgb ii verwandten begriffs der angemessenheit durch die gerichte der sozialgerichtsbarkeit verstoße gegen art. 6 abs. 1 gg, art. 14 abs. 1 gg i.v.m. art. 19 abs. 1 und 2 gg, art. 11 emrk zusatzprotokoll, art. 6 abs. 1 s. 1 emrk und art. 2 abs. 1 gg i.v.m. dem rechtsstaatsprinzip (art. 20 abs. 3 gg). 31sie hätten seit der erstbescheidung durch die agentur für arbeit d ein stammrecht auf arbeitslosengeld ii-regelleistungen erworben. dies resultiere daraus, dass die gewährten alg ii leistungen als "regelleistungen" zur auszahlung gekommen seien und nicht wie in den entscheidungen des lsg und des bsg behauptet als zuschuss. in dem bewilligungsbescheid vom 29.12.2004 seien nicht ansatzweise hinweise für eine zuschussweise hilfegewährung enthalten. die beklagte sei im rahmen des fortzahlungsantrages vom 29.03.2005 für den folgebewilligungszeitraum ab dem 01.04.2005 nur zu einer erneuten bedürftigkeitsprüfung hinsichtlich veränderter materieller bedingungen berechtigt gewesen. die beklagte habe den vermögensschutz "familienwohnheim", welche durch die agentur für arbeit d ihnen mit bescheid vom 29.12.2004 in form der alg ii-regelleistungen gewährt worden sei, nicht abändern dürfen. die beklagte sei aufgrund § 44a abs. 1 s. 1 sgb ii daran gehindert gewesen, festzustellen, ob ein arbeitssuchender erwerbsfähig und hilfebedürftig sei. ab dem 01.01.2005 sei die aufgabe von der beklagten als optionskommune nach § 6a sgb ii wahrgenommen worden. hierbei habe die optionskommune ihre im sgb ii zugewiesenen eingeschränkte rechtliche kompetenz gemäß § 44a abs. 1 s. 1 sgb ii a.f ... auch aus dem sozialrechtlichen herstellungsanspruch ergebe sich ein anspruch auf grundsicherungsleistungen in form des zuschusses. 32der kläger zu 1) beantragt, 33das urteil des sozialgerichts münster vom 24.01.2018 aufzuheben und die beklagte unter änderung der bescheide vom 24.09.2007 und 19.11.2007 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 17.01.2008, diese in der fassung der änderungsbescheide vom 02.04.2008 und 06.02.2008 zu verurteilen, den klägern grundsicherungsleistungen als zuschuss für die zeit vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008 nach maßgabe der gesetzlichen bestimmungen zu gewähren. 34der vertreter der beklagten beantragt, 35die berufung zurückzuweisen. 36die beklagte hält das erstinstanzliche urteil für zutreffend. 37wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der verwaltungsakten der beklagten bezug genommen, deren wesentlicher inhalt gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen ist. 38
39die zulässige berufung ist unbegründet. 40streitgegenstand des berufungsverfahrens sind die bescheide vom 24.09.2007 und vom 19.11.2007 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 17.01.2008 sowie die änderungsbescheide vom 04.02.2008 und 06.02.2008, die nach § 96 sgg gegenstand des verfahrens geworden sind. die beklagte hat mit den angefochtenen bescheiden den klägern grundsicherungsleistungen nach dem sgb ii für den zeitraum vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008 als darlehen nach § 23 abs. 5 sgb ii i.d.f. ab dem 01.04.2006 (gesetz vom 24.03.2006, bgbl. i 558 - a.f.) gewährt. damit hat die beklagte konkludent die gewährung von grundsicherungsleistungen in form eines zuschusses abgelehnt. nach dem im berufungsverfahren gestellten antrag haben die kläger ihr klagebegehren dahingehend beschränkt, dass sie die zuerkennung höherer grundsicherungsleistungen in form eines zuschusses im streitbefangenen zeitraum begehren. die differenz zwischen bewilligten leistungen und den ihnen tatsächlich zustehenden leistungen beziffern sie auf insgesamt 1.547,67 euro. da die kläger in ihrer berufungsschrift sowie in der mündlichen verhandlung ausdrücklich die gewährung höherer grundsicherungsleistungen als zuschuss beantragt haben, haben sie auf gewährung von höheren grundsicherungsleistungen in form eines darlehens verzichtet. damit stehen nur noch zuschussleistungen im streit. 41die stadt h ist passiv legitimiert, weil sie gegenüber den leistungsberechtigten im außenverhältnis materiell zur erbringung der leistungen nach dem sgb ii verpflichtet ist (vgl. bsg, urteil vom 22.03.2012 - b 4 as 99/11 r -, m.w.n.). 42die zulässige berufung ist unbegründet. 43das sozialgericht hat zu recht die klage abgewiesen. 44die kläger sind nicht beschwert i.s.v. § 54 abs. 2 sgg. die angefochtenen bescheide sind rechtmäßig, soweit die beklagte die gewährung von grundsicherungsleistungen an die kläger als zuschuss für die zeit vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008 abgelehnt hat. 45den klägern steht im zeitraum vom 01.11.2007 bis zum 31.03.2008 gegenüber dem beklagten kein anspruch auf grundsicherungsleistungen nach § 19ff sgb ii als zuschuss zu. 46die kläger sind nicht hilfebedürftig i.s.v. § 7 abs. 1 s. 1 nr. 3 sgg gewesen. denn sie haben über ein zu berücksichtigendes vermögen i.s.v. § 12 sgb ii (in der fassung des gesetzes vom 24.12.2003, bgbl i 2954 - a.f.) verfügt, das ihren hilfebedarf gedeckt hat. die kläger sind je zur hälfte miteigentümer eines selbst genutzten hausgrundstücks, in dem sich zwei eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennte, baulich voneinander abgeschlossene wohnungen befinden. bei diesen hausgrundstück handelt es sich um kein schonvermögen i.s.v. § 12 abs. 3 s. 1 nr. 4 sgb ii a.f., sondern um verwertbares vermögen. der senat nimmt bezug auf die entscheidungsgründe des urteils vom 28.03.2019 in dem parallelverfahren l 19 as 587/18 betreffend den bewilligungszeitraum vom 17.05.2006 bis zum 28.02.2007. die sach - und rechtslage hat sich im bewilligungszeitraum vom 01.10.2007 bis 28.02.2008 nicht geändert. der verkehrswert des hausgrundstückes übersteigt nach abzug der dinglich gesicherten forderungen (79.596,47 euro darlehensforderung bank + 20.000,00 euro dinglich gesicherte darlehen der beklagten) den freibetrag der kläger i.h.v. 16.650,00 euro ([50 x 150 euro] + [50 x 150 euro] + [2 x 750,00 euro]) ab dem 01.10.2007 bzw. i.h.v. 16.800,00 euro ([51 x 150 euro] + [50 x 150 euro] + [2 x 750,00]) ab 01.03.2008. 47ergänzend ist anzumerken, dass ausgehend von der auffassung der kläger, dass bei der prüfung der angemessenheit der wohnfläche i.s.v. § 12 abs. 3 s. 1 nr. 4 sgb ii a.f. ausschließlich auf die wohnfläche der von den klägern selbstgenutzten 117qm qm großen erdgeschoßwohnung abzustellen ist, die wohnfläche der erdgeschoßwohnung im streitbefangenen zeitraum unangemessen gewesen ist. denn die angemessene wohnfläche für zwei personen i.s.v. § 12 abs. 3 s. 1 nr. 4 sgb ii a.f. beläuft sich auf 90 qm. die angemessenheit der wohnfläche eines selbstgenutzten hauses ist auch dann nach der anzahl der personen zu bestimmen, die es zum zeitpunkt des leistungsbezugs - vorliegend ab dem 01.10.2007 - bewohnen, wenn bei erbauung oder bezug des hauses bzw. erstbezug von grundsicherungsleistungen wegen einer größeren bewohnerzahl und der damit verbundenen höheren wohnflächengrenze noch von einer angemessenheit auszugehen war. die vorschrift des § 82 abs. 3 s 2 ii. wobaug, wonach eine verminderung der personenzahl nach dem erstmaligen bezug der wohnung unschädlich für die beurteilung der angemessenen wohnfläche von steuerbegünstigten wohnungen ist, findet im grundsicherungsrecht keine anwendung (bsg, urteil vom 12.10.2016 - b 4 as 4/16 r). dies gilt auch für die zeiträume vor dem 01.12.2009. 48die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg. 49anlass, die revision nach § 160 abs. 2 sgg zuzulassen, besteht nicht.
Verklagte*r
0
126,171
S 62 SO 444/14
2016-02-19T00:00:00
Urteil
Tenor Der Bescheid vom 28.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2014 und des Änderungsbescheides vom 28.09.2014 wird abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII unter Berücksichtigung von Unterkunftskosten i.H.v. 321,- EUR pro Monat zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen. Die Sprungrevision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt höhere Leistungen für die Unterkunft im Rahmen der Grundsiche-rung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII). 3Die im Jahr 1936 geborene Klägerin hat vier Kinder und ist geschieden. Sie verfügt über einen Schwerbehindertenausweis mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 und den Merkzeichen G und RF. Die gesundheitlichen Einschränkungen bestehen in einem Augenleiden, einem Wirbelsäulen-Syndrom und einem Hüftleiden. 4Die Klägerin bezog ab dem 01.07.2013 eine Altersrente i.H.v. 597,59 EUR. Sie wohnte zu-nächst in Olsberg und erhielt bereits dort ergänzende Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII. 5Die Klägerin zog dann zum 01.07.2014 nach Brilon um, weil dort auch eine Tochter lebt, von der sie Unterstützung erfährt. Sie mietete eine Erdgeschosswohnung an, nach dem Mietvertrag und der vorgelegten Mietbescheinigung beträgt die Wohnfläche 65 qm. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin eine Heizkostenabrechnung vorgelegt, wonach die Wohnfläche lediglich 56 qm beträgt. Die Miete beläuft sich auf 300,- EUR und die Abschläge für die Neben- und Heizkosten betragen jeweils 70,- EUR. Die Klägerin bewohnt die Wohnung allein, eine Zustimmung zur Anmietung hat sie bei der Beklagten nicht eingeholt. 6Auf den Antrag vom 02.06.2014 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 28.06.2014 Leistungen der Grundsicherung für den Zeitraum 01.07.2014 bis 30.06.2015. Die Miete kürzte sie um 68,51 EUR und den Abschlag für die Nebenkosten um 15,99 EUR, so dass insge-samt Unterkunftskosten i.H.v. 285,50 EUR bewilligt wurden. Der Abschlag für die Heizkosten wurde in voller Höhe anerkannt. 7Die Klägerin legte gegen den Bescheid am 28.07.2014 Widerspruch ein. Diesen begrün-dete sie damit, dass die vorgenommenen Kürzungen nicht rechtmäßig seien, da die Auf-wendungen für die Unterkunft angemessen seien. 8Am 04.09.2014 legte die Klägerin einen neuen Rentenbescheid vor, der Zahlbetrag hatte sich aufgrund der sog. Mütterrente für vier Kinder auf 710,27 EUR erhöht. 9Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24.09.2014 zurück-gewiesen. Zur Begründung führte der Hochsauerlandkreis aus, dass die Klägerin keinen weitergehenden Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung habe. Der Regelsatz und der Mehrbedarf seien in gesetzlicher Höhe bewilligt worden. Es sei aufgrund einer Analyse des örtlichen Wohnungsmarktes ein schlüssiges Konzept entwickelt worden und danach seien für eine alleinstehende Person in der Stadt Brilon Unterkunftskosten i.H.v. 285,50 EUR angemessen. Diese seien der Klägerin bewilligt worden, so dass kein weitergehender Anspruch bestehe. 10Mit Bescheid vom 28.09.2014 änderte die Beklagte die Bewilligung insoweit ab, als sie ab dem 01.10.2014 die neue Rente i.H.v. 710,27 EUR auf die Leistungen anrechnete. Im Übri-gen blieb es bei den bisherigen Festsetzungen. 11Die Klägerin hat am 20.10.2014 Klage erhoben. Diese begründet sie damit, dass ihre Unterkunftskosten vollständig zu übernehmen seien. Der Umzug nach Brilon sei erforderlich gewesen, da sie zum einen aufgrund ihrer Erkrankungen die Treppen zu der alten Wohnung nicht mehr habe bewältigen können. Sie sei bereits mehrfach gestürzt. Zum anderen habe sie in die Nähe ihrer Tochter ziehen müssen, die wesentlich zu ihrer Versorgung beitrage. Die Wohnung habe sie nach bestimmten Kriterien ausgesucht, nämlich in der Nähe der Tochter gelegen, ebenerdig und mit einem passenden sozialen Umfeld. Eine günstigere Wohnung, die gleichzeitig diese Kriterien erfülle, sei in Brilon nicht zu finden gewesen. Das von der Fa. XXX im Auftrag des Hochsauerlandkreises erstellt Konzept entspreche nicht den Vorgaben des BSG. Darüber hinaus sei es auch nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. 12Die Klägerin beantragt, 13den Bescheid vom 28.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2014 und des Änderungsbescheides vom 28.09.2014 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten zu gewähren. 14Die Beklagte beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Die Beklagte verteidigt die angefochtenen Bescheide, die sie für rechtmäßig hält. Die Klägerin habe keinen weitergehenden Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII. Das von der Fa. XXX im Auftrag des Hochsauerlandkreises erstellt Konzept entspreche den Vorgaben des BSG. Die Beklagte beantragt darüber hinaus die Zulassung der Berufung und der Sprungrevision zum BSG. 17Das Gericht hat das von der Fa.XXX im Auftrag des Hochsauerlandkreises erstellte Kon-zept beigezogen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Konzept Bezug genommen. 18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind. 19Entscheidungsgründe: 20Die zulässige Klage ist teilweise begründet. 21Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 1 und 4 SGG i.V.m. § 56 SGG statthaft, denn die Klägerin begehrt nicht allein die Abänderung der Bescheide, sondern zugleich die Gewährung höherer Leistungen für die Unterkunft. Sie konnte ihr Begehren in zulässiger Weise auf diese Leistungen im Rahmen der Grundsi-cherung nach dem SGB XII beschränken, da es sich bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung um einen abtrennbaren Streitgegenstand handelt (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2015 - B 8 SO 10/14 R m.w.N.). Die Begrenzung des Streitgegenstands in zeitlicher Hinsicht folgt aus dem Bewilligungszeitraum (vgl. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Der Ände-rungsbescheid vom 28.09.2014 ist gem. § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfah-rens, obwohl er zeitlich nach dem Widerspruchsbescheid erlassen wurde (vgl. BSG, Urteil vom 12.05.1993 –7 RAr 56/92). Bescheide für folgende Bewilligungszeiträume sind nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2015 - B 8 SO 10/14 R). 22Der Bescheid vom 28.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2014 und des Änderungsbescheides vom 28.09.2014 erweist sich als rechtswidrig, denn die Klägerin hat einen Anspruch auf Unterkunftskosten i.H.v. 321,- EUR pro Monat. Soweit die Klägerin einen weitergehenden Anspruch geltend macht, ist die Klage unbegründet und war somit im Übrigen abzuweisen. 23Der Anspruch der Klägerin beruht auf § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in der bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung. Nach dieser Vorschrift ist älteren und dauerhaft voll er-werbsgeminderten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 bestreiten können, auf Antrag Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu leisten. Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen, denn sie hat die Altersgrenze des § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht, ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und kann ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen bestreiten. Dies gilt auch nach der Bewilligung der sog. Mütterrente für vier Kinder, da der Zahlbetrag von 710,27 EUR den Bedarf weiterhin nicht deckt. Den not-wendigen Antrag auf Grundsicherung hat die Klägerin am 02.06.2014 bei der Beklagten gestellt. 24Zu den Leistungen der Grundsicherung gehören nach § 42 Nr. 4 SGB XII in der bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Vierten Abschnitt des Dritten Kapitels. Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in der bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung werden Leistungen für die Unterkunft grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Im Falle eines Umzuges haben Leis-tungsberechtigte nach § 35 Abs. 2 Satz 3 SGB XII vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft den dort zuständigen Träger der Sozialhilfe über die nach den Sät-zen 1 und 2 maßgeblichen Umstände in Kenntnis zu setzen. Nach Satz 4 ist der Träger der Sozialhilfe nur zur Übernahme angemessener Aufwendungen verpflichtet, es sei denn, er hat den darüber hinausgehenden Aufwendungen vorher zugestimmt. 25Die Klägerin hat die Beklagte vor dem Abschluss des Mietvertrages über die neue Woh-nung in Brilon nicht über die Höhe der entstehenden Aufwendungen in Kenntnis gesetzt, sondern sie hat den Vertrag erst vorgelegt, als er schon unterschrieben war. Dementsprechend hat die Beklagte zu den Aufwendungen auch keine Zustimmung erteilt. Die Klägerin hat damit gem. § 35 Abs. 2 Satz 4 SGB XII lediglich einen Anspruch auf Übernahme angemessener Unterkunftskosten. 26Der für das Sozialhilferecht zuständige 8. Senat des BSG hat sich hinsichtlich der Ange-messenheit der Unterkunftskosten der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zuständigen Senate des BSG angeschlossen (vgl. Urteil vom 23.03.2010 - B 8 SO 24/08 R). Die Kammer zieht daher zur Auslegung des § 35 SGB XII ebenfalls die Rechtsprechung zum SGB II heran (vgl. allgemein zur Notwendigkeit einer Harmonisierung zwischen SGB II und SGB XII: Coseriu, in: Bender/Eicher, Sozialrecht - eine Terra incognita, 2009, 225, 255 f.; Stölting/Greiser, SGb 2010, 631 ff.). 27Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneinge-schränkten richterlichen Kontrolle (vgl. BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R). 28Die Angemessenheitsprüfung hat unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach einheitlichen Kriterien zu erfolgen. Das Rechtsstaatsprinzip fordert die Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit der Begrenzung. Zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze ist daher auf einer ersten Stufe eine abstrakte (sog. abstrakte Angemessenheit) und auf einer zweiten Stufe eine konkret-individuelle Prüfung (sog. konkrete Angemessenheit) vorzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R). Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße (dazu unter 1.) und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum (dazu unter 2.) zu ermitteln. Alsdann ist zu ermitteln, wie viel auf diesem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung aufzuwenden ist (dazu unter 3). Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (vgl. BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R). Nach der Festlegung der abstrakten Angemessenheit schließt sich die konkret-individuelle Prüfung an (dazu unter 4.). 291. Die abstrakt angemessene Wohnungsgröße beträgt 50 qm. Nach der Rechtsprechung des BSG ist zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße auf die Werte zurückzugreifen, welche die Länder aufgrund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) festgesetzt haben (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R). Das sind in Nordrhein-Westfalen die mit dem Runderlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr vom 12.12.2009 erlassenen Wohnraumnutzungsbestimmungen (MBl. NRW 2010, 1). Maßgeblich sind daher ab dem 01.01.2010 die in Nr. 8.2 der Wohnraumnutzungsbestimmungen angesetzten Werte für Wohnflächen (vgl. LSG NRW, Urteil vom 29.10.2015 – L 7 AS 1310/11). Danach beträgt die angemessene Wohnungsgröße für eine alleinstehende Person 50 qm. 30Offen bleiben kann im vorliegenden Verfahren, wie groß die Wohnung der Klägerin tat-sächlich ist. Insoweit bestehen Unsicherheiten, da die Wohnfläche im Mietvertrag und in der vorgelegten Mietbescheinigung mit 65 qm angegeben ist. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin dann eine Heizkostenabrechnung vorgelegt, wonach die Wohnfläche lediglich 56 qm beträgt. Weitere Ermittlungen waren insoweit nicht erforder-lich, da die Angemessenheit der Unterkunftskosten nicht davon abhängt, ob und ggf. in welchem Umfang die angemessene Wohnungsgröße überschritten wird. Nach der sog. Produkttheorie des BSG genügt es, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (vgl. BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R). Der Leistungsberechtige kann also durchaus auch eine größere Wohnung anmieten, wenn die dadurch entstehenden Kosten im Rahmen des Angemessenen bleiben. 312. Der örtliche Vergleichsraum ist nicht nur die Stadt Brilon. Als örtlicher Vergleichsraum ist in erster Linie der Wohnort des Leistungsberechtigten maßgebend, ohne dass hierfür der kommunalverfassungsrechtliche Begriff der "Gemeinde" entscheidend sein muss. Bei besonders kleinen Gemeinden, etwa im ländlichen Raum, die über keinen repräsentativen Wohnungsmarkt verfügen, kann es geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsmaßstab zusammenzufassen. Entscheidend ist es, für die repräsentative Bestimmung des Mietpreisniveaus ausreichend große Räume der Wohnbebauung zu beschreiben, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 4 AS 87/12 R). Nach dieser Rechtsprechung war es also nicht erforderlich, die Stadt Brilon als eigenen Vergleichsraum zu betrachten, sondern sie konnte aufgrund ihrer geringen Einwohnerzahl von ca. 25.000 mit anderen Städten und Gemeinden zusammengefasst werden. Der Hochsauerlandkreis hat insgesamt ca. 260.000 Einwohner und könnte daher durchaus einen einheitlichen Vergleichsraum bilden, da nach der Rechtsprechung des BSG selbst Großstädte mit mehreren Millionen Einwohnern nicht unterteilt werden brauchen (so zur Stadt München: BSG, Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R). Dies hätte jedoch nicht zu sachgerechten Ergebnissen geführt, da sich die Städte und Gemeinden im Hochsauerlandkreis nach ihrer Struktur deutlich voneinander unterscheiden und es somit keinen einheitlichen Wohnungsmarkt gibt. Die XXX ist daher einen Mittelweg gegangen, indem sie in ihrem Konzept nicht den gesamten Hochsauerlandkreis als Vergleichsraum für die Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten in Brilon zugrunde gelegt hat, sondern es sind sog. Wohnungsmarkttypen gebildet worden. Dabei handelt es sich dann um den jeweiligen Vergleichsraum (a.A. offenbar LSG Thüringen, Urteil vom 08.07.2015 - L 4 AS 718/14, wonach der Kreis weiterhin der Vergleichsraum sein soll, auch wenn Wohnungsmarktty-pen gebildet werden). 32Die Bildung der Wohnungsmarkttypen erfolgte mit Hilfe einer sog. Clusteranalyse. Dabei ist anhand von vordefinierten Kriterien ermittelt worden, dass sich der Wohnungsmarkt in bestimmten Städte und Gemeinden ähnelt, so dass diese zusammengefasst wurden. Im Ergebnis sind dann drei Wohnungsmarkttypen gebildet worden, wobei die Stadt Arnsberg einen eigenen Typ bildet, da sie sich mit keiner anderen Stadt oder Gemeinde im Kreisgebiet vergleichen lässt. Die Stadt Brilon zählt zum Wohnungsmarkttyp II, dem die meisten Städte und Gemeinden des Hochsauerlandkreises angehören. Neben Brilon sind dies noch Bestwig, Eslohe, Hallenberg, Marsberg, Medebach und Olsberg. 33Die Kammer hat gegen diese Vorgehensweise keine grundsätzlichen Bedenken. Wenn man den gesamten Hochsauerlandkreis als Vergleichsraum zugrunde gelegt hätte, so wäre eine durchschnittliche Angemessenheitsgrenze ermittelt worden, die z.B. für die Stadt Arnsberg zu niedrig und für die kleineren Städte und Gemeinden zu hoch ausgefallen wäre. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, vergleichbare Städte und Gemeinden zusammenzufassen und dann jeweils getrennt die Angemessenheitsgrenzen festzulegen. Auch gegen die von der XXX durchgeführte Clusteranalyse bestehen keine grundsätzlichen Bedenken, da es sich dabei um eine sachgerechte Methode handelt, um die Vergleichbarkeit festzustellen. Der Umstand, dass die Städte und Gemeinden des Wohnungsmarkttyps II nicht alle räumlich miteinander verbunden sind, ist nach Auffassung der Kammer grundsätzlich unbedenklich. Denn die Festlegung des Vergleichsraums ist nicht gleichbedeutend damit, dass die Leistungsberechtigten auf alle Wohnungen aus diesem Bereich verwiesen werden können. Es geht zunächst um die Ermittlung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten und da können auch weiter entfernt liegende Städte und Gemeinden zusammengefasst werden. Der maßgebende noch zumutbare Wohnbereich kann im Hinblick auf das soziale Umfeld unter Umständen enger zu begrenzen sein als das Gebiet, das im Hinblick auf die Mietpreishöhe als Vergleichsmaßstab herangezogen wurde (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R). Die Frage, ob ein Umzug zumutbar ist und welche Städte dafür ggf. in Betracht kommen, um das soziale Umfeld zu erhalten, ist jedoch erst auf der Ebene der konkreten Angemessenheit zu prüfen (dazu unter 4.). 343. Die Ermittlung der Angemessenheitsgrenze entspricht nicht den Vorgaben des BSG. Zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit der Unterkunft muss der abstrakt als angemessen anzuerkennende Mietpreis unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten ermittelt werden (sog. "Referenzmiete"). Erforderlich dazu sind überprüfbare Erhebungen und Auswertungen, die eine hinreichende Gewähr dafür bieten, dass sie die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarkts wiedergeben (sog. "schlüssiges Konzept", vgl. BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 6/14 R). 35Die Kammer hat im vorliegenden Verfahren die Datenerhebung und -auswertung der XXX nicht im Einzelnen überprüft (vgl. zu einem vergleichbaren Konzept ausführlich: LSG Thüringen, Urteil vom 08.07.2015 - L 4 AS 718/14). Grundsätzliche Bedenken bestehen allerdings auch insoweit nicht, wobei diese Frage im vorliegenden Verfahren offen bleiben kann, da das Konzept an einem anderen Punkt nicht den Vorgaben des BSG entspricht. 36Nach der Rechtsprechung des BSG kann ein schlüssiges Konzept sowohl auf Wohnun-gen aus dem Gesamtwohnungsbestand (einfacher, mittlerer, gehobener Standard) als auch auf Wohnungen nur einfachen Standards abstellen. Legt der Grundsicherungsträger seiner Datenerhebung nur die Wohnungen so genannten einfachen Standards zu Grunde, muss er nachvollziehbar offen legen, nach welchen Gesichtspunkten er dabei die Auswahl getroffen hat. In diesem Fall ist als Angemessenheitsgrenze der Spannenoberwert, d.h. der obere Wert der ermittelten Mietpreisspanne zu Grunde zu legen (vgl. BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R). Wenn die Angemessenheitsgrenze aufgrund des Gesamtwohnungsbestandes ermittelt wird, ist eine Kappungsgrenze festzulegen, d.h. es muss definiert werden, welcher Quadratmeterpreis noch angemessen ist und welcher nicht mehr. 37Die XXX hat sich in ihrem Konzept dafür entschieden, die Angemessenheitsgrenze auf der Grundlage des Gesamtwohnungsbestandes zu ermitteln. Die alleinige Erhebung der Mieten im unteren Wohnungsmarktsegment könne aus erhebungstechnischer Sicht und aufgrund der notwendigen Gewährleistung einer Versorgungssicherheit nicht mit einem vertretbaren Aufwand realisiert werden (vgl. S. 20 des Konzepts). Theoretisch sei es mög-lich, eine Definition der Angemessenheit auf Basis einer Auflistung vorzunehmen, über welche Ausstattungsmerkmale, in welcher Qualität eine Wohnung maximal verfügen dürfe, um angemessen zu sein. Dies sei in der empirischen Praxis jedoch nicht umsetzbar, da dann ein differenzierter Katalog mit Ausstattungsmerkmalen sowie deren jeweiliger Gewichtung erstellt und dieser dann für jede potentiell infrage kommende Wohnung abgeprüft werden müsste. Dieser Erhebungsaufwand sei in der Regel nicht realisierbar, zumal die Teilnahme an der Erhebung freiwillig sei. Dazu komme noch das Problem, dass auf diese Weise nicht die Versorgung aller Bedarfsgemeinschaften sichergestellt werden könne, so dass der Ausstattungskatalog dann ggf. noch angepasst werden müsse. 38Vor diesem Hintergrund hat sich die XXX entschieden, den Gesamtwohnungsmarkt des jeweiligen Wohnungsmarkttyps zu ermitteln und dann eine Kappungsgrenze festzulegen. Dies erfolgt in einem sog. iterativen Verfahren, in dem ein bestimmter Anteil an den Bestandsmieten so lange erhöht wird, bis ein ausreichendes Angebot an Wohnraum zur Verfügung steht, um den Bedarf der Nachfragergruppen im unteren Segment zu decken. Die Nachfrager im unteren Segment setzen sich nach dem Konzept aus den Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II und SGB XII, den Wohngeldemp-fängern und den sonstigen Nachfragern zusammen. Bei den letztgenannten handelt es sich z.B. um Personen mit Einkommen knapp über der Grundsicherungsschwelle und Studierende. Nach dem Konzept haben die sonstigen Nachfrager einen Anteil von 10% der Haushalte. 39Die Festlegung der Kappungsgrenze erfolgt hier also nicht rein normativ, indem z.B. die unteren 20% oder 30% der ermittelten Wohnungen als angemessen angesehen werden. Vielmehr wird die Kappungsgrenze aus einer bestimmten Nachfrage nach günstigem Wohnraum abgeleitet. Dies bedeutet, dass die Nachfrageseite bereits im Rahmen der abstrakten Angemessenheit einbezogen wird. 40Das BSG hat eine solche Herangehensweise ausdrücklich gebilligt. Im Rahmen der Me-thodenfreiheit sei es zulässig, die angemessene Bruttokaltmiete unter Einbeziehung der Nachfrageseite abzuleiten (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2014 – B 4 AS 9/14 R, Rn. 22). Es bestünden keine Bedenken grundsätzlicher Art gegen den methodischen Ansatz, die Referenzmiete z.B. auf der Basis der Daten eines qualifizierten Mietspiegels sowie des Verhältnisses zwischen den Häufigkeiten angemessener verfügbarer Wohnungen (Angebotsseite) und versorgungsbedürftiger Bedarfs- und Einstandsgemeinschaften nach dem SGB II und dem SGB XII (Nachfrageseite) zu ermitteln. 41Nach der Auffassung der Kammer ist es sogar zwingend erforderlich, die Nachfrageseite bereits bei der Festlegung der abstrakten Angemessenheit einzubeziehen. Das BSG hat es zwar abgelehnt, persönliche Lebensumstände des Leistungsberechtigten (wie z.B., dass er alleinerziehend oder schwerbehindert ist) im Rahmen der abstrakten Angemes-senheit der Kosten (auch soweit sie in einem bestimmten Raumbedarf Ausdruck finden) zu berücksichtigen, da sich solche Umstände nicht abstrakt erfassen ließen. Sie seien vielmehr bei der Frage zu prüfen, ob dem Leistungsberechtigten, dessen individuelle Kosten im Einzelfall die abstrakten Angemessenheitsgrenzen überschreiten, ein Umzug in eine kostenangemessene Wohnung konkret möglich und zumutbar sei (vgl. BSG, Urteil vom 22.08.2012 – B 14 AS 13/12 R, SGb 2013, 539 ff. mit kritischer Anmerkung Stölting). Dies bedeutet indes nicht, dass die Angemessenheitsgrenze vollkommen unabhängig von der Möglichkeit, eine angemessene Wohnung zu finden, festgelegt werden könnte. Denn es ergibt keinen Sinn, abstrakte Richtwerte festzulegen, zu denen der aktuelle Wohnungsmarkt konkret keine Wohnungen in ausreichender Zahl vorhält (vgl. LSG Sachsen, Urteil vom 19.12.2013 – L 7 AS 637/12, Rn. 147). Es muss vielmehr gewährleistet sein, dass nach der Struktur des örtlichen Wohnungsbestandes alle Leistungsberechtigten am Ort tatsächlich die Möglichkeit haben, mit den als angemessen bestimmten Beträgen eine bedarfsgerechte, menschenwürdige Unterkunft anmieten zu können; zu diesem Preis muss auf dem örtlichen Wohnungsmarkt hinreichend angemessener freier Wohnraum verfügbar sein (vgl. Berlit, in: LPK-SGB II, 5. Aufl. 2013, § 22, Rn. 57; Malottki, info also 2012, 99, 105). 42Mit der Berücksichtigung der Nachfrageseite bereits bei der Festlegung der abstrakten Angemessenheit lässt sich auch dem Problem des sog. "verschlossenen Mietwohnungs-marktes" begegnen. Ein solcher liegt vor, wenn es tatsächlich erschwert ist, überhaupt Wohnraum anzumieten, z.B. weil es aufgrund einer hohen Eigentumsquote insgesamt nur wenige Mietangebote gibt oder die Zahl der Interessenten größer ist als die der angebotenen Wohnungen (vgl. Knickrehm, Soziale Sicherheit 2015, 287, 291). Auch ein solcher Umstand ist bei der Erstellung des schlüssigen Konzepts zu berücksichtigen, denn es kommt darauf an, dass der Unterkunftsbedarf der Leistungsberechtigten tatsächlich gedeckt werden kann und dies ist nur dann möglich, wenn angemessener Wohnraum konkret zur Verfügung steht. Auch dies spricht dafür, dass die Angemessenheitsgrenze nach Wohnungsgrößen differenziert empirisch abgeleitet werden muss und nicht lediglich normativ gesetzt werden kann (vgl. Knickrehm, Soziale Sicherheit 2015, 287, 292). 43Bei den Nachfragern nach günstigem Wohnraum handelt es sich nicht nur um die Leis-tungsberechtigten nach dem SGB II und SGB XII sowie die Wohngeldempfänger, sondern es sind auch sonstige Personen mit geringem Einkommen zu berücksichtigen, z.B. Beschäftigte mit Einkommen knapp über der Grundsicherungsschwelle und Studierende. Es ist also auch die sog. Nachfragekonkurrenz zu ermitteln, da sie bei der Festlegung der Angemessenheitsgrenze zu berücksichtigen ist. Davon ist auch die XXX in dem vorliegenden Konzept ausgegangen, die konkrete Umsetzung ist jedoch mangelhaft, da die sonstigen Nachfrager im Hochsauerlandkreis nicht ermittelt worden sind. Das Konzept geht davon aus, dass die sonstigen Nachfrager einen Anteil von 10% der Haushalte haben. Diese Zahl basiert auf dem Forschungsprojekt "Kosten der Unterkunft und die Wohnungsmärkte" des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR) aus dem Jahr 2009 (Heft 142 in der Schriftenreihe "Forschungen" - herausgegeben vom Bundesministerium für Verkehr, Bauwesen und Stadtentwicklung (BMVBS), abrufbar unter: www.bbr.bund.de). Auf der Seite 12 des Endberichts wird angegeben, dass es bundesweit 2,983 Millionen Haushalte unter der Armutsrisikogrenze gebe, die weder Mindestsicherung noch Wohngeld bezögen, das sei ein Anteil von 7,5%. Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2006. Im Schriftsatz vom 08.09.2015 hat die Beklagte erläuternd mitgeteilt, dass die sonstigen Nachfrager durch die amtliche Statistik nicht erfasst würden und auch nicht ermittelt werden könnten. Man habe daher den bundesweiten Anteil zugrunde gelegt und für das Konzept auf 10% angehoben, es handele sich dabei um einen Sicherheitsaufschlag. 44Diese Daten sind nach der Auffassung der Kammer nicht geeignet, um die Angemessen-heitsgrenze festzulegen. Das schlüssige Konzept muss eine hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarkts wiedergegeben werden (vgl. BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 6/14 R). Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn Zahlen aus einer bundesweiten Erhebung verwendet werden. Darüber hinaus sind die Daten mittlerweile auch total veraltet, da sie im Jahr 2006 erhoben wurden. Sie sind daher offensichtlich nicht geeignet, um die Angemessenheitsgrenze im Jahr 2014 zu bestimmen. 45Das LSG Sachsen hatte in einem vergleichbaren Fall darauf hingewiesen, dass die überregional gewonnenen Daten des Mikrozensus 2006 nicht hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarkts wiedergeben werden (vgl. LSG Sachsen, Urteil vom 19.12.2013 - L 7 AS 637/12). Das von dem zuständigen Grundsicherungsträger beauftragte Institut hatte daraufhin eine Sonderauswertung der Kommunalen Bürgerumfrage aus dem Jahr 2010 zugrunde gelegt. Es ist also im gerichtlichen Verfahren eine Nachbesserung erfolgt, die schließlich dazu geführt hat, dass das schlüssige Konzept sowohl vom LSG Sachsen, als auch im anschließenden Revisionsverfahren vom BSG bestätigt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R). Das BSG weist in seiner Entscheidung noch einmal darauf hin, dass das beauftragte Institut nach Aufforderung durch das LSG Nachbesserungen am Konzept vorgenommen habe, u.a. die Ermittlung der Nachfragekonkurrenz anhand der kommunalen Bürgerumfrage und nicht anhand des Mikrozensus (vgl. Rn. 24 des Urteils). 46In gleicher Weise hätte auch das vorliegende Konzept von der XXX nachgebessert wer-den müssen, indem die sonstigen Nachfrager ermittelt werden. Die Kammer hat die Be-klagte mit Verfügung vom 30.07.2015 darauf hingewiesen, dass die Nachfragergruppen im unteren Marktsegment auf der Grundlage der örtlichen Gegebenheiten ermittelt wer-den müssen und nicht auf der Grundlage des Bundesdurchschnitts und sie zur Nachbesserung des Konzepts aufgefordert. Die Beklagte hat dazu im Schriftsatz vom 08.09.2015 mitgeteilt, dass die sonstigen Nachfrager durch die amtliche Statistik nicht erfasst würden und auch nicht kleinräumig ermittelt werden könnten. Im anwaltlichen Schriftsatz der Beklagten vom 15.02.2016 ist dies noch einmal wiederholt worden. Diese Aussage ist jedoch offensichtlich nicht zutreffend, denn das Beispiel des LSG Sachsen (vgl. Urteil vom 19.12.2013 - L 7 AS 637/12) zeigt, dass sich die Daten auch im Ver-gleichsraum erheben lassen und daher nicht auf eine bundesweite Erhebung zurückgegriffen werden muss (kommunale Bürgerumfrage anstatt des Mikrozensus 2006). 47Weitere Ermittlungen durch die Kammer waren nicht erforderlich. Nach der Recht-sprechung des BSG ist die umfassende Ermittlung der Daten sowie deren Auswertung im Sinne der Erstellung eines schlüssigen Konzepts Angelegenheit des Grundsicherungsträgers und bereits für die sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig. Im Rechtsstreit muss der Grundsicherungsträger sein Konzept auf Anforderung durch das Gericht vorlegen. Entscheidet er ohne ein solches schlüssiges Konzept, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 Satz 1 2. Halbs. SGG gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf. eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen. Liegen dennoch keine ausreichenden Daten vor, brauchen insbesondere für weit zurückliegende Zeiträume nicht unverhältnismäßig aufwändige Ermittlungen durchgeführt zu werden. Die Amtsermittlungspflicht der Tatsacheninstanzen ist in diesen Fällen begrenzt (vgl. BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R). So liegt der Fall auch hier, denn das von der Beklagten vorgelegte Konzept entspricht nicht den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept im Sinne der Recht-sprechung des BSG (s.o.). Die Kammer hat die Beklagte daher aufgefordert, die notwen-digen Ermittlungen nachzuholen und das Konzept nachzubessern. Die Beklagte hat dazu mitgeteilt, dass sie die Erhebungen nicht durchführen könne. Vor diesem Hintergrund waren weitere Ermittlungen durch die Kammer nicht erforderlich, denn es ist nicht die Aufgabe des Gerichts, für die Beklagte ein schlüssiges Konzept zu erstellen. Die Kammer ist daher auch nicht dem Beweisantrag gefolgt, den der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gestellt hat. Wenn die Beklagte nunmehr doch zu der Überzeugung gelangt ist, dass sich die Nachfragergruppen nach günstigem Wohnraum im örtlichen Vergleichsraum ermitteln lassen, dann ist es ihre Aufgabe bzw. die des beauftragten Instituts, die notwendigen Ermittlungen durchzuführen. 48Es lag somit zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ein sog. Erkenntnisausfall vor. In einer solchen Konstellation sind nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen. Diese werden wiederum durch die Tabellenwerte zu § 12 WoGG im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze gedeckelt, wobei die Werte um einen Sicherheitszuschlag von 10% zu erhöhen sind (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R). Die Stadt Brilon gehört zur Mietenstufe I und für diese Kommunen ist in § 12 WoGG in der bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung für einen Ein-Personen-Haushalt ein Wert von 292,- EUR vorgesehen. Zzgl. des Sicherheitszuschlages von 10% ergibt sich eine Angemessenheitsgrenze von 321,- EUR, auf deren Grundlage die Kammer die Beklagte zur Leistungserbringung verurteilt hat. 494. Ein weitergehender Anspruch der Klägerin ergab sich auch nicht im Rahmen der kon-kret-individuellen Prüfung. Hier ist nach der Rechtsprechung des BSG zu prüfen, ob dem Leistungsberechtigten, dessen individuelle Kosten im Einzelfall die abstrakten Angemessenheitsgrenzen überschreiten, ein Umzug in eine kostenangemessene Wohnung konkret möglich und zumutbar ist (vgl. BSG, Urteil vom 22.08.2012 – B 14 AS 13/12 R). Dabei kommen nicht nur gesundheitliche Gründe in Betracht, wenn es um die Gründe für die "Unzumutbarkeit" von Kostensenkungsmaßnahmen (insbesondere durch Umzug) geht. Auch der Schutz des sozialen Umfeldes kann Kostensenkungsmaßnahmen unzumutbar machen. Aus solchen Umständen folgt allerdings im Regelfall kein Schutz der kostenunangemessenen Wohnung als solcher. Entsprechende Umstände schränken allenfalls die Obliegenheiten der Leistungsempfänger, die Kosten der Unterkunft zu senken, auf Bemühungen im näheren örtlichen Umfeld ein. Im vorliegenden Verfahren liegen besondere Umstände vor, die eine Kostensenkung zumindest erschweren. Diese bestehen zum einen in der Schwerbehinderung der Klägerin, aufgrund derer sie auf eine ebenerdige oder mit einem Aufzug ausgestattete Wohnung angewiesen ist. Zum anderen ist es aufgrund ihres Alters erforderlich, dass sie in der Nähe der Tochter wohnt, die wesentlich zu ihrer Versorgung beiträgt. Die Kammer kann daher gut nachvollziehen, dass die Klägerin bei der Wohnungssuche nur solche Wohnungen in Betracht gezogen hat, die diese Kriterien erfüllen. Möglicherweise ist es auch tatsächlich so gewesen, dass sich eine günstigere Wohnung, die gleichzeitig diese Kriterien erfüllt, zum Zeitpunkt des Umzuges nicht finden ließ. Dies hätte zur Konsequenz, dass die tatsächlichen Kosten angemessen wären und die Klägerin auch nicht zur Kostensenkung verpflichtet wäre. 50Die Klägerin hat die neue Wohnung jedoch ohne die Zustimmung der Beklagten angemietet und damit gem. § 35 Abs. 2 Satz 4 SGB XII von Anfang an lediglich einen Anspruch auf Übernahme angemessener Unterkunftskosten. Eine Aufforderung zur Kostensenkung war daher gar nicht erforderlich. In einer solchen Konstellation muss sie dem Gericht konkret darlegen, dass sich eine günstigere Wohnung nicht finden ließ, denn nach der Rechtsprechung des BSG erlauben die zutreffenden Ermittlungen zur abstrakt angemessenen Referenzmiete den Anscheinsbeweis, dass Wohnungen zum Preis der abstrakt angemessenen Miete tatsächlich anmietbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 22.08.2012 – B 14 AS 13/12 R, SGb 2013, 539 ff. mit kritischer Anmerkung Stölting). Im vorliegenden Verfahren ist die abstrakt angemessene Referenzmiete zwar nicht zutreffend ermittelt worden, denn es liegt kein schlüssiges Konzept vor (s.o.). Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Klägerin darlegen muss, dass sich auch zu der dann geltenden Angemessenheitsgrenze auf der Grundlage des WoGG eine passende Wohnung nicht finden ließ. Dieser Darlegungspflicht ist die Klägerin nicht nachgekommen. Sie hat zwar in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sie gemeinsam mit ihrer Tochter eine Erdgeschosswohnung gesucht habe und eine günstigere als die jetzt angemietete nicht gefunden habe. Auf die Nachfrage des Gerichts, ob es noch Nachweise über die Wohnungssuche gibt, hat sie geantwortet, dass dies nicht der Fall ist. Damit hat die Klägerin ihrer Darlegungspflicht nicht genügt, denn es besteht für das Gericht keine Möglichkeit zu überprüfen, ob sie sich zum damaligen Zeitpunkt ausreichend um günstigeren Wohnraum bemüht hat und aus welchen Gründen dies ggf. gescheitert ist. Diese Frage lässt sich auch nicht mit einem Sachver-ständigengutachten klären, so dass die Kammer einem entsprechenden Beweisantrag des Beistandes der Klägerin, der in der mündlichen Verhandlung gestellt wurde, nicht nachgegangen ist. 515. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Ver-fahrens. 526. Die Kammer hat die Berufung zugelassen. Dies war gem. § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG er-forderlich, denn die Kammer hat der Klage nur teilweise stattgegeben, so dass der Wert des Beschwerdegegenstandes für beide Seiten unter 750,- EUR liegt. Die Berufung war je-doch gem. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die Kammer misst insbesondere der Frage grundsätzliche Be-deutung bei, ob die Nachfragergruppen nach günstigem Wohnraum im örtlichen Ver-gleichsraum ermittelt werden müssen oder ob insoweit auf eine bundesweite Erhebung aus dem Jahr 2006 zurückgegriffen werden kann, um die Angemessenheitsgrenze im Jahr 2014 zu bestimmen. Diese Frage dürfte zwar durch das Urteil des BSG vom 18.11.2014 (B 4 AS 9/14 R) geklärt sein. Die Entscheidung bezieht sich jedoch auf eine Großstadt, so dass die Frage bleibt, ob im ländlichen Raum die gleichen Maßstäbe gelten. 537. Die Kammer hat die Sprungrevision nicht zugelassen. Im Hinblick auf die grundsätzli-che Bedeutung der Rechtssache wäre zwar gem. § 161 Abs. 2 SGG i.V.m. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG auch die Zulassung der Sprungrevision möglich gewesen. Die Entscheidung darüber steht jedoch im Ermessen der Kammer (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 161, Rn. 6). Die Kammer hat das Er-messen so ausgeübt, dass die Sprungrevision nicht zuzulassen war. Der Grund dafür liegt darin, dass die Beklagte durch ihren Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht hat, dass sie nunmehr auch Nachbesserungen an dem Konzept für notwendig und möglich hält. Dazu sind dann ggf. noch weitere Feststellungen erforderlich, die nur in einer Tatsacheninstanz getroffen werden können. Vor diesem Hintergrund erscheint es sachgerecht, zunächst das Berufungsverfahren durchzuführen-
der bescheid vom 28.06.2014 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 24.09.2014 und des änderungsbescheides vom 28.09.2014 wird abgeändert. die beklagte wird verurteilt, der klägerin leistungen der grundsicherung nach dem sgb xii unter berücksichtigung von unterkunftskosten i.h.v. 321,- eur pro monat zu gewähren. im übrigen wird die klage abgewiesen. die beklagte hat der klägerin die hälfte der notwendigen außergerichtlichen kosten zu erstatten. die berufung wird zugelassen. die sprungrevision wird nicht zugelassen. 1
2die klägerin begehrt höhere leistungen für die unterkunft im rahmen der grundsiche-rung im alter und bei erwerbsminderung nach dem sozialgesetzbuch zwölftes buch – sozialhilfe (sgb xii). 3die im jahr 1936 geborene klägerin hat vier kinder und ist geschieden. sie verfügt über einen schwerbehindertenausweis mit einem grad der behinderung (gdb) von 100 und den merkzeichen g und rf. die gesundheitlichen einschränkungen bestehen in einem augenleiden, einem wirbelsäulen-syndrom und einem hüftleiden. 4die klägerin bezog ab dem 01.07.2013 eine altersrente i.h.v. 597,59 eur. sie wohnte zu-nächst in olsberg und erhielt bereits dort ergänzende leistungen der grundsicherung nach dem sgb xii. 5die klägerin zog dann zum 01.07.2014 nach brilon um, weil dort auch eine tochter lebt, von der sie unterstützung erfährt. sie mietete eine erdgeschosswohnung an, nach dem mietvertrag und der vorgelegten mietbescheinigung beträgt die wohnfläche 65 qm. im termin zur mündlichen verhandlung hat die klägerin eine heizkostenabrechnung vorgelegt, wonach die wohnfläche lediglich 56 qm beträgt. die miete beläuft sich auf 300,- eur und die abschläge für die neben- und heizkosten betragen jeweils 70,- eur. die klägerin bewohnt die wohnung allein, eine zustimmung zur anmietung hat sie bei der beklagten nicht eingeholt. 6auf den antrag vom 02.06.2014 bewilligte die beklagte mit bescheid vom 28.06.2014 leistungen der grundsicherung für den zeitraum 01.07.2014 bis 30.06.2015. die miete kürzte sie um 68,51 eur und den abschlag für die nebenkosten um 15,99 eur, so dass insge-samt unterkunftskosten i.h.v. 285,50 eur bewilligt wurden. der abschlag für die heizkosten wurde in voller höhe anerkannt. 7die klägerin legte gegen den bescheid am 28.07.2014 widerspruch ein. diesen begrün-dete sie damit, dass die vorgenommenen kürzungen nicht rechtmäßig seien, da die auf-wendungen für die unterkunft angemessen seien. 8am 04.09.2014 legte die klägerin einen neuen rentenbescheid vor, der zahlbetrag hatte sich aufgrund der sog. mütterrente für vier kinder auf 710,27 eur erhöht. 9der widerspruch der klägerin wurde mit widerspruchsbescheid vom 24.09.2014 zurück-gewiesen. zur begründung führte der hochsauerlandkreis aus, dass die klägerin keinen weitergehenden anspruch auf leistungen der grundsicherung habe. der regelsatz und der mehrbedarf seien in gesetzlicher höhe bewilligt worden. es sei aufgrund einer analyse des örtlichen wohnungsmarktes ein schlüssiges konzept entwickelt worden und danach seien für eine alleinstehende person in der stadt brilon unterkunftskosten i.h.v. 285,50 eur angemessen. diese seien der klägerin bewilligt worden, so dass kein weitergehender anspruch bestehe. 10mit bescheid vom 28.09.2014 änderte die beklagte die bewilligung insoweit ab, als sie ab dem 01.10.2014 die neue rente i.h.v. 710,27 eur auf die leistungen anrechnete. im übri-gen blieb es bei den bisherigen festsetzungen. 11die klägerin hat am 20.10.2014 klage erhoben. diese begründet sie damit, dass ihre unterkunftskosten vollständig zu übernehmen seien. der umzug nach brilon sei erforderlich gewesen, da sie zum einen aufgrund ihrer erkrankungen die treppen zu der alten wohnung nicht mehr habe bewältigen können. sie sei bereits mehrfach gestürzt. zum anderen habe sie in die nähe ihrer tochter ziehen müssen, die wesentlich zu ihrer versorgung beitrage. die wohnung habe sie nach bestimmten kriterien ausgesucht, nämlich in der nähe der tochter gelegen, ebenerdig und mit einem passenden sozialen umfeld. eine günstigere wohnung, die gleichzeitig diese kriterien erfülle, sei in brilon nicht zu finden gewesen. das von der fa. xxx im auftrag des hochsauerlandkreises erstellt konzept entspreche nicht den vorgaben des bsg. darüber hinaus sei es auch nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. 12die klägerin beantragt, 13den bescheid vom 28.06.2014 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 24.09.2014 und des änderungsbescheides vom 28.09.2014 abzuändern und die beklagte zu verurteilen, die leistungen der grundsicherung nach dem sgb xii unter berücksichtigung der tatsächlichen unterkunftskosten zu gewähren. 14die beklagte beantragt, 15die klage abzuweisen. 16die beklagte verteidigt die angefochtenen bescheide, die sie für rechtmäßig hält. die klägerin habe keinen weitergehenden anspruch auf leistungen der grundsicherung nach dem sgb xii. das von der fa. xxx im auftrag des hochsauerlandkreises erstellt konzept entspreche den vorgaben des bsg. die beklagte beantragt darüber hinaus die zulassung der berufung und der sprungrevision zum bsg. 17das gericht hat das von der fa.xxx im auftrag des hochsauerlandkreises erstellte kon-zept beigezogen. wegen der einzelheiten wird auf das konzept bezug genommen. 18wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf die gerichtsakte und die verwaltungsakte der beklagten, die vorgelegen haben und gegenstand der entscheidungsfindung gewesen sind. 19
20die zulässige klage ist teilweise begründet. 21die klage ist als kombinierte anfechtungs- und leistungsklage gem. § 54 abs. 1 und 4 sgg i.v.m. § 56 sgg statthaft, denn die klägerin begehrt nicht allein die abänderung der bescheide, sondern zugleich die gewährung höherer leistungen für die unterkunft. sie konnte ihr begehren in zulässiger weise auf diese leistungen im rahmen der grundsi-cherung nach dem sgb xii beschränken, da es sich bei den leistungen für unterkunft und heizung um einen abtrennbaren streitgegenstand handelt (vgl. bsg, urteil vom 17.12.2015 - b 8 so 10/14 r m.w.n.). die begrenzung des streitgegenstands in zeitlicher hinsicht folgt aus dem bewilligungszeitraum (vgl. § 44 abs. 1 satz 1 sgb xii). der ände-rungsbescheid vom 28.09.2014 ist gem. § 86 sgg gegenstand des widerspruchsverfah-rens, obwohl er zeitlich nach dem widerspruchsbescheid erlassen wurde (vgl. bsg, urteil vom 12.05.1993 –7 rar 56/92). bescheide für folgende bewilligungszeiträume sind nicht nach § 96 sgg gegenstand des verfahrens geworden (vgl. bsg, urteil vom 17.12.2015 - b 8 so 10/14 r). 22der bescheid vom 28.06.2014 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 24.09.2014 und des änderungsbescheides vom 28.09.2014 erweist sich als rechtswidrig, denn die klägerin hat einen anspruch auf unterkunftskosten i.h.v. 321,- eur pro monat. soweit die klägerin einen weitergehenden anspruch geltend macht, ist die klage unbegründet und war somit im übrigen abzuweisen. 23der anspruch der klägerin beruht auf § 41 abs. 1 satz 1 sgb xii in der bis zum 31.12.2015 geltenden fassung. nach dieser vorschrift ist älteren und dauerhaft voll er-werbsgeminderten personen mit gewöhnlichem aufenthalt im inland, die ihren notwendigen lebensunterhalt nicht aus einkommen und vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 bestreiten können, auf antrag grundsicherung im alter und bei erwerbsminderung zu leisten. die klägerin erfüllt diese voraussetzungen, denn sie hat die altersgrenze des § 41 abs. 2 sgb xii erreicht, ihren gewöhnlichen aufenthalt im inland und kann ihren notwendigen lebensunterhalt nicht aus einkommen und vermögen bestreiten. dies gilt auch nach der bewilligung der sog. mütterrente für vier kinder, da der zahlbetrag von 710,27 eur den bedarf weiterhin nicht deckt. den not-wendigen antrag auf grundsicherung hat die klägerin am 02.06.2014 bei der beklagten gestellt. 24zu den leistungen der grundsicherung gehören nach § 42 nr. 4 sgb xii in der bis zum 31.12.2015 geltenden fassung die aufwendungen für unterkunft und heizung nach dem vierten abschnitt des dritten kapitels. nach § 35 abs. 1 satz 1 sgb xii in der bis zum 31.12.2015 geltenden fassung werden leistungen für die unterkunft grundsätzlich in höhe der tatsächlichen aufwendungen erbracht. im falle eines umzuges haben leis-tungsberechtigte nach § 35 abs. 2 satz 3 sgb xii vor abschluss eines vertrages über eine neue unterkunft den dort zuständigen träger der sozialhilfe über die nach den sät-zen 1 und 2 maßgeblichen umstände in kenntnis zu setzen. nach satz 4 ist der träger der sozialhilfe nur zur übernahme angemessener aufwendungen verpflichtet, es sei denn, er hat den darüber hinausgehenden aufwendungen vorher zugestimmt. 25die klägerin hat die beklagte vor dem abschluss des mietvertrages über die neue woh-nung in brilon nicht über die höhe der entstehenden aufwendungen in kenntnis gesetzt, sondern sie hat den vertrag erst vorgelegt, als er schon unterschrieben war. dementsprechend hat die beklagte zu den aufwendungen auch keine zustimmung erteilt. die klägerin hat damit gem. § 35 abs. 2 satz 4 sgb xii lediglich einen anspruch auf übernahme angemessener unterkunftskosten. 26der für das sozialhilferecht zuständige 8. senat des bsg hat sich hinsichtlich der ange-messenheit der unterkunftskosten der rechtsprechung der für die grundsicherung für arbeitsuchende nach dem sgb ii zuständigen senate des bsg angeschlossen (vgl. urteil vom 23.03.2010 - b 8 so 24/08 r). die kammer zieht daher zur auslegung des § 35 sgb xii ebenfalls die rechtsprechung zum sgb ii heran (vgl. allgemein zur notwendigkeit einer harmonisierung zwischen sgb ii und sgb xii: coseriu, in: bender/eicher, sozialrecht - eine terra incognita, 2009, 225, 255 f.; stölting/greiser, sgb 2010, 631 ff.). 27der begriff der "angemessenheit" unterliegt als unbestimmter rechtsbegriff der uneinge-schränkten richterlichen kontrolle (vgl. bsg, urteil vom 16.06.2015 - b 4 as 44/14 r). 28die angemessenheitsprüfung hat unter berücksichtigung des allgemeinen gleichheitssatzes nach einheitlichen kriterien zu erfolgen. das rechtsstaatsprinzip fordert die verlässlichkeit und vorhersehbarkeit der begrenzung. zur konkretisierung der angemessenheitsgrenze ist daher auf einer ersten stufe eine abstrakte (sog. abstrakte angemessenheit) und auf einer zweiten stufe eine konkret-individuelle prüfung (sog. konkrete angemessenheit) vorzunehmen (vgl. bsg, urteil vom 10.09.2013 – b 4 as 77/12 r). zur festlegung der abstrakt angemessenen leistungen für die unterkunft ist zunächst die angemessene wohnungsgröße (dazu unter 1.) und der maßgebliche örtliche vergleichsraum (dazu unter 2.) zu ermitteln. alsdann ist zu ermitteln, wie viel auf diesem wohnungsmarkt für eine einfache wohnung aufzuwenden ist (dazu unter 3). angemessen ist eine wohnung nur dann, wenn sie nach ausstattung, lage und bausubstanz einfachen und grundlegenden bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das produkt aus wohnfläche und standard, das sich in der wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (vgl. bsg, urteil vom 16.06.2015 - b 4 as 44/14 r). nach der festlegung der abstrakten angemessenheit schließt sich die konkret-individuelle prüfung an (dazu unter 4.). 291. die abstrakt angemessene wohnungsgröße beträgt 50 qm. nach der rechtsprechung des bsg ist zur bestimmung der angemessenheit der wohnungsgröße auf die werte zurückzugreifen, welche die länder aufgrund des § 10 des gesetzes über die soziale wohnraumförderung (wofg) festgesetzt haben (vgl. bsg, urteil vom 10.09.2013 – b 4 as 77/12 r). das sind in nordrhein-westfalen die mit dem runderlass des ministeriums für bauen und verkehr vom 12.12.2009 erlassenen wohnraumnutzungsbestimmungen (mbl. nrw 2010, 1). maßgeblich sind daher ab dem 01.01.2010 die in nr. 8.2 der wohnraumnutzungsbestimmungen angesetzten werte für wohnflächen (vgl. lsg nrw, urteil vom 29.10.2015 – l 7 as 1310/11). danach beträgt die angemessene wohnungsgröße für eine alleinstehende person 50 qm. 30offen bleiben kann im vorliegenden verfahren, wie groß die wohnung der klägerin tat-sächlich ist. insoweit bestehen unsicherheiten, da die wohnfläche im mietvertrag und in der vorgelegten mietbescheinigung mit 65 qm angegeben ist. im termin zur mündlichen verhandlung hat die klägerin dann eine heizkostenabrechnung vorgelegt, wonach die wohnfläche lediglich 56 qm beträgt. weitere ermittlungen waren insoweit nicht erforder-lich, da die angemessenheit der unterkunftskosten nicht davon abhängt, ob und ggf. in welchem umfang die angemessene wohnungsgröße überschritten wird. nach der sog. produkttheorie des bsg genügt es, dass das produkt aus wohnfläche und standard, das sich in der wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (vgl. bsg, urteil vom 16.06.2015 - b 4 as 44/14 r). der leistungsberechtige kann also durchaus auch eine größere wohnung anmieten, wenn die dadurch entstehenden kosten im rahmen des angemessenen bleiben. 312. der örtliche vergleichsraum ist nicht nur die stadt brilon. als örtlicher vergleichsraum ist in erster linie der wohnort des leistungsberechtigten maßgebend, ohne dass hierfür der kommunalverfassungsrechtliche begriff der "gemeinde" entscheidend sein muss. bei besonders kleinen gemeinden, etwa im ländlichen raum, die über keinen repräsentativen wohnungsmarkt verfügen, kann es geboten sein, größere gebiete als vergleichsmaßstab zusammenzufassen. entscheidend ist es, für die repräsentative bestimmung des mietpreisniveaus ausreichend große räume der wohnbebauung zu beschreiben, die aufgrund ihrer räumlichen nähe zueinander, ihrer infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen lebens- und wohnbereich bilden (vgl. bsg, urteil vom 12.12.2013 – b 4 as 87/12 r). nach dieser rechtsprechung war es also nicht erforderlich, die stadt brilon als eigenen vergleichsraum zu betrachten, sondern sie konnte aufgrund ihrer geringen einwohnerzahl von ca. 25.000 mit anderen städten und gemeinden zusammengefasst werden. der hochsauerlandkreis hat insgesamt ca. 260.000 einwohner und könnte daher durchaus einen einheitlichen vergleichsraum bilden, da nach der rechtsprechung des bsg selbst großstädte mit mehreren millionen einwohnern nicht unterteilt werden brauchen (so zur stadt münchen: bsg, urteil vom 10.09.2013 – b 4 as 77/12 r). dies hätte jedoch nicht zu sachgerechten ergebnissen geführt, da sich die städte und gemeinden im hochsauerlandkreis nach ihrer struktur deutlich voneinander unterscheiden und es somit keinen einheitlichen wohnungsmarkt gibt. die xxx ist daher einen mittelweg gegangen, indem sie in ihrem konzept nicht den gesamten hochsauerlandkreis als vergleichsraum für die bestimmung der angemessenen unterkunftskosten in brilon zugrunde gelegt hat, sondern es sind sog. wohnungsmarkttypen gebildet worden. dabei handelt es sich dann um den jeweiligen vergleichsraum (a.a. offenbar lsg thüringen, urteil vom 08.07.2015 - l 4 as 718/14, wonach der kreis weiterhin der vergleichsraum sein soll, auch wenn wohnungsmarktty-pen gebildet werden). 32die bildung der wohnungsmarkttypen erfolgte mit hilfe einer sog. clusteranalyse. dabei ist anhand von vordefinierten kriterien ermittelt worden, dass sich der wohnungsmarkt in bestimmten städte und gemeinden ähnelt, so dass diese zusammengefasst wurden. im ergebnis sind dann drei wohnungsmarkttypen gebildet worden, wobei die stadt arnsberg einen eigenen typ bildet, da sie sich mit keiner anderen stadt oder gemeinde im kreisgebiet vergleichen lässt. die stadt brilon zählt zum wohnungsmarkttyp ii, dem die meisten städte und gemeinden des hochsauerlandkreises angehören. neben brilon sind dies noch bestwig, eslohe, hallenberg, marsberg, medebach und olsberg. 33die kammer hat gegen diese vorgehensweise keine grundsätzlichen bedenken. wenn man den gesamten hochsauerlandkreis als vergleichsraum zugrunde gelegt hätte, so wäre eine durchschnittliche angemessenheitsgrenze ermittelt worden, die z.b. für die stadt arnsberg zu niedrig und für die kleineren städte und gemeinden zu hoch ausgefallen wäre. vor diesem hintergrund erscheint es sinnvoll, vergleichbare städte und gemeinden zusammenzufassen und dann jeweils getrennt die angemessenheitsgrenzen festzulegen. auch gegen die von der xxx durchgeführte clusteranalyse bestehen keine grundsätzlichen bedenken, da es sich dabei um eine sachgerechte methode handelt, um die vergleichbarkeit festzustellen. der umstand, dass die städte und gemeinden des wohnungsmarkttyps ii nicht alle räumlich miteinander verbunden sind, ist nach auffassung der kammer grundsätzlich unbedenklich. denn die festlegung des vergleichsraums ist nicht gleichbedeutend damit, dass die leistungsberechtigten auf alle wohnungen aus diesem bereich verwiesen werden können. es geht zunächst um die ermittlung der abstrakt angemessenen unterkunftskosten und da können auch weiter entfernt liegende städte und gemeinden zusammengefasst werden. der maßgebende noch zumutbare wohnbereich kann im hinblick auf das soziale umfeld unter umständen enger zu begrenzen sein als das gebiet, das im hinblick auf die mietpreishöhe als vergleichsmaßstab herangezogen wurde (vgl. bsg, urteil vom 18.06.2008 - b 14/7b as 44/06 r). die frage, ob ein umzug zumutbar ist und welche städte dafür ggf. in betracht kommen, um das soziale umfeld zu erhalten, ist jedoch erst auf der ebene der konkreten angemessenheit zu prüfen (dazu unter 4.). 343. die ermittlung der angemessenheitsgrenze entspricht nicht den vorgaben des bsg. zur ausfüllung des unbestimmten rechtsbegriffs der angemessenheit der unterkunft muss der abstrakt als angemessen anzuerkennende mietpreis unter berücksichtigung der örtlichen besonderheiten ermittelt werden (sog. "referenzmiete"). erforderlich dazu sind überprüfbare erhebungen und auswertungen, die eine hinreichende gewähr dafür bieten, dass sie die aktuellen verhältnisse des örtlichen wohnungsmarkts wiedergeben (sog. "schlüssiges konzept", vgl. bsg, urteil vom 29.04.2015 - b 14 as 6/14 r). 35die kammer hat im vorliegenden verfahren die datenerhebung und -auswertung der xxx nicht im einzelnen überprüft (vgl. zu einem vergleichbaren konzept ausführlich: lsg thüringen, urteil vom 08.07.2015 - l 4 as 718/14). grundsätzliche bedenken bestehen allerdings auch insoweit nicht, wobei diese frage im vorliegenden verfahren offen bleiben kann, da das konzept an einem anderen punkt nicht den vorgaben des bsg entspricht. 36nach der rechtsprechung des bsg kann ein schlüssiges konzept sowohl auf wohnun-gen aus dem gesamtwohnungsbestand (einfacher, mittlerer, gehobener standard) als auch auf wohnungen nur einfachen standards abstellen. legt der grundsicherungsträger seiner datenerhebung nur die wohnungen so genannten einfachen standards zu grunde, muss er nachvollziehbar offen legen, nach welchen gesichtspunkten er dabei die auswahl getroffen hat. in diesem fall ist als angemessenheitsgrenze der spannenoberwert, d.h. der obere wert der ermittelten mietpreisspanne zu grunde zu legen (vgl. bsg, urteil vom 22.09.2009 - b 4 as 18/09 r). wenn die angemessenheitsgrenze aufgrund des gesamtwohnungsbestandes ermittelt wird, ist eine kappungsgrenze festzulegen, d.h. es muss definiert werden, welcher quadratmeterpreis noch angemessen ist und welcher nicht mehr. 37die xxx hat sich in ihrem konzept dafür entschieden, die angemessenheitsgrenze auf der grundlage des gesamtwohnungsbestandes zu ermitteln. die alleinige erhebung der mieten im unteren wohnungsmarktsegment könne aus erhebungstechnischer sicht und aufgrund der notwendigen gewährleistung einer versorgungssicherheit nicht mit einem vertretbaren aufwand realisiert werden (vgl. s. 20 des konzepts). theoretisch sei es mög-lich, eine definition der angemessenheit auf basis einer auflistung vorzunehmen, über welche ausstattungsmerkmale, in welcher qualität eine wohnung maximal verfügen dürfe, um angemessen zu sein. dies sei in der empirischen praxis jedoch nicht umsetzbar, da dann ein differenzierter katalog mit ausstattungsmerkmalen sowie deren jeweiliger gewichtung erstellt und dieser dann für jede potentiell infrage kommende wohnung abgeprüft werden müsste. dieser erhebungsaufwand sei in der regel nicht realisierbar, zumal die teilnahme an der erhebung freiwillig sei. dazu komme noch das problem, dass auf diese weise nicht die versorgung aller bedarfsgemeinschaften sichergestellt werden könne, so dass der ausstattungskatalog dann ggf. noch angepasst werden müsse. 38vor diesem hintergrund hat sich die xxx entschieden, den gesamtwohnungsmarkt des jeweiligen wohnungsmarkttyps zu ermitteln und dann eine kappungsgrenze festzulegen. dies erfolgt in einem sog. iterativen verfahren, in dem ein bestimmter anteil an den bestandsmieten so lange erhöht wird, bis ein ausreichendes angebot an wohnraum zur verfügung steht, um den bedarf der nachfragergruppen im unteren segment zu decken. die nachfrager im unteren segment setzen sich nach dem konzept aus den bedarfsgemeinschaften nach dem sgb ii und sgb xii, den wohngeldemp-fängern und den sonstigen nachfragern zusammen. bei den letztgenannten handelt es sich z.b. um personen mit einkommen knapp über der grundsicherungsschwelle und studierende. nach dem konzept haben die sonstigen nachfrager einen anteil von 10% der haushalte. 39die festlegung der kappungsgrenze erfolgt hier also nicht rein normativ, indem z.b. die unteren 20% oder 30% der ermittelten wohnungen als angemessen angesehen werden. vielmehr wird die kappungsgrenze aus einer bestimmten nachfrage nach günstigem wohnraum abgeleitet. dies bedeutet, dass die nachfrageseite bereits im rahmen der abstrakten angemessenheit einbezogen wird. 40das bsg hat eine solche herangehensweise ausdrücklich gebilligt. im rahmen der me-thodenfreiheit sei es zulässig, die angemessene bruttokaltmiete unter einbeziehung der nachfrageseite abzuleiten (vgl. bsg, urteil vom 18.11.2014 – b 4 as 9/14 r, rn. 22). es bestünden keine bedenken grundsätzlicher art gegen den methodischen ansatz, die referenzmiete z.b. auf der basis der daten eines qualifizierten mietspiegels sowie des verhältnisses zwischen den häufigkeiten angemessener verfügbarer wohnungen (angebotsseite) und versorgungsbedürftiger bedarfs- und einstandsgemeinschaften nach dem sgb ii und dem sgb xii (nachfrageseite) zu ermitteln. 41nach der auffassung der kammer ist es sogar zwingend erforderlich, die nachfrageseite bereits bei der festlegung der abstrakten angemessenheit einzubeziehen. das bsg hat es zwar abgelehnt, persönliche lebensumstände des leistungsberechtigten (wie z.b., dass er alleinerziehend oder schwerbehindert ist) im rahmen der abstrakten angemes-senheit der kosten (auch soweit sie in einem bestimmten raumbedarf ausdruck finden) zu berücksichtigen, da sich solche umstände nicht abstrakt erfassen ließen. sie seien vielmehr bei der frage zu prüfen, ob dem leistungsberechtigten, dessen individuelle kosten im einzelfall die abstrakten angemessenheitsgrenzen überschreiten, ein umzug in eine kostenangemessene wohnung konkret möglich und zumutbar sei (vgl. bsg, urteil vom 22.08.2012 – b 14 as 13/12 r, sgb 2013, 539 ff. mit kritischer anmerkung stölting). dies bedeutet indes nicht, dass die angemessenheitsgrenze vollkommen unabhängig von der möglichkeit, eine angemessene wohnung zu finden, festgelegt werden könnte. denn es ergibt keinen sinn, abstrakte richtwerte festzulegen, zu denen der aktuelle wohnungsmarkt konkret keine wohnungen in ausreichender zahl vorhält (vgl. lsg sachsen, urteil vom 19.12.2013 – l 7 as 637/12, rn. 147). es muss vielmehr gewährleistet sein, dass nach der struktur des örtlichen wohnungsbestandes alle leistungsberechtigten am ort tatsächlich die möglichkeit haben, mit den als angemessen bestimmten beträgen eine bedarfsgerechte, menschenwürdige unterkunft anmieten zu können; zu diesem preis muss auf dem örtlichen wohnungsmarkt hinreichend angemessener freier wohnraum verfügbar sein (vgl. berlit, in: lpk-sgb ii, 5. aufl. 2013, § 22, rn. 57; malottki, info also 2012, 99, 105). 42mit der berücksichtigung der nachfrageseite bereits bei der festlegung der abstrakten angemessenheit lässt sich auch dem problem des sog. "verschlossenen mietwohnungs-marktes" begegnen. ein solcher liegt vor, wenn es tatsächlich erschwert ist, überhaupt wohnraum anzumieten, z.b. weil es aufgrund einer hohen eigentumsquote insgesamt nur wenige mietangebote gibt oder die zahl der interessenten größer ist als die der angebotenen wohnungen (vgl. knickrehm, soziale sicherheit 2015, 287, 291). auch ein solcher umstand ist bei der erstellung des schlüssigen konzepts zu berücksichtigen, denn es kommt darauf an, dass der unterkunftsbedarf der leistungsberechtigten tatsächlich gedeckt werden kann und dies ist nur dann möglich, wenn angemessener wohnraum konkret zur verfügung steht. auch dies spricht dafür, dass die angemessenheitsgrenze nach wohnungsgrößen differenziert empirisch abgeleitet werden muss und nicht lediglich normativ gesetzt werden kann (vgl. knickrehm, soziale sicherheit 2015, 287, 292). 43bei den nachfragern nach günstigem wohnraum handelt es sich nicht nur um die leis-tungsberechtigten nach dem sgb ii und sgb xii sowie die wohngeldempfänger, sondern es sind auch sonstige personen mit geringem einkommen zu berücksichtigen, z.b. beschäftigte mit einkommen knapp über der grundsicherungsschwelle und studierende. es ist also auch die sog. nachfragekonkurrenz zu ermitteln, da sie bei der festlegung der angemessenheitsgrenze zu berücksichtigen ist. davon ist auch die xxx in dem vorliegenden konzept ausgegangen, die konkrete umsetzung ist jedoch mangelhaft, da die sonstigen nachfrager im hochsauerlandkreis nicht ermittelt worden sind. das konzept geht davon aus, dass die sonstigen nachfrager einen anteil von 10% der haushalte haben. diese zahl basiert auf dem forschungsprojekt "kosten der unterkunft und die wohnungsmärkte" des bundesamtes für bauwesen und raumordnung (bbr) aus dem jahr 2009 (heft 142 in der schriftenreihe "forschungen" - herausgegeben vom bundesministerium für verkehr, bauwesen und stadtentwicklung (bmvbs), abrufbar unter: www.bbr.bund.de). auf der seite 12 des endberichts wird angegeben, dass es bundesweit 2,983 millionen haushalte unter der armutsrisikogrenze gebe, die weder mindestsicherung noch wohngeld bezögen, das sei ein anteil von 7,5%. die zahlen stammen aus dem jahr 2006. im schriftsatz vom 08.09.2015 hat die beklagte erläuternd mitgeteilt, dass die sonstigen nachfrager durch die amtliche statistik nicht erfasst würden und auch nicht ermittelt werden könnten. man habe daher den bundesweiten anteil zugrunde gelegt und für das konzept auf 10% angehoben, es handele sich dabei um einen sicherheitsaufschlag. 44diese daten sind nach der auffassung der kammer nicht geeignet, um die angemessen-heitsgrenze festzulegen. das schlüssige konzept muss eine hinreichende gewähr dafür bieten, dass die aktuellen verhältnisse des örtlichen wohnungsmarkts wiedergegeben werden (vgl. bsg, urteil vom 29.04.2015 - b 14 as 6/14 r). dies ist jedoch nicht der fall, wenn zahlen aus einer bundesweiten erhebung verwendet werden. darüber hinaus sind die daten mittlerweile auch total veraltet, da sie im jahr 2006 erhoben wurden. sie sind daher offensichtlich nicht geeignet, um die angemessenheitsgrenze im jahr 2014 zu bestimmen. 45das lsg sachsen hatte in einem vergleichbaren fall darauf hingewiesen, dass die überregional gewonnenen daten des mikrozensus 2006 nicht hinreichende gewähr dafür bieten, dass die aktuellen verhältnisse des örtlichen wohnungsmarkts wiedergeben werden (vgl. lsg sachsen, urteil vom 19.12.2013 - l 7 as 637/12). das von dem zuständigen grundsicherungsträger beauftragte institut hatte daraufhin eine sonderauswertung der kommunalen bürgerumfrage aus dem jahr 2010 zugrunde gelegt. es ist also im gerichtlichen verfahren eine nachbesserung erfolgt, die schließlich dazu geführt hat, dass das schlüssige konzept sowohl vom lsg sachsen, als auch im anschließenden revisionsverfahren vom bsg bestätigt wurde (vgl. bsg, urteil vom 18.11.2014 - b 4 as 9/14 r). das bsg weist in seiner entscheidung noch einmal darauf hin, dass das beauftragte institut nach aufforderung durch das lsg nachbesserungen am konzept vorgenommen habe, u.a. die ermittlung der nachfragekonkurrenz anhand der kommunalen bürgerumfrage und nicht anhand des mikrozensus (vgl. rn. 24 des urteils). 46in gleicher weise hätte auch das vorliegende konzept von der xxx nachgebessert wer-den müssen, indem die sonstigen nachfrager ermittelt werden. die kammer hat die be-klagte mit verfügung vom 30.07.2015 darauf hingewiesen, dass die nachfragergruppen im unteren marktsegment auf der grundlage der örtlichen gegebenheiten ermittelt wer-den müssen und nicht auf der grundlage des bundesdurchschnitts und sie zur nachbesserung des konzepts aufgefordert. die beklagte hat dazu im schriftsatz vom 08.09.2015 mitgeteilt, dass die sonstigen nachfrager durch die amtliche statistik nicht erfasst würden und auch nicht kleinräumig ermittelt werden könnten. im anwaltlichen schriftsatz der beklagten vom 15.02.2016 ist dies noch einmal wiederholt worden. diese aussage ist jedoch offensichtlich nicht zutreffend, denn das beispiel des lsg sachsen (vgl. urteil vom 19.12.2013 - l 7 as 637/12) zeigt, dass sich die daten auch im ver-gleichsraum erheben lassen und daher nicht auf eine bundesweite erhebung zurückgegriffen werden muss (kommunale bürgerumfrage anstatt des mikrozensus 2006). 47weitere ermittlungen durch die kammer waren nicht erforderlich. nach der recht-sprechung des bsg ist die umfassende ermittlung der daten sowie deren auswertung im sinne der erstellung eines schlüssigen konzepts angelegenheit des grundsicherungsträgers und bereits für die sachgerechte entscheidung im verwaltungsverfahren notwendig. im rechtsstreit muss der grundsicherungsträger sein konzept auf anforderung durch das gericht vorlegen. entscheidet er ohne ein solches schlüssiges konzept, ist er im rahmen seiner prozessualen mitwirkungspflicht nach § 103 satz 1 2. halbs. sgg gehalten, dem gericht eine zuverlässige entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf. eine unterbliebene datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen. liegen dennoch keine ausreichenden daten vor, brauchen insbesondere für weit zurückliegende zeiträume nicht unverhältnismäßig aufwändige ermittlungen durchgeführt zu werden. die amtsermittlungspflicht der tatsacheninstanzen ist in diesen fällen begrenzt (vgl. bsg, urteil vom 16.06.2015 - b 4 as 44/14 r). so liegt der fall auch hier, denn das von der beklagten vorgelegte konzept entspricht nicht den anforderungen an ein schlüssiges konzept im sinne der recht-sprechung des bsg (s.o.). die kammer hat die beklagte daher aufgefordert, die notwen-digen ermittlungen nachzuholen und das konzept nachzubessern. die beklagte hat dazu mitgeteilt, dass sie die erhebungen nicht durchführen könne. vor diesem hintergrund waren weitere ermittlungen durch die kammer nicht erforderlich, denn es ist nicht die aufgabe des gerichts, für die beklagte ein schlüssiges konzept zu erstellen. die kammer ist daher auch nicht dem beweisantrag gefolgt, den der prozessbevollmächtigte der beklagten in der mündlichen verhandlung gestellt hat. wenn die beklagte nunmehr doch zu der überzeugung gelangt ist, dass sich die nachfragergruppen nach günstigem wohnraum im örtlichen vergleichsraum ermitteln lassen, dann ist es ihre aufgabe bzw. die des beauftragten instituts, die notwendigen ermittlungen durchzuführen. 48es lag somit zum zeitpunkt der mündlichen verhandlung ein sog. erkenntnisausfall vor. in einer solchen konstellation sind nach der rechtsprechung des bsg grundsätzlich die tatsächlichen aufwendungen zu übernehmen. diese werden wiederum durch die tabellenwerte zu § 12 wogg im sinne einer angemessenheitsobergrenze gedeckelt, wobei die werte um einen sicherheitszuschlag von 10% zu erhöhen sind (vgl. bsg, urteil vom 12.12.2013 - b 4 as 87/12 r). die stadt brilon gehört zur mietenstufe i und für diese kommunen ist in § 12 wogg in der bis zum 31.12.2015 geltenden fassung für einen ein-personen-haushalt ein wert von 292,- eur vorgesehen. zzgl. des sicherheitszuschlages von 10% ergibt sich eine angemessenheitsgrenze von 321,- eur, auf deren grundlage die kammer die beklagte zur leistungserbringung verurteilt hat. 494. ein weitergehender anspruch der klägerin ergab sich auch nicht im rahmen der kon-kret-individuellen prüfung. hier ist nach der rechtsprechung des bsg zu prüfen, ob dem leistungsberechtigten, dessen individuelle kosten im einzelfall die abstrakten angemessenheitsgrenzen überschreiten, ein umzug in eine kostenangemessene wohnung konkret möglich und zumutbar ist (vgl. bsg, urteil vom 22.08.2012 – b 14 as 13/12 r). dabei kommen nicht nur gesundheitliche gründe in betracht, wenn es um die gründe für die "unzumutbarkeit" von kostensenkungsmaßnahmen (insbesondere durch umzug) geht. auch der schutz des sozialen umfeldes kann kostensenkungsmaßnahmen unzumutbar machen. aus solchen umständen folgt allerdings im regelfall kein schutz der kostenunangemessenen wohnung als solcher. entsprechende umstände schränken allenfalls die obliegenheiten der leistungsempfänger, die kosten der unterkunft zu senken, auf bemühungen im näheren örtlichen umfeld ein. im vorliegenden verfahren liegen besondere umstände vor, die eine kostensenkung zumindest erschweren. diese bestehen zum einen in der schwerbehinderung der klägerin, aufgrund derer sie auf eine ebenerdige oder mit einem aufzug ausgestattete wohnung angewiesen ist. zum anderen ist es aufgrund ihres alters erforderlich, dass sie in der nähe der tochter wohnt, die wesentlich zu ihrer versorgung beiträgt. die kammer kann daher gut nachvollziehen, dass die klägerin bei der wohnungssuche nur solche wohnungen in betracht gezogen hat, die diese kriterien erfüllen. möglicherweise ist es auch tatsächlich so gewesen, dass sich eine günstigere wohnung, die gleichzeitig diese kriterien erfüllt, zum zeitpunkt des umzuges nicht finden ließ. dies hätte zur konsequenz, dass die tatsächlichen kosten angemessen wären und die klägerin auch nicht zur kostensenkung verpflichtet wäre. 50die klägerin hat die neue wohnung jedoch ohne die zustimmung der beklagten angemietet und damit gem. § 35 abs. 2 satz 4 sgb xii von anfang an lediglich einen anspruch auf übernahme angemessener unterkunftskosten. eine aufforderung zur kostensenkung war daher gar nicht erforderlich. in einer solchen konstellation muss sie dem gericht konkret darlegen, dass sich eine günstigere wohnung nicht finden ließ, denn nach der rechtsprechung des bsg erlauben die zutreffenden ermittlungen zur abstrakt angemessenen referenzmiete den anscheinsbeweis, dass wohnungen zum preis der abstrakt angemessenen miete tatsächlich anmietbar sind (vgl. bsg, urteil vom 22.08.2012 – b 14 as 13/12 r, sgb 2013, 539 ff. mit kritischer anmerkung stölting). im vorliegenden verfahren ist die abstrakt angemessene referenzmiete zwar nicht zutreffend ermittelt worden, denn es liegt kein schlüssiges konzept vor (s.o.). dies ändert jedoch nichts daran, dass die klägerin darlegen muss, dass sich auch zu der dann geltenden angemessenheitsgrenze auf der grundlage des wogg eine passende wohnung nicht finden ließ. dieser darlegungspflicht ist die klägerin nicht nachgekommen. sie hat zwar in der mündlichen verhandlung angegeben, dass sie gemeinsam mit ihrer tochter eine erdgeschosswohnung gesucht habe und eine günstigere als die jetzt angemietete nicht gefunden habe. auf die nachfrage des gerichts, ob es noch nachweise über die wohnungssuche gibt, hat sie geantwortet, dass dies nicht der fall ist. damit hat die klägerin ihrer darlegungspflicht nicht genügt, denn es besteht für das gericht keine möglichkeit zu überprüfen, ob sie sich zum damaligen zeitpunkt ausreichend um günstigeren wohnraum bemüht hat und aus welchen gründen dies ggf. gescheitert ist. diese frage lässt sich auch nicht mit einem sachver-ständigengutachten klären, so dass die kammer einem entsprechenden beweisantrag des beistandes der klägerin, der in der mündlichen verhandlung gestellt wurde, nicht nachgegangen ist. 515. die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg und entspricht dem ausgang des ver-fahrens. 526. die kammer hat die berufung zugelassen. dies war gem. § 144 abs. 1 nr. 1 sgg er-forderlich, denn die kammer hat der klage nur teilweise stattgegeben, so dass der wert des beschwerdegegenstandes für beide seiten unter 750,- eur liegt. die berufung war je-doch gem. § 144 abs. 2 nr. 1 sgg im hinblick auf die grundsätzliche bedeutung der rechtssache zuzulassen. die kammer misst insbesondere der frage grundsätzliche be-deutung bei, ob die nachfragergruppen nach günstigem wohnraum im örtlichen ver-gleichsraum ermittelt werden müssen oder ob insoweit auf eine bundesweite erhebung aus dem jahr 2006 zurückgegriffen werden kann, um die angemessenheitsgrenze im jahr 2014 zu bestimmen. diese frage dürfte zwar durch das urteil des bsg vom 18.11.2014 (b 4 as 9/14 r) geklärt sein. die entscheidung bezieht sich jedoch auf eine großstadt, so dass die frage bleibt, ob im ländlichen raum die gleichen maßstäbe gelten. 537. die kammer hat die sprungrevision nicht zugelassen. im hinblick auf die grundsätzli-che bedeutung der rechtssache wäre zwar gem. § 161 abs. 2 sgg i.v.m. § 160 abs. 2 nr. 1 sgg auch die zulassung der sprungrevision möglich gewesen. die entscheidung darüber steht jedoch im ermessen der kammer (vgl. leitherer, in: meyer-ladewig/keller/leitherer, sgg, 11. auflage 2014, § 161, rn. 6). die kammer hat das er-messen so ausgeübt, dass die sprungrevision nicht zuzulassen war. der grund dafür liegt darin, dass die beklagte durch ihren beweisantrag in der mündlichen verhandlung deutlich gemacht hat, dass sie nunmehr auch nachbesserungen an dem konzept für notwendig und möglich hält. dazu sind dann ggf. noch weitere feststellungen erforderlich, die nur in einer tatsacheninstanz getroffen werden können. vor diesem hintergrund erscheint es sachgerecht, zunächst das berufungsverfahren durchzuführen-
Klaeger*in
1
338,756
6 A 2115/19.A
2021-06-07T00:00:00
Urteil
Tenor Soweit die Beteiligten das Verfahren im Hinblick auf den Kläger zu 2. übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 13. Mai 2019 ist insoweit wirkungslos. Im Übrigen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 13. Mai 2019 geändert. Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 25. April 2017 verpflichtet, der Klägerin zu 1. die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Instanzen trägt die Beklagte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die am 1. September 1975 in Isfahan geborene Klägerin zu 1. und der am 7. Januar 2001 in Abadan geborene Kläger zu 2. sind iranische Staatsangehörige. Nach ihren eigenen Angaben verließen sie den Iran im Dezember 2015 und reisten zunächst mit dem Flugzeug von Teheran nach Istanbul und von dort Ende Dezember 2015 weiter auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein. Nachdem bereits am 4. Januar 2016 die Meldung als Asylsuchende erfolgt war, stellten die Kläger am 25. November 2016 einen förmlichen Asylantrag. 3Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 11. Januar 2017 gab die Klägerin zu 1. für sich und ihren zum damaligen Zeitpunkt noch minderjährigen Sohn, den Kläger zu 2., an, Perser und protestantische Christen zu sein und zuletzt in Schahinschahr, Provinz Isfahan, gewohnt zu haben. Weiterhin erklärte sie im Wesentlichen, vor fünf Jahren zum christlichen Glauben gefunden zu haben, nachdem sie einige Male eine Versammlung für Angehörige von Drogenabhängigen besucht habe, im Rahmen derer Teile des christlichen Gebets (Vater unser) gebetet worden seien. Ihr Ehemann sei damals, wie auch heute noch, drogenabhängig gewesen. Durch das Gebet habe sie eine innere Ruhe gefunden. Sie habe sich auch einen christlichen TV-Sender aus Kanada in persischer Sprache angesehen. Vor drei Jahren hätten sie dann eine Wohnung an eine christliche Familie verkauft. Ihr älterer Sohn habe sich mit der Tochter der Familie gut verstanden. Durch den Kontakt mit dieser Familie hätten sie mehr Informationen über das Christentum bekommen. Ihr Sohn habe auch eine Bibel erhalten. Er sei vom Christentum so begeistert gewesen, dass er an der Universität angefangen habe zu missionieren. Kurz vor ihrer Ausreise sei ihr Sohn vor einer Festnahme gewarnt worden. Ihr Ehemann, von dem sie seit 15 Jahren getrennt gelebt, der für sie aber wirtschaftlich gesorgt habe, sei wütend gewesen, als er von der Tätigkeit seines Sohnes erfahren habe, und habe ihr die Schuld an den möglichen Konsequenzen gegeben. Er habe vorgeschlagen, dass ihr Sohn den Iran verlasse, was dieser auch getan habe. Sie sei dann mit ihrem jüngeren Sohn – dem Kläger zu 2. – einige Tage später in die Türkei gereist und habe dort den älteren Sohn getroffen. Zunächst gab sie hierfür als Grund an, sie habe sich von ihm verabschieden bzw. ihn bei der Weiterreise nach Europa unterstützen wollen. Im weiteren Verlauf der Anhörung erklärte sie, die Angabe sei ein Fehler gewesen, tatsächlich sei sie aus Angst vor Verfolgung durch die iranischen Behörden aufgrund ihrer Konversion zum Christentum geflüchtet. Drei Tage nach der Einreise in die Türkei sei ihre Wohnung im Iran von Sicherheitsbehörden durchsucht worden. 4Auf die Frage, was sie dazu veranlasst habe, sich vom Islam ab- und sich dem Christentum zuzuwenden, trug die Klägerin zu 1. vor, im Islam würden die Rechte der Frauen mit Füßen getreten. Der Islam bestehe für sie nur aus Gewalt und Lügen. Im Christentum habe sie die Liebe von Jesus Christus gespürt. Durch die Taufe werde man zu einem neuen Menschen. Nach ihrer Konversion habe sie eine andere Lebenseinstellung gehabt. Zu ihrer Familie mütterlicherseits sei, nachdem sie von ihrer Konversion erzählt habe, der Kontakt abgebrochen, wohingegen die Familie väterlicherseits den Glaubenswechsel sehr tolerant aufgefasst habe. 5Die Klägerin zu 1. legte eine Taufbescheinigung der Freien evangelischen Gemeinde L. -Q. vom 4. September 2016 vor. 6Nachdem ihrem älteren Sohn N. N1. mit Bescheid vom 7. März 2017 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden war, lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 25. April 2017 die Anträge der Kläger auf Asylanerkennung (Ziffer 1.), Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 Asylgesetz – AsylG, Ziffer 2.) und des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG, Ziffer 3.) ab. Ferner stellte es fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG, Ziffer 4.) hinsichtlich des Irans nicht vorliegen. Die Kläger wurden unter Androhung der Abschiebung in den Iran aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. im Falle der Klageerhebung nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen (Ziffer 5.). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 6.). 7Zur Begründung führte das Bundesamt insbesondere aus: Die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigte und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lägen nicht vor. Die Kläger seien keine Flüchtlinge im Sinne von § 3 AsylG. Sie hätten ihre begründete Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Sie seien nicht vorverfolgt ausgereist. Ihre Angaben zu den fluchtauslösenden Details seien vage und oberflächlich gewesen. Die Angaben zu ihrer Hinwendung zum Christentum und der vermeintlich drohenden Verfolgung durch iranische Behörden seien nicht nachvollziehbar. Eine konkrete Bedrohungssituation sei nicht erkennbar. Die Klägerin zu 1. habe sich im Wesentlichen auf die Probleme ihres älteren Sohnes gestützt. Nichts anderes folge aus der behaupteten Bedrohung durch den Ehemann. Denn zugleich habe sie auch angegeben, dass sie gemeinsam mit diesem ihre eigene Ausreise und die ihrer Söhne geplant habe. Weiterhin liege kein erheblicher Nachfluchttatbestand vor. Das Vorbringen der Klägerin zu 1. sei in der Gesamtschau nicht ausreichend, die Ernsthaftigkeit ihres Engagements für die neue Religion zu begründen. Die Angaben beschränkten sich in diesem Zusammenhang auf wenige Sätze. Ein die Hinwendung zum Christentum begründendes Schlüsselerlebnis, welches auf eine identitätsstiftende Prägung schließen lasse, sei weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Ferner seien keinerlei Anhaltspunkte erkennbar, welche die Annahme rechtfertigten, ihnen drohe bei einer Rückkehr in die Islamische Republik Iran ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 AsylG. Auch Abschiebungsverbote lägen nicht vor. 8Die Kläger haben am 11. Mai 2017 Klage erhoben. Die Klägerin zu 1. hat zur Begründung ergänzend zu den Angaben in der Anhörung vor dem Bundesamt vorgetragen, erstmalig durch die Ausstrahlung der Mohabat-TV-Sendung mit dem Christentum in Berührung gekommen zu sein. Nachdem sie im Jahr 2012 eine armenische christliche Familie kennengelernt habe, habe sie bei der Familie zusammen mit ihren beiden Söhnen im Geheimen Glaubensunterricht genommen und sie hätten gemeinsam gebetet. Um die Familie zu schützen, habe sie davon bei der Anhörung nichts erzählt. Zunächst sei sie mit ihrem jüngeren Sohn in die Türkei geflüchtet. Ursprünglich habe sie nur vorübergehend dort bleiben und nach Beruhigung der Lage zurückkehren wollen. Als sie dann informiert worden sei, dass Sicherheitskräfte das Haus gestürmt hätten und ihr Vater bedroht worden sei, habe sie mit Hilfe ihres Ehemanns und Bruders beschlossen, nach Deutschland zu flüchten. 9In Deutschland hätten sie dann ihren christlichen Glauben offen ausgelebt. 10Die Kläger haben im erstinstanzlichen Verfahren weitere Bescheinigungen der Freien evangelischen Gemeinde L. -Q. vom 10. Mai 2017 und 24. April 2019 sowie der E. Kirche St. B. L. vom 26. April 2019 vorgelegt, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten verwiesen wird. 11Die Kläger haben beantragt, 12die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 25. April 2017 zu verpflichten, 13141. ihnen die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG zuzuerkennen, 15162. hilfsweise, ihnen subsidiären Schutz nach § 4 AsylG zuzuerkennen, 17183. weiter hilfsweise, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. 19Die Beklagte hat (schriftsätzlich) beantragt, 20die Klage abzuweisen. 21In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat die Klägerin zu 1. unter anderem auf Nachfrage angegeben, sie habe bereits beim Bundesamt in der Anhörung – wenn auch nicht vollständig – erzählt, dass sie im Iran an Sitzungen einer Hauskirche – durchgeführt durch die ihnen bekannte christliche Familie – teilgenommen habe. Das Christentum sei für sie eine Verbindung zu Gott. Auf die Frage nach einem Schlüsselerlebnis in ihrem Konversionsprozess hat die Klägerin vorgetragen, nachdem sie eine Predigt von Joyce Meyer im Fernsehen gehört habe, habe sich ihr Leben in einem Prozess langsam verändert. Als sie zusammen mit der christlichen Familie dann später die Bibel gelesen habe, habe sie von ganzem Herzen an Jesus geglaubt. Auf die Frage, warum sie sich vom Islam abgewendet habe, hat sie ausgeführt, sie habe drei Mal den Koran auf Persisch gelesen und mit der Bibel verglichen. Sodann hat die Klägerin im Einzelnen Unterschiede der beiden Religionen aufgeführt, etwa, dass im Islam eine Frau keine Rechte habe und wie eine Sklavin behandelt werde, im Christentum aber alle gleichberechtigt seien. 22Der Kläger zu 2. hat unter anderem auf Nachfrage angegeben, er sei künstlerisch aktiv und habe schon 400 Lieder geschrieben, in denen er sich und seine politische Meinung ausdrücke. Er und sein Vater seien bedroht worden. Er habe einen Freund, mit dem er zusammen auf einem Foto zu sehen sei. Der iranische Geheimdienst habe das gesehen und seinen Vater bedroht. 23Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 13. Mai 2019, den Klägern zugestellt am 22. Mai 2019, die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es sei nicht davon überzeugt, dass die Klägerin zu 1. aufgrund der von ihr geltend gemachten Konversion zum Christentum im Iran vorverfolgt ausgereist sei oder ihr bzw. dem Kläger zu 2. als unverfolgt ausgereiste Schutzsuchende wegen einer zwischenzeitlichen Konversion zum Christentum politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohe. Der Vortrag zum Verfolgungsgeschehen sei unglaubhaft. Es sei nicht von einer Hinwendung zum Christentum aus religiöser Überzeugung auszugehen, weshalb auch nicht prognostisch anzunehmen sei, dass sie im Rückkehrfalle ihren christlichen Glauben ausleben würden. 24Auf den Antrag der Kläger vom 27. Mai 2019 hat der Senat durch Beschluss vom 29. September 2020, den Klägern zugestellt am 30. September 2020, wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs die Berufung zugelassen. Diese haben die Kläger am 27. Oktober 2020 dahin begründet, ihnen drohe bei einer Rückkehr in den Iran wegen ihrer Religionsausübung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung. Die Klägerin zu 1. richte ihr Leben nunmehr seit vier Jahren aufgrund einer identitätsprägenden Glaubensüberzeugung an den christlichen Grundsätzen aus. Sie hat im Berufungsverfahren weitere Bescheinigungen der Freien evangelischen Gemeinde L. -Q. vom 11. Januar 2020 und 17. Oktober 2020 zu den Akten gereicht, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten verwiesen wird. 25Neben seinem vor allem musikalischen Engagement in der Freien evangelischen Gemeinde L. -Q. sei der Kläger zu 2. – der ausweislich einer im Berufungsverfahren vorgelegten Bescheinigung der Freien evangelischen Gemeinde L. -Q. am 3. September 2017 getauft worden ist – öffentlich regimekritisch in Erscheinung getreten. Unter anderem habe er eigene Lieder auf „YouTube“ und „Instagram“ gepostet. Auch sei er zusammen mit T. O. , einem in Deutschland lebenden regierungskritischen iranischen Musiker, aufgetreten. Er und sein im Iran lebender Vater seien bedroht worden. 26Wegen der weiteren Angaben der Kläger in ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. 27In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte den Kläger zu 2. im Hinblick auf seine exilpolitischen Aktivitäten klaglos gestellt. Daraufhin haben die Beteiligten den Rechtsstreit im Hinblick auf den Kläger zu 2. übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. 28Die Klägerin zu 1. beantragt, 29das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 25. April 2017 zu verpflichten, ihr die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. 30Die Beklagte beantragt, 31die Berufung zurückzuweisen. 32Zur Begründung beruft sie sich insbesondere auf den in der mündlichen Berufungsverhandlung gewonnenen Eindruck betreffend die Klägerin zu 1. Ihre Ausführungen hätten die Bewertung des Glaubenswechsels als nicht ernsthaft religiös-identitätsprägend nicht durchgreifend in Frage gestellt. 33Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie des Vorbringens der Beteiligten – insbesondere der Kläger in ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung des Senats – wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Ausländerakten und die in elektronischer Form vorgelegten Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. 34Entscheidungsgründe: 35A. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in Bezug auf den Kläger zu 2. übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung der § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Zur Klarstellung ist das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit für wirkungslos zu erklären (§ 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO). 36B. Die zulässige Berufung der Klägerin zu 1. ist begründet. 37Die zulässige Klage ist in dem im Berufungsverfahren zu überprüfenden Umfang begründet. Im Berufungsverfahren begehrt die Klägerin zu 1. ausweislich des anwaltlich entsprechend beschränkten Antrags lediglich die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG unter entsprechender Aufhebung des entgegenstehenden Bescheides. Das erstinstanzliche Urteil ist im Übrigen, d. h. hinsichtlich ihres darüber hinausgehenden Klagebegehrens rechtskräftig geworden und insoweit nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. 38Die Ziffern 2., 5. und 6. des Bescheides des Bundesamtes vom 25. April 2017 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin zu 1. in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Sie hat in dem für die Sach- und Rechtslage maßgebenden Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Die Voraussetzungen nach den §§ 3 ff. AsylG liegen vor. 39I. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK –, BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG, sog. Verfolgungsgründe) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (§ 3 Abs. 1 Nr. 2a AsylG). 40Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten zunächst Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG), ferner Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG). 41Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann, sind gemäß § 3c AsylG der Staat (Nr. 1), Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (Nr. 2) oder nichtstaatliche Akteure, sofern die in Nr. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (Nr. 3). 42Gemäß § 3a Abs. 3 AsylG muss zwischen den Verfolgungsgründen im Sinne von § 3 Abs. 1 und § 3b AsylG und den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen, wobei es unerheblich ist, ob der Ausländer tatsächlich die Merkmale der Rasse, oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinen Verfolgern zugeschrieben werden (§ 3b Abs. 2 AsylG). 43Einem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3e AsylG allerdings nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftsstaates keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (sog. inländische Fluchtalternative). 44Die Furcht vor Verfolgung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ist begründet, wenn dem Ausländer diese aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, 45ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2019 ‑ 1 B 79.19 ‑, juris Rn. 15 mit Verweis auf Urteil vom 20. Februar 2013 ‑ 10 C 23.12 ‑, BVerwGE 146, 67 = juris Rn. 19. 46Der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erfordert, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung vorzunehmen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen 47- im Folgenden wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit auf die gleichzeitige Verwendung der männlichen und weiblichen Sprachform verzichtet und gilt die männliche Sprachform für beide Geschlechter - 48Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann, 49ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2019 ‑ 1 B 79.19 ‑, a. a. O. Rn. 15 mit Verweis auf Urteil vom 20. Februar 2013 ‑ 10 C 23.12 ‑, a. a. O. Rn. 32 m. w. N. 50Wurde der Ausländer bereits vor der Ausreise in seinem Herkunftsland verfolgt bzw. war er von solcher Verfolgung unmittelbar bedroht, ist dies nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU ein ernsthafter Hinweis darauf, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist; d.h. es besteht die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere (unmittelbar drohende) Verfolgungshandlungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden, wenn stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgungshandlungen entkräften, was im Rahmen freier Beweiswürdigung zu beurteilen ist, 51vgl. BVerwG, Urteile vom 19. April 2018 ‑ 1 C 29.17 ‑, BVerwGE 162, 44 = juris Rn. 15 sowie vom 27. April 2010 ‑ 10 C 5.09 ‑, BVerwGE 136, 377 = juris Rn. 23. 52Gemäß § 28 Abs. 1a AsylG kann die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG auch auf Ereignissen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat (sogenannte objektive Nachfluchtgründe), oder auf einem Verhalten des Ausländers nach seiner Ausreise aus dem Herkunftsland (sogenannte subjektive Nachfluchtgründe) beruhen. 53Es ist dabei Sache des Ausländers, die Gründe für seine Furcht vor Verfolgung bzw. frühere (unmittelbar drohende) Verfolgungen schlüssig vorzutragen. Er muss von sich aus unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht bzw. bereits stattgefunden hat. Hierzu gehört, dass er zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen, 54vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 26. Oktober 1989 ‑ 9 B 405.89 ‑, NVwZ-RR 1990, 379 = juris Rn. 8, und vom 19. Oktober 2001 ‑ 1 B 24.01 ‑, NVwZ 2002, Beilage Nr. I 3, 40-41 = juris Rn. 5. 55Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u. a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Ausländers berücksichtigt werden, 56vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 ‑ 8 A 4063/06.A ‑, juris Rn. 33 m .w. N.; speziell bezogen auf die Konversion: BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 3. April 2020 ‑ 2 BvR 1838/15 ‑, NVwZ 2020, 950 = juris Rn. 36. 57An der Glaubhaftmachung fehlt es in der Regel, wenn der Ausländer im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnisse entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt, 58vgl. zu möglichen Glaubhaftigkeitskriterien: BVerfG, Beschluss vom 29. November 1990 ‑ 2 BvR 1095/90 ‑, InfAuslR 1991, 94 = juris Rn. 15. 59II. Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind – ungeachtet der Frage, ob die Klägerin zu 1. bereits im Iran einer unmittelbar drohenden Verfolgung ausgesetzt war –unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls jedenfalls nach Verlassen des Heimatlandes Gründe eingetreten, die es rechtfertigen, mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von einer begründeten Furcht der Klägerin zu 1. vor Verfolgung im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG im Falle ihrer Rückkehr in den Iran auszugehen. 601. Allerdings ist nicht anzunehmen, dass der Klägerin zu 1. ungeachtet weiterer Umstände bereits wegen ihres mehrjährigen Auslandsaufenthalts oder ihrer Asylantragstellung in Deutschland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit im Rückkehrfall Verfolgung droht. Allein der Umstand, dass sich eine Person in Deutschland (länger) aufgehalten und ggf. einen Asylantrag gestellt hat, löst bei Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel werden nämlich schon die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden nicht bekannt. 61Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, Stand Dezember 2020, vom 5. Februar 2021, S. 25 f.; BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformation der Staatendokumentation Iran vom 29. Januar 2021, S. 83 f.; Office of the Commissioner General for Refugees and Stateless Persons, Iran Treatment of returnees by their national authorities, 30. März 2020, S. 8, 16. 62Vgl. auch insoweit die Rechtsprechung: OVG NRW, Beschlüsse vom 2. Januar 2020 ‑ 6 A 3975/19.A ‑, juris Rn. 8, und vom 16. Juni 2011 ‑ 13 A 1188/11.A ‑, juris Rn. 5; Thür. OVG, Urteil vom 28. Mai 2020 ‑ 3 KO 590/13 ‑, juris Rn. 99; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. April 2015 ‑ A 3 S 1459/13 ‑, juris Rn. 24 ff. m. w. N. 63Weitergehende Erkenntnisse dafür, dass die iranischen Behörden aus der Asylantragstellung im (westlichen) Ausland eine regimefeindliche Gesinnung herleiten, wurden weder klägerseits vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich. Allein aus dem Fehlen von Referenzfällen lassen sich im Übrigen keine für eine Verfolgung von Rückkehrern beachtlichen Rückschlüsse ableiten. Gegebenenfalls anlässlich der Rückkehr durchgeführte Befragungen stellen für sich genommen ohne das Hinzutreten besonderer Umstände im Einzelfall ebenfalls keine relevanten, einen Schutzstatus begründende Handlungen dar. 64Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Mai 2021 ‑ 6 A 3129/19.A ‑, juris Rn. 15 652. Der Klägerin zu 1. droht bei ihrer Rückkehr in den Iran aber wegen ihrer Konversion zum Christentum mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aus religiösen Gründen. 66a. Der Verfolgungsgrund „Religion“ wird in § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG näher umschrieben und umfasst – nahezu wörtlich übereinstimmend mit Art. 10 Abs. 1 Buchst. b Richtlinie 2011/95/EU – insbesondere theistische, nichttheistische oder atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten und öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder in Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. Vom Schutzbereich der in § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG geregelten Religionsfreiheit ist demnach nicht nur die Freiheit des Schutzsuchenden umfasst, seinen Glauben im privaten Rahmen zu praktizieren, sondern auch seine Freiheit, diesen Glauben öffentlich zu leben. 67Vgl. EuGH, Urteil vom 5. September 2012 ‑ C‑71/11 und C-99/11 ‑, NVwZ 2012, 1612 = juris Rn. 63, 71; BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 ‑ 10 C 23.12 ‑, a. a. O. Rn. 29. 68Allerdings stellt nicht jeder Eingriff in die so verstandene Religionsfreiheit als eines der Fundamente einer demokratischen Gesellschaft und demnach grundlegendes Menschenrecht eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a Abs. 1 AsylG dar. Die Beurteilung, wann eine Verletzung der Religionsfreiheit die erforderliche Schwere aufweist, um einem der in § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG, Art. 15 Abs. 2 EMRK genannten Fälle gleichgesetzt werden zu können, hängt in Fällen, in denen nicht schon die bloße Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft als solche die Gefahr einer Verfolgung begründet, von objektiven wie auch subjektiven Gesichtspunkten ab. In einem ersten Schritt ist in objektiver Hinsicht festzustellen, welche Maßnahmen und Sanktionen gegenüber dem Betroffenen im Herkunftsstaat voraussichtlich ergriffen werden, wenn er eine bestimmte Glaubenspraxis dort ausübt, und wie gravierend diese sind. Die erforderliche Schwere in objektiver Hinsicht kann insbesondere erreicht sein, wenn dem Betroffenen etwa durch die Teilnahme an religiösen Riten in der Öffentlichkeit die Gefahr droht, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Bei strafbewehrten Verboten kommt es maßgeblich auf die tatsächliche Strafverfolgungspraxis im Herkunftsland des Ausländers an; denn ein Verbot, das erkennbar nicht durchgesetzt wird, begründet keine erhebliche Verfolgungsgefahr. Indes kann bereits der unter dem Druck der Verfolgungsgefahr erzwungene Verzicht auf die Glaubensbetätigung im Herkunftsland die Qualität einer Verfolgung erreichen. In subjektiver Hinsicht ist sodann maßgebend, wie der einzelne Gläubige seinen Glauben lebt und ob die verfolgungsträchtige Glaubensbetätigung für ihn persönlich nach seinem Glaubensverständnis für die Wahrung seiner religiösen Identität unverzichtbar ist. Es kommt dabei auf die Bedeutung der religiösen Praxis des einzelnen Gläubigen an, auch wenn die Befolgung einer solchen religiösen Praxis nicht von zentraler Bedeutung für die betreffende Glaubensgemeinschaft ist. 69Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. November 2012 ‑ 13 A 1999/07.A ‑, NVwZ-RR 2013, 575 = juris Rn. 31, 35 unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 5. September 2012 ‑ C-71/11 und C-99/11 ‑, a. a. O. Rn. 67 ff.; BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 ‑ 10 C 23.12 ‑, a. a. O. Rn. 28, und Beschluss vom 25. August 2015 ‑ 1 B 40.15 ‑, Buchholz 402.25 § 3 AsylVfG Nr. 19 = juris Rn. 11 m. w. N. 70Beide Prüfungsschritte unterliegen der eigenständigen tatrichterlichen Würdigung der Gerichte, § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Auch bei der Prüfung der inneren Tatsache, ob der Schutzsuchende die unterdrückte religiöse Betätigung seines Glaubens für sich selbst als verpflichtend zur Wahrung seiner religiösen Identität empfindet, sind die Gerichte nicht auf eine Plausibilitätsprüfung der hinreichend substantiiert dargelegten Umstände beschränkt, sondern haben das Regelbeweismaß der vollen Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zugrunde zu legen. 71Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 3. April 2020 ‑ 2 BvR 1838/15 ‑, a. a. O. Rn. 34; BVerwG, Beschluss vom 25. August 2015 ‑ 1 B 40.15 ‑, a. a. O. Rn. 13 m. w. N. 72Eine Bindung an die Beurteilung des zuständigen Amtsträgers einer christlichen Kirche, der Taufe des betroffenen Asylbewerbers liege eine ernsthafte und nachhaltige Glaubensentscheidung zugrunde, besteht dabei nicht. 73Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 3. April 2020 ‑ 2 BvR 1838/15 ‑, a. a. O. Rn. 34. 74Bei der gebotenen Überprüfung der religiösen Identität als innerer Tatsache kann nur im Wege des Rückschlusses von äußeren Anhaltspunkten auf die innere Einstellung des Betroffenen geschlossen werden. Erforderlich ist letztlich eine Gesamtwürdigung der religiösen Persönlichkeit des Betroffenen anhand einer Vielzahl von möglichen Gesichtspunkten, wie etwa die religiöse Vorprägung des Betroffenen und seiner Familie, eine Glaubensbetätigung bereits im Herkunftsland, der äußere Anstoß für den Konversionsprozess sowie dessen Dauer oder Intensität, die inneren Beweggründe für die Abwendung vom bisherigen Glauben, die Vorbereitung auf die Konversion und deren Vollzug, die Information und Reaktion des familiären und sozialen Umfeldes, das Wissen über die neue Religion und die Konversionskirche, die Bedeutung und Auswirkungen des neuen Glaubens für beziehungsweise auf das eigene Leben sowie Art und Umfang der Betätigung des neuen Glaubens wie zum Beispiel die Teilnahme an Gottesdiensten, an Gebeten und am kirchlichen Leben. 75Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 3. April 2020 ‑ 2 BvR 1838/15 ‑, a. a. O. Rn. 33, 35; Berlit/Dörig/Storey, Glaubhaftigkeitsprüfung bei Asylklagen aufgrund religiöser Konversion oder Homosexualität: Ein Ansatz von Praktikern (Teil 1), ZAR 2016, S. 281 (284 ff.). 76b. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hat die Klägerin zu 1. einen aus § 3 Abs. 1 AsylG folgenden Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen ihrer Konversion zum Christentum. 77In objektiver Hinsicht lässt sich feststellen, dass im Iran bei einer Teilnahme jedenfalls von (ehemaligen) Muslimen an religiösen christlichen Riten in der Öffentlichkeit die Gefahr droht, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Auch wenn das iranische Strafgesetzbuch die Konversion zum Christentum straftatbestandlich nicht erfasst, 78vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Länderreport 35, Iran, Stand 05/2021, S. 10, 79kann diese den islamrechtlichen Tatbestand der Apostasie erfüllen und eine Verurteilung zur Folge haben. Dieses Vorgehen basiert darauf, dass bei Angelegenheiten, welche nicht im kodifizierten Gesetz geregelt sind, nach Art. 167 der iranischen Verfassung islamisch-religiöses Recht Anwendung findet. Gemäß der insoweit maßgeblichen Meinung der Rechtsgelehrten im Iran kann Apostasie mit der Todesstrafe (Männer) bzw. einer lebenslangen Haftstrafe (Frauen) bestraft werden. 80Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, Stand Dezember 2020 vom 5. Februar 2021, S. 14 f.; Amnesty International Report Iran 2020, 7. April 2021, S. 8; Schnellrecherche der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, Iran: Gefährdung von Konvertiten, 7. Juni 2018, S. 5 f.; Tellenbach, Grundzüge des iranischen Strafgesetzbuchs von 2013, in: Konrad-Adenauer-Stiftung, Iran Reader 2017, S. 79. 81Oftmals findet eine Strafverfolgung aber unter Heranziehung anderer Straftatbestände wie etwa „Verschwörung gegen die/Gefährdung der nationalen Sicherheit“, gemäß Art. 286 des iranischen Strafgesetzbuches 2013, oder „Beleidigung des Propheten“, gemäß Art. 262 des iranischen Strafgesetzbuches 2013, statt. 82Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, Stand Dezember 2020 vom 5. Februar 2021, S. 15; The Norwegian Country of Origin Information Centre, Landinfo: Iran: Christian converts and house churches (2) ‑ arrests and prosecutions, 29. November 2017, S. 10. 83Solche Konsequenzen sind indes mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nur im Falle des aktiven Auslebens des Glaubens zu befürchten, so dass die unerkannt gebliebene Konversion zum Christentum und das anonyme bzw. jedenfalls unauffällige und insbesondere nicht mit Missionierung verbundene Ausleben der Religion ohne schutzrelevante Konsequenzen möglich bleibt. 84Vgl. Danish Immigration Service, Iran: House Churches and Converts, 23. Februar 2018, S. 7; BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformation der Staatendokumentation Iran vom 21. Mai 2021 S. 51; Schnellrecherche der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, Iran: Gefährdung von Konvertiten, 7. Juni 2018, S. 18 f. unter Auswertung weiterer Quellen; zur Missionierung: Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Ansbach vom 27. November 2019, 508-516.80/51696, S. 3 f.; United Kingdom / Home office, Country policy and information note, Iran ‑ Christians and christian converts, 26. Februar 2020, S. 7 f., 27 f.; United States, Department of State, Iran 2019, International religious freedom report, 10. Juni 2020, S. 14 ff.; Australian Government, Department of Foreign Affairs and Trade, Country Information Report Iran, 14. April 2020, S. 33; ACCORD, Anfragebeantwortung vom 5. Juli 2019 zum Iran: Überwachung von Aktivitäten im Ausland (exilpolitische Aktivitäten, Konversion), S. 1; Open Doors, World Watch Research, 2021 Country Dossier Iran, November 2020, S. 30. 85Bereits das Praktizieren des Glaubens in Hauskirchen kann indes zu Verfolgungsmaßnahmen führen. Dort werden Razzien durchgeführt, die mit willkürlichen Verhaftungen verbunden sein können, wobei auch dies bei niedrig profilierter Aktivität und Unterbleiben von Missionierung weniger wahrscheinlich ist. 86Vgl. Bundesamt, Länderreport Iran 2019, S. 10; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, Stand Dezember 2020 vom 5. Februar 2021, S. 14; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformation der Staatendokumentation Iran vom 21. Mai 2021, S. 47 ff.; Schnellrecherche der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, Iran: Gefährdung von Konvertiten, 7. Juni 2018, S. 8 f.; Australian Government, Department of Foreign Affairs and Trade, Country Information Report Iran, 14. April 2020, S. 33. 87Hingegen gibt es keine hinreichenden Erkenntnisse dafür, dass bereits der bloße formale Glaubenswechsel im Wege der Taufe für sich genommen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgungsgefahr begründet. 88Vgl. Amnesty International vom 18. Februar 2020, Menschenrechte im Iran 2019, S. 7 f.; BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformation der Staatendokumentation Iran vom 21. Mai 2021 S. 51; Bay.VGH, Beschluss vom 11. Februar 2021 ‑ 14 ZB 20.31143 ‑, juris Rn. 11; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 24. März 2020 ‑ 2 LB 20/19 ‑, juris Rn. 33; Thür. OVG, Urteil vom 28. Mai 2020 ‑ 3 KO 590/13 ‑, a. a. O. Rn. 79 m. w. N. 89Vor diesem Hintergrund droht zum Christentum konvertierten ehemaligen Muslimen bei einer Rückkehr in den Iran (allein) im Falle eines ernst gemeinten, der inneren Überzeugung folgenden Glaubenswechsels eine rechtserhebliche Verfolgung. Denn nur in diesem Fall ist davon auszugehen, dass sie auch nach einer Rückkehr in den Iran entsprechend ihren Glaubensvorstellungen leben und sich dadurch – nach den Umständen des Einzelfalls – einer Verfolgung durch staatliche oder dem Staat zurechenbare Akteure aussetzen, respektive unter dem Druck der Verfolgungsgefahr in unzumutbarer Weise auf die Glaubensbetätigung im Herkunftsland erzwungenermaßen verzichten. 90Vgl. etwa EGMR, Urteil vom 19. Dezember 2017 ‑ Bsw. 60342/16 ‑, NLMR 6/2017-EGMR, S. 1; OVG NRW, Beschluss vom 6. Januar 2021 ‑ 6 A 3413/20.A ‑, juris Rn. 12 ff.; Bay. VGH, Beschluss vom 11. Februar 2021 ‑ 14 ZB 20.31143 ‑, a. a. O. Rn. 11; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 24. März 2020 ‑ 2 LB 20/19 ‑, a. a. O. Rn. 33; Thür. OVG, Urteil vom 28. Mai 2020 ‑ 3 KO 590/13 ‑, a. a. O. Rn. 77 jeweils m. w. N. 91Unter Würdigung des gesamten klägerischen Vortrags – insbesondere desjenigen in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren – steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin zu 1. jedenfalls zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt aufgrund einer ernst gemeinten religiösen Überzeugung zum Christentum übergetreten ist und dementsprechend die vorgenannten verfolgungsträchtigen religiösen Betätigungen für sie (auch) im Iran unverzichtbar wären, um ihre religiöse Identität zu wahren. Auch wenn in Anbetracht ansonsten drohender staatlicher Repressionen nicht zu erwarten sein mag, dass die Klägerin zu 1. den ernsthaft übernommenen christlichen Glauben im Iran praktizieren wird, ist ihr unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK nicht zuzumuten, von der Glaubensbetätigung abzusehen, und ihr deshalb die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. 92Durch die von der Klägerin zu 1. vorgelegte Taufbescheinigung steht fest, dass sie getauft wurde. Die von einer Religionsgemeinschaft bestätigte Mitgliedschaft eines Asylbewerbers als solche darf unter Berücksichtigung des in Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV garantierten Selbstbestimmungsrechts der Kirchengemeinschaften von den Gerichten bei der Untersuchung, ob dem Asylbewerber in seinem Heimatland eine schwerwiegende Verletzung der Religionsfreiheit als flüchtlingsrelevante Verfolgung droht, nicht infrage gestellt werden. 93Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 3. April 2020 ‑ 2 BvR 1838/15 ‑, a. a. O. Rn. 29. 94Der bloß formal vollzogene Übertritt zum christlichen Glauben führt indes im Herkunftsland der Klägerin zu 1. – wie bereits ausgeführt – nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu einer flüchtlingsrelevanten Verfolgung im Rückkehrfall. Dementsprechend stellt die Taufe nur ein entsprechendes Indiz für einen ernstgemeinten religiösen Einstellungswandel dar. 95In der Gesamtschau, insbesondere unter Berücksichtigung der Angaben der Klägerin zu 1. selbst, der vorgelegten Bescheinigungen und Stellungnahmen sowie der Ausführungen des in der mündlichen Verhandlung ebenfalls informatorisch angehörten Klägers zu 2. ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin zu 1. einen ernstgemeinten, die religiöse Identität prägenden Glaubenswechsel vollzogen hat. Der innere Prozess der Auseinandersetzung mit den Glaubensvorstellungen und der schlussendlichen Hinwendung zur christlichen Glaubenslehre wurde glaubhaft dargetan. 96Ins Gewicht fällt im konkreten Fall der Klägerin zu 1., dass sie bereits seit vier Jahren ihren Glauben intensiv nach außen hin sichtbar ausübt. Sie ist fest in die Freie evangelische Kirchengemeinde L. -Q. eingebunden und engagiert sich vielfältig im Gemeindeleben. Darüber hinaus hat sie sich auch in der Gemeinde St. B. , L. durch die Mithilfe bei der Ausrichtung eines monatlichen Frühstücks für Bedürftige eingebracht. Sie hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft – übereinstimmend mit den Angaben des Klägers zu 2. – vorgetragen, in der Pandemiezeit an einem täglich stattfindenden deutsch-persischen Hauskreis der Gemeinde über „zoom“ teilgenommen zu haben. Insbesondere auch die persönliche religiöse Entwicklung weg vom Islam hin zum christlichen Glauben konnte die Klägerin zu 1. unter Präzisierung der in der Anhörung vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts getätigten Angaben nachvollziehbar erläutern. So hat sie die Zusammenhänge zwischen dem erstmaligen Kontakt zum Christentum durch eine christliche Fernsehsendung, dem anschließenden Besuch eines Kurses für Angehörige von Drogenabhängigen, in dem christliche Werte vermittelt wurden, und dem entscheidenden Austausch mit einer armenischen Christin sinngebend dargestellt. Diese Darstellung ist durch die diesbezüglichen anschaulichen Ausführungen des Klägers zu 2. etwa zum täglich stattfindenden Hauskreis bestätigt worden. Weiterhin hat die Klägerin zu 1. im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung in der mündlichen Berufungsverhandlung gezeigt, dass sie über von einer aktiven Christin zu erwartende Kenntnisse über den christlichen Glauben verfügt. Sie konnte schließlich in emotionaler Weise unter Heranziehung eines sehr christlich geprägten Wortschatzes plausibel erläutern, welche Veränderungen die Annahme des christlichen Glaubens bei ihr bewirkt haben. 97III. Die Rechtswidrigkeit der unter Ziffer 5. des angegriffenen Bescheids verfügten Abschiebungsandrohung mit Ausreiseaufforderung unter Fristsetzung von 30 Tagen sowie des auf 30 Monate befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbotes (Ziffer 6. des Bescheids) folgt aus dem Anspruch der Klägerin zu 1. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. 98C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 2 VwGO, § 83 b AsylG. 99Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. 100Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO hierfür nicht vorliegen.
soweit die beteiligten das verfahren im hinblick auf den kläger zu 2. übereinstimmend für in der hauptsache erledigt erklärt haben, wird das verfahren eingestellt. das urteil des verwaltungsgerichts köln vom 13. mai 2019 ist insoweit wirkungslos. im übrigen wird das urteil des verwaltungsgerichts köln vom 13. mai 2019 geändert. die beklagte wird unter entsprechender aufhebung des bescheides des bundesamtes vom 25. april 2017 verpflichtet, der klägerin zu 1. die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. die kosten des gerichtskostenfreien verfahrens in beiden instanzen trägt die beklagte. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 v. h. des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die kläger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 v. h. des jeweils zu vollstreckenden betrages leisten. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die am 1. september 1975 in isfahan geborene klägerin zu 1. und der am 7. januar 2001 in abadan geborene kläger zu 2. sind iranische staatsangehörige. nach ihren eigenen angaben verließen sie den iran im dezember 2015 und reisten zunächst mit dem flugzeug von teheran nach istanbul und von dort ende dezember 2015 weiter auf dem landweg in die bundesrepublik deutschland ein. nachdem bereits am 4. januar 2016 die meldung als asylsuchende erfolgt war, stellten die kläger am 25. november 2016 einen förmlichen asylantrag. 3bei ihrer anhörung vor dem bundesamt für migration und flüchtlinge (bundesamt) am 11. januar 2017 gab die klägerin zu 1. für sich und ihren zum damaligen zeitpunkt noch minderjährigen sohn, den kläger zu 2., an, perser und protestantische christen zu sein und zuletzt in schahinschahr, provinz isfahan, gewohnt zu haben. weiterhin erklärte sie im wesentlichen, vor fünf jahren zum christlichen glauben gefunden zu haben, nachdem sie einige male eine versammlung für angehörige von drogenabhängigen besucht habe, im rahmen derer teile des christlichen gebets (vater unser) gebetet worden seien. ihr ehemann sei damals, wie auch heute noch, drogenabhängig gewesen. durch das gebet habe sie eine innere ruhe gefunden. sie habe sich auch einen christlichen tv-sender aus kanada in persischer sprache angesehen. vor drei jahren hätten sie dann eine wohnung an eine christliche familie verkauft. ihr älterer sohn habe sich mit der tochter der familie gut verstanden. durch den kontakt mit dieser familie hätten sie mehr informationen über das christentum bekommen. ihr sohn habe auch eine bibel erhalten. er sei vom christentum so begeistert gewesen, dass er an der universität angefangen habe zu missionieren. kurz vor ihrer ausreise sei ihr sohn vor einer festnahme gewarnt worden. ihr ehemann, von dem sie seit 15 jahren getrennt gelebt, der für sie aber wirtschaftlich gesorgt habe, sei wütend gewesen, als er von der tätigkeit seines sohnes erfahren habe, und habe ihr die schuld an den möglichen konsequenzen gegeben. er habe vorgeschlagen, dass ihr sohn den iran verlasse, was dieser auch getan habe. sie sei dann mit ihrem jüngeren sohn – dem kläger zu 2. – einige tage später in die türkei gereist und habe dort den älteren sohn getroffen. zunächst gab sie hierfür als grund an, sie habe sich von ihm verabschieden bzw. ihn bei der weiterreise nach europa unterstützen wollen. im weiteren verlauf der anhörung erklärte sie, die angabe sei ein fehler gewesen, tatsächlich sei sie aus angst vor verfolgung durch die iranischen behörden aufgrund ihrer konversion zum christentum geflüchtet. drei tage nach der einreise in die türkei sei ihre wohnung im iran von sicherheitsbehörden durchsucht worden. 4auf die frage, was sie dazu veranlasst habe, sich vom islam ab- und sich dem christentum zuzuwenden, trug die klägerin zu 1. vor, im islam würden die rechte der frauen mit füßen getreten. der islam bestehe für sie nur aus gewalt und lügen. im christentum habe sie die liebe von jesus christus gespürt. durch die taufe werde man zu einem neuen menschen. nach ihrer konversion habe sie eine andere lebenseinstellung gehabt. zu ihrer familie mütterlicherseits sei, nachdem sie von ihrer konversion erzählt habe, der kontakt abgebrochen, wohingegen die familie väterlicherseits den glaubenswechsel sehr tolerant aufgefasst habe. 5die klägerin zu 1. legte eine taufbescheinigung der freien evangelischen gemeinde l. -q. vom 4. september 2016 vor. 6nachdem ihrem älteren sohn n. n1. mit bescheid vom 7. märz 2017 die flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden war, lehnte das bundesamt mit bescheid vom 25. april 2017 die anträge der kläger auf asylanerkennung (ziffer 1.), zuerkennung der flüchtlingseigenschaft (§ 3 asylgesetz – asylg, ziffer 2.) und des subsidiären schutzstatus (§ 4 asylg, ziffer 3.) ab. ferner stellte es fest, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und 7 satz 1 aufenthaltsgesetz (aufenthg, ziffer 4.) hinsichtlich des irans nicht vorliegen. die kläger wurden unter androhung der abschiebung in den iran aufgefordert, die bundesrepublik deutschland innerhalb von 30 tagen nach bekanntgabe der entscheidung bzw. im falle der klageerhebung nach dem unanfechtbaren abschluss des asylverfahrens zu verlassen (ziffer 5.). das gesetzliche einreise- und aufenthaltsverbot wurde auf 30 monate ab dem tag der abschiebung befristet (ziffer 6.). 7zur begründung führte das bundesamt insbesondere aus: die voraussetzungen für die anerkennung als asylberechtigte und die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft lägen nicht vor. die kläger seien keine flüchtlinge im sinne von § 3 asylg. sie hätten ihre begründete furcht vor verfolgung nicht glaubhaft gemacht. sie seien nicht vorverfolgt ausgereist. ihre angaben zu den fluchtauslösenden details seien vage und oberflächlich gewesen. die angaben zu ihrer hinwendung zum christentum und der vermeintlich drohenden verfolgung durch iranische behörden seien nicht nachvollziehbar. eine konkrete bedrohungssituation sei nicht erkennbar. die klägerin zu 1. habe sich im wesentlichen auf die probleme ihres älteren sohnes gestützt. nichts anderes folge aus der behaupteten bedrohung durch den ehemann. denn zugleich habe sie auch angegeben, dass sie gemeinsam mit diesem ihre eigene ausreise und die ihrer söhne geplant habe. weiterhin liege kein erheblicher nachfluchttatbestand vor. das vorbringen der klägerin zu 1. sei in der gesamtschau nicht ausreichend, die ernsthaftigkeit ihres engagements für die neue religion zu begründen. die angaben beschränkten sich in diesem zusammenhang auf wenige sätze. ein die hinwendung zum christentum begründendes schlüsselerlebnis, welches auf eine identitätsstiftende prägung schließen lasse, sei weder vorgetragen worden noch ersichtlich. ferner seien keinerlei anhaltspunkte erkennbar, welche die annahme rechtfertigten, ihnen drohe bei einer rückkehr in die islamische republik iran ein ernsthafter schaden im sinne des § 4 asylg. auch abschiebungsverbote lägen nicht vor. 8die kläger haben am 11. mai 2017 klage erhoben. die klägerin zu 1. hat zur begründung ergänzend zu den angaben in der anhörung vor dem bundesamt vorgetragen, erstmalig durch die ausstrahlung der mohabat-tv-sendung mit dem christentum in berührung gekommen zu sein. nachdem sie im jahr 2012 eine armenische christliche familie kennengelernt habe, habe sie bei der familie zusammen mit ihren beiden söhnen im geheimen glaubensunterricht genommen und sie hätten gemeinsam gebetet. um die familie zu schützen, habe sie davon bei der anhörung nichts erzählt. zunächst sei sie mit ihrem jüngeren sohn in die türkei geflüchtet. ursprünglich habe sie nur vorübergehend dort bleiben und nach beruhigung der lage zurückkehren wollen. als sie dann informiert worden sei, dass sicherheitskräfte das haus gestürmt hätten und ihr vater bedroht worden sei, habe sie mit hilfe ihres ehemanns und bruders beschlossen, nach deutschland zu flüchten. 9in deutschland hätten sie dann ihren christlichen glauben offen ausgelebt. 10die kläger haben im erstinstanzlichen verfahren weitere bescheinigungen der freien evangelischen gemeinde l. -q. vom 10. mai 2017 und 24. april 2019 sowie der e. kirche st. b. l. vom 26. april 2019 vorgelegt, auf deren inhalt wegen der einzelheiten verwiesen wird. 11die kläger haben beantragt, 12die beklagte unter teilweiser aufhebung des bescheids des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 25. april 2017 zu verpflichten, 13141. ihnen die flüchtlingseigenschaft nach § 3 asylg zuzuerkennen, 15162. hilfsweise, ihnen subsidiären schutz nach § 4 asylg zuzuerkennen, 17183. weiter hilfsweise, festzustellen, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 oder § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg vorliegen. 19die beklagte hat (schriftsätzlich) beantragt, 20die klage abzuweisen. 21in der mündlichen verhandlung vor dem verwaltungsgericht hat die klägerin zu 1. unter anderem auf nachfrage angegeben, sie habe bereits beim bundesamt in der anhörung – wenn auch nicht vollständig – erzählt, dass sie im iran an sitzungen einer hauskirche – durchgeführt durch die ihnen bekannte christliche familie – teilgenommen habe. das christentum sei für sie eine verbindung zu gott. auf die frage nach einem schlüsselerlebnis in ihrem konversionsprozess hat die klägerin vorgetragen, nachdem sie eine predigt von joyce meyer im fernsehen gehört habe, habe sich ihr leben in einem prozess langsam verändert. als sie zusammen mit der christlichen familie dann später die bibel gelesen habe, habe sie von ganzem herzen an jesus geglaubt. auf die frage, warum sie sich vom islam abgewendet habe, hat sie ausgeführt, sie habe drei mal den koran auf persisch gelesen und mit der bibel verglichen. sodann hat die klägerin im einzelnen unterschiede der beiden religionen aufgeführt, etwa, dass im islam eine frau keine rechte habe und wie eine sklavin behandelt werde, im christentum aber alle gleichberechtigt seien. 22der kläger zu 2. hat unter anderem auf nachfrage angegeben, er sei künstlerisch aktiv und habe schon 400 lieder geschrieben, in denen er sich und seine politische meinung ausdrücke. er und sein vater seien bedroht worden. er habe einen freund, mit dem er zusammen auf einem foto zu sehen sei. der iranische geheimdienst habe das gesehen und seinen vater bedroht. 23das verwaltungsgericht hat durch urteil vom 13. mai 2019, den klägern zugestellt am 22. mai 2019, die klage abgewiesen und zur begründung ausgeführt, es sei nicht davon überzeugt, dass die klägerin zu 1. aufgrund der von ihr geltend gemachten konversion zum christentum im iran vorverfolgt ausgereist sei oder ihr bzw. dem kläger zu 2. als unverfolgt ausgereiste schutzsuchende wegen einer zwischenzeitlichen konversion zum christentum politische verfolgung mit beachtlicher wahrscheinlichkeit drohe. der vortrag zum verfolgungsgeschehen sei unglaubhaft. es sei nicht von einer hinwendung zum christentum aus religiöser überzeugung auszugehen, weshalb auch nicht prognostisch anzunehmen sei, dass sie im rückkehrfalle ihren christlichen glauben ausleben würden. 24auf den antrag der kläger vom 27. mai 2019 hat der senat durch beschluss vom 29. september 2020, den klägern zugestellt am 30. september 2020, wegen verletzung des rechtlichen gehörs die berufung zugelassen. diese haben die kläger am 27. oktober 2020 dahin begründet, ihnen drohe bei einer rückkehr in den iran wegen ihrer religionsausübung mit beachtlicher wahrscheinlichkeit verfolgung. die klägerin zu 1. richte ihr leben nunmehr seit vier jahren aufgrund einer identitätsprägenden glaubensüberzeugung an den christlichen grundsätzen aus. sie hat im berufungsverfahren weitere bescheinigungen der freien evangelischen gemeinde l. -q. vom 11. januar 2020 und 17. oktober 2020 zu den akten gereicht, auf deren inhalt wegen der einzelheiten verwiesen wird. 25neben seinem vor allem musikalischen engagement in der freien evangelischen gemeinde l. -q. sei der kläger zu 2. – der ausweislich einer im berufungsverfahren vorgelegten bescheinigung der freien evangelischen gemeinde l. -q. am 3. september 2017 getauft worden ist – öffentlich regimekritisch in erscheinung getreten. unter anderem habe er eigene lieder auf „youtube“ und „instagram“ gepostet. auch sei er zusammen mit t. o. , einem in deutschland lebenden regierungskritischen iranischen musiker, aufgetreten. er und sein im iran lebender vater seien bedroht worden. 26wegen der weiteren angaben der kläger in ihrer anhörung in der mündlichen verhandlung vor dem senat wird auf die sitzungsniederschrift verwiesen. 27in der mündlichen verhandlung hat die beklagte den kläger zu 2. im hinblick auf seine exilpolitischen aktivitäten klaglos gestellt. daraufhin haben die beteiligten den rechtsstreit im hinblick auf den kläger zu 2. übereinstimmend in der hauptsache für erledigt erklärt. 28die klägerin zu 1. beantragt, 29das angefochtene urteil zu ändern und die beklagte unter aufhebung des bescheides des bundesamtes vom 25. april 2017 zu verpflichten, ihr die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. 30die beklagte beantragt, 31die berufung zurückzuweisen. 32zur begründung beruft sie sich insbesondere auf den in der mündlichen berufungsverhandlung gewonnenen eindruck betreffend die klägerin zu 1. ihre ausführungen hätten die bewertung des glaubenswechsels als nicht ernsthaft religiös-identitätsprägend nicht durchgreifend in frage gestellt. 33wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands sowie des vorbringens der beteiligten – insbesondere der kläger in ihrer anhörung in der mündlichen verhandlung des senats – wird auf die gerichtsakte, die beigezogenen ausländerakten und die in elektronischer form vorgelegten verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. 34
35a. soweit die beteiligten den rechtsstreit in bezug auf den kläger zu 2. übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das verfahren in entsprechender anwendung der § 125 abs. 1 satz 1, § 92 abs. 3 satz 1 vwgo einzustellen. zur klarstellung ist das angefochtene urteil des verwaltungsgerichts insoweit für wirkungslos zu erklären (§ 173 satz 1 vwgo in verbindung mit § 269 abs. 3 satz 1 halbsatz 2 zpo). 36b. die zulässige berufung der klägerin zu 1. ist begründet. 37die zulässige klage ist in dem im berufungsverfahren zu überprüfenden umfang begründet. im berufungsverfahren begehrt die klägerin zu 1. ausweislich des anwaltlich entsprechend beschränkten antrags lediglich die verpflichtung der beklagten zur zuerkennung der flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 abs. 1 asylg unter entsprechender aufhebung des entgegenstehenden bescheides. das erstinstanzliche urteil ist im übrigen, d. h. hinsichtlich ihres darüber hinausgehenden klagebegehrens rechtskräftig geworden und insoweit nicht gegenstand des berufungsverfahrens. 38die ziffern 2., 5. und 6. des bescheides des bundesamtes vom 25. april 2017 sind rechtswidrig und verletzen die klägerin zu 1. in ihren rechten (vgl. § 113 abs. 1 satz 1, abs. 5 satz 1 vwgo). sie hat in dem für die sach- und rechtslage maßgebenden zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung (vgl. § 77 abs. 1 satz 1 asylg) einen anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft. die voraussetzungen nach den §§ 3 ff. asylg liegen vor. 39i. gemäß § 3 abs. 1 asylg ist ein ausländer flüchtling im sinne des abkommens über die rechtsstellung der flüchtlinge vom 28. juli 1951 (genfer flüchtlingskonvention – gfk –, bgbl. 1953 ii s. 559, 560), wenn er sich aus begründeter furcht vor verfolgung wegen seiner rasse, religion, nationalität, politischen überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe (§ 3 abs. 1 nr. 1 asylg, sog. verfolgungsgründe) außerhalb des landes (herkunftsland) befindet, dessen staatsangehörigkeit er besitzt und dessen schutz er nicht in anspruch nehmen kann oder wegen dieser furcht nicht in anspruch nehmen will (§ 3 abs. 1 nr. 2a asylg). 40als verfolgung im sinne des § 3 abs. 1 asylg gelten zunächst handlungen, die auf grund ihrer art oder wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende verletzung der grundlegenden menschenrechte darstellen, insbesondere der rechte, von denen nach art. 15 abs. 2 der konvention vom 4. november 1950 zum schutze der menschenrechte und grundfreiheiten (emrk) keine abweichung zulässig ist (§ 3a abs. 1 nr. 1 asylg), ferner handlungen, die in einer kumulierung unterschiedlicher maßnahmen, einschließlich einer verletzung der menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine person davon in ähnlicher wie der in nr. 1 beschriebenen weise betroffen ist (§ 3a abs. 1 nr. 2 asylg). 41akteure, von denen verfolgung ausgehen kann, sind gemäß § 3c asylg der staat (nr. 1), parteien oder organisationen, die den staat oder einen wesentlichen teil des staatsgebiets beherrschen (nr. 2) oder nichtstaatliche akteure, sofern die in nr. 1 und 2 genannten akteure einschließlich internationaler organisationen erwiesenermaßen nicht in der lage oder nicht willens sind, schutz vor verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem land eine staatliche herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (nr. 3). 42gemäß § 3a abs. 3 asylg muss zwischen den verfolgungsgründen im sinne von § 3 abs. 1 und § 3b asylg und den als verfolgung eingestuften handlungen oder dem fehlen von schutz vor solchen handlungen eine verknüpfung bestehen, wobei es unerheblich ist, ob der ausländer tatsächlich die merkmale der rasse, oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen merkmale aufweist, die zur verfolgung führen, sofern ihm diese merkmale von seinen verfolgern zugeschrieben werden (§ 3b abs. 2 asylg). 43einem ausländer wird die flüchtlingseigenschaft gemäß § 3e asylg allerdings nicht zuerkannt, wenn er in einem teil seines herkunftsstaates keine begründete furcht vor verfolgung oder zugang zu schutz nach § 3d asylg hat und sicher und legal in diesen landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (sog. inländische fluchtalternative). 44die furcht vor verfolgung im sinne von § 3 abs. 1 nr. 1 asylg ist begründet, wenn dem ausländer diese aufgrund der in seinem herkunftsland gegebenen umstände in anbetracht seiner individuellen lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher wahrscheinlichkeit droht, 45ständige rechtsprechung, vgl. etwa bverwg, beschluss vom 11. dezember 2019 ‑ 1 b 79.19 ‑, juris rn. 15 mit verweis auf urteil vom 20. februar 2013 ‑ 10 c 23.12 ‑, bverwge 146, 67 = juris rn. 19. 46der maßstab der beachtlichen wahrscheinlichkeit erfordert, dass bei einer zusammenfassenden würdigung des zur prüfung gestellten lebenssachverhalts die für eine verfolgung sprechenden umstände ein größeres gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden tatsachen überwiegen. dabei ist eine „qualifizierende“ betrachtungsweise im sinne einer gewichtung und abwägung aller festgestellten umstände und ihrer bedeutung vorzunehmen. es kommt darauf an, ob in anbetracht dieser umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen menschen in der lage des betroffenen 47- im folgenden wird aus gründen der besseren lesbarkeit auf die gleichzeitige verwendung der männlichen und weiblichen sprachform verzichtet und gilt die männliche sprachform für beide geschlechter - 48furcht vor verfolgung hervorgerufen werden kann, 49ständige rechtsprechung, vgl. etwa bverwg, beschluss vom 11. dezember 2019 ‑ 1 b 79.19 ‑, a. a. o. rn. 15 mit verweis auf urteil vom 20. februar 2013 ‑ 10 c 23.12 ‑, a. a. o. rn. 32 m. w. n. 50wurde der ausländer bereits vor der ausreise in seinem herkunftsland verfolgt bzw. war er von solcher verfolgung unmittelbar bedroht, ist dies nach art. 4 abs. 4 der richtlinie 2011/95/eu ein ernsthafter hinweis darauf, dass seine furcht vor verfolgung begründet ist; d.h. es besteht die tatsächliche vermutung, dass sich frühere (unmittelbar drohende) verfolgungshandlungen bei einer rückkehr in das herkunftsland wiederholen werden. diese vermutung kann aber widerlegt werden, wenn stichhaltige gründe die wiederholungsträchtigkeit solcher verfolgungshandlungen entkräften, was im rahmen freier beweiswürdigung zu beurteilen ist, 51vgl. bverwg, urteile vom 19. april 2018 ‑ 1 c 29.17 ‑, bverwge 162, 44 = juris rn. 15 sowie vom 27. april 2010 ‑ 10 c 5.09 ‑, bverwge 136, 377 = juris rn. 23. 52gemäß § 28 abs. 1a asylg kann die begründete furcht vor verfolgung im sinne des § 3 abs. 1 asylg auch auf ereignissen, die eingetreten sind, nachdem der ausländer das herkunftsland verlassen hat (sogenannte objektive nachfluchtgründe), oder auf einem verhalten des ausländers nach seiner ausreise aus dem herkunftsland (sogenannte subjektive nachfluchtgründe) beruhen. 53es ist dabei sache des ausländers, die gründe für seine furcht vor verfolgung bzw. frühere (unmittelbar drohende) verfolgungen schlüssig vorzutragen. er muss von sich aus unter angabe genauer einzelheiten einen in sich stimmigen sachverhalt schildern, aus dem sich bei wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger würdigung verfolgung mit beachtlicher wahrscheinlichkeit droht bzw. bereits stattgefunden hat. hierzu gehört, dass er zu den in seine sphäre fallenden ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen erlebnissen, eine schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten anspruch lückenlos zu tragen, 54vgl. bverwg, beschlüsse vom 26. oktober 1989 ‑ 9 b 405.89 ‑, nvwz-rr 1990, 379 = juris rn. 8, und vom 19. oktober 2001 ‑ 1 b 24.01 ‑, nvwz 2002, beilage nr. i 3, 40-41 = juris rn. 5. 55bei der bewertung der stimmigkeit des sachverhalts müssen u. a. persönlichkeitsstruktur, wissensstand und herkunft des ausländers berücksichtigt werden, 56vgl. ovg nrw, urteil vom 17. august 2010 ‑ 8 a 4063/06.a ‑, juris rn. 33 m .w. n.; speziell bezogen auf die konversion: bverfg, nichtannahmebeschluss vom 3. april 2020 ‑ 2 bvr 1838/15 ‑, nvwz 2020, 950 = juris rn. 36. 57an der glaubhaftmachung fehlt es in der regel, wenn der ausländer im laufe des verfahrens unterschiedliche angaben macht und sein vorbringen nicht auflösbare widersprüche enthält, wenn seine darstellung nach der lebenserfahrung oder aufgrund der kenntnisse entsprechender vergleichbarer geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein asylvorbringen im laufe des asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er tatsachen, die er für sein asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige erklärung erst sehr spät in das verfahren einführt, 58vgl. zu möglichen glaubhaftigkeitskriterien: bverfg, beschluss vom 29. november 1990 ‑ 2 bvr 1095/90 ‑, infauslr 1991, 94 = juris rn. 15. 59ii. nach maßgabe dieser grundsätze sind – ungeachtet der frage, ob die klägerin zu 1. bereits im iran einer unmittelbar drohenden verfolgung ausgesetzt war –unter würdigung aller umstände des einzelfalls jedenfalls nach verlassen des heimatlandes gründe eingetreten, die es rechtfertigen, mit beachtlicher wahrscheinlichkeit von einer begründeten furcht der klägerin zu 1. vor verfolgung im sinne von § 3 abs. 1 asylg im falle ihrer rückkehr in den iran auszugehen. 601. allerdings ist nicht anzunehmen, dass der klägerin zu 1. ungeachtet weiterer umstände bereits wegen ihres mehrjährigen auslandsaufenthalts oder ihrer asylantragstellung in deutschland mit beachtlicher wahrscheinlichkeit im rückkehrfall verfolgung droht. allein der umstand, dass sich eine person in deutschland (länger) aufgehalten und ggf. einen asylantrag gestellt hat, löst bei rückkehr keine staatlichen repressionen aus. in der regel werden nämlich schon die umstände der wiedereinreise den iranischen behörden nicht bekannt. 61vgl. auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik iran, stand dezember 2020, vom 5. februar 2021, s. 25 f.; bfa, bundesamt für fremdenwesen und asyl der republik österreich, länderinformation der staatendokumentation iran vom 29. januar 2021, s. 83 f.; office of the commissioner general for refugees and stateless persons, iran treatment of returnees by their national authorities, 30. märz 2020, s. 8, 16. 62vgl. auch insoweit die rechtsprechung: ovg nrw, beschlüsse vom 2. januar 2020 ‑ 6 a 3975/19.a ‑, juris rn. 8, und vom 16. juni 2011 ‑ 13 a 1188/11.a ‑, juris rn. 5; thür. ovg, urteil vom 28. mai 2020 ‑ 3 ko 590/13 ‑, juris rn. 99; vgh baden-württemberg, urteil vom 15. april 2015 ‑ a 3 s 1459/13 ‑, juris rn. 24 ff. m. w. n. 63weitergehende erkenntnisse dafür, dass die iranischen behörden aus der asylantragstellung im (westlichen) ausland eine regimefeindliche gesinnung herleiten, wurden weder klägerseits vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich. allein aus dem fehlen von referenzfällen lassen sich im übrigen keine für eine verfolgung von rückkehrern beachtlichen rückschlüsse ableiten. gegebenenfalls anlässlich der rückkehr durchgeführte befragungen stellen für sich genommen ohne das hinzutreten besonderer umstände im einzelfall ebenfalls keine relevanten, einen schutzstatus begründende handlungen dar. 64vgl. ovg nrw, beschluss vom 19. mai 2021 ‑ 6 a 3129/19.a ‑, juris rn. 15 652. der klägerin zu 1. droht bei ihrer rückkehr in den iran aber wegen ihrer konversion zum christentum mit beachtlicher wahrscheinlichkeit eine verfolgung aus religiösen gründen. 66a. der verfolgungsgrund „religion“ wird in § 3b abs. 1 nr. 2 asylg näher umschrieben und umfasst – nahezu wörtlich übereinstimmend mit art. 10 abs. 1 buchst. b richtlinie 2011/95/eu – insbesondere theistische, nichttheistische oder atheistische glaubensüberzeugungen, die teilnahme oder nichtteilnahme an religiösen riten im privaten und öffentlichen bereich, allein oder in gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse betätigungen oder meinungsäußerungen und verhaltensweisen einzelner oder in gemeinschaft, die sich auf eine religiöse überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. vom schutzbereich der in § 3 abs. 1 nr. 1, § 3b abs. 1 nr. 2 asylg geregelten religionsfreiheit ist demnach nicht nur die freiheit des schutzsuchenden umfasst, seinen glauben im privaten rahmen zu praktizieren, sondern auch seine freiheit, diesen glauben öffentlich zu leben. 67vgl. eugh, urteil vom 5. september 2012 ‑ c‑71/11 und c-99/11 ‑, nvwz 2012, 1612 = juris rn. 63, 71; bverwg, urteil vom 20. februar 2013 ‑ 10 c 23.12 ‑, a. a. o. rn. 29. 68allerdings stellt nicht jeder eingriff in die so verstandene religionsfreiheit als eines der fundamente einer demokratischen gesellschaft und demnach grundlegendes menschenrecht eine verfolgungshandlung im sinne des § 3a abs. 1 asylg dar. die beurteilung, wann eine verletzung der religionsfreiheit die erforderliche schwere aufweist, um einem der in § 3a abs. 1 nr. 1 asylg, art. 15 abs. 2 emrk genannten fälle gleichgesetzt werden zu können, hängt in fällen, in denen nicht schon die bloße zugehörigkeit zu einer religionsgemeinschaft als solche die gefahr einer verfolgung begründet, von objektiven wie auch subjektiven gesichtspunkten ab. in einem ersten schritt ist in objektiver hinsicht festzustellen, welche maßnahmen und sanktionen gegenüber dem betroffenen im herkunftsstaat voraussichtlich ergriffen werden, wenn er eine bestimmte glaubenspraxis dort ausübt, und wie gravierend diese sind. die erforderliche schwere in objektiver hinsicht kann insbesondere erreicht sein, wenn dem betroffenen etwa durch die teilnahme an religiösen riten in der öffentlichkeit die gefahr droht, an leib, leben oder freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung oder bestrafung unterworfen zu werden. bei strafbewehrten verboten kommt es maßgeblich auf die tatsächliche strafverfolgungspraxis im herkunftsland des ausländers an; denn ein verbot, das erkennbar nicht durchgesetzt wird, begründet keine erhebliche verfolgungsgefahr. indes kann bereits der unter dem druck der verfolgungsgefahr erzwungene verzicht auf die glaubensbetätigung im herkunftsland die qualität einer verfolgung erreichen. in subjektiver hinsicht ist sodann maßgebend, wie der einzelne gläubige seinen glauben lebt und ob die verfolgungsträchtige glaubensbetätigung für ihn persönlich nach seinem glaubensverständnis für die wahrung seiner religiösen identität unverzichtbar ist. es kommt dabei auf die bedeutung der religiösen praxis des einzelnen gläubigen an, auch wenn die befolgung einer solchen religiösen praxis nicht von zentraler bedeutung für die betreffende glaubensgemeinschaft ist. 69vgl. ovg nrw, urteil vom 7. november 2012 ‑ 13 a 1999/07.a ‑, nvwz-rr 2013, 575 = juris rn. 31, 35 unter bezugnahme auf eugh, urteil vom 5. september 2012 ‑ c-71/11 und c-99/11 ‑, a. a. o. rn. 67 ff.; bverwg, urteil vom 20. februar 2013 ‑ 10 c 23.12 ‑, a. a. o. rn. 28, und beschluss vom 25. august 2015 ‑ 1 b 40.15 ‑, buchholz 402.25 § 3 asylvfg nr. 19 = juris rn. 11 m. w. n. 70beide prüfungsschritte unterliegen der eigenständigen tatrichterlichen würdigung der gerichte, § 108 abs. 1 satz 1 vwgo. auch bei der prüfung der inneren tatsache, ob der schutzsuchende die unterdrückte religiöse betätigung seines glaubens für sich selbst als verpflichtend zur wahrung seiner religiösen identität empfindet, sind die gerichte nicht auf eine plausibilitätsprüfung der hinreichend substantiiert dargelegten umstände beschränkt, sondern haben das regelbeweismaß der vollen überzeugung des gerichts (§ 108 abs. 1 satz 1 vwgo) zugrunde zu legen. 71vgl. bverfg, nichtannahmebeschluss vom 3. april 2020 ‑ 2 bvr 1838/15 ‑, a. a. o. rn. 34; bverwg, beschluss vom 25. august 2015 ‑ 1 b 40.15 ‑, a. a. o. rn. 13 m. w. n. 72eine bindung an die beurteilung des zuständigen amtsträgers einer christlichen kirche, der taufe des betroffenen asylbewerbers liege eine ernsthafte und nachhaltige glaubensentscheidung zugrunde, besteht dabei nicht. 73vgl. bverfg, nichtannahmebeschluss vom 3. april 2020 ‑ 2 bvr 1838/15 ‑, a. a. o. rn. 34. 74bei der gebotenen überprüfung der religiösen identität als innerer tatsache kann nur im wege des rückschlusses von äußeren anhaltspunkten auf die innere einstellung des betroffenen geschlossen werden. erforderlich ist letztlich eine gesamtwürdigung der religiösen persönlichkeit des betroffenen anhand einer vielzahl von möglichen gesichtspunkten, wie etwa die religiöse vorprägung des betroffenen und seiner familie, eine glaubensbetätigung bereits im herkunftsland, der äußere anstoß für den konversionsprozess sowie dessen dauer oder intensität, die inneren beweggründe für die abwendung vom bisherigen glauben, die vorbereitung auf die konversion und deren vollzug, die information und reaktion des familiären und sozialen umfeldes, das wissen über die neue religion und die konversionskirche, die bedeutung und auswirkungen des neuen glaubens für beziehungsweise auf das eigene leben sowie art und umfang der betätigung des neuen glaubens wie zum beispiel die teilnahme an gottesdiensten, an gebeten und am kirchlichen leben. 75vgl. bverfg, nichtannahmebeschluss vom 3. april 2020 ‑ 2 bvr 1838/15 ‑, a. a. o. rn. 33, 35; berlit/dörig/storey, glaubhaftigkeitsprüfung bei asylklagen aufgrund religiöser konversion oder homosexualität: ein ansatz von praktikern (teil 1), zar 2016, s. 281 (284 ff.). 76b. unter zugrundelegung dieser grundsätze hat die klägerin zu 1. einen aus § 3 abs. 1 asylg folgenden anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft wegen ihrer konversion zum christentum. 77in objektiver hinsicht lässt sich feststellen, dass im iran bei einer teilnahme jedenfalls von (ehemaligen) muslimen an religiösen christlichen riten in der öffentlichkeit die gefahr droht, an leib, leben oder freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung oder bestrafung unterworfen zu werden. auch wenn das iranische strafgesetzbuch die konversion zum christentum straftatbestandlich nicht erfasst, 78vgl. bundesamt für migration und flüchtlinge, länderreport 35, iran, stand 05/2021, s. 10, 79kann diese den islamrechtlichen tatbestand der apostasie erfüllen und eine verurteilung zur folge haben. dieses vorgehen basiert darauf, dass bei angelegenheiten, welche nicht im kodifizierten gesetz geregelt sind, nach art. 167 der iranischen verfassung islamisch-religiöses recht anwendung findet. gemäß der insoweit maßgeblichen meinung der rechtsgelehrten im iran kann apostasie mit der todesstrafe (männer) bzw. einer lebenslangen haftstrafe (frauen) bestraft werden. 80vgl. auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik iran, stand dezember 2020 vom 5. februar 2021, s. 14 f.; amnesty international report iran 2020, 7. april 2021, s. 8; schnellrecherche der schweizerischen flüchtlingshilfe, iran: gefährdung von konvertiten, 7. juni 2018, s. 5 f.; tellenbach, grundzüge des iranischen strafgesetzbuchs von 2013, in: konrad-adenauer-stiftung, iran reader 2017, s. 79. 81oftmals findet eine strafverfolgung aber unter heranziehung anderer straftatbestände wie etwa „verschwörung gegen die/gefährdung der nationalen sicherheit“, gemäß art. 286 des iranischen strafgesetzbuches 2013, oder „beleidigung des propheten“, gemäß art. 262 des iranischen strafgesetzbuches 2013, statt. 82vgl. auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik iran, stand dezember 2020 vom 5. februar 2021, s. 15; the norwegian country of origin information centre, landinfo: iran: christian converts and house churches (2) ‑ arrests and prosecutions, 29. november 2017, s. 10. 83solche konsequenzen sind indes mit hinreichender wahrscheinlichkeit nur im falle des aktiven auslebens des glaubens zu befürchten, so dass die unerkannt gebliebene konversion zum christentum und das anonyme bzw. jedenfalls unauffällige und insbesondere nicht mit missionierung verbundene ausleben der religion ohne schutzrelevante konsequenzen möglich bleibt. 84vgl. danish immigration service, iran: house churches and converts, 23. februar 2018, s. 7; bfa, bundesamt für fremdenwesen und asyl der republik österreich, länderinformation der staatendokumentation iran vom 21. mai 2021 s. 51; schnellrecherche der schweizerischen flüchtlingshilfe, iran: gefährdung von konvertiten, 7. juni 2018, s. 18 f. unter auswertung weiterer quellen; zur missionierung: auskunft des auswärtigen amtes an das verwaltungsgericht ansbach vom 27. november 2019, 508-516.80/51696, s. 3 f.; united kingdom / home office, country policy and information note, iran ‑ christians and christian converts, 26. februar 2020, s. 7 f., 27 f.; united states, department of state, iran 2019, international religious freedom report, 10. juni 2020, s. 14 ff.; australian government, department of foreign affairs and trade, country information report iran, 14. april 2020, s. 33; accord, anfragebeantwortung vom 5. juli 2019 zum iran: überwachung von aktivitäten im ausland (exilpolitische aktivitäten, konversion), s. 1; open doors, world watch research, 2021 country dossier iran, november 2020, s. 30. 85bereits das praktizieren des glaubens in hauskirchen kann indes zu verfolgungsmaßnahmen führen. dort werden razzien durchgeführt, die mit willkürlichen verhaftungen verbunden sein können, wobei auch dies bei niedrig profilierter aktivität und unterbleiben von missionierung weniger wahrscheinlich ist. 86vgl. bundesamt, länderreport iran 2019, s. 10; auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik iran, stand dezember 2020 vom 5. februar 2021, s. 14; bundesamt für fremdenwesen und asyl der republik österreich, länderinformation der staatendokumentation iran vom 21. mai 2021, s. 47 ff.; schnellrecherche der schweizerischen flüchtlingshilfe, iran: gefährdung von konvertiten, 7. juni 2018, s. 8 f.; australian government, department of foreign affairs and trade, country information report iran, 14. april 2020, s. 33. 87hingegen gibt es keine hinreichenden erkenntnisse dafür, dass bereits der bloße formale glaubenswechsel im wege der taufe für sich genommen mit beachtlicher wahrscheinlichkeit eine verfolgungsgefahr begründet. 88vgl. amnesty international vom 18. februar 2020, menschenrechte im iran 2019, s. 7 f.; bfa, bundesamt für fremdenwesen und asyl der republik österreich, länderinformation der staatendokumentation iran vom 21. mai 2021 s. 51; bay.vgh, beschluss vom 11. februar 2021 ‑ 14 zb 20.31143 ‑, juris rn. 11; ovg schleswig-holstein, urteil vom 24. märz 2020 ‑ 2 lb 20/19 ‑, juris rn. 33; thür. ovg, urteil vom 28. mai 2020 ‑ 3 ko 590/13 ‑, a. a. o. rn. 79 m. w. n. 89vor diesem hintergrund droht zum christentum konvertierten ehemaligen muslimen bei einer rückkehr in den iran (allein) im falle eines ernst gemeinten, der inneren überzeugung folgenden glaubenswechsels eine rechtserhebliche verfolgung. denn nur in diesem fall ist davon auszugehen, dass sie auch nach einer rückkehr in den iran entsprechend ihren glaubensvorstellungen leben und sich dadurch – nach den umständen des einzelfalls – einer verfolgung durch staatliche oder dem staat zurechenbare akteure aussetzen, respektive unter dem druck der verfolgungsgefahr in unzumutbarer weise auf die glaubensbetätigung im herkunftsland erzwungenermaßen verzichten. 90vgl. etwa egmr, urteil vom 19. dezember 2017 ‑ bsw. 60342/16 ‑, nlmr 6/2017-egmr, s. 1; ovg nrw, beschluss vom 6. januar 2021 ‑ 6 a 3413/20.a ‑, juris rn. 12 ff.; bay. vgh, beschluss vom 11. februar 2021 ‑ 14 zb 20.31143 ‑, a. a. o. rn. 11; ovg schleswig-holstein, urteil vom 24. märz 2020 ‑ 2 lb 20/19 ‑, a. a. o. rn. 33; thür. ovg, urteil vom 28. mai 2020 ‑ 3 ko 590/13 ‑, a. a. o. rn. 77 jeweils m. w. n. 91unter würdigung des gesamten klägerischen vortrags – insbesondere desjenigen in der mündlichen verhandlung im berufungsverfahren – steht zur überzeugung des gerichts fest, dass die klägerin zu 1. jedenfalls zum entscheidungserheblichen zeitpunkt aufgrund einer ernst gemeinten religiösen überzeugung zum christentum übergetreten ist und dementsprechend die vorgenannten verfolgungsträchtigen religiösen betätigungen für sie (auch) im iran unverzichtbar wären, um ihre religiöse identität zu wahren. auch wenn in anbetracht ansonsten drohender staatlicher repressionen nicht zu erwarten sein mag, dass die klägerin zu 1. den ernsthaft übernommenen christlichen glauben im iran praktizieren wird, ist ihr unter dem gesichtspunkt des art. 3 emrk nicht zuzumuten, von der glaubensbetätigung abzusehen, und ihr deshalb die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. 92durch die von der klägerin zu 1. vorgelegte taufbescheinigung steht fest, dass sie getauft wurde. die von einer religionsgemeinschaft bestätigte mitgliedschaft eines asylbewerbers als solche darf unter berücksichtigung des in art. 140 gg in verbindung mit art. 137 abs. 3 satz 1 wrv garantierten selbstbestimmungsrechts der kirchengemeinschaften von den gerichten bei der untersuchung, ob dem asylbewerber in seinem heimatland eine schwerwiegende verletzung der religionsfreiheit als flüchtlingsrelevante verfolgung droht, nicht infrage gestellt werden. 93vgl. bverfg, nichtannahmebeschluss vom 3. april 2020 ‑ 2 bvr 1838/15 ‑, a. a. o. rn. 29. 94der bloß formal vollzogene übertritt zum christlichen glauben führt indes im herkunftsland der klägerin zu 1. – wie bereits ausgeführt – nicht mit beachtlicher wahrscheinlichkeit zu einer flüchtlingsrelevanten verfolgung im rückkehrfall. dementsprechend stellt die taufe nur ein entsprechendes indiz für einen ernstgemeinten religiösen einstellungswandel dar. 95in der gesamtschau, insbesondere unter berücksichtigung der angaben der klägerin zu 1. selbst, der vorgelegten bescheinigungen und stellungnahmen sowie der ausführungen des in der mündlichen verhandlung ebenfalls informatorisch angehörten klägers zu 2. ist der senat zu der überzeugung gelangt, dass die klägerin zu 1. einen ernstgemeinten, die religiöse identität prägenden glaubenswechsel vollzogen hat. der innere prozess der auseinandersetzung mit den glaubensvorstellungen und der schlussendlichen hinwendung zur christlichen glaubenslehre wurde glaubhaft dargetan. 96ins gewicht fällt im konkreten fall der klägerin zu 1., dass sie bereits seit vier jahren ihren glauben intensiv nach außen hin sichtbar ausübt. sie ist fest in die freie evangelische kirchengemeinde l. -q. eingebunden und engagiert sich vielfältig im gemeindeleben. darüber hinaus hat sie sich auch in der gemeinde st. b. , l. durch die mithilfe bei der ausrichtung eines monatlichen frühstücks für bedürftige eingebracht. sie hat in der mündlichen verhandlung glaubhaft – übereinstimmend mit den angaben des klägers zu 2. – vorgetragen, in der pandemiezeit an einem täglich stattfindenden deutsch-persischen hauskreis der gemeinde über „zoom“ teilgenommen zu haben. insbesondere auch die persönliche religiöse entwicklung weg vom islam hin zum christlichen glauben konnte die klägerin zu 1. unter präzisierung der in der anhörung vor dem bundesamt und in der mündlichen verhandlung des verwaltungsgerichts getätigten angaben nachvollziehbar erläutern. so hat sie die zusammenhänge zwischen dem erstmaligen kontakt zum christentum durch eine christliche fernsehsendung, dem anschließenden besuch eines kurses für angehörige von drogenabhängigen, in dem christliche werte vermittelt wurden, und dem entscheidenden austausch mit einer armenischen christin sinngebend dargestellt. diese darstellung ist durch die diesbezüglichen anschaulichen ausführungen des klägers zu 2. etwa zum täglich stattfindenden hauskreis bestätigt worden. weiterhin hat die klägerin zu 1. im rahmen ihrer informatorischen anhörung in der mündlichen berufungsverhandlung gezeigt, dass sie über von einer aktiven christin zu erwartende kenntnisse über den christlichen glauben verfügt. sie konnte schließlich in emotionaler weise unter heranziehung eines sehr christlich geprägten wortschatzes plausibel erläutern, welche veränderungen die annahme des christlichen glaubens bei ihr bewirkt haben. 97iii. die rechtswidrigkeit der unter ziffer 5. des angegriffenen bescheids verfügten abschiebungsandrohung mit ausreiseaufforderung unter fristsetzung von 30 tagen sowie des auf 30 monate befristeten einreise- und aufenthaltsverbotes (ziffer 6. des bescheids) folgt aus dem anspruch der klägerin zu 1. auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft. 98c. die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1, § 161 abs. 2 vwgo, § 83 b asylg. 99die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 vwgo i. v. m. § 708 nr. 10, § 711 zpo. 100die revision ist nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo hierfür nicht vorliegen.
Klaeger*in
1
329,348
13 K 6587/19
2020-06-29T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die im Jahr 1945 geborene Klägerin ist als Versorgungsempfängerin der Beklagten beihilfeberechtigt mit einem Bemessungssatz von 70 %. 3Die Klägerin ließ in der B. Augenpraxis E. , H. B1. 000, eine Therapie mit intravitrealen Injektionen (direkte Verabreichung eines Medikaments in den Glaskörper des Auges mittels Injektion) durchführen. Hierfür machte sie bei der Beihilfestelle (u.a.) Aufwendungen geltend, die ihr durch die ärztlich verordnete Nutzung eines Fahrdienstes für sechs Fahrten (jeweils Hin- und Rückfahrt am 17. September 2018, 25. Oktober 2018, 3. Dezember 2018, 7. Januar 2019, 14. Januar 2019 und 20. Mai 2019) zwischen ihrem Wohnort in N. , T.--------straße 00, und der Augenpraxis in Höhe von 6 x 72,90 Euro entstanden sind. Aus den ärztlichen Verordnungen geht hervor, dass es sich um ambulante Operationen handele und die Nutzung des Fahrdienstes zur Vermeidung eines stationären Aufenthalts erforderlich sei. 4Die Beklagte lehnte mit Bescheiden vom 22. November 2018 (betreffend die Fahrt am 17. September 2018), 2. Januar 2019 (betreffend die Fahrt am 25. Oktober 2018), 19. Februar 2019 (betreffend die Fahrt am 3. Dezember 2018), 25. März 2019 (betreffend die Fahrten am 7. Januar 2019 und 14. Januar 2019) und 10. Juli 2019 (betreffend die Fahrt am 20. Mai 2019), jeweils in der Fassung der Neufestsetzungen vom 13. Juni 2019, die Bewilligung von Leistungen der Beihilfe für die der Klägerin entstandenen Fahrtkosten ab, weil die ärztlichen Verordnungen unzureichend begründet seien; ihnen lasse sich nicht entnehmen, dass es der Klägerin aus zwingenden medizinischen Gründen nicht möglich gewesen sei, öffentliche Verkehrsmittel oder einen privaten Pkw zu nutzen. 5Die Klägerin legte gegen die Bescheide jeweils Widerspruch ein. Zur Begründung verwies sie auf die ärztlichen Verordnungen und führte aus, wegen der eingeschränkten Sehfähigkeit sei es zwingend erforderlich gewesen, die Fahrten nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Auto zu unternehmen, weil dies eine Gefahr nicht nur für sie, sondern auch für andere Verkehrsteilnehmer verursacht hätte. Ferner übersandte die Klägerin eine Bescheinigung der Frau N1. Q. , Fachärztin für Augenheilkunde in N. , datierend vom 14. Januar 2019, wonach sie aus zwingenden medizinischen Gründen, nämlich - erstens - zur Vermeidung eines stationären Aufenthalts und - zweitens - wegen eingeschränkter Sehfähigkeit, nicht der Lage gewesen sei, einen Pkw zu führen oder öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. 6Mit Schreiben vom 13. Juni 2019 erläuterte die Beklagte, aus welchen Gründen die Fahrtkosten nicht beihilfefähig seien: Gemäß § 6 Abs. 1 BBhV seien grundsätzlich nur notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen beihilfefähig. Voraussetzung für die Notwendigkeit der Fahrtkosten sei, dass die Beförderung ärztlich verordnet und medizinisch erforderlich sei. Nach § 31 Abs. 2 Nr. 5 BBhV seien Aufwendungen für ärztlich verordnete Fahrten anlässlich einer ambulanten Operation im Krankenhaus oder in der Arztpraxis einschließlich der Vor- und Nachbehandlung beihilfefähig. Notwendig seien in der Regel jedoch nur Fahrten auf direktem Weg zwischen dem Aufenthaltsort des Beihilfeberechtigten und der nächst erreichbaren Behandlungsmöglichkeit. Letzteres sei hier die B. Augenarztpraxis N. . Anhaltspunkte dafür, dass die Behandlung der Klägerin in der B. Augenpraxis E. aus Gründen einer sachgerechten Arzthilfe unbedingt notwendig gewesen sei, lägen nicht vor. Subjektive Interessen müssten bei der Beurteilung der Notwendigkeit und Angemessenheit von Beförderungskosten ausscheiden. Soweit es um die Wahl des Beförderungsmittels gehe, sei die zwingende medizinische Notwendigkeit im Einzelfall maßgeblich. Für die Auswahlentscheidung seien deshalb insbesondere der Gesundheitszustand im Zeitpunkt des Transports und die Gehfähigkeit zu berücksichtigen. Zu prüfen sei dies gesondert für die Hin- und Rückfahrt. Nach Nr. 31.4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Bundesbeihilfeverordnung (BBhVVwV) seien Aufwendungen für ein Taxi ausnahmsweise nur dann beihilfefähig, wenn nach ärztlicher Bescheinigung aus zwingenden medizinischen Gründen weder öffentliche Verkehrsmittel genutzt werden könnten, noch eine Person für die Abholung mit einem privaten Pkw zur Verfügung stehe. Die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen enthielten keine nach Hin- und Rückfahrt differenzierende Begründung der zwingenden medizinischen Notwendigkeit der Nutzung eines Taxis/Mietwagens bzw. Fahrdienstes. Sie könnten allenfalls für die Bewertung der Notwendigkeit der Beförderung wegen eingeschränkter Sehfähigkeit nach der Operation herangezogen werden. Weiter sei aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich, warum keine Abholung mit einem privaten Pkw möglich gewesen sei. 7Zugleich bat die Beklagte die Klägerin, binnen vier Wochen mitzuteilen, ob sie den Erlass eines formellen Widerspruchsbescheides wünsche. 8Die Klägerin antwortete unter dem 14. Juni 2019, dass sie einen Widerspruchsbescheid erwarte. 9Mit Schreiben vom 4. Juli 2019 bestellte sich die Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegenüber der Beklagten und begründete die Widersprüche ergänzend wie folgt: Aus § 31 Abs. 2 Nr. 5 BBhV ergebe sich eindeutig, dass anlässlich einer ambulanten Operation einschließlich der Vor- und Nachbehandlung auch die Aufwendungen für ärztlich verordnete Fahrten beihilfefähig seien. Eine differenzierte Begründung für die zwingende medizinische Notwendigkeit der Nutzung eines Taxis/Mietwagens bzw. Fahrdienstes sei nicht erforderlich. Der Verwaltungsvorschrift zur Bundesbeihilfeverordnung lasse sich eindeutig entnehmen, dass allein der behandelnde Arzt entscheide, ob die Beförderung notwendig sei. Dies gelte auch für die Hinfahrt. Vorliegend habe der Arzt sowohl für die Hin- als auch für die Rückfahrt die Notwendigkeit bejaht. Entsprechend seien die Kosten von der Beihilfe zu übernehmen. Soweit die Beklagte sich auf Nr. 31.4 BBhVVwV stütze, betreffe dies nur Aufwendungen für ein Taxi; die Klägerin habe jedoch einen Fahrdienst genutzt. Auf eine Behandlungsmöglichkeit in der näher gelegenen B. Augenarztpraxis N. könne die Klägerin nicht verwiesen werden, weil eine solche dort nicht gegeben sei. Die Praxis in N. führe derartige Operationen nicht durch. Es handele sich um eine Augenarztpraxis, die an die B. Augenpraxis E. angegliedert sei, selbst jedoch über keine Operationsmöglichkeiten verfüge. 10Mit Widerspruchsbescheid vom 26. August 2019 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin zurück. Zur Begründung wiederholte sie die Ausführungen in ihrem Schreiben vom 13. Juni 2019. Ergänzend und vertiefend machte sie geltend: Unter den Begriff des Taxis im Sinne der Nr. 31.4 BBhVVwV seien auch Mietwagen und Fahrdienste zu fassen. Die Notwendigkeit der Beförderung mittels eines Fahrdienstes aufgrund zwingender medizinischer Gründe könne hier nicht angenommen werden. Zwar verwiesen die ärztlichen Verordnungen auf die Vermeidung eines stationären Aufenthalts und die Augenärztin Frau Q. in ihrer Bescheinigung auf eine eingeschränkte Sehfähigkeit. Diese Begründung, die vollumfänglich überprüfbar sei, entspreche aber nicht den Anforderungen der Nr. 31.2.1 Satz 1 BBhVVwV. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei die Festsetzungsstelle berechtigt, in Zweifelsfällen die ärztlich bescheinigte medizinische Notwendigkeit einer näheren Überprüfung zu unterziehen. Könne sie die Zweifel mangels eigener Sachkunde nicht ausräumen, dürfe sie etwa ein Gutachten einholen oder Sachverständige heranziehen und ggf. auf der Grundlage einer solchen Sachverhaltsaufklärung die medizinische Notwendigkeit verneinen. Im hier zu beurteilenden Fall sei nicht ersichtlich, warum einerseits die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich gewesen und andererseits ein Fahrdienst auch für die Hinfahrten in Anspruch genommen worden sei. Es könne nicht pauschal angenommen werden, dass eine Einschränkung der Sehfähigkeit, auch nach einer ambulanten Operation, der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel entgegenstehe. Dass durch die Operation die Sehfähigkeit beider Augen erheblich herabgesetzt worden sei, sei nicht ersichtlich und auch unüblich. Soweit nur die Sehfähigkeit eines Auges herabgesetzt gewesen sei, sei die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar. Dass eine Einschränkung der Sehfähigkeit bereits im Zeitpunkt der Hinfahrten vorgelegen habe, sei nicht dargelegt und auch eher fernliegend. Sonstige Einschränkungen, z.B. der Gehfähigkeit, seien ebenfalls nicht dargelegt. Abgesehen davon habe die Möglichkeit der Nutzung eines näher gelegenen Behandlungsortes bestanden, nämlich der B. Augenarztpraxis N. , die ausweislich des Behandlungsspektrums (einsehbar auf der Internetpräsenz) über vielfältige Operationsmöglichkeiten verfüge. 11Die Klägerin hat am 5. September 2019 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Entscheidend für die Notwendigkeit der Beförderung sei die Einschätzung des behandelnden Arztes. Selbst wenn die Festsetzungsstelle befugt sein sollte, die Entscheidung des Arztes zu überprüfen, habe die Beklagte eine solche Überprüfung hier nicht vorgenommen; sie habe etwaige Zweifel nicht mit Hilfe eines Gutachtens oder eines Sachverständigen ausgeräumt, sondern schlicht pauschal unterstellt, dass eine Notwendigkeit nicht gegeben sei. Neben der Einschränkung des Sehvermögens seien auch die Folgen der Betäubung zu berücksichtigen. Die Behauptung der Beklagten, die B. Augenarztpraxis N. verfüge über Operationsmöglichkeiten, treffe nicht zu. Die erforderlichen Behandlungen hätten nur in der B. Augenpraxis E. erfolgen können; nur dort gebe es die erforderliche Ausstattung für die Durchführung einer sterilen Operation. Eine private Beförderung sei nicht möglich gewesen. Als einzig verfügbarer Fahrer wäre der Ehemann in Betracht gekommen. Dieser leide jedoch an hohem Blutdruck und vermeide das Führen von Fahrzeugen in Ballungszentren wie E. . Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel eine erhebliche Anfahrt für die 74jährige Klägerin bedeutet hätte. Sie hätte mit dem Bus zur S-Bahn, mit der S-Bahn zum Hauptbahnhof Düsseldorf und von dort mit der Straßenbahn zur Klinik fahren müssen. In Anbetracht der bevorstehenden Operationen hätte dies zu einer zusätzlichen großen Belastung geführt, zumal sie auf einem Auge nur noch über 20 % Sehkraft verfüge und vor den Operationen immer sehr nervös gewesen sei. In der Vergangenheit habe die Beklagte Beihilfe für Fahrtkosten in einer Vielzahl von Fällen bewilligt, weshalb die Klägerin auf eine Fortsetzung dieser Entscheidungspraxis habe vertrauen dürfen; von heute auf morgen habe die Beklagte ihre Meinung geändert. 12Die Klägerin beantragt, 13die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 22. Januar 2018 [richtig: 22. November 2018], 2. Januar 2019, 19. Februar 2019, 25. Juli 2019 [richtig 25. März 2019] und 10. Juli 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. August 2019 zu verpflichten, die beantragten Fahrtkosten in voller Höhe zu übernehmen. 14Die Beklagte beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Zur Begründung macht sie ergänzend zu den Gründen des Widerspruchsbescheides geltend: Ob eine Behandlungsmöglichkeit in der B. Augenarztpraxis N. tatsächlich nicht bestanden habe, sei unerheblich. Eine ausschließliche Behandlungsmöglichkeit in der B. Augenpraxis E. führe für sich gesehen nicht zur Beihilfefähigkeit der entstandenen Fahrtkosten. Vielmehr sei auf die fehlende medizinische Notwendigkeit zu verweisen. Bestünden Zweifel an der Notwendigkeit des gewählten Beförderungsmittels, sei nicht zwingend ein Gutachten einzuholen oder ein Sachverständiger heranzuziehen. Auf derartige Hilfsmittel sei nur dann zurückzugreifen, wenn eine Sachverhaltsaufklärung mangels eigener Sachkunde anders nicht möglich sei. Bei der Therapie mit intravitrealen Injektionen handele es sich um eine der Festsetzungsstelle bekannte Behandlungsmethode, so dass es für die Annahme der fehlenden Notwendigkeit der Beförderung mittels Fahrdienstes keines Gutachtens oder Sachverständigen bedürfe. Bereits der Umstand, dass die ärztlichen Verordnungen keine gesonderte Betrachtung der medizinischen Notwendigkeit für Hin- und Rückfahrt anstellten, spreche für eine mangelhafte ärztliche Überprüfung, die wiederum Zweifel an der ärztlichen Verordnung begründe. Bis zum heutigen Tag habe es die Klägerin unterlassen, etwaige Begründungen nachzureichen. 17Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Im Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden. 21Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, jedoch nicht begründet. 22Die Bescheide der Beklagten vom 22. November 2018, 2. Januar 2019, 19. Februar 2019, 25. März 2019 und 10. Juli 2019, jeweils in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. August 2019, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Leistungen der Beihilfe für Aufwendungen, die ihr durch die Nutzung eines Fahrdienstes anlässlich ambulanter Operationen entstanden sind. Es fehlt jeweils an einer ärztlichen Verordnung, aus der sich die medizinische Notwendigkeit dieser Fahrten nachvollziehbar ergibt. 23Gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG enthalten Versorgungsempfänger, die - wie die Klägerin - Anspruch auf Versorgungsbezüge haben, Beihilfe. Beihilfefähig sind grundsätzlich nur notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen (u.a.) in Krankheitsfällen (vgl. § 80 Abs. 3 Nr. 1 BBG) Diese gesetzliche Vorgabe hat der Verordnungsgeber im ersten Kapitel der Bundesbeihilfeverordnung (BBhV), das allgemeine Regelungen für die nachfolgenden Arten von Aufwendungen enthält, in § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV wiederholt: Beihilfefähig sind danach grundsätzlich nur notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen. § 51 Abs. 1 Satz 1 BBhV ordnet an, dass über die Notwendigkeit und die wirtschaftliche Angemessenheit von Aufwendungen nach § 6 BBhV die Festsetzungsstelle entscheidet. 24Der Begriff der beihilferechtlichen Notwendigkeit von Aufwendungen im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV als Voraussetzung für die Beihilfegewährung ist ein der gerichtlichen Überprüfung voll zugänglicher unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Inhalt in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt ist. Danach sind Aufwendungen in Krankheitsfällen dem Grunde nach notwendig, wenn sie für eine medizinisch gebotene Behandlung entstanden sind, die der Wiedererlangung der Gesundheit, der Besserung oder Linderung von Leiden oder der Beseitigung oder dem Ausgleich körperlicher oder geistiger Beeinträchtigungen dient. 25Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. September 2011 - 2 B 66.11 ‑, juris, Rz. 11; Urteile vom 8. November 2012 - 5 C 4.12 ‑, juris, Rz. 15 und vom 10. Oktober 2013 - 5 C 32.12 ‑, juris, Rz. 13. 26Dabei ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenfalls geklärt, dass die medizinische Notwendigkeit von Aufwendungen für eine ärztliche Behandlung grundsätzlich der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt, auch wenn regelmäßig der Beurteilung des verordnenden Arztes zu folgen sein wird, weil dieser über die erforderliche Sachkunde verfügt. 27Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2012 - 2 C 46.10 ‑, juris, Rz. 13; Beschluss vom 22. August 2018 ‑ 5 B 3.18 ‑, juris, Rz. 9. 28Für die ärztliche Verordnung von Fahrten nach § 31 BBhV gilt nichts anderes. Gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BBhV sind Aufwendungen für ärztlich verordnete Fahrten anlässlich einer ambulanten Operation im Krankenhaus oder in der Arztpraxis einschließlich der Vor- und Nachbehandlung beihilfefähig. Was das Erfordernis der medizinischen Notwendigkeit der Fahrten im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV betrifft, darf zwar die zur Entscheidung berufene Festsetzungsstelle (§ 51 Abs. 1 Satz 1 BBhV) davon ausgehen, dass Aufwendungen, die auf einer ärztlichen Verordnung beruhen, aufgrund der Sachkunde des Arztes in der Regel auch als medizinisch geboten zu betrachten sind. Das nimmt der Festsetzungsstelle aber weder das Recht noch entbindet es sie davon, in Zweifelsfällen die medizinische Notwendigkeit einer Überprüfung zu unterziehen. Der Festsetzungsstelle ist nicht vorgegeben, jede ärztliche Verordnung von Fahrten als medizinisch notwendig anzusehen. Eine Fiktion, dass jede ärztliche Verordnung auf medizinischer Notwendigkeit beruht, lässt sich der Regelung in § 31 BBhV nicht entnehmen. 29Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. August 2018 ‑ 5 B 3.18 ‑, juris, Rz. 10, 12 (zu ärztlich verordneten Heilmitteln). 30Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben ist hier die Beklagte im Rahmen der ihr zustehenden Prüfungskompetenz zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die von der Klägerin eingereichten ärztlichen Verordnungen der B. Augenpraxis E. nicht nachvollziehbar sind, weil sich aus ihrer Begründung („Vermeidung eines stationären Aufenthalts“) die medizinische Notwendigkeit der Nutzung eines Fahrdienstes nicht plausibel ergibt. Wie die unterschiedslose Verordnung für Hin- und Rückfahrten zeigt, hat sich der verordnende Arzt mit der Frage nach Alternativen, etwa - was sich aufgedrängt hätte - der Möglichkeit, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, erst gar nicht beschäftigt. Um zu dieser Feststellung zu kommen, bedarf es nicht der Einholung eines Gutachtens oder Heranziehung eines Sachverständigen, weil sie sich schon aus den Verordnungen selbst ergibt. 31Auch versteht es sich mit Blick auf die Art der Operation und deren Auswirkungen auf den Patienten am Behandlungstag nicht etwa von selbst, dass die Verordnung zumindest der Rückfahrten zur Vermeidung eines stationären Aufenthalts erforderlich war. Bei den in Rede stehenden Eingriffen handelt es sich um sog. Intravitreale operative Maßnahmen (IVOM). Der Begriff „intravitreal“ (von lat. intra = hinein, innen, innerhalb und vitrum = Glas bzw. vitreous = Glaskörper) bedeutet „in den Glaskörper hinein“. Man versteht darunter die direkte Verabreichung eines Medikaments in den Glaskörper des Auges. Sie ist eine Form der parenteralen Gabe von Medikamenten. Praktisch geschieht dies durch eine Injektion. Der Augenarzt spritzt ein Medikament in das Innere des Augapfels. So gelangt der Wirkstoff leicht an die Netzhaut und kann kaum Nebenwirkungen in den übrigen Organen verursachen. Es handelt sich um einen minimalinvasiven Eingriff, der unter örtlicher Betäubung mit Augentropfen vorgenommen wird; eine Vollnarkose ist nicht notwendig. Bei dem Eingriff ist mit einer Komplikationsrate von weniger als einem Prozent zu rechnen. Am Behandlungstag sind geringe Schmerzen, Blendempfindlichkeit und „fliegende Mücken“ häufige, kontrollierbare Nebenwirkungen. Das Führen von Kraftfahrzeugen („aktive Teilnahme am Straßenverkehr“) sollte am Behandlungstag vermieden werden. 32Vgl. hierzu im Einzelnen: Intravitreale Injektion UKD - Universitätsklinikum Düsseldorf, im Internet abrufbar unter https://www.uniklinik-duesseldorf.de/patienten-besucher/klinikeninstitutezentren/klinik-fuer-augenheilkunde/informationen-fuer-patienten/ihre-augenklinik/intravitreale-injektion; wikipedia,Suchbegriff: intravitreal; Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e.V. - Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG), Informationen für Sie: Intravitreale Medikamenteneingabe [Operative Medikamenteneingabe in das Auge], im Internet abrufbar unter http://cms.augeninfo.de/fileadmin/ pat_brosch/IVOM_.pdf 33Dass der Eingriff regelmäßig mit einer so erheblichen Reduzierung des Sehvermögens am Behandlungstag verbunden wäre, dass der Patient nicht in der Lage wäre, mit Bus und Bahn zu fahren, lässt sich dem nicht entnehmen; nur das eigenhändige Führen eines Kraftfahrzeuges sollte unterlassen werden. Abgesehen davon wird der Eingriff üblicherweise immer nur an einem Auge durchgeführt, so dass schon deshalb jedenfalls das Sehvermögen auf dem anderen Auge nicht durch die Operation vermindert wird. Hiermit übereinstimmend trägt die Klägerin auch nicht vor, dass bei ihr an einem Tag beide Augen operiert worden seien. Ferner können die Auswirkungen einer Vollnarkose, wie etwa Schwindel und Benommenheit, nicht zum Tragen kommen, da eine solche Narkose nicht vorgenommen wird. 34Bei dieser Sachlage erschließt sich nicht, warum hier aus ärztlicher Sicht die Alternative zur Nutzung eines Fahrdienstes zwingend in einem stationären Aufenthalt bestehen soll. Vielmehr liegt es nach Auffassung des Gerichts auf der Hand, dass die Begründung der ärztlichen Verordnungen defizitär und damit nicht nachvollziehbar ist, weil nähere Darlegungen dazu fehlen, aus welchen Gründen im Fall der Klägerin wegen etwaiger Besonderheiten, etwa einer eingeschränkten Gehfähigkeit, abweichend vom Normalfall die (Rück-)Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmittel aus medizinischen Gründen nicht möglich sein soll. Dies gilt auch, wenn man in Rechnung stellt, dass die Fahrt mit Bus und Bahn für die Klägerin mit einem größeren Aufwand und auch mit einer zusätzlichen nervlichen Belastung verbunden gewesen wäre. Denn hieraus ergeben sich keine medizinischen Gründe für die Nutzung des Fahrdienstes; nur solche Gründe, nicht etwa Aspekte der Bequemlichkeit oder der Wunsch, die Belastung vor und nach der Operation möglichst gering zu halten, sind jedoch geeignet, die ärztliche Verordnung zu rechtfertigen. 35Nach alledem kommt es auf die von den Beteiligten diskutierte Frage, ob die Fahrten der Klägerin nach E. schon deshalb nicht medizinisch notwendig waren, weil es die Möglichkeit einer gleich geeigneten Behandlung in einer näher gelegenen Augenarztpraxis in N. gab, nicht an. Angemerkt sei insoweit lediglich, dass zwar auf der Internetseite der B. Augenarztpraxis N. auch intravitreale Injektionen als zum Behandlungsspektrum gehörend aufgeführt sind, eine telefonische Nachfrage des Einzelrichters in der Praxis aber ergeben hat, dass die Durchführung derartiger Eingriffe nicht in der Praxis in N. , sondern in der zum B. -Verbund gehörenden Praxis in E. , H. B2. 000, erfolgt. Ebenso kann dahinstehen, ob tatsächlich kein Angehöriger, Nachbar oder Freund zur Verfügung stand, der die Klägerin mit dem privaten Pkw nach E. hätte fahren und wieder abholen können (was das Gericht allerdings für sehr zweifelhaft hält; eher dürfte es so sein, dass die Klägerin die Organisation einer privaten Fahrt erst gar nicht in Betracht gezogen hat, da sie - nach eigenen Angaben - von der Beihilfefähigkeit der Kosten eines Fahrdienstes ausging und dies für sie die einfachste Lösung war). 36Schließlich kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, sie habe auf die Übernahme der Fahrtkosten im Wege der Beihilfe vertrauen dürfen, weil die Beklagte in der Vergangenheit derartige Kosten in einer Vielzahl von Fällen als beihilfefähig anerkannt habe. Mit dieser Argumentation lässt sich der geltend gemachte Anspruch nicht, auch nicht aus Billigkeitsgründen, rechtfertigen, weil - abgesehen davon, dass sich schon eine Vergleichbarkeit der Fälle, in denen in der Vergangenheit die Beihilfefähigkeit anerkannt worden sein soll, mit dem hier gegebenen Fall mangels näherer Darlegungen nicht feststellen lässt ‑ die Klägerin keinen „Anspruch auf Fehlerwiederholung“ hat, also darauf, dass die Beklagte ihre (unterstellte) bisherige, nunmehr jedoch als rechtswidrig erkannte Verwaltungspraxis fortsetzt. So gesehen hätte die Klägerin schlicht „Glück gehabt“, dass nicht schon die Beihilfefähigkeit der zuvor entstandenen Fahrtkosten von der Beklagten verneint wurde; hierdurch hätte sie dann mehr erlangt, als ihr eigentlich zustünde. 37Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 38Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO. 39Rechtsmittelbelehrung: 40Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 41Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 42Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 43Die Berufung ist nur zuzulassen, 441. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 452. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 463. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 474. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 485. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 49Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 50Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 51Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 52Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 2-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 53Beschluss: 54Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 500,00 Euro festgesetzt. 55Gründe: 56Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG erfolgt. 57Rechtsmittelbelehrung: 58Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 59Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 60Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 61Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 62Die Beschwerdeschrift soll möglichst 2-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 63War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die im jahr 1945 geborene klägerin ist als versorgungsempfängerin der beklagten beihilfeberechtigt mit einem bemessungssatz von 70 %. 3die klägerin ließ in der b. augenpraxis e. , h. b1. 000, eine therapie mit intravitrealen injektionen (direkte verabreichung eines medikaments in den glaskörper des auges mittels injektion) durchführen. hierfür machte sie bei der beihilfestelle (u.a.) aufwendungen geltend, die ihr durch die ärztlich verordnete nutzung eines fahrdienstes für sechs fahrten (jeweils hin- und rückfahrt am 17. september 2018, 25. oktober 2018, 3. dezember 2018, 7. januar 2019, 14. januar 2019 und 20. mai 2019) zwischen ihrem wohnort in n. , t.--------straße 00, und der augenpraxis in höhe von 6 x 72,90 euro entstanden sind. aus den ärztlichen verordnungen geht hervor, dass es sich um ambulante operationen handele und die nutzung des fahrdienstes zur vermeidung eines stationären aufenthalts erforderlich sei. 4die beklagte lehnte mit bescheiden vom 22. november 2018 (betreffend die fahrt am 17. september 2018), 2. januar 2019 (betreffend die fahrt am 25. oktober 2018), 19. februar 2019 (betreffend die fahrt am 3. dezember 2018), 25. märz 2019 (betreffend die fahrten am 7. januar 2019 und 14. januar 2019) und 10. juli 2019 (betreffend die fahrt am 20. mai 2019), jeweils in der fassung der neufestsetzungen vom 13. juni 2019, die bewilligung von leistungen der beihilfe für die der klägerin entstandenen fahrtkosten ab, weil die ärztlichen verordnungen unzureichend begründet seien; ihnen lasse sich nicht entnehmen, dass es der klägerin aus zwingenden medizinischen gründen nicht möglich gewesen sei, öffentliche verkehrsmittel oder einen privaten pkw zu nutzen. 5die klägerin legte gegen die bescheide jeweils widerspruch ein. zur begründung verwies sie auf die ärztlichen verordnungen und führte aus, wegen der eingeschränkten sehfähigkeit sei es zwingend erforderlich gewesen, die fahrten nicht mit öffentlichen verkehrsmitteln oder dem auto zu unternehmen, weil dies eine gefahr nicht nur für sie, sondern auch für andere verkehrsteilnehmer verursacht hätte. ferner übersandte die klägerin eine bescheinigung der frau n1. q. , fachärztin für augenheilkunde in n. , datierend vom 14. januar 2019, wonach sie aus zwingenden medizinischen gründen, nämlich - erstens - zur vermeidung eines stationären aufenthalts und - zweitens - wegen eingeschränkter sehfähigkeit, nicht der lage gewesen sei, einen pkw zu führen oder öffentliche verkehrsmittel zu nutzen. 6mit schreiben vom 13. juni 2019 erläuterte die beklagte, aus welchen gründen die fahrtkosten nicht beihilfefähig seien: gemäß § 6 abs. 1 bbhv seien grundsätzlich nur notwendige und wirtschaftlich angemessene aufwendungen beihilfefähig. voraussetzung für die notwendigkeit der fahrtkosten sei, dass die beförderung ärztlich verordnet und medizinisch erforderlich sei. nach § 31 abs. 2 nr. 5 bbhv seien aufwendungen für ärztlich verordnete fahrten anlässlich einer ambulanten operation im krankenhaus oder in der arztpraxis einschließlich der vor- und nachbehandlung beihilfefähig. notwendig seien in der regel jedoch nur fahrten auf direktem weg zwischen dem aufenthaltsort des beihilfeberechtigten und der nächst erreichbaren behandlungsmöglichkeit. letzteres sei hier die b. augenarztpraxis n. . anhaltspunkte dafür, dass die behandlung der klägerin in der b. augenpraxis e. aus gründen einer sachgerechten arzthilfe unbedingt notwendig gewesen sei, lägen nicht vor. subjektive interessen müssten bei der beurteilung der notwendigkeit und angemessenheit von beförderungskosten ausscheiden. soweit es um die wahl des beförderungsmittels gehe, sei die zwingende medizinische notwendigkeit im einzelfall maßgeblich. für die auswahlentscheidung seien deshalb insbesondere der gesundheitszustand im zeitpunkt des transports und die gehfähigkeit zu berücksichtigen. zu prüfen sei dies gesondert für die hin- und rückfahrt. nach nr. 31.4 der allgemeinen verwaltungsvorschrift zur bundesbeihilfeverordnung (bbhvvwv) seien aufwendungen für ein taxi ausnahmsweise nur dann beihilfefähig, wenn nach ärztlicher bescheinigung aus zwingenden medizinischen gründen weder öffentliche verkehrsmittel genutzt werden könnten, noch eine person für die abholung mit einem privaten pkw zur verfügung stehe. die vorgelegten ärztlichen bescheinigungen enthielten keine nach hin- und rückfahrt differenzierende begründung der zwingenden medizinischen notwendigkeit der nutzung eines taxis/mietwagens bzw. fahrdienstes. sie könnten allenfalls für die bewertung der notwendigkeit der beförderung wegen eingeschränkter sehfähigkeit nach der operation herangezogen werden. weiter sei aus den vorgelegten unterlagen nicht ersichtlich, warum keine abholung mit einem privaten pkw möglich gewesen sei. 7zugleich bat die beklagte die klägerin, binnen vier wochen mitzuteilen, ob sie den erlass eines formellen widerspruchsbescheides wünsche. 8die klägerin antwortete unter dem 14. juni 2019, dass sie einen widerspruchsbescheid erwarte. 9mit schreiben vom 4. juli 2019 bestellte sich die prozessbevollmächtigte der klägerin gegenüber der beklagten und begründete die widersprüche ergänzend wie folgt: aus § 31 abs. 2 nr. 5 bbhv ergebe sich eindeutig, dass anlässlich einer ambulanten operation einschließlich der vor- und nachbehandlung auch die aufwendungen für ärztlich verordnete fahrten beihilfefähig seien. eine differenzierte begründung für die zwingende medizinische notwendigkeit der nutzung eines taxis/mietwagens bzw. fahrdienstes sei nicht erforderlich. der verwaltungsvorschrift zur bundesbeihilfeverordnung lasse sich eindeutig entnehmen, dass allein der behandelnde arzt entscheide, ob die beförderung notwendig sei. dies gelte auch für die hinfahrt. vorliegend habe der arzt sowohl für die hin- als auch für die rückfahrt die notwendigkeit bejaht. entsprechend seien die kosten von der beihilfe zu übernehmen. soweit die beklagte sich auf nr. 31.4 bbhvvwv stütze, betreffe dies nur aufwendungen für ein taxi; die klägerin habe jedoch einen fahrdienst genutzt. auf eine behandlungsmöglichkeit in der näher gelegenen b. augenarztpraxis n. könne die klägerin nicht verwiesen werden, weil eine solche dort nicht gegeben sei. die praxis in n. führe derartige operationen nicht durch. es handele sich um eine augenarztpraxis, die an die b. augenpraxis e. angegliedert sei, selbst jedoch über keine operationsmöglichkeiten verfüge. 10mit widerspruchsbescheid vom 26. august 2019 wies die beklagte die widersprüche der klägerin zurück. zur begründung wiederholte sie die ausführungen in ihrem schreiben vom 13. juni 2019. ergänzend und vertiefend machte sie geltend: unter den begriff des taxis im sinne der nr. 31.4 bbhvvwv seien auch mietwagen und fahrdienste zu fassen. die notwendigkeit der beförderung mittels eines fahrdienstes aufgrund zwingender medizinischer gründe könne hier nicht angenommen werden. zwar verwiesen die ärztlichen verordnungen auf die vermeidung eines stationären aufenthalts und die augenärztin frau q. in ihrer bescheinigung auf eine eingeschränkte sehfähigkeit. diese begründung, die vollumfänglich überprüfbar sei, entspreche aber nicht den anforderungen der nr. 31.2.1 satz 1 bbhvvwv. nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts sei die festsetzungsstelle berechtigt, in zweifelsfällen die ärztlich bescheinigte medizinische notwendigkeit einer näheren überprüfung zu unterziehen. könne sie die zweifel mangels eigener sachkunde nicht ausräumen, dürfe sie etwa ein gutachten einholen oder sachverständige heranziehen und ggf. auf der grundlage einer solchen sachverhaltsaufklärung die medizinische notwendigkeit verneinen. im hier zu beurteilenden fall sei nicht ersichtlich, warum einerseits die nutzung öffentlicher verkehrsmittel nicht möglich gewesen und andererseits ein fahrdienst auch für die hinfahrten in anspruch genommen worden sei. es könne nicht pauschal angenommen werden, dass eine einschränkung der sehfähigkeit, auch nach einer ambulanten operation, der nutzung öffentlicher verkehrsmittel entgegenstehe. dass durch die operation die sehfähigkeit beider augen erheblich herabgesetzt worden sei, sei nicht ersichtlich und auch unüblich. soweit nur die sehfähigkeit eines auges herabgesetzt gewesen sei, sei die nutzung öffentlicher verkehrsmittel zumutbar. dass eine einschränkung der sehfähigkeit bereits im zeitpunkt der hinfahrten vorgelegen habe, sei nicht dargelegt und auch eher fernliegend. sonstige einschränkungen, z.b. der gehfähigkeit, seien ebenfalls nicht dargelegt. abgesehen davon habe die möglichkeit der nutzung eines näher gelegenen behandlungsortes bestanden, nämlich der b. augenarztpraxis n. , die ausweislich des behandlungsspektrums (einsehbar auf der internetpräsenz) über vielfältige operationsmöglichkeiten verfüge. 11die klägerin hat am 5. september 2019 klage erhoben. zur begründung trägt sie im wesentlichen vor: entscheidend für die notwendigkeit der beförderung sei die einschätzung des behandelnden arztes. selbst wenn die festsetzungsstelle befugt sein sollte, die entscheidung des arztes zu überprüfen, habe die beklagte eine solche überprüfung hier nicht vorgenommen; sie habe etwaige zweifel nicht mit hilfe eines gutachtens oder eines sachverständigen ausgeräumt, sondern schlicht pauschal unterstellt, dass eine notwendigkeit nicht gegeben sei. neben der einschränkung des sehvermögens seien auch die folgen der betäubung zu berücksichtigen. die behauptung der beklagten, die b. augenarztpraxis n. verfüge über operationsmöglichkeiten, treffe nicht zu. die erforderlichen behandlungen hätten nur in der b. augenpraxis e. erfolgen können; nur dort gebe es die erforderliche ausstattung für die durchführung einer sterilen operation. eine private beförderung sei nicht möglich gewesen. als einzig verfügbarer fahrer wäre der ehemann in betracht gekommen. dieser leide jedoch an hohem blutdruck und vermeide das führen von fahrzeugen in ballungszentren wie e. . zudem sei zu berücksichtigen, dass die nutzung öffentlicher verkehrsmittel eine erhebliche anfahrt für die 74jährige klägerin bedeutet hätte. sie hätte mit dem bus zur s-bahn, mit der s-bahn zum hauptbahnhof düsseldorf und von dort mit der straßenbahn zur klinik fahren müssen. in anbetracht der bevorstehenden operationen hätte dies zu einer zusätzlichen großen belastung geführt, zumal sie auf einem auge nur noch über 20 % sehkraft verfüge und vor den operationen immer sehr nervös gewesen sei. in der vergangenheit habe die beklagte beihilfe für fahrtkosten in einer vielzahl von fällen bewilligt, weshalb die klägerin auf eine fortsetzung dieser entscheidungspraxis habe vertrauen dürfen; von heute auf morgen habe die beklagte ihre meinung geändert. 12die klägerin beantragt, 13die beklagte unter aufhebung der bescheide vom 22. januar 2018 [richtig: 22. november 2018], 2. januar 2019, 19. februar 2019, 25. juli 2019 [richtig 25. märz 2019] und 10. juli 2019 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 26. august 2019 zu verpflichten, die beantragten fahrtkosten in voller höhe zu übernehmen. 14die beklagte beantragt, 15die klage abzuweisen. 16zur begründung macht sie ergänzend zu den gründen des widerspruchsbescheides geltend: ob eine behandlungsmöglichkeit in der b. augenarztpraxis n. tatsächlich nicht bestanden habe, sei unerheblich. eine ausschließliche behandlungsmöglichkeit in der b. augenpraxis e. führe für sich gesehen nicht zur beihilfefähigkeit der entstandenen fahrtkosten. vielmehr sei auf die fehlende medizinische notwendigkeit zu verweisen. bestünden zweifel an der notwendigkeit des gewählten beförderungsmittels, sei nicht zwingend ein gutachten einzuholen oder ein sachverständiger heranzuziehen. auf derartige hilfsmittel sei nur dann zurückzugreifen, wenn eine sachverhaltsaufklärung mangels eigener sachkunde anders nicht möglich sei. bei der therapie mit intravitrealen injektionen handele es sich um eine der festsetzungsstelle bekannte behandlungsmethode, so dass es für die annahme der fehlenden notwendigkeit der beförderung mittels fahrdienstes keines gutachtens oder sachverständigen bedürfe. bereits der umstand, dass die ärztlichen verordnungen keine gesonderte betrachtung der medizinischen notwendigkeit für hin- und rückfahrt anstellten, spreche für eine mangelhafte ärztliche überprüfung, die wiederum zweifel an der ärztlichen verordnung begründe. bis zum heutigen tag habe es die klägerin unterlassen, etwaige begründungen nachzureichen. 17die beteiligten haben sich mit einer entscheidung des gerichts ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. 18wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den sonstigen inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten ergänzend bezug genommen. 19
20im einverständnis der beteiligten kann das gericht gemäß § 101 abs. 2 vwgo ohne mündliche verhandlung entscheiden. 21die klage hat keinen erfolg. sie ist zulässig, jedoch nicht begründet. 22die bescheide der beklagten vom 22. november 2018, 2. januar 2019, 19. februar 2019, 25. märz 2019 und 10. juli 2019, jeweils in der fassung des widerspruchsbescheides vom 26. august 2019, sind rechtmäßig und verletzen die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 5 satz 1 vwgo. die klägerin hat gegen die beklagte keinen anspruch auf leistungen der beihilfe für aufwendungen, die ihr durch die nutzung eines fahrdienstes anlässlich ambulanter operationen entstanden sind. es fehlt jeweils an einer ärztlichen verordnung, aus der sich die medizinische notwendigkeit dieser fahrten nachvollziehbar ergibt. 23gemäß § 80 abs. 1 satz 1 nr. 2 bbg enthalten versorgungsempfänger, die - wie die klägerin - anspruch auf versorgungsbezüge haben, beihilfe. beihilfefähig sind grundsätzlich nur notwendige und wirtschaftlich angemessene aufwendungen (u.a.) in krankheitsfällen (vgl. § 80 abs. 3 nr. 1 bbg) diese gesetzliche vorgabe hat der verordnungsgeber im ersten kapitel der bundesbeihilfeverordnung (bbhv), das allgemeine regelungen für die nachfolgenden arten von aufwendungen enthält, in § 6 abs. 1 satz 1 bbhv wiederholt: beihilfefähig sind danach grundsätzlich nur notwendige und wirtschaftlich angemessene aufwendungen. § 51 abs. 1 satz 1 bbhv ordnet an, dass über die notwendigkeit und die wirtschaftliche angemessenheit von aufwendungen nach § 6 bbhv die festsetzungsstelle entscheidet. 24der begriff der beihilferechtlichen notwendigkeit von aufwendungen im sinne von § 6 abs. 1 satz 1 bbhv als voraussetzung für die beihilfegewährung ist ein der gerichtlichen überprüfung voll zugänglicher unbestimmter rechtsbegriff, dessen inhalt in der höchstrichterlichen rechtsprechung geklärt ist. danach sind aufwendungen in krankheitsfällen dem grunde nach notwendig, wenn sie für eine medizinisch gebotene behandlung entstanden sind, die der wiedererlangung der gesundheit, der besserung oder linderung von leiden oder der beseitigung oder dem ausgleich körperlicher oder geistiger beeinträchtigungen dient. 25vgl. bverwg, beschluss vom 30. september 2011 - 2 b 66.11 ‑, juris, rz. 11; urteile vom 8. november 2012 - 5 c 4.12 ‑, juris, rz. 15 und vom 10. oktober 2013 - 5 c 32.12 ‑, juris, rz. 13. 26dabei ist in der höchstrichterlichen rechtsprechung ebenfalls geklärt, dass die medizinische notwendigkeit von aufwendungen für eine ärztliche behandlung grundsätzlich der gerichtlichen nachprüfung unterliegt, auch wenn regelmäßig der beurteilung des verordnenden arztes zu folgen sein wird, weil dieser über die erforderliche sachkunde verfügt. 27vgl. bverwg, urteil vom 27. märz 2012 - 2 c 46.10 ‑, juris, rz. 13; beschluss vom 22. august 2018 ‑ 5 b 3.18 ‑, juris, rz. 9. 28für die ärztliche verordnung von fahrten nach § 31 bbhv gilt nichts anderes. gemäß § 31 abs. 2 satz 1 nr. 5 bbhv sind aufwendungen für ärztlich verordnete fahrten anlässlich einer ambulanten operation im krankenhaus oder in der arztpraxis einschließlich der vor- und nachbehandlung beihilfefähig. was das erfordernis der medizinischen notwendigkeit der fahrten im sinne von § 6 abs. 1 satz 1 bbhv betrifft, darf zwar die zur entscheidung berufene festsetzungsstelle (§ 51 abs. 1 satz 1 bbhv) davon ausgehen, dass aufwendungen, die auf einer ärztlichen verordnung beruhen, aufgrund der sachkunde des arztes in der regel auch als medizinisch geboten zu betrachten sind. das nimmt der festsetzungsstelle aber weder das recht noch entbindet es sie davon, in zweifelsfällen die medizinische notwendigkeit einer überprüfung zu unterziehen. der festsetzungsstelle ist nicht vorgegeben, jede ärztliche verordnung von fahrten als medizinisch notwendig anzusehen. eine fiktion, dass jede ärztliche verordnung auf medizinischer notwendigkeit beruht, lässt sich der regelung in § 31 bbhv nicht entnehmen. 29vgl. bverwg, beschluss vom 22. august 2018 ‑ 5 b 3.18 ‑, juris, rz. 10, 12 (zu ärztlich verordneten heilmitteln). 30ausgehend von diesen rechtlichen vorgaben ist hier die beklagte im rahmen der ihr zustehenden prüfungskompetenz zutreffend zu dem ergebnis gelangt, dass die von der klägerin eingereichten ärztlichen verordnungen der b. augenpraxis e. nicht nachvollziehbar sind, weil sich aus ihrer begründung („vermeidung eines stationären aufenthalts“) die medizinische notwendigkeit der nutzung eines fahrdienstes nicht plausibel ergibt. wie die unterschiedslose verordnung für hin- und rückfahrten zeigt, hat sich der verordnende arzt mit der frage nach alternativen, etwa - was sich aufgedrängt hätte - der möglichkeit, mit öffentlichen verkehrsmitteln zu fahren, erst gar nicht beschäftigt. um zu dieser feststellung zu kommen, bedarf es nicht der einholung eines gutachtens oder heranziehung eines sachverständigen, weil sie sich schon aus den verordnungen selbst ergibt. 31auch versteht es sich mit blick auf die art der operation und deren auswirkungen auf den patienten am behandlungstag nicht etwa von selbst, dass die verordnung zumindest der rückfahrten zur vermeidung eines stationären aufenthalts erforderlich war. bei den in rede stehenden eingriffen handelt es sich um sog. intravitreale operative maßnahmen (ivom). der begriff „intravitreal“ (von lat. intra = hinein, innen, innerhalb und vitrum = glas bzw. vitreous = glaskörper) bedeutet „in den glaskörper hinein“. man versteht darunter die direkte verabreichung eines medikaments in den glaskörper des auges. sie ist eine form der parenteralen gabe von medikamenten. praktisch geschieht dies durch eine injektion. der augenarzt spritzt ein medikament in das innere des augapfels. so gelangt der wirkstoff leicht an die netzhaut und kann kaum nebenwirkungen in den übrigen organen verursachen. es handelt sich um einen minimalinvasiven eingriff, der unter örtlicher betäubung mit augentropfen vorgenommen wird; eine vollnarkose ist nicht notwendig. bei dem eingriff ist mit einer komplikationsrate von weniger als einem prozent zu rechnen. am behandlungstag sind geringe schmerzen, blendempfindlichkeit und „fliegende mücken“ häufige, kontrollierbare nebenwirkungen. das führen von kraftfahrzeugen („aktive teilnahme am straßenverkehr“) sollte am behandlungstag vermieden werden. 32vgl. hierzu im einzelnen: intravitreale injektion ukd - universitätsklinikum düsseldorf, im internet abrufbar unter https://www.uniklinik-duesseldorf.de/patienten-besucher/klinikeninstitutezentren/klinik-fuer-augenheilkunde/informationen-fuer-patienten/ihre-augenklinik/intravitreale-injektion; wikipedia,suchbegriff: intravitreal; berufsverband der augenärzte deutschlands e.v. - deutsche ophthalmologische gesellschaft (dog), informationen für sie: intravitreale medikamenteneingabe [operative medikamenteneingabe in das auge], im internet abrufbar unter http://cms.augeninfo.de/fileadmin/ pat_brosch/ivom_.pdf 33dass der eingriff regelmäßig mit einer so erheblichen reduzierung des sehvermögens am behandlungstag verbunden wäre, dass der patient nicht in der lage wäre, mit bus und bahn zu fahren, lässt sich dem nicht entnehmen; nur das eigenhändige führen eines kraftfahrzeuges sollte unterlassen werden. abgesehen davon wird der eingriff üblicherweise immer nur an einem auge durchgeführt, so dass schon deshalb jedenfalls das sehvermögen auf dem anderen auge nicht durch die operation vermindert wird. hiermit übereinstimmend trägt die klägerin auch nicht vor, dass bei ihr an einem tag beide augen operiert worden seien. ferner können die auswirkungen einer vollnarkose, wie etwa schwindel und benommenheit, nicht zum tragen kommen, da eine solche narkose nicht vorgenommen wird. 34bei dieser sachlage erschließt sich nicht, warum hier aus ärztlicher sicht die alternative zur nutzung eines fahrdienstes zwingend in einem stationären aufenthalt bestehen soll. vielmehr liegt es nach auffassung des gerichts auf der hand, dass die begründung der ärztlichen verordnungen defizitär und damit nicht nachvollziehbar ist, weil nähere darlegungen dazu fehlen, aus welchen gründen im fall der klägerin wegen etwaiger besonderheiten, etwa einer eingeschränkten gehfähigkeit, abweichend vom normalfall die (rück-)fahrt mit öffentlichen verkehrsmittel aus medizinischen gründen nicht möglich sein soll. dies gilt auch, wenn man in rechnung stellt, dass die fahrt mit bus und bahn für die klägerin mit einem größeren aufwand und auch mit einer zusätzlichen nervlichen belastung verbunden gewesen wäre. denn hieraus ergeben sich keine medizinischen gründe für die nutzung des fahrdienstes; nur solche gründe, nicht etwa aspekte der bequemlichkeit oder der wunsch, die belastung vor und nach der operation möglichst gering zu halten, sind jedoch geeignet, die ärztliche verordnung zu rechtfertigen. 35nach alledem kommt es auf die von den beteiligten diskutierte frage, ob die fahrten der klägerin nach e. schon deshalb nicht medizinisch notwendig waren, weil es die möglichkeit einer gleich geeigneten behandlung in einer näher gelegenen augenarztpraxis in n. gab, nicht an. angemerkt sei insoweit lediglich, dass zwar auf der internetseite der b. augenarztpraxis n. auch intravitreale injektionen als zum behandlungsspektrum gehörend aufgeführt sind, eine telefonische nachfrage des einzelrichters in der praxis aber ergeben hat, dass die durchführung derartiger eingriffe nicht in der praxis in n. , sondern in der zum b. -verbund gehörenden praxis in e. , h. b2. 000, erfolgt. ebenso kann dahinstehen, ob tatsächlich kein angehöriger, nachbar oder freund zur verfügung stand, der die klägerin mit dem privaten pkw nach e. hätte fahren und wieder abholen können (was das gericht allerdings für sehr zweifelhaft hält; eher dürfte es so sein, dass die klägerin die organisation einer privaten fahrt erst gar nicht in betracht gezogen hat, da sie - nach eigenen angaben - von der beihilfefähigkeit der kosten eines fahrdienstes ausging und dies für sie die einfachste lösung war). 36schließlich kann die klägerin nicht mit erfolg geltend machen, sie habe auf die übernahme der fahrtkosten im wege der beihilfe vertrauen dürfen, weil die beklagte in der vergangenheit derartige kosten in einer vielzahl von fällen als beihilfefähig anerkannt habe. mit dieser argumentation lässt sich der geltend gemachte anspruch nicht, auch nicht aus billigkeitsgründen, rechtfertigen, weil - abgesehen davon, dass sich schon eine vergleichbarkeit der fälle, in denen in der vergangenheit die beihilfefähigkeit anerkannt worden sein soll, mit dem hier gegebenen fall mangels näherer darlegungen nicht feststellen lässt ‑ die klägerin keinen „anspruch auf fehlerwiederholung“ hat, also darauf, dass die beklagte ihre (unterstellte) bisherige, nunmehr jedoch als rechtswidrig erkannte verwaltungspraxis fortsetzt. so gesehen hätte die klägerin schlicht „glück gehabt“, dass nicht schon die beihilfefähigkeit der zuvor entstandenen fahrtkosten von der beklagten verneint wurde; hierdurch hätte sie dann mehr erlangt, als ihr eigentlich zustünde. 37die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 38die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 1 satz 1 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zpo. 39rechtsmittelbelehrung: 40gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 41der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 42innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 43die berufung ist nur zuzulassen, 441. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 452. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 463. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 474. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 485. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 49die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 50über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 51im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 52die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 2-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 53beschluss: 54der streitwert wird auf die wertstufe bis 500,00 euro festgesetzt. 55gründe: 56die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 3 satz 1 gkg erfolgt. 57rechtsmittelbelehrung: 58gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 59die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 60die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 61die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 62die beschwerdeschrift soll möglichst 2-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 63war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
Verklagte*r
0
170,934
S 23 AS 1971/12
2014-09-11T00:00:00
Urteil
Tenor Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 31.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.10.2012 verpflichtet, den Bescheid vom 25.11.2010 aufzuheben und die Bescheide vom 29.09.2010, 21.03.2011, 17.04.2012 und 29.08.2012 dahingehend abzuändern, dass dem Kläger für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 30.04.2011 und für die Zeit vom 01.05.2012 bis zum 31.08.2012 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch in Höhe von monatlich 12,00 Euro gewährt werden. Der Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 43 %. Die Berufung wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Fahrtkosten zur Wahrnehmung von Sub-stitutionsbehandlungen ohne Abzug einer Eigenbeteiligung. 3Der am 1974 geborene Kläger steht seit Jahren laufend im Leistungsbezug nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bei dem Beklagten. Aufgrund der bei ihm vorliegenden Drogensucht werden Substitutionsbehandlungen mit Methadon durchgeführt. Diese finden in Q statt. 4Auf seine Weiterbewilligungsanträge vom 29.09.2010 und 21.03.2011 bewilligte der Be-klagte dem Kläger in Bedarfsgemeinschaft mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin mit Bescheiden vom 29.09.2010 und 21.03.2011 Leistungen für die Zeit vom 01.10.2010 bis zum 31.03.2011 und vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011. Zum 01.05.2011 zog die ehe-malige Lebensgefährtin des Klägers aus der gemeinsamen Wohnung aus. Auf seine Weiterbewilligungsanträge vom 08.02.2012 und 29.08.2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheiden vom 17.04.2012 und 29.08.2012 Leistungen für die Zeit vom 01.02.2012 bis zum 31.07.2012 und vom 01.08.2012 bis zum 31.01.2013. Weiterhin änderte der Beklagte mit Bescheiden vom 29.08.2012 die Bescheide für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 30.09.2011 und vom 01.02.2012 bis zum 31.07.2012 ab und gewährte einen monatlichen Mehrbedarf bei dezentraler Warmwassererzeugung. 5Am 12.11.2010 beantragte der Kläger, der seinerzeit in I wohnhaft war, die Übernahme der ihm für die Fahrten zur Substitutionsbehandlung anfallenden Fahrtkosten. 6Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 25.11.2010 ab, da es sich bei den Fahrtkosten zur Substitutionsbehandlung nach den Weisungen des Kreises Paderborn nicht um einen besonderen Mehrbedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II handele. 7Unter dem 14.05.2012 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides vom 25.11.2010. Die Entscheidung sei nicht korrekt gewesen. Die Kosten der Fahrtkarte zur Substitutionsbehandlung nach Q hätten im Rahmen eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB II erstattet werden müssen. Jeder Substituierte, der zur täglichen Vergabe kommen und eine entsprechende Wegstrecke zurücklegen müsse, erhalte die Fahrtkostenerstattung. Der Kläger legte die bei ihm noch vorhandenen Fahrkarten in Kopie vor. 8Nachdem der Kläger zudem eine Bescheinigung seiner Krankenkasse, wonach diese die Fahrtkosten zur Substitutionsbehandlung nicht übernehme, vorgelegt hatte, gewährte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 31.08.2012 für die Zeit ab dem 01.01.2011 einen Mehrbedarf in Höhe der nachgewiesenen Fahrtkosten zur Substitutionsbehandlung. Dabei berücksichtigte er einen monatlichen Eigenanteil von 12,00 Euro, da die gewährten Regelleistungen bereits einen Anteil für Verkehr enthielten. Die Festsetzung des Eigenanteils erfolge analog der Arbeitshilfe des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAIS) zur Schülerbeförderung aus dem Bildungs- und Teilhabepaket. Da der Kläger im Zeitraum Oktober bis November 2011 keine Leistungen nach dem SGB II bezogen habe, könnten diese Fahrtkosten nicht erstattet werden. Der Kläger erhalte eine Nachzahlung in Höhe von 427,70 Euro. Diese setzte sich ausweislich der Anlage zum Bescheid aus den nachgewiesenen Fahrtkosten für Januar 2011 bis April 2011 i. H. v. je 63,80 Euro monatlich, für Mai 2012 bis Juli 2012 i. H. v. je 66,50 Euro monatlich und für August 2012 i. H. v. 69,00 Euro abzüglich des monatlichen Eigenanteils von je 12,00 Euro zusammen. 9Am 01.10.2012 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 31.08.2012. Er habe zwar Recht bekommen, allerdings nur rückwirkend bis zum 01.01.2011. Bei einem definitiv falschen Bescheid hätten auch die weiteren Monate, November und Dezember 2010, berücksichtigt werden müssen. Auch der Einbehaltung des Eigenanteils sei zu widersprechen. Alle Fahrkarten seien vor einer angeblichen Änderung hinsichtlich der Eigenbeteiligung angefallen, die Nichterstattung beruhe auf einem falschen Bescheid aus dem Jahr 2010. Es könne nicht sein, dass bei der rückwirkenden Erstattung im Jahr 2012 ein Eigenanteil einbehalten werden solle, da bereits ein Anteil für Verkehr in der Regelleistung enthalten sei. Die Regelleistung sei eine pauschale Leistung und könne nicht gekürzt oder erhöht werden. Die Begründung, dass ein Anteil an Verkehrskosten in der Regelleistung enthalten sei, erscheine fragwürdig. Mit der Fahrkarte zur Substitution könne er die Strecke von Q nach I befahren. Andere Fahrten könne er dann aus der Re-gelleistung nicht mehr bestreiten. 10Der Widerspruch wurde durch den Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 05.10.2012 als unbegründet zurückgewiesen. Der Antrag nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) sei am 15.05.2012 gestellt worden. Er könne somit gem. § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II lediglich bis zum 01.01.2011 zurückwirken. Eine Erstattung der Fahrtkosten für die Monate November und Dezember 2010 scheide damit aus. Weiterhin sei in der Regelleistung nach § 20 SGB II ein Anteil von 12,00 Euro für die Beförderung mit dem öffentlichen Personennahverkehr enthalten. Mithin sei ein Anteil in diesem Umfang nicht erstattungsfähig. 11Mit der hiergegen am 06.11.2012 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung führt er aus, die ihm entstandenen Fahrtkosten stellten einen unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarf dar. Er sei medizinisch auf die Substitutionsbehandlung angewiesen und müsse regelmäßig von seinem Wohnort zur Apotheke und zu seinem behandelnden Arzt fahren. Zwar sei in der Regelleistung nach § 20 SGB II für die Nutzung von Verkehrsdienstleistungen ein Anteil enthalten. Jedoch sei eine derart enge Behandlungsfrequenz mit der dadurch entstehenden Höhe von Fahrtkosten davon nicht erfasst. Seine Situation sei mit derjenigen der Hilfebedürftigen, denen die in der Gesetzesbegründung genannten Sonderbedarfe entstünden, wie z. B. Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts bei getrennt lebenden Ehegatten und Putz- und Haushaltshilfen für Rollstuhlfahrer, vergleichbar. Insbesondere die in der Beschlussempfehlung genannte Fallgruppe der dauerhaft benötigten Hygienemittel bei bestimmten Erkrankungen wie HIV und Neurodermitis mache deutlich, dass gerade im Bereich von Erkrankungen Bedarfslagen entstehen könnten, die die Gewährleistung einer menschenwürdigen Existenz beträfen und anderweitig nicht gedeckt werden könnten. Er könne den erheblichen Betrag von ca. 70,00 Euro monatlich nicht aus den ihm gewährten Grundsicherungsleistungen tragen und sei auch nicht in der Lage, die Kosten anderweitig zu decken. Eine wohnortnähere Behandlung sei ihm nicht möglich. Eine Berücksichtigung des im Regelsatz enthaltenen Anteils für Verkehr könne nicht erfolgen. Es handele sich bei den Fahrtkosten zur Substitutionsbehandlung um einen besonderen Bedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II, für den im Regelsatz kein Anteil enthalten sei. Der Abzug des im Regelsatz enthaltenen Anteils sei daher rechtswidrig. Weiterhin habe der Beklagte die Fahrtkosten für November und Dezember 2010 wegen eines Verstoßes gegen seine Aufklärungs- und Be-ratungspflichten nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches zu erstatten. 12Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 13den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 31.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.10.2012 zu verpflichten, den Bescheid vom 25.11.2010 aufzuheben und die Bescheide vom 29.09.2010, 21.03.2011, 17.04.2012 und 29.08.2012 dahingehend abzuändern, dass ihm für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 30.04.2011 und für die Zeit vom 01.05.2012 bis zum 31.08.2012 weitere Leistun-gen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch in Höhe von monatlich 12,00 Euro gewährt werden. 14Der Beklagte beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Zur Begründung bezieht er sich auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid. 17Im Erörterungstermin am 31.10.2013 hat der Kläger die Klage hinsichtlich der zunächst begehrten Fahrtkostenerstattung für die Monate November und Dezember 2010 zurück-genommen. Die Beteiligten haben sich im Termin zudem mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen. 19Entscheidungsgründe: 20Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten sich zuvor mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben. 21Die zulässige Klage ist begründet. 22Streitgegenständlich ist die Bewilligung der Regelleistung nebst Mehrbedarfen für den Kläger im Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 30.04.2011 und vom 01.05.2012 bis zum 31.08.2012. 23Gegenstand des Verfahrens ist dabei der Überprüfungsbescheid vom 31.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.10.2012, mit welchem der Beklagte seinen ursprünglich ablehnenden Bescheid vom 25.11.2010 aufgehoben und dem Kläger einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II für den streitgegenständlichen Zeitraum unter Abzug eines Eigenanteils in Höhe von 12,00 Euro gewährt hat. Mit dem Bescheid vom 25.11.2010 hatte der Beklagte in der Sache die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung in den Bescheiden vom 29.09.2010, 21.03.2011, 17.04.2012 und 29.08.2012 im Hinblick auf die darin konkludent enthaltene ablehnende Entscheidung über die Bewilligung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB II gemäß § 44 SGB X überprüft und bestätigt. Zwar lassen die Bescheide vom 25.11.2010 sowie vom 31.08.2012, letzterer in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.10.2012, eine ausdrückliche Bezugnahme auf die mit den genannten Bescheiden erfolgte Bewilligung für die streitgegenständlichen Zeiträume nicht erkennen. Vielmehr wird darin ausgeführt, es werde "ab 01.01.2011 ein Mehrbedarf in Höhe der nachgewiesenen Fahrtkosten" gewährt. Dies allein lässt aber - aus der insoweit für die Auslegung maßgeblichen Sicht eines verständigen Beteiligten, der in Kenntnis der tatsächlichen Zusammenhänge den wirklichen Willen der Behörde erkennen kann - nicht den Schluss zu, der Beklagte habe abschließend für die Zukunft über den geltend gemachten Mehrbedarf entscheiden wollen. Zu einer solchen Entscheidung mit Bindungswirkung für die Zukunft wäre er wegen der in § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II vorgesehenen abschnittsweisen Bewilligung von Leistungen nicht berechtigt gewesen. Die Bewilligungsentscheidungen wegen der Folgezeiträume weisen dementsprechend jeweils eigenständige Entscheidungen über "Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (inklusive Mehrbedarfe)" aus (vgl. hierzu Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 26.05.2011, Az. B 14 AS 146/10 R m. w. N.). Dementsprechend kann sich die Klage zulässigerweise nur auf höhere laufende Leistungen für die oben genannten Zeiträume richten. Die Bewilligungsentscheidungen wegen der Folgezeiträume hat der Kläger im Hinblick auf die Höhe der Regelleistung einschließlich der Mehrbedarfe nicht fristgerecht mit einem Rechtsbehelf angegriffen. Sie sind nach Aktenlage bestandskräftig geworden, ihre Einbeziehung in das laufende Klageverfahren scheidet aus (vgl. hierzu BSG, a.a.O.). Streitgegenstand sind zudem nicht die gesamten mit den oben genannten Bewilligungsbescheiden geregelten Bewilligungszeiträume vom 01.10.2010 bis zum 31.03.2011, vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011, vom 01.02.2012 bis zum 31.07.2012 und vom 01.08.2012 bis zum 31.01.2013. Der Kläger hat seinen Klageantrag ausdrücklich auf die - sich aus der Anlage zum Bescheid vom 31.08.2012 ergebenden - Monate beschränkt, für die der Beklagte (nach Vorlage entsprechender Fahrtkostennachweise) bereits einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II bewilligt hat. 24Streitgegenstand sind zudem allein die Ansprüche des Klägers auf den Regelbedarf sowie die geltend gemachten Mehrbedarfe, der Kläger hat den Streitgegenstand ausdrücklich auf die Regelleistung unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB II beschränkt. Die Kammer hatte demgemäß nicht über die Rechtmäßigkeit der Bewilligung von Kosten der Unterkunft und Heizung zu entscheiden (vgl. zur Zulässigkeit einer solchen Beschränkung BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7 AS 8/06 R). Eine weitere Aufspaltung des Streitgegenstandes ist hingegen nicht möglich. Die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB II ist kein abtrennbarer Teil der Regelung über die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II und kann damit nicht allein Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein. Daraus folgt für das vorliegende Verfahren, dass das Begehren des Klägers auf Gewährung eines Mehrbedarfs gemäß § 21 Abs. 6 SGB II gemeinsam mit der Regelleistung zu behandeln ist. Es ist insoweit auf den streitgegenständlichen Zeitraum abzustellen und zu prüfen, ob in dem streitigen Zeitraum insgesamt Anspruch auf Gewährung einer höheren Leistung besteht. Die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist dann unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 22.11.2011, Az. B 4 AS 138/10 R m.w.N.; S. Knickrehm/Hahn in: Eicher, SGB II, 3. Auflage 2010, § 21, Rn. 11). 25Der Kläger ist beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, da der angefochtene Be-scheid vom 31.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.10.2012 insoweit rechtswidrig ist, als dem Kläger darin ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II unter Abzug eines Eigenanteils in Höhe von 12,00 Euro gewährt wird. Denn der Kläger hat für den streitgegenständlichen Zeitraum einen Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X i. V. m. § 21 Abs. 6 SGB II in Höhe der vollständigen von ihm nachgewiesenen Fahrtkosten. 26Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7 a noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4), sog. erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II. 27Zur Bedarfsgemeinschaft gehört gem. § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II als Partnerin oder Partner des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten auch eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. 28Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. 29Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum die Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen nach dem SGB II nach § 7 Abs.1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II dem Grunde nach erfüllt, da er in diesem Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet und das 67. Lebensjahr (§ 7 a SGB II) noch nicht vollendet sowie seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt hat und erwerbsfähig im Sinne von § 8 SGB II gewesen ist. Er ist auch hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 9 SGB II gewesen, da er nicht über bedarfsdeckendes Einkommen bzw. Vermögen verfügt hat. 30Für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 30.04.2011 hat der Beklagte dem Kläger sowie der mit ihm damals in Bedarfsgemeinschaft lebenden ehemaligen Lebensgefährtin des Klägers die in § 20 Abs. 4 SGB II vorgesehene Regelleistung für zwei Partner der Bedarfsgemein-schaft, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, in Höhe von je 328,00 Euro monatlich gewährt. Weiterhin hat der Beklagte im Einklang mit § 21 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 SGB II einen Mehrbedarf bei dezentraler Warmwassererzeugung in Höhe von 2,3 % des maßgeblichen Regelbedarfs (gerundet jeweils 8,00 Euro im Monat) gewährt. Hierauf hat der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise Einkommen der ehemaligen Lebensgefährtin des Klägers in Form von Kindergeld in Höhe von 184,00 Euro sowie Rente in Höhe von 108,24 Euro abzüglich der Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 Euro (§ 11 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 6 Abs.1 Nr. 1 der Arbeitslosengeld II-Verordnung (ALG II-V)) angerechnet. 31Für die Zeit vom 01.05.2012 bis zum 31.08.2012 hat der Beklagte dem nunmehr alleinstehenden Kläger die in § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II vorgesehene Regelleistung für Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind, in Höhe von 374,00 Euro gewährt. Weiterhin hat der Beklagte dem Kläger einen Mehrbedarf bei dezentraler Warmwassererzeugung in Höhe von 8,60 Euro entsprechend § 21 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 SGB II gewährt. 32Die monatlichen Leistungen sind um einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II zu erhöhen. Nach dieser Vorschrift wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht, § 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II. Der Mehrbedarf ist nach Satz 2 der Vorschrift unab-weisbar, wenn er insbesondere nicht durch Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. 33Bei den hier streitgegenständlichen Fahrtkosten zur Wahrnehmung von Substitutionsbe-handlungen handelt es sich – was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist – um einen unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarf im Einzelfall. Insbesondere stellen die Fahrtkosten für die Wahrnehmung von Substitutions-behandlungen einen besonderen Bedarf in diesem Sinne dar, denn sie sind im Regelbedarf nicht enthalten. Der Regelbedarf enthält zwar einen Anteil für Fahrtkosten, diese betreffen allerdings nur die üblichen Fahrten im Alltag (vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.03.2013, Az. L 7 AS 1911/12 m.w.N.). Es handelt sich auch nicht um einen einmaligen Bedarf, da die Substitutionsbehandlung über Monate laufend durchgeführt werden muss. Der Mehrbedarf weicht seiner Höhe nach weiterhin erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf ab (etwa betrugen die Fahrtkosten im streitgegenständlichen Zeitraum zwischen 63,80 Euro und 69,00 Euro monatlich). Schließlich ist der Mehrbedarf auch nicht unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten des Klägers gedeckt. Insoweit kann der Kläger insbesondere nicht auf Umverteilungen innerhalb der pauschalierten Regelbedarfe zur Sicherung des Lebensunterhalts, d. h. die Möglichkeit, höhere Ausgaben in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen Lebensbereich auszugleichen, verwiesen werden, da dies zu einer dauerhaften erheblichen Unterdeckung seiner übrigen Bedarfe führen würde (vgl. hierzu auch Behrend in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 21, Rn. 86). 34In diesem Zusammenhang kann auch ein Abzug von den dem Kläger im Rahmen des Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB II zu erstattenden nachgewiesenen Fahrtkosten zur Wahrnehmung von Substitutionsbehandlungen in Form des in der Regelleistung enthal-tenen Eigenanteils für Mobilität in Höhe von 12,00 Euro - auch im Hinblick auf die in der Vorschrift vorgenommene Verweisung auf Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten - nicht in rechtmäßiger Weise vorgenommen werden. Zwar enthält der Regelbedarf - wie bereits ausgeführt - einen Anteil für Fahrtkosten, dieser betrifft allerdings nur die üblichen Fahrten im Alltag. Würde man diesen Anteil durch Anrechnung auf die Fahrtkosten zur Wahrnehmung der Substitutionsbehandlung "aufzehren", stünden dem Kläger für die üblichen Fahrten im Alltag keine Mittel mehr zur Verfügung. Er wäre gezwungen, bei den anderen von der Regelleistung umfassten Bedarfen Abstriche zu machen. Dies ist insbesondere im Hinblick darauf, dass es sich bei dem Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II definitionsgemäß um einen laufenden, nicht nur einmaligen Bedarf handelt, nicht hinzunehmen. Denn hierdurch käme es zu einer dauerhaften Kürzung der Regelleistung. Dem Kläger wäre es dann auf Dauer entweder nicht möglich, seinen allgemeinen Mobilitätsbedarf zu decken, oder er wäre gezwungen, bei anderen Bedarfen Einsparungen vorzunehmen. Abgesehen davon ist eine Rechtsgrundlage für einen Abzug vom tatsächlich entstandenen und im Rahmen des § 21 Abs. 6 SGB II zu berücksichtigenden Bedarf bzw. eine "Verrechnung" mit Teilen der Regelleistung nicht ersichtlich. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 Abs. 6 SGB II besteht ein Rechtsanspruch des Leistungsberechtigten auf Anerkennung des Mehrbedarfs. Wenn also ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht, so ist dieser nach § 21 Abs. 6 SGB II - ohne Abzüge - zu übernehmen. Es handelt sich eben um einen Zusatzbedarf, der Kläger kann insoweit nicht auf die Regelleistung verwiesen werden. Es ist der Betrag zu übernehmen, der erforderlich und angemessen ist, um den Bedarf zu decken (vgl. S. Knickrehm/Hahn, a.a.O., Rn. 77 m.w.N.). 35Der Kläger hat für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 30.04.2011 jeweils monatliche Fahrt-kosten in Höhe von 63,80 Euro, für die Zeit vom 01.05.2012 bis zum 31.07.2012 in Höhe von monatlich 66,50 Euro und für den Monat August 2012 in Höhe von 69,00 Euro nach-gewiesen. Diese Fahrtkosten sind von dem Beklagten ohne Abzug zu Übernehmen, die von dem Beklagten vorgenommenen Abzüge in Höhe von monatlich 12,00 Euro sind nachzuzahlen. 36Eine Nachzahlung der Leistungen für die streitigen Zeiträume ist auch von der Rückwirkung des Antrags nach § 44 SGB X erfasst. Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile des Sozialgesetzbuchs längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht, § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB II. Dabei wird nach Satz 2 der Vorschrift der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, nach § 44 Abs. 1 Satz 3 SGB X anstelle der Rücknahme der Antrag. Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II gilt § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X mit der Maßgabe, dass anstelle des Zeitraums von vier Jahren ein Zeitraum von einem Jahr tritt. Da der Kläger den Antrag nach § 44 SGB X am 14.05.2012 gestellt hat, können Sozialleistungen für die Zeit ab dem 01.01.2011 nachgezahlt werden. 37Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Kammer hat insoweit berücksichtigt, dass der Kläger ursprünglich neben der Bewilligung weiterer Fahrtkosten i. H. v. 12,- Euro für acht Monate (= 96,- Euro) auch die Erstattung der nachgewiesenen Fahrtkosten i. H. v. je 63,80 Euro für die Monate November und Dezember 2010 begehrt, die Klage insoweit aber im Erörterungstermin zurück genommen hat. 38Die Berufung war zuzulassen. 39Die Berufung bedarf nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,- EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft, § 144 Abs. 1 S. 2 SGG. Die Berufung ist gemäß § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3). 40Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 96,00 Euro (8 * 12,- Euro) und erreicht nicht die Berufungssumme. Auch sind keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr streitig. Die Berufung war aber zuzulassen, da die Frage des Abzugs einer Eigenbeteiligung in Höhe des in der Regelleistung enthaltenen Anteils für Mobilität von dem Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II grundsätzliche Bedeutung hat und bislang nicht höchstrichterlich geklärt ist.
der beklagte wird unter abänderung des bescheides vom 31.08.2012 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 05.10.2012 verpflichtet, den bescheid vom 25.11.2010 aufzuheben und die bescheide vom 29.09.2010, 21.03.2011, 17.04.2012 und 29.08.2012 dahingehend abzuändern, dass dem kläger für die zeit vom 01.01.2011 bis zum 30.04.2011 und für die zeit vom 01.05.2012 bis zum 31.08.2012 weitere leistungen zur sicherung des lebensunterhalts nach dem zweiten buch sozialgesetzbuch in höhe von monatlich 12,00 euro gewährt werden. der beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen kosten des klägers zu 43 %. die berufung wird zugelassen. 1
2die beteiligten streiten über die erstattung von fahrtkosten zur wahrnehmung von sub-stitutionsbehandlungen ohne abzug einer eigenbeteiligung. 3der am 1974 geborene kläger steht seit jahren laufend im leistungsbezug nach dem zweiten buch sozialgesetzbuch (sgb ii) bei dem beklagten. aufgrund der bei ihm vorliegenden drogensucht werden substitutionsbehandlungen mit methadon durchgeführt. diese finden in q statt. 4auf seine weiterbewilligungsanträge vom 29.09.2010 und 21.03.2011 bewilligte der be-klagte dem kläger in bedarfsgemeinschaft mit seiner ehemaligen lebensgefährtin mit bescheiden vom 29.09.2010 und 21.03.2011 leistungen für die zeit vom 01.10.2010 bis zum 31.03.2011 und vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011. zum 01.05.2011 zog die ehe-malige lebensgefährtin des klägers aus der gemeinsamen wohnung aus. auf seine weiterbewilligungsanträge vom 08.02.2012 und 29.08.2012 bewilligte der beklagte dem kläger mit bescheiden vom 17.04.2012 und 29.08.2012 leistungen für die zeit vom 01.02.2012 bis zum 31.07.2012 und vom 01.08.2012 bis zum 31.01.2013. weiterhin änderte der beklagte mit bescheiden vom 29.08.2012 die bescheide für die zeit vom 01.01.2011 bis zum 30.09.2011 und vom 01.02.2012 bis zum 31.07.2012 ab und gewährte einen monatlichen mehrbedarf bei dezentraler warmwassererzeugung. 5am 12.11.2010 beantragte der kläger, der seinerzeit in i wohnhaft war, die übernahme der ihm für die fahrten zur substitutionsbehandlung anfallenden fahrtkosten. 6der beklagte lehnte den antrag mit bescheid vom 25.11.2010 ab, da es sich bei den fahrtkosten zur substitutionsbehandlung nach den weisungen des kreises paderborn nicht um einen besonderen mehrbedarf im sinne des § 21 abs. 6 sgb ii handele. 7unter dem 14.05.2012 beantragte der kläger die überprüfung des bescheides vom 25.11.2010. die entscheidung sei nicht korrekt gewesen. die kosten der fahrtkarte zur substitutionsbehandlung nach q hätten im rahmen eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen bedarfs nach § 21 abs. 6 sgb ii erstattet werden müssen. jeder substituierte, der zur täglichen vergabe kommen und eine entsprechende wegstrecke zurücklegen müsse, erhalte die fahrtkostenerstattung. der kläger legte die bei ihm noch vorhandenen fahrkarten in kopie vor. 8nachdem der kläger zudem eine bescheinigung seiner krankenkasse, wonach diese die fahrtkosten zur substitutionsbehandlung nicht übernehme, vorgelegt hatte, gewährte der beklagte dem kläger mit bescheid vom 31.08.2012 für die zeit ab dem 01.01.2011 einen mehrbedarf in höhe der nachgewiesenen fahrtkosten zur substitutionsbehandlung. dabei berücksichtigte er einen monatlichen eigenanteil von 12,00 euro, da die gewährten regelleistungen bereits einen anteil für verkehr enthielten. die festsetzung des eigenanteils erfolge analog der arbeitshilfe des ministeriums für arbeit, integration und soziales des landes nordrhein-westfalen (mais) zur schülerbeförderung aus dem bildungs- und teilhabepaket. da der kläger im zeitraum oktober bis november 2011 keine leistungen nach dem sgb ii bezogen habe, könnten diese fahrtkosten nicht erstattet werden. der kläger erhalte eine nachzahlung in höhe von 427,70 euro. diese setzte sich ausweislich der anlage zum bescheid aus den nachgewiesenen fahrtkosten für januar 2011 bis april 2011 i. h. v. je 63,80 euro monatlich, für mai 2012 bis juli 2012 i. h. v. je 66,50 euro monatlich und für august 2012 i. h. v. 69,00 euro abzüglich des monatlichen eigenanteils von je 12,00 euro zusammen. 9am 01.10.2012 erhob der kläger widerspruch gegen den bescheid vom 31.08.2012. er habe zwar recht bekommen, allerdings nur rückwirkend bis zum 01.01.2011. bei einem definitiv falschen bescheid hätten auch die weiteren monate, november und dezember 2010, berücksichtigt werden müssen. auch der einbehaltung des eigenanteils sei zu widersprechen. alle fahrkarten seien vor einer angeblichen änderung hinsichtlich der eigenbeteiligung angefallen, die nichterstattung beruhe auf einem falschen bescheid aus dem jahr 2010. es könne nicht sein, dass bei der rückwirkenden erstattung im jahr 2012 ein eigenanteil einbehalten werden solle, da bereits ein anteil für verkehr in der regelleistung enthalten sei. die regelleistung sei eine pauschale leistung und könne nicht gekürzt oder erhöht werden. die begründung, dass ein anteil an verkehrskosten in der regelleistung enthalten sei, erscheine fragwürdig. mit der fahrkarte zur substitution könne er die strecke von q nach i befahren. andere fahrten könne er dann aus der re-gelleistung nicht mehr bestreiten. 10der widerspruch wurde durch den beklagten mit widerspruchsbescheid vom 05.10.2012 als unbegründet zurückgewiesen. der antrag nach § 44 des zehnten buches sozialgesetzbuch (sgb x) sei am 15.05.2012 gestellt worden. er könne somit gem. § 40 abs. 1 satz 2 sgb ii lediglich bis zum 01.01.2011 zurückwirken. eine erstattung der fahrtkosten für die monate november und dezember 2010 scheide damit aus. weiterhin sei in der regelleistung nach § 20 sgb ii ein anteil von 12,00 euro für die beförderung mit dem öffentlichen personennahverkehr enthalten. mithin sei ein anteil in diesem umfang nicht erstattungsfähig. 11mit der hiergegen am 06.11.2012 erhobenen klage verfolgt der kläger sein begehren weiter. zur begründung führt er aus, die ihm entstandenen fahrtkosten stellten einen unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen bedarf dar. er sei medizinisch auf die substitutionsbehandlung angewiesen und müsse regelmäßig von seinem wohnort zur apotheke und zu seinem behandelnden arzt fahren. zwar sei in der regelleistung nach § 20 sgb ii für die nutzung von verkehrsdienstleistungen ein anteil enthalten. jedoch sei eine derart enge behandlungsfrequenz mit der dadurch entstehenden höhe von fahrtkosten davon nicht erfasst. seine situation sei mit derjenigen der hilfebedürftigen, denen die in der gesetzesbegründung genannten sonderbedarfe entstünden, wie z. b. kosten zur wahrnehmung des umgangsrechts bei getrennt lebenden ehegatten und putz- und haushaltshilfen für rollstuhlfahrer, vergleichbar. insbesondere die in der beschlussempfehlung genannte fallgruppe der dauerhaft benötigten hygienemittel bei bestimmten erkrankungen wie hiv und neurodermitis mache deutlich, dass gerade im bereich von erkrankungen bedarfslagen entstehen könnten, die die gewährleistung einer menschenwürdigen existenz beträfen und anderweitig nicht gedeckt werden könnten. er könne den erheblichen betrag von ca. 70,00 euro monatlich nicht aus den ihm gewährten grundsicherungsleistungen tragen und sei auch nicht in der lage, die kosten anderweitig zu decken. eine wohnortnähere behandlung sei ihm nicht möglich. eine berücksichtigung des im regelsatz enthaltenen anteils für verkehr könne nicht erfolgen. es handele sich bei den fahrtkosten zur substitutionsbehandlung um einen besonderen bedarf nach § 21 abs. 6 sgb ii, für den im regelsatz kein anteil enthalten sei. der abzug des im regelsatz enthaltenen anteils sei daher rechtswidrig. weiterhin habe der beklagte die fahrtkosten für november und dezember 2010 wegen eines verstoßes gegen seine aufklärungs- und be-ratungspflichten nach den grundsätzen des sozialrechtlichen herstellungsanspruches zu erstatten. 12der kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 13den beklagten unter abänderung des bescheides vom 31.08.2012 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 05.10.2012 zu verpflichten, den bescheid vom 25.11.2010 aufzuheben und die bescheide vom 29.09.2010, 21.03.2011, 17.04.2012 und 29.08.2012 dahingehend abzuändern, dass ihm für die zeit vom 01.01.2011 bis zum 30.04.2011 und für die zeit vom 01.05.2012 bis zum 31.08.2012 weitere leistun-gen zur sicherung des lebensunterhalts nach dem zweiten buch sozialgesetzbuch in höhe von monatlich 12,00 euro gewährt werden. 14der beklagte beantragt, 15die klage abzuweisen. 16zur begründung bezieht er sich auf seine ausführungen im widerspruchsbescheid. 17im erörterungstermin am 31.10.2013 hat der kläger die klage hinsichtlich der zunächst begehrten fahrtkostenerstattung für die monate november und dezember 2010 zurück-genommen. die beteiligten haben sich im termin zudem mit einer entscheidung durch urteil ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. 18wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsakte des beklagten verwiesen. 19
20das gericht konnte gemäß § 124 abs. 2 des sozialgerichtsgesetzes (sgg) ohne mündliche verhandlung durch urteil entscheiden, da die beteiligten sich zuvor mit dieser verfahrensweise einverstanden erklärt haben. 21die zulässige klage ist begründet. 22streitgegenständlich ist die bewilligung der regelleistung nebst mehrbedarfen für den kläger im zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 30.04.2011 und vom 01.05.2012 bis zum 31.08.2012. 23gegenstand des verfahrens ist dabei der überprüfungsbescheid vom 31.08.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 05.10.2012, mit welchem der beklagte seinen ursprünglich ablehnenden bescheid vom 25.11.2010 aufgehoben und dem kläger einen mehrbedarf nach § 21 abs. 6 sgb ii für den streitgegenständlichen zeitraum unter abzug eines eigenanteils in höhe von 12,00 euro gewährt hat. mit dem bescheid vom 25.11.2010 hatte der beklagte in der sache die ursprüngliche bewilligungsentscheidung in den bescheiden vom 29.09.2010, 21.03.2011, 17.04.2012 und 29.08.2012 im hinblick auf die darin konkludent enthaltene ablehnende entscheidung über die bewilligung eines mehrbedarfs nach § 21 abs. 6 sgb ii gemäß § 44 sgb x überprüft und bestätigt. zwar lassen die bescheide vom 25.11.2010 sowie vom 31.08.2012, letzterer in gestalt des widerspruchsbescheides vom 05.10.2012, eine ausdrückliche bezugnahme auf die mit den genannten bescheiden erfolgte bewilligung für die streitgegenständlichen zeiträume nicht erkennen. vielmehr wird darin ausgeführt, es werde "ab 01.01.2011 ein mehrbedarf in höhe der nachgewiesenen fahrtkosten" gewährt. dies allein lässt aber - aus der insoweit für die auslegung maßgeblichen sicht eines verständigen beteiligten, der in kenntnis der tatsächlichen zusammenhänge den wirklichen willen der behörde erkennen kann - nicht den schluss zu, der beklagte habe abschließend für die zukunft über den geltend gemachten mehrbedarf entscheiden wollen. zu einer solchen entscheidung mit bindungswirkung für die zukunft wäre er wegen der in § 41 abs. 1 satz 4 sgb ii vorgesehenen abschnittsweisen bewilligung von leistungen nicht berechtigt gewesen. die bewilligungsentscheidungen wegen der folgezeiträume weisen dementsprechend jeweils eigenständige entscheidungen über "leistungen zur sicherung des lebensunterhalts (inklusive mehrbedarfe)" aus (vgl. hierzu bundessozialgericht (bsg), urteil vom 26.05.2011, az. b 14 as 146/10 r m. w. n.). dementsprechend kann sich die klage zulässigerweise nur auf höhere laufende leistungen für die oben genannten zeiträume richten. die bewilligungsentscheidungen wegen der folgezeiträume hat der kläger im hinblick auf die höhe der regelleistung einschließlich der mehrbedarfe nicht fristgerecht mit einem rechtsbehelf angegriffen. sie sind nach aktenlage bestandskräftig geworden, ihre einbeziehung in das laufende klageverfahren scheidet aus (vgl. hierzu bsg, a.a.o.). streitgegenstand sind zudem nicht die gesamten mit den oben genannten bewilligungsbescheiden geregelten bewilligungszeiträume vom 01.10.2010 bis zum 31.03.2011, vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011, vom 01.02.2012 bis zum 31.07.2012 und vom 01.08.2012 bis zum 31.01.2013. der kläger hat seinen klageantrag ausdrücklich auf die - sich aus der anlage zum bescheid vom 31.08.2012 ergebenden - monate beschränkt, für die der beklagte (nach vorlage entsprechender fahrtkostennachweise) bereits einen mehrbedarf nach § 21 abs. 6 sgb ii bewilligt hat. 24streitgegenstand sind zudem allein die ansprüche des klägers auf den regelbedarf sowie die geltend gemachten mehrbedarfe, der kläger hat den streitgegenstand ausdrücklich auf die regelleistung unter berücksichtigung eines mehrbedarfs nach § 21 abs. 6 sgb ii beschränkt. die kammer hatte demgemäß nicht über die rechtmäßigkeit der bewilligung von kosten der unterkunft und heizung zu entscheiden (vgl. zur zulässigkeit einer solchen beschränkung bsg, urteil vom 07.11.2006, az. b 7 as 8/06 r). eine weitere aufspaltung des streitgegenstandes ist hingegen nicht möglich. die gewährung eines mehrbedarfs nach § 21 abs. 6 sgb ii ist kein abtrennbarer teil der regelung über die gewährung von leistungen nach dem sgb ii und kann damit nicht allein streitgegenstand eines gerichtlichen verfahrens sein. daraus folgt für das vorliegende verfahren, dass das begehren des klägers auf gewährung eines mehrbedarfs gemäß § 21 abs. 6 sgb ii gemeinsam mit der regelleistung zu behandeln ist. es ist insoweit auf den streitgegenständlichen zeitraum abzustellen und zu prüfen, ob in dem streitigen zeitraum insgesamt anspruch auf gewährung einer höheren leistung besteht. die höhe der leistungen zur sicherung des lebensunterhalts ist dann unter jedem rechtlichen gesichtspunkt zu prüfen (vgl. hierzu bsg, urteil vom 22.11.2011, az. b 4 as 138/10 r m.w.n.; s. knickrehm/hahn in: eicher, sgb ii, 3. auflage 2010, § 21, rn. 11). 25der kläger ist beschwert im sinne des § 54 abs. 2 satz 1 sgg, da der angefochtene be-scheid vom 31.08.2012 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 05.10.2012 insoweit rechtswidrig ist, als dem kläger darin ein mehrbedarf nach § 21 abs. 6 sgb ii unter abzug eines eigenanteils in höhe von 12,00 euro gewährt wird. denn der kläger hat für den streitgegenständlichen zeitraum einen anspruch auf gewährung eines mehrbedarfs nach § 44 abs. 1 satz 1 sgb x i. v. m. § 21 abs. 6 sgb ii in höhe der vollständigen von ihm nachgewiesenen fahrtkosten. 26leistungen nach dem sgb ii erhalten gemäß § 7 abs. 1 satz 1 sgb ii personen, die das 15. lebensjahr vollendet und die altersgrenze nach § 7 a noch nicht erreicht haben (nr. 1), erwerbsfähig (nr. 2) und hilfebedürftig (nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen aufenthalt in der bundesrepublik deutschland haben (nr. 4), sog. erwerbsfähige leistungsberechtigte. leistungen erhalten auch personen, die mit erwerbsfähigen leistungsberechtigten in einer bedarfsgemeinschaft leben, § 7 abs. 2 satz 1 sgb ii. 27zur bedarfsgemeinschaft gehört gem. § 7 abs. 3 nr. 3 c) sgb ii als partnerin oder partner des erwerbsfähigen leistungsberechtigten auch eine person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten person in einem gemeinsamen haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger würdigung der wechselseitige wille anzunehmen ist, verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. 28hilfebedürftig ist nach § 9 abs. 1 sgb ii, wer seinen lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden einkommen oder vermögen sichern kann und die erforderliche hilfe nicht von anderen, insbesondere von angehörigen oder von trägern anderer sozialleistungen erhält. bei personen, die in einer bedarfsgemeinschaft leben, sind gem. § 9 abs. 2 satz 1 sgb ii auch das einkommen und vermögen des partners zu berücksichtigen. 29der kläger hat im streitgegenständlichen zeitraum die voraussetzungen für den bezug von leistungen nach dem sgb ii nach § 7 abs.1 satz 1 nr. 1, 2 und 4 sgb ii dem grunde nach erfüllt, da er in diesem zeitraum das 15. lebensjahr vollendet und das 67. lebensjahr (§ 7 a sgb ii) noch nicht vollendet sowie seinen gewöhnlichen aufenthalt in der bundesrepublik deutschland gehabt hat und erwerbsfähig im sinne von § 8 sgb ii gewesen ist. er ist auch hilfebedürftig im sinne von § 7 abs. 1 satz 1 nr. 3 sgb ii i. v. m. § 9 sgb ii gewesen, da er nicht über bedarfsdeckendes einkommen bzw. vermögen verfügt hat. 30für die zeit vom 01.01.2011 bis zum 30.04.2011 hat der beklagte dem kläger sowie der mit ihm damals in bedarfsgemeinschaft lebenden ehemaligen lebensgefährtin des klägers die in § 20 abs. 4 sgb ii vorgesehene regelleistung für zwei partner der bedarfsgemein-schaft, die das 18. lebensjahr vollendet haben, in höhe von je 328,00 euro monatlich gewährt. weiterhin hat der beklagte im einklang mit § 21 abs. 7 satz 2 nr. 1 sgb ii einen mehrbedarf bei dezentraler warmwassererzeugung in höhe von 2,3 % des maßgeblichen regelbedarfs (gerundet jeweils 8,00 euro im monat) gewährt. hierauf hat der beklagte in nicht zu beanstandender weise einkommen der ehemaligen lebensgefährtin des klägers in form von kindergeld in höhe von 184,00 euro sowie rente in höhe von 108,24 euro abzüglich der versicherungspauschale in höhe von 30,00 euro (§ 11 b abs. 1 satz 1 nr. 3 i. v. m. § 6 abs.1 nr. 1 der arbeitslosengeld ii-verordnung (alg ii-v)) angerechnet. 31für die zeit vom 01.05.2012 bis zum 31.08.2012 hat der beklagte dem nunmehr alleinstehenden kläger die in § 20 abs. 2 satz 1 sgb ii vorgesehene regelleistung für personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind, in höhe von 374,00 euro gewährt. weiterhin hat der beklagte dem kläger einen mehrbedarf bei dezentraler warmwassererzeugung in höhe von 8,60 euro entsprechend § 21 abs. 7 satz 2 nr. 1 sgb ii gewährt. 32die monatlichen leistungen sind um einen mehrbedarf nach § 21 abs. 6 sgb ii zu erhöhen. nach dieser vorschrift wird bei leistungsberechtigten ein mehrbedarf anerkannt, soweit im einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer bedarf besteht, § 21 abs. 6 satz 1 sgb ii. der mehrbedarf ist nach satz 2 der vorschrift unab-weisbar, wenn er insbesondere nicht durch zuwendungen dritter sowie unter berücksichtigung von einsparmöglichkeiten der leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen bedarf abweicht. 33bei den hier streitgegenständlichen fahrtkosten zur wahrnehmung von substitutionsbe-handlungen handelt es sich – was auch zwischen den beteiligten unstreitig ist – um einen unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen bedarf im einzelfall. insbesondere stellen die fahrtkosten für die wahrnehmung von substitutions-behandlungen einen besonderen bedarf in diesem sinne dar, denn sie sind im regelbedarf nicht enthalten. der regelbedarf enthält zwar einen anteil für fahrtkosten, diese betreffen allerdings nur die üblichen fahrten im alltag (vgl. landessozialgericht für das land nordrhein-westfalen, urteil vom 21.03.2013, az. l 7 as 1911/12 m.w.n.). es handelt sich auch nicht um einen einmaligen bedarf, da die substitutionsbehandlung über monate laufend durchgeführt werden muss. der mehrbedarf weicht seiner höhe nach weiterhin erheblich von einem durchschnittlichen bedarf ab (etwa betrugen die fahrtkosten im streitgegenständlichen zeitraum zwischen 63,80 euro und 69,00 euro monatlich). schließlich ist der mehrbedarf auch nicht unter berücksichtigung von einsparmöglichkeiten des klägers gedeckt. insoweit kann der kläger insbesondere nicht auf umverteilungen innerhalb der pauschalierten regelbedarfe zur sicherung des lebensunterhalts, d. h. die möglichkeit, höhere ausgaben in einem lebensbereich durch geringere ausgaben in einem anderen lebensbereich auszugleichen, verwiesen werden, da dies zu einer dauerhaften erheblichen unterdeckung seiner übrigen bedarfe führen würde (vgl. hierzu auch behrend in: jurispk-sgb ii, 3. aufl. 2012, § 21, rn. 86). 34in diesem zusammenhang kann auch ein abzug von den dem kläger im rahmen des mehrbedarfs nach § 21 abs. 6 sgb ii zu erstattenden nachgewiesenen fahrtkosten zur wahrnehmung von substitutionsbehandlungen in form des in der regelleistung enthal-tenen eigenanteils für mobilität in höhe von 12,00 euro - auch im hinblick auf die in der vorschrift vorgenommene verweisung auf einsparmöglichkeiten der leistungsberechtigten - nicht in rechtmäßiger weise vorgenommen werden. zwar enthält der regelbedarf - wie bereits ausgeführt - einen anteil für fahrtkosten, dieser betrifft allerdings nur die üblichen fahrten im alltag. würde man diesen anteil durch anrechnung auf die fahrtkosten zur wahrnehmung der substitutionsbehandlung "aufzehren", stünden dem kläger für die üblichen fahrten im alltag keine mittel mehr zur verfügung. er wäre gezwungen, bei den anderen von der regelleistung umfassten bedarfen abstriche zu machen. dies ist insbesondere im hinblick darauf, dass es sich bei dem mehrbedarf nach § 21 abs. 6 sgb ii definitionsgemäß um einen laufenden, nicht nur einmaligen bedarf handelt, nicht hinzunehmen. denn hierdurch käme es zu einer dauerhaften kürzung der regelleistung. dem kläger wäre es dann auf dauer entweder nicht möglich, seinen allgemeinen mobilitätsbedarf zu decken, oder er wäre gezwungen, bei anderen bedarfen einsparungen vorzunehmen. abgesehen davon ist eine rechtsgrundlage für einen abzug vom tatsächlich entstandenen und im rahmen des § 21 abs. 6 sgb ii zu berücksichtigenden bedarf bzw. eine "verrechnung" mit teilen der regelleistung nicht ersichtlich. bei vorliegen der voraussetzungen des § 21 abs. 6 sgb ii besteht ein rechtsanspruch des leistungsberechtigten auf anerkennung des mehrbedarfs. wenn also ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer bedarf besteht, so ist dieser nach § 21 abs. 6 sgb ii - ohne abzüge - zu übernehmen. es handelt sich eben um einen zusatzbedarf, der kläger kann insoweit nicht auf die regelleistung verwiesen werden. es ist der betrag zu übernehmen, der erforderlich und angemessen ist, um den bedarf zu decken (vgl. s. knickrehm/hahn, a.a.o., rn. 77 m.w.n.). 35der kläger hat für die zeit vom 01.01.2011 bis zum 30.04.2011 jeweils monatliche fahrt-kosten in höhe von 63,80 euro, für die zeit vom 01.05.2012 bis zum 31.07.2012 in höhe von monatlich 66,50 euro und für den monat august 2012 in höhe von 69,00 euro nach-gewiesen. diese fahrtkosten sind von dem beklagten ohne abzug zu übernehmen, die von dem beklagten vorgenommenen abzüge in höhe von monatlich 12,00 euro sind nachzuzahlen. 36eine nachzahlung der leistungen für die streitigen zeiträume ist auch von der rückwirkung des antrags nach § 44 sgb x erfasst. ist ein verwaltungsakt mit wirkung für die vergangenheit zurückgenommen worden, werden sozialleistungen nach den vorschriften der besonderen teile des sozialgesetzbuchs längstens für einen zeitraum bis zu vier jahren vor der rücknahme erbracht, § 44 abs. 4 satz 1 sgb ii. dabei wird nach satz 2 der vorschrift der zeitpunkt der rücknahme von beginn des jahres an gerechnet, in dem der verwaltungsakt zurückgenommen wird. erfolgt die rücknahme auf antrag, tritt bei der berechnung des zeitraumes, für den rückwirkend leistungen zu erbringen sind, nach § 44 abs. 1 satz 3 sgb x anstelle der rücknahme der antrag. gemäß § 40 abs. 1 satz 2 sgb ii gilt § 44 abs. 4 satz 1 sgb x mit der maßgabe, dass anstelle des zeitraums von vier jahren ein zeitraum von einem jahr tritt. da der kläger den antrag nach § 44 sgb x am 14.05.2012 gestellt hat, können sozialleistungen für die zeit ab dem 01.01.2011 nachgezahlt werden. 37die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg. die kammer hat insoweit berücksichtigt, dass der kläger ursprünglich neben der bewilligung weiterer fahrtkosten i. h. v. 12,- euro für acht monate (= 96,- euro) auch die erstattung der nachgewiesenen fahrtkosten i. h. v. je 63,80 euro für die monate november und dezember 2010 begehrt, die klage insoweit aber im erörterungstermin zurück genommen hat. 38die berufung war zuzulassen. 39die berufung bedarf nach § 144 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgg der zulassung, wenn der wert des beschwerdegegenstandes bei einer klage, die eine geld-, dienst- oder sachleistung oder einen hierauf gerichteten verwaltungsakt betrifft, 750,- eur nicht übersteigt. das gilt nicht, wenn die berufung wiederkehrende oder laufende leistungen für mehr als ein jahr betrifft, § 144 abs. 1 s. 2 sgg. die berufung ist gemäß § 144 abs. 2 sgg zuzulassen, wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat (nr. 1), das urteil von einer entscheidung des landessozialgerichts, des bundessozialgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht (nr. 2) oder ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann (nr. 3). 40der wert des beschwerdegegenstandes beträgt 96,00 euro (8 * 12,- euro) und erreicht nicht die berufungssumme. auch sind keine wiederkehrenden oder laufenden leistungen für mehr als ein jahr streitig. die berufung war aber zuzulassen, da die frage des abzugs einer eigenbeteiligung in höhe des in der regelleistung enthaltenen anteils für mobilität von dem mehrbedarf nach § 21 abs. 6 sgb ii grundsätzliche bedeutung hat und bislang nicht höchstrichterlich geklärt ist.
Klaeger*in
1
143,458
18 K 5184/15
2015-11-12T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die Kläger sind die Eltern des am 0. August 2006 geborenen Kindes B. . B. besuchte ab dem 1. August 2012 die Q. ‑Schule in N. . Wegen seines auffälligen Verhaltens wurde ein Verfahren zur Feststellung von sonderpädagogische Förderbedarf eingeleitet. Mit Bescheid vom 27. Juni 2013 stellte das Schulamt für die Stadt N. das Vorliegen von sonderpädagogischem Förderbedarf mit dem Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung fest. Gemäß dem Antrag der Eltern wurde festgestellt, dass der Förderbedarf auch im gemeinsamen Unterricht erfüllt werden könne. Falls die Eltern im Laufe der Zeit die Umschulung in eine Fördererschule wünschten, bliebe auch das möglich. Die Teilnahme am Gemeinsamen Unterricht in der Grundschule sei so lange möglich, wie die erforderlichen pädagogischen, personellen und sächlichen Voraussetzungen gegeben seien. Der Bescheid wurde von den Eltern des Klägers nicht angegriffen. 3Ab Februar 2013 besuchte B. die M. -schule in N. und nahm dort am Gemeinsamen Unterricht teil. In einem Gespräch am 11. Februar 2014 wurde der Mutter des Klägers durch Frau I. eröffnet, dass B. mit seinem derzeitigen Verhalten nicht beschulbar sei. Er gefährde sich und andere Schüler. 4Im Sommer 2014 verzogen die Kläger nach E. und meldeten B. an der städtischen Gemeinschaftsgrundschule T.--allee an, wo er in die dritte Klasse aufgenommen wurde. In der Grundschule T.--allee fiel B. unter anderem dadurch auf, dass er regelmäßig vor Beendigung des regulären Unterrichts durch sein Verhalten seine Abholung durch seine Mutter provozierte. Am 12. September 2014 wurden mit der Mutter des Klägers Möglichkeiten zur Änderung des Verhaltens von B. erörtert. Der Mutter wurde eröffnet, dass über einen Wechsel zur Fördererschule nachgedacht werden müsste, wenn sich Adams Verhalten nicht deutlich ändere. 5Wegen seines Verhaltens wurden gegen B. diverse Ordnungsmaßnahmen verhängt. 6Mit Schreiben vom 13. November 2014 mandatierte sich der Bevollmächtigte der Kläger und teilte mit, der Klägerin sei am heutigen Donnerstag mündlich mitgeteilt worden, B. solle nicht mehr zurückkehren an die Gemeinschaftgrundschule, er solle sofort an einer Förderschule angemeldet werden. Namens und im Auftrag seiner Mandanten widerspreche er dieser Maßnahme. Zu Gunsten von B. sei nunmehr sofort eine Eingliederungshilfe zu installieren. Bevor dies nicht geschehe, sei für eine Verweisung an eine Sonderschule kein Raum. 7Unter anderem am 17. November 2014 wurde erneut mit der Klägerin über die Probleme von B. gesprochen. Hierbei beanstandete die Schule insbesondere, dass die Kläger Informationen über B. zurückhielten. 8Mit Schreiben vom 29. April 2015 lud die Schulleiterin der städtischen Gemeinschaft Grundschule die Kläger zu einer Teilkonferenz am 6. Mai 2015 wegen wiederholter Verstöße von B. gegen die Schulordnung ein. Wörtlich wird darin ausgeführt: „Die Beantragung eines Wechsels zur Förderschule ist bereits beim Schulamt beantragt.“ 9Mit Bescheid vom 2. Juli 2015 ordnete das Schulamt für die Landeshauptstadt E. gegenüber den Klägern unter dem Betreff sonderpädagogische Unterstützung für ihr Kind B. an, dass ab dem 1. August 2015 ein Wechsel von B. an eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung vorgesehen sei. Die Maßnahme sei zwingend nötig, da ansonsten eine weitere Selbst‑ und Fremdgefährdung nicht ausgeschlossen und verantwortet werden könne. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass alle personellen und sächlichen Möglichkeiten einer Grundschule inzwischen ausgeschöpft seien. Ungeachtet dessen verhalte sich B. depressiv. Er verweigere seine Mitarbeit und lasse sich nicht in den Regelunterricht und in die Klassengemeinschaft integrieren. Andererseits reagiere er unerwartet aggressiv, so dass es durch sein Verhalten schon zu schweren Unfällen gekommen sei. 10Der Bescheid wurde den Klägern am 15. Juli 2015 zugestellt. 11Am 24. Juli 2015 haben die Kläger Klage gegen diesen Bescheid erhoben. 12Sie rügen, dass der Sachverhalt falsch ermittelt sei, weil B. kein dreimaliger Grundschulwechsler sei. Ein aktuelles schulärztliches Gutachten sei dem Bescheid weder beigefügt gewesen noch eingeholt worden. Das Anhörungsverfahren vor Erlass des Schulverfahrens sei nicht durchgeführt worden. Der Besprechungstermin in den Räumen des Schulamtes am 29. Mai 2015 habe als Informations- und Austauschgespräch über die Situation Bs gedient, aber nicht als Anhörungsverfahren für die Schulzuweisung. Die aktuelle Entwicklung Bs sei bei der Entscheidung nicht bedacht worden. Für B. seien gegenwärtig im Rahmen der Kinder und Jugendhilfe ambulante Hilfen bewilligt worden, die im Umfang von monatlich 30 Stunden durch einen Sozialarbeiter erbracht würden. B. würde unmittelbar von dem Sozialarbeiter betreut. Ein Bericht über dessen Erfahrungen sei vor Erlass des Bescheides nicht eingeholt worden. Die Maßnahme sei unverhältnismäßig, weil als weniger schweres Mittel die Zurverfügungstellung von Eingliederungshilfe in Betracht gekommen wäre. Gerade die intensive Zuwendung und Fokussierung durch eine Hilfsperson während der Unterrichtszeiten könne eine Verbesserung der schulischen Situation für B. herbeiführen. Bei B. sei eine einfache Aktivitäts‑ und Aufmerksamkeitsstörung diagnostiziert. Eine solche Einschränkung müsse die Grundschule auffangen können. 13Die Klägerin und B. sind zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt nach Ägypten verzogen, wo B. seit etwa September 2015 die Neue Deutsche Schule B1. besucht. Zur mündlichen Verhandlung sind die Kläger nicht erschienen. Durch ihren Bevollmächtigten lassen sie vortragen, dass sie an einer Aufhebung des Bescheides weiterhin Interesse haben, weil danach eine Rückkehr nach Deutschland beabsichtigt sei. 14Die Kläger beantragen, 15den Bescheid des Schulamtes der Landeshauptstadt E. vom 2. Juli 2015 aufzuheben. 16Das beklagte Land beantragt, 17die Klage abzuweisen. 18Es tritt den Ausführungen der Kläger entgegen. 19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach‑ und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen. 20Entscheidungsgründe: 21Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 22Die Anfechtungsklage der Kläger gegen den Bescheid des Schulamtes vom 2. Juli 2015 ist nicht dadurch unzulässig geworden, dass sich der angefochtene Bescheid erledigt hat. Der Wegzug von B. ist nach dem glaubhaften Vorbringen der Kläger temporär. Es ist davon auszugehen, dass die Kläger und B. ihren gemeinsamen Lebensmittelpunkt in Nordrhein-Westfalen haben. 23Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO. 24Ermächtigungsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 20 Abs. 4 des Schul‑ und Bildungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (SchulG NRW). Dieser lautet wie folgt: In besonderen Ausnahmefällen kann die Schulaufsichtsbehörde abweichend von der Wahl der Eltern die allgemeine Schule anstelle der Förderschule oder die Förderschule anstelle der allgemeinen Schule als Förderort bestimmen. Dies setzt voraus, dass die personellen und sächlichen Voraussetzungen am gewählten Förderort nicht erfüllt sind und auch nicht mit vertretbarem Aufwand erfüllt werden können. Die Schulaufsichtsbehörde legt die Gründe dar und gibt den Eltern die Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Gleichzeitig informiert sie über weitere Beratungsangebote. 25Die formellen Voraussetzungen der Vorschrift liegen vor. Insbesondere hat die zuständige Behörde gehandelt. Das Schulamt für die Stadt E. ist Schulaufsichtsbehörde über die Grundschulen in der kreisfreien Landeshauptstadt. 26Verfahrensfehler liegen nicht vor. Gemäß § 20 Abs. 4 S. 3 legt die Schulaufsichtsbehörde die Gründe den Eltern dar und gibt diesen Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Gleichzeitig informiert sie gemäß S. 4 ebenda über weitere Beratungsangebote. Diese Information und Beratungsgespräch hat ausweislich der Akte am 29. Mai 2015 stattgefunden. Dass die Kläger und ihr Bevollmächtigter, der an dem Gespräch ebenfalls teilgenommen hat, die Zielrichtung des Gesprächs möglicherweise nicht vollständig verstanden haben, steht dem Stattfinden des Gesprächs und damit der Einhaltung der Verfahrensvorschriften nicht entgegen. Ungeachtet dessen ist die Klägerin bereits vor dem 29. Mai 2015 in zahlreichen mündlichen Gesprächen auf die Bedenken an der Beschulbarkeit von B. im gemeinsamen Unterricht hingewiesen worden. 27Weitere Verfahrensvorschriften insoweit bestehen nicht. Insbesondere ist die Anhörung Dritter nicht vorgesehen. Es ist nichts dafür ersichtlich, was ein Sozialarbeiter oder ein Integrationshelfer von B. zu der Entscheidung des Schulamtes beitragen könnte. Die Anordnung des Schulamtes beruht auf Erkenntnissen, die in der Beobachtung des Verhaltens von B. in der Schule gewonnen worden sind. Daher können Dritte, die dort nicht zugegen waren, zur Entscheidungsfindung nichts beitragen. Ebenfalls nicht vorgesehen ist die Einholung eines weiteren amtsärztlichen Gutachtens. Abgesehen davon ergibt sich aus dem amtsärztlichen Gutachten, welches aus Anlass der ersten Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs eingeholt worden ist, dass bei B. keine organischen Defizite vorliegen. Anhaltspunkte dafür, dass sich seither hieran etwas geändert haben könnte, tragen insbesondere die Kläger selbst nicht vor. 28Die materiellen Voraussetzungen des §§ 20 Abs. 4 SchulG liegen vor. Diese sind gegeben, wenn die personellen oder (bei der Verknüpfung „und“ handelt es sich um einen offensichtlichen Redaktionsfehlers des Gesetzgebers) sächlichen Voraussetzungen am gewählten Förderort nicht erfüllt sind und auch nicht mit vertretbarem Aufwand erfüllt werden können. Im Gemeinsamen Unterricht einer Grundschule liegen die personellen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Beschulung von B. nicht vor. Dies ergibt sich aus dem Inbegriff der mündlichen Verhandlung. Aus dem Inhalt des vom Schulamt vorgelegten Verwaltungsvorgangs ergibt sich, dass B. im Gemeinsamen Unterricht einer Grundschule aufgrund seines Verhaltens nicht beschult werden kann. Die Umstände hierfür sind den Klägern bekannt, weil sie ihnen in zahlreichen Gesprächen durch die Klassenlehrerin und durch die Sonderpädagogin vor dem 29. Mai 2015 und in dem Informationsgespräch am 29. Mai 2015 mündlich bekannt gegeben worden sind, weshalb sich eine wiederholende Aufzählung hier erübrigt. Zusammengefasst verlangt B. in praktisch jeder Minute seiner körperlichen Anwesenheit in der Grundschule die volle und ungeteilte Aufmerksamkeit eines Erwachsenen. Erhält er diese nicht sofort, so widersetzt er sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln und legt ein Verhalten an den Tag, welches nicht nur seine Beschulung, sondern auch die Beschulung seiner Mitschüler mit den im gemeinsamen Unterricht zur Verfügung stehenden personellen Mitteln unmöglich macht. Darüber hinaus gefährdet B. durch sein aggressives Verhalten gegenüber seinen Mitschülern auch deren Gesundheit. Insoweit wird auf den den Klägern bekannten Sachverhalt verwiesen, der der Androhung der Entlassung zugrunde liegt. Frühere Angriffe Bs mit Gegenständen auf andere Mitschüler sind ebenfalls aktenkundig. 29Die personellen Defizite der Grundschule können durch einen Integrationshelfer nicht aufgefangen werden. Die Bereitstellung eines Integrationshelfers gehört nach den Regeln des Schulgesetzes nicht zu den personellen Voraussetzungen einer Grundschule. Es wäre Sache der Kläger gewesen, B. einen Integrationshelfer zur Verfügung zu stellen, wie es diesen im Vorfeld wiederholt erläutert worden ist. Hierzu waren die Kläger jedoch nicht in der Lage. Abgesehen davon hat B. kraft Gesetz einen Anspruch nicht nur auf Erziehung, sondern auch auf Bildung, den ein Integrationshelfer mangels spezifischer Ausbildung als Lehrkraft nicht erfüllen kann. Zur Aufarbeitung der bereits eingetretenen Defizite bedarf B. intensiver sonderpädagogischer Betreuung und Zuwendung gerade durch Pädagogen. Die bereits im Schuljahr 2014/2015 erheblich vernachlässigte Vermittlung schulischen Wissens kann durch einen Integrationshelfer nicht geleistet werden. 30Soweit der Bescheid nicht nur allgemein eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung bestimmt, sondern eine konkrete Schule benennt, ist dagegen nach den konkreten Umständen des Einzelfalls nichts einzuwenden, weil die Kläger seit dem Gespräch am 29. Mai 2015, in dem diesen die Notwendigkeit der Förderung von B. an einer Förderschule eröffnet worden ist, von ihrem Wahlrecht, unter mehreren nach dem Förderschwerpunkt geeigneten Schulen eine Schule auszusuchen, keinen Gebrauch gemacht haben. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 AO SF veranlasst in diesem Fall die Schulaufsichtsbehörde die Anmeldung des Kindes an einer geeigneten Schule. Ihr obliegt dann auch die Wahl einer konkreten Schule. Sollten die Kläger zukünftig ihr Wahlrecht zugunsten einer Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung ausüben, ist nichts dafür ersichtlich, dass das Schulamt einen solchen Schulbesuch nicht auch als geeignet akzeptiert. 31Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Absatz ein VwGO. 32Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 167 Abs. 2 und 1 VwGO, 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO. 33Beschluss: 34Der Streitwert wird auf 5.000,‑ Euro festgesetzt. 35Gründe: 36Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt.
die klage wird abgewiesen. die kläger tragen die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die kläger dürfen die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110% des zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht das beklagte land zuvor sicherheit in derselben höhe leistet. 1
2die kläger sind die eltern des am 0. august 2006 geborenen kindes b. . b. besuchte ab dem 1. august 2012 die q. ‑schule in n. . wegen seines auffälligen verhaltens wurde ein verfahren zur feststellung von sonderpädagogische förderbedarf eingeleitet. mit bescheid vom 27. juni 2013 stellte das schulamt für die stadt n. das vorliegen von sonderpädagogischem förderbedarf mit dem förderschwerpunkt emotionale und soziale entwicklung fest. gemäß dem antrag der eltern wurde festgestellt, dass der förderbedarf auch im gemeinsamen unterricht erfüllt werden könne. falls die eltern im laufe der zeit die umschulung in eine fördererschule wünschten, bliebe auch das möglich. die teilnahme am gemeinsamen unterricht in der grundschule sei so lange möglich, wie die erforderlichen pädagogischen, personellen und sächlichen voraussetzungen gegeben seien. der bescheid wurde von den eltern des klägers nicht angegriffen. 3ab februar 2013 besuchte b. die m. -schule in n. und nahm dort am gemeinsamen unterricht teil. in einem gespräch am 11. februar 2014 wurde der mutter des klägers durch frau i. eröffnet, dass b. mit seinem derzeitigen verhalten nicht beschulbar sei. er gefährde sich und andere schüler. 4im sommer 2014 verzogen die kläger nach e. und meldeten b. an der städtischen gemeinschaftsgrundschule t.--allee an, wo er in die dritte klasse aufgenommen wurde. in der grundschule t.--allee fiel b. unter anderem dadurch auf, dass er regelmäßig vor beendigung des regulären unterrichts durch sein verhalten seine abholung durch seine mutter provozierte. am 12. september 2014 wurden mit der mutter des klägers möglichkeiten zur änderung des verhaltens von b. erörtert. der mutter wurde eröffnet, dass über einen wechsel zur fördererschule nachgedacht werden müsste, wenn sich adams verhalten nicht deutlich ändere. 5wegen seines verhaltens wurden gegen b. diverse ordnungsmaßnahmen verhängt. 6mit schreiben vom 13. november 2014 mandatierte sich der bevollmächtigte der kläger und teilte mit, der klägerin sei am heutigen donnerstag mündlich mitgeteilt worden, b. solle nicht mehr zurückkehren an die gemeinschaftgrundschule, er solle sofort an einer förderschule angemeldet werden. namens und im auftrag seiner mandanten widerspreche er dieser maßnahme. zu gunsten von b. sei nunmehr sofort eine eingliederungshilfe zu installieren. bevor dies nicht geschehe, sei für eine verweisung an eine sonderschule kein raum. 7unter anderem am 17. november 2014 wurde erneut mit der klägerin über die probleme von b. gesprochen. hierbei beanstandete die schule insbesondere, dass die kläger informationen über b. zurückhielten. 8mit schreiben vom 29. april 2015 lud die schulleiterin der städtischen gemeinschaft grundschule die kläger zu einer teilkonferenz am 6. mai 2015 wegen wiederholter verstöße von b. gegen die schulordnung ein. wörtlich wird darin ausgeführt: „die beantragung eines wechsels zur förderschule ist bereits beim schulamt beantragt.“ 9mit bescheid vom 2. juli 2015 ordnete das schulamt für die landeshauptstadt e. gegenüber den klägern unter dem betreff sonderpädagogische unterstützung für ihr kind b. an, dass ab dem 1. august 2015 ein wechsel von b. an eine förderschule mit dem förderschwerpunkt emotionale und soziale entwicklung vorgesehen sei. die maßnahme sei zwingend nötig, da ansonsten eine weitere selbst‑ und fremdgefährdung nicht ausgeschlossen und verantwortet werden könne. zur begründung wurde ausgeführt, dass alle personellen und sächlichen möglichkeiten einer grundschule inzwischen ausgeschöpft seien. ungeachtet dessen verhalte sich b. depressiv. er verweigere seine mitarbeit und lasse sich nicht in den regelunterricht und in die klassengemeinschaft integrieren. andererseits reagiere er unerwartet aggressiv, so dass es durch sein verhalten schon zu schweren unfällen gekommen sei. 10der bescheid wurde den klägern am 15. juli 2015 zugestellt. 11am 24. juli 2015 haben die kläger klage gegen diesen bescheid erhoben. 12sie rügen, dass der sachverhalt falsch ermittelt sei, weil b. kein dreimaliger grundschulwechsler sei. ein aktuelles schulärztliches gutachten sei dem bescheid weder beigefügt gewesen noch eingeholt worden. das anhörungsverfahren vor erlass des schulverfahrens sei nicht durchgeführt worden. der besprechungstermin in den räumen des schulamtes am 29. mai 2015 habe als informations- und austauschgespräch über die situation bs gedient, aber nicht als anhörungsverfahren für die schulzuweisung. die aktuelle entwicklung bs sei bei der entscheidung nicht bedacht worden. für b. seien gegenwärtig im rahmen der kinder und jugendhilfe ambulante hilfen bewilligt worden, die im umfang von monatlich 30 stunden durch einen sozialarbeiter erbracht würden. b. würde unmittelbar von dem sozialarbeiter betreut. ein bericht über dessen erfahrungen sei vor erlass des bescheides nicht eingeholt worden. die maßnahme sei unverhältnismäßig, weil als weniger schweres mittel die zurverfügungstellung von eingliederungshilfe in betracht gekommen wäre. gerade die intensive zuwendung und fokussierung durch eine hilfsperson während der unterrichtszeiten könne eine verbesserung der schulischen situation für b. herbeiführen. bei b. sei eine einfache aktivitäts‑ und aufmerksamkeitsstörung diagnostiziert. eine solche einschränkung müsse die grundschule auffangen können. 13die klägerin und b. sind zu einem nicht näher bekannten zeitpunkt nach ägypten verzogen, wo b. seit etwa september 2015 die neue deutsche schule b1. besucht. zur mündlichen verhandlung sind die kläger nicht erschienen. durch ihren bevollmächtigten lassen sie vortragen, dass sie an einer aufhebung des bescheides weiterhin interesse haben, weil danach eine rückkehr nach deutschland beabsichtigt sei. 14die kläger beantragen, 15den bescheid des schulamtes der landeshauptstadt e. vom 2. juli 2015 aufzuheben. 16das beklagte land beantragt, 17die klage abzuweisen. 18es tritt den ausführungen der kläger entgegen. 19wegen der weiteren einzelheiten des sach‑ und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und des beigezogenen verwaltungsvorgangs der beklagten verwiesen. 20
21die klage ist zulässig, aber unbegründet. 22die anfechtungsklage der kläger gegen den bescheid des schulamtes vom 2. juli 2015 ist nicht dadurch unzulässig geworden, dass sich der angefochtene bescheid erledigt hat. der wegzug von b. ist nach dem glaubhaften vorbringen der kläger temporär. es ist davon auszugehen, dass die kläger und b. ihren gemeinsamen lebensmittelpunkt in nordrhein-westfalen haben. 23die klage ist unbegründet. der angefochtene bescheid ist rechtmäßig und verletzt die kläger nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1 vwgo. 24ermächtigungsgrundlage des angefochtenen bescheides ist § 20 abs. 4 des schul‑ und bildungsgesetzes für das land nordrhein-westfalen (schulg nrw). dieser lautet wie folgt: in besonderen ausnahmefällen kann die schulaufsichtsbehörde abweichend von der wahl der eltern die allgemeine schule anstelle der förderschule oder die förderschule anstelle der allgemeinen schule als förderort bestimmen. dies setzt voraus, dass die personellen und sächlichen voraussetzungen am gewählten förderort nicht erfüllt sind und auch nicht mit vertretbarem aufwand erfüllt werden können. die schulaufsichtsbehörde legt die gründe dar und gibt den eltern die gelegenheit, sich zu der beabsichtigten entscheidung zu äußern. gleichzeitig informiert sie über weitere beratungsangebote. 25die formellen voraussetzungen der vorschrift liegen vor. insbesondere hat die zuständige behörde gehandelt. das schulamt für die stadt e. ist schulaufsichtsbehörde über die grundschulen in der kreisfreien landeshauptstadt. 26verfahrensfehler liegen nicht vor. gemäß § 20 abs. 4 s. 3 legt die schulaufsichtsbehörde die gründe den eltern dar und gibt diesen gelegenheit, sich zu der beabsichtigten entscheidung zu äußern. gleichzeitig informiert sie gemäß s. 4 ebenda über weitere beratungsangebote. diese information und beratungsgespräch hat ausweislich der akte am 29. mai 2015 stattgefunden. dass die kläger und ihr bevollmächtigter, der an dem gespräch ebenfalls teilgenommen hat, die zielrichtung des gesprächs möglicherweise nicht vollständig verstanden haben, steht dem stattfinden des gesprächs und damit der einhaltung der verfahrensvorschriften nicht entgegen. ungeachtet dessen ist die klägerin bereits vor dem 29. mai 2015 in zahlreichen mündlichen gesprächen auf die bedenken an der beschulbarkeit von b. im gemeinsamen unterricht hingewiesen worden. 27weitere verfahrensvorschriften insoweit bestehen nicht. insbesondere ist die anhörung dritter nicht vorgesehen. es ist nichts dafür ersichtlich, was ein sozialarbeiter oder ein integrationshelfer von b. zu der entscheidung des schulamtes beitragen könnte. die anordnung des schulamtes beruht auf erkenntnissen, die in der beobachtung des verhaltens von b. in der schule gewonnen worden sind. daher können dritte, die dort nicht zugegen waren, zur entscheidungsfindung nichts beitragen. ebenfalls nicht vorgesehen ist die einholung eines weiteren amtsärztlichen gutachtens. abgesehen davon ergibt sich aus dem amtsärztlichen gutachten, welches aus anlass der ersten feststellung des sonderpädagogischen förderbedarfs eingeholt worden ist, dass bei b. keine organischen defizite vorliegen. anhaltspunkte dafür, dass sich seither hieran etwas geändert haben könnte, tragen insbesondere die kläger selbst nicht vor. 28die materiellen voraussetzungen des §§ 20 abs. 4 schulg liegen vor. diese sind gegeben, wenn die personellen oder (bei der verknüpfung „und“ handelt es sich um einen offensichtlichen redaktionsfehlers des gesetzgebers) sächlichen voraussetzungen am gewählten förderort nicht erfüllt sind und auch nicht mit vertretbarem aufwand erfüllt werden können. im gemeinsamen unterricht einer grundschule liegen die personellen voraussetzungen für eine erfolgreiche beschulung von b. nicht vor. dies ergibt sich aus dem inbegriff der mündlichen verhandlung. aus dem inhalt des vom schulamt vorgelegten verwaltungsvorgangs ergibt sich, dass b. im gemeinsamen unterricht einer grundschule aufgrund seines verhaltens nicht beschult werden kann. die umstände hierfür sind den klägern bekannt, weil sie ihnen in zahlreichen gesprächen durch die klassenlehrerin und durch die sonderpädagogin vor dem 29. mai 2015 und in dem informationsgespräch am 29. mai 2015 mündlich bekannt gegeben worden sind, weshalb sich eine wiederholende aufzählung hier erübrigt. zusammengefasst verlangt b. in praktisch jeder minute seiner körperlichen anwesenheit in der grundschule die volle und ungeteilte aufmerksamkeit eines erwachsenen. erhält er diese nicht sofort, so widersetzt er sich mit allen ihm zur verfügung stehenden mitteln und legt ein verhalten an den tag, welches nicht nur seine beschulung, sondern auch die beschulung seiner mitschüler mit den im gemeinsamen unterricht zur verfügung stehenden personellen mitteln unmöglich macht. darüber hinaus gefährdet b. durch sein aggressives verhalten gegenüber seinen mitschülern auch deren gesundheit. insoweit wird auf den den klägern bekannten sachverhalt verwiesen, der der androhung der entlassung zugrunde liegt. frühere angriffe bs mit gegenständen auf andere mitschüler sind ebenfalls aktenkundig. 29die personellen defizite der grundschule können durch einen integrationshelfer nicht aufgefangen werden. die bereitstellung eines integrationshelfers gehört nach den regeln des schulgesetzes nicht zu den personellen voraussetzungen einer grundschule. es wäre sache der kläger gewesen, b. einen integrationshelfer zur verfügung zu stellen, wie es diesen im vorfeld wiederholt erläutert worden ist. hierzu waren die kläger jedoch nicht in der lage. abgesehen davon hat b. kraft gesetz einen anspruch nicht nur auf erziehung, sondern auch auf bildung, den ein integrationshelfer mangels spezifischer ausbildung als lehrkraft nicht erfüllen kann. zur aufarbeitung der bereits eingetretenen defizite bedarf b. intensiver sonderpädagogischer betreuung und zuwendung gerade durch pädagogen. die bereits im schuljahr 2014/2015 erheblich vernachlässigte vermittlung schulischen wissens kann durch einen integrationshelfer nicht geleistet werden. 30soweit der bescheid nicht nur allgemein eine förderschule mit dem förderschwerpunkt emotionale und soziale entwicklung bestimmt, sondern eine konkrete schule benennt, ist dagegen nach den konkreten umständen des einzelfalls nichts einzuwenden, weil die kläger seit dem gespräch am 29. mai 2015, in dem diesen die notwendigkeit der förderung von b. an einer förderschule eröffnet worden ist, von ihrem wahlrecht, unter mehreren nach dem förderschwerpunkt geeigneten schulen eine schule auszusuchen, keinen gebrauch gemacht haben. gemäß § 14 abs. 1 satz 2 ao sf veranlasst in diesem fall die schulaufsichtsbehörde die anmeldung des kindes an einer geeigneten schule. ihr obliegt dann auch die wahl einer konkreten schule. sollten die kläger zukünftig ihr wahlrecht zugunsten einer förderschule mit dem förderschwerpunkt emotionale und soziale entwicklung ausüben, ist nichts dafür ersichtlich, dass das schulamt einen solchen schulbesuch nicht auch als geeignet akzeptiert. 31die kostenentscheidung folgt aus § 154 absatz ein vwgo. 32die weiteren nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 167 abs. 2 und 1 vwgo, 708 nr. 11, 711, 709 satz 2 zpo. 33beschluss: 34der streitwert wird auf 5.000,‑ euro festgesetzt. 35gründe: 36die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 2 gkg erfolgt.
Verklagte*r
0
182,039
S 34 R 580/13
2014-03-21T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Der Streitwert wird auf 18.000,00 EUR festgestellt. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene in seiner Tätigkeit als Gesellschafter – Geschäftsführer bei der Klägerin abhängig beschäftigt ist und der Sozialversicherungspflicht unterliegt. 3Der Beigeladene war bei der Klägerin bis zum 31.12.2011 als Entwickler abhängig beschäftigt. Gesellschafter war er bereits seit August 1990. Seit dem 01.01.2012 ist der Beigeladene bei der Klägerin als Geschäftsführer und Entwickler tätig. Er besitzt nunmehr einen Gesellschafteranteil von 49,71 %. 50,29% der Anteile hält die XXX Nach § 7 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin können die Änderung dieses Vertrages und die Auflösung der Gesellschaft nur mit 75% aller Gesellschaftsanteile beschlossen werden. Ansonsten genügt eine einfache Mehrheit. Mit Anstellungsvertrag vom 02.01.2012 vereinbarten die Klägerin und der Beigeladene u.a. die Vertretungbefugnisse des Beigeladenen, seine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, zustimmungspflichtige Geschäfte, eine Arbeitszeit von 45 Stunden pro Woche, eine Jahresvergütung von 69.600,00 EUR, eine von der Gesellschafterversammlung zu beschließende Tantieme, die Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall, die Fortgeltung von Ansprüchen aus dem vorangegangenen Arbeitsvertrag vom 28.11.1991, die Ausstattung eines Heimarbeitsplatzes, einen 25- tägigen Urlaubsanspruch und eine sechsmonatige Kündigungsfrist. 4Auf den im Juni 2012 gestellten Statusfeststellungsantrag der Klägerin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 07.08.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2013 fest, dass der Beigeladene in seiner Tätigkeit als Gesellschafter – Geschäftsführer bei der Klägerin seit dem 01.01.2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig sei. Es bestehe Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. In der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sei der Beigeladene nicht versicherungspflichtig. 5Zur Begründung der hiergegen am 05.04.2013 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, dass der Beigeladene einer versicherungsfreien Tätigkeit des geschäftsführenden Gesellschafters nachgehe, weil er über besondere branchenspezifische Kenntnisse und Kundenkontakte verfüge, ohne die die Klägerin ihr operatives Geschäft nicht fortführen könne. Der Beigeladene habe in den Jahren 1984 bis 2010 ein für die Firma maßgebliches Softwareprodukt überwiegend allein entwickelt und verfüge hinsichtlich der meisten Module über entsprechende Urheberrechte. Bei der Mehrheitsgesellschafterin handele es sich um eine Investorin, die nicht in das operative Geschäft der Klägerin eingebunden sei. Von den dreizehn festangestellten Mitarbeitern der Klägerin verfüge allein der Beigeladene über einen Ausbilderschein. Ohne ihn könne die Klägerin keine Nachwuchskräfte ausbilden. Insgesamt sei davon auszugehen, dass der Beigeladene der Klägerin "seinen Stempel aufgedrückt" habe und selbstständig schalten und walten könne. Neben seiner Beteiligung am Stammkapital der Klägerin nehme der Beigeladene an dem Gewinn und Verlust der Gesellschaft teil und trage damit ein erhebliches Unternehmerrisiko. Im Rahmen von vier Leasingverträgen für Dienstfahrzeuge der Klägerin habe der Beigeladene persönliche Bürgschaften übernommen. 6Die Klägerin beantragt, 7den Bescheid der Beklagten vom 07.08.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2013 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene in seiner Tätigkeit als Gesellschafter – Geschäftsführer der Klägerin seit dem 01.01.2012 nicht auf Grund einer abhängigen Beschäftigung sozialversicherungspflichtig ist. 8Die Beklagte beantragt, 9die Klage abzuweisen. 10Der Beigeladene stellt keinen Antrag. 11Die Beklagte ist der Auffassung, auch die Übernahme von Bürgschaften führe zu keiner anderen Beurteilung des Vertragsverhältnisses. Allein durch die Haftung für die Bürgschaft werde ein Beschäftigungsverhältnis nicht ausgeschlossen. Sonderrechte in der Gesellschaftsversammlung entstünden durch die Übernahme der Bürgschaften nicht. 12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. 13Entscheidungsgründe: 14Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig, aber unbegründet. 15Die angefochtenen Bescheide der Beklagten erweisen sich als rechtmäßig. Die Beklagte stellt zutreffend fest, dass der Beigeladene seit dem 01.01.2012 in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Klägerin auf Grund einer abhängigen Beschäftigung versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung ist. 16Nach § 7 a Abs. 2 SGB IV entscheidet die Beklagte im Rahmen eines Anfrageverfahrens auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt. Nach Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 11.03.2009, Az.: B 12 R 11/07 R, SozR 4-2400 § 7a Nr. 2) findet hierbei keine isolierte Feststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung, sondern zugleich eine Entscheidung über die Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung statt. 17Gegen Arbeitsentgelt Beschäftigte versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III. 18Dabei ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV unter Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, zu verstehen. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind die Tätigkeit nach Weisungen und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Die Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber persönlich abhängig ist, in den Betrieb eingegliedert wird und einem – ggf. nach den Erfordernissen des konkreten Tätigkeitsfeldes eingeschränkten – umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch die eigene Betriebstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft, das eigene Unternehmerrisiko und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 13 n.w.Nw.). 19Nach diesen Maßstäben liegt dem Beigeladenen in seiner Tätigkeit als Gesellschafter – Geschäftsführer bei der Klägerin eine Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV vor. 20Die Kammer wertet es als maßgebliches Indiz eine abhängige Beschäftigung, dass der Beigeladene als Gesellschafter – Geschäftsführer allein auf Grund seiner Gesellschafterrechte nicht die Möglichkeit hat, seine Weisungsgebundenheit aufzuheben oder abzuschwächen. Er verfügt weder über eine Kapitalbeteiligung von 50% oder mehr noch ist ihm eine umfassende Sperrminorität eingeräumt worden. Damit hat der Beigeladene keine beherrschende Stellung in der Gesellschaft, weil er nicht alle ihm unangenehmen Gesellschafterbeschlüsse verhindern kann. Daran ändert auch die dem Beigeladenen eingeräumte partielle Sperrminorität für Änderungen des Gesellschaftsvertrages und die Auslösung der Gesellschaft nichts, weil diese Regelung im Übrigen Weisungen an den Geschäftsführer nicht ausschließt. 21Für das Fortbestehen des langjährigen abhängigen Beschäftigungsverhältnisses des Beigeladenen bei der Klägerin spricht auch die Ausgestaltung des Anstellungsvertrages vom 02.01.2012. Gehaltsvereinbarung, Nebenleistungen, Urlaubsanspruch, Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall und Kündigungsregelung sprechen für die Annahme einer typischen Beschäftigung als leitender Angestellter. Dies geht soweit, dass die Vertragsparteien Ansprüche des Beigeladenen aus dem vorangegangenen Arbeitsvertrag aus dem Jahre 1991 ausdrücklich fortschreiben. 22Fehlende Einzelweisungen der Gesellschafterversammlung und die Möglichkeit, die Arbeitszeit im Rahmen der betrieblichen Erfordernisse frei zu gestalten, führen zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr ist die innerhalb eines vorgegebenen Rahmens frei gestaltete Arbeitsleistung bei höher qualifizierten Tätigkeiten üblich, ohne Anhaltspunkte für eine Selbstständigkeit zu bieten. Von daher tritt in der Gesamtwürdigung für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung die Eingebundenheit des Beigeladenen in den Betrieb der Klägerin und seine "dienende Teilhabe" am Arbeitsprozess der Klägerin in den Vordergrund. Dies gilt auch für die von der Klägerin herausgestellte besondere Rolle des Beigeladenen bei der Entwicklung von Softwareprodukten und der Pflege von Kundenkontakten. Die branchenspezifischen Kenntnisse und Kundenkontakte hat der Beigeladene während seiner langjährigen abhängigen Beschäftigung bei der Klägerin erworben. Von daher leuchtet es nicht ein, diesen Aspekt nunmehr zur Begründung seiner Selbstständigkeit heranzuziehen. Auch ist es nicht unüblich, dass kleinere Firmen von dem Fachwissen, den Kundenkontakten und der Ausbildereignung eines leitenden Mitarbeiters abhängig sind. 23Schließlich ist der Beklagten darin zuzustimmen, dass die Übernahme von Leasingbürgschaften für Dienstfahrzeuge der Klägerin zwar ein Indiz gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis darstellen kann, die dargestellten maßgeblichen Aspekte für das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses im Rahmen der Gesamtwürdigung jedoch nicht zu verdrängen vermag. 24Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. 25Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 2 GKG. Die Kammer folgt der Rechtsprechung des LSG NRW (Beschlüsse vom 13.12.2004, Az.: L 5 B 61/03 KR und vom 12.01.2005, Az.: L 5 B 50/04 KR – juris -), wonach bei der Anfechtung einer Statusfeststellung für eine unbefristete Tätigkeit unter Berücksichtigung der mittelbar entstehenden Beitragsbelastung im Regelfall pauschalierend ein Streitwert von 18.000,- Euro angemessen ist.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des rechtsstreits. der streitwert wird auf 18.000,00 eur festgestellt. 1
2die beteiligten streiten darüber, ob der beigeladene in seiner tätigkeit als gesellschafter – geschäftsführer bei der klägerin abhängig beschäftigt ist und der sozialversicherungspflicht unterliegt. 3der beigeladene war bei der klägerin bis zum 31.12.2011 als entwickler abhängig beschäftigt. gesellschafter war er bereits seit august 1990. seit dem 01.01.2012 ist der beigeladene bei der klägerin als geschäftsführer und entwickler tätig. er besitzt nunmehr einen gesellschafteranteil von 49,71 %. 50,29% der anteile hält die xxx nach § 7 des gesellschaftsvertrages der klägerin können die änderung dieses vertrages und die auflösung der gesellschaft nur mit 75% aller gesellschaftsanteile beschlossen werden. ansonsten genügt eine einfache mehrheit. mit anstellungsvertrag vom 02.01.2012 vereinbarten die klägerin und der beigeladene u.a. die vertretungbefugnisse des beigeladenen, seine befreiung von den beschränkungen des § 181 bgb, zustimmungspflichtige geschäfte, eine arbeitszeit von 45 stunden pro woche, eine jahresvergütung von 69.600,00 eur, eine von der gesellschafterversammlung zu beschließende tantieme, die gehaltsfortzahlung im krankheitsfall, die fortgeltung von ansprüchen aus dem vorangegangenen arbeitsvertrag vom 28.11.1991, die ausstattung eines heimarbeitsplatzes, einen 25- tägigen urlaubsanspruch und eine sechsmonatige kündigungsfrist. 4auf den im juni 2012 gestellten statusfeststellungsantrag der klägerin stellte die beklagte mit bescheid vom 07.08.2012 in der fassung des widerspruchsbescheides vom 05.03.2013 fest, dass der beigeladene in seiner tätigkeit als gesellschafter – geschäftsführer bei der klägerin seit dem 01.01.2012 im rahmen eines abhängigen beschäftigungsverhältnisses tätig sei. es bestehe versicherungspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung und nach dem recht der arbeitsförderung. in der gesetzlichen kranken- und pflegeversicherung sei der beigeladene nicht versicherungspflichtig. 5zur begründung der hiergegen am 05.04.2013 erhobenen klage macht die klägerin geltend, dass der beigeladene einer versicherungsfreien tätigkeit des geschäftsführenden gesellschafters nachgehe, weil er über besondere branchenspezifische kenntnisse und kundenkontakte verfüge, ohne die die klägerin ihr operatives geschäft nicht fortführen könne. der beigeladene habe in den jahren 1984 bis 2010 ein für die firma maßgebliches softwareprodukt überwiegend allein entwickelt und verfüge hinsichtlich der meisten module über entsprechende urheberrechte. bei der mehrheitsgesellschafterin handele es sich um eine investorin, die nicht in das operative geschäft der klägerin eingebunden sei. von den dreizehn festangestellten mitarbeitern der klägerin verfüge allein der beigeladene über einen ausbilderschein. ohne ihn könne die klägerin keine nachwuchskräfte ausbilden. insgesamt sei davon auszugehen, dass der beigeladene der klägerin "seinen stempel aufgedrückt" habe und selbstständig schalten und walten könne. neben seiner beteiligung am stammkapital der klägerin nehme der beigeladene an dem gewinn und verlust der gesellschaft teil und trage damit ein erhebliches unternehmerrisiko. im rahmen von vier leasingverträgen für dienstfahrzeuge der klägerin habe der beigeladene persönliche bürgschaften übernommen. 6die klägerin beantragt, 7den bescheid der beklagten vom 07.08.2012 in der fassung des widerspruchsbescheides vom 05.03.2013 aufzuheben und festzustellen, dass der beigeladene in seiner tätigkeit als gesellschafter – geschäftsführer der klägerin seit dem 01.01.2012 nicht auf grund einer abhängigen beschäftigung sozialversicherungspflichtig ist. 8die beklagte beantragt, 9die klage abzuweisen. 10der beigeladene stellt keinen antrag. 11die beklagte ist der auffassung, auch die übernahme von bürgschaften führe zu keiner anderen beurteilung des vertragsverhältnisses. allein durch die haftung für die bürgschaft werde ein beschäftigungsverhältnis nicht ausgeschlossen. sonderrechte in der gesellschaftsversammlung entstünden durch die übernahme der bürgschaften nicht. 12wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die prozessakte und die verwaltungsakte der beklagten bezug genommen. diese unterlagen haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen inhalt nach gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen. 13
14die klage ist als kombinierte anfechtungs- und feststellungsklage zulässig, aber unbegründet. 15die angefochtenen bescheide der beklagten erweisen sich als rechtmäßig. die beklagte stellt zutreffend fest, dass der beigeladene seit dem 01.01.2012 in seiner tätigkeit als gesellschafter-geschäftsführer bei der klägerin auf grund einer abhängigen beschäftigung versicherungspflichtig in der gesetzlichen rentenversicherung und arbeitslosenversicherung ist. 16nach § 7 a abs. 2 sgb iv entscheidet die beklagte im rahmen eines anfrageverfahrens auf grund einer gesamtwürdigung aller umstände des einzelfalles, ob eine beschäftigung vorliegt. nach auffassung des bundessozialgerichts (bsg, urteil vom 11.03.2009, az.: b 12 r 11/07 r, sozr 4-2400 § 7a nr. 2) findet hierbei keine isolierte feststellung des vorliegens einer abhängigen beschäftigung, sondern zugleich eine entscheidung über die versicherungspflicht in den zweigen der sozialversicherung statt. 17gegen arbeitsentgelt beschäftigte versicherungspflichtig in der gesetzlichen rentenversicherung nach § 1 satz 1 nr. 1 sgb vi und in der arbeitslosenversicherung nach § 25 abs. 1 satz 1 sgb iii. 18dabei ist nach § 7 abs. 1 sgb iv unter beschäftigung die nicht selbstständige arbeit, insbesondere in einem arbeitsverhältnis, zu verstehen. anhaltspunkte für eine beschäftigung sind die tätigkeit nach weisungen und die eingliederung in die arbeitsorganisation des weisungsgebers (§ 7 abs. 1 satz 2 sgb iv). die beschäftigung setzt voraus, dass der arbeitnehmer von dem arbeitgeber persönlich abhängig ist, in den betrieb eingegliedert wird und einem – ggf. nach den erfordernissen des konkreten tätigkeitsfeldes eingeschränkten – umfassenden weisungsrecht des arbeitgebers unterliegt. demgegenüber ist eine selbstständige tätigkeit vornehmlich durch die eigene betriebstätte, die verfügungsmöglichkeit über die eigene arbeitskraft, das eigene unternehmerrisiko und die im wesentlichen frei gestaltete tätigkeit und arbeitszeit gekennzeichnet. ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig ist, hängt davon ab, welche merkmale überwiegen (bsg sozr 3-2400 § 7 nr. 13 n.w.nw.). 19nach diesen maßstäben liegt dem beigeladenen in seiner tätigkeit als gesellschafter – geschäftsführer bei der klägerin eine beschäftigung im sinne des § 7 abs. 1 sgb iv vor. 20die kammer wertet es als maßgebliches indiz eine abhängige beschäftigung, dass der beigeladene als gesellschafter – geschäftsführer allein auf grund seiner gesellschafterrechte nicht die möglichkeit hat, seine weisungsgebundenheit aufzuheben oder abzuschwächen. er verfügt weder über eine kapitalbeteiligung von 50% oder mehr noch ist ihm eine umfassende sperrminorität eingeräumt worden. damit hat der beigeladene keine beherrschende stellung in der gesellschaft, weil er nicht alle ihm unangenehmen gesellschafterbeschlüsse verhindern kann. daran ändert auch die dem beigeladenen eingeräumte partielle sperrminorität für änderungen des gesellschaftsvertrages und die auslösung der gesellschaft nichts, weil diese regelung im übrigen weisungen an den geschäftsführer nicht ausschließt. 21für das fortbestehen des langjährigen abhängigen beschäftigungsverhältnisses des beigeladenen bei der klägerin spricht auch die ausgestaltung des anstellungsvertrages vom 02.01.2012. gehaltsvereinbarung, nebenleistungen, urlaubsanspruch, gehaltsfortzahlung im krankheitsfall und kündigungsregelung sprechen für die annahme einer typischen beschäftigung als leitender angestellter. dies geht soweit, dass die vertragsparteien ansprüche des beigeladenen aus dem vorangegangenen arbeitsvertrag aus dem jahre 1991 ausdrücklich fortschreiben. 22fehlende einzelweisungen der gesellschafterversammlung und die möglichkeit, die arbeitszeit im rahmen der betrieblichen erfordernisse frei zu gestalten, führen zu keinem anderen ergebnis. vielmehr ist die innerhalb eines vorgegebenen rahmens frei gestaltete arbeitsleistung bei höher qualifizierten tätigkeiten üblich, ohne anhaltspunkte für eine selbstständigkeit zu bieten. von daher tritt in der gesamtwürdigung für die annahme einer abhängigen beschäftigung die eingebundenheit des beigeladenen in den betrieb der klägerin und seine "dienende teilhabe" am arbeitsprozess der klägerin in den vordergrund. dies gilt auch für die von der klägerin herausgestellte besondere rolle des beigeladenen bei der entwicklung von softwareprodukten und der pflege von kundenkontakten. die branchenspezifischen kenntnisse und kundenkontakte hat der beigeladene während seiner langjährigen abhängigen beschäftigung bei der klägerin erworben. von daher leuchtet es nicht ein, diesen aspekt nunmehr zur begründung seiner selbstständigkeit heranzuziehen. auch ist es nicht unüblich, dass kleinere firmen von dem fachwissen, den kundenkontakten und der ausbildereignung eines leitenden mitarbeiters abhängig sind. 23schließlich ist der beklagten darin zuzustimmen, dass die übernahme von leasingbürgschaften für dienstfahrzeuge der klägerin zwar ein indiz gegen ein abhängiges beschäftigungsverhältnis darstellen kann, die dargestellten maßgeblichen aspekte für das vorliegen eines versicherungspflichtigen beschäftigungsverhältnisses im rahmen der gesamtwürdigung jedoch nicht zu verdrängen vermag. 24die kostenentscheidung beruht auf § 197a abs. 1 sgg i.v.m. § 154 abs. 1 vwgo. 25die streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 abs. 2 gkg. die kammer folgt der rechtsprechung des lsg nrw (beschlüsse vom 13.12.2004, az.: l 5 b 61/03 kr und vom 12.01.2005, az.: l 5 b 50/04 kr – juris -), wonach bei der anfechtung einer statusfeststellung für eine unbefristete tätigkeit unter berücksichtigung der mittelbar entstehenden beitragsbelastung im regelfall pauschalierend ein streitwert von 18.000,- euro angemessen ist.
Verklagte*r
0
179,325
2a O 68/14
2014-05-07T00:00:00
Urteil
Tenor I. Die einstweilige Verfügung vom 05.03.2014 wird aufgehoben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird als unzulässig zurückgewiesen. II. Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Verfahrens. III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. IV. Die Verfügungsklägerin darf die Vollstreckung durch die Verfügungsbeklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Verfügungsklägerin ist Inhaberin der deutschen Wortmarke „SAM“ (Registernummer 2004517) mit Priorität vom 03.05.1991, die unter anderem Schutz für Bekleidungsstücke genießt. Die Marke „SAM“ wurde ihr von der vorherigen Inhaberin, der V GmbH mit Wirkung zum 28.12.2012 übertragen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Marke wird auf die Anlage Ast 3 verwiesen. 3Die V GmbH nutzte die Marke „SAM“ bis zur Übertragung auf die Verfügungsklägerin zur Kennzeichnung von Bekleidungsstücken über Lizenznehmer. Die Verfügungsklägerin nutzt die Marke in derselben Form weiter. 4Die Verfügungsbeklagte vertreibt über ihren Internetshop www.XXX insbesondere auch in Deutschland Bekleidung. So bot die Verfügungsbeklagte unter der Artikelnummer 36945700 ein T-Shirt unter der Bezeichnung “PEPE JEANS Sam S/S T-Shirt seville” und unter der Artikelnummer 36673300 eine Hose unter der Bezeichnung “NUDIE JEANS Womens Skinny Sam Pant org. dry steel” an. Hinsichtlich der Einzelheiten der beiden Angebote wird auf die Anlagen Ast 1 und Ast 2 Bezug genommen. 5Herr Rechtsanwalt U2 der Kanzlei M, U & S, den die Geschäftsführerin der Verfügungsklägerin mit der regelmäßigen Überwachung von Rechtsverstößen in Bezug auf die Marke „SAM“ beauftragt hat, informierte die Geschäftsführerin der Verfügungsklägerin am 10.01.2014 per E-Mail über die streitgegenständlichen Angebote. 6Mit anwaltlichem Schreiben vom 20.01.2014 (Anlage Ast 4) mahnte die Verfügungsklägerin die Verfügungsbeklagte wegen Verwendung der Bezeichnung „Sam“ ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bis zum 28.01.2014 auf. 7In der Zeit vom 28.01.2014 bis 25.02.2014 führten die Parteien intensive Einigungsverhandlungen, während derer die Verfügungsklägerin der Verfügungsbeklagten mehrfach Fristverlängerungen zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gewährte. Mit anwaltlichem Schreiben vom 25.02.2014 (Anlage Ast 19) teilte die Verfügungsbeklagte mit, sich nun doch gegen die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung entschlossen zu haben. 8Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, durch die streitgegenständlichen Angebote verletze die Verfügungsbeklagte ihre Marke „SAM“. 9Auf den Antrag der Verfügungsklägerin hat die Kammer mit Beschluss vom 05.03.2014 unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel eine einstweilige Verfügung erlassen, mit der der Antragsgegnerin untersagt wird, im geschäftlichen Verkehr Bekleidung unter der Bezeichnung „PEPE JEANS Sam S/S T-Shirt Seville“ anzubieten und/oder anbieten zu lassen, wenn dies wie aus der Anlage Ast 1 ersichtlich geschieht und/oder im geschäftlichen Verkehr Bekleidung unter der Bezeichnung „NUDIE JEANS Womens Skinny Sam Pant org. dry steel“ anzubieten und/oder anbieten zu lassen, wenn dies wie aus Anlage Ast 2 ersichtlich geschieht. 10Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Verfügungsbeklagten. 11Die Verfügungsklägerin beantragt, 12den Widerspruch der Verfügungsbeklagten zurückzuweisen und die einstweilige Verfügung vom 05.03.2014 aufrecht zu erhalten. 13Die Verfügungsbeklagte beantragt, 14die einstweilige Verfügung vom 05.03.2014 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen. 15Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, die für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Dringlichkeit sei nicht gegeben, da der Zeitpunkt der Kenntniserlangung nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden sei. Maßgeblich sei der Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch den Rechtsanwalt der Verfügungsklägerin, da dieser mit der ständigen Markenüberwachung betraut sei. Ein Verfügungsanspruch liege mangels Zeichenähnlichkeit ebenfalls nicht vor. Bei dem Zeichen „SAM“ handele es sich um ein reines Bestellzeichen, dem keine selbständig kennzeichnende Stellung zukomme. 16Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. 17Entscheidungsgründe: 18Die einstweilige Verfügung war aufzuheben und der Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen. 19I. 20Es kann dahinstehen, ob ein Verfügungsanspruch gegeben ist. Jedenfalls ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung unzulässig, da die Antragstellerin das Vorliegen eines Verfügungsgrundes bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 30.04.2014 nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat. 21Der Erlass einer vollstreckbaren Entscheidung aufgrund eines bloß summarischen Verfahrens bedarf einer besonderen Rechtfertigung. Den Nachteilen, die der Verfügungsklägerin aus einem Zuwarten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache entstehen können, sind die Nachteile gegenüber zu stellen, die der Verfügungsbeklagten aus der Anordnung drohen. Das Interesse der Verfügungsklägerin muss so sehr überwiegen, dass der beantragte Eingriff in die Sphäre der Verfügungsbeklagten aufgrund eines bloß summarischen Verfahrens gerechtfertigt ist (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2012, 146, 147 - E-Sky; Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 2. Auflage 2003, Rn. 51). 22Ein solches Überwiegen der Interessen der Verfügungsklägerin ist vorliegend nicht gegeben. Die Verfügungsklägerin hat die Dringlichkeit der einstweiligen Verfügung nicht hinreichend glaubhaft gemacht. 23Zwar hat die Verfügungsklägerin dargelegt und durch die Vorlage der eidesstattlichen Versicherung der Geschäftsführerin Frau H vom 24.02.2014 glaubhaft gemacht, von den streitgegenständlichen Angeboten der Verfügungsbeklagten erstmals am 10.01.2014 U erlangt zu haben. Allerdings ist für die Beurteilung der Dringlichkeit vorliegend auf die erstmalige Kenntniserlangung des Rechtsanwalts U abzustellen. Maßgeblich für den Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist insoweit die U der Tatsachen, die den Rechtsverstoß begründen (vgl. Baumbach/Hefermehl/Köhler, UWG, 31. Auflage, § 12 Rn. 3.15a). 24Die Verfügungsklägerin muss sich das Wissen ihres Prozessbevollmächtigten, Herrn Rechtsanwalt U, zurechnen lassen. Insoweit sind die Grundsätze über die Wissenszurechnung gemäß § 166 Abs. 1 BGB analog anzuwenden (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 11.06.2013, 6 W 61/13, juris Rn. 4; BGH, Urteil vom 24.01.1992, V ZR 262/90, juris Rn. 11; Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Auflage, § 166 Rn. 6). Wissensvertreter ist jeder, der dazu berufen ist, für den Geschäftsherrn im Rechtsverkehr als dessen Repräsentant bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung zu erledigen und die dabei anfallenden Informationen zur U zu nehmen und weiterzuleiten (OLG Frankfurt am Main aaO; vgl. BGH aaO). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die Voraussetzungen einer Wissenszurechnung vorliegend gegeben. Die Geschäftsführerin der Verfügungsklägerin hat in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 24.04.2014 erklärt, dass sie Herrn Rechtsanwalt U2 der Kanzlei M, U & S mit der regelmäßigen Überwachung von Rechtsverstößen in Bezug auf die Marke „SAM“ beauftragt hat. Insoweit oblag es Rechtsanwalt U, die Markenüberwachung in eigener Verantwortung vorzunehmen und mögliche Rechtsverstöße zur U zu nehmen und an die Verfügungsklägerin weiterzuleiten. Die Frage, ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Schritte einzuleiten sind, war dann in einem zweiten Schritt durch die Verfügungsklägerin zu prüfen. 25Die Verfügungsklägerin hat jedoch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, zu welchem Zeitpunkt Herr Rechtsanwalt U den streitgegenständlichen Rechtsverstößen erlangt hat. Zwar hat der Vertreter der Verfügungsklägerin im Termin am 30.04.2014 erklärt, nach seiner U führe Herr U die Internetrecherchen üblicherweise Freitagsnachmittags durch und informiere anschließend die Mandanten. Da der 10.01.2014 ein Freitag gewesen sei, gehe er davon aus, dass Herr I an jenem Freitag, den 10.01.2014 U erlangt habe. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um einen substantiierten Parteivortrag, sondern lediglich um eine Vermutung des Vertreters der Verfügungsklägerin. 26Soweit Herr Rechtsanwalt U im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 05.05.2014 anwaltlich versichert, am 07.01.2014 U von den streitgegenständlichen Rechtsverstößen erlangt zu haben, hat dieser neue Vortrag bei der Urteilsfindung keine Berücksichtigung gefunden. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO ist nicht veranlasst. Dies bereits deshalb nicht, weil es sich vorliegend um ein Eilverfahren handelt. Eine Schriftsatzfrist wurde der Verfügungsklägerin nicht gewährt und ist im Verfügungsverfahren grundsätzlich auch unzulässig. Zwar kommt ausnahmsweise eine Vertagung oder die Gewährung einer Schriftsatzfrist in Betracht, wenn nicht anders rechtliches Gehör gewährt werden kann (OLG Koblenz NJW-RR 87, 510). Vorliegend ist dem Vertreter der Verfügungsklägerin im Termin am 30.04.2014 aber ausreichend Gelegenheit gegeben worden, sich zu der Frage der Kenntniserlangung durch Rechtsanwalt Y äußern und mit diesem telefonisch Rücksprache zu halten. Hiervon hat der Vertreter der Verfügungsklägerin keinen Gebrauch gemacht und auch keine Vertagung beantragt. 27III. 28Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 6 i.V.m. § 711 ZPO. 29Streitwert: 100.000,00 Euro
i. die einstweilige verfügung vom 05.03.2014 wird aufgehoben. der antrag auf erlass einer einstweiligen verfügung wird als unzulässig zurückgewiesen. ii. die verfügungsklägerin trägt die kosten des verfahrens. iii. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. iv. die verfügungsklägerin darf die vollstreckung durch die verfügungsbeklagte gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die verfügungsbeklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die verfügungsklägerin ist inhaberin der deutschen wortmarke „sam“ (registernummer 2004517) mit priorität vom 03.05.1991, die unter anderem schutz für bekleidungsstücke genießt. die marke „sam“ wurde ihr von der vorherigen inhaberin, der v gmbh mit wirkung zum 28.12.2012 übertragen. hinsichtlich der weiteren einzelheiten der marke wird auf die anlage ast 3 verwiesen. 3die v gmbh nutzte die marke „sam“ bis zur übertragung auf die verfügungsklägerin zur kennzeichnung von bekleidungsstücken über lizenznehmer. die verfügungsklägerin nutzt die marke in derselben form weiter. 4die verfügungsbeklagte vertreibt über ihren internetshop www.xxx insbesondere auch in deutschland bekleidung. so bot die verfügungsbeklagte unter der artikelnummer 36945700 ein t-shirt unter der bezeichnung “pepe jeans sam s/s t-shirt seville” und unter der artikelnummer 36673300 eine hose unter der bezeichnung “nudie jeans womens skinny sam pant org. dry steel” an. hinsichtlich der einzelheiten der beiden angebote wird auf die anlagen ast 1 und ast 2 bezug genommen. 5herr rechtsanwalt u2 der kanzlei m, u & s, den die geschäftsführerin der verfügungsklägerin mit der regelmäßigen überwachung von rechtsverstößen in bezug auf die marke „sam“ beauftragt hat, informierte die geschäftsführerin der verfügungsklägerin am 10.01.2014 per e-mail über die streitgegenständlichen angebote. 6mit anwaltlichem schreiben vom 20.01.2014 (anlage ast 4) mahnte die verfügungsklägerin die verfügungsbeklagte wegen verwendung der bezeichnung „sam“ ab und forderte sie zur abgabe einer strafbewehrten unterlassungserklärung bis zum 28.01.2014 auf. 7in der zeit vom 28.01.2014 bis 25.02.2014 führten die parteien intensive einigungsverhandlungen, während derer die verfügungsklägerin der verfügungsbeklagten mehrfach fristverlängerungen zur abgabe einer strafbewehrten unterlassungserklärung gewährte. mit anwaltlichem schreiben vom 25.02.2014 (anlage ast 19) teilte die verfügungsbeklagte mit, sich nun doch gegen die abgabe einer strafbewehrten unterlassungs- und verpflichtungserklärung entschlossen zu haben. 8die verfügungsklägerin ist der ansicht, durch die streitgegenständlichen angebote verletze die verfügungsbeklagte ihre marke „sam“. 9auf den antrag der verfügungsklägerin hat die kammer mit beschluss vom 05.03.2014 unter androhung der gesetzlichen ordnungsmittel eine einstweilige verfügung erlassen, mit der der antragsgegnerin untersagt wird, im geschäftlichen verkehr bekleidung unter der bezeichnung „pepe jeans sam s/s t-shirt seville“ anzubieten und/oder anbieten zu lassen, wenn dies wie aus der anlage ast 1 ersichtlich geschieht und/oder im geschäftlichen verkehr bekleidung unter der bezeichnung „nudie jeans womens skinny sam pant org. dry steel“ anzubieten und/oder anbieten zu lassen, wenn dies wie aus anlage ast 2 ersichtlich geschieht. 10hiergegen richtet sich der widerspruch der verfügungsbeklagten. 11die verfügungsklägerin beantragt, 12den widerspruch der verfügungsbeklagten zurückzuweisen und die einstweilige verfügung vom 05.03.2014 aufrecht zu erhalten. 13die verfügungsbeklagte beantragt, 14die einstweilige verfügung vom 05.03.2014 aufzuheben und den auf ihren erlass gerichteten antrag zurückzuweisen. 15die verfügungsbeklagte ist der ansicht, die für den erlass einer einstweiligen verfügung erforderliche dringlichkeit sei nicht gegeben, da der zeitpunkt der kenntniserlangung nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden sei. maßgeblich sei der zeitpunkt der kenntniserlangung durch den rechtsanwalt der verfügungsklägerin, da dieser mit der ständigen markenüberwachung betraut sei. ein verfügungsanspruch liege mangels zeichenähnlichkeit ebenfalls nicht vor. bei dem zeichen „sam“ handele es sich um ein reines bestellzeichen, dem keine selbständig kennzeichnende stellung zukomme. 16wegen des weiteren sach- und streitstandes wird ergänzend auf die zur akte gereichten schriftsätze nebst anlagen verwiesen. 17
18die einstweilige verfügung war aufzuheben und der antrag auf ihren erlass zurückzuweisen. 19i. 20es kann dahinstehen, ob ein verfügungsanspruch gegeben ist. jedenfalls ist der antrag auf erlass einer einstweiligen verfügung unzulässig, da die antragstellerin das vorliegen eines verfügungsgrundes bis zum schluss der mündlichen verhandlung am 30.04.2014 nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat. 21der erlass einer vollstreckbaren entscheidung aufgrund eines bloß summarischen verfahrens bedarf einer besonderen rechtfertigung. den nachteilen, die der verfügungsklägerin aus einem zuwarten bis zu einer entscheidung in der hauptsache entstehen können, sind die nachteile gegenüber zu stellen, die der verfügungsbeklagten aus der anordnung drohen. das interesse der verfügungsklägerin muss so sehr überwiegen, dass der beantragte eingriff in die sphäre der verfügungsbeklagten aufgrund eines bloß summarischen verfahrens gerechtfertigt ist (olg düsseldorf, grur-rr 2012, 146, 147 - e-sky; berneke, die einstweilige verfügung in wettbewerbssachen, 2. auflage 2003, rn. 51). 22ein solches überwiegen der interessen der verfügungsklägerin ist vorliegend nicht gegeben. die verfügungsklägerin hat die dringlichkeit der einstweiligen verfügung nicht hinreichend glaubhaft gemacht. 23zwar hat die verfügungsklägerin dargelegt und durch die vorlage der eidesstattlichen versicherung der geschäftsführerin frau h vom 24.02.2014 glaubhaft gemacht, von den streitgegenständlichen angeboten der verfügungsbeklagten erstmals am 10.01.2014 u erlangt zu haben. allerdings ist für die beurteilung der dringlichkeit vorliegend auf die erstmalige kenntniserlangung des rechtsanwalts u abzustellen. maßgeblich für den zeitpunkt der kenntniserlangung ist insoweit die u der tatsachen, die den rechtsverstoß begründen (vgl. baumbach/hefermehl/köhler, uwg, 31. auflage, § 12 rn. 3.15a). 24die verfügungsklägerin muss sich das wissen ihres prozessbevollmächtigten, herrn rechtsanwalt u, zurechnen lassen. insoweit sind die grundsätze über die wissenszurechnung gemäß § 166 abs. 1 bgb analog anzuwenden (olg frankfurt am main, beschluss vom 11.06.2013, 6 w 61/13, juris rn. 4; bgh, urteil vom 24.01.1992, v zr 262/90, juris rn. 11; palandt/ellenberger, bgb, 73. auflage, § 166 rn. 6). wissensvertreter ist jeder, der dazu berufen ist, für den geschäftsherrn im rechtsverkehr als dessen repräsentant bestimmte aufgaben in eigener verantwortung zu erledigen und die dabei anfallenden informationen zur u zu nehmen und weiterzuleiten (olg frankfurt am main aao; vgl. bgh aao). unter berücksichtigung dieser grundsätze sind die voraussetzungen einer wissenszurechnung vorliegend gegeben. die geschäftsführerin der verfügungsklägerin hat in ihrer eidesstattlichen versicherung vom 24.04.2014 erklärt, dass sie herrn rechtsanwalt u2 der kanzlei m, u & s mit der regelmäßigen überwachung von rechtsverstößen in bezug auf die marke „sam“ beauftragt hat. insoweit oblag es rechtsanwalt u, die markenüberwachung in eigener verantwortung vorzunehmen und mögliche rechtsverstöße zur u zu nehmen und an die verfügungsklägerin weiterzuleiten. die frage, ob und gegebenenfalls welche rechtlichen schritte einzuleiten sind, war dann in einem zweiten schritt durch die verfügungsklägerin zu prüfen. 25die verfügungsklägerin hat jedoch bis zum schluss der mündlichen verhandlung weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, zu welchem zeitpunkt herr rechtsanwalt u den streitgegenständlichen rechtsverstößen erlangt hat. zwar hat der vertreter der verfügungsklägerin im termin am 30.04.2014 erklärt, nach seiner u führe herr u die internetrecherchen üblicherweise freitagsnachmittags durch und informiere anschließend die mandanten. da der 10.01.2014 ein freitag gewesen sei, gehe er davon aus, dass herr i an jenem freitag, den 10.01.2014 u erlangt habe. hierbei handelt es sich allerdings nicht um einen substantiierten parteivortrag, sondern lediglich um eine vermutung des vertreters der verfügungsklägerin. 26soweit herr rechtsanwalt u im nicht nachgelassenen schriftsatz vom 05.05.2014 anwaltlich versichert, am 07.01.2014 u von den streitgegenständlichen rechtsverstößen erlangt zu haben, hat dieser neue vortrag bei der urteilsfindung keine berücksichtigung gefunden. eine wiedereröffnung der mündlichen verhandlung gemäß § 156 zpo ist nicht veranlasst. dies bereits deshalb nicht, weil es sich vorliegend um ein eilverfahren handelt. eine schriftsatzfrist wurde der verfügungsklägerin nicht gewährt und ist im verfügungsverfahren grundsätzlich auch unzulässig. zwar kommt ausnahmsweise eine vertagung oder die gewährung einer schriftsatzfrist in betracht, wenn nicht anders rechtliches gehör gewährt werden kann (olg koblenz njw-rr 87, 510). vorliegend ist dem vertreter der verfügungsklägerin im termin am 30.04.2014 aber ausreichend gelegenheit gegeben worden, sich zu der frage der kenntniserlangung durch rechtsanwalt y äußern und mit diesem telefonisch rücksprache zu halten. hiervon hat der vertreter der verfügungsklägerin keinen gebrauch gemacht und auch keine vertagung beantragt. 27iii. 28die kostenentscheidung folgt aus § 91 abs. 1 zpo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 nr. 6 i.v.m. § 711 zpo. 29streitwert: 100.000,00 euro
Verklagte*r
0
169,212
L 11 KA 89/12
2014-12-17T00:00:00
Urteil
Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger wendet sich gegen Honorarkürzungen infolge Wirtschaftlichkeitsprüfung für die Quartale I/2006 bis IV/2008 in einer Gesamthöhe von 135.489, 97 EUR. Streitbefangen sind im Verfahren L 11 KA 89/12 die Quartale I/2006 bis IV/ 2006, im Verfahren L 11 KA 45/14 die Quartale I/2007 bis IV/2007 und im Verfahren L 11 KA 46/14 die Quartale I/2008 bis IV/2008. 3Der Kläger ist seit dem 02.01.1975 mit Praxissitz in N zu vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. 4Seine Fallzahlen lagen im Zeitraum I/2006 bis IV/2008 um 17 % unter bis 5 % über den maßgeblichen Durchschnittswerten im Bereich der Beigeladenen zu 1). Die Fallkosten überstiegen die Durchschnittswerte um 59 % bis 120 %. 5Der Kläger führte bezogen auf 100 Patienten 4,97 Parodontalbehandlungen (PAR-Behandlungen) durch. Für die Vergleichspraxis beträgt der entsprechende Wert 1,54 PAR-Behandlungen pro 100 Patienten. Wiederum bezogen auf 100 Patienten rechneten der Kläger im streitigen Zeitraum 26 Zahnersatzfälle (ZE-Fälle) und die Vergleichsgruppe 13 ZE-Fälle ab. Die ZE-Fallkosten lagen in der klägerischen Praxis bis zu 40 % unter dem Durchschnitt. 6Am 21.11.2007 leitete die Prüfungsstelle ein Verfahren auf Prüfung der Wirtschaftlichkeit der konservierend/chirurgischen Abrechnung für die Quartale I-IV/2006 gemäß § 11 der Prüfvereinbarung vom 08.07.2006 ein. Für die Quartale I-IV/2007 und I-IV/2008 wurde das Prüfverfahren am 14.07.2008 und am 03.06.2009 auf der Grundlage des § 11 der ab dem 01.01.2008 maßgeblichen Verfahrensordnung eingeleitet. Mit Schreiben vom 04.12.2007, 22.07.2008 und 08.06.2009 informierte die Prüfungsstelle den Kläger über das Prüfverfahren. Trotz Aufforderung gab er keine Stellungnahme zu den Verfahren ab. 7Mit Beschluss vom 15.07.2009 erkannte die Prüfungsstelle ein Honorar je Behandlungsfall in Höhe von 155 % des Durchschnitts an und kürzte das darüber hinaus abgerechnete Honorar. Zur Begründung führte die Prüfungsstelle aus, dass sie sich bezüglich der beanstandeten Abrechnungen für die Prüfmethode des statistischen Fallkostenvergleichs entschieden habe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei eine Unwirtschaftlichkeit dann anzunehmen, wenn der Fallwert des geprüften Arztes/Zahnarztes so erheblich über dem Vergleichsgruppendurchschnitt liege, dass sich die Mehrkosten nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur und den Behandlungsnotwendigkeiten erklären ließen und deshalb zuverlässig auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise als Ursache der erhöhten Aufwendungen geschlossen werden könne. Zur weiteren Beurteilung habe sie die früheren schriftlichen Stellungnahmen zur Kenntnis genommen, in denen insbesondere auf die Leistungsschwerpunkte ZE, PAR und chirurgische Behandlungen hingewiesen worden sei. Darüber hinaus sei auf die Behandlung von Behinderten (etwa 10 %), älteren Patienten, Kinder (ca. 5 % aus Kinderheimen) und Patienten mit hohem Sanierungsbedarf verwiesen worden. Die Prüfungsstelle berücksichtigte den Umfang der ZE- und PAR-Abrechnungen als Besonderheit. Bei den PAR-Behandlungen sah die Prüfungsstelle einen Mehrbedarf von 5.724 Punkten, was 3,5 % der Gesamtabrechnung entspreche. Für die PAR-Fälle seien je Fall 156 Punkte für die erforderlichen Begleitleistungen zu berücksichtigen. Da der Mehraufwand gegenüber dem allgemeinen Durchschnitt 229 PAR-Fälle betrage, ergebe sich ein Mehrbedarf von 35.724 Punkten, das entspreche 3,5 % der Gesamtabrechnung. Für den Bereich der ZE-Behandlungen lasse sich der Mehrbedarf nicht genau ermitteln, da in der Zahl der ausgewiesenen ZE-Fälle auch Reparaturen, Vollprothesen und andere Maßnahmen enthalten seien, die keiner konservierenden Begleitleistung bedürften. Durch den Beschwerdeausschuss sei der Mehrbedarf bei konservierenden Leistungen für die Vorquartale auf 3 % geschätzt worden. Im Bereich der chirurgischen Maßnahmen sei der geltend gemachte Schwerpunkt ebenfalls nachzuvollziehen. Im Schnitt betrage der Anteil der großen Chirurgie an der Gesamtabrechnung über den Prüfungszeitraum 4 %. Das Abrechnungsbild des Klägers stütze seine Behauptung nicht, dass überdurchschnittlich viele Sanierungsfälle behandelt würden. Stark sanierungsbedürftige Patienten bedürften erfahrungsgemäß auch häufiger der Extraktion von stark zerstörten Zähnen. Dieser Bereich sei in der Abrechnung jedoch deutlich unterdurchschnittlich. Gerade bei solchen Patienten müsste bei der Zahnerhaltung überproportional häufige eine CP (Caries profunda)- oder P (Pulpa)-Behandlung durchgeführt werden. Es erschließe sich nicht, inwieweit durch eine überdurchschnittlich hohe Zahl von älteren Patienten ein Mehraufwand bei konservierend/chirurgischen Behandlungen gerechtfertigt sein solle. Gleiches gelte für die Kinderbehandlung. Die Behandlung behinderter Patienten könne zu Mehraufwendungen führen, wenn die Behinderung zur Folge habe, dass ein Patient nicht regelmäßig zahnmedizinisch behandelt werde oder wegen unzureichender Zahnpflege einen überdurchschnittlichen Behandlungsbedarf aufweise. In welchem Umfang diese Patienten in der Praxis aufträten, lasse sich nicht konkret ermitteln. Bei der Beurteilung der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit werde dies jedoch nicht außer Acht gelassen. Die Prüfungsstelle berücksichtigte die übrigen nicht quantifizierbaren Besonderheiten mit 4,5 % der Gesamtabrechnung. Zusammenfassend stellte sie fest, dass in der Praxis erhebliche statistische Abweichungen der Fallkosten vorlägen, ohne dass diese an einzelnen Leistungspositionen festzumachen seien. Ein den statistischen Überaufwand rechtfertigender Minderaufwand sei nicht zu erkennen. Praxisbesonderheiten könnten nur bedingt anerkannt werden, die jedoch nicht geeignet seien, den gesamten Überaufwand zu erklären. Die hohe statistische Abweichung der Fallkosten sei auf unwirtschaftliche Leistungsansätze zurückzuführen. Unter Berücksichtigung sämtlicher Besonderheiten sei die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bei 55 % über dem allgemeinen Durchschnittswert festzusetzen. Die darüber hinausgehende Abrechnung sei unwirtschaftlich. In die Gesamtbeurteilung sei auch eingeflossen, dass sich der Kläger bereits seit seiner Niederlassung im Jahr 1975 fast ununterbrochen in der Wirtschaftlichkeitsprüfung befinde und seither von nicht unerheblichen Honorarkürzungen wegen Unwirtschaftlichkeit betroffen sei. Im Einzelnen stellt sich die Kürzung auf 155 % der Fallkosten wie folgt dar: 8Euro Quartal 3.137 2.771,35 1.2006 4.033 3.571,02 2.2006 11.201 9.936,45 3.2006 11.009 9.725,15 4.2006 14.344 12.718,46 1.2007 2.018 1.785,84 2.2007 14.424 12.741,90 3.2007 19.290 17.138,20 4.2007 9.106 8.072,53 1.2008 23.219 20.512,79 2.2008 28.618 25.377,69 3.2008 12.507 11.138,59 4.2008 152.906 135.489,97 gekürzte Punkte 9Am 03.09.2009 erhob der Kläger Widerspruch. Die Entscheidung der Prüfungsstelle werde den Praxisbesonderheiten nicht gerecht. Hinsichtlich der PAR-Behandlung sei zu berücksichtigen, dass vor der Behandlung auch ein Paradontaler Screening Index - (PSI-) Status erhoben werden müsse. Mithin seien pro PAR-Fall mindestens 166 Punkte als notwendige Begleitleistung abzuziehen. Unberücksichtigt sei ferner geblieben, dass überdurchschnittlich häufig lokale Rezidivbehandlungen notwendig würden, die sodann über Exz1 (Bema 49 - Exzision Mundschleimhaut) und Exz2 (Bema 50 - Exzision einer Schleimhautwucherung) abgerechnet würden. Lokale Parodontitistherapien seien über die Exz 1 und Exz 2 anzusetzen. Auch die ZE-Behandlung sei nicht ausreichend erfasst worden. Da es in seiner Praxis doppelt so viele ZE-Fälle gäbe wie in einer Durchschnittspraxis, sei der Mehraufwand auf ca. 3 % zu niedrig geschätzt. Er habe überdurchschnittlich viele Direktabrechnungsfälle. Wenn die Chirurgie als Praxisbesonderheit anerkannt werde, müsste dies auch für notwendige Begleitleistungen im Rahmen der chirurgischen Behandlung gelten. Zudem behandle er aufgrund seines überregionalen Einzugsgebietes überdurchschnittlich viele besonders schwere Fälle. Er habe überdurchschnittlich viele behinderte und ältere Patienten. Zwar bestünden statistische Auffälligkeiten, diese seien jedoch durch Praxisbesonderheiten gerechtfertigt. Die PAR- und ZE-Behandlungen müssten mit deutlich höheren Begleitleistungen gewürdigt werden. Die Berechnung des durch die große Chirurgie verursachten Mehrbedarfs sei fehlerhaft. 10Mit Beschluss vom 30.03.2011 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass in einzelnen Fällen ein umfangreicher Behandlungsbedarf festzustellen sei. Die durch die statistischen Werte vermutete Unwirtschaftlichkeit lasse sich jedoch durch die gesichteten Beispielsfälle nicht entkräften. So würden Wiederholungsfüllungen, gehäuft Mehrfachfüllungen auf einer Fläche und mehrere Aufbaufüllungen an einem Zahn vor Zahnersatz festgestellt. Zudem falle die konservierend/chirurgische Behandlung im Zusammenhang mit Implantatversorgungen auf, bei der es sich um außervertragliche Leistungen handele. Die Prüfungsstelle habe den Mehraufwand für PAR-Behandlungen und chirurgische Leistungen korrekt berechnet. Der PSI-Status müsse nicht berücksichtigt werden, da es sich um eine Screeningleistung handele, die nicht im zwingenden Zusammenhang mit der durchgeführten PAR-Behandlung stehe. Der Zusammenhang zwischen PAR-Behandlung und Exzisionen als Rezidivbehandlung bzw. als lokale Parodontaltherapie sei nicht derart umfangreich, dass er besonders gewürdigt werden müsse. Die Einlassung des Klägers hinsichtlich der konservierenden Behandlungsmaßnahmen bei Zahnersatzbehandlungen sei nicht geeignet, die Schätzung des Mehraufwandes in Frage zu stellen. Die von ihm überreichten Unterlagen erfassten verschiedene Leistungen und Beträge lediglich summarisch und ohne jeden Patientenbezug. Die Angaben seien nicht nachvollziehbar und nicht geeignet, die Notwendigkeit der fraglichen Leistungen zu beweisen. Der Mehraufwand im Bereich der chirurgischen Leistungen sei nicht als Praxisbesonderheit anerkannt worden. Die Begleitleistungen seien unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten besonders auffällig, da sie im Verhältnis zu den chirurgischen Leistungen deutlich gegenüber dem Durchschnitt abwichen. In der Vergleichsgruppe werde bei jeder 1,4ten chirurgischen Behandlung eine Nachbehandlung berechnet. Demgegenüber setzte der Kläger bei jeder 0,8ten Leistung eine Nachbehandlung an. Die im Zusammenhang mit chirurgischen Maßnahmen anfallenden Anästhesien seien nicht zu ermitteln. In der Praxis würden mehrere Leistungen unter einer Anästhesie abgerechnet, so dass der Mehraufwand begrenzt sei und keine zu berücksichtigenden Auswirkungen habe. Bei den zur Dokumentation der sogenannten "schweren Fälle" überreichten Unterlagen handele es sich um nicht nachvollziehbare Umsatzlisten mit ausgewiesenen Punkten und Summen sowie um patientenbezogene Leistungsdarstellungen. Der Hinweis auf hohen Umsatz in einzelnen Fällen enthalte keine konkrete Aussage zur Behandlungsbedürftigkeit der Patienten. Inwieweit behinderte und ältere Patienten sowie Kinder eines Kinderheimes die hohen Fallkosten verursacht haben können, erschließe sich nicht und lasse sich nicht sicher quantifizieren. 11Gegen den ihm am 04.05.2011 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 03.06.2011 Klage erhoben. Zur Begründung hat er sein Vorbringen wiederholt und ergänzend ausgeführt: Einer seiner Leistungsschwerpunkte liege im Bereich der PAR-Behandlung. Dass hierfür lediglich ein Toleranz-Wert von 3,5 % angesetzt worden sei, könne er nicht nachvollziehen. Hinsichtlich des PSI-Status verkenne der Beklagte den Kausalzusammenhang zwischen dessen Erhebung und einer systematischen PAR-Behandlung. Jeder systematischen PAR-Behandlung gehe eine Befunderhebung mittels PSI voraus. Pro PAR-Behandlungsfall seien somit nach BEMA-Nr. 04 jeweils 10 Punkte als notwendige Begleitleistung in Abzug zu bringen. Hinzu kämen noch weitere Begleitleistungen der einzelnen PAR-Behandlungen wie eine Röntgenaufnahme (Orthopantomogramm, OPG), achtfache Infiltrationsanästhesie (I), zweifache intraorale Leitungsanästhesie (L1), zweimal lokale medikamentöse Behandlung der Schleimhaut (Mu) sowie eine Zahnsteinentfernung (ZSt). Pro Behandlungsfall ergebe sich damit einschließlich des Punktwertes für die Erhebung des PSI-Status ein Mehraufwand für Begleitleistungen im Umfang von 166 Punkten. Der Beklagte erkenne zwar ausdrücklich den Leistungszusammenhang zwischen Parodontalbehandlungen und Exzisionen als Rezidivbehandlungen bzw. als lokale Parodontitistherapie an. Dennoch lasse er diesen Zusammenhang mit einem pauschalen Verweis auf einen nicht ausreichenden Umfang unberücksichtigt. Auch der Mehraufwand im Hinblick auf Begleitleistungen im Bereich der ZE-Behandlungen sei nicht ausreichend gewürdigt worden. Trotz der im Vergleich zur Durchschnittspraxis doppelt so hohen ZE-Fallzahl habe der Beklagte lediglich einen Toleranzwert von 3 % zu Grunde gelegt. Dass die im Zusammenhang mit ZE-Behandlungen erbrachten konservierenden Leistungen notwendig gewesen seien, habe er nachgewiesen. Aus der bloßen Feststellung mehrfacher Aufbaufüllungen an einem Zahn vor Durchführung einer Zahnersatzbehandlung lasse sich nicht auf eine Unwirtschaftlichkeit schließen. Die chirurgische Behandlungstätigkeit sei zu Unrecht nicht als Praxisbesonderheit anerkannt worden. Die Prüfungsstelle habe in ihrem Beschluss vom 15.07.2009 bestätigt, dass ein Behandlungsschwerpunkt vorliege. 12Der Kläger hat beantragt, 13den Beschluss des Beklagten vom 30.03.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Beschwerde gegen den Beschluss der Prüfungsstelle vom 15.07.2009 neu zu entscheiden. 14Der Beklagte hat beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Er hat vorgetragen: Der Kläger messe den anerkannten Besonderheiten eine unzutreffend hohe Bedeutung zu. Für jeden der abgerechneten PAR-Fälle seien 156 Punkte Mehrbedarf zuerkannt worden. Dabei sei jeweils von einem vollbezahnten Gebiss ausgegangen und die höchstmögliche Anzahl von Anästhesien zugebilligt worden. Es liege jedoch nicht immer ein vollbezahntes, behandlungsbedürftiges Gebiss vor. Außerdem sei nicht für jede der abgerechneten PAR-Behandlungen eine systematische PAR-Behandlung erfolgt. Die gewährten Toleranzen seien für sämtliche Besonderheiten ausreichend bemessen worden. 17Mit Urteil vom 30.07.2012 hat das Sozialgericht (SG) Münster die Klage abgewiesen. Der Beschluss des Beklagten sei rechtmäßig. Er habe die erforderliche Sachverhaltsaufklärung dadurch vorgenommen, dass er die Unterlagen von 26 Behandlungsfällen und die vom Kläger vorgelegten weiteren Unterlagen ausgewertet und in seine Überlegungen einbezogen habe. Zu weiteren Ermittlungen sei der Beklagte nicht verpflichtet gewesen. Da die Abrechnungswerte des Klägers bei den Fallkosten weit im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses lägen, bestehe der Anscheinsbeweis der Unwirtschaftlichkeit. Mit seinen Angaben und den vorgelegten Unterlagen sei es dem Kläger nicht gelungen, diesen Anscheinsbeweis zu entkräften. Mit dem Hinweis auf den hohen Anteil von Patienten über 60 Jahren und von Behinderten mache der Kläger im Ergebnis geltend, dass er im Prüfzeitraum einen hohen Anteil an Patienten mit erhöhtem Sanierungsbedarf gehabt habe. Dieses Vorbringen lasse sich jedoch weder aufgrund der vom Kläger vorgelegten Unterlagen noch aufgrund der statistischen Werte bestätigen. Die vorgelegten Umsatzstatistiken ließen keinen Rückschluss auf den Behandlungsbedarf pro Patient zu. Der Beklagte sei aufgrund der Auswertung der weiteren vorgelegten Unterlagen (Leistungserfassung pro Patient) zu Recht davon ausgegangen, dass Einzelfälle vorhanden seien, die einen umfangreichen Behandlungsaufwand aufwiesen. Bei Auswertung dieser Unterlagen habe der Beklagte jedoch beanstandungsfrei Hinweise auf Unwirtschaftlichkeit und Hinweise auf die Abrechnung im Zusammenhang mit außervertraglichen Leistungen (Implantatversorgung) festgestellt. Auch die statistischen Abrechnungswerte sprächen für diese Annahme. Ein erhöhter Sanierungsbedarf sei im Regelfall bei Patienten anzunehmen, die erstmalig die Zahnarztpraxis aufsuchten. Die statistischen Werte bei der Geb.-Nr. 01 (eingehende Untersuchung zur Feststellung von Zahn, Mund- und Kieferkrankheiten einschließlich Beratung) ließen Rückschlüsse auf den Anteil der Neupatienten einer Praxis zu. Die Abrechnungsfrequenz dieser Gebührennummer sei absolut unauffällig. Sie läge in einzelnen Quartalen sogar unter den Durchschnittswerten. Dies spreche gegen einen hohen Anteil von Neupatienten. Daher sei die Überschreitung bei der Geb-Nr. 23 (Entfernen einer Krone bzw. eines Brückenankers oder eines abgebrochenen Wurzelstifts bzw. das Abtrennen eines Brückengliedes oder -stegs, je Trennstelle) nur so erklärbar, dass der Kläger die entsprechenden Behandlungen an von ihm bereits behandelten Patienten vorgenommen habe. Bei der Einräumung von Toleranzen habe der Beklagte den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Insbesondere erweise sich die Toleranz für die PAR-Behandlungen als ausreichend. Im Prüfzeitraum habe der Kläger insgesamt 1.038.068 Punkte abgerechnet. Aufgrund der Toleranz von 3,5 % ergebe sich eine Punktzahl von 35.724 Punkten für die PAR-Behandlungen. Da der Beklagte inzwischen festgestellt habe, dass der Kläger im Jahre 2008 12 PAR-Behandlungen nicht durchgeführt habe und von den sieben Fällen aus dem Jahre 2006, in denen er Behandlungsunterlagen vorgelegt habe, in fünf Fällen keine systematische PAR-Behandlung durchgeführt worden seien, verbleibe auch bei einer Punktzahl von 166 pro PAR-Behandlungsfall eine ausreichend hohe Toleranz. Dies gelte auch für die ZE-Behandlung. Wegen der unterdurchschnittlichen Fallkosten sei davon auszugehen, dass in den erfassten ZE-Behandlungen auch Reparaturen und andere Maßnahmen enthalten seien, die keine umfangreichen Begleitleistungen im konservierend-chirurgischen Bereich verursachten. Da der Kläger den Umfang der ZE-Behandlungen mit umfangreichen konservierend-chirurgischen Begleitleistungen nicht schlüssig dargelegt habe und diese Umstände sich auch aus den dem Beklagten zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht entnehmen ließen, sei es gerechtfertigt, den durch die ZE-Behandlungen verursachten Mehrbedarf im Wege der Schätzung mit 3 % festzulegen. Die Direktabrechnungsfälle habe der Beklagte nicht berücksichtigen müssen. Der Kläger habe Abweichungen zur Vergleichsgruppe nicht schlüssig dargelegt. Die für den chirurgischen Mehraufwand eingeräumte Toleranz von 4 % sei ausreichend. Wegen des von den Vergleichswerten erheblich abweichenden Verhältnisses der chirurgischen Leistungen zu den Nachbehandlungen habe der Beklagte zu Recht Hinweise auf eine Unwirtschaftlichkeit angenommen und beurteilungsfehlerfrei die Toleranz für den Mehrbedarf aufgrund der chirurgischen Leistungen festgesetzt. Da neben den ausdrücklich festgelegten Toleranzen noch eine weitere Toleranz von 4,5 % für die nicht "quantifizierbaren" Besonderheiten belassen und dadurch dem Kläger für den Prüfzeitraum ein Mehraufwand von 306.869,95 EUR zugebilligt worden sei, habe der Beklagte die Honorarkürzung in rechtmäßiger Weise vorgenommen. 18Gegen das ihm am 07.08.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.09.2012 Berufung eingelegt. Das SG Münster habe seine Ausführungen zum überdurchschnittlichen Umfang der bei ihm anfallenden Erstattungs- bzw. Direktabrechnungsfälle im Bereich der ZE-Behandlung vollständig unberücksichtigt gelassen. In der Anlage kwm4 zur Klagebegründung habe er belegt, dass im Rahmen seiner ZE-Behandlungstätigkeit signifikant mehr Direktabrechnungsfälle anfielen als beim Durchschnitt der Vertragszahnärzte. Ebenfalls sei sein Vortrag zur Korrelation der Begleitleistungen Infiltrations- und Leitungsanästhesie zum erhöhten Aufkommen von ZE- und PAR-Behandlungen sowie zur Korrelation der Begleitleistung zweiflächige Füllung zur erhöhten Zahl von PAR-Behandlung nicht in ausreichendem Maß gewürdigt worden. Hierzu habe er als Anlage kwm3 zur Klagebegründung umfangreiche Unterlagen vorgelegt. Schließlich gehe das SG im Rahmen der Beurteilung seiner besonderen Patientenklientel von der fehlerhaften Annahme aus, dass regelmäßig Voraussetzung eines hohen Sanierungsbedarfs das erstmalige Aufsuchen der Arztpraxis sei und im Umkehrschluss somit die Anzahl der Erstbesuche in der Praxis Rückschlüsse auf die Anzahl von Patienten mit hohem Sanierungsbedarf ermögliche. Diese Grundannahme sei sachlich falsch. Der Umkehrschluss, dass ein erhöhter Sanierungsbedarf nur im Rahmen eines Erstbesuchs in Betracht komme, sei nicht zwingend. Vielmehr hänge der Sanierungsbedarf auch und gerade von der Altersstruktur der Patienten ab, da ältere Personen unabhängig von der Inanspruchnahme regelmäßiger zahnärztlicher Untersuchungstermine bereits im Hinblick auf die altersmäßige Abnutzung des Gebisses per se einen höheren Sanierungsbedarf aufwiesen als jüngere Patienten. Auch sei der Beklagte methodisch falsch vorgegangen. Es sei nach dem Urteil des BSG vom 18.06.1997 - 6 RKA 52/96 - gerade nicht ausreichend, eine pauschale Toleranz in Höhe von 140 % anzunehmen und anerkannten Mehrbedarf sodann durch einige weitere Prozentpunkte zu berücksichtigten. Vielmehr seien zunächst die durch die anerkannten Praxisbesonderheiten entstandenen Mehrkosten zu ermitteln und dann vom Gesamtfallwert abzuziehen. Bereits dieses methodisch falsche Vorgehen belaste ihn, da es zu höheren Überschreitungsprozentsätzen führe. Diese Rechtsprechung sei durch das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen vom 29.01.2014 - L 3 KA 52/11 - bestätigt worden. 19Der Kläger beantragt, 20das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 30.07.2012 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung seines Beschlusses vom 30.03.2011 zu verurteilen, über die Beschwerde gegen den Beschluss der Prüfungsstelle vom 15.07.2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden. 21Der Beklagte beantragt, 22die Berufung des Klägers zurückzuweisen. 23Er trägt vor, es sei der Berufungsbegründung nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, welche Rechtsfehler ihm unterlaufen sein sollten. Die Forderung, er hätte die Auswirkungen der Praxisbesonderheiten beurteilen müssen, sei unspezifisch. Die gewährten Toleranzen seien angemessen. Bezüglich der Berücksichtigung von Mehraufwendungen bei PAR- und ZE-Fällen sei einerseits feststellen, dass diese - auch unter Einbeziehung der Erstattungs- bzw. Direktabrechnungsfälle - mit dem Mehraufwand bei den Anästhesien (Geb.-Nrn. 40 und 41a) korrespondieren dürften. Dort liege der Mehraufwand über der Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis. Andererseits handele es sich bei den Direktabrechnungsfällen zum großen Teil um eine andersartige Versorgung. Der Patient habe ein Anrecht auf entsprechende Festzuschüsse und bekomme sie von seiner Krankenkasse im Wege der Direktabrechnung. Bei solchen Leistungen seien auch die Begleitleistungen keine Kassenleistungen und dürften folglich nicht in der Abrechnung erscheinen, es sei denn, sie wären bei der Regelversorgung ebenfalls angefallen. Nach dem Urteil des BSG vom 19.10.2011 - B 6 KA 38/10 R - sei es offen, ob Praxisbesonderheiten zwingend in der ersten Prüfungsstufe zu berücksichtigen seien. Dessen ungeachtet habe er das Vorliegen von Praxisbesonderheiten in der ersten Prüfungsstufe, d.h. bei der Festlegung der Grenze des offensichtlichen Missverhältnisses, geprüft. Diese Vorgehensweise beruhe darauf, dass Praxisbesonderheiten ein wesentlicher Gestaltungsfaktor bei der Ermittlung des Umfanges von unwirtschaftlichen Behandlungsweisen seien und zudem in der Regel - wenn auch nichts stets - einen inneren Zusammenhang mit anderen, eine Praxis gestaltenden Umständen hätten. Er habe aber keine konkret ermittelbaren Praxisbesonderheiten feststellen können. Weder die überdurchschnittliche Häufigkeit der Behandlung von behinderten Patienten noch die Patienten über 60 Jahre seien als Praxisbesonderheiten in Betracht gekommen. Der von ihm anerkannte Mehraufwand beruhe nicht auf Praxisbesonderheiten, sondern auf der Berücksichtigung notwendiger Behandlungsfolgen bei genehmigten Leistungen wie PAR- und ZE-Behandlungen. Auch bei den Direktabrechnungsfällen handele es sich nicht um eine Praxisbesonderheit, weil sich der Umstand der Direktabrechnung nicht aus der Morbiditätsstruktur der Klientel ergebe. Um eine Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes bei der intellektuellen Prüfung im Rahmen der Anzahl der ZE-Behandlungen zu ermöglichen, hätte der Kläger spätestens in der mündlichen Verhandlung vor dem Beklagten vortragen müssen, wie groß die Anzahl der Direktabrechnungsfälle und der Anteil der nicht außervertraglichen Leistungen sei. An einem entsprechenden Vortrag habe es gefehlt. 24Die Beigeladenen zu 1) und 2) beantragen, 25die Berufung des Klägers zurückzuweisen. 26Die Beigeladene zu 2) verweist darauf, dass der Beklagte keine Praxisbesonderheiten festgestellt habe. Deswegen sei es müßig, im Rahmen einer rechtlichen Auseinandersetzung klären zu lassen, wo denn diese vermeintlich nicht existenten Praxisbesonderheiten hätten berücksichtigt werden müssen. 27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie der Gerichtsakten S 2 KA 25/11 ER (SG Münster) und S 2 KA 15/13 (SG Münster) Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. 28Entscheidungsgründe: 29Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Beschluss des Beklagten vom 30.03.2011 rechtmäßig ist. 30Rechtsgrundlage für die streitigen Honorarkürzungen ist § 106 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). § 106 Abs. 2 Satz 1 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) benennt als Prüfarten die Auffälligkeitsprüfung (Nr. 1) und die Zufälligkeitsprüfung (Nr. 2). Dies bedeutet allerdings nicht, dass das Prüfverfahren nach Durchschnittswerten zum 01.01.2004 abgeschafft worden ist. Die maßgeblichen Prüfvereinbarungen vom 09.08.2006 und 20.11.2007 regeln jeweils in § 6 die Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Durchschnittswerten. Dies steht im Einklang mit § 106 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 SGB V, der die Prüfmethoden auch für die Zeit ab dem 01.01.2004 bei entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen ausdrücklich zulässt. 31Die Prüfung nach Durchschnittswerten beruht auf einer Gegenüberstellung der durchschnittlichen Fallkosten des geprüften Arztes einerseits und der Gruppe der vergleichbaren Ärzte andererseits. Eine Unwirtschaftlichkeit ist dann anzunehmen, wenn der Fallwert des geprüften Arztes so erheblich über dem Vergleichsgruppendurchschnitt liegt, dass sich die Mehrkosten nicht mehr durch die Unterschiede in der Praxisstruktur und den Behandlungsnotwendigkeiten erklären lassen und deshalb zuverlässig auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise als Ursache der erhöhten Aufwendungen geschlossen werden kann. Wann dieser mit dem Begriff des offensichtlichen Missverhältnisses gekennzeichnete Überschreitungsgrad erreicht ist, hängt von den Besonderheiten des jeweiligen Prüfungsgegenstands und den Umständen des konkreten Falles ab und entzieht sich einer allgemein verbindlichen Festlegung. Die in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen müssen, damit sie auf ihre sachliche Richtigkeit und auf ihre Plausibilität und Vertretbarkeit hin überprüft werden können, im Bescheid genannt werden oder jedenfalls für die Beteiligten und das Gericht erkennbar sein. Im Hinblick darauf, dass die Festlegung des Grenzwertes für das offensichtliche Missverhältnis von der Beurteilung zahlreicher mehr oder weniger unbestimmter und in ihren wechselseitigen Auswirkungen nicht exakt quantifizierbare Einzelfaktoren abhängt und auch bei Berücksichtigung aller relevanten Umstände letztlich eine wertende Entscheidung erfordert, verbleibt den Prüfgremien insoweit ein Beurteilungsspielraum. Die Kontrolle der Gerichte beschränkt sich hierbei auf die Prüfung, ob das Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Verwaltung die durch die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ermittelten Grenzen eingehalten hat und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet hat, dass im Rahmen der Möglichkeit die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (BSG, Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 58/94 -). Diese überwiegend für den ärztlichen Bereich entwickelten Grundsätze gelten uneingeschränkt auch für zahnärztliche Leistungen (vgl. § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V; BSG, Urteil vom 14.12.2005 - B 6 KA 4/05 R -). 32Das SG hat zu Recht festgestellt, dass die Entscheidung des Beklagten diesen Vorgaben entspricht. Zur Begründung nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Entscheidungsgründe im angefochtenen Urteil (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Auch das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren führt zu keiner anderen Bewertung. 33Hinsichtlich seines Vortrags, er behandele überdurchschnittlich viele Patienten mit einem Alter von über 60 Jahren, ist der Kläger seiner Darlegungspflicht für eine Praxisbesonderheit nicht nachgekommen. Praxisbesonderheiten sind aus der Zusammensetzung der Patienten herrührende Umstände, die sich auf das Behandlungsverhalten des Arztes auswirken und in den Praxen der Vergleichsgruppe nicht in entsprechender Weise anzutreffen sind (u.v.a. BSG, Urteil vom 21.06.1995 - 6 RKa 35/94 -). Die betroffene Praxis muss sich nach der Zusammensetzung der Patienten und hinsichtlich der schwerpunktmäßig zu behandelnden Gesundheitsstörungen vom typischen Zustand einer Praxis der Vergleichsgruppe unterscheiden (BSG, Urteil vom 06.09.2000 - B 6 KA 24/99 R -). Dabei ist es grundsätzlich Sache des geprüften Arztes, den durch die Feststellung eines offensichtlichen Missverhältnisses erbrachten Anscheinsbeweis der Unwirtschaftlichkeit seines Verhaltens durch die Geltendmachung von Praxisbesonderheiten oder kompensatorischen Minderaufwendungen zu widerlegen. Ihn trifft hinsichtlich dieser Einwendungen die Darlegungslast (BSG, Urteil vom 11.12.2002 - B 6 KA 1/02 R -). Es ist Angelegenheit des Vertragsarztes - und nicht des Beklagten oder des Gerichts - entscheidungserhebliche Umstände vorzutragen, die auf eine Abweichung von der Typik der Praxen der Fachgruppe schließen lassen. Der Vertragsarzt ist nicht nur gemäß § 21 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) allgemein gehalten, bei der Ermittlung des Sachverhaltes mitzuwirken, insbesondere die ihm bekannten Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Im Rahmen der Abrechnung der vertragsärztlichen Leistungen hat er vielmehr eine entsprechende besondere Mitwirkungspflicht aus der Sache selbst, wie sie immer dann besteht, wenn ein Arzt sich auf ihm günstige Tatsachen berufen will und diese Tatsachen allein ihm bekannt oder nur durch seine Mithilfe aufgeklärt werden können (BSG, Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 58/94 - m.w.N.). Dieser Mitwirkungsobliegenheit, der der Vertragsarzt grundsätzlich im Verwaltungsverfahren zu genügen hat, ist der Kläger nicht hinreichend nachgekommen. Der Kläger hätte nämlich konkret darlegen müssen, - bei welchem der von ihm behandelten Patienten, - aufgrund welcher Erkrankung im Einzelnen - welcher Mehraufwand erforderlich war (Senat, Urteil vom 18.05.2011 - L 11 KA 11/10 - ). Das bedeutet nicht, dass der Arzt alle Einzelfälle - nach Art einer Einzelfallprüfung - anführen und medizinisch erläutern müsste; entscheidend ist vielmehr die strukturelle Darlegung der methodischen Zusammenhänge und der medizinischen Gleichwertigkeit. Gelingt der erforderliche Nachweis nicht, geht dies zu Lasten des Arztes (BSG, Urteil vom 05.11.1997 - 6 Rka 1/97 -). 34Diesen Anforderungen an die Darlegungslast genügt der Vortrag des Klägers im Verfahren vor dem Beklagten ebenso wie sein - im Übrigen rechtlich unbeachtliches - Vorbringen im gerichtlichen Verfahren nicht. Weder hat er dargelegt, wie viele Patienten über 60 Jahre er behandelt, noch wie er diese Patienten behandelt hat. Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass sich das Vorbringen des Klägers aufgrund der von ihm vorgelegten Unterlagen nicht bestätigen lasse. Es ist pauschal und kann zumindest in dieser Form keine Praxisbesonderheiten belegen. Im Zentrum des klägerischen Vorbringens stehen die von ihm durchgeführten Behandlungen und nicht die von ihm dezidiert darzulegende Morbiditätsstruktur seiner Patienten. Der Kläger hätte darlegen müssen, aus welchen patientenbezogenen Gründen im Verhältnis zur Vergleichsgruppe ein Mehraufwand entstanden ist. Das ist nicht geschehen. Auf das Argument des SG, ein hoher Sanierungsbedarf falle regelmäßig nur bei erstmalig die Zahnarztpraxis aufsuchenden Patienten an, komm es nicht an. 35Auch war der Beklagte nicht verpflichtet, die vom Kläger vorgetragenen Erstattungs- und Direktabrechnungsfälle zu berücksichtigen. Hierzu hätte der Kläger bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens seiner Darlegungspflicht durch Vorlage entsprechender Zahlen nachkommen müssen. Zwar hat der Beklagte die im Verwaltungsverfahren überreichten Unterlagen zwischenzeitlich aussortiert. Nach dem Vortrag des Klägers waren diese Zahlen als Anlage kwm4 Teil der Klagebegründung. Es kann zu seinen Gunsten davon ausgegangen werden, dass er diese Unterlagen bereits im Widerspruchsverfahren überreicht hat. Als Anlage kwm4 hat er seiner Klagebegründung den Beschluss der Prüfungsstelle vom 15.07.2009 beigefügt. Das genügt indes nicht den Darlegungsanforderungen. Gleiches gilt hinsichtlich der behaupteten Korrelation der Begleitleistungen Infiltrations- und Leitungsanästhesien zum erhöhten Aufkommen von ZE- und PAR-Behandlungen sowie der Korrelation der Begleitleistungen zweiflächiger Füllung zur erhöhten Anzahl von PAR-Behandlung. Hierzu bezieht sich der Kläger auf die Anlage kwm3. Wie das SG jedoch zutreffend festgestellt hat, lassen die als Anlage kwm3 vorgelegten Umsatzstatistiken keinen Rückschluss auf den Behandlungsbedarf pro Patient zu. 36Der Beschluss ist entgegen der Rechtsauffassung des Klägers auch nicht deswegen rechtswidrig, weil der Beklagte eine methodisch falsche Vorgehensweise gewählt hat. Die Abfolge der Prüfungsschritte in der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten ist nicht zwingend; auf welcher Stufe Abweichungen von der Typik der Vergleichsgruppe berücksichtigt werden, ist nicht strikt vorgegeben; unbedenklich können sie auch erst auf einer nachrangigen Stufe wie z.B. durch Belassung großzügiger Durchschnittsüberschreitungen berücksichtigt werden (BSG, Urteil vom 21.03.2012 - B 6 KA 18/11 R -). Zudem weisen der Beklagte und die Beigeladene zu 2. zutreffend darauf hin, dass der Beklagte keine Praxisbesonderheiten festgestellt habe, so dass sie auch nicht falsch berücksichtigt werden konnten. Auch die chirurgischen Leistungen hat der Beklagte entgegen des Vortrags des Klägers nicht als Praxisbesonderheit anerkannt. Er hat hierzu ausgeführt, dass der Mehraufwand der chirurgischen Leistungen nicht als Praxisbesonderheit anerkannt werden könnten, da ein höherer Behandlungsaufwand nach der Rechtsprechung keine Praxisbesonderheit darstellen könne. 37Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. 38Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
die berufung wird zurückgewiesen. der kläger trägt auch die kosten des berufungsverfahrens. die revision wird nicht zugelassen. 1
2der kläger wendet sich gegen honorarkürzungen infolge wirtschaftlichkeitsprüfung für die quartale i/2006 bis iv/2008 in einer gesamthöhe von 135.489, 97 eur. streitbefangen sind im verfahren l 11 ka 89/12 die quartale i/2006 bis iv/ 2006, im verfahren l 11 ka 45/14 die quartale i/2007 bis iv/2007 und im verfahren l 11 ka 46/14 die quartale i/2008 bis iv/2008. 3der kläger ist seit dem 02.01.1975 mit praxissitz in n zu vertragszahnärztlichen versorgung zugelassen. 4seine fallzahlen lagen im zeitraum i/2006 bis iv/2008 um 17 % unter bis 5 % über den maßgeblichen durchschnittswerten im bereich der beigeladenen zu 1). die fallkosten überstiegen die durchschnittswerte um 59 % bis 120 %. 5der kläger führte bezogen auf 100 patienten 4,97 parodontalbehandlungen (par-behandlungen) durch. für die vergleichspraxis beträgt der entsprechende wert 1,54 par-behandlungen pro 100 patienten. wiederum bezogen auf 100 patienten rechneten der kläger im streitigen zeitraum 26 zahnersatzfälle (ze-fälle) und die vergleichsgruppe 13 ze-fälle ab. die ze-fallkosten lagen in der klägerischen praxis bis zu 40 % unter dem durchschnitt. 6am 21.11.2007 leitete die prüfungsstelle ein verfahren auf prüfung der wirtschaftlichkeit der konservierend/chirurgischen abrechnung für die quartale i-iv/2006 gemäß § 11 der prüfvereinbarung vom 08.07.2006 ein. für die quartale i-iv/2007 und i-iv/2008 wurde das prüfverfahren am 14.07.2008 und am 03.06.2009 auf der grundlage des § 11 der ab dem 01.01.2008 maßgeblichen verfahrensordnung eingeleitet. mit schreiben vom 04.12.2007, 22.07.2008 und 08.06.2009 informierte die prüfungsstelle den kläger über das prüfverfahren. trotz aufforderung gab er keine stellungnahme zu den verfahren ab. 7mit beschluss vom 15.07.2009 erkannte die prüfungsstelle ein honorar je behandlungsfall in höhe von 155 % des durchschnitts an und kürzte das darüber hinaus abgerechnete honorar. zur begründung führte die prüfungsstelle aus, dass sie sich bezüglich der beanstandeten abrechnungen für die prüfmethode des statistischen fallkostenvergleichs entschieden habe. nach der rechtsprechung des bundessozialgerichts (bsg) sei eine unwirtschaftlichkeit dann anzunehmen, wenn der fallwert des geprüften arztes/zahnarztes so erheblich über dem vergleichsgruppendurchschnitt liege, dass sich die mehrkosten nicht mehr durch unterschiede in der praxisstruktur und den behandlungsnotwendigkeiten erklären ließen und deshalb zuverlässig auf eine unwirtschaftliche behandlungsweise als ursache der erhöhten aufwendungen geschlossen werden könne. zur weiteren beurteilung habe sie die früheren schriftlichen stellungnahmen zur kenntnis genommen, in denen insbesondere auf die leistungsschwerpunkte ze, par und chirurgische behandlungen hingewiesen worden sei. darüber hinaus sei auf die behandlung von behinderten (etwa 10 %), älteren patienten, kinder (ca. 5 % aus kinderheimen) und patienten mit hohem sanierungsbedarf verwiesen worden. die prüfungsstelle berücksichtigte den umfang der ze- und par-abrechnungen als besonderheit. bei den par-behandlungen sah die prüfungsstelle einen mehrbedarf von 5.724 punkten, was 3,5 % der gesamtabrechnung entspreche. für die par-fälle seien je fall 156 punkte für die erforderlichen begleitleistungen zu berücksichtigen. da der mehraufwand gegenüber dem allgemeinen durchschnitt 229 par-fälle betrage, ergebe sich ein mehrbedarf von 35.724 punkten, das entspreche 3,5 % der gesamtabrechnung. für den bereich der ze-behandlungen lasse sich der mehrbedarf nicht genau ermitteln, da in der zahl der ausgewiesenen ze-fälle auch reparaturen, vollprothesen und andere maßnahmen enthalten seien, die keiner konservierenden begleitleistung bedürften. durch den beschwerdeausschuss sei der mehrbedarf bei konservierenden leistungen für die vorquartale auf 3 % geschätzt worden. im bereich der chirurgischen maßnahmen sei der geltend gemachte schwerpunkt ebenfalls nachzuvollziehen. im schnitt betrage der anteil der großen chirurgie an der gesamtabrechnung über den prüfungszeitraum 4 %. das abrechnungsbild des klägers stütze seine behauptung nicht, dass überdurchschnittlich viele sanierungsfälle behandelt würden. stark sanierungsbedürftige patienten bedürften erfahrungsgemäß auch häufiger der extraktion von stark zerstörten zähnen. dieser bereich sei in der abrechnung jedoch deutlich unterdurchschnittlich. gerade bei solchen patienten müsste bei der zahnerhaltung überproportional häufige eine cp (caries profunda)- oder p (pulpa)-behandlung durchgeführt werden. es erschließe sich nicht, inwieweit durch eine überdurchschnittlich hohe zahl von älteren patienten ein mehraufwand bei konservierend/chirurgischen behandlungen gerechtfertigt sein solle. gleiches gelte für die kinderbehandlung. die behandlung behinderter patienten könne zu mehraufwendungen führen, wenn die behinderung zur folge habe, dass ein patient nicht regelmäßig zahnmedizinisch behandelt werde oder wegen unzureichender zahnpflege einen überdurchschnittlichen behandlungsbedarf aufweise. in welchem umfang diese patienten in der praxis aufträten, lasse sich nicht konkret ermitteln. bei der beurteilung der notwendigkeit und wirtschaftlichkeit werde dies jedoch nicht außer acht gelassen. die prüfungsstelle berücksichtigte die übrigen nicht quantifizierbaren besonderheiten mit 4,5 % der gesamtabrechnung. zusammenfassend stellte sie fest, dass in der praxis erhebliche statistische abweichungen der fallkosten vorlägen, ohne dass diese an einzelnen leistungspositionen festzumachen seien. ein den statistischen überaufwand rechtfertigender minderaufwand sei nicht zu erkennen. praxisbesonderheiten könnten nur bedingt anerkannt werden, die jedoch nicht geeignet seien, den gesamten überaufwand zu erklären. die hohe statistische abweichung der fallkosten sei auf unwirtschaftliche leistungsansätze zurückzuführen. unter berücksichtigung sämtlicher besonderheiten sei die grenze zum offensichtlichen missverhältnis bei 55 % über dem allgemeinen durchschnittswert festzusetzen. die darüber hinausgehende abrechnung sei unwirtschaftlich. in die gesamtbeurteilung sei auch eingeflossen, dass sich der kläger bereits seit seiner niederlassung im jahr 1975 fast ununterbrochen in der wirtschaftlichkeitsprüfung befinde und seither von nicht unerheblichen honorarkürzungen wegen unwirtschaftlichkeit betroffen sei. im einzelnen stellt sich die kürzung auf 155 % der fallkosten wie folgt dar: 8euro quartal 3.137 2.771,35 1.2006 4.033 3.571,02 2.2006 11.201 9.936,45 3.2006 11.009 9.725,15 4.2006 14.344 12.718,46 1.2007 2.018 1.785,84 2.2007 14.424 12.741,90 3.2007 19.290 17.138,20 4.2007 9.106 8.072,53 1.2008 23.219 20.512,79 2.2008 28.618 25.377,69 3.2008 12.507 11.138,59 4.2008 152.906 135.489,97 gekürzte punkte 9am 03.09.2009 erhob der kläger widerspruch. die entscheidung der prüfungsstelle werde den praxisbesonderheiten nicht gerecht. hinsichtlich der par-behandlung sei zu berücksichtigen, dass vor der behandlung auch ein paradontaler screening index - (psi-) status erhoben werden müsse. mithin seien pro par-fall mindestens 166 punkte als notwendige begleitleistung abzuziehen. unberücksichtigt sei ferner geblieben, dass überdurchschnittlich häufig lokale rezidivbehandlungen notwendig würden, die sodann über exz1 (bema 49 - exzision mundschleimhaut) und exz2 (bema 50 - exzision einer schleimhautwucherung) abgerechnet würden. lokale parodontitistherapien seien über die exz 1 und exz 2 anzusetzen. auch die ze-behandlung sei nicht ausreichend erfasst worden. da es in seiner praxis doppelt so viele ze-fälle gäbe wie in einer durchschnittspraxis, sei der mehraufwand auf ca. 3 % zu niedrig geschätzt. er habe überdurchschnittlich viele direktabrechnungsfälle. wenn die chirurgie als praxisbesonderheit anerkannt werde, müsste dies auch für notwendige begleitleistungen im rahmen der chirurgischen behandlung gelten. zudem behandle er aufgrund seines überregionalen einzugsgebietes überdurchschnittlich viele besonders schwere fälle. er habe überdurchschnittlich viele behinderte und ältere patienten. zwar bestünden statistische auffälligkeiten, diese seien jedoch durch praxisbesonderheiten gerechtfertigt. die par- und ze-behandlungen müssten mit deutlich höheren begleitleistungen gewürdigt werden. die berechnung des durch die große chirurgie verursachten mehrbedarfs sei fehlerhaft. 10mit beschluss vom 30.03.2011 wies der beklagte den widerspruch zurück. zur begründung führte er aus, dass in einzelnen fällen ein umfangreicher behandlungsbedarf festzustellen sei. die durch die statistischen werte vermutete unwirtschaftlichkeit lasse sich jedoch durch die gesichteten beispielsfälle nicht entkräften. so würden wiederholungsfüllungen, gehäuft mehrfachfüllungen auf einer fläche und mehrere aufbaufüllungen an einem zahn vor zahnersatz festgestellt. zudem falle die konservierend/chirurgische behandlung im zusammenhang mit implantatversorgungen auf, bei der es sich um außervertragliche leistungen handele. die prüfungsstelle habe den mehraufwand für par-behandlungen und chirurgische leistungen korrekt berechnet. der psi-status müsse nicht berücksichtigt werden, da es sich um eine screeningleistung handele, die nicht im zwingenden zusammenhang mit der durchgeführten par-behandlung stehe. der zusammenhang zwischen par-behandlung und exzisionen als rezidivbehandlung bzw. als lokale parodontaltherapie sei nicht derart umfangreich, dass er besonders gewürdigt werden müsse. die einlassung des klägers hinsichtlich der konservierenden behandlungsmaßnahmen bei zahnersatzbehandlungen sei nicht geeignet, die schätzung des mehraufwandes in frage zu stellen. die von ihm überreichten unterlagen erfassten verschiedene leistungen und beträge lediglich summarisch und ohne jeden patientenbezug. die angaben seien nicht nachvollziehbar und nicht geeignet, die notwendigkeit der fraglichen leistungen zu beweisen. der mehraufwand im bereich der chirurgischen leistungen sei nicht als praxisbesonderheit anerkannt worden. die begleitleistungen seien unter wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten besonders auffällig, da sie im verhältnis zu den chirurgischen leistungen deutlich gegenüber dem durchschnitt abwichen. in der vergleichsgruppe werde bei jeder 1,4ten chirurgischen behandlung eine nachbehandlung berechnet. demgegenüber setzte der kläger bei jeder 0,8ten leistung eine nachbehandlung an. die im zusammenhang mit chirurgischen maßnahmen anfallenden anästhesien seien nicht zu ermitteln. in der praxis würden mehrere leistungen unter einer anästhesie abgerechnet, so dass der mehraufwand begrenzt sei und keine zu berücksichtigenden auswirkungen habe. bei den zur dokumentation der sogenannten "schweren fälle" überreichten unterlagen handele es sich um nicht nachvollziehbare umsatzlisten mit ausgewiesenen punkten und summen sowie um patientenbezogene leistungsdarstellungen. der hinweis auf hohen umsatz in einzelnen fällen enthalte keine konkrete aussage zur behandlungsbedürftigkeit der patienten. inwieweit behinderte und ältere patienten sowie kinder eines kinderheimes die hohen fallkosten verursacht haben können, erschließe sich nicht und lasse sich nicht sicher quantifizieren. 11gegen den ihm am 04.05.2011 zugestellten bescheid hat der kläger am 03.06.2011 klage erhoben. zur begründung hat er sein vorbringen wiederholt und ergänzend ausgeführt: einer seiner leistungsschwerpunkte liege im bereich der par-behandlung. dass hierfür lediglich ein toleranz-wert von 3,5 % angesetzt worden sei, könne er nicht nachvollziehen. hinsichtlich des psi-status verkenne der beklagte den kausalzusammenhang zwischen dessen erhebung und einer systematischen par-behandlung. jeder systematischen par-behandlung gehe eine befunderhebung mittels psi voraus. pro par-behandlungsfall seien somit nach bema-nr. 04 jeweils 10 punkte als notwendige begleitleistung in abzug zu bringen. hinzu kämen noch weitere begleitleistungen der einzelnen par-behandlungen wie eine röntgenaufnahme (orthopantomogramm, opg), achtfache infiltrationsanästhesie (i), zweifache intraorale leitungsanästhesie (l1), zweimal lokale medikamentöse behandlung der schleimhaut (mu) sowie eine zahnsteinentfernung (zst). pro behandlungsfall ergebe sich damit einschließlich des punktwertes für die erhebung des psi-status ein mehraufwand für begleitleistungen im umfang von 166 punkten. der beklagte erkenne zwar ausdrücklich den leistungszusammenhang zwischen parodontalbehandlungen und exzisionen als rezidivbehandlungen bzw. als lokale parodontitistherapie an. dennoch lasse er diesen zusammenhang mit einem pauschalen verweis auf einen nicht ausreichenden umfang unberücksichtigt. auch der mehraufwand im hinblick auf begleitleistungen im bereich der ze-behandlungen sei nicht ausreichend gewürdigt worden. trotz der im vergleich zur durchschnittspraxis doppelt so hohen ze-fallzahl habe der beklagte lediglich einen toleranzwert von 3 % zu grunde gelegt. dass die im zusammenhang mit ze-behandlungen erbrachten konservierenden leistungen notwendig gewesen seien, habe er nachgewiesen. aus der bloßen feststellung mehrfacher aufbaufüllungen an einem zahn vor durchführung einer zahnersatzbehandlung lasse sich nicht auf eine unwirtschaftlichkeit schließen. die chirurgische behandlungstätigkeit sei zu unrecht nicht als praxisbesonderheit anerkannt worden. die prüfungsstelle habe in ihrem beschluss vom 15.07.2009 bestätigt, dass ein behandlungsschwerpunkt vorliege. 12der kläger hat beantragt, 13den beschluss des beklagten vom 30.03.2011 aufzuheben und den beklagten zu verurteilen, unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts über die beschwerde gegen den beschluss der prüfungsstelle vom 15.07.2009 neu zu entscheiden. 14der beklagte hat beantragt, 15die klage abzuweisen. 16er hat vorgetragen: der kläger messe den anerkannten besonderheiten eine unzutreffend hohe bedeutung zu. für jeden der abgerechneten par-fälle seien 156 punkte mehrbedarf zuerkannt worden. dabei sei jeweils von einem vollbezahnten gebiss ausgegangen und die höchstmögliche anzahl von anästhesien zugebilligt worden. es liege jedoch nicht immer ein vollbezahntes, behandlungsbedürftiges gebiss vor. außerdem sei nicht für jede der abgerechneten par-behandlungen eine systematische par-behandlung erfolgt. die gewährten toleranzen seien für sämtliche besonderheiten ausreichend bemessen worden. 17mit urteil vom 30.07.2012 hat das sozialgericht (sg) münster die klage abgewiesen. der beschluss des beklagten sei rechtmäßig. er habe die erforderliche sachverhaltsaufklärung dadurch vorgenommen, dass er die unterlagen von 26 behandlungsfällen und die vom kläger vorgelegten weiteren unterlagen ausgewertet und in seine überlegungen einbezogen habe. zu weiteren ermittlungen sei der beklagte nicht verpflichtet gewesen. da die abrechnungswerte des klägers bei den fallkosten weit im bereich des offensichtlichen missverhältnisses lägen, bestehe der anscheinsbeweis der unwirtschaftlichkeit. mit seinen angaben und den vorgelegten unterlagen sei es dem kläger nicht gelungen, diesen anscheinsbeweis zu entkräften. mit dem hinweis auf den hohen anteil von patienten über 60 jahren und von behinderten mache der kläger im ergebnis geltend, dass er im prüfzeitraum einen hohen anteil an patienten mit erhöhtem sanierungsbedarf gehabt habe. dieses vorbringen lasse sich jedoch weder aufgrund der vom kläger vorgelegten unterlagen noch aufgrund der statistischen werte bestätigen. die vorgelegten umsatzstatistiken ließen keinen rückschluss auf den behandlungsbedarf pro patient zu. der beklagte sei aufgrund der auswertung der weiteren vorgelegten unterlagen (leistungserfassung pro patient) zu recht davon ausgegangen, dass einzelfälle vorhanden seien, die einen umfangreichen behandlungsaufwand aufwiesen. bei auswertung dieser unterlagen habe der beklagte jedoch beanstandungsfrei hinweise auf unwirtschaftlichkeit und hinweise auf die abrechnung im zusammenhang mit außervertraglichen leistungen (implantatversorgung) festgestellt. auch die statistischen abrechnungswerte sprächen für diese annahme. ein erhöhter sanierungsbedarf sei im regelfall bei patienten anzunehmen, die erstmalig die zahnarztpraxis aufsuchten. die statistischen werte bei der geb.-nr. 01 (eingehende untersuchung zur feststellung von zahn, mund- und kieferkrankheiten einschließlich beratung) ließen rückschlüsse auf den anteil der neupatienten einer praxis zu. die abrechnungsfrequenz dieser gebührennummer sei absolut unauffällig. sie läge in einzelnen quartalen sogar unter den durchschnittswerten. dies spreche gegen einen hohen anteil von neupatienten. daher sei die überschreitung bei der geb-nr. 23 (entfernen einer krone bzw. eines brückenankers oder eines abgebrochenen wurzelstifts bzw. das abtrennen eines brückengliedes oder -stegs, je trennstelle) nur so erklärbar, dass der kläger die entsprechenden behandlungen an von ihm bereits behandelten patienten vorgenommen habe. bei der einräumung von toleranzen habe der beklagte den ihm zustehenden beurteilungsspielraum nicht überschritten. insbesondere erweise sich die toleranz für die par-behandlungen als ausreichend. im prüfzeitraum habe der kläger insgesamt 1.038.068 punkte abgerechnet. aufgrund der toleranz von 3,5 % ergebe sich eine punktzahl von 35.724 punkten für die par-behandlungen. da der beklagte inzwischen festgestellt habe, dass der kläger im jahre 2008 12 par-behandlungen nicht durchgeführt habe und von den sieben fällen aus dem jahre 2006, in denen er behandlungsunterlagen vorgelegt habe, in fünf fällen keine systematische par-behandlung durchgeführt worden seien, verbleibe auch bei einer punktzahl von 166 pro par-behandlungsfall eine ausreichend hohe toleranz. dies gelte auch für die ze-behandlung. wegen der unterdurchschnittlichen fallkosten sei davon auszugehen, dass in den erfassten ze-behandlungen auch reparaturen und andere maßnahmen enthalten seien, die keine umfangreichen begleitleistungen im konservierend-chirurgischen bereich verursachten. da der kläger den umfang der ze-behandlungen mit umfangreichen konservierend-chirurgischen begleitleistungen nicht schlüssig dargelegt habe und diese umstände sich auch aus den dem beklagten zur verfügung stehenden unterlagen nicht entnehmen ließen, sei es gerechtfertigt, den durch die ze-behandlungen verursachten mehrbedarf im wege der schätzung mit 3 % festzulegen. die direktabrechnungsfälle habe der beklagte nicht berücksichtigen müssen. der kläger habe abweichungen zur vergleichsgruppe nicht schlüssig dargelegt. die für den chirurgischen mehraufwand eingeräumte toleranz von 4 % sei ausreichend. wegen des von den vergleichswerten erheblich abweichenden verhältnisses der chirurgischen leistungen zu den nachbehandlungen habe der beklagte zu recht hinweise auf eine unwirtschaftlichkeit angenommen und beurteilungsfehlerfrei die toleranz für den mehrbedarf aufgrund der chirurgischen leistungen festgesetzt. da neben den ausdrücklich festgelegten toleranzen noch eine weitere toleranz von 4,5 % für die nicht "quantifizierbaren" besonderheiten belassen und dadurch dem kläger für den prüfzeitraum ein mehraufwand von 306.869,95 eur zugebilligt worden sei, habe der beklagte die honorarkürzung in rechtmäßiger weise vorgenommen. 18gegen das ihm am 07.08.2012 zugestellte urteil hat der kläger am 07.09.2012 berufung eingelegt. das sg münster habe seine ausführungen zum überdurchschnittlichen umfang der bei ihm anfallenden erstattungs- bzw. direktabrechnungsfälle im bereich der ze-behandlung vollständig unberücksichtigt gelassen. in der anlage kwm4 zur klagebegründung habe er belegt, dass im rahmen seiner ze-behandlungstätigkeit signifikant mehr direktabrechnungsfälle anfielen als beim durchschnitt der vertragszahnärzte. ebenfalls sei sein vortrag zur korrelation der begleitleistungen infiltrations- und leitungsanästhesie zum erhöhten aufkommen von ze- und par-behandlungen sowie zur korrelation der begleitleistung zweiflächige füllung zur erhöhten zahl von par-behandlung nicht in ausreichendem maß gewürdigt worden. hierzu habe er als anlage kwm3 zur klagebegründung umfangreiche unterlagen vorgelegt. schließlich gehe das sg im rahmen der beurteilung seiner besonderen patientenklientel von der fehlerhaften annahme aus, dass regelmäßig voraussetzung eines hohen sanierungsbedarfs das erstmalige aufsuchen der arztpraxis sei und im umkehrschluss somit die anzahl der erstbesuche in der praxis rückschlüsse auf die anzahl von patienten mit hohem sanierungsbedarf ermögliche. diese grundannahme sei sachlich falsch. der umkehrschluss, dass ein erhöhter sanierungsbedarf nur im rahmen eines erstbesuchs in betracht komme, sei nicht zwingend. vielmehr hänge der sanierungsbedarf auch und gerade von der altersstruktur der patienten ab, da ältere personen unabhängig von der inanspruchnahme regelmäßiger zahnärztlicher untersuchungstermine bereits im hinblick auf die altersmäßige abnutzung des gebisses per se einen höheren sanierungsbedarf aufwiesen als jüngere patienten. auch sei der beklagte methodisch falsch vorgegangen. es sei nach dem urteil des bsg vom 18.06.1997 - 6 rka 52/96 - gerade nicht ausreichend, eine pauschale toleranz in höhe von 140 % anzunehmen und anerkannten mehrbedarf sodann durch einige weitere prozentpunkte zu berücksichtigten. vielmehr seien zunächst die durch die anerkannten praxisbesonderheiten entstandenen mehrkosten zu ermitteln und dann vom gesamtfallwert abzuziehen. bereits dieses methodisch falsche vorgehen belaste ihn, da es zu höheren überschreitungsprozentsätzen führe. diese rechtsprechung sei durch das urteil des landessozialgerichts (lsg) niedersachsen-bremen vom 29.01.2014 - l 3 ka 52/11 - bestätigt worden. 19der kläger beantragt, 20das urteil des sozialgerichts münster vom 30.07.2012 abzuändern und den beklagten unter aufhebung seines beschlusses vom 30.03.2011 zu verurteilen, über die beschwerde gegen den beschluss der prüfungsstelle vom 15.07.2009 unter beachtung der rechtsauffassung des senats neu zu entscheiden. 21der beklagte beantragt, 22die berufung des klägers zurückzuweisen. 23er trägt vor, es sei der berufungsbegründung nicht mit hinreichender deutlichkeit zu entnehmen, welche rechtsfehler ihm unterlaufen sein sollten. die forderung, er hätte die auswirkungen der praxisbesonderheiten beurteilen müssen, sei unspezifisch. die gewährten toleranzen seien angemessen. bezüglich der berücksichtigung von mehraufwendungen bei par- und ze-fällen sei einerseits feststellen, dass diese - auch unter einbeziehung der erstattungs- bzw. direktabrechnungsfälle - mit dem mehraufwand bei den anästhesien (geb.-nrn. 40 und 41a) korrespondieren dürften. dort liege der mehraufwand über der grenze zum offensichtlichen missverhältnis. andererseits handele es sich bei den direktabrechnungsfällen zum großen teil um eine andersartige versorgung. der patient habe ein anrecht auf entsprechende festzuschüsse und bekomme sie von seiner krankenkasse im wege der direktabrechnung. bei solchen leistungen seien auch die begleitleistungen keine kassenleistungen und dürften folglich nicht in der abrechnung erscheinen, es sei denn, sie wären bei der regelversorgung ebenfalls angefallen. nach dem urteil des bsg vom 19.10.2011 - b 6 ka 38/10 r - sei es offen, ob praxisbesonderheiten zwingend in der ersten prüfungsstufe zu berücksichtigen seien. dessen ungeachtet habe er das vorliegen von praxisbesonderheiten in der ersten prüfungsstufe, d.h. bei der festlegung der grenze des offensichtlichen missverhältnisses, geprüft. diese vorgehensweise beruhe darauf, dass praxisbesonderheiten ein wesentlicher gestaltungsfaktor bei der ermittlung des umfanges von unwirtschaftlichen behandlungsweisen seien und zudem in der regel - wenn auch nichts stets - einen inneren zusammenhang mit anderen, eine praxis gestaltenden umständen hätten. er habe aber keine konkret ermittelbaren praxisbesonderheiten feststellen können. weder die überdurchschnittliche häufigkeit der behandlung von behinderten patienten noch die patienten über 60 jahre seien als praxisbesonderheiten in betracht gekommen. der von ihm anerkannte mehraufwand beruhe nicht auf praxisbesonderheiten, sondern auf der berücksichtigung notwendiger behandlungsfolgen bei genehmigten leistungen wie par- und ze-behandlungen. auch bei den direktabrechnungsfällen handele es sich nicht um eine praxisbesonderheit, weil sich der umstand der direktabrechnung nicht aus der morbiditätsstruktur der klientel ergebe. um eine berücksichtigung dieses gesichtspunktes bei der intellektuellen prüfung im rahmen der anzahl der ze-behandlungen zu ermöglichen, hätte der kläger spätestens in der mündlichen verhandlung vor dem beklagten vortragen müssen, wie groß die anzahl der direktabrechnungsfälle und der anteil der nicht außervertraglichen leistungen sei. an einem entsprechenden vortrag habe es gefehlt. 24die beigeladenen zu 1) und 2) beantragen, 25die berufung des klägers zurückzuweisen. 26die beigeladene zu 2) verweist darauf, dass der beklagte keine praxisbesonderheiten festgestellt habe. deswegen sei es müßig, im rahmen einer rechtlichen auseinandersetzung klären zu lassen, wo denn diese vermeintlich nicht existenten praxisbesonderheiten hätten berücksichtigt werden müssen. 27wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten und der verwaltungsvorgänge der beklagten sowie der gerichtsakten s 2 ka 25/11 er (sg münster) und s 2 ka 15/13 (sg münster) bezug genommen. diese waren gegenstand der mündlichen verhandlung. 28
29die berufung des klägers ist zulässig, aber unbegründet. das sg hat die klage zu recht abgewiesen, da der beschluss des beklagten vom 30.03.2011 rechtmäßig ist. 30rechtsgrundlage für die streitigen honorarkürzungen ist § 106 fünftes buch sozialgesetzbuch (sgb v). § 106 abs. 2 satz 1 sgb v in der hier maßgeblichen fassung des gesetzes zur modernisierung der gesetzlichen krankenversicherung (gkv-modernisierungsgesetz - gmg) vom 14.11.2003 (bgbl i 2190) benennt als prüfarten die auffälligkeitsprüfung (nr. 1) und die zufälligkeitsprüfung (nr. 2). dies bedeutet allerdings nicht, dass das prüfverfahren nach durchschnittswerten zum 01.01.2004 abgeschafft worden ist. die maßgeblichen prüfvereinbarungen vom 09.08.2006 und 20.11.2007 regeln jeweils in § 6 die prüfung der wirtschaftlichkeit nach durchschnittswerten. dies steht im einklang mit § 106 abs. 2 nr. 2 satz 4 sgb v, der die prüfmethoden auch für die zeit ab dem 01.01.2004 bei entsprechenden vertraglichen vereinbarungen ausdrücklich zulässt. 31die prüfung nach durchschnittswerten beruht auf einer gegenüberstellung der durchschnittlichen fallkosten des geprüften arztes einerseits und der gruppe der vergleichbaren ärzte andererseits. eine unwirtschaftlichkeit ist dann anzunehmen, wenn der fallwert des geprüften arztes so erheblich über dem vergleichsgruppendurchschnitt liegt, dass sich die mehrkosten nicht mehr durch die unterschiede in der praxisstruktur und den behandlungsnotwendigkeiten erklären lassen und deshalb zuverlässig auf eine unwirtschaftliche behandlungsweise als ursache der erhöhten aufwendungen geschlossen werden kann. wann dieser mit dem begriff des offensichtlichen missverhältnisses gekennzeichnete überschreitungsgrad erreicht ist, hängt von den besonderheiten des jeweiligen prüfungsgegenstands und den umständen des konkreten falles ab und entzieht sich einer allgemein verbindlichen festlegung. die in diesem zusammenhang angestellten erwägungen müssen, damit sie auf ihre sachliche richtigkeit und auf ihre plausibilität und vertretbarkeit hin überprüft werden können, im bescheid genannt werden oder jedenfalls für die beteiligten und das gericht erkennbar sein. im hinblick darauf, dass die festlegung des grenzwertes für das offensichtliche missverhältnis von der beurteilung zahlreicher mehr oder weniger unbestimmter und in ihren wechselseitigen auswirkungen nicht exakt quantifizierbare einzelfaktoren abhängt und auch bei berücksichtigung aller relevanten umstände letztlich eine wertende entscheidung erfordert, verbleibt den prüfgremien insoweit ein beurteilungsspielraum. die kontrolle der gerichte beschränkt sich hierbei auf die prüfung, ob das verwaltungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, ob der verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter sachverhalt zugrunde liegt, ob die verwaltung die durch die auslegung des unbestimmten rechtsbegriffs ermittelten grenzen eingehalten hat und ob sie ihre subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet hat, dass im rahmen der möglichkeit die zutreffende anwendung der beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (bsg, urteil vom 15.11.1995 - 6 rka 58/94 -). diese überwiegend für den ärztlichen bereich entwickelten grundsätze gelten uneingeschränkt auch für zahnärztliche leistungen (vgl. § 72 abs. 1 satz 2 sgb v; bsg, urteil vom 14.12.2005 - b 6 ka 4/05 r -). 32das sg hat zu recht festgestellt, dass die entscheidung des beklagten diesen vorgaben entspricht. zur begründung nimmt der senat bezug auf die zutreffenden entscheidungsgründe im angefochtenen urteil (§ 153 abs. 2 sozialgerichtsgesetz (sgg)). auch das vorbringen des klägers im berufungsverfahren führt zu keiner anderen bewertung. 33hinsichtlich seines vortrags, er behandele überdurchschnittlich viele patienten mit einem alter von über 60 jahren, ist der kläger seiner darlegungspflicht für eine praxisbesonderheit nicht nachgekommen. praxisbesonderheiten sind aus der zusammensetzung der patienten herrührende umstände, die sich auf das behandlungsverhalten des arztes auswirken und in den praxen der vergleichsgruppe nicht in entsprechender weise anzutreffen sind (u.v.a. bsg, urteil vom 21.06.1995 - 6 rka 35/94 -). die betroffene praxis muss sich nach der zusammensetzung der patienten und hinsichtlich der schwerpunktmäßig zu behandelnden gesundheitsstörungen vom typischen zustand einer praxis der vergleichsgruppe unterscheiden (bsg, urteil vom 06.09.2000 - b 6 ka 24/99 r -). dabei ist es grundsätzlich sache des geprüften arztes, den durch die feststellung eines offensichtlichen missverhältnisses erbrachten anscheinsbeweis der unwirtschaftlichkeit seines verhaltens durch die geltendmachung von praxisbesonderheiten oder kompensatorischen minderaufwendungen zu widerlegen. ihn trifft hinsichtlich dieser einwendungen die darlegungslast (bsg, urteil vom 11.12.2002 - b 6 ka 1/02 r -). es ist angelegenheit des vertragsarztes - und nicht des beklagten oder des gerichts - entscheidungserhebliche umstände vorzutragen, die auf eine abweichung von der typik der praxen der fachgruppe schließen lassen. der vertragsarzt ist nicht nur gemäß § 21 abs. 2 zehntes buch sozialgesetzbuch (sgb x) allgemein gehalten, bei der ermittlung des sachverhaltes mitzuwirken, insbesondere die ihm bekannten tatsachen und beweismittel anzugeben. im rahmen der abrechnung der vertragsärztlichen leistungen hat er vielmehr eine entsprechende besondere mitwirkungspflicht aus der sache selbst, wie sie immer dann besteht, wenn ein arzt sich auf ihm günstige tatsachen berufen will und diese tatsachen allein ihm bekannt oder nur durch seine mithilfe aufgeklärt werden können (bsg, urteil vom 15.11.1995 - 6 rka 58/94 - m.w.n.). dieser mitwirkungsobliegenheit, der der vertragsarzt grundsätzlich im verwaltungsverfahren zu genügen hat, ist der kläger nicht hinreichend nachgekommen. der kläger hätte nämlich konkret darlegen müssen, - bei welchem der von ihm behandelten patienten, - aufgrund welcher erkrankung im einzelnen - welcher mehraufwand erforderlich war (senat, urteil vom 18.05.2011 - l 11 ka 11/10 - ). das bedeutet nicht, dass der arzt alle einzelfälle - nach art einer einzelfallprüfung - anführen und medizinisch erläutern müsste; entscheidend ist vielmehr die strukturelle darlegung der methodischen zusammenhänge und der medizinischen gleichwertigkeit. gelingt der erforderliche nachweis nicht, geht dies zu lasten des arztes (bsg, urteil vom 05.11.1997 - 6 rka 1/97 -). 34diesen anforderungen an die darlegungslast genügt der vortrag des klägers im verfahren vor dem beklagten ebenso wie sein - im übrigen rechtlich unbeachtliches - vorbringen im gerichtlichen verfahren nicht. weder hat er dargelegt, wie viele patienten über 60 jahre er behandelt, noch wie er diese patienten behandelt hat. zutreffend hat das sg ausgeführt, dass sich das vorbringen des klägers aufgrund der von ihm vorgelegten unterlagen nicht bestätigen lasse. es ist pauschal und kann zumindest in dieser form keine praxisbesonderheiten belegen. im zentrum des klägerischen vorbringens stehen die von ihm durchgeführten behandlungen und nicht die von ihm dezidiert darzulegende morbiditätsstruktur seiner patienten. der kläger hätte darlegen müssen, aus welchen patientenbezogenen gründen im verhältnis zur vergleichsgruppe ein mehraufwand entstanden ist. das ist nicht geschehen. auf das argument des sg, ein hoher sanierungsbedarf falle regelmäßig nur bei erstmalig die zahnarztpraxis aufsuchenden patienten an, komm es nicht an. 35auch war der beklagte nicht verpflichtet, die vom kläger vorgetragenen erstattungs- und direktabrechnungsfälle zu berücksichtigen. hierzu hätte der kläger bis zum abschluss des verwaltungsverfahrens seiner darlegungspflicht durch vorlage entsprechender zahlen nachkommen müssen. zwar hat der beklagte die im verwaltungsverfahren überreichten unterlagen zwischenzeitlich aussortiert. nach dem vortrag des klägers waren diese zahlen als anlage kwm4 teil der klagebegründung. es kann zu seinen gunsten davon ausgegangen werden, dass er diese unterlagen bereits im widerspruchsverfahren überreicht hat. als anlage kwm4 hat er seiner klagebegründung den beschluss der prüfungsstelle vom 15.07.2009 beigefügt. das genügt indes nicht den darlegungsanforderungen. gleiches gilt hinsichtlich der behaupteten korrelation der begleitleistungen infiltrations- und leitungsanästhesien zum erhöhten aufkommen von ze- und par-behandlungen sowie der korrelation der begleitleistungen zweiflächiger füllung zur erhöhten anzahl von par-behandlung. hierzu bezieht sich der kläger auf die anlage kwm3. wie das sg jedoch zutreffend festgestellt hat, lassen die als anlage kwm3 vorgelegten umsatzstatistiken keinen rückschluss auf den behandlungsbedarf pro patient zu. 36der beschluss ist entgegen der rechtsauffassung des klägers auch nicht deswegen rechtswidrig, weil der beklagte eine methodisch falsche vorgehensweise gewählt hat. die abfolge der prüfungsschritte in der wirtschaftlichkeitsprüfung nach durchschnittswerten ist nicht zwingend; auf welcher stufe abweichungen von der typik der vergleichsgruppe berücksichtigt werden, ist nicht strikt vorgegeben; unbedenklich können sie auch erst auf einer nachrangigen stufe wie z.b. durch belassung großzügiger durchschnittsüberschreitungen berücksichtigt werden (bsg, urteil vom 21.03.2012 - b 6 ka 18/11 r -). zudem weisen der beklagte und die beigeladene zu 2. zutreffend darauf hin, dass der beklagte keine praxisbesonderheiten festgestellt habe, so dass sie auch nicht falsch berücksichtigt werden konnten. auch die chirurgischen leistungen hat der beklagte entgegen des vortrags des klägers nicht als praxisbesonderheit anerkannt. er hat hierzu ausgeführt, dass der mehraufwand der chirurgischen leistungen nicht als praxisbesonderheit anerkannt werden könnten, da ein höherer behandlungsaufwand nach der rechtsprechung keine praxisbesonderheit darstellen könne. 37die kostenentscheidung beruht auf § 197a abs. 1 sgg i.v.m. § 154 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung. 38die voraussetzungen für die zulassung der revision liegen nicht vor (§ 160 abs. 2 sgg).
Verklagte*r
0
188,782
S 13 KR 223/13
2013-10-22T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Der Streitwert wird auf 6,98 EUR festgesetzt. Die Berufung und die Sprungrevision werden zugelassen. 1Tatbestand: 2Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte durch ein für sie handelndes Abrechnungszentrum berechtigt ist, gegen eine Forderung der Klägerin aus Arzneimittellieferungen mit einem Rückzahlungsanspruch in Höhe von 6,98 EUR aufzurechnen, weil die Klägerin diesen Betrag nicht von einem Versicherten der Beklagten als (weitere) Zuzahlung einbehalten und mit ihrem Vergütungsanspruch gegenüber der Beklagten verrechnet hat. 3Die Klägerin ist Inhaberin einer Apotheke, Mitglied im Apothekerverband Nordrhein und zur Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte gesetzlicher Krankenkassen berechtigt und verpflichtet. Am 10.12.2012 legte ein Versicherter der Beklagten eine am selben Tag ausgestellte vertragsärztliche Verordnung von drei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, nämlich - Atmadisc 50µg/250µg Diskus PUL N3 3 x 60 ST, - Berotec N 100 µg DOS N1 10 ML, - PredniHEXAL 5mg Tabletten TAB N1 20 ST in der Apotheke der Klägerin vor. Zu diesem Zeitpunkt war die 3er-Packung (N3) des Arzneimittels "Atmadisc 50/250 Diskus PUL" nicht vorrätig und weder seitens des Pharmagroßhandels noch seitens des Herstellers bis 31.12.2012 lieferbar. Da der Versicherte das Medikament umgehend benötigte, gab die Apotheke anstelle der rezeptierten Packungsgröße drei Einzelpackungen (N1) "Atmadisc 50/250 Diskus PUL", dazu die beiden anderen verordneten Arzneimittel an den Versicherten ab. Sie vermerkte auf dem Rezept bezüglich Atmadisc: "3er z. Zt. v. Herst. defekt; da sofort nötig 3 x OP". Am Abgabetag (10.12.2012) betrugen für das Arzneimittel der Apothekenabgabepreis der Zuzahlungsbetrag Atmadisc (N3) 150,05 EUR 10,00 EUR Berotec (N1) 16,49 EUR 5,00 EUR PredniHexal (N1) 11,36 EUR 5,00 EUR 177,90 EUR 20,00 EUR 4Für eine Einzelpackung "Atmadisc 50/250 Diskus PUL" (N1) betrugen der Apothekenabgabepreis 56,62 EUR, der sich daraus ergebende Zuzahlungsbetrag 5,66 EUR; für die drei abgegebenen Einzelpackungen betrugen also der Apothekenabgabepreis insgesamt 169, 86 EUR, der Zuzahlungsbetrag 16,98 EUR. Die Klägerin forderte von dem – nicht zuzahlungsbefreiten – Versicherten jedoch nicht den Zuzahlungsbetrag von 26,98 EUR, wie er sich für die abgegebenen Arzneimittelpackungen errechnete, sondern den Zuzahlungsbetrag von 20,00 EUR, wie er zu zahlen gewesen wäre, wenn alle Arzneimittel in den rezeptierten Packungsgrößen lieferbar gewesen wären. Auf dem Rezept druckte sie in den entsprechenden Feldern die Pharmazentralnummern (PZN) und die Abgabepreise der abgegebenen Arzneimittelpackungen aus, im Feld "Zuzahlung" jedoch den Betrag von 20,00 EUR für die verordneten Packungsgrößen. Die Klägerin legte das Rezept vom 10.12.2012 ihrem Apothekenrechenzentrum vor, das den Beleg mit weiteren Daten an das für die Beklagte tätige Abrechnungszentrum Emmendingen weiterleitete; die Forderung der Apotheke wurde zunächst – unter Verrechnung der einbehaltenen Zuzahlung des Versicherten von 20,00 EUR und nach Abzug der Apotheken- und Herstellerrabatte – beglichen. Nach Prüfung der Abrechnung teilte das Abrechnungszentrum der Klägerin mit Schreiben vom 11.06.2013 mit, dass ein Zuzahlungsfehler vorliege und von dem abgerechneten Betrag 6,98 EUR abzusetzen seien; dieser Berichtigungsbetrag werde mit der nächsten Zahlung verrechnet. Dagegen legte die Klägerin am 08.07.2013 Einspruch ein. Sie verwies auf § 31 Abs. 3 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), wonach zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung "verordneten" Arzneimittel als Zuzahlung der sich aus § 61 Satz 1 SGB V ergebende Betrag zu zahlen sei. Verordnet worden sei eine 3er-Packung Atmadisc, die aber beim Hersteller "defekt" (nicht lieferbar) gewesen sei, weshalb sie im Hinblick auf den sofortigen Bedarf stattdessen drei Einzelpackungen abgegeben habe. Sie sehe es nicht ein, dass ihre Patienten dafür bluten müssten, dass die Industrie nicht in der Lage sei, stets alle Medikamente vorrätig zu halten. Noch am selben Tag (08.07.2013) wies das Abrechnungszentrum den Einspruch zurück. Es teilte der Klägerin mit, dass bei Lieferschwierigkeiten der Großpackungen und dadurch bedingter Abgabe mehrerer kleinerer Packungen dem Patienten ein Vielfaches der Zuzahlung zu berechnen sei; alternativ dazu sei die einmalige Abgabe der nächst kleineren Packung zu sehen; dem Kunden entstünde auf diese Weise ein erhöhter Aufwand bei der Beschaffung des Folgerezeptes. Um diesem Aufwand entgegenzuwirken, könne der Kasse der vergleichsweise höhere Verkaufspreis mehrerer Kleinpackungen in Rechnung gestellt werden; die Zuzahlung sei dabei jedoch entsprechend § 61 SGB V einzubehalten. Daher bleibe die Berichtigung bestehen. Daraufhin hat die Klägerin am 16.07.2013 Klage gegen die Krankenkasse des Versicherten erhoben. Sie ist unter Bezugnahme auf § 31 Abs. 3 SGB V der Auffassung, die vom Versicherten zu leistende Zuzahlung errechne sich aus der verordneten Arzneimittelpackungsgröße. Hätte sie statt drei vorab nur eine Einzelpackung (N1) abgegeben, hätte zuerst Rücksprache mit dem Arzt genommen und diese auf dem Rezept dokumentiert werden müssen. Dazu wären weitere Fahrten des Patienten gekommen. Eine 2er-Packung (N2) des verordneten Arzneimittels "Atmadisc 50/250 Diskus PUL" gebe es nicht. Ausgehend vom Netto-Einkaufspreis errechnete die Klägerin unter Berücksichtigung des Festzuschlags (3 %), eines "Beratungshonorars" (8,10 EUR), der Mehrwertsteuer (19 %) und nach Abzug des der Krankenkasse zu gewährenden Apothekenabschlags (2,05 EUR) bezüglich des verordneten Arzneimittels "Atmadisc 50/250 Diskus PUL" einen Abrechnungsbetrag für eine N1-Packung von brutto 54,57 EUR (netto 45,86 EUR), für eine N3-Packung brutto 148,00 EUR (netto 127,37 EUR). Die Klägerin räumt ein, dass sie zwar durch die Abgabe der drei Einzelpackungen einen "Mehrverdienst", den sie mit 13,21 EUR netto beziffert, erzielt habe; dieser sei aber "mit jeder Menge Zusatzaufwand" (Vermerk auf dem Rezept, Anfertigung von Kopien etc.) verbunden gewesen. Die Klägerin meint, der Begriff "Abgabepreis" in § 61 Satz 1 SGB V sei der "terminus technicus" für den Verkaufspreis (incl. MwSt.) und ganz offenkundig gleichlautend mit der Definition "Apothekenabgabepreis" in § 3 Abs. 1 Arzneimittelpreisverordnung. Dies habe aber nichts mit der "Abgabe" von hier drei Einzelpackungen zu tun. 5Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihr 6,98 EUR zu zahlen. 6Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. 7Sie weist daraufhin, dass für die Höhe des Zuzahlungsbetrages der Abgabepreis maßgebend sei. Die Zuzahlungsberechnung sei streng am Wortlaut des § 61 SGB V vorzunehmen. Das Gesetz sehe keine Ausnahme vor. Eine Rechtsgrundlage für die aus Sicht der Klägerin wünschenswerte Abwälzung von Mehrkosten auf den Verursacher (Hersteller, Lieferanten) sei nicht ersichtlich. Wenn die Apotheke mit dem Verursacher keine entsprechende Einigung bezüglich der Mehrausgaben erzielen könne, könne sie einen Appell an den Gesetzgeber richten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen. 8Entscheidungsgründe: 9Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG), weil sich die Beteiligten in einem Gleichordnungsverhältnis gegenüber stehen, das gleichzeitig eine (einseitig) hoheitliche Regelung der handelnden Behörde durch Verwaltungsakt gegenüber dem Adressaten – und damit eine Klage nach § 54 Abs. 4 SGG – ausschließt (BSG, Urteil vom 03.08.2006 – B 3 KR 7/06 R). 10Die Klage ist jedoch nicht begründet. 11Der Klägerin stand für die aufgrund der vertragsärztlichen Verordnung vom 10.12.2012 am selben Tag abgegebenen Arzneimittel nicht der Betrag zu, den sie über ihr Apothekenrechenzentrum von dem im Auftrag der Beklagten tätigen Abrechnungszentrum gefordert hatte und der ihr daraufhin bezahlt worden war, sondern eine um 6,98 EUR niedrigere Vergütung. Die Beklagte hat daher zu Recht durch das Abrechnungszentrum die entsprechende Abrechnung des Rezepts vom 10.12.2012 beanstandet und sodann die Retaxierung in Höhe von 6,98 EUR vorgenommen. 12Der Anspruch der Klägerin auf Vergütung der von ihr am 10.12.2012 an den Versicherten der Beklagten abgegebenen Arzneimittel ergibt sich aus § 129 SGB V i.V.m. dem zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem Deutschen Apothekerverband e.V. geschlossenen "Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Abs. 2 SGB V" vom 15.06.2012 (im Folgenden: Rahmenvertrag) und dem zwischen den Apothekerverbänden Nordrhein e.V. sowie Westfalen-Lippe e.V. und den gesetzlichen Krankenkassen nach § 129 Abs. 5 Satz 1 SGB V geschlossenen Arzneimittellieferungsvertrag für Nordrhein-Westfalen (ALV NW). § 129 SGB V begründet im Zusammenspiel mit den vertraglichen Vereinbarungen eine öffentlich-rechtliche Leistungsberechtigung und –verpflichtung für die Apotheken zur Abgabe von vertragsärztlich verordneten Arzneimitteln an die Versicherten gesetzlicher Krankenkassen (BSG, Urteile vom 17.12.2009 – B 3 KR 13/08 R – und vom 28.09.2010 – B 1 KR 3/10 R). Durch die Annahme einer ordnungsgemäßen gültigen vertragsärztlichen Verordnung kommt ein Vertrag zwischen Krankenkasse und Apotheke zustande (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Rahmenvertrag). 13Sodann konkretisiert § 129 Abs. 1 SGB V für den Bereich der Arzneimittelversorgung das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V ("Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen"). Danach ist der Apotheker als Leistungserbringer der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verpflichtet, Arzneimittel u.a. preisgünstig und in wirtschaftlichen Einzelmengen abzugeben. Einzelheiten hierzu und zu einer Vielzahl anderer Vorgaben des Gesetzgebers regelt der Rahmenvertrag. § 6 Abs. 1 Satz 1 des Rahmenvertrages bestimmt, dass, sofern bei einer Verordnung unter Angabe der N-Bezeichnung keine Packung, die dem verordneten N-Bereich entspricht, im Handel ist, eine Packung aus dem nächst kleineren N-Bereich abzugeben ist; falls eine solche Packung nicht im Handel ist, ist die kleinste im Handel befindliche Packung abzugeben. Die "Verordnung über die Bestimmung und Kennzeichnung von Packungsgrößen für Arzneimittel in der vertragsärztlichen Versorgung" (Packungsgrößenverordnung) sieht in § 1 drei Packungsgrößen vor: - N1 (kleine Packungsgröße) für die Akuttherapie oder zur Therapieeinstellung, - N2 (mittlere Packungsgröße) für die Dauertherapie, die einer besonderen ärztlichen Begleitung bedarf, - N3 (große Packungsgröße) für die Dauertherapie. 14Da die Klägerin am 10.12.2012 das vertragsärztlich verordnete Arzneimittel "Atmadisc 50/250 Diskus PUL" in der auf dem Rezept vermerkten Packungsgröße N3 nicht liefern konnte, weil sie diese nicht vorrätig hatte und der Hersteller sie (noch bis zum 31.12.2012) nicht liefern konnte, war die Apotheke nach § 6 Abs. 1 Satz 1 des Rahmenvertrages berechtigt (und verpflichtet), die Packung aus dem nächstkleineren N-Bereich abzugeben. Da es "Atmadisc 50/250 Diskus PUL" nicht in der Packungsgröße N2 gibt, hat sie drei der kleinsten N1-Packung abgegeben. Diese drei Packungen mit jeweils 60 Stück entsprachen der verordneten Menge von dreimal 60 Stück, die sich in einer N3-Packung befinden. 15Nach § 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V i.V.m. § 8 Satz 1 des Rahmenvertrages sind die Apotheken bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte verpflichtet, den für den Tag der Abgabe geltenden Apothekenabgabepreis zu berechnen und grundsätzlich auf der Arzneimittelpackung anzugeben. Für Fertigarzneimittel, die – wie vorliegend Atmadisc – zur Anwendung beim Menschen bestimmt sind, errechnet sich der "Apothekenabgabepreis" zum maßgeblichen Stichtag 10.12.2012 aus dem bei Belieferung des Großhandels geltenden Abgabepreisen des pharmazeutischen Unternehmers ohne die Umsatzsteuer zuzüglich des darauf entfallenden Großhandelshöchstzuschlags (Netto-Einkaufspreis) plus einem Festzuschlag von 3 %, einem weiteren Zuschlag von 8,10 EUR sowie der Umsatzsteuer (§ 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 der Arzneimittelpreisverordnung – AMPreisV – in der maßgeblichen bis 31.12.2012 geltenden Fassung). Da die Apothekenzuschläge gemäß § 3 AMPreisV für "Fertigarzneimittel", das sind nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 AMPreisV "Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden", erhoben werden, entstehen sie für jede abgegebene Packung. Für die Abgabe eines Fertigarzneimittels steht der Apotheke eine Vergütung in Höhe des um den Apothekenabschlag gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB V (zum hier maßgeblichen Zeitpunkt 2,05 EUR je Packung) geminderten Apothekenabgabepreis zu. 16Für das verordnete Fertigarzneimittel "Atmadisc 50/250 Diskus PUL" ergibt sich danach für den Abgabetag 10.12.2012 bei unterstellter Lieferbarkeit der jeweiligen Packungsgröße (unter Außerachtlassung ggf. den Vergütungsanspruch mindernder – hier unstreitiger – Herstellerrabatte) folgende Berechnung: 17N1-Packung für drei N1-Packungen N3-Packung 18Netto-Einkaufspreis 38,33 EUR 114,99 EUR 114,55 EUR Apothekenzuschläge a) 3 % 1,15 EUR 3,45 EUR 3,44 EUR b) 8,10 EUR 8,10 EUR 24,30 EUR 8,10 EUR 47,58 EUR 142,74 EUR 126,09 EUR Umsatzsteuer 19 % 9,04 EUR 27,12 EUR 23,96 EUR Apothekenabgabepreis 56,62 EUR 169,86 EUR 150,05 EUR./. Apothekenabschlag 2,05 EUR 6,15 EUR 2,05 EUR Vergütungsanspruch 54,57 EUR 163,71 EUR 148,00 EUR 19Die Apothekenabgabepreise für die daneben rezeptierten Arzneimittel "Berotec N" und "PredniHEXAL" betrugen 16,49 EUR und 11,36 EUR; nach Abzug des Apothekenabschlags von jeweils 2,05 EUR ergaben sich hierfür Vergütungsansprüche von 14,44 EUR und 9,31 EUR. 20Allerdings kann die Apotheke die Vergütung regelmäßig nicht in voller Höhe bei der Krankenkasse geltend machen. Vielmehr hat sie die Vergütungsforderung um die von Versicherten zu leistenden Zuzahlungen zu mindern. Denn gemäß § 43b Abs. 1 Satz 1 SGB V und § 11 ALV NW haben Leistungserbringer – wie Apotheken – Zahlungen, die Versicherte zu entrichten haben, einzuziehen und mit ihrem Vergütungsanspruch gegenüber der Krankenkasse zu verrechnen. § 31 Abs. 3 Satz 1 SGB V bestimmt, dass Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arzneimittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag leisten, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Nach § 61 Satz 1 SGB V betragen Zuzahlungen, die Versicherte zu leisten haben, 10 vom Hundert des Abgabepreises, mindestens jedoch 5,00 EUR und höchstens 10,00 EUR, allerdings jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. 21Anknüpfungspunkte für die Zuzahlung sind hiernach das "verordnete Arzneimittel" und der "Abgabepreis". Das verordnete Arzneimittel im Sinne von § 31 Abs. 3 Satz 1 SGB V war im vorliegenden Fall "Atmadisc 50/250 Diskus PUL". Ob und in welcher Art sich die Packungsgröße auf die Zuzahlungsverpflichtung der Versicherten auswirkt, ergibt sich unmittelbar weder aus § 31 Abs. 3 SGB V noch aus § 61 Satz 1 SGB V. Mittelbar ist die Packungsgröße jedoch im Rahmen des für die Höhe der Zuzahlung maßgeblichen Abgabepreises von Bedeutung. § 61 Satz 1 enthält keine Legaldefinition des dort verwendeten Begriffs "Abgabepreis". Das SGB V verwendet diesen Begriff auch in anderen Vorschriften und in unterschiedlichem Zusammenhang, z.B. - "Apothekenabgabepreis" in § 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V und § 3 Abs. 1 AmPreisVO, - "für den Versicherten maßgeblicher Arzneimittelabgabepreis" in § 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 5a und § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB V, -"Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers" in § 129 Abs. 5a und § 130a SGB V. 22Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 61 Satz 1 SGB V ist mit dem dort genannten Begriff "Abgabepreis" der für den Versicherten maßgebliche Arzneimittelabgabepreis, das ist der "Apothekenabgabepreis", gemeint. Davon geht auch die Klägerin aus. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV in der hier anzuwendenden bis 31.12.2012 geltenden Fassung ist jedoch bei Fertigarzneimitteln der Apothekenabgabepreis die Summe aus dem Netto-Einkaufspreis, einem Festzuschlag von 3 %, weiteren 8,10 EUR und der Umsatzsteuer je Packung, nicht je verordnetem Arzneimittel. Andernfalls wäre nicht nur die Zuzahlung, sondern konsequenterweise auch die Apothekenzuschläge (3 % und 8,10 EUR) sowie der Apothekenrabatt (2,05 EUR) nicht nach der abgegebenen Packung, sondern dem verordneten Arzneimittel zu bemessen. Denn auch § 3 Abs. 1 AMPreisV und § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB V beziehen sich im Text nicht auf die "Packung", sondern das "Arzneimittel". Diese Konsequenz ihrer Auffassung zieht die Klägerin aber nicht. Sie wäre auch nicht mit Gesetz und Verordnung in Einklang zu bringen, weil sich der "Apothekenpreis" für Fertigarzneimittel – wie aufgezeigt – auch nach der "Packung" (vgl. § 1 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 AMPreisV) richtet und zwar nach den tatsächlich – nicht fiktiv – abgegebenen Arzneimittelpackungen. Somit war für die drei abgegebenen N1-Packungen "Atmadisc 50/250 Diskus PUL", deren Abgabepreis jeweils 56,62 EUR betrug, je Packung eine Zuzahlung von 5,66 EUR, zusammen 16,98 EUR zu leisten; da der Abgabepreis für die beiden anderen in je einer Packung abgegebenen Arzneimittel jeweils unter 50,00 EUR lag, war hierfür die Mindestzuzahlung von je 5,00 EUR zu leisten. Insgesamt hatte der Versicherte für die am 10.12.2012 verordneten und abgegebenen Arzneimittel also eine Zuzahlung von 26,98 EUR zu leisten. 23Der hiervon abweichenden Auffassung der Klägerin, die von den Versicherten zu leistende Zuzahlung müsse sich nach dem Abgabepreis richten, der maßgeblich wäre, wenn das verordnete Arzneimittel in der auf dem Rezept vermerkten Packungsgröße abgegeben worden wäre (dies wären für eine N3-Packung "Atmadisc 50/250 Diskus PUL", ausgehend von einem Abgabepreis von 150,05 EUR, ledig 10,00 EUR, zusammen mit der Zuzahlung für die beiden anderen Arzneimittel also 20,00 EUR gewesen), stehen nicht nur die dargelegten rechtssystematischen Erwägungen entgegen. Die Klägerin führt für ihre Ansicht an, dass es gelte, Nachteile für die Versicherten zu vermeiden, die aus Lieferschwierigkeiten erwachsen. Dieses – auf den ersten Blick verständliche – Eintreten für die Interessen der Versicherten, die zugleich die Kunden der Apotheke sind, spiegelt jedoch nur die eine Seite der Medaille wieder. Die andere Seite ist die der abgebenden Apotheke. Tatsächlich war es hier nämlich so, dass die Lieferschwierigkeiten und die daraus resultierende Abgabe von drei N1-Packungen anstatt einer N3-Packung "Atmadisc 50/250 Diskus PUL" zu einem um 8,73 EUR brutto höheren Vergütungsanspruch der Klägerin gegenüber der Krankenkasse geführt hat. Würde die Klägerin ihren aus dem Rezept vom 10.12.2012 resultierenden Vergütungsanspruch nicht mit der auf den Abgabepreis der drei abgegebenen N1-Packungen des Arzneimittels Atmadisc zu entrichtenden Zuzahlungsbetrag von 16,98 EUR verrechnen müssen, sondern – wie sie es zu Gunsten der Versicherten für richtig hält – nur mit dem Zuzahlungsbetrag von 10,00 EUR, wie er sich fiktiv aus der vom Arzt auf dem Rezept vermerkten, aber nicht lieferbaren Packungsgröße N3 errechnet, ergäbe sich für die Klägerin sogar ein um 15,71 EUR brutto höherer Vergütungsanspruch. Hätte die beklagte Krankenkasse also das Rezept vom 10.12.2012 nach der Vorstellung der Klägerin abzurechnen, würden die damaligen Lieferschwierigkeiten zwar den Versicherten nicht belasten, die Apotheke aber zusätzlich verdienen lassen. 24Gegen eine Auslegung der Zuzahlungsregelung der §§ 31 Abs. 3, 61 Satz 1 SGB V im Sinne der Klägerin spricht zuletzt auch, dass sie das Problem der – eigentlich vom pharmazeutischen Unternehmer zu vertretenen – Lieferschwierigkeiten zu Gunsten der Versicherten und hier auch der Apotheke auf die Krankenkasse abwälzt, die jedoch die Lieferschwierigkeiten genauso wenig wie die Vorgenannten zu vertreten hat. Die Lösung des im vorliegenden Fall aufgezeigten Problems, dass durch Lieferschwierigkeiten u.U. höhere Zuzahlungen als bei Lieferfähigkeit anfallen, obliegt nicht den Gerichten durch eine zweifelhafte, interessengeleitete Auslegung der Vorschrift des § 61 Satz 1 SGB V gegen deren Wortlaut ("Abgabepreis"), sondern allenfalls dem Gesetzgeber. 25Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 26Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG). 27Die Kammer hat die im Hinblick auf den Wert des Beschwerdegegenstandes an sich nicht statthafte Berufung und auch die Sprungrevision zugelassen, weil sie der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst (§§ 144 Abs. 2 Nr. 1, 161 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt die klägerin. der streitwert wird auf 6,98 eur festgesetzt. die berufung und die sprungrevision werden zugelassen. 1
2zwischen den beteiligten ist streitig, ob die beklagte durch ein für sie handelndes abrechnungszentrum berechtigt ist, gegen eine forderung der klägerin aus arzneimittellieferungen mit einem rückzahlungsanspruch in höhe von 6,98 eur aufzurechnen, weil die klägerin diesen betrag nicht von einem versicherten der beklagten als (weitere) zuzahlung einbehalten und mit ihrem vergütungsanspruch gegenüber der beklagten verrechnet hat. 3die klägerin ist inhaberin einer apotheke, mitglied im apothekerverband nordrhein und zur abgabe verordneter arzneimittel an versicherte gesetzlicher krankenkassen berechtigt und verpflichtet. am 10.12.2012 legte ein versicherter der beklagten eine am selben tag ausgestellte vertragsärztliche verordnung von drei verschreibungspflichtigen arzneimitteln, nämlich - atmadisc 50µg/250µg diskus pul n3 3 x 60 st, - berotec n 100 µg dos n1 10 ml, - prednihexal 5mg tabletten tab n1 20 st in der apotheke der klägerin vor. zu diesem zeitpunkt war die 3er-packung (n3) des arzneimittels "atmadisc 50/250 diskus pul" nicht vorrätig und weder seitens des pharmagroßhandels noch seitens des herstellers bis 31.12.2012 lieferbar. da der versicherte das medikament umgehend benötigte, gab die apotheke anstelle der rezeptierten packungsgröße drei einzelpackungen (n1) "atmadisc 50/250 diskus pul", dazu die beiden anderen verordneten arzneimittel an den versicherten ab. sie vermerkte auf dem rezept bezüglich atmadisc: "3er z. zt. v. herst. defekt; da sofort nötig 3 x op". am abgabetag (10.12.2012) betrugen für das arzneimittel der apothekenabgabepreis der zuzahlungsbetrag atmadisc (n3) 150,05 eur 10,00 eur berotec (n1) 16,49 eur 5,00 eur prednihexal (n1) 11,36 eur 5,00 eur 177,90 eur 20,00 eur 4für eine einzelpackung "atmadisc 50/250 diskus pul" (n1) betrugen der apothekenabgabepreis 56,62 eur, der sich daraus ergebende zuzahlungsbetrag 5,66 eur; für die drei abgegebenen einzelpackungen betrugen also der apothekenabgabepreis insgesamt 169, 86 eur, der zuzahlungsbetrag 16,98 eur. die klägerin forderte von dem – nicht zuzahlungsbefreiten – versicherten jedoch nicht den zuzahlungsbetrag von 26,98 eur, wie er sich für die abgegebenen arzneimittelpackungen errechnete, sondern den zuzahlungsbetrag von 20,00 eur, wie er zu zahlen gewesen wäre, wenn alle arzneimittel in den rezeptierten packungsgrößen lieferbar gewesen wären. auf dem rezept druckte sie in den entsprechenden feldern die pharmazentralnummern (pzn) und die abgabepreise der abgegebenen arzneimittelpackungen aus, im feld "zuzahlung" jedoch den betrag von 20,00 eur für die verordneten packungsgrößen. die klägerin legte das rezept vom 10.12.2012 ihrem apothekenrechenzentrum vor, das den beleg mit weiteren daten an das für die beklagte tätige abrechnungszentrum emmendingen weiterleitete; die forderung der apotheke wurde zunächst – unter verrechnung der einbehaltenen zuzahlung des versicherten von 20,00 eur und nach abzug der apotheken- und herstellerrabatte – beglichen. nach prüfung der abrechnung teilte das abrechnungszentrum der klägerin mit schreiben vom 11.06.2013 mit, dass ein zuzahlungsfehler vorliege und von dem abgerechneten betrag 6,98 eur abzusetzen seien; dieser berichtigungsbetrag werde mit der nächsten zahlung verrechnet. dagegen legte die klägerin am 08.07.2013 einspruch ein. sie verwies auf § 31 abs. 3 satz 1 fünftes buch sozialgesetzbuch (sgb v), wonach zu jedem zu lasten der gesetzlichen krankenversicherung "verordneten" arzneimittel als zuzahlung der sich aus § 61 satz 1 sgb v ergebende betrag zu zahlen sei. verordnet worden sei eine 3er-packung atmadisc, die aber beim hersteller "defekt" (nicht lieferbar) gewesen sei, weshalb sie im hinblick auf den sofortigen bedarf stattdessen drei einzelpackungen abgegeben habe. sie sehe es nicht ein, dass ihre patienten dafür bluten müssten, dass die industrie nicht in der lage sei, stets alle medikamente vorrätig zu halten. noch am selben tag (08.07.2013) wies das abrechnungszentrum den einspruch zurück. es teilte der klägerin mit, dass bei lieferschwierigkeiten der großpackungen und dadurch bedingter abgabe mehrerer kleinerer packungen dem patienten ein vielfaches der zuzahlung zu berechnen sei; alternativ dazu sei die einmalige abgabe der nächst kleineren packung zu sehen; dem kunden entstünde auf diese weise ein erhöhter aufwand bei der beschaffung des folgerezeptes. um diesem aufwand entgegenzuwirken, könne der kasse der vergleichsweise höhere verkaufspreis mehrerer kleinpackungen in rechnung gestellt werden; die zuzahlung sei dabei jedoch entsprechend § 61 sgb v einzubehalten. daher bleibe die berichtigung bestehen. daraufhin hat die klägerin am 16.07.2013 klage gegen die krankenkasse des versicherten erhoben. sie ist unter bezugnahme auf § 31 abs. 3 sgb v der auffassung, die vom versicherten zu leistende zuzahlung errechne sich aus der verordneten arzneimittelpackungsgröße. hätte sie statt drei vorab nur eine einzelpackung (n1) abgegeben, hätte zuerst rücksprache mit dem arzt genommen und diese auf dem rezept dokumentiert werden müssen. dazu wären weitere fahrten des patienten gekommen. eine 2er-packung (n2) des verordneten arzneimittels "atmadisc 50/250 diskus pul" gebe es nicht. ausgehend vom netto-einkaufspreis errechnete die klägerin unter berücksichtigung des festzuschlags (3 %), eines "beratungshonorars" (8,10 eur), der mehrwertsteuer (19 %) und nach abzug des der krankenkasse zu gewährenden apothekenabschlags (2,05 eur) bezüglich des verordneten arzneimittels "atmadisc 50/250 diskus pul" einen abrechnungsbetrag für eine n1-packung von brutto 54,57 eur (netto 45,86 eur), für eine n3-packung brutto 148,00 eur (netto 127,37 eur). die klägerin räumt ein, dass sie zwar durch die abgabe der drei einzelpackungen einen "mehrverdienst", den sie mit 13,21 eur netto beziffert, erzielt habe; dieser sei aber "mit jeder menge zusatzaufwand" (vermerk auf dem rezept, anfertigung von kopien etc.) verbunden gewesen. die klägerin meint, der begriff "abgabepreis" in § 61 satz 1 sgb v sei der "terminus technicus" für den verkaufspreis (incl. mwst.) und ganz offenkundig gleichlautend mit der definition "apothekenabgabepreis" in § 3 abs. 1 arzneimittelpreisverordnung. dies habe aber nichts mit der "abgabe" von hier drei einzelpackungen zu tun. 5die klägerin beantragt, die beklagte zu verurteilen, ihr 6,98 eur zu zahlen. 6die beklagte beantragt, die klage abzuweisen. 7sie weist daraufhin, dass für die höhe des zuzahlungsbetrages der abgabepreis maßgebend sei. die zuzahlungsberechnung sei streng am wortlaut des § 61 sgb v vorzunehmen. das gesetz sehe keine ausnahme vor. eine rechtsgrundlage für die aus sicht der klägerin wünschenswerte abwälzung von mehrkosten auf den verursacher (hersteller, lieferanten) sei nicht ersichtlich. wenn die apotheke mit dem verursacher keine entsprechende einigung bezüglich der mehrausgaben erzielen könne, könne sie einen appell an den gesetzgeber richten. wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der zwischen den beteiligten gewechselten schriftsätze und den sonstigen inhalt der gerichtsakte, die gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen sind, bezug genommen. 8
9die klage ist zulässig. es handelt sich um eine allgemeine leistungsklage nach § 54 abs. 5 sozialgerichtsgesetz (sgg), weil sich die beteiligten in einem gleichordnungsverhältnis gegenüber stehen, das gleichzeitig eine (einseitig) hoheitliche regelung der handelnden behörde durch verwaltungsakt gegenüber dem adressaten – und damit eine klage nach § 54 abs. 4 sgg – ausschließt (bsg, urteil vom 03.08.2006 – b 3 kr 7/06 r). 10die klage ist jedoch nicht begründet. 11der klägerin stand für die aufgrund der vertragsärztlichen verordnung vom 10.12.2012 am selben tag abgegebenen arzneimittel nicht der betrag zu, den sie über ihr apothekenrechenzentrum von dem im auftrag der beklagten tätigen abrechnungszentrum gefordert hatte und der ihr daraufhin bezahlt worden war, sondern eine um 6,98 eur niedrigere vergütung. die beklagte hat daher zu recht durch das abrechnungszentrum die entsprechende abrechnung des rezepts vom 10.12.2012 beanstandet und sodann die retaxierung in höhe von 6,98 eur vorgenommen. 12der anspruch der klägerin auf vergütung der von ihr am 10.12.2012 an den versicherten der beklagten abgegebenen arzneimittel ergibt sich aus § 129 sgb v i.v.m. dem zwischen dem gkv-spitzenverband und dem deutschen apothekerverband e.v. geschlossenen "rahmenvertrag über die arzneimittelversorgung nach § 129 abs. 2 sgb v" vom 15.06.2012 (im folgenden: rahmenvertrag) und dem zwischen den apothekerverbänden nordrhein e.v. sowie westfalen-lippe e.v. und den gesetzlichen krankenkassen nach § 129 abs. 5 satz 1 sgb v geschlossenen arzneimittellieferungsvertrag für nordrhein-westfalen (alv nw). § 129 sgb v begründet im zusammenspiel mit den vertraglichen vereinbarungen eine öffentlich-rechtliche leistungsberechtigung und –verpflichtung für die apotheken zur abgabe von vertragsärztlich verordneten arzneimitteln an die versicherten gesetzlicher krankenkassen (bsg, urteile vom 17.12.2009 – b 3 kr 13/08 r – und vom 28.09.2010 – b 1 kr 3/10 r). durch die annahme einer ordnungsgemäßen gültigen vertragsärztlichen verordnung kommt ein vertrag zwischen krankenkasse und apotheke zustande (§ 3 abs. 1 satz 1 rahmenvertrag). 13sodann konkretisiert § 129 abs. 1 sgb v für den bereich der arzneimittelversorgung das allgemeine wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 abs. 1 sgb v ("die leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das maß des notwendigen nicht überschreiten. leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können versicherte nicht beanspruchen, dürfen die leistungserbringer nicht bewirken und die krankenkassen nicht bewilligen"). danach ist der apotheker als leistungserbringer der gesetzlichen krankenversicherung (gkv) verpflichtet, arzneimittel u.a. preisgünstig und in wirtschaftlichen einzelmengen abzugeben. einzelheiten hierzu und zu einer vielzahl anderer vorgaben des gesetzgebers regelt der rahmenvertrag. § 6 abs. 1 satz 1 des rahmenvertrages bestimmt, dass, sofern bei einer verordnung unter angabe der n-bezeichnung keine packung, die dem verordneten n-bereich entspricht, im handel ist, eine packung aus dem nächst kleineren n-bereich abzugeben ist; falls eine solche packung nicht im handel ist, ist die kleinste im handel befindliche packung abzugeben. die "verordnung über die bestimmung und kennzeichnung von packungsgrößen für arzneimittel in der vertragsärztlichen versorgung" (packungsgrößenverordnung) sieht in § 1 drei packungsgrößen vor: - n1 (kleine packungsgröße) für die akuttherapie oder zur therapieeinstellung, - n2 (mittlere packungsgröße) für die dauertherapie, die einer besonderen ärztlichen begleitung bedarf, - n3 (große packungsgröße) für die dauertherapie. 14da die klägerin am 10.12.2012 das vertragsärztlich verordnete arzneimittel "atmadisc 50/250 diskus pul" in der auf dem rezept vermerkten packungsgröße n3 nicht liefern konnte, weil sie diese nicht vorrätig hatte und der hersteller sie (noch bis zum 31.12.2012) nicht liefern konnte, war die apotheke nach § 6 abs. 1 satz 1 des rahmenvertrages berechtigt (und verpflichtet), die packung aus dem nächstkleineren n-bereich abzugeben. da es "atmadisc 50/250 diskus pul" nicht in der packungsgröße n2 gibt, hat sie drei der kleinsten n1-packung abgegeben. diese drei packungen mit jeweils 60 stück entsprachen der verordneten menge von dreimal 60 stück, die sich in einer n3-packung befinden. 15nach § 129 abs. 1 satz 1 nr. 4 sgb v i.v.m. § 8 satz 1 des rahmenvertrages sind die apotheken bei der abgabe verordneter arzneimittel an versicherte verpflichtet, den für den tag der abgabe geltenden apothekenabgabepreis zu berechnen und grundsätzlich auf der arzneimittelpackung anzugeben. für fertigarzneimittel, die – wie vorliegend atmadisc – zur anwendung beim menschen bestimmt sind, errechnet sich der "apothekenabgabepreis" zum maßgeblichen stichtag 10.12.2012 aus dem bei belieferung des großhandels geltenden abgabepreisen des pharmazeutischen unternehmers ohne die umsatzsteuer zuzüglich des darauf entfallenden großhandelshöchstzuschlags (netto-einkaufspreis) plus einem festzuschlag von 3 %, einem weiteren zuschlag von 8,10 eur sowie der umsatzsteuer (§ 3 abs. 1 satz 1, abs. 2 nr. 1 der arzneimittelpreisverordnung – ampreisv – in der maßgeblichen bis 31.12.2012 geltenden fassung). da die apothekenzuschläge gemäß § 3 ampreisv für "fertigarzneimittel", das sind nach der legaldefinition des § 1 abs. 1 ampreisv "arzneimittel, die im voraus hergestellt und in einer zur abgabe an den verbraucher bestimmten packung in den verkehr gebracht werden", erhoben werden, entstehen sie für jede abgegebene packung. für die abgabe eines fertigarzneimittels steht der apotheke eine vergütung in höhe des um den apothekenabschlag gemäß § 130 abs. 1 satz 1 sgb v (zum hier maßgeblichen zeitpunkt 2,05 eur je packung) geminderten apothekenabgabepreis zu. 16für das verordnete fertigarzneimittel "atmadisc 50/250 diskus pul" ergibt sich danach für den abgabetag 10.12.2012 bei unterstellter lieferbarkeit der jeweiligen packungsgröße (unter außerachtlassung ggf. den vergütungsanspruch mindernder – hier unstreitiger – herstellerrabatte) folgende berechnung: 17n1-packung für drei n1-packungen n3-packung 18netto-einkaufspreis 38,33 eur 114,99 eur 114,55 eur apothekenzuschläge a) 3 % 1,15 eur 3,45 eur 3,44 eur b) 8,10 eur 8,10 eur 24,30 eur 8,10 eur 47,58 eur 142,74 eur 126,09 eur umsatzsteuer 19 % 9,04 eur 27,12 eur 23,96 eur apothekenabgabepreis 56,62 eur 169,86 eur 150,05 eur./. apothekenabschlag 2,05 eur 6,15 eur 2,05 eur vergütungsanspruch 54,57 eur 163,71 eur 148,00 eur 19die apothekenabgabepreise für die daneben rezeptierten arzneimittel "berotec n" und "prednihexal" betrugen 16,49 eur und 11,36 eur; nach abzug des apothekenabschlags von jeweils 2,05 eur ergaben sich hierfür vergütungsansprüche von 14,44 eur und 9,31 eur. 20allerdings kann die apotheke die vergütung regelmäßig nicht in voller höhe bei der krankenkasse geltend machen. vielmehr hat sie die vergütungsforderung um die von versicherten zu leistenden zuzahlungen zu mindern. denn gemäß § 43b abs. 1 satz 1 sgb v und § 11 alv nw haben leistungserbringer – wie apotheken – zahlungen, die versicherte zu entrichten haben, einzuziehen und mit ihrem vergütungsanspruch gegenüber der krankenkasse zu verrechnen. § 31 abs. 3 satz 1 sgb v bestimmt, dass versicherte, die das 18. lebensjahr vollendet haben, an die abgebende stelle zu jedem zu lasten der gesetzlichen krankenversicherung verordneten arzneimittel als zuzahlung den sich nach § 61 satz 1 ergebenden betrag leisten, jedoch jeweils nicht mehr als die kosten des mittels. nach § 61 satz 1 sgb v betragen zuzahlungen, die versicherte zu leisten haben, 10 vom hundert des abgabepreises, mindestens jedoch 5,00 eur und höchstens 10,00 eur, allerdings jeweils nicht mehr als die kosten des mittels. 21anknüpfungspunkte für die zuzahlung sind hiernach das "verordnete arzneimittel" und der "abgabepreis". das verordnete arzneimittel im sinne von § 31 abs. 3 satz 1 sgb v war im vorliegenden fall "atmadisc 50/250 diskus pul". ob und in welcher art sich die packungsgröße auf die zuzahlungsverpflichtung der versicherten auswirkt, ergibt sich unmittelbar weder aus § 31 abs. 3 sgb v noch aus § 61 satz 1 sgb v. mittelbar ist die packungsgröße jedoch im rahmen des für die höhe der zuzahlung maßgeblichen abgabepreises von bedeutung. § 61 satz 1 enthält keine legaldefinition des dort verwendeten begriffs "abgabepreis". das sgb v verwendet diesen begriff auch in anderen vorschriften und in unterschiedlichem zusammenhang, z.b. - "apothekenabgabepreis" in § 129 abs. 1 satz 1 nr. 4 sgb v und § 3 abs. 1 ampreisvo, - "für den versicherten maßgeblicher arzneimittelabgabepreis" in § 129 abs. 1 satz 1 nr. 2, abs. 5a und § 130 abs. 1 satz 1 sgb v, -"abgabepreis des pharmazeutischen unternehmers" in § 129 abs. 5a und § 130a sgb v. 22nach dem sinn und zweck der vorschrift des § 61 satz 1 sgb v ist mit dem dort genannten begriff "abgabepreis" der für den versicherten maßgebliche arzneimittelabgabepreis, das ist der "apothekenabgabepreis", gemeint. davon geht auch die klägerin aus. gemäß § 3 abs. 1 satz 1 ampreisv in der hier anzuwendenden bis 31.12.2012 geltenden fassung ist jedoch bei fertigarzneimitteln der apothekenabgabepreis die summe aus dem netto-einkaufspreis, einem festzuschlag von 3 %, weiteren 8,10 eur und der umsatzsteuer je packung, nicht je verordnetem arzneimittel. andernfalls wäre nicht nur die zuzahlung, sondern konsequenterweise auch die apothekenzuschläge (3 % und 8,10 eur) sowie der apothekenrabatt (2,05 eur) nicht nach der abgegebenen packung, sondern dem verordneten arzneimittel zu bemessen. denn auch § 3 abs. 1 ampreisv und § 130 abs. 1 satz 1 sgb v beziehen sich im text nicht auf die "packung", sondern das "arzneimittel". diese konsequenz ihrer auffassung zieht die klägerin aber nicht. sie wäre auch nicht mit gesetz und verordnung in einklang zu bringen, weil sich der "apothekenpreis" für fertigarzneimittel – wie aufgezeigt – auch nach der "packung" (vgl. § 1 abs. 1 i.v.m. § 3 abs. 1 ampreisv) richtet und zwar nach den tatsächlich – nicht fiktiv – abgegebenen arzneimittelpackungen. somit war für die drei abgegebenen n1-packungen "atmadisc 50/250 diskus pul", deren abgabepreis jeweils 56,62 eur betrug, je packung eine zuzahlung von 5,66 eur, zusammen 16,98 eur zu leisten; da der abgabepreis für die beiden anderen in je einer packung abgegebenen arzneimittel jeweils unter 50,00 eur lag, war hierfür die mindestzuzahlung von je 5,00 eur zu leisten. insgesamt hatte der versicherte für die am 10.12.2012 verordneten und abgegebenen arzneimittel also eine zuzahlung von 26,98 eur zu leisten. 23der hiervon abweichenden auffassung der klägerin, die von den versicherten zu leistende zuzahlung müsse sich nach dem abgabepreis richten, der maßgeblich wäre, wenn das verordnete arzneimittel in der auf dem rezept vermerkten packungsgröße abgegeben worden wäre (dies wären für eine n3-packung "atmadisc 50/250 diskus pul", ausgehend von einem abgabepreis von 150,05 eur, ledig 10,00 eur, zusammen mit der zuzahlung für die beiden anderen arzneimittel also 20,00 eur gewesen), stehen nicht nur die dargelegten rechtssystematischen erwägungen entgegen. die klägerin führt für ihre ansicht an, dass es gelte, nachteile für die versicherten zu vermeiden, die aus lieferschwierigkeiten erwachsen. dieses – auf den ersten blick verständliche – eintreten für die interessen der versicherten, die zugleich die kunden der apotheke sind, spiegelt jedoch nur die eine seite der medaille wieder. die andere seite ist die der abgebenden apotheke. tatsächlich war es hier nämlich so, dass die lieferschwierigkeiten und die daraus resultierende abgabe von drei n1-packungen anstatt einer n3-packung "atmadisc 50/250 diskus pul" zu einem um 8,73 eur brutto höheren vergütungsanspruch der klägerin gegenüber der krankenkasse geführt hat. würde die klägerin ihren aus dem rezept vom 10.12.2012 resultierenden vergütungsanspruch nicht mit der auf den abgabepreis der drei abgegebenen n1-packungen des arzneimittels atmadisc zu entrichtenden zuzahlungsbetrag von 16,98 eur verrechnen müssen, sondern – wie sie es zu gunsten der versicherten für richtig hält – nur mit dem zuzahlungsbetrag von 10,00 eur, wie er sich fiktiv aus der vom arzt auf dem rezept vermerkten, aber nicht lieferbaren packungsgröße n3 errechnet, ergäbe sich für die klägerin sogar ein um 15,71 eur brutto höherer vergütungsanspruch. hätte die beklagte krankenkasse also das rezept vom 10.12.2012 nach der vorstellung der klägerin abzurechnen, würden die damaligen lieferschwierigkeiten zwar den versicherten nicht belasten, die apotheke aber zusätzlich verdienen lassen. 24gegen eine auslegung der zuzahlungsregelung der §§ 31 abs. 3, 61 satz 1 sgb v im sinne der klägerin spricht zuletzt auch, dass sie das problem der – eigentlich vom pharmazeutischen unternehmer zu vertretenen – lieferschwierigkeiten zu gunsten der versicherten und hier auch der apotheke auf die krankenkasse abwälzt, die jedoch die lieferschwierigkeiten genauso wenig wie die vorgenannten zu vertreten hat. die lösung des im vorliegenden fall aufgezeigten problems, dass durch lieferschwierigkeiten u.u. höhere zuzahlungen als bei lieferfähigkeit anfallen, obliegt nicht den gerichten durch eine zweifelhafte, interessengeleitete auslegung der vorschrift des § 61 satz 1 sgb v gegen deren wortlaut ("abgabepreis"), sondern allenfalls dem gesetzgeber. 25die kostenentscheidung beruht auf § 197a abs. 1 satz 1 sgg i.v.m. §§ 154 abs. 1, 161 abs. 1, 162 abs. 1 und 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 26die streitwertfestsetzung beruht auf § 197a abs. 1 satz 1 sgg i.v.m. § 52 abs. 1 und 3 gerichtskostengesetz (gkg). 27die kammer hat die im hinblick auf den wert des beschwerdegegenstandes an sich nicht statthafte berufung und auch die sprungrevision zugelassen, weil sie der rechtssache grundsätzliche bedeutung beimisst (§§ 144 abs. 2 nr. 1, 161 abs. 1 satz 1 und abs. 2 satz 1, 160 abs. 2 nr. 1 sgg).
Verklagte*r
0
185,055
3 K 4778/13
2014-01-21T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand:2Die Klägerin betreibt in der E. Altstadt auf der Grundlage einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis von Februar 1984 die Schank- und Speisewirtschaft „V. “. Zu ihren Betriebsräumen gehört unter anderem der ca. 70,5 qm große sogenannte „Brauhof“ (in der Anlage 3 zu der Erlaubnis als Betriebsraum „F“ gekennzeichnet). Dieser hat Türen zu mehreren angrenzenden Betriebsräumen und zu den Toilettenanlagen; über Außenfenster in den Wänden verfügt er nicht. Der Lichteinfall erfolgt durch ein ca. 28 qm großes Glasdach, das elektrisch bedient wird und vollständig nach oben (in Senkrechtstellung) gekippt werden kann. Das gläserne Hubdach ist nach allen vier Seiten hin vermauert. Der Rest der Decke besteht aus üblichem Mauerwerk.3Wegen mehrerer Beschwerden, wonach im „Brauhof“ entgegen den Bestimmungen des aktuellen Nichtraucherschutzgesetzes geraucht werde, überprüfte die Beklagte den Betrieb der Klägerin am Spätnachmittag des 16. Mai 2013. Dabei stellte sie fest, dass ein Gast und ein Kellner im „Brauhof“ rauchten. Noch vor Ort verbot sie der Klägerin das weitere Zulassen des Rauchens. Diese mündliche Anordnung bestätigte sie durch Ordnungsverfügung vom 22. Mai 2013: Unter deren Ziffer 01. untersagte sie der Klägerin, in ihrer Gaststätte das Rauchen zu gestatten oder zu dulden und gab ihr auf, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Verstöße gegen das Rauchverbot zu verhindern. Widrigenfalls werde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500,00 Euro festgesetzt (Ziffer 02.). Zur Begründung der auf § 5 Abs. 1 GastG gestützten Anordnung zum Schutz der Gesundheit der Gäste und der im Betrieb Beschäftigen gab sie an, dass der „Brauhof“ nach Gesamtwürdigung der räumlichen Verhältnisse als ein vollständig umschlossener Raum im Sinne des Nichtraucherschutzgesetzes NRW (NiSchG NRW) zu werten sei. Das Vorhandensein des Hubdaches sei nicht geeignet, diese Einstufung aufzuheben. Zum Zeitpunkt der Kontrolle sei es nur minimal geöffnet gewesen; der Rauch habe durch die geöffneten Türen ungefiltert in die anderen Räume des Lokals ziehen können. Zudem habe reger Durchgangsverkehr in Richtung anderer Betriebsräume, vor allem der Toiletten, geherrscht. Ausnahmen vom Rauchverbot in Gaststätten sehe das Nichtraucherschutzgesetz nicht mehr vor. Ihrer Verpflichtung zu dessen Umsetzung sei die Klägerin bisher nicht nachgekommen. Sie habe den „Brauhof“ stattdessen als Raucherraum gekennzeichnet und sogar offensiv in der Presse hiermit geworben.4Die Klägerin hat am 29. Mai 2013 Klage erhoben.5Zu deren Begründung führt sie aus, dass im „Brauhof“, der in den Akten des Gewerbeaufsichtsamtes lediglich als „Hof“ bezeichnet sei, kein Rauchverbot bestehe, weil es sich hierbei nicht um einen vollständig umschlossenen Raum im Sinne des Nichtraucherschutzgesetzes handele. Nach allen anerkannten Auslegungsmethoden sei dieser Begriff so zu verstehen, dass ein Raum, dessen Dach großflächig geöffnet werden könne, nicht dem gesetzlichen Anwendungsbereich unterfalle, wenn und solange das Dach geöffnet sei; vielmehr sei der betreffende Bereich dann als Freifläche anzusehen, zumal der Tabakrauch ungehindert abziehen könne. Mit einem lediglich geöffneten Fenster oder Dachfenster sei das gläserne Hubdach des „Brauhofes“ nicht vergleichbar. Dass die tatsächlichen Verhältnisse maßgeblich seien, ergebe sich auch aus dem gesetzgeberischen Willen zum Rauchverbot in Sporteinrichtungen. Das Rauchverbot gelte in überdachten Fußballstadien nämlich nur bei geschlossenem Dach. Mangels Gesundheitsgefährdung solle bei geöffnetem Dach hingegen geraucht werden dürfen. Einen sachlichen Grund für die unterschiedliche Behandlung von Gaststätten und Sporteinrichtungen gebe es jedenfalls nicht. Dies gelte erst recht bei einem Vergleich der maßgeblichen Flächenanteile: Diese lägen beim „Brauhof“ bei 40 %, während der Anteil der mit einem Schiebedach überdachten Grundfläche bei der Veltins- und der Esprit-Arena nur bei ca. 17 % bzw. bei ca. 20 % liege. Die Anordnung, die erforderlichen Maßnahmen zur Verhinderung von Verstößen gegen das Rauchverbot zu ergreifen, sei zudem mangels verbindlicher Vorgabe konkreter Maßnahmen unbestimmt.6Die Klägerin beantragt,71.die mündliche Anordnung der Beklagten vom 16. Mai 2013 in der Fassung der Ordnungsverfügung vom 22. Mai 2013 insoweit aufzuheben, als ihr – der Klägerin – damit untersagt wird, im „Brauhof“ ihrer Gaststätte „V. “ in E1. bei vollständig geöffnetem Glasdach des „Brauhofes“ das Rauchen zu gestatten oder zu dulden,82.hilfsweise, für den Fall, dass die Kammer dem Antrag zu 1. nicht in vollem Umfang stattgibt, dem Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen die folgende Frage nach § 50 VGHG NRW zur Entscheidung vorzulegen:9Verstößt § 2 Nr. 7 des Gesetzes zum Schutz von Nichtraucherinnen und Nichtrauchern in NRW vom 20. Dezember 2007 in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 4. Dezember 2012 (GV. NRW. Seite 635) gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, weil das Rauchen in Gaststätten bei geöffnetem Dach danach untersagt ist, während das Rauchen in Sporteinrichtungen gemäß § 2 Nr. 4 dieses Gesetzes bei vollständig geöffnetem Dach nur dann untersagt sein soll, wenn ein verschließbares Dach tatsächlich verschlossen ist?10Die Beklagte beantragt,11die Klage abzuweisen.12Sie verweist zur Begründung auf die angegriffene Ordnungsverfügung und betont, dass sich der „Brauhof“ als vollständig umbaute Fläche mit einem Dachfenster darstelle, der in keiner Weise den Eindruck einer Freifläche mache, sondern optisch wie ein normaler Schankraum wirke. Dieser Eindruck ändere sich auch bei geöffnetem Dachfenster nicht, sodass sich der Vergleich mit einer Sportstätte verbiete. Der Argumentation der Klägerin folgend müsste in einer Vielzahl von Gaststätten in E1. das Rauchen zugelassen werden, da sich in diesen anteilmäßig an der Gesamtfläche weitaus mehr Fenster- und Türflächen befänden als vorliegend. Dies würde einer Aushöhlung des Nichtraucherschutzgesetzes gleichkommen, dessen Absicht es ja gerade sei, das Rauchen in Gaststätten zu verbieten. Schließlich sei die Ordnungsverfügung hinreichend bestimmt, denn es obliege nicht der Ordnungsbehörde, dem Gaststättenbetreiber detailliert für jeden möglichen Einzelfall vorzugeben, wie er vorzugehen habe, um dem Nichtraucherschutz entsprechend der gesetzlichen Regelung Geltung zu verschaffen.13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.14Entscheidungsgründe:15Die Klage hat keinen Erfolg.16Sie ist mit dem Hauptantrag (zu 1.) als Anfechtungsklage im Sinne von § 42 Abs. 1 Fall 1 VwGO zulässig, jedoch nicht begründet, denn die mündliche Anordnung der Beklagten vom 16. Mai 2013 in der Fassung der Ordnungsverfügung vom 22. Mai 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin auch insoweit nicht in ihren Rechten, als ihr – der Klägerin – damit untersagt wird, im „Brauhof“ ihrer Gaststätte „V. “ in E1. bei vollständig geöffnetem Glasdach des „Brauhofes“ das Rauchen zu gestatten oder zu dulden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).17Zunächst ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die angegriffene Anordnung auf § 5 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 GastG „zum Schutz der Gesundheit der Gäste und der im Betrieb Beschäftigen“ gestützt hat. Der Betreiberin oder dem Betreiber einer Gaststätte, die nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b) NiSchG NRW für die Einhaltung des Rauchverbots verantwortlich sind, können nämlich auf dieser Grundlage nachträgliche Auflagen zur Verwirklichung der Anforderungen aus dem Nichtraucherschutzgesetz erteilt werden.18Vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Dezember 2012 - 10 S 2058/11 -, juris, Ls. 1.2 und Rn. 26 m. w. N. für das insoweit vergleichbare baden-württembergische Landesrecht.19Die Beklagte ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass das in § 3 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 2 Nr. 7 NiSchG NRW (in der seit dem 1. Mai 2013 geltenden Fassung) normierte Rauchverbot in Gaststätten unabhängig von der Öffnung dessen Glasdaches auch im „Brauhof“ der Klägerin gilt. Denn bei dem „Brauhof“ handelt es sich um einen vollständig umschlossenen Raum im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 NiSchG NRW.20In der Rechtsprechung und der Kommentarliteratur herrscht Einigkeit, dass dem Begriff des Gebäudes – vgl. hierzu § 2 Abs. 2 BauO NRW: „überdachte bauliche Anlagen“ – lediglich die Bedeutung eines Regelbeispiels zukommt. Danach erfasst das Rauchverbot für Gaststätten sämtliche Schank- und Speisewirtschaften in Räumen, die durch Wände und Decke umschlossen sind.21Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. November 2009- 4 B 512/09 -, juris, Rn. 9 ff. m. H. auf Reich, Nichtraucherschutzgesetz, 2008, § 1 Rn. 2.22Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Fenster bzw. Türen aufweisen und aus welchem Material sie sind.23Vgl. nur die Gesetzesbegründung, LT-Drs. 14/4834, S. 17 und Breitkopf / Stollmann, Praxis der Kommunalverwaltung, Nichtraucherschutzrecht, Stand Mai 2013, Pkt. 4.1.1.3.24Auch Zelte sollen dieser Begriffsbestimmung unterfallen, wenn der Innenraum durch Zeltwände und –decken überwiegend gegenüber dem Freiraum abgegrenzt ist; zur Begründung wird ausgeführt, dass auch bei „normalen“ Gebäuden deren Gebäudeeigenschaft nicht entfalle, wenn ein Teil der Wände durch (Schiebe-)Türen oder Fenster oder andere Maßnahmen weitflächig geöffnet wird oder werden kann.25Vgl. Breitkopf / Stollmann, a. a. O.26Unter Zugrundelegung dieses Begriffsverständnisses erweist sich der „Brauhof“ der Klägerin als vollständig umschlossener Raum, denn er ist nach allen Seiten durch Wände und nach oben zu einhundert Prozent durch ein Dach umgrenzt. Dass das gläserne Hubdach, das noch nicht einmal die Hälfte der Dachfläche ausmacht, vollständig geöffnet werden kann, ändert daran nichts, weil die Öffnungsmöglichkeit oder tatsächliche Öffnung von Türen und (Dach-)Fenstern in Gaststätten nichtraucherschutzrechtlich irrelevant ist. Das Nichtraucherschutzgesetz würde andernfalls in Schank- und Speisewirtschaften nahezu leerlaufen, wenn jeder Gastwirt seine Gasträume unter Hinweis auf Öffnungs-, Abzugs- und Durchzugsmöglichkeiten mit Erfolg quasi (temporär) zu Freiluftbereichen machen könnte. Die Intention des (Änderungs-)Gesetzgebers von 2012, die Regelung für die Gastronomie zu verschärfen und deren legale Umgehung zu beenden,27vgl. LT-Drs. 16/125, S. 13,28würde in ein vollzugsuntaugliches und (durch die örtlichen Ordnungsbehörden) nicht kontrollierbares Gegenteil verkehrt.29Dass für die obige Einordnung des „Brauhofes“ die aktuelle tatsächliche Situation und nicht etwa dessen Gestalt und Bezeichnung in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts maßgeblich ist, bedarf keiner Vertiefung, zumal er auch in der Anlage 3 zu der gaststättenrechtlichen Erlaubnis von Februar 1984 als „Hof – überdeckt“ bezeichnet ist. Als nicht vollständig überdachter Innenhof, den der Gesetzgeber (wegen der besseren Verteilung der Schadstoffe des Tabakrauchs in der Außenluft) u. a. als Freibereich im Auge hatte, lässt sich der „Brauhof“ trotz seines Namens und seiner Historie jedenfalls heute unzweifelhaft nicht (mehr) verstehen.30Unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit weist die angegriffene Anordnung ebenfalls keinen Rechtsfehler auf, zumal ihr Konkretisierungsgrad sich zutreffend mit dem der einschlägigen Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 2 NiSchG NRW deckt.31Nicht zuletzt angesichts der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum Nichtraucherschutz,32vgl. nur Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07, 1 BvR 402/08, 1 BvR 906/08 - und Beschluss vom 24. Januar 2012 - 1 BvL 21/11 -, jeweils juris,33hat die Kammer gegen das (verschärfte) Rauchverbot für den Gastronomiebereich schließlich auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies gilt insbesondere unter dem Gesichtspunkt des von der Klägerin angestellten und mit dem Hilfsantrag (zu 2.) unterstrichenen Vergleichs der Gaststätten und der Sporteinrichtungen im Sinne von § 2 Nr. 4 NiSchG NRW. Für den „Brauhof“ lässt sich nichts daraus herleiten, dass bei Sportstadien das Rauchverbot bei tatsächlich geöffnetem Dach nicht greifen soll. Denn der Gesetzgeber hat ein weites Ermessen, unterschiedliche Sachverhalte auch unterschiedlich zu regeln, mit anderen Worten, er darf bei den verschiedenen Einrichtungen differenziert vorgehen und muss lediglich die Konsistenz der Regelungen im jeweiligen Bereich (hier der Gastronomie) beachten.34Vgl. BVerfG, a. a. O.35Die unterschiedliche Behandlung von Gaststätten und Sportstadien lässt sich gerade unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes schon angesichts der gänzlich anderen Größenverhältnisse und der abweichenden Frequentierung (auch) ohne weitere Darlegungen (des Gesetzgebers) rechtfertigen; offensichtlich hinzu treten zwar zweitrangige, aber durchaus beachtenswerte sachliche Gründe wie Kontrollierbarkeit und Vollzugstauglichkeit. Konkret: Das „Außenluft“-Argument vermag bei der F. - oder der W. -Arena trotz der von der Klägerin reklamierten geringeren Öffnungsanteile augenscheinlich eine deutlich größere Rolle zu spielen als bei dem „Brauhof“ mit seinem 28 qm großen gläsernen Hubdach. Diesem für den Gesetzgeber offenbar maßgebenden „Außenluft“-Aspekt hat er durch die Verschärfung von § 2 Nr. 4 NiSchG NRW in konsequenter Weise Rechnung getragen und dadurch letztlich sogar die Regelungen für Gaststätten (kein Rauchverbot in Freibereichen wie Biergärten) und Sporteinrichtungen (kein Rauchverbot nur noch bei – freibereichsgleicher – Dachöffnung) einander angenähert.36Nach alledem kommt eine Vorlage an den Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen nach § 50 VGHG NRW nicht in Betracht; dem dahingehenden (mangels entsprechenden Verhältnisses zum Hauptantrag unzulässigen) Hilfsantrag (zu 2.) bleibt der Erfolg aus den vorgenannten Gründen (auch) in der Sache versagt.37Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.38Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.39Die Kammer sieht keine Veranlassung, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da die dort genannten Gründe („des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4“) nicht vorliegen. 40Beschluss:41Der Streitwert wird gemäߠ§ 52 Abs. 1 GKG auf 15.000,00 Euro festgesetzt; der (unzulässige) Hilfsantrag wirkt sich nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG nicht streitwerterhöhend aus.
die klage wird abgewiesen.die klägerin trägt die kosten des verfahrens.das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die klägerin betreibt in der e. altstadt auf der grundlage einer gaststättenrechtlichen erlaubnis von februar 1984 die schank- und speisewirtschaft „v. “. zu ihren betriebsräumen gehört unter anderem der ca. 70,5 qm große sogenannte „brauhof“ (in der anlage 3 zu der erlaubnis als betriebsraum „f“ gekennzeichnet). dieser hat türen zu mehreren angrenzenden betriebsräumen und zu den toilettenanlagen; über außenfenster in den wänden verfügt er nicht. der lichteinfall erfolgt durch ein ca. 28 qm großes glasdach, das elektrisch bedient wird und vollständig nach oben (in senkrechtstellung) gekippt werden kann. das gläserne hubdach ist nach allen vier seiten hin vermauert. der rest der decke besteht aus üblichem mauerwerk.3wegen mehrerer beschwerden, wonach im „brauhof“ entgegen den bestimmungen des aktuellen nichtraucherschutzgesetzes geraucht werde, überprüfte die beklagte den betrieb der klägerin am spätnachmittag des 16. mai 2013. dabei stellte sie fest, dass ein gast und ein kellner im „brauhof“ rauchten. noch vor ort verbot sie der klägerin das weitere zulassen des rauchens. diese mündliche anordnung bestätigte sie durch ordnungsverfügung vom 22. mai 2013: unter deren ziffer 01. untersagte sie der klägerin, in ihrer gaststätte das rauchen zu gestatten oder zu dulden und gab ihr auf, die erforderlichen maßnahmen zu ergreifen, um verstöße gegen das rauchverbot zu verhindern. widrigenfalls werde ein zwangsgeld in höhe von 1.500,00 euro festgesetzt (ziffer 02.). zur begründung der auf § 5 abs. 1 gastg gestützten anordnung zum schutz der gesundheit der gäste und der im betrieb beschäftigen gab sie an, dass der „brauhof“ nach gesamtwürdigung der räumlichen verhältnisse als ein vollständig umschlossener raum im sinne des nichtraucherschutzgesetzes nrw (nischg nrw) zu werten sei. das vorhandensein des hubdaches sei nicht geeignet, diese einstufung aufzuheben. zum zeitpunkt der kontrolle sei es nur minimal geöffnet gewesen; der rauch habe durch die geöffneten türen ungefiltert in die anderen räume des lokals ziehen können. zudem habe reger durchgangsverkehr in richtung anderer betriebsräume, vor allem der toiletten, geherrscht. ausnahmen vom rauchverbot in gaststätten sehe das nichtraucherschutzgesetz nicht mehr vor. ihrer verpflichtung zu dessen umsetzung sei die klägerin bisher nicht nachgekommen. sie habe den „brauhof“ stattdessen als raucherraum gekennzeichnet und sogar offensiv in der presse hiermit geworben.4die klägerin hat am 29. mai 2013 klage erhoben.5zu deren begründung führt sie aus, dass im „brauhof“, der in den akten des gewerbeaufsichtsamtes lediglich als „hof“ bezeichnet sei, kein rauchverbot bestehe, weil es sich hierbei nicht um einen vollständig umschlossenen raum im sinne des nichtraucherschutzgesetzes handele. nach allen anerkannten auslegungsmethoden sei dieser begriff so zu verstehen, dass ein raum, dessen dach großflächig geöffnet werden könne, nicht dem gesetzlichen anwendungsbereich unterfalle, wenn und solange das dach geöffnet sei; vielmehr sei der betreffende bereich dann als freifläche anzusehen, zumal der tabakrauch ungehindert abziehen könne. mit einem lediglich geöffneten fenster oder dachfenster sei das gläserne hubdach des „brauhofes“ nicht vergleichbar. dass die tatsächlichen verhältnisse maßgeblich seien, ergebe sich auch aus dem gesetzgeberischen willen zum rauchverbot in sporteinrichtungen. das rauchverbot gelte in überdachten fußballstadien nämlich nur bei geschlossenem dach. mangels gesundheitsgefährdung solle bei geöffnetem dach hingegen geraucht werden dürfen. einen sachlichen grund für die unterschiedliche behandlung von gaststätten und sporteinrichtungen gebe es jedenfalls nicht. dies gelte erst recht bei einem vergleich der maßgeblichen flächenanteile: diese lägen beim „brauhof“ bei 40 %, während der anteil der mit einem schiebedach überdachten grundfläche bei der veltins- und der esprit-arena nur bei ca. 17 % bzw. bei ca. 20 % liege. die anordnung, die erforderlichen maßnahmen zur verhinderung von verstößen gegen das rauchverbot zu ergreifen, sei zudem mangels verbindlicher vorgabe konkreter maßnahmen unbestimmt.6die klägerin beantragt,71.die mündliche anordnung der beklagten vom 16. mai 2013 in der fassung der ordnungsverfügung vom 22. mai 2013 insoweit aufzuheben, als ihr – der klägerin – damit untersagt wird, im „brauhof“ ihrer gaststätte „v. “ in e1. bei vollständig geöffnetem glasdach des „brauhofes“ das rauchen zu gestatten oder zu dulden,82.hilfsweise, für den fall, dass die kammer dem antrag zu 1. nicht in vollem umfang stattgibt, dem verfassungsgerichtshof für das land nordrhein-westfalen die folgende frage nach § 50 vghg nrw zur entscheidung vorzulegen:9verstößt § 2 nr. 7 des gesetzes zum schutz von nichtraucherinnen und nichtrauchern in nrw vom 20. dezember 2007 in der fassung des änderungsgesetzes vom 4. dezember 2012 (gv. nrw. seite 635) gegen den allgemeinen gleichheitssatz, weil das rauchen in gaststätten bei geöffnetem dach danach untersagt ist, während das rauchen in sporteinrichtungen gemäß § 2 nr. 4 dieses gesetzes bei vollständig geöffnetem dach nur dann untersagt sein soll, wenn ein verschließbares dach tatsächlich verschlossen ist?10die beklagte beantragt,11die klage abzuweisen.12sie verweist zur begründung auf die angegriffene ordnungsverfügung und betont, dass sich der „brauhof“ als vollständig umbaute fläche mit einem dachfenster darstelle, der in keiner weise den eindruck einer freifläche mache, sondern optisch wie ein normaler schankraum wirke. dieser eindruck ändere sich auch bei geöffnetem dachfenster nicht, sodass sich der vergleich mit einer sportstätte verbiete. der argumentation der klägerin folgend müsste in einer vielzahl von gaststätten in e1. das rauchen zugelassen werden, da sich in diesen anteilmäßig an der gesamtfläche weitaus mehr fenster- und türflächen befänden als vorliegend. dies würde einer aushöhlung des nichtraucherschutzgesetzes gleichkommen, dessen absicht es ja gerade sei, das rauchen in gaststätten zu verbieten. schließlich sei die ordnungsverfügung hinreichend bestimmt, denn es obliege nicht der ordnungsbehörde, dem gaststättenbetreiber detailliert für jeden möglichen einzelfall vorzugeben, wie er vorzugehen habe, um dem nichtraucherschutz entsprechend der gesetzlichen regelung geltung zu verschaffen.13wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen.14
15die klage hat keinen erfolg.16sie ist mit dem hauptantrag (zu 1.) als anfechtungsklage im sinne von § 42 abs. 1 fall 1 vwgo zulässig, jedoch nicht begründet, denn die mündliche anordnung der beklagten vom 16. mai 2013 in der fassung der ordnungsverfügung vom 22. mai 2013 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin auch insoweit nicht in ihren rechten, als ihr – der klägerin – damit untersagt wird, im „brauhof“ ihrer gaststätte „v. “ in e1. bei vollständig geöffnetem glasdach des „brauhofes“ das rauchen zu gestatten oder zu dulden (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo).17zunächst ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die beklagte die angegriffene anordnung auf § 5 abs. 1 nrn. 1 und 2 gastg „zum schutz der gesundheit der gäste und der im betrieb beschäftigen“ gestützt hat. der betreiberin oder dem betreiber einer gaststätte, die nach § 4 abs. 2 satz 1 buchst. b) nischg nrw für die einhaltung des rauchverbots verantwortlich sind, können nämlich auf dieser grundlage nachträgliche auflagen zur verwirklichung der anforderungen aus dem nichtraucherschutzgesetz erteilt werden.18vgl. verwaltungsgerichtshof baden-württemberg, urteil vom 18. dezember 2012 - 10 s 2058/11 -, juris, ls. 1.2 und rn. 26 m. w. n. für das insoweit vergleichbare baden-württembergische landesrecht.19die beklagte ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass das in § 3 abs. 1 satz 1 i. v. m. § 2 nr. 7 nischg nrw (in der seit dem 1. mai 2013 geltenden fassung) normierte rauchverbot in gaststätten unabhängig von der öffnung dessen glasdaches auch im „brauhof“ der klägerin gilt. denn bei dem „brauhof“ handelt es sich um einen vollständig umschlossenen raum im sinne des § 1 abs. 1 satz 1 nischg nrw.20in der rechtsprechung und der kommentarliteratur herrscht einigkeit, dass dem begriff des gebäudes – vgl. hierzu § 2 abs. 2 bauo nrw: „überdachte bauliche anlagen“ – lediglich die bedeutung eines regelbeispiels zukommt. danach erfasst das rauchverbot für gaststätten sämtliche schank- und speisewirtschaften in räumen, die durch wände und decke umschlossen sind.21vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, beschluss vom 11. november 2009- 4 b 512/09 -, juris, rn. 9 ff. m. h. auf reich, nichtraucherschutzgesetz, 2008, § 1 rn. 2.22dabei spielt es keine rolle, ob diese fenster bzw. türen aufweisen und aus welchem material sie sind.23vgl. nur die gesetzesbegründung, lt-drs. 14/4834, s. 17 und breitkopf / stollmann, praxis der kommunalverwaltung, nichtraucherschutzrecht, stand mai 2013, pkt. 4.1.1.3.24auch zelte sollen dieser begriffsbestimmung unterfallen, wenn der innenraum durch zeltwände und –decken überwiegend gegenüber dem freiraum abgegrenzt ist; zur begründung wird ausgeführt, dass auch bei „normalen“ gebäuden deren gebäudeeigenschaft nicht entfalle, wenn ein teil der wände durch (schiebe-)türen oder fenster oder andere maßnahmen weitflächig geöffnet wird oder werden kann.25vgl. breitkopf / stollmann, a. a. o.26unter zugrundelegung dieses begriffsverständnisses erweist sich der „brauhof“ der klägerin als vollständig umschlossener raum, denn er ist nach allen seiten durch wände und nach oben zu einhundert prozent durch ein dach umgrenzt. dass das gläserne hubdach, das noch nicht einmal die hälfte der dachfläche ausmacht, vollständig geöffnet werden kann, ändert daran nichts, weil die öffnungsmöglichkeit oder tatsächliche öffnung von türen und (dach-)fenstern in gaststätten nichtraucherschutzrechtlich irrelevant ist. das nichtraucherschutzgesetz würde andernfalls in schank- und speisewirtschaften nahezu leerlaufen, wenn jeder gastwirt seine gasträume unter hinweis auf öffnungs-, abzugs- und durchzugsmöglichkeiten mit erfolg quasi (temporär) zu freiluftbereichen machen könnte. die intention des (änderungs-)gesetzgebers von 2012, die regelung für die gastronomie zu verschärfen und deren legale umgehung zu beenden,27vgl. lt-drs. 16/125, s. 13,28würde in ein vollzugsuntaugliches und (durch die örtlichen ordnungsbehörden) nicht kontrollierbares gegenteil verkehrt.29dass für die obige einordnung des „brauhofes“ die aktuelle tatsächliche situation und nicht etwa dessen gestalt und bezeichnung in den fünfziger jahren des letzten jahrhunderts maßgeblich ist, bedarf keiner vertiefung, zumal er auch in der anlage 3 zu der gaststättenrechtlichen erlaubnis von februar 1984 als „hof – überdeckt“ bezeichnet ist. als nicht vollständig überdachter innenhof, den der gesetzgeber (wegen der besseren verteilung der schadstoffe des tabakrauchs in der außenluft) u. a. als freibereich im auge hatte, lässt sich der „brauhof“ trotz seines namens und seiner historie jedenfalls heute unzweifelhaft nicht (mehr) verstehen.30unter dem gesichtspunkt der bestimmtheit weist die angegriffene anordnung ebenfalls keinen rechtsfehler auf, zumal ihr konkretisierungsgrad sich zutreffend mit dem der einschlägigen vorschrift des § 4 abs. 2 satz 2 nischg nrw deckt.31nicht zuletzt angesichts der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts (bverfg) zum nichtraucherschutz,32vgl. nur urteil vom 30. juli 2008 - 1 bvr 3262/07, 1 bvr 402/08, 1 bvr 906/08 - und beschluss vom 24. januar 2012 - 1 bvl 21/11 -, jeweils juris,33hat die kammer gegen das (verschärfte) rauchverbot für den gastronomiebereich schließlich auch keine verfassungsrechtlichen bedenken. dies gilt insbesondere unter dem gesichtspunkt des von der klägerin angestellten und mit dem hilfsantrag (zu 2.) unterstrichenen vergleichs der gaststätten und der sporteinrichtungen im sinne von § 2 nr. 4 nischg nrw. für den „brauhof“ lässt sich nichts daraus herleiten, dass bei sportstadien das rauchverbot bei tatsächlich geöffnetem dach nicht greifen soll. denn der gesetzgeber hat ein weites ermessen, unterschiedliche sachverhalte auch unterschiedlich zu regeln, mit anderen worten, er darf bei den verschiedenen einrichtungen differenziert vorgehen und muss lediglich die konsistenz der regelungen im jeweiligen bereich (hier der gastronomie) beachten.34vgl. bverfg, a. a. o.35die unterschiedliche behandlung von gaststätten und sportstadien lässt sich gerade unter dem gesichtspunkt des gesundheitsschutzes schon angesichts der gänzlich anderen größenverhältnisse und der abweichenden frequentierung (auch) ohne weitere darlegungen (des gesetzgebers) rechtfertigen; offensichtlich hinzu treten zwar zweitrangige, aber durchaus beachtenswerte sachliche gründe wie kontrollierbarkeit und vollzugstauglichkeit. konkret: das „außenluft“-argument vermag bei der f. - oder der w. -arena trotz der von der klägerin reklamierten geringeren öffnungsanteile augenscheinlich eine deutlich größere rolle zu spielen als bei dem „brauhof“ mit seinem 28 qm großen gläsernen hubdach. diesem für den gesetzgeber offenbar maßgebenden „außenluft“-aspekt hat er durch die verschärfung von § 2 nr. 4 nischg nrw in konsequenter weise rechnung getragen und dadurch letztlich sogar die regelungen für gaststätten (kein rauchverbot in freibereichen wie biergärten) und sporteinrichtungen (kein rauchverbot nur noch bei – freibereichsgleicher – dachöffnung) einander angenähert.36nach alledem kommt eine vorlage an den verfassungsgerichtshof für das land nordrhein-westfalen nach § 50 vghg nrw nicht in betracht; dem dahingehenden (mangels entsprechenden verhältnisses zum hauptantrag unzulässigen) hilfsantrag (zu 2.) bleibt der erfolg aus den vorgenannten gründen (auch) in der sache versagt.37die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo.38die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 abs. 1 und 2 vwgo i. v. m. den §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zpo.39die kammer sieht keine veranlassung, die berufung nach § 124 a abs. 1 satz 1 vwgo zuzulassen, da die dort genannten gründe („des § 124 abs. 2 nr. 3 oder nr. 4“) nicht vorliegen. 40beschluss:41der streitwert wird gemäߠ§ 52 abs. 1 gkg auf 15.000,00 euro festgesetzt; der (unzulässige) hilfsantrag wirkt sich nach § 45 abs. 1 satz 3 gkg nicht streitwerterhöhend aus.
Verklagte*r
0
143,529
S 40 KR 518/14
2015-11-11T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf stationäre Krankenhausbehandlung zur Anlage eines EndoBarriers®. Der 70-jährige Kläger stellte mit Schreiben vom 02.03.2013 einen Antrag auf Gewährung einer EndoBarrier®-Therapie. Dabei handelt es sich um einen dünnen, flexiblen Schlauch, der unterhalb des Magens in den Darm implantiert wird und eine physische Barriere zwischen der Darmwand und der aufgenommenen Nahrung herstellt. Der Kläger gab an, dass er unter Adipositas leide, wodurch ein Diabetes mellitus verursacht worden und die Implantation eines künstlichen Hüft- und beider Kniegelenke erforderlich geworden sei. Er habe bereits diverse Diäten, Nahrungsumstellung versucht, ohne dass ein nennenswerter Erfolg eingetreten sei. Den EndoBarrier® würde er als schonendere Alternative einer Magenband-/-bypassoperation vorziehen. Am 04.04.2013 beantragte er nochmals die Gewährung der Therapie. Die Beklagte schaltete darauf hin den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein, der in seinem Gutachten vom 23.04.2013 mitteilte, dass es sich um eine neue Behandlungsmethode handele, der es an einer Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) fehle. Eine notstandsähnliche Situation liege nicht vor. Eine Gewichtsreduktion könne auch auf konventionellem Weg erreicht werden. Den Antrag lehnte die Beklagte im Rahmen eines Telefonat am 30.04.2013 mündlich ab. Auf Wunsch des Klägers wurde die Ablehnung zudem am 06.05.2013 schriftlich bestätigt. Dagegen erhob der Kläger am 21.05.2013 Widerspruch. Er habe alle konservativen Möglichkeiten ausgeschöpft und leide unter Depressionen, Diabetes mellitus, Kurzatmigkeit, Bluthochdruck etc ... Daher sei die Maßnahme erforderlich. Beigefügt war ein Attest von XXX, Facharzt für Orthopäde, vom 15.05.2013, worin dieser angab, dass der Kläger aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen die vom MDK vorgeschlagene Bewegungstherapie nicht durchführen könne. Die Beklagte forderte nochmals ein Gutachten des MDK an. Im Gutachten vom 07.06.2013 teilte dieser mit, dass regelmäßig keine tödlich verlaufende Erkrankung vorliege, ebenso wenig eine notstandsähnliche Situation. Zudem sei der Kläger in der Lage gewesen, 15 Kg abzunehmen, so dass die konservativen Mittel genügen würden. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 23.04.2014 zurück. Eine stationäre Krankenhausbehandlung sei nicht erforderlich, da der Kläger die Gewichtsabnahme auf konservativen Weg erreichen könne. Mit der am 08.05.2014 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung führt er aus, dass er unter gefährlichem Bauchfett leide, dass durch die konservativen Mittel nicht zu beseitigen sei. Sportliche Aktivitäten zur Gewichtsreduktion könne er wegen seiner orthopädischen Beschwerden nicht durchführen. Weitere Diätmöglichkeiten bestünden nicht. Als Diabetiker ernähre er sich schon bewusst. Die Kasse habe auch sonstige Möglichkeiten nicht bewilligt. U.a. habe man eine Optifast-Diät abgelehnt. Der EndoBarrier® sei schließlich die mildeste operative Methode. Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung der Verwaltungsakte vom 30.04.2013 und vom 06.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2014 zu verurteilen, ihm eine stationäre Krankenhausbehandlung zur Anlage eines EndoBarriers® als Sachleistung zu bewilligen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung verweist sie zunächst auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Ergänzend trägt sie vor, dass in der Rechtsprechung geklärt sei, dass operative Maßnahmen zur Gewichtsreduktion nur in Ausnahmefällen in Betracht kämen. Erforderlich sei, dass sämtliche konservativen Mittel ausgeschöpft worden seien und eine erhebliche Adipositas vorliege. Bei einer Adipositas Grad I wie beim Kläger sei nach den Leitlinien eine Operationsindikation nicht gegeben. Ebenso wenig sei eine multimodale Therapie durchgeführt worden. Da ihm bereits eine Gewichtsreduktion gelungen sei, sei nicht ersichtlich, warum mit entsprechenden Maßnahmen keine weitere Gewichtsverringerung möglich sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gelte zudem das Qualitätsgebot des § 2 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch (SGB V) auch im stationären Bereich. Es fehle aber an entsprechenden Studien in Bezug auf den EndoBarrier. Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einholung eines Befund- und Behandlungsberichtes von XXX, Facharzt für Chirurgie, Oberarzt der Chirurgischen Klinik des XXX, vom 06.11.2014. Auf die ärztlichen Feststellungen wird im Einzelnen verwiesen. Zudem hat es beim GBA bezüglich möglicher Antragsverfahren im Hinblick auf den EndoBarrier® angefragt, worauf dieser mit Schreiben vom 03.07.2015 geantwortet hat. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten, die das Gericht beigezogen hat und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen. 3Entscheidungsgründe: 41. Die zulässige Klage ist unbegründet. a. Die Klage ist zulässig. Insbesondere hat der Kläger zutreffend eine Leistungsklage statt einer Feststellungsklage erhoben. Eine Feststellungsklage ist gegenüber der Leistungsklage subsidiär (vgl. Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 18.09.2015, Az.: L 4 KR 424/15). Zwar findet sich keine ausdrückliche Regelung im Sozialgerichtgesetz (SGG) hinsichtlich der Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklagen. Generell ist aber anerkannt, dass die Feststellungsklage gegenüber diesen Klagearten nachrangig ist (BSG, Urteil vom 13.03.2001, Az.: B 3 P 10/00 R; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11.Aufl., § 55 Rn. 19a; Lowe, in: Beck scher Online-Kommentar, SGG, § 55 Rn. 4). Allerdings soll dies nach der Rechtsprechung des BSG nicht gelten, wenn die Beklagte eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist. Bei dieser sei zu erwarten, dass sie wegen der Bindung an Recht und Gesetz gemäß Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) ein Urteil mit lediglich feststellendem Tenor befolgen werde. Daher stehe der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage in solchen Fällen nicht entgegen (BSG, Urteil vom 13.03.2001, Az.: B 3 P 10/00 R; BSG, Urteil vom 22.07.2004, Az.: B 3 KR 12/04 R; BSG, Urteil vom 27.10.2009, Az.: B 1 KR 4/09 R). Schon grundsätzlich bestehen Bedenken gegen die Übernahme der zur Zivilprozessordnung entstandenen Ausnahme, weil sich im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens überwiegend juristische Personen des öffentlichen Rechts auf der Beklagtenseite finden, so dass sie den Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage letztlich leerlaufen lässt (vgl. Castendiek, in: Hk-SGG, 3. Aufl., § 55 Rn. 21 [anders in der 4. Auflage]; dazu auch Hommel, in: Peters/Sautter/Wolff, SGG, 4. Auflage, § 55 Ziff. 8; Hintz, in: Hintz/Lowe, SGG, § 55 Rn. 22; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 43 Rn. 28). Zudem können im Rahmen einer Leistungsklage, die sich auf zurückliegende Zeiträume bezieht, grundsätzlich die einzelnen Rechtsfragen abschließend geklärt werden. Es ist nämlich zu erwarten, dass der Leistungsträger den Urteilsspruch im Rahmen der Leistungsklage aufgrund der Bindung an Recht und Gesetz in Zukunft ebenso befolgen wird (vgl. BSG, Urteil vom 13.03.2001, Az.: B 3 P 10/00 R; BSG, Urteil vom 20.11.2001, Az.: B 1 KR 31/00 R, wonach das Interesse an der alsbaldigen Feststellung entfällt). Dann aber besteht kein Bedarf nach einer gesonderten Feststellungsklage. Es kommt hinzu, dass Urteile aufgrund von Leistungsklagen vollstreckbar sind, so dass Gründe der Prozessökonomie grundsätzlich für die Leistungsklage sprechen (Castendiek, in: Hk-SGG, § 55 Rn. 20). Eine Feststellungsklage kommt daher nur dann in Betracht, wenn über die mit der Leistungsklage zu erreichenden Klageziele hinaus mittels der Feststellungsklage weitergehender Rechtsschutz erlangt werden könnte (vgl. Hommel, in: Peters/Sautter/Wolff, SGG, 4. Auflage, § 55 Ziff. 8; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 55 Rn. 19 b). Ein solcher Fall liegt aber nicht vor, weil mit der erhobenen Leistungsklage sämtliche Rechtsfragen abschließend geklärt werden können und der Kläger eine Grundlage für die Vollstreckung gegen die Behörde erhält. b. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 30.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2014 nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG beschwert, da er nicht rechtswidrig ist. Ein Anspruch auf Gewährung einer Krankenhausbehandlung zur Anlage eines EndoBarriers® besteht nicht. (1) Der Kläger hat keinen Anspruch aus § 27 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 i.V.m. § 39 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch (SGB V) auf die begehrte Leistung gegen die Krankenkasse. (a) Allerdings ist problematisch, ob dem Anspruch – wie die Beklagte meint - nicht bereits das Wirtschaftlichkeitsgebot gemäß § 12 Abs. 1 SGB V i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V entgegensteht. Nach der Rechtsprechung des BSG sind auch im Bereich der stationären Krankenhausbehandlung durch die Gerichte die Anforderungen aus den §§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 SGB V zu beachten (so die h.M. BSG, Urteil vom 28.07.2008, Az.: B 1 KR 5/08 R; BSG, Urteil vom 17.02.2010, Az.: B 1 KR 10/09 R; BSG, Urteil vom 21.03.2013, Az.: B 3 KR 2/12 R; ebenso LSG Nordrhein-Westfalen [NRW], Urteil vom 16.01.2014, Az.: L 16 KR 558/13; Sächs. LSG, Urteil vom 16.01.2014, Az.: L 1 KR 229/10; Becker, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 137 c Rn. 1; Ricken, in: Eichenhofer/Wenner, SGB V, § 39 Rn. 28; Ulmer, in: Eichenhofer/Wenner, SGB V, § 137c Rn. 11). Daraus folge, dass nur solche Methoden zu übernehmen seien, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen. Dazu sei erforderlich, dass ihre Erprobung abgeschlossen sei und über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen möglich seien. In der Regel sei dies durch entsprechende Studien nachzuweisen. Dem stünde § 137 c SGB V nicht entgegen, weil dieser die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 39 SGB V nicht selbst definiere. Entgegen dieser Ansicht ist die Behandlung als Sachleistung zu erbringen, wenn Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit besteht und ein Ausschluss durch den GBA nicht vorliegt (so denn die frühere Rechtsprechung: BSG, Urteil vom 19.03.2003, Az.: B 1 KR 1/02 R; ebenso Felix/Deister, NZS 2013, 81 ff.; Bender, NZS 2012, 761 ff.; vgl. auch SG Dortmund, Urteil vom 29.01.2014, Az.: S 40 KR 1359/11; ähnlich SG Hamburg, Urteil vom 04.09.2015, Az.: S 33 KR 822/13). Weitere Voraussetzungen im oben dargestellten Sinne bestehen nicht. Maßgeblich ist insoweit der nach Ansicht der Kammer klar in der Gesetzesbegründung sowie der Systematik zu Tage tretende Wille des Gesetzgebers (ausführlich SG Dortmund, Urteil vom 29.01.2014, Az.: S 40 KR 1359/11). Der Regelungswille des Gesetzgebers ist primäre Richtlinie der Gesetzesanwendung (zum Folgenden: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 25.01.2011, Az.: 1 BvR 918/10; BVerfG, Beschluss vom 26.09.2011, Az.: 2 BvR 2216/06 u.a.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08.08.2012, Az.: L 23 SF 80/12 B AB; Rüthers, NJW 2011, 1856 ff.; Wedel, NJW 2012, 719 f.). Der Gesetzgeber hat für den stationären Bereich abweichend von § 135 SGB V eine Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt regeln wollen (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeführt worden - BT-Drucks. 17/6906, S. 86). Für dieses Verständnis spricht auch der Wortlaut des § 137c SGB V und die Systematik des SGB V. § 137 c Abs. 1 S. 1 SGB V setzt schon nach seinem Wortlaut ("die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden") und seinem Inhalt voraus, dass die Methoden bis zur negativen Entscheidung des GBA genutzt werden können (vgl. zum Folgenden Felix/Deister, NZS 2013, 81 (87f.); Bender, NZS 2012 761 (765 ff.)). Er legt fest, dass Methoden nur ausgeschlossen werden können, wenn der Nutzen einer Methode nicht hinreichend belegt ist und sie nicht das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet (§ 137c Abs. 1 S. 2 SGB V). Damit wird schon ein gänzlich anderer Maßstab definiert, als er von der Rechtsprechung zur Anwendung gelangt. Nach der gesetzlichen Konzeption ist zudem allein der GBA für die Feststellung des fehlenden Nutzens/Potenzials zuständig. Eine Überprüfungskompetenz der Gerichte ist ausdrücklich nicht geregelt. Dies wird durch die Einführung der Erprobung nach § 137e SGB V noch deutlicher (dazu auch Felix/Deister, NZS 2013, 81 (88); Bender, NZS 2012, 761 (767 f.)). Denn nach § 137c Abs. 1 S. 3 SGB V beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss eine Richtlinie zur Erprobung nach § 137e, wenn die Überprüfung ergibt, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Damit wäre die Feststellung, dass der Nutzen noch nicht hinreichend belegt ist, gerade nicht mit dem Ausschluss aus dem Leistungskatalog verbunden. Vielmehr wäre bei ausreichendem Potenzial eine Erprobungsrichtlinie zu erlassen, wofür aber ausschließlich der GBA zuständig wäre. Folgte man der oben zitierten Rechtsprechung, wäre diese gesetzliche Konstruktion ausgehebelt. Unabhängig davon hat der Gesetzgeber auch auf die geänderte Rechtsprechung des BSG reagiert (vgl. dazu SG Hamburg, Urteil vom 04.09.2015, Az.: S 33 KR 822/13). Er hat nunmehr eine ausdrückliche Regelung in § 137c Abs. 3 SGB V geschaffen. Danach dürfen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach Absatz 1 getroffen hat, im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist. In der Gesetzesbegründung hat der Gesetzgeber ausgeführt, dass weiterhin eine Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt gelten soll. Insoweit sei wegen der gegenteiligen Rechtsprechung des BSG eine Konkretisierung und Klarstellung erfolgt. Damit solle verhindert werden, dass die einzelne Krankenkasse im Rahmen der Leistungsentscheidung nach anderen Kriterien entscheide als der GBA (vgl. BT-Drucks. 18/4095, S. 121 f.). (b) Selbst dann führt allein der Umstand, dass der EndoBarrier® im ambulanten Bereich nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, nicht dazu, dass diese Leistung nunmehr stationär zu erbringen wäre. Es ist in jedem Falle zu prüfen, ob Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit besteht (BSG, Urteil vom 16.12.2008, Az.: B 1 KR 11/08 R; LSG NRW, Beschluss vom 18.11.2013, Az.: L 16 KR 639/13 B). Daran fehlt es hier. Zwar ist die stationäre Durchführung der Implantation des EndoBarriers® nach den Ausführungen von XXX wegen der Begleiterkrankungen erforderlich (vgl. Befundbericht vom 06.11.2014 – Bl. 13 der Gerichtsakte). Allerdings ist nicht erkennbar geworden, dass überhaupt die Implantation des EndoBarriers erforderlich wäre. Die Anlage eines EndoBarriers® bedarf insoweit als mittelbare Krankenbehandlung durch Operation an einem funktionell intakten Organ einer speziellen Rechtfertigung (vgl. auch zu den möglichen Komplikationen XXX im Befundbericht vom 06.11.2014 – Bl. 12 ff. der Gerichtsakte). Eine solche Krankenbehandlung ist nur dann ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich (§ 2 Abs. 1 Satz 3, § 12 Abs. 1 SGB V), wenn sie nach Art und Schwere der Erkrankung, Dringlichkeit der Intervention sowie nach Abwägung der Risiken und des zu erwartenden Nutzens der Therapie sowie etwaiger Folgekosten für die Krankenversicherung gerechtfertigt ist (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.12.2004, Az.: L 11 KR 1627/04; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22.06.2006, Az.: L 5 KR 53/06; SG Dortmund, Urteil vom 26.08.2008, Az.: S 8 KR 208/05). Daher kommt eine chirurgische Behandlung der extremen Adipositas zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung als ultima ratio nur in Betracht, wenn bei dem Versicherten eine Reihe von Kriterien erfüllt sind (BSG, Urteil vom 19.02.2003, Az.: B 1 KR 1/02 R; BSG, Urteil vom 16.12.2008, Az.: B 1 KR 2/08 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.12.2004, Az.: L 11 KR 1627/04; LSG NRW, Urteil vom 03.11.2005, Az.: L 5 KR 173/04; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22.06.2006, Az.: L 5 KR 53/06; Bayerisches LSG, Urteil vom 20.03.2009, Az.: L 5 KR 182/08; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.11.2009, Az.: L 9 KR 11/08): 1. es muss ein BMI von mindestens 40 kg/m² oder ein BMI ab 35 kg/m² mit erheblichen Begleiterkrankungen vorliegen; 2. der chirurgische Eingriff muss die ultima ratio sein; zuvor müssen alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten erschöpft sein (z. B. diätische Therapie, Bewegungstherapie, medikamentöse Therapie, Psychotherapie); 3. das Operationsrisiko muss tolerabel sein; 4. der Versicherte muss ausreichend motiviert sein; 5. es darf keine manifeste psychiatrische Erkrankung vorliegen und 6. es muss die Möglichkeit einer lebenslangen medizinischen Nachbetreuung bestehen. Die damit aufgestellten strengen Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor. Nach Ansicht der Kammer fehlt es in Bezug auf den Kläger insoweit an einer Ausschöpfung der konservativen Behandlungsmöglichkeiten. Als solche kommen grundsätzlich Therapieprogramme unter stationären Bedingungen, Rehabilitationsmaßnahmen (ambulant oder stationär), Selbsthilfegruppen (etwa Weight-Watchers) oder eigenverantwortliche Diätmaßnahmen unter ärztlicher Kontrolle in Betracht. Von einer Ausschöpfung der konservativen Therapiemöglichkeiten kann nur dann ausgegangen werden, wenn eine sechs- bis zwölfmonatige konservative Behandlung nach definierten Qualitätskriterien stattgefunden hat (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22.06.2006, Az.: L 5 KR 53/06; Bayerisches LSG, Urteil vom 20.03.2009, Az.: L 5 KR 182/08; SG Dortmund, Urteil vom 24.04.2008, Az.: S 40 KR 237/06; SG Dortmund, Urteil vom 26.08.2008, Az.: S 8 KR 208/05). Insbesondere ist nach Ansicht der Kammer erforderlich, dass eine integrierte Therapie über einen solch längeren Zeitraum versucht wurde, weil nur dann davon ausgegangen werden kann, dass die konservativen Behandlungsmöglichkeiten bei der Versicherten keinen Erfolg zeigen und ausgeschöpft sind (so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.12.2004, Az.: L 11 KR 1627/04; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22.06.2006, Az.: L 5 KR 53/06; SG Dortmund, Urteil vom 24.04.2008, Az.: S 40 KR 237/06). Dabei setzt sich eine integrierte Therapie aus den Elementen der Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie zusammen. Erforderlich ist zudem die Betreuung durch einen entsprechend qualifizierten Arzt, der eine ausreichende klinische Erfahrung hat und darüber hinaus als wesentliches Qualitätsmerkmal eine ernährungsmedizinische Zusatzausbildung auf der Basis des Curriculums Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer vorweisen kann. Ebenso ist das Programm durch eine Ernährungsfachkraft – entweder ein/e Diätassistent/in oder ein/e Ökotrophologe/in mit praktischer Erfahrung in der Betreuung von adipösen Personen – zu begleiten. Zu Beginn eines multimodalen Konzepts soll eine medizinische Eingangsuntersuchung stattfinden. Ebenso gehören regelmäßige strukturierte Schulungen in der Gruppe, Gruppensitzungen und Verlaufskontrollen zu den Qualitätskriterien eines ambulanten Adipositasprogramms. In der ersten Phase steht dabei die Gewichtsreduktion im Vordergrund. Sodann dient die zweite Phase der Gewichtserhaltung mit langfristiger Ernährungsumstellung. Zur Gewichtsabnahme und Gewichtserhaltung trägt dabei ein erhöhter Energieverbrauch durch vermehrte körperliche Aktivität bei (zum Ganzen SG Dortmund, Urteil vom 31.08.2010, Az.: S 40 KR 313/07). Die Durchführung eines so definierten integrierten Therapiekonzeptes hat der Kläger nicht nachgewiesen (vgl. zu seinen Angaben das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.11.2015). Gerade die Verknüpfung der verschiedenen Therapien verspricht aber eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Erfolg bei der Gewichtsabnahme. Daran hält die Kammer weiterhin fest. Dies folgt schon daraus, dass es sich rechtlich um eine mittelbare Krankenbehandlung handelt, so dass in der Regel im Rahmen der Abwägung eine Ausschöpfung der konservativen Mittel zu fordern ist. Insoweit führt auch die S 3-Leitlinie: Chirurgie der Adipositas auf Seite 14 (abrufbar unter: http://www.adipositas-gesellschaft.de/index.php?id=9) aus: "Deshalb wurde in der Vergangenheit insbesondere von den Kostenträgern gefordert, vor einer Entscheidung zur Operation intensive, ärztlich begleitete Gewichtsreduktionsversuche zu unternehmen. Dieses Vorgehen ist bei hochgradiger Adipositas – zumindest für nicht strukturierte und nicht dauerhaft konzipierte Gewichtsreduktionsversuche – aus klinisch-wissenschaftlicher Sicht nicht gerechtfertigt wegen der geringen Erfolgsaussichten". Daraus kann aber nur der Umkehrschluss gezogen werden, dass strukturierte, längerfristig angelegte, ärztlich begleitete konservative Therapien durchaus Erfolgsaussichten zeitigen und insoweit durchzuführen sind (siehe S 3-Leitlinie: Chirurgie der Adipositas, S. 12 - " ...bei Erschöpfung der konservativen Therapien ..."). Die ärztliche Begleitung durch einen entsprechend qualifizierten Arzt ist im Übrigen auch deshalb geboten, weil nur dieser überhaupt in der Lage ist, ein individuell auf den einzelnen Patienten abgestimmtes Programm zu erstellen und gegebenenfalls im Laufe des Programms Anpassungen vorzunehmen. Dies entspricht zudem der Empfehlung der Fachgesellschaften in der S3-Leitlinie "Prävention und Therapie der Adipositas" (Stand: April 2014 - abrufbar unter: http://www.adipositas-gesellschaft.de/index.php?id=9), wonach eine multimodale Therapie von kumulativ 6 Monaten innerhalb der letzten zwei Jahre vorausgesetzt wird (S. 70; vgl. auch das weitergehende Sondervotum der DGEM auf S. 67). (2) Der Anspruch folgt auch nicht aus § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V. Nach § 13 Abs. 3a S. 1 SGB V hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer Dienst), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies gemäß § 13 Abs. 3a S. 5 SGB V den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist gemäß § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse nach § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten gemäß § 13 Abs. 3a S. 9 SGB V die §§ 14, 15 des Neunten Buches (SGB IX) zur Zuständigkeitsklärung und Erstattung selbst beschaffter Leistungen. Die Kammer lässt offen, ob vorliegend die Fristen des § 13 Abs. 3a S. 1 SGB V abgelaufen waren oder eine hinreichende Mitteilung durch die Beklagte erteilt worden ist. Ebenso lässt die Kammer offen, ob hier durch den Verwaltungsakt vom 30.04.2013 gegebenenfalls eine Aufhebung der fingierten Genehmigung gemäß §§ 45 bzw. 48 SGB X erfolgt ist (zu dieser Möglichkeit LSG Nordrhein-Westfalen [NRW], Beschluss vom 23.05.2014, Az.: L 5 KR 222/14 B ER; Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 13 Rn. 58l). Denn die Erfüllung dieser Voraussetzungen begründet noch keinen Anspruch aus einer fingierten Genehmigung gemäß § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V. Die Vorschrift ist teleologisch zu reduzieren. Von der Fiktionswirkung nach § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V sind nur solche beantragten Leistungen erfasst, die die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (so bereits die Kammer im Beschluss vom 16.07.2014, Az.: S 40 KR 742/14 ER; ebenso LSG NRW, Beschluss vom 26.05.2014, Az.: L 16 KR 154/14 B ER; SG Dortmund, Beschluss vom 31.01.2014, Az.: S 28 KR 1/14 ER; SG Würzburg, Urteil vom 15.01.2015, Az.: S 11 KR 100/14; Preis/Schneider, NZS 2013, 281 (287); Knispel, SGb 2014, 374 ff.; s.a. Rieker, NZS 2015, 294 ff.). Die Genehmigung reicht damit nicht weiter als der zugrunde liegende Sachleistungsanspruch entsprechend der Regelungen des SGB V. Daran fehlt es nach dem oben Gesagten. (a) Die Gegenmeinung (vgl. etwa LSG NRW, Beschluss vom 23.05.2014, Az.: L 5 KR 222/14 B ER; SG Dessau-Roßlau, Urteil vom 18.12.2013, Az.: S 21 KR 282/13; SG Nürnberg, Urteil vom 27.03.2014, Az.: S 7 KR 520/13; SG Augsburg, Urteil vom 03.06.2014, Az.: S 6 KR 339/13; SG Lüneburg, Urteil vom 17.02.2015, Az.: S 16 KR 96/14; SG Detmold, Urteil vom 09.07.2015, Az.: S 24 KR 254/14 m.w.N.) überzeugt nicht. Zwar ist ihr zuzugeben, dass der Wortlaut entsprechend weit formuliert ist. Dies hindert eine teleologische Reduktion jedoch nicht. Vielmehr macht der weite Wortlaut aufgrund systematischer, historischer und teleologischer Überlegungen eine solche Reduktion (zu den Voraussetzungen einer Reduktion allgemein Canaris, Methodenlehre, 3.Aufl., S. 210 ff.) erforderlich. Der teleologischen Reduktion steht jedenfalls das Ziel des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten (Patientenrechtegesetz), das Genehmigungsverfahren im Interesse der Patienten zu beschleunigen, nicht entgegen. Dieses Ziel ist der Gesetzesbegründung zum Entwurf des Patientenrechtegesetzes (siehe BT-Drucks. 17/10488, S. 32) entnommen. Der gleiche Gesetzesentwurf sieht eine Genehmigungsfiktion nicht vor. Vielmehr suchte der Gesetzgeber das Ziel der Verfahrensbeschleunigung durch die Schaffung eines Kostenerstattungsanspruches, der als sachleistungsersetzender Anspruch konstruiert war, zu erreichen (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit in BT-Drucks. 17/11710, S. 29). Der Beschleunigungseffekt sollte allein mittels der gesetzlichen Frist sowie einer weiteren Fristsetzung – vergleichbar mit § 15 Abs. 1 S. 2 SGB IX - erreicht werden. Es überzeugt daher nicht, wenn der Gesetzeszweck der Verfahrensbeschleunigung nunmehr zur Auslegung der Genehmigungsfiktion herangezogen wird, wenn nicht einmal der ursprüngliche Gesetzesentwurf zur Zweckerreichung eine solch weitgehende Regelung für erforderlich gehalten hat. Die Gegenansicht überzeugt auch deshalb nicht, weil das Verhältnis zu § 13 Abs. 3a S. 9 SGB V letztlich nicht geklärt wird. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten nach dieser Vorschrift die §§ 14, 15 des Neunten Buches (SGB IX) zur Zuständigkeitsklärung und Erstattung selbst beschaffter Leistungen. Nach dem klaren Wortlaut kommen die übrigen Regelungen der S. 1 bis 8 bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht zur Anwendung, denn die Vorschrift verweist ohne Begrenzung auf die Vorschriften des SGB IX (vgl. SG Stralsund, Beschluss vom 07.04.2014, Az.: S 3 KR 112/13; SG Dortmund, Beschluss vom 16.07.2014, Az.: S 40 KR 742/14 ER). Dies hatte nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf auch seinen Sinn, da der heutige § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V ebenso wie § 15 SGB IX nur eine Kostenerstattungsregelung vorgesehen hatte, die beide jeweils nicht weiter reichen sollten als der zugrundeliegende Sachleistungsanspruch (vgl. dazu Urteil der Kammer vom heutigen Tage, Az.: S 40 KR 759/14). Da im Rahmen der medizinischen Rehabilitation eine gleichlaufende Kostenerstattungsregelung existierte, bedurfte es der Vorschrift des heutigen § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V in diesem Bereich nicht mehr. Die Gegenmeinung will § 13 Abs. 3a S. 9 SGB V trotz des Wortlauts wegen der Wertungswidersprüche zu S. 6 einschränkend auslegen, sieht sich aber gleichzeitig nicht in der Lage, bereits S. 6 zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen einzuschränken (vgl. etwa SG Detmold, Urteil vom 09.07.2015, Az.: S 24 KR 254/14), was nicht überzeugt. Es kommt hinzu, dass sich der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Gesundheit nichts entnehmen ließe, dass für eine Einschränkung von S. 9 sprechen würde (vgl. BT-Drucks. 17/11710, S. 29 f.). (b) Es verbleibt daher dabei, dass die Vorschrift des § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V teleologisch zu reduzieren ist. Klar ist nach Ansicht der Kammer, dass im ursprünglichen Entwurf sachleistungsersetzende Kostenerstattungsansprüche vorgesehen waren, die insoweit weiterhin in S. 7 enthalten sind (siehe zum Kostenerstattungsanspruch ausführlich Urteil der Kammer vom heutigen Tage, Az.: S 40 KR 759/14). In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich Bezug genommen auf einen sachleistungsersetzenden Kostenerstattungsanspruch ("Die Versicherten sind so zu stellen, als hätte die Krankenkasse die Sachleistung rechtzeitig zur Verfügung gestellt." - BT-Drucks. 17/10488, S. 32). Darüber hinaus soll Vorbild für Neuregelung die Vorschrift des § 15 SGB IX gewesen sein (BT-Drucks. 17/10488, S. 32). Dort wird aber vorausgesetzt, dass ein Sachleistungsanspruch besteht (vgl. BSG, Urteil vom 07.05.2013, Az.: B 1 KR 12/12 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.10.2013, Az.: L 13 R 2947/12; Majerski-Pahlen, in: Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, SGB IX, 12. Aufl., § 15 Rn. 3). Es lässt sich demgegenüber der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Gesundheit ebenfalls nichts entnehmen, dass für eine Leistungsausweitung sprechen würde. Damit sollte einerseits gerade nicht von der grundsätzlichen gesetzgeberischen Konstruktion abgewichen werden (vgl. BT-Drucks. 17/11710, S. 29 f.). Andererseits wird in diesem Zusammenhang nochmals klar auf einen Sachleistungsanspruch Bezug genommen, wenn dort ausgeführt wird, dass sich der Versicherte die ihm "zustehende" Leistung zeitnah selbst beschaffen kann (vgl. BT-Drucks. 17/11710, S. 30). Sinn der Regelung des S. 6 war es, den Versicherten ohne eine zusätzliche Fristsetzung die Beschaffung der ihnen zustehenden Leistungen zu ermöglichen. An keinerlei Stelle lässt sich entnehmen, dass gleichzeitig eine Leistungsausweitung intendiert war. Vielmehr wird noch ausgeführt, dass von der Kostenerstattungsregelung des S. 7 der Eigenanteil des Versicherten nicht erfasst wird, dieser also nicht weiter reichen soll als der Sachleistungsanspruch. Es wäre aber eine ausdrückliche Aussage zu erwarten gewesen, insbesondere weil die übrigen, auf den Sachleistungsanspruch bezogenen Regelung (S. 7 und S. 9) unverändert beibehalten worden sind. Die dadurch aufkommenden Wertungswidersprüche hat man offensichtlich nicht erkannt, wobei nach dem Dafürhalten der Kammer dies allein darauf fußt, dass man gerade eine Leistungsausweitung gar nicht beabsichtigt hatte, sondern lediglich das Erfordernis einer zusätzlichen Frist beseitigen wollte. Demgegenüber sprechen die Systematik, die Gesetzgebungsgeschichte und sonst auftretende Wertungswidersprüche für eine Einschränkung der Vorschrift. Schon systematische Gründe sprechen für eine solche Vorgehensweise. Der Gesetzgeber hat die Neuregelung in den § 13 SGB V, der Kostenerstattungsansprüche vorsieht, integriert. Die dort erfassten Kostenerstattungsansprüche setzen jeweils voraus, dass die selbstbeschaffte Krankenbehandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (BSG, Urteil vom 04. April 2006, Az.: B 1 KR 12/05 R, sowie Brandts, in: Kasseler Kommentar, SGB V, § 13 Rn. 53, zu § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V; BSG, Urteil vom 25.09.2000, Az.: B 1 KR 5/99 R, sowie Brandts, in: Kasseler Kommentar, SGB V, § 13 Rn. 29, in Bezug auf § 13 Abs. 2 SGB V; zu § 13 Abs. 4 u. 5. vgl. BSG, Urteil vom 30.06. 2009, Az.: B 1 KR 19/08 R). Hätte der Gesetzgeber von dieser Systematik im Rahmen von § 13 Abs. 3a S. 6 u. 7 SGB V abweichen wollen, hätte es zumindest entsprechender Hinweise in der Gesetzesbegründung bedurft. Sinn und Zweck der Regelung sprechen eher für, denn gegen eine einschränkende Auslegung. Mit der Regelung sollte die Leistungserbringung beschleunigt werden. Leistungsansprüche sollten schnell geklärt werden und die Versicherten zügig an die beantragten Leistungen gelangen (BT-Drucks. 17/10488, S. 32). Um dies zu gewährleisten, wurde eine entsprechende Kostenerstattungsregelung aufgenommen, die nach Ablauf der gesetzlichen Frist in Verbindung mit einer weiteren Fristsetzung eingreifen sollte (vgl. § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V). Aufgrund dieses Kostenerstattungsanspruches haben die Kassen die vollständigen Kosten für die Selbstbeschaffung zu erstatten (BT-Drucks. 17/10488, S. 32). Das Gesetz enthält darüber hinaus keine weiteren Sanktionsregelungen. Diese sind auch nicht erforderlich. Denn der Gesetzgeber ging in diesem Zusammenhang wohl davon aus, dass die Krankenkassen ausreichend durch die höheren Kosten im Rahmen der Abrechnung nach der GoÄ oder GoZ motiviert werden, die in § 13 Abs. 3a SGB V vorgesehenen Fristen einzuhalten. Weitergehende Regelung wollte der Gesetzgeber nicht schaffen. Das weite Verständnis führt überdies zu einer kaum zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung. Während nämlich die Kostenerstattung für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 13 Abs. 3a S. 9 SGB V i.V.m. § 15 SGB IX auf Fälle beschränkt ist, in denen grundsätzlich ein Sachleistungsanspruch besteht, käme in sonstigen Fällen eine darüber hinausgehende Sachleistung – vom Wortlaut betrachtet letztlich ohne Grenzen – in Betracht, ohne dass sich der Gesetzesbegründung ein Differenzierungskriterium entnehmen ließe, der diese Ungleichbehandlung rechtfertigen würde. Das gleiche hat im Übrigen zu gelten, wenn statt der Geltendmachung des auf der Fiktion beruhenden Sachleistungsanspruches die Leistung zunächst beschafft und sodann Kostenerstattung nach S. 7 begehrt wird. Denn ausweislich der Gesetzesbegründung ist dieser klar als sachleistungsersetzender Kostenerstattungsanspruch geregelt (s.o.) und würde mithin bei Kostenerstattungsbegehren enger ausfallen als der Sachleistungsanspruch im Rahmen der Fiktion. Die Ungleichbehandlung lässt sich aber vermeiden, wenn man die oben vorgeschlagene teleologische Reduktion vornimmt. Schließlich läuft die Regelung des § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V bei dem hiesigen Verständnis nicht leer. Einerseits verhindert die Vorschrift gleichwohl, dass sich die Krankenkasse auf die Nichteinhaltung des Beschaffungsweges berufen kann. Andererseits kann sich der Versicherte bereits nach Ablauf von nur drei Wochen die Leistung selbst besorgen bzw. von der Kasse die Versorgung verlangen, soweit ein entsprechender Sachleistungsanspruch bestünde. Eines Widerspruchsverfahrens bedürfte es u.a. nicht mehr. Genau diese beiden Umstände waren aber Anlass für die Schaffung des § 13 Abs. 3a SGB V. Sinn und Zweck der Regelung war es aber nicht, den Versicherten bei einer Selbstbeschaffung von jeglichem Kostenrisiko freizustellen. Ebenso wenig kann es Sinn und Zweck der Vorschrift sein, den Versicherten im Wege der Genehmigungsfiktion Leistungen zu gewähren, die über den Sachleistungsanspruch hinausgehen. 2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 S. 1, 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
die klage wird abgewiesen. außergerichtliche kosten sind nicht zu erstatten. 1
2die beteiligten streiten über einen anspruch auf stationäre krankenhausbehandlung zur anlage eines endobarriers®. der 70-jährige kläger stellte mit schreiben vom 02.03.2013 einen antrag auf gewährung einer endobarrier®-therapie. dabei handelt es sich um einen dünnen, flexiblen schlauch, der unterhalb des magens in den darm implantiert wird und eine physische barriere zwischen der darmwand und der aufgenommenen nahrung herstellt. der kläger gab an, dass er unter adipositas leide, wodurch ein diabetes mellitus verursacht worden und die implantation eines künstlichen hüft- und beider kniegelenke erforderlich geworden sei. er habe bereits diverse diäten, nahrungsumstellung versucht, ohne dass ein nennenswerter erfolg eingetreten sei. den endobarrier® würde er als schonendere alternative einer magenband-/-bypassoperation vorziehen. am 04.04.2013 beantragte er nochmals die gewährung der therapie. die beklagte schaltete darauf hin den medizinischen dienst der krankenversicherung (mdk) ein, der in seinem gutachten vom 23.04.2013 mitteilte, dass es sich um eine neue behandlungsmethode handele, der es an einer empfehlung des gemeinsamen bundesausschusses (gba) fehle. eine notstandsähnliche situation liege nicht vor. eine gewichtsreduktion könne auch auf konventionellem weg erreicht werden. den antrag lehnte die beklagte im rahmen eines telefonat am 30.04.2013 mündlich ab. auf wunsch des klägers wurde die ablehnung zudem am 06.05.2013 schriftlich bestätigt. dagegen erhob der kläger am 21.05.2013 widerspruch. er habe alle konservativen möglichkeiten ausgeschöpft und leide unter depressionen, diabetes mellitus, kurzatmigkeit, bluthochdruck etc ... daher sei die maßnahme erforderlich. beigefügt war ein attest von xxx, facharzt für orthopäde, vom 15.05.2013, worin dieser angab, dass der kläger aufgrund seiner gesundheitlichen einschränkungen die vom mdk vorgeschlagene bewegungstherapie nicht durchführen könne. die beklagte forderte nochmals ein gutachten des mdk an. im gutachten vom 07.06.2013 teilte dieser mit, dass regelmäßig keine tödlich verlaufende erkrankung vorliege, ebenso wenig eine notstandsähnliche situation. zudem sei der kläger in der lage gewesen, 15 kg abzunehmen, so dass die konservativen mittel genügen würden. die beklagte wies den widerspruch mit bescheid vom 23.04.2014 zurück. eine stationäre krankenhausbehandlung sei nicht erforderlich, da der kläger die gewichtsabnahme auf konservativen weg erreichen könne. mit der am 08.05.2014 erhobenen klage verfolgt der kläger sein begehren weiter. zur begründung führt er aus, dass er unter gefährlichem bauchfett leide, dass durch die konservativen mittel nicht zu beseitigen sei. sportliche aktivitäten zur gewichtsreduktion könne er wegen seiner orthopädischen beschwerden nicht durchführen. weitere diätmöglichkeiten bestünden nicht. als diabetiker ernähre er sich schon bewusst. die kasse habe auch sonstige möglichkeiten nicht bewilligt. u.a. habe man eine optifast-diät abgelehnt. der endobarrier® sei schließlich die mildeste operative methode. der kläger beantragt, die beklagte unter aufhebung der verwaltungsakte vom 30.04.2013 und vom 06.05.2013 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 23.04.2014 zu verurteilen, ihm eine stationäre krankenhausbehandlung zur anlage eines endobarriers® als sachleistung zu bewilligen. die beklagte beantragt, die klage abzuweisen. zur begründung verweist sie zunächst auf die ausführungen im widerspruchsbescheid. ergänzend trägt sie vor, dass in der rechtsprechung geklärt sei, dass operative maßnahmen zur gewichtsreduktion nur in ausnahmefällen in betracht kämen. erforderlich sei, dass sämtliche konservativen mittel ausgeschöpft worden seien und eine erhebliche adipositas vorliege. bei einer adipositas grad i wie beim kläger sei nach den leitlinien eine operationsindikation nicht gegeben. ebenso wenig sei eine multimodale therapie durchgeführt worden. da ihm bereits eine gewichtsreduktion gelungen sei, sei nicht ersichtlich, warum mit entsprechenden maßnahmen keine weitere gewichtsverringerung möglich sei. nach der rechtsprechung des bundessozialgerichts (bsg) gelte zudem das qualitätsgebot des § 2 des sozialgesetzbuches fünftes buch (sgb v) auch im stationären bereich. es fehle aber an entsprechenden studien in bezug auf den endobarrier. das gericht hat beweis erhoben durch die einholung eines befund- und behandlungsberichtes von xxx, facharzt für chirurgie, oberarzt der chirurgischen klinik des xxx, vom 06.11.2014. auf die ärztlichen feststellungen wird im einzelnen verwiesen. zudem hat es beim gba bezüglich möglicher antragsverfahren im hinblick auf den endobarrier® angefragt, worauf dieser mit schreiben vom 03.07.2015 geantwortet hat. wegen des weiteren sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte sowie die verwaltungsakte der beklagten, die das gericht beigezogen hat und die gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen ist, bezug genommen. 3
41. die zulässige klage ist unbegründet. a. die klage ist zulässig. insbesondere hat der kläger zutreffend eine leistungsklage statt einer feststellungsklage erhoben. eine feststellungsklage ist gegenüber der leistungsklage subsidiär (vgl. landessozialgericht [lsg] baden-württemberg, urteil vom 18.09.2015, az.: l 4 kr 424/15). zwar findet sich keine ausdrückliche regelung im sozialgerichtgesetz (sgg) hinsichtlich der subsidiarität der feststellungsklage gegenüber anfechtungs-, verpflichtungs- und leistungsklagen. generell ist aber anerkannt, dass die feststellungsklage gegenüber diesen klagearten nachrangig ist (bsg, urteil vom 13.03.2001, az.: b 3 p 10/00 r; keller, in: meyer-ladewig/keller/leitherer, sgg, 11.aufl., § 55 rn. 19a; lowe, in: beck scher online-kommentar, sgg, § 55 rn. 4). allerdings soll dies nach der rechtsprechung des bsg nicht gelten, wenn die beklagte eine juristische person des öffentlichen rechts ist. bei dieser sei zu erwarten, dass sie wegen der bindung an recht und gesetz gemäß art. 20 abs. 3 des grundgesetzes (gg) ein urteil mit lediglich feststellendem tenor befolgen werde. daher stehe der grundsatz der subsidiarität der feststellungsklage in solchen fällen nicht entgegen (bsg, urteil vom 13.03.2001, az.: b 3 p 10/00 r; bsg, urteil vom 22.07.2004, az.: b 3 kr 12/04 r; bsg, urteil vom 27.10.2009, az.: b 1 kr 4/09 r). schon grundsätzlich bestehen bedenken gegen die übernahme der zur zivilprozessordnung entstandenen ausnahme, weil sich im rahmen des sozialgerichtlichen verfahrens überwiegend juristische personen des öffentlichen rechts auf der beklagtenseite finden, so dass sie den grundsatz der subsidiarität der feststellungsklage letztlich leerlaufen lässt (vgl. castendiek, in: hk-sgg, 3. aufl., § 55 rn. 21 [anders in der 4. auflage]; dazu auch hommel, in: peters/sautter/wolff, sgg, 4. auflage, § 55 ziff. 8; hintz, in: hintz/lowe, sgg, § 55 rn. 22; kopp/schenke, vwgo, 15. aufl., § 43 rn. 28). zudem können im rahmen einer leistungsklage, die sich auf zurückliegende zeiträume bezieht, grundsätzlich die einzelnen rechtsfragen abschließend geklärt werden. es ist nämlich zu erwarten, dass der leistungsträger den urteilsspruch im rahmen der leistungsklage aufgrund der bindung an recht und gesetz in zukunft ebenso befolgen wird (vgl. bsg, urteil vom 13.03.2001, az.: b 3 p 10/00 r; bsg, urteil vom 20.11.2001, az.: b 1 kr 31/00 r, wonach das interesse an der alsbaldigen feststellung entfällt). dann aber besteht kein bedarf nach einer gesonderten feststellungsklage. es kommt hinzu, dass urteile aufgrund von leistungsklagen vollstreckbar sind, so dass gründe der prozessökonomie grundsätzlich für die leistungsklage sprechen (castendiek, in: hk-sgg, § 55 rn. 20). eine feststellungsklage kommt daher nur dann in betracht, wenn über die mit der leistungsklage zu erreichenden klageziele hinaus mittels der feststellungsklage weitergehender rechtsschutz erlangt werden könnte (vgl. hommel, in: peters/sautter/wolff, sgg, 4. auflage, § 55 ziff. 8; keller, in: meyer-ladewig/keller/leitherer, sgg, § 55 rn. 19 b). ein solcher fall liegt aber nicht vor, weil mit der erhobenen leistungsklage sämtliche rechtsfragen abschließend geklärt werden können und der kläger eine grundlage für die vollstreckung gegen die behörde erhält. b. die klage ist jedoch unbegründet. der kläger ist durch den angefochtenen bescheid vom 30.04.2014 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 23.04.2014 nicht im sinne von § 54 abs. 2 s. 1 sgg beschwert, da er nicht rechtswidrig ist. ein anspruch auf gewährung einer krankenhausbehandlung zur anlage eines endobarriers® besteht nicht. (1) der kläger hat keinen anspruch aus § 27 abs. 1 s. 1 nr. 5 i.v.m. § 39 des sozialgesetzbuches fünftes buch (sgb v) auf die begehrte leistung gegen die krankenkasse. (a) allerdings ist problematisch, ob dem anspruch – wie die beklagte meint - nicht bereits das wirtschaftlichkeitsgebot gemäß § 12 abs. 1 sgb v i.v.m. § 2 abs. 1 s. 3 sgb v entgegensteht. nach der rechtsprechung des bsg sind auch im bereich der stationären krankenhausbehandlung durch die gerichte die anforderungen aus den §§ 2 abs. 1, 12 abs. 1 sgb v zu beachten (so die h.m. bsg, urteil vom 28.07.2008, az.: b 1 kr 5/08 r; bsg, urteil vom 17.02.2010, az.: b 1 kr 10/09 r; bsg, urteil vom 21.03.2013, az.: b 3 kr 2/12 r; ebenso lsg nordrhein-westfalen [nrw], urteil vom 16.01.2014, az.: l 16 kr 558/13; sächs. lsg, urteil vom 16.01.2014, az.: l 1 kr 229/10; becker, in: becker/kingreen, sgb v, § 137 c rn. 1; ricken, in: eichenhofer/wenner, sgb v, § 39 rn. 28; ulmer, in: eichenhofer/wenner, sgb v, § 137c rn. 11). daraus folge, dass nur solche methoden zu übernehmen seien, die dem allgemein anerkannten stand der medizinischen erkenntnisse entsprächen. dazu sei erforderlich, dass ihre erprobung abgeschlossen sei und über qualität und wirksamkeit der neuen methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare aussagen möglich seien. in der regel sei dies durch entsprechende studien nachzuweisen. dem stünde § 137 c sgb v nicht entgegen, weil dieser die voraussetzungen für einen anspruch nach § 39 sgb v nicht selbst definiere. entgegen dieser ansicht ist die behandlung als sachleistung zu erbringen, wenn krankenhausbehandlungsbedürftigkeit besteht und ein ausschluss durch den gba nicht vorliegt (so denn die frühere rechtsprechung: bsg, urteil vom 19.03.2003, az.: b 1 kr 1/02 r; ebenso felix/deister, nzs 2013, 81 ff.; bender, nzs 2012, 761 ff.; vgl. auch sg dortmund, urteil vom 29.01.2014, az.: s 40 kr 1359/11; ähnlich sg hamburg, urteil vom 04.09.2015, az.: s 33 kr 822/13). weitere voraussetzungen im oben dargestellten sinne bestehen nicht. maßgeblich ist insoweit der nach ansicht der kammer klar in der gesetzesbegründung sowie der systematik zu tage tretende wille des gesetzgebers (ausführlich sg dortmund, urteil vom 29.01.2014, az.: s 40 kr 1359/11). der regelungswille des gesetzgebers ist primäre richtlinie der gesetzesanwendung (zum folgenden: bundesverfassungsgericht [bverfg], beschluss vom 25.01.2011, az.: 1 bvr 918/10; bverfg, beschluss vom 26.09.2011, az.: 2 bvr 2216/06 u.a.; lsg berlin-brandenburg, beschluss vom 08.08.2012, az.: l 23 sf 80/12 b ab; rüthers, njw 2011, 1856 ff.; wedel, njw 2012, 719 f.). der gesetzgeber hat für den stationären bereich abweichend von § 135 sgb v eine erlaubnis mit verbotsvorbehalt regeln wollen (vgl. entwurf eines gesetzes zur verbesserung der versorgungsstrukturen in der gesetzlichen krankenversicherung ausgeführt worden - bt-drucks. 17/6906, s. 86). für dieses verständnis spricht auch der wortlaut des § 137c sgb v und die systematik des sgb v. § 137 c abs. 1 s. 1 sgb v setzt schon nach seinem wortlaut ("die zu lasten der gesetzlichen krankenkassen im rahmen einer krankenhausbehandlung angewandt werden") und seinem inhalt voraus, dass die methoden bis zur negativen entscheidung des gba genutzt werden können (vgl. zum folgenden felix/deister, nzs 2013, 81 (87f.); bender, nzs 2012 761 (765 ff.)). er legt fest, dass methoden nur ausgeschlossen werden können, wenn der nutzen einer methode nicht hinreichend belegt ist und sie nicht das potenzial einer erforderlichen behandlungsalternative bietet (§ 137c abs. 1 s. 2 sgb v). damit wird schon ein gänzlich anderer maßstab definiert, als er von der rechtsprechung zur anwendung gelangt. nach der gesetzlichen konzeption ist zudem allein der gba für die feststellung des fehlenden nutzens/potenzials zuständig. eine überprüfungskompetenz der gerichte ist ausdrücklich nicht geregelt. dies wird durch die einführung der erprobung nach § 137e sgb v noch deutlicher (dazu auch felix/deister, nzs 2013, 81 (88); bender, nzs 2012, 761 (767 f.)). denn nach § 137c abs. 1 s. 3 sgb v beschließt der gemeinsame bundesausschuss eine richtlinie zur erprobung nach § 137e, wenn die überprüfung ergibt, dass der nutzen einer methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das potenzial einer erforderlichen behandlungsalternative bietet. damit wäre die feststellung, dass der nutzen noch nicht hinreichend belegt ist, gerade nicht mit dem ausschluss aus dem leistungskatalog verbunden. vielmehr wäre bei ausreichendem potenzial eine erprobungsrichtlinie zu erlassen, wofür aber ausschließlich der gba zuständig wäre. folgte man der oben zitierten rechtsprechung, wäre diese gesetzliche konstruktion ausgehebelt. unabhängig davon hat der gesetzgeber auch auf die geänderte rechtsprechung des bsg reagiert (vgl. dazu sg hamburg, urteil vom 04.09.2015, az.: s 33 kr 822/13). er hat nunmehr eine ausdrückliche regelung in § 137c abs. 3 sgb v geschaffen. danach dürfen untersuchungs- und behandlungsmethoden, zu denen der gemeinsame bundesausschuss bisher keine entscheidung nach absatz 1 getroffen hat, im rahmen einer krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das potential einer erforderlichen behandlungsalternative bieten und ihre anwendung nach den regeln der ärztlichen kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist. in der gesetzesbegründung hat der gesetzgeber ausgeführt, dass weiterhin eine erlaubnis mit verbotsvorbehalt gelten soll. insoweit sei wegen der gegenteiligen rechtsprechung des bsg eine konkretisierung und klarstellung erfolgt. damit solle verhindert werden, dass die einzelne krankenkasse im rahmen der leistungsentscheidung nach anderen kriterien entscheide als der gba (vgl. bt-drucks. 18/4095, s. 121 f.). (b) selbst dann führt allein der umstand, dass der endobarrier® im ambulanten bereich nicht zur vertragsärztlichen versorgung zugelassen ist, nicht dazu, dass diese leistung nunmehr stationär zu erbringen wäre. es ist in jedem falle zu prüfen, ob krankenhausbehandlungsbedürftigkeit besteht (bsg, urteil vom 16.12.2008, az.: b 1 kr 11/08 r; lsg nrw, beschluss vom 18.11.2013, az.: l 16 kr 639/13 b). daran fehlt es hier. zwar ist die stationäre durchführung der implantation des endobarriers® nach den ausführungen von xxx wegen der begleiterkrankungen erforderlich (vgl. befundbericht vom 06.11.2014 – bl. 13 der gerichtsakte). allerdings ist nicht erkennbar geworden, dass überhaupt die implantation des endobarriers erforderlich wäre. die anlage eines endobarriers® bedarf insoweit als mittelbare krankenbehandlung durch operation an einem funktionell intakten organ einer speziellen rechtfertigung (vgl. auch zu den möglichen komplikationen xxx im befundbericht vom 06.11.2014 – bl. 12 ff. der gerichtsakte). eine solche krankenbehandlung ist nur dann ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich (§ 2 abs. 1 satz 3, § 12 abs. 1 sgb v), wenn sie nach art und schwere der erkrankung, dringlichkeit der intervention sowie nach abwägung der risiken und des zu erwartenden nutzens der therapie sowie etwaiger folgekosten für die krankenversicherung gerechtfertigt ist (lsg baden-württemberg, urteil vom 07.12.2004, az.: l 11 kr 1627/04; lsg rheinland-pfalz, urteil vom 22.06.2006, az.: l 5 kr 53/06; sg dortmund, urteil vom 26.08.2008, az.: s 8 kr 208/05). daher kommt eine chirurgische behandlung der extremen adipositas zu lasten der gesetzlichen krankenversicherung als ultima ratio nur in betracht, wenn bei dem versicherten eine reihe von kriterien erfüllt sind (bsg, urteil vom 19.02.2003, az.: b 1 kr 1/02 r; bsg, urteil vom 16.12.2008, az.: b 1 kr 2/08 r; lsg baden-württemberg, urteil vom 07.12.2004, az.: l 11 kr 1627/04; lsg nrw, urteil vom 03.11.2005, az.: l 5 kr 173/04; lsg rheinland-pfalz, urteil vom 22.06.2006, az.: l 5 kr 53/06; bayerisches lsg, urteil vom 20.03.2009, az.: l 5 kr 182/08; lsg berlin-brandenburg, urteil vom 12.11.2009, az.: l 9 kr 11/08): 1. es muss ein bmi von mindestens 40 kg/m² oder ein bmi ab 35 kg/m² mit erheblichen begleiterkrankungen vorliegen; 2. der chirurgische eingriff muss die ultima ratio sein; zuvor müssen alle konservativen behandlungsmöglichkeiten erschöpft sein (z. b. diätische therapie, bewegungstherapie, medikamentöse therapie, psychotherapie); 3. das operationsrisiko muss tolerabel sein; 4. der versicherte muss ausreichend motiviert sein; 5. es darf keine manifeste psychiatrische erkrankung vorliegen und 6. es muss die möglichkeit einer lebenslangen medizinischen nachbetreuung bestehen. die damit aufgestellten strengen voraussetzungen liegen beim kläger nicht vor. nach ansicht der kammer fehlt es in bezug auf den kläger insoweit an einer ausschöpfung der konservativen behandlungsmöglichkeiten. als solche kommen grundsätzlich therapieprogramme unter stationären bedingungen, rehabilitationsmaßnahmen (ambulant oder stationär), selbsthilfegruppen (etwa weight-watchers) oder eigenverantwortliche diätmaßnahmen unter ärztlicher kontrolle in betracht. von einer ausschöpfung der konservativen therapiemöglichkeiten kann nur dann ausgegangen werden, wenn eine sechs- bis zwölfmonatige konservative behandlung nach definierten qualitätskriterien stattgefunden hat (vgl. lsg rheinland-pfalz, urteil vom 22.06.2006, az.: l 5 kr 53/06; bayerisches lsg, urteil vom 20.03.2009, az.: l 5 kr 182/08; sg dortmund, urteil vom 24.04.2008, az.: s 40 kr 237/06; sg dortmund, urteil vom 26.08.2008, az.: s 8 kr 208/05). insbesondere ist nach ansicht der kammer erforderlich, dass eine integrierte therapie über einen solch längeren zeitraum versucht wurde, weil nur dann davon ausgegangen werden kann, dass die konservativen behandlungsmöglichkeiten bei der versicherten keinen erfolg zeigen und ausgeschöpft sind (so auch lsg baden-württemberg, urteil vom 07.12.2004, az.: l 11 kr 1627/04; lsg rheinland-pfalz, urteil vom 22.06.2006, az.: l 5 kr 53/06; sg dortmund, urteil vom 24.04.2008, az.: s 40 kr 237/06). dabei setzt sich eine integrierte therapie aus den elementen der ernährungs-, bewegungs- und verhaltenstherapie zusammen. erforderlich ist zudem die betreuung durch einen entsprechend qualifizierten arzt, der eine ausreichende klinische erfahrung hat und darüber hinaus als wesentliches qualitätsmerkmal eine ernährungsmedizinische zusatzausbildung auf der basis des curriculums ernährungsmedizin der bundesärztekammer vorweisen kann. ebenso ist das programm durch eine ernährungsfachkraft – entweder ein/e diätassistent/in oder ein/e ökotrophologe/in mit praktischer erfahrung in der betreuung von adipösen personen – zu begleiten. zu beginn eines multimodalen konzepts soll eine medizinische eingangsuntersuchung stattfinden. ebenso gehören regelmäßige strukturierte schulungen in der gruppe, gruppensitzungen und verlaufskontrollen zu den qualitätskriterien eines ambulanten adipositasprogramms. in der ersten phase steht dabei die gewichtsreduktion im vordergrund. sodann dient die zweite phase der gewichtserhaltung mit langfristiger ernährungsumstellung. zur gewichtsabnahme und gewichtserhaltung trägt dabei ein erhöhter energieverbrauch durch vermehrte körperliche aktivität bei (zum ganzen sg dortmund, urteil vom 31.08.2010, az.: s 40 kr 313/07). die durchführung eines so definierten integrierten therapiekonzeptes hat der kläger nicht nachgewiesen (vgl. zu seinen angaben das protokoll der mündlichen verhandlung vom 11.11.2015). gerade die verknüpfung der verschiedenen therapien verspricht aber eine gewisse wahrscheinlichkeit für den erfolg bei der gewichtsabnahme. daran hält die kammer weiterhin fest. dies folgt schon daraus, dass es sich rechtlich um eine mittelbare krankenbehandlung handelt, so dass in der regel im rahmen der abwägung eine ausschöpfung der konservativen mittel zu fordern ist. insoweit führt auch die s 3-leitlinie: chirurgie der adipositas auf seite 14 (abrufbar unter: http://www.adipositas-gesellschaft.de/index.php?id=9) aus: "deshalb wurde in der vergangenheit insbesondere von den kostenträgern gefordert, vor einer entscheidung zur operation intensive, ärztlich begleitete gewichtsreduktionsversuche zu unternehmen. dieses vorgehen ist bei hochgradiger adipositas – zumindest für nicht strukturierte und nicht dauerhaft konzipierte gewichtsreduktionsversuche – aus klinisch-wissenschaftlicher sicht nicht gerechtfertigt wegen der geringen erfolgsaussichten". daraus kann aber nur der umkehrschluss gezogen werden, dass strukturierte, längerfristig angelegte, ärztlich begleitete konservative therapien durchaus erfolgsaussichten zeitigen und insoweit durchzuführen sind (siehe s 3-leitlinie: chirurgie der adipositas, s. 12 - " ...bei erschöpfung der konservativen therapien ..."). die ärztliche begleitung durch einen entsprechend qualifizierten arzt ist im übrigen auch deshalb geboten, weil nur dieser überhaupt in der lage ist, ein individuell auf den einzelnen patienten abgestimmtes programm zu erstellen und gegebenenfalls im laufe des programms anpassungen vorzunehmen. dies entspricht zudem der empfehlung der fachgesellschaften in der s3-leitlinie "prävention und therapie der adipositas" (stand: april 2014 - abrufbar unter: http://www.adipositas-gesellschaft.de/index.php?id=9), wonach eine multimodale therapie von kumulativ 6 monaten innerhalb der letzten zwei jahre vorausgesetzt wird (s. 70; vgl. auch das weitergehende sondervotum der dgem auf s. 67). (2) der anspruch folgt auch nicht aus § 13 abs. 3a s. 6 sgb v. nach § 13 abs. 3a s. 1 sgb v hat die krankenkasse über einen antrag auf leistungen zügig, spätestens bis zum ablauf von drei wochen nach antragseingang oder in fällen, in denen eine gutachtliche stellungnahme, insbesondere des medizinischen dienstes der krankenversicherung (medizinischer dienst), eingeholt wird, innerhalb von fünf wochen nach antragseingang zu entscheiden. wenn die krankenkasse eine gutachtliche stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. kann die krankenkasse fristen nach satz 1 oder satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies gemäß § 13 abs. 3a s. 5 sgb v den leistungsberechtigten unter darlegung der gründe rechtzeitig schriftlich mit. erfolgt keine mitteilung eines hinreichenden grundes, gilt die leistung nach ablauf der frist gemäß § 13 abs. 3a s. 6 sgb v als genehmigt. beschaffen sich leistungsberechtigte nach ablauf der frist eine erforderliche leistung selbst, ist die krankenkasse nach § 13 abs. 3a s. 7 sgb v zur erstattung der hierdurch entstandenen kosten verpflichtet. für leistungen zur medizinischen rehabilitation gelten gemäß § 13 abs. 3a s. 9 sgb v die §§ 14, 15 des neunten buches (sgb ix) zur zuständigkeitsklärung und erstattung selbst beschaffter leistungen. die kammer lässt offen, ob vorliegend die fristen des § 13 abs. 3a s. 1 sgb v abgelaufen waren oder eine hinreichende mitteilung durch die beklagte erteilt worden ist. ebenso lässt die kammer offen, ob hier durch den verwaltungsakt vom 30.04.2013 gegebenenfalls eine aufhebung der fingierten genehmigung gemäß §§ 45 bzw. 48 sgb x erfolgt ist (zu dieser möglichkeit lsg nordrhein-westfalen [nrw], beschluss vom 23.05.2014, az.: l 5 kr 222/14 b er; noftz, in: hauck/noftz, sgb v, § 13 rn. 58l). denn die erfüllung dieser voraussetzungen begründet noch keinen anspruch aus einer fingierten genehmigung gemäß § 13 abs. 3a s. 6 sgb v. die vorschrift ist teleologisch zu reduzieren. von der fiktionswirkung nach § 13 abs. 3a s. 6 sgb v sind nur solche beantragten leistungen erfasst, die die krankenkassen allgemein in natur als sach- oder dienstleistung zu erbringen haben (so bereits die kammer im beschluss vom 16.07.2014, az.: s 40 kr 742/14 er; ebenso lsg nrw, beschluss vom 26.05.2014, az.: l 16 kr 154/14 b er; sg dortmund, beschluss vom 31.01.2014, az.: s 28 kr 1/14 er; sg würzburg, urteil vom 15.01.2015, az.: s 11 kr 100/14; preis/schneider, nzs 2013, 281 (287); knispel, sgb 2014, 374 ff.; s.a. rieker, nzs 2015, 294 ff.). die genehmigung reicht damit nicht weiter als der zugrunde liegende sachleistungsanspruch entsprechend der regelungen des sgb v. daran fehlt es nach dem oben gesagten. (a) die gegenmeinung (vgl. etwa lsg nrw, beschluss vom 23.05.2014, az.: l 5 kr 222/14 b er; sg dessau-roßlau, urteil vom 18.12.2013, az.: s 21 kr 282/13; sg nürnberg, urteil vom 27.03.2014, az.: s 7 kr 520/13; sg augsburg, urteil vom 03.06.2014, az.: s 6 kr 339/13; sg lüneburg, urteil vom 17.02.2015, az.: s 16 kr 96/14; sg detmold, urteil vom 09.07.2015, az.: s 24 kr 254/14 m.w.n.) überzeugt nicht. zwar ist ihr zuzugeben, dass der wortlaut entsprechend weit formuliert ist. dies hindert eine teleologische reduktion jedoch nicht. vielmehr macht der weite wortlaut aufgrund systematischer, historischer und teleologischer überlegungen eine solche reduktion (zu den voraussetzungen einer reduktion allgemein canaris, methodenlehre, 3.aufl., s. 210 ff.) erforderlich. der teleologischen reduktion steht jedenfalls das ziel des gesetzes zur verbesserung der rechte von patientinnen und patienten (patientenrechtegesetz), das genehmigungsverfahren im interesse der patienten zu beschleunigen, nicht entgegen. dieses ziel ist der gesetzesbegründung zum entwurf des patientenrechtegesetzes (siehe bt-drucks. 17/10488, s. 32) entnommen. der gleiche gesetzesentwurf sieht eine genehmigungsfiktion nicht vor. vielmehr suchte der gesetzgeber das ziel der verfahrensbeschleunigung durch die schaffung eines kostenerstattungsanspruches, der als sachleistungsersetzender anspruch konstruiert war, zu erreichen (vgl. beschlussempfehlung und bericht des ausschusses für gesundheit in bt-drucks. 17/11710, s. 29). der beschleunigungseffekt sollte allein mittels der gesetzlichen frist sowie einer weiteren fristsetzung – vergleichbar mit § 15 abs. 1 s. 2 sgb ix - erreicht werden. es überzeugt daher nicht, wenn der gesetzeszweck der verfahrensbeschleunigung nunmehr zur auslegung der genehmigungsfiktion herangezogen wird, wenn nicht einmal der ursprüngliche gesetzesentwurf zur zweckerreichung eine solch weitgehende regelung für erforderlich gehalten hat. die gegenansicht überzeugt auch deshalb nicht, weil das verhältnis zu § 13 abs. 3a s. 9 sgb v letztlich nicht geklärt wird. für leistungen zur medizinischen rehabilitation gelten nach dieser vorschrift die §§ 14, 15 des neunten buches (sgb ix) zur zuständigkeitsklärung und erstattung selbst beschaffter leistungen. nach dem klaren wortlaut kommen die übrigen regelungen der s. 1 bis 8 bei leistungen zur medizinischen rehabilitation nicht zur anwendung, denn die vorschrift verweist ohne begrenzung auf die vorschriften des sgb ix (vgl. sg stralsund, beschluss vom 07.04.2014, az.: s 3 kr 112/13; sg dortmund, beschluss vom 16.07.2014, az.: s 40 kr 742/14 er). dies hatte nach dem ursprünglichen gesetzentwurf auch seinen sinn, da der heutige § 13 abs. 3a s. 7 sgb v ebenso wie § 15 sgb ix nur eine kostenerstattungsregelung vorgesehen hatte, die beide jeweils nicht weiter reichen sollten als der zugrundeliegende sachleistungsanspruch (vgl. dazu urteil der kammer vom heutigen tage, az.: s 40 kr 759/14). da im rahmen der medizinischen rehabilitation eine gleichlaufende kostenerstattungsregelung existierte, bedurfte es der vorschrift des heutigen § 13 abs. 3a s. 7 sgb v in diesem bereich nicht mehr. die gegenmeinung will § 13 abs. 3a s. 9 sgb v trotz des wortlauts wegen der wertungswidersprüche zu s. 6 einschränkend auslegen, sieht sich aber gleichzeitig nicht in der lage, bereits s. 6 zur vermeidung von wertungswidersprüchen einzuschränken (vgl. etwa sg detmold, urteil vom 09.07.2015, az.: s 24 kr 254/14), was nicht überzeugt. es kommt hinzu, dass sich der beschlussempfehlung und dem bericht des ausschusses für gesundheit nichts entnehmen ließe, dass für eine einschränkung von s. 9 sprechen würde (vgl. bt-drucks. 17/11710, s. 29 f.). (b) es verbleibt daher dabei, dass die vorschrift des § 13 abs. 3a s. 6 sgb v teleologisch zu reduzieren ist. klar ist nach ansicht der kammer, dass im ursprünglichen entwurf sachleistungsersetzende kostenerstattungsansprüche vorgesehen waren, die insoweit weiterhin in s. 7 enthalten sind (siehe zum kostenerstattungsanspruch ausführlich urteil der kammer vom heutigen tage, az.: s 40 kr 759/14). in der gesetzesbegründung wird ausdrücklich bezug genommen auf einen sachleistungsersetzenden kostenerstattungsanspruch ("die versicherten sind so zu stellen, als hätte die krankenkasse die sachleistung rechtzeitig zur verfügung gestellt." - bt-drucks. 17/10488, s. 32). darüber hinaus soll vorbild für neuregelung die vorschrift des § 15 sgb ix gewesen sein (bt-drucks. 17/10488, s. 32). dort wird aber vorausgesetzt, dass ein sachleistungsanspruch besteht (vgl. bsg, urteil vom 07.05.2013, az.: b 1 kr 12/12 r; lsg baden-württemberg, urteil vom 22.10.2013, az.: l 13 r 2947/12; majerski-pahlen, in: neumann/pahlen/majerski-pahlen, sgb ix, 12. aufl., § 15 rn. 3). es lässt sich demgegenüber der beschlussempfehlung und dem bericht des ausschusses für gesundheit ebenfalls nichts entnehmen, dass für eine leistungsausweitung sprechen würde. damit sollte einerseits gerade nicht von der grundsätzlichen gesetzgeberischen konstruktion abgewichen werden (vgl. bt-drucks. 17/11710, s. 29 f.). andererseits wird in diesem zusammenhang nochmals klar auf einen sachleistungsanspruch bezug genommen, wenn dort ausgeführt wird, dass sich der versicherte die ihm "zustehende" leistung zeitnah selbst beschaffen kann (vgl. bt-drucks. 17/11710, s. 30). sinn der regelung des s. 6 war es, den versicherten ohne eine zusätzliche fristsetzung die beschaffung der ihnen zustehenden leistungen zu ermöglichen. an keinerlei stelle lässt sich entnehmen, dass gleichzeitig eine leistungsausweitung intendiert war. vielmehr wird noch ausgeführt, dass von der kostenerstattungsregelung des s. 7 der eigenanteil des versicherten nicht erfasst wird, dieser also nicht weiter reichen soll als der sachleistungsanspruch. es wäre aber eine ausdrückliche aussage zu erwarten gewesen, insbesondere weil die übrigen, auf den sachleistungsanspruch bezogenen regelung (s. 7 und s. 9) unverändert beibehalten worden sind. die dadurch aufkommenden wertungswidersprüche hat man offensichtlich nicht erkannt, wobei nach dem dafürhalten der kammer dies allein darauf fußt, dass man gerade eine leistungsausweitung gar nicht beabsichtigt hatte, sondern lediglich das erfordernis einer zusätzlichen frist beseitigen wollte. demgegenüber sprechen die systematik, die gesetzgebungsgeschichte und sonst auftretende wertungswidersprüche für eine einschränkung der vorschrift. schon systematische gründe sprechen für eine solche vorgehensweise. der gesetzgeber hat die neuregelung in den § 13 sgb v, der kostenerstattungsansprüche vorsieht, integriert. die dort erfassten kostenerstattungsansprüche setzen jeweils voraus, dass die selbstbeschaffte krankenbehandlung zu den leistungen gehört, welche die krankenkassen allgemein in natur als sach- oder dienstleistung zu erbringen haben (bsg, urteil vom 04. april 2006, az.: b 1 kr 12/05 r, sowie brandts, in: kasseler kommentar, sgb v, § 13 rn. 53, zu § 13 abs. 3 s. 1 sgb v; bsg, urteil vom 25.09.2000, az.: b 1 kr 5/99 r, sowie brandts, in: kasseler kommentar, sgb v, § 13 rn. 29, in bezug auf § 13 abs. 2 sgb v; zu § 13 abs. 4 u. 5. vgl. bsg, urteil vom 30.06. 2009, az.: b 1 kr 19/08 r). hätte der gesetzgeber von dieser systematik im rahmen von § 13 abs. 3a s. 6 u. 7 sgb v abweichen wollen, hätte es zumindest entsprechender hinweise in der gesetzesbegründung bedurft. sinn und zweck der regelung sprechen eher für, denn gegen eine einschränkende auslegung. mit der regelung sollte die leistungserbringung beschleunigt werden. leistungsansprüche sollten schnell geklärt werden und die versicherten zügig an die beantragten leistungen gelangen (bt-drucks. 17/10488, s. 32). um dies zu gewährleisten, wurde eine entsprechende kostenerstattungsregelung aufgenommen, die nach ablauf der gesetzlichen frist in verbindung mit einer weiteren fristsetzung eingreifen sollte (vgl. § 13 abs. 3a s. 7 sgb v). aufgrund dieses kostenerstattungsanspruches haben die kassen die vollständigen kosten für die selbstbeschaffung zu erstatten (bt-drucks. 17/10488, s. 32). das gesetz enthält darüber hinaus keine weiteren sanktionsregelungen. diese sind auch nicht erforderlich. denn der gesetzgeber ging in diesem zusammenhang wohl davon aus, dass die krankenkassen ausreichend durch die höheren kosten im rahmen der abrechnung nach der goä oder goz motiviert werden, die in § 13 abs. 3a sgb v vorgesehenen fristen einzuhalten. weitergehende regelung wollte der gesetzgeber nicht schaffen. das weite verständnis führt überdies zu einer kaum zu rechtfertigenden ungleichbehandlung. während nämlich die kostenerstattung für leistungen zur medizinischen rehabilitation nach § 13 abs. 3a s. 9 sgb v i.v.m. § 15 sgb ix auf fälle beschränkt ist, in denen grundsätzlich ein sachleistungsanspruch besteht, käme in sonstigen fällen eine darüber hinausgehende sachleistung – vom wortlaut betrachtet letztlich ohne grenzen – in betracht, ohne dass sich der gesetzesbegründung ein differenzierungskriterium entnehmen ließe, der diese ungleichbehandlung rechtfertigen würde. das gleiche hat im übrigen zu gelten, wenn statt der geltendmachung des auf der fiktion beruhenden sachleistungsanspruches die leistung zunächst beschafft und sodann kostenerstattung nach s. 7 begehrt wird. denn ausweislich der gesetzesbegründung ist dieser klar als sachleistungsersetzender kostenerstattungsanspruch geregelt (s.o.) und würde mithin bei kostenerstattungsbegehren enger ausfallen als der sachleistungsanspruch im rahmen der fiktion. die ungleichbehandlung lässt sich aber vermeiden, wenn man die oben vorgeschlagene teleologische reduktion vornimmt. schließlich läuft die regelung des § 13 abs. 3a s. 6 sgb v bei dem hiesigen verständnis nicht leer. einerseits verhindert die vorschrift gleichwohl, dass sich die krankenkasse auf die nichteinhaltung des beschaffungsweges berufen kann. andererseits kann sich der versicherte bereits nach ablauf von nur drei wochen die leistung selbst besorgen bzw. von der kasse die versorgung verlangen, soweit ein entsprechender sachleistungsanspruch bestünde. eines widerspruchsverfahrens bedürfte es u.a. nicht mehr. genau diese beiden umstände waren aber anlass für die schaffung des § 13 abs. 3a sgb v. sinn und zweck der regelung war es aber nicht, den versicherten bei einer selbstbeschaffung von jeglichem kostenrisiko freizustellen. ebenso wenig kann es sinn und zweck der vorschrift sein, den versicherten im wege der genehmigungsfiktion leistungen zu gewähren, die über den sachleistungsanspruch hinausgehen. 2. die kostenentscheidung beruht auf §§ 183 s. 1, 193 abs. 1 s. 1 sgg.
Verklagte*r
0
172,042
11 O 24/11
2014-08-13T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagten zu 1) und 2) werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 923 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.02.2011 zu zahlen. Der Beklagte zu 2) wird zudem verurteilt, Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 923 Euro für die Zeit vom 11.02.2011 bis zum 16.02.2011 an die Klägerin zu zahlen. Die Beklagten zu 1) und 2) werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 5,20 Euro freizustellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagten jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten um Schmerzensgeld und Ersatz materieller Schäden in Zusammenhang mit einer zahnärztlichen Behandlung und der Eingliederung von Zahnersatz. Die Beklagte zu 1) ist Trägerin des Krankenhauses, in dem die streitgegenständliche Behandlung durchgeführt wurde, die Beklagten zu 2) bis 4) waren zurzeit der Behandlung der Klägerin bei der Beklagten zu 1) angestellt. 3Die Klägerin ist unter anderem gegen Kunststoffe allergisch, die Metylmethacrylat enthalten, was zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Behandlung auch in ihrem Allergieausweis eingetragen war. Nachdem sie schon früher bei der Beklagten zu 1) behandelt wurde – 1971 noch von Prof. Dr. T2 und Anfang der 90er Jahre durch den Beklagten zu 3) –, stellte sie sich am 12. Mai 2009 erneut in der Klinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde der Beklagten zu 1) vor, um sich wegen einer andernorts verursachten Beschädigung einer Suprakonstruktion und einer Implantatfraktur behandeln zu lassen. Der Beklagte zu 3) besichtigte zunächst den Zustand des Gebisses, ließ eine Röntgenaufnahme anfertigen und bestätigte sodann den Bruch der Implantatschraube im Oberkiefer. Er beriet die Klägerin dahingehend, dass es eines neuen Zahnersatzes im Oberkiefer bedürfe und dafür Implantate gesetzt und zunächst ein Kurzzeitprovisorium eingegliedert werden müssten. 4Am 22. Juni 2009 entfernte der Beklagten zu 2) auf Weisung des Beklagten zu 3) die Zähne 16, 13, 12, 11, 33, 41 und 42. Ferner wurden sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer provisorische Versorgungen aus Kunststoff eingesetzt, deren genaues Material zwischen den Parteien streitig ist. Die Prothesen wurden sofort weichbleibend unterfüttert. In der folgenden Zeit beklagte die Klägerin Probleme mit den Provisiorien, einerseits im Hinblick auf ihre Größe, andererseits wegen der Kunststoffe, aus denen die Provisorien hergestellt worden waren. 5Spätestens bei einer Behandlung am 1. Juli 2009 wies die Klägerin die Behandler auf Überempfindlichkeiten gegen bestimmte Stoffe hin. An diesem Tag entfernte der Beklagte zu 2) auch den Zahn 17. Das angefertigte Langzeitprovisorium für den Oberkiefer konnte aus diesem Grund nur noch auf dem Implantat 23 und mit einer Doppelgeschiebekonstruktion verankert werden. 6Am 7. August 2009 setzte der Beklagte zu 2) der Klägerin ein Langzeitprovisorium aus Kunststoff ein, dessen genaues Material ebenfalls zwischen den Parteien streitig ist. Jedenfalls an diesem Tag lag den Behandlern der Allergieausweis der Klägerin vor. Am 19. August 2009 stellte sich die Klägerin erneut vor und bat wegen Beschwerden um Entfernung des Langzeitprovisoriums. Dies lehnte der Beklagte zu 2) unter Hinweis auf eine Weisung des Beklagten zu 4) ab. Am Folgetag, dem 20. August 2009, wurde das Langzeitprovisorium durch Herrn Dr. N entfernt. Die Beklagte zu 1) überwies der Klägerin daraufhin 2.923,- Euro zurück, die die Klägerin für das Langzeitprovisorium gezahlt hatte. Durch vorgerichtliches Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 10. Februar 2010 forderte die Klägerin die Beklagten zur Zahlung weiterer 35.177 Euro auf. Am 04. April 2011 zahlten die Beklagten der Klägerin auf ihre Eigenbeteiligung an vorgerichtlichen Anwaltskosten 150 Euro. Die Klage wurde dem Beklagten zu 2) am 10. Februar 2011 und der Beklagten zu 1) am 16. Februar 2011 zugestellt. 7Die Klägerin behauptet, sie sei durch die Beklagten zu 2) bis 4) in der von der Beklagten zu 1) betriebenen Klinik insofern fehlerhaft behandelt worden, als diese ihr zunächst Kunststoffprovisorien und später Langzeitprovisorien aus Kunststoff eingegliedert hätten, die sie aufgrund ihrer Allergie gegen Metylmethacrylat nicht vertragen habe. Den Beklagten sei diese Allergie bekannt gewesen, weil sie sich aus der aufgrund früherer Behandlungen vorliegenden Dokumentation ergeben hätte und die Klägerin zudem vor jeder Vorstellung ihren Allergiepass vorgelegt und die Beklagten zu 2) und 3) zudem mündlich auf ihre Allergien hingewiesen habe. Ihr zuvor getragener Zahnersatz, den sie vertragen habe, sei aus Titan und Keramik gefertigt gewesen. 8Das angefertigte Kurzzeitprovisorium sei zu groß gewesen und trotz mehrmaliger Nachbesserungsversuche auch geblieben. Die betreffenden Unterfütterungen hätten nicht weitergeholfen und seien ebenfalls aus allergieauslösendem Material angefertigt worden. Ihre Mundschleimhaut sei nach der Eingliederung angeschwollen, sie habe ein Brennen im Mund verspürt und es hätten sich Herpesbläschen um den Mund herum gebildet. Nach dem Abklingen der Betäubung seien die stärker werdenden Schmerzen im Ober- und Unterkieferbereich kaum noch zu ertragen gewesen. Auch habe sich ein Juckreiz am ganzen Körper eingestellt. Sie, die Klägerin, habe sich schließlich zum ärztlichen Notdienst begeben. Dort habe die Ärztin sofort festgestellt, dass die Provisorien wegen einer Kunststoffallergie der Klägerin unverzüglich entfernt werden müssten. Auch ein am nächsten Tag aufgesuchter Kieferchirurg sei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kunststoffprovisorien für die Klägerin völlig ungeeignet seien. 9Beim Extrahieren eines benachbarten Zahns habe der Beklagte zu 2) darüber hinaus den Zahn 17 angeschlitzt und irreparabel beschädigt. Dieser habe ebenso extrahiert werden müssen wie ein weiterer, vollkommen gesunder Backenzahn. Insgesamt seien 11 Zähne in unnötiger Weise entfernt worden. 10Anfang August 2009 habe man über die Langzeitprovisorien gesprochen. Man habe über allergiefreie Provisorien gesprochen. Als man ihr gesagt habe, dass die Langzeitprovisorien erneut aus Kunststoff hergestellt werden sollten, habe sie dies aus Angst abgelehnt. Man habe ihr, der Klägerin, auch fälschlich versichert, die Provisorien wüchsen mit. Das habe nicht gestimmt, weil einige Metallteile im Inneren derselben Anpassungen an folgende Implantate nicht zugelassen hätten. Vor der Eingliederung der Langzeitprovisorien am 7. August 2009 habe der Sohn der Klägerin, von Beruf Chemiker, gesagt, dass das angesichts der Allergien seiner Mutter nicht gut gehen werde, weil erneut ein Acrylat Verwendung gefunden habe. Nach der Eingliederung hätten sich sofort dieselben Symptome gezeigt wie bei den ersten Provisorien. Sie, die Klägerin, habe ihren Hausarzt und ihre Lungenfachärztin aufsuchen müssen. Dabei sei ein Ansteigen des Allergiewertes auf 249 festgestellt worden. Eine Hautärztin habe ihr außerdem erklärt, die eingesetzten Teile müssten wegen der Allergie wieder entfernt werden. Daraufhin habe sie mehrfach vergeblich um die Entfernung gebeten. Am 17. August 2009 sei dies unter Hinweis darauf abgelehnt worden, dass die Beklagten zu 3) und 4) nicht anwesend seien und der Beklagte zu 4) angeordnet gehabt habe, das festgeschraubte Provisorium bis zu seiner Rückkehr zu belassen. Er habe sich das Ganze am 22. August 2009 ansehen wollen. Am 19. August 2009 habe der Beklagte zu 2) mitgeteilt, ihm fehle das notwendige Werkzeug und er dürfe das Provisorium nicht gegen die Weisung des Beklagten zu 4) herausnehmen. Erst am 20. August 2009 habe Herr Dr. N der Entfernung des Provisoriums durch den Beklagten zu 2) zugestimmt. Sie habe 3.000,- Euro für das Langzeitprovisorium gezahlt, hiervon aber nur 2.923,- Euro zurückerhalten. 11Die Klägerin begehrt ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von insgesamt mindestens 12.750 Euro, von denen 3.000 Euro auf die Behandlung durch das angefertigte Langzeitprovisorium entfallen sollen. Sie macht zudem materielle Schäden in Höhe von 22.427,- Euro geltend, die sich aus dem ihr angeblich nicht zurücküberwiesenen Teil der Kosten für das Langzeitprovisorium von 77 Euro, den Kosten einer neuen, sachgerechten Zahnversorgung und Fahrtkosten in das - unstreitig - 123 km von ihrem Wohnort entfernte Haus der Beklagten zu 1) zusammensetzen sowie außergerichtliche Anwaltskosten. Für die Höhe und Berechnung der Schadensposten im Einzelnen wird auf die S. 6 ff. der Klageschrift Bezug genommen (Bl. 6 ff. der Akte). 12Die Klägerin beantragt, 131. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie Schadensersatz i.H.v. 22.427 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 1 DÜG seit dem 10.03.2010 zu zahlen, 142. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt mindestens 12.750 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 1 DÜG seit dem 10.03.2010 zu zahlen, 153. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin Anwaltskosten i.H.v. 1.119,19 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 1 DÜG seit Klagezustellung zu zahlen und die Klägerin von der Zahlung in Höhe ihrer Eigenbeteiligung im Rahmen ihrer Anwaltskosten i.H.v. 300 € abzüglich am 04.04.2011 gezahlter 150 € freizustellen. 16Die Beklagten beantragen, 17die Klage abzuweisen. 18Sie bestreiten, dass die Klägerin vor dem 1. Juli 2009 auf eine Überempfindlichkeit gegen Prothesenkunststoff hingewiesen habe. Da der zuvor getragene Zahnersatz ebenfalls unter Verwendung solcher Materialien hergestellt gewesen sei, hätten erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Mitteilung bestanden. Die Klägerin sei von den Beklagten zu 2) und 3) mehrfach vergeblich aufgefordert worden, einen Nachweis für ihre Allergien beizubringen. Das sei erst am vorletzten Tag der Behandlung geschehen. Hier hätten aber an der Richtigkeit der Eintragung weiter Zweifel bestanden, weil die Eintragung handschriftlich vorgenommen gewesen sei. Hinzu komme schließlich, dass sich bei der Klägerin zu keinem Zeitpunkt die für eine Allergie typischen Symptome gezeigt hätten. Die Behandler hätten, was als solches nicht streitig ist, den Schluss gezogen, dass es sich weniger um eine tatsächliche Allergie gehandelt habe als vielmehr um eine psychosomatische Unverträglichkeitsreaktion. 19Ferner habe man nach Vorlage des Allergieausweises und Rücksprache mit dem Dentallabor festgestellt, dass bei dem Metallgerüst des Langzeitprovisoriums ein hypoallergener Kunststoff Verwendung finden könne und müsse. Denn das Labor sei nicht in der Lage gewesen, hier das erforderliche Spritz-Gieß-Verfahren anzuwenden. Daher habe man notgedrungen einen Kunststoff auf der Basis eines Acrylats verwendet, der nach Herstellerangaben aber weniger allergen wirke. 20Die extrahierten acht Zähne seien kariös und teilweise zerstört, jedenfalls aber in einem nicht mehr erhaltungswürdigen Zustand gewesen. Kein erhaltungswürdiger Zahn sei entfernt worden. Auch sei der Zahn 17 nicht am 22. Juni 2009 beim Ziehen eines anderen Zahns angeschlitzt worden. Vielmehr habe sich nach Schlitzung und Entfernung der Krone am 1. Juli 2009 herausgestellt, dass der Zahn so stark kariös zerstört gewesen sei, dass er habe entfernt werden müssen. 21Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen. 22Das Gericht hat durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und Anhörung des Sachverständigen sowie durch Vernehmung der Zeugin C erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Sachverständigengutachten von Priv.-Doz. Dr. C3 vom 26.10.2013 (Bl.178ff. d.A.) und das Sitzungsprotokoll vom 04.06.2014 (Bl. 295 ff. d.A.) verwiesen. 23Entscheidungsgründe: 24Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Die Beklagten zu 1) und 2) haben der Klägerin ein Schmerzensgeld zu zahlen und Fahrtkosten zu erstatten, weil sie die Klägerin am 07. August 2009 behandlungsfehlerhaft mit einem Langzeitprovisorium versorgten, das die Klägerin aufgrund einer bei ihr vorliegenden, den Beklagten bekannten Allergie nicht vertrug. Weitere Behandlungsfehler können nicht festgestellt werden. 251. 26Die Haftung der Beklagten zu 1) für die fehlerhafte Behandlung ergibt sich aus §§ 280 I, 278 BGB i.V.m. mit dem zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) geschlossenen Behandlungsvertrag, die Haftung des Beklagten zu 2) als Behandler aus § 823 Absatz 1 BGB. 272. 28Die Versorgung der Klägerin mit dem Langzeitprovisorium aus dem Material Wipo-Dur war behandlungsfehlerhaft. 29Der Begriff des ärztlichen Behandlungsfehlers bezeichnet ein – nach den zum Zeitpunkt der Behandlung allgemein anerkannten fachlichen Standards der Medizin – unsachgemäßes und schädigendes Verhalten des Arztes. Ein Behandlungsfehler kann danach in einem fehlerhaften Tun wie in einem Unterlassen liegen, in der Vornahme einer nicht indizierten wie auch in der Nichtvornahme einer medizinisch notwendigen Behandlung, in Fehlmaßnahmen und unrichtigen Dispositionen des Arztes in jedem Stadium der Behandlung oder sonstigen ärztlichen Betreuung. Ein Arzt hat sich hierbei insbesondere von dem Fachwissen und den empirisch gesicherten Standards nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft seines Fachbereiches leiten zu lassen, diese zu beachten und seinem ärztlichen Tun zugrunde zu legen. 30Im vorliegenden Fall steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Versorgung der Klägerin mit dem streitgegenständlichen Langzeitprovisorium behandlungsfehlerhaft war. Wie der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt hat, durften die Behandler das Langzeitprovisorium der Klägerin nicht aus dem Material mit dem Handelsnamen Wipo-Dur fertigen (a), weil ihr die Allergien der Klägerin gegen Metylmethacrylat bekannt waren (b). Denn bei Wipo-Dur handelt es sich um ein methylmethacrylathaltiges Material. Darauf, dass die Klägerin dieses Material vertragen würde, durfte der Beklagte zu 2) sich nicht verlassen (c). 31a) 32Das bei der Klägerin am 07. August 2009 eingesetzte Langzeiprovisorium bestand nach der Überzeugung der Kammer aus Material mit dem Handelsnamen Wipo-Dur. Denn die Klägerin hat eine Wipo-Dur-Gebrauchsanweisung vorgelegt (Bl. 259 f. der Akte), auf deren zweiter Seite ("Zertifikat") sich die Rechnungsnummer 2009.08.00002 und das Datum des 07. August 2009 finden, also des Tages des Einsatzes des Langzeitprovisoriums. Es steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Klägerin deswegen am Tag des Einsatzes des Langzeitprovisoriums eine Wipo-Dur-Gebrauchsanweisung ausgehändigt wurde, weil das bei ihr eingesetzte Langzeitprovisorium auch aus diesem Material gefertigt war. Die Klägerin gab auch nicht erst im gerichtlichen Verfahren an, dass das Langzeitprovisorium aus Wipo-Dur gefertigt worden sei. Ausweislich einer bei den Behandlungsunterlagen befindlichen Mail der Klägerin vom 13. August 2009, also 6 Tage nach dem Einsetzen des Langzeitprovisoriums, ging die Klägerin bereits zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass es sich bei dem Material um Wipo-Dur handelte (Anlage I). 33Soweit der Sachverständige der Rechnung der Zahntechnik Humperdinck über das „OK und UK Langzeitrprovisorium“ vom 07. August 2009 entnommen hat, dass es sich bei dem Material um Polyan gehandelt habe (Anlage I), vermag dies keine ernstlichen Zweifel daran begründen, dass das Langzeitprovisorium aus Wipo-Dur bestand. Diese Rechnung trägt ebenfalls die Nummer 2009.08.00002 und bezieht sich offenbar auf dasselbe Provisorium wie die Gebrauchsanleitung. Die Zahntechnik Humperdinck korrigierte auf ihrer Gutschrift der Rechnungsbeträge vom 11. Dezember 2009 (Anlage I) ihre ursprüngliche Angabe auf der Rechnung dahingehend, dass es sich nicht um Polyan, sondern um Wipo-Dur gehandelt habe (Anlage I). Soweit der Beklagte zu 2) in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, er meine, dass nicht das Langzeit-, sondern das Kurzzeitprovisorium aus Wipo-Dur gefertigt worden sei, räumte er selbst ein, sich hieran nicht sicher erinnern zu können. 34b) 35Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass dem Beklagten zu 2) die Allergie der Klägerin gegen Metylmethacrylat bekannt war, als er ihr das Provisorium aus Wipo-Dur einsetzte. Er selbst hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass ihm die Klägerin die Angaben auf dem Allergiepass mündlich mitgeteilt habe. Somit kann dahinstehen, wann die Klägerin ihren Allergiepass vorgelegt hat. 36c) 37Dass der Beklagte zu 2) davon ausging, die Klägerin leide tatsächlich unter keiner Allergie gegen Metylmethacrylat, weil auch ihre frühere Zahnversorgung unter Verwendung metylmethacrylathaltigen Materials erstellt worden sei, vermag ihn nicht zu entlasten. Auf reine Mutmaßungen über das Material einer früheren Versorgung und darüber, dass die von der Klägerin angegebene Allergie tatsächlich nicht bestehe, durfte sich der Beklagte zu 2) nicht verlassen. Wie der Beklagte zu 2) im Rahmen der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, geht er inzwischen selbst davon aus, dass die frühere Versorgung wie von der Klägerin behauptet aus Keramik gefertigt wurde. 38Auch soweit der Sachverständige im Rahmen der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt hat, dass die Mundschleimhaut weniger zu allergischen Reaktionen leidet als andere Körperregionen und es daher möglich sei, nach vorheriger Austestung mit einem metylmethacrylathaltigen Kurzzeitprovisorium auch metylmethacrylathaltige Langzeitprovisorien einzusetzen, war der Einsatz des Langzeitprovisoriums im vorliegenden Fall behandlungsfehlerhaft. Denn selbst wenn das Kurzzeitprovisorium bereits testweise Metylmethacrylat enthalten hätte, wäre der entsprechende Test erfolglos geblieben. Die Klägerin ließ das Kurzzeitprovisorium kurzfristig aufgrund von ihr angegebener Allergiebeschwerden entfernen, sodass der Beklagte zu 2) nicht von einer längerfristigen Verträglichkeit ausgehen durfte. 393. 40Es steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Klägerin vom 07. August 2009 bis zum 19. August 2009 wie von ihr behauptet unter Jucken und brennenden Schmerzen im Mund sowie unter herpesähnlichen Symptomen litt. Denn die Klägerin gab ausweislich einer bei den Behandlungsunterlagen befindlichen Mail vom Abend des 07. August 2009 sowie vom Abend des 13. August 2009 bereits zu diesem Zeitpunkt an, unter diesen Beschwerden zu leiden (Anlage I). Überdies gab sie laut Arztbrief ihrer Hausärztin vom 12. Dezember 2011 auch dieser gegenüber am 12. und am 14. August 2009 brennende Schmerzen und Jucken im Mund an (Bl. 99 der Akte). Am 19.08.2009 fanden sich – wie aus den Behandlungsunterlagen hervorgeht – im Mund der Klägerin keine klinische Auffälligkeiten mehr. 414. 42Dass die Beschwerden der Klägerin auf den Behandlungsfehler der Beklagten zurückzuführen sind, ergibt sich aus den Grundsätzen des Anscheinsbeweis. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH greift der C des ersten Anscheins bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Sachverhalt feststeht, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder auf einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist (BGH, Urteil vom 01. Oktober 2013 – VI ZR 409/12 –, NJW-RR 2014, 270, mwN). Es obliegt dann dem in Anspruch Genommenen, Umstände vorzutragen und zu beweisen, die den Anschein entkräften. 43Ein derartiger typischer Geschehensablauf liegt hier vor. Im vorliegenden Fall wurde der Klägerin ein für sie ungeeignetes Langzeitprovisorium aus Wipo-Dur eingesetzt, gegen das sie nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen allergisch war. Sie zeigte noch am selben Tag Reaktionen, wie sie laut Sachverständigen bei einer Allergie zu erwarten wären. Darin, dass für ihre Symptome abstrakt auch andere Ursachen denkbar wären, liegt keine ernsthafte Möglichkeit einer anderen Verursachung der Symptome. Denn dafür, dass die Klägerin im unmittelbaren Anschluss an das Einsetzen des Langzeitprovisoriums beispielsweise an einem Pilz oder den Folgen der bereits zwei Wochen zurückliegenden Serienextraktion gelitten haben sollte, ist im konkreten Fall ernstlich nichts ersichtlich. 445. 45Der Klägerin steht wegen ihrer behandlungsfehlerbedingt erlittenen Beschwerden gemäß § 253 Absatz 2 BGB ein Betrag von 800 Euro als angemessene Entschädigung zu. Bei der Bemessung des Schmerzensgelds hat die Kammer berücksichtigt, dass die Klägerin nur für einen überschaubaren Zeitraum von 12 Tagen unter Beschwerden litt, diese der Klägerin jedoch überaus lästig waren. Zudem war die Beeinträchtigung durch Einbringen und Entfernen des Langzeitprovisoriums zu berücksichtigen. Die Kammer hat sich bei der Bemessung des Schmerzensgeldbetrags unter anderem an der Entscheidung des OLG Oldenburg orientiert, das 2007 für eine 14tägige, auf eine fehlerhafte Zahnbehandlung zurückzuführende allergische Lokalreaktion mit ähnlichen Symptomen wie Bläschen an den Lippen sowie für die Schmerzen der anschließenden Entfernung der Versorgung einen Schmerzensgeldbetrag von 1000 Euro zuerkannt hat (OLG Oldenburg, Urteil vom 04.07.2007 - 5 U 31/05, -juris). 466. 47Der Klägerin steht ebenfalls ein Anspruch auf Ersatz ihrer Fahrtkosten für die Fahrten in das Haus der Beklagten am 19. und 20. August 2009 zu, die zur Entfernung des Langzeitprovisoriums erforderlich waren. Die Kammer schätzt die der Klägerin entstandenen Fahrkosten für die 4 einfachen Fahrten á 123 km gemäß § 287 ZPO auf 123 Euro (4 x 123 km x 0,25 Euro). 487. 49Die weiteren von der Klägerin geltend gemachten Schadensposten sind jedoch nicht auf den festgestellten Behandlungsfehler zurückzuführen. Dies gilt insbesondere für die von der Klägerin geltend gemachten Kosten einer neuen Zahnversorgung in Höhe von 21.991 Euro. Diese waren im vorliegenden Rechtsstreit als sogenannte „Sowiesokosten“ von vornherein nicht ersatzfähig. Denn eine neue prothetische Versorgung der Klägerin war unabhängig von möglichen Behandlungsfehlern der Beklagten bereits zu Beginn der Behandlung erforderlich und von der Klägerin auch gewünscht. Diese Kosten hätte sie auch bei behandlungsfehlerfreiem Vorgehen der Beklagten zu tragen gehabt. Die Klägerin hat auch nicht substantiiert unter Vorlage von Belegen dargelegt, den Beklagten für die streitgegenständliche Behandlung 3.000 Euro überwiesen zu haben und somit 77 Euro mehr, als sie im Anschluss unstreitig zurückerhielt. 508. 51Die Klägerin konnte nicht beweisen, gegen den Beklagten zu 4) einen Schadensersatzanspruch für das Verbleiben der Langzeitprothese vom 19. August 2009 auf den 20. August 2009 zu haben. Dass der Beklagte zu 4) den Beklagten zu 2) – wie von diesem am 19. August 2009 gegenüber der Klägerin angegeben – angewiesen hätte, das Langzeitprovisorium nicht zu entfernen, konnte nicht festgestellt werden. 529. 53Weitere Behandlungsfehler der Beklagten konnten nicht festgestellt werden. 54a) 55Es war zunächst nicht feststellbar, dass auch das bei der Klägerin eingesetzte Kurzzeitprovisorium aus einem ungeeigneten Material bestand. Das Provisorium selbst liegt ebenso wenig vor wie Unterlagen über das verwendete Material. Dass die Beklagten das Kurzzeitprovisorium im Bewusstsein seiner möglichen Eignung als Beweismittel unterdrückt hätten, konnte nicht festgestellt werden. Überdies wären den Beklagten Beeinträchtigungen der Klägerin aufgrund einer allergischen Reaktion gegen das Kurzzeitprovisorium nicht zuzurechnen, weil sie sich erfolgreich auf den Grundsatz rechtmäßigen Alternativverhaltens berufen könnten. Denn nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung wäre es nicht behandlungsfehlerhaft gewesen, der Klägerin ein Kurzzeitprovisorium unter Verwendung von Methylmethacrylat einzusetzen, um auszutesten, ob auch ihre – allergisch grundsätzlich weniger sensible – Mundschleimhaut hierauf reagierte. 56b) 57Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass die Zähne 11 und 34 der Klägerin ohne Indikation entfernt worden wären. Zwar fehlt es an der erforderlichen Dokumentation der Indikation, sodass den Beklagten der C einer ordnungsgemäßen Indikation obliegt. Diesen C einer Indikation vermochten die Beklagten jedoch zu führen. Es steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass sich die Zähne 11 und 34 gelockert hatten und deswegen – wie vom Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt – vor Schaffung eines dauerhaften, implantatgetragenen Zahnersatzes zu entfernen waren. Wie der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargegelegt hat, bestand keine Alternative dazu, dass sich die Zähne 11 und 34 bei dem von der Klägerin vor der streitgegenständlichen Behandlung getragenen Zahnersatz lockern würden. Denn aufgrund der kariösen Zerstörung der übrigen Zähne trugen sie jeweils die gesamte Last der ursprünglichen Brückenversorgung, Zahn 11 im Oberkiefer, Zahn 34 im Unterkiefer. Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass die laut Sachverständigen unvermeidliche Lockerung zum Zeitpunkt der Extraktion dieser Zähne bereits eingetreten war und dass die Beklagten sich nicht ohne medizinische Veranlassung für eine Extraktion entschieden, zumal sie im Gegensatz dazu in demselben Termin den zunächst noch erhaltungsfähig erscheinenden Zahn 17 bewusst nicht entfernten. 58c) 59Dass der Zahn 17 bei der Extraktion der übrigen Zähne am 22. Juni 2009 beschädigt worden wäre, vermochte die Kammer nicht festzustellen. Die Vernehmung der Zeugin C war insoweit unergiebig und auch in den Behandlungsunterlagen finden sich für einen derartigen Verlauf keine Anhaltspunkte. Wie der Sachverständige dargelegt hat, kann der Zahn auch bei einer stärkeren Belastung vor dem 22. Juni 2009 frakturiert sein. Zudem könnten sich die Beklagten insoweit auf rechtmäßiges Alternativverhalten berufen. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt, dass sie einen implantatgetragenen Zahnersatz wünschte. Wie der Sachverständige unmittelbar zuvor ausgeführt hatte, bedeutete dies jedoch notwendig, den Zahn 17 ohnehin zu entfernen, weil dieser Zahn nur bei herkömmlichen Prothese hätte integriert werden können. 60d) 61Auch hinsichtlich der weiteren acht Zähne, die laut Klägerin behandlungsfehlerhaft entfernt worden sein sollen (12, 13, 16, 31, 33, 41, 42, 43), konnte dies nicht festgestellt werden. Wie sich nach den überzeugenden und anhand der Röntgenbilder nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten ergibt, bestand für die Extraktion der sechs Zähne 12, 13, 16, 31, 41, 42 jeweils eine Indikation. Die Zähne 12, 13, 31, 41 und 42 waren zurzeit der Entfernung stark kariös zerstört, die Zähne 31, 41 und 42 litten zudem unter massiven chronischen Entzündungen der Wurzelspitzen. Der Zahn 16 wies ebenfalls eine chronische Entzündung an der Wurzelspitze auf. Wie der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt hat, begründet es keinen Zweifel am Bestehen der chronischen Entzündung, dass die Klägerin zur Zeit der Entfernung des Zahnes 16 insoweit keine Beschwerden verspürte und der extrahierte Zahn selbst intakt ist. Die verbleibenden beiden Zähne 33 und 43 waren nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen bereits am 09.09.1999 und damit vor der streitgegenständlichen Behandlung entfernt worden. 6210. 63Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Absatz 1 Satz 2 BGB. Ein Anspruch auf frühere Zinszahlungen aus dem Gesichtspunkt des Verzugs besteht nicht, weil es hierzu am erforderlichen Verschulden der Beklagten fehlt, §§ 286 Absatz 4, 276 BGB. Denn eine unverhältnismäßig hohe, weit übersetzte Zuvielforderung kann den zu Recht angemahnten Teil so in den Hintergrund treten lassen, dass dem Schuldner kein Schuldvorwurf zu machen ist, wenn er sich nicht als wirksam gemahnt ansieht (BGH, Urteil vom 12.07.2006 - X ZR 157/05, -juris). So lag es hier. Denn die Klägerin verlangte von den Beklagten die Zahlung von über 35.000 Euro, obwohl ihr tatsächlich lediglich ein Anspruch in Bereich von 1.000 Euro zustand. Die unterschiedlichen Zeitpunkte der Rechtshängigkeit gegenüber den Beklagten zu 1) und 2) resultieren aus den unterschiedlichen Zeitpunkten, zu denen ihnen jeweils die Klage zugestellt wurde. 6411. 65Die Klägerin hat nur in Höhe von 5,30 Euro einen Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten, weil die Beklagten den Anspruch auf Zahlung oder Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten im Übrigen am 04.04.2011 durch Zahlung von 150 Euro erfüllt haben. Im Rahmen ihres materiellen Schadensersatzanspruchs sind der Klägerin im Grundsatz vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten aus dem der Klägerin zustehenden Anspruch in Höhe von 923 € als Gegenstandswert zu ersetzen. Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten zählen auch die durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten (BGH, Urteil vom 10. Januar 2006 – VI ZR 43/05 –, juris). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Schädiger allerdings nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, aaO, mwN). Dem Erstattungsanspruch des Geschädigten hinsichtlich der ihm entstandenen Anwaltskosten ist im Verhältnis zum Schädiger somit grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (BGH, Urteil vom 07. November 2007 – VIII ZR 341/06 –, juris). Denn der tatsächliche Umfang der Beauftragung eines Rechtsanwalts ist nur für die Abrechnung zwischen dem Geschädigten und seinem Anwalt maßgebend (BGH, Urteil vom 07. November 2007 – VIII ZR 341/06 –, juris). Kosten, die dadurch entstehen, dass der Geschädigte einen Anwalt zur Durchsetzung eines unbegründeten Anspruchs beauftragt, können dem Schädiger nicht mehr als Folge seines Verhaltens zugerechnet werden (BGH, Urteil vom 18. Januar 2005 – VI ZR 73/04 –, juris). 66Bei einer von der Klägerin geltend gemachten Geschäftsgebühr von 1,3 (104,00 Euro) zuzüglich Auslagen (20 Euro) und Mehrwertsteuer (24,80 Euro) ergeben sich bei einem Gegenstandswert von 923 Euro ersatzfähige vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 155,20 Euro. Diesen Anspruch haben die Beklagten durch Zahlung von 150 Euro überwiegend erfüllt. 6712. 68Die Kostenentscheidung folgt aus der analogen Anwendung des § 92 Absatz 2 Nr. 1 ZPO, der nach allgemeiner Ansicht auch auf ein geringfügiges Unterliegen der Beklagten anzuwenden ist. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709 S. 1, 2, 711 ZPO. 69Der Streitwert wird auf 35.177,00 EUR festgesetzt. 70D Dr. C2 I
die beklagten zu 1) und 2) werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die klägerin 923 euro nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 17.02.2011 zu zahlen. der beklagte zu 2) wird zudem verurteilt, zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz aus 923 euro für die zeit vom 11.02.2011 bis zum 16.02.2011 an die klägerin zu zahlen. die beklagten zu 1) und 2) werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die klägerin von vorgerichtlichen anwaltskosten in höhe von 5,20 euro freizustellen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des rechtsstreits. das urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die beklagten jedoch nur gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags. die beklagten dürfen die vollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils gegen sie vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. 1
2die parteien streiten um schmerzensgeld und ersatz materieller schäden in zusammenhang mit einer zahnärztlichen behandlung und der eingliederung von zahnersatz. die beklagte zu 1) ist trägerin des krankenhauses, in dem die streitgegenständliche behandlung durchgeführt wurde, die beklagten zu 2) bis 4) waren zurzeit der behandlung der klägerin bei der beklagten zu 1) angestellt. 3die klägerin ist unter anderem gegen kunststoffe allergisch, die metylmethacrylat enthalten, was zum zeitpunkt der streitgegenständlichen behandlung auch in ihrem allergieausweis eingetragen war. nachdem sie schon früher bei der beklagten zu 1) behandelt wurde – 1971 noch von prof. dr. t2 und anfang der 90er jahre durch den beklagten zu 3) –, stellte sie sich am 12. mai 2009 erneut in der klinik für zahnärztliche prothetik und werkstoffkunde der beklagten zu 1) vor, um sich wegen einer andernorts verursachten beschädigung einer suprakonstruktion und einer implantatfraktur behandeln zu lassen. der beklagte zu 3) besichtigte zunächst den zustand des gebisses, ließ eine röntgenaufnahme anfertigen und bestätigte sodann den bruch der implantatschraube im oberkiefer. er beriet die klägerin dahingehend, dass es eines neuen zahnersatzes im oberkiefer bedürfe und dafür implantate gesetzt und zunächst ein kurzzeitprovisorium eingegliedert werden müssten. 4am 22. juni 2009 entfernte der beklagten zu 2) auf weisung des beklagten zu 3) die zähne 16, 13, 12, 11, 33, 41 und 42. ferner wurden sowohl im ober- als auch im unterkiefer provisorische versorgungen aus kunststoff eingesetzt, deren genaues material zwischen den parteien streitig ist. die prothesen wurden sofort weichbleibend unterfüttert. in der folgenden zeit beklagte die klägerin probleme mit den provisiorien, einerseits im hinblick auf ihre größe, andererseits wegen der kunststoffe, aus denen die provisorien hergestellt worden waren. 5spätestens bei einer behandlung am 1. juli 2009 wies die klägerin die behandler auf überempfindlichkeiten gegen bestimmte stoffe hin. an diesem tag entfernte der beklagte zu 2) auch den zahn 17. das angefertigte langzeitprovisorium für den oberkiefer konnte aus diesem grund nur noch auf dem implantat 23 und mit einer doppelgeschiebekonstruktion verankert werden. 6am 7. august 2009 setzte der beklagte zu 2) der klägerin ein langzeitprovisorium aus kunststoff ein, dessen genaues material ebenfalls zwischen den parteien streitig ist. jedenfalls an diesem tag lag den behandlern der allergieausweis der klägerin vor. am 19. august 2009 stellte sich die klägerin erneut vor und bat wegen beschwerden um entfernung des langzeitprovisoriums. dies lehnte der beklagte zu 2) unter hinweis auf eine weisung des beklagten zu 4) ab. am folgetag, dem 20. august 2009, wurde das langzeitprovisorium durch herrn dr. n entfernt. die beklagte zu 1) überwies der klägerin daraufhin 2.923,- euro zurück, die die klägerin für das langzeitprovisorium gezahlt hatte. durch vorgerichtliches schreiben ihres prozessbevollmächtigten vom 10. februar 2010 forderte die klägerin die beklagten zur zahlung weiterer 35.177 euro auf. am 04. april 2011 zahlten die beklagten der klägerin auf ihre eigenbeteiligung an vorgerichtlichen anwaltskosten 150 euro. die klage wurde dem beklagten zu 2) am 10. februar 2011 und der beklagten zu 1) am 16. februar 2011 zugestellt. 7die klägerin behauptet, sie sei durch die beklagten zu 2) bis 4) in der von der beklagten zu 1) betriebenen klinik insofern fehlerhaft behandelt worden, als diese ihr zunächst kunststoffprovisorien und später langzeitprovisorien aus kunststoff eingegliedert hätten, die sie aufgrund ihrer allergie gegen metylmethacrylat nicht vertragen habe. den beklagten sei diese allergie bekannt gewesen, weil sie sich aus der aufgrund früherer behandlungen vorliegenden dokumentation ergeben hätte und die klägerin zudem vor jeder vorstellung ihren allergiepass vorgelegt und die beklagten zu 2) und 3) zudem mündlich auf ihre allergien hingewiesen habe. ihr zuvor getragener zahnersatz, den sie vertragen habe, sei aus titan und keramik gefertigt gewesen. 8das angefertigte kurzzeitprovisorium sei zu groß gewesen und trotz mehrmaliger nachbesserungsversuche auch geblieben. die betreffenden unterfütterungen hätten nicht weitergeholfen und seien ebenfalls aus allergieauslösendem material angefertigt worden. ihre mundschleimhaut sei nach der eingliederung angeschwollen, sie habe ein brennen im mund verspürt und es hätten sich herpesbläschen um den mund herum gebildet. nach dem abklingen der betäubung seien die stärker werdenden schmerzen im ober- und unterkieferbereich kaum noch zu ertragen gewesen. auch habe sich ein juckreiz am ganzen körper eingestellt. sie, die klägerin, habe sich schließlich zum ärztlichen notdienst begeben. dort habe die ärztin sofort festgestellt, dass die provisorien wegen einer kunststoffallergie der klägerin unverzüglich entfernt werden müssten. auch ein am nächsten tag aufgesuchter kieferchirurg sei zu dem ergebnis gelangt, dass die kunststoffprovisorien für die klägerin völlig ungeeignet seien. 9beim extrahieren eines benachbarten zahns habe der beklagte zu 2) darüber hinaus den zahn 17 angeschlitzt und irreparabel beschädigt. dieser habe ebenso extrahiert werden müssen wie ein weiterer, vollkommen gesunder backenzahn. insgesamt seien 11 zähne in unnötiger weise entfernt worden. 10anfang august 2009 habe man über die langzeitprovisorien gesprochen. man habe über allergiefreie provisorien gesprochen. als man ihr gesagt habe, dass die langzeitprovisorien erneut aus kunststoff hergestellt werden sollten, habe sie dies aus angst abgelehnt. man habe ihr, der klägerin, auch fälschlich versichert, die provisorien wüchsen mit. das habe nicht gestimmt, weil einige metallteile im inneren derselben anpassungen an folgende implantate nicht zugelassen hätten. vor der eingliederung der langzeitprovisorien am 7. august 2009 habe der sohn der klägerin, von beruf chemiker, gesagt, dass das angesichts der allergien seiner mutter nicht gut gehen werde, weil erneut ein acrylat verwendung gefunden habe. nach der eingliederung hätten sich sofort dieselben symptome gezeigt wie bei den ersten provisorien. sie, die klägerin, habe ihren hausarzt und ihre lungenfachärztin aufsuchen müssen. dabei sei ein ansteigen des allergiewertes auf 249 festgestellt worden. eine hautärztin habe ihr außerdem erklärt, die eingesetzten teile müssten wegen der allergie wieder entfernt werden. daraufhin habe sie mehrfach vergeblich um die entfernung gebeten. am 17. august 2009 sei dies unter hinweis darauf abgelehnt worden, dass die beklagten zu 3) und 4) nicht anwesend seien und der beklagte zu 4) angeordnet gehabt habe, das festgeschraubte provisorium bis zu seiner rückkehr zu belassen. er habe sich das ganze am 22. august 2009 ansehen wollen. am 19. august 2009 habe der beklagte zu 2) mitgeteilt, ihm fehle das notwendige werkzeug und er dürfe das provisorium nicht gegen die weisung des beklagten zu 4) herausnehmen. erst am 20. august 2009 habe herr dr. n der entfernung des provisoriums durch den beklagten zu 2) zugestimmt. sie habe 3.000,- euro für das langzeitprovisorium gezahlt, hiervon aber nur 2.923,- euro zurückerhalten. 11die klägerin begehrt ein schmerzensgeld in der größenordnung von insgesamt mindestens 12.750 euro, von denen 3.000 euro auf die behandlung durch das angefertigte langzeitprovisorium entfallen sollen. sie macht zudem materielle schäden in höhe von 22.427,- euro geltend, die sich aus dem ihr angeblich nicht zurücküberwiesenen teil der kosten für das langzeitprovisorium von 77 euro, den kosten einer neuen, sachgerechten zahnversorgung und fahrtkosten in das - unstreitig - 123 km von ihrem wohnort entfernte haus der beklagten zu 1) zusammensetzen sowie außergerichtliche anwaltskosten. für die höhe und berechnung der schadensposten im einzelnen wird auf die s. 6 ff. der klageschrift bezug genommen (bl. 6 ff. der akte). 12die klägerin beantragt, 131. die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, an sie schadensersatz i.h.v. 22.427 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz gemäß § 1 düg seit dem 10.03.2010 zu zahlen, 142. die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, an die klägerin ein schmerzensgeld in höhe von insgesamt mindestens 12.750 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz gemäß § 1 düg seit dem 10.03.2010 zu zahlen, 153. die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, an die klägerin anwaltskosten i.h.v. 1.119,19 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz gemäß § 1 düg seit klagezustellung zu zahlen und die klägerin von der zahlung in höhe ihrer eigenbeteiligung im rahmen ihrer anwaltskosten i.h.v. 300 € abzüglich am 04.04.2011 gezahlter 150 € freizustellen. 16die beklagten beantragen, 17die klage abzuweisen. 18sie bestreiten, dass die klägerin vor dem 1. juli 2009 auf eine überempfindlichkeit gegen prothesenkunststoff hingewiesen habe. da der zuvor getragene zahnersatz ebenfalls unter verwendung solcher materialien hergestellt gewesen sei, hätten erhebliche zweifel an der richtigkeit dieser mitteilung bestanden. die klägerin sei von den beklagten zu 2) und 3) mehrfach vergeblich aufgefordert worden, einen nachweis für ihre allergien beizubringen. das sei erst am vorletzten tag der behandlung geschehen. hier hätten aber an der richtigkeit der eintragung weiter zweifel bestanden, weil die eintragung handschriftlich vorgenommen gewesen sei. hinzu komme schließlich, dass sich bei der klägerin zu keinem zeitpunkt die für eine allergie typischen symptome gezeigt hätten. die behandler hätten, was als solches nicht streitig ist, den schluss gezogen, dass es sich weniger um eine tatsächliche allergie gehandelt habe als vielmehr um eine psychosomatische unverträglichkeitsreaktion. 19ferner habe man nach vorlage des allergieausweises und rücksprache mit dem dentallabor festgestellt, dass bei dem metallgerüst des langzeitprovisoriums ein hypoallergener kunststoff verwendung finden könne und müsse. denn das labor sei nicht in der lage gewesen, hier das erforderliche spritz-gieß-verfahren anzuwenden. daher habe man notgedrungen einen kunststoff auf der basis eines acrylats verwendet, der nach herstellerangaben aber weniger allergen wirke. 20die extrahierten acht zähne seien kariös und teilweise zerstört, jedenfalls aber in einem nicht mehr erhaltungswürdigen zustand gewesen. kein erhaltungswürdiger zahn sei entfernt worden. auch sei der zahn 17 nicht am 22. juni 2009 beim ziehen eines anderen zahns angeschlitzt worden. vielmehr habe sich nach schlitzung und entfernung der krone am 1. juli 2009 herausgestellt, dass der zahn so stark kariös zerstört gewesen sei, dass er habe entfernt werden müssen. 21wegen der weiteren einzelheiten wird auf die schriftsätze der parteien nebst anlagen verwiesen. 22das gericht hat durch einholung eines schriftlichen sachverständigengutachtens und anhörung des sachverständigen sowie durch vernehmung der zeugin c erhoben. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf das schriftliche sachverständigengutachten von priv.-doz. dr. c3 vom 26.10.2013 (bl.178ff. d.a.) und das sitzungsprotokoll vom 04.06.2014 (bl. 295 ff. d.a.) verwiesen. 23
24die klage ist zulässig und teilweise begründet. die beklagten zu 1) und 2) haben der klägerin ein schmerzensgeld zu zahlen und fahrtkosten zu erstatten, weil sie die klägerin am 07. august 2009 behandlungsfehlerhaft mit einem langzeitprovisorium versorgten, das die klägerin aufgrund einer bei ihr vorliegenden, den beklagten bekannten allergie nicht vertrug. weitere behandlungsfehler können nicht festgestellt werden. 251. 26die haftung der beklagten zu 1) für die fehlerhafte behandlung ergibt sich aus §§ 280 i, 278 bgb i.v.m. mit dem zwischen der klägerin und der beklagten zu 1) geschlossenen behandlungsvertrag, die haftung des beklagten zu 2) als behandler aus § 823 absatz 1 bgb. 272. 28die versorgung der klägerin mit dem langzeitprovisorium aus dem material wipo-dur war behandlungsfehlerhaft. 29der begriff des ärztlichen behandlungsfehlers bezeichnet ein – nach den zum zeitpunkt der behandlung allgemein anerkannten fachlichen standards der medizin – unsachgemäßes und schädigendes verhalten des arztes. ein behandlungsfehler kann danach in einem fehlerhaften tun wie in einem unterlassen liegen, in der vornahme einer nicht indizierten wie auch in der nichtvornahme einer medizinisch notwendigen behandlung, in fehlmaßnahmen und unrichtigen dispositionen des arztes in jedem stadium der behandlung oder sonstigen ärztlichen betreuung. ein arzt hat sich hierbei insbesondere von dem fachwissen und den empirisch gesicherten standards nach dem jeweiligen stand der medizinischen wissenschaft seines fachbereiches leiten zu lassen, diese zu beachten und seinem ärztlichen tun zugrunde zu legen. 30im vorliegenden fall steht nach der durchgeführten beweisaufnahme zur überzeugung der kammer fest, dass die versorgung der klägerin mit dem streitgegenständlichen langzeitprovisorium behandlungsfehlerhaft war. wie der sachverständige in der mündlichen verhandlung überzeugend ausgeführt hat, durften die behandler das langzeitprovisorium der klägerin nicht aus dem material mit dem handelsnamen wipo-dur fertigen (a), weil ihr die allergien der klägerin gegen metylmethacrylat bekannt waren (b). denn bei wipo-dur handelt es sich um ein methylmethacrylathaltiges material. darauf, dass die klägerin dieses material vertragen würde, durfte der beklagte zu 2) sich nicht verlassen (c). 31a) 32das bei der klägerin am 07. august 2009 eingesetzte langzeiprovisorium bestand nach der überzeugung der kammer aus material mit dem handelsnamen wipo-dur. denn die klägerin hat eine wipo-dur-gebrauchsanweisung vorgelegt (bl. 259 f. der akte), auf deren zweiter seite ("zertifikat") sich die rechnungsnummer 2009.08.00002 und das datum des 07. august 2009 finden, also des tages des einsatzes des langzeitprovisoriums. es steht zur überzeugung der kammer fest, dass der klägerin deswegen am tag des einsatzes des langzeitprovisoriums eine wipo-dur-gebrauchsanweisung ausgehändigt wurde, weil das bei ihr eingesetzte langzeitprovisorium auch aus diesem material gefertigt war. die klägerin gab auch nicht erst im gerichtlichen verfahren an, dass das langzeitprovisorium aus wipo-dur gefertigt worden sei. ausweislich einer bei den behandlungsunterlagen befindlichen mail der klägerin vom 13. august 2009, also 6 tage nach dem einsetzen des langzeitprovisoriums, ging die klägerin bereits zu diesem zeitpunkt davon aus, dass es sich bei dem material um wipo-dur handelte (anlage i). 33soweit der sachverständige der rechnung der zahntechnik humperdinck über das „ok und uk langzeitrprovisorium“ vom 07. august 2009 entnommen hat, dass es sich bei dem material um polyan gehandelt habe (anlage i), vermag dies keine ernstlichen zweifel daran begründen, dass das langzeitprovisorium aus wipo-dur bestand. diese rechnung trägt ebenfalls die nummer 2009.08.00002 und bezieht sich offenbar auf dasselbe provisorium wie die gebrauchsanleitung. die zahntechnik humperdinck korrigierte auf ihrer gutschrift der rechnungsbeträge vom 11. dezember 2009 (anlage i) ihre ursprüngliche angabe auf der rechnung dahingehend, dass es sich nicht um polyan, sondern um wipo-dur gehandelt habe (anlage i). soweit der beklagte zu 2) in der mündlichen verhandlung angegeben hat, er meine, dass nicht das langzeit-, sondern das kurzzeitprovisorium aus wipo-dur gefertigt worden sei, räumte er selbst ein, sich hieran nicht sicher erinnern zu können. 34b) 35die kammer ist auch davon überzeugt, dass dem beklagten zu 2) die allergie der klägerin gegen metylmethacrylat bekannt war, als er ihr das provisorium aus wipo-dur einsetzte. er selbst hat in der mündlichen verhandlung angegeben, dass ihm die klägerin die angaben auf dem allergiepass mündlich mitgeteilt habe. somit kann dahinstehen, wann die klägerin ihren allergiepass vorgelegt hat. 36c) 37dass der beklagte zu 2) davon ausging, die klägerin leide tatsächlich unter keiner allergie gegen metylmethacrylat, weil auch ihre frühere zahnversorgung unter verwendung metylmethacrylathaltigen materials erstellt worden sei, vermag ihn nicht zu entlasten. auf reine mutmaßungen über das material einer früheren versorgung und darüber, dass die von der klägerin angegebene allergie tatsächlich nicht bestehe, durfte sich der beklagte zu 2) nicht verlassen. wie der beklagte zu 2) im rahmen der mündlichen verhandlung eingeräumt hat, geht er inzwischen selbst davon aus, dass die frühere versorgung wie von der klägerin behauptet aus keramik gefertigt wurde. 38auch soweit der sachverständige im rahmen der mündlichen verhandlung überzeugend ausgeführt hat, dass die mundschleimhaut weniger zu allergischen reaktionen leidet als andere körperregionen und es daher möglich sei, nach vorheriger austestung mit einem metylmethacrylathaltigen kurzzeitprovisorium auch metylmethacrylathaltige langzeitprovisorien einzusetzen, war der einsatz des langzeitprovisoriums im vorliegenden fall behandlungsfehlerhaft. denn selbst wenn das kurzzeitprovisorium bereits testweise metylmethacrylat enthalten hätte, wäre der entsprechende test erfolglos geblieben. die klägerin ließ das kurzzeitprovisorium kurzfristig aufgrund von ihr angegebener allergiebeschwerden entfernen, sodass der beklagte zu 2) nicht von einer längerfristigen verträglichkeit ausgehen durfte. 393. 40es steht zur überzeugung der kammer fest, dass die klägerin vom 07. august 2009 bis zum 19. august 2009 wie von ihr behauptet unter jucken und brennenden schmerzen im mund sowie unter herpesähnlichen symptomen litt. denn die klägerin gab ausweislich einer bei den behandlungsunterlagen befindlichen mail vom abend des 07. august 2009 sowie vom abend des 13. august 2009 bereits zu diesem zeitpunkt an, unter diesen beschwerden zu leiden (anlage i). überdies gab sie laut arztbrief ihrer hausärztin vom 12. dezember 2011 auch dieser gegenüber am 12. und am 14. august 2009 brennende schmerzen und jucken im mund an (bl. 99 der akte). am 19.08.2009 fanden sich – wie aus den behandlungsunterlagen hervorgeht – im mund der klägerin keine klinische auffälligkeiten mehr. 414. 42dass die beschwerden der klägerin auf den behandlungsfehler der beklagten zurückzuführen sind, ergibt sich aus den grundsätzen des anscheinsbeweis. nach ständiger rechtsprechung des bgh greift der c des ersten anscheins bei typischen geschehensabläufen ein, also in fällen, in denen ein bestimmter sachverhalt feststeht, der nach der allgemeinen lebenserfahrung auf eine bestimmte ursache oder auf einen bestimmten ablauf als maßgeblich für den eintritt eines bestimmten erfolges hinweist (bgh, urteil vom 01. oktober 2013 – vi zr 409/12 –, njw-rr 2014, 270, mwn). es obliegt dann dem in anspruch genommenen, umstände vorzutragen und zu beweisen, die den anschein entkräften. 43ein derartiger typischer geschehensablauf liegt hier vor. im vorliegenden fall wurde der klägerin ein für sie ungeeignetes langzeitprovisorium aus wipo-dur eingesetzt, gegen das sie nach den überzeugenden ausführungen des sachverständigen allergisch war. sie zeigte noch am selben tag reaktionen, wie sie laut sachverständigen bei einer allergie zu erwarten wären. darin, dass für ihre symptome abstrakt auch andere ursachen denkbar wären, liegt keine ernsthafte möglichkeit einer anderen verursachung der symptome. denn dafür, dass die klägerin im unmittelbaren anschluss an das einsetzen des langzeitprovisoriums beispielsweise an einem pilz oder den folgen der bereits zwei wochen zurückliegenden serienextraktion gelitten haben sollte, ist im konkreten fall ernstlich nichts ersichtlich. 445. 45der klägerin steht wegen ihrer behandlungsfehlerbedingt erlittenen beschwerden gemäß § 253 absatz 2 bgb ein betrag von 800 euro als angemessene entschädigung zu. bei der bemessung des schmerzensgelds hat die kammer berücksichtigt, dass die klägerin nur für einen überschaubaren zeitraum von 12 tagen unter beschwerden litt, diese der klägerin jedoch überaus lästig waren. zudem war die beeinträchtigung durch einbringen und entfernen des langzeitprovisoriums zu berücksichtigen. die kammer hat sich bei der bemessung des schmerzensgeldbetrags unter anderem an der entscheidung des olg oldenburg orientiert, das 2007 für eine 14tägige, auf eine fehlerhafte zahnbehandlung zurückzuführende allergische lokalreaktion mit ähnlichen symptomen wie bläschen an den lippen sowie für die schmerzen der anschließenden entfernung der versorgung einen schmerzensgeldbetrag von 1000 euro zuerkannt hat (olg oldenburg, urteil vom 04.07.2007 - 5 u 31/05, -juris). 466. 47der klägerin steht ebenfalls ein anspruch auf ersatz ihrer fahrtkosten für die fahrten in das haus der beklagten am 19. und 20. august 2009 zu, die zur entfernung des langzeitprovisoriums erforderlich waren. die kammer schätzt die der klägerin entstandenen fahrkosten für die 4 einfachen fahrten á 123 km gemäß § 287 zpo auf 123 euro (4 x 123 km x 0,25 euro). 487. 49die weiteren von der klägerin geltend gemachten schadensposten sind jedoch nicht auf den festgestellten behandlungsfehler zurückzuführen. dies gilt insbesondere für die von der klägerin geltend gemachten kosten einer neuen zahnversorgung in höhe von 21.991 euro. diese waren im vorliegenden rechtsstreit als sogenannte „sowiesokosten“ von vornherein nicht ersatzfähig. denn eine neue prothetische versorgung der klägerin war unabhängig von möglichen behandlungsfehlern der beklagten bereits zu beginn der behandlung erforderlich und von der klägerin auch gewünscht. diese kosten hätte sie auch bei behandlungsfehlerfreiem vorgehen der beklagten zu tragen gehabt. die klägerin hat auch nicht substantiiert unter vorlage von belegen dargelegt, den beklagten für die streitgegenständliche behandlung 3.000 euro überwiesen zu haben und somit 77 euro mehr, als sie im anschluss unstreitig zurückerhielt. 508. 51die klägerin konnte nicht beweisen, gegen den beklagten zu 4) einen schadensersatzanspruch für das verbleiben der langzeitprothese vom 19. august 2009 auf den 20. august 2009 zu haben. dass der beklagte zu 4) den beklagten zu 2) – wie von diesem am 19. august 2009 gegenüber der klägerin angegeben – angewiesen hätte, das langzeitprovisorium nicht zu entfernen, konnte nicht festgestellt werden. 529. 53weitere behandlungsfehler der beklagten konnten nicht festgestellt werden. 54a) 55es war zunächst nicht feststellbar, dass auch das bei der klägerin eingesetzte kurzzeitprovisorium aus einem ungeeigneten material bestand. das provisorium selbst liegt ebenso wenig vor wie unterlagen über das verwendete material. dass die beklagten das kurzzeitprovisorium im bewusstsein seiner möglichen eignung als beweismittel unterdrückt hätten, konnte nicht festgestellt werden. überdies wären den beklagten beeinträchtigungen der klägerin aufgrund einer allergischen reaktion gegen das kurzzeitprovisorium nicht zuzurechnen, weil sie sich erfolgreich auf den grundsatz rechtmäßigen alternativverhaltens berufen könnten. denn nach den überzeugenden ausführungen des sachverständigen in der mündlichen verhandlung wäre es nicht behandlungsfehlerhaft gewesen, der klägerin ein kurzzeitprovisorium unter verwendung von methylmethacrylat einzusetzen, um auszutesten, ob auch ihre – allergisch grundsätzlich weniger sensible – mundschleimhaut hierauf reagierte. 56b) 57es konnte auch nicht festgestellt werden, dass die zähne 11 und 34 der klägerin ohne indikation entfernt worden wären. zwar fehlt es an der erforderlichen dokumentation der indikation, sodass den beklagten der c einer ordnungsgemäßen indikation obliegt. diesen c einer indikation vermochten die beklagten jedoch zu führen. es steht zur überzeugung der kammer fest, dass sich die zähne 11 und 34 gelockert hatten und deswegen – wie vom sachverständigen in der mündlichen verhandlung überzeugend ausgeführt – vor schaffung eines dauerhaften, implantatgetragenen zahnersatzes zu entfernen waren. wie der sachverständige in der mündlichen verhandlung nachvollziehbar dargegelegt hat, bestand keine alternative dazu, dass sich die zähne 11 und 34 bei dem von der klägerin vor der streitgegenständlichen behandlung getragenen zahnersatz lockern würden. denn aufgrund der kariösen zerstörung der übrigen zähne trugen sie jeweils die gesamte last der ursprünglichen brückenversorgung, zahn 11 im oberkiefer, zahn 34 im unterkiefer. die kammer hat keinen zweifel daran, dass die laut sachverständigen unvermeidliche lockerung zum zeitpunkt der extraktion dieser zähne bereits eingetreten war und dass die beklagten sich nicht ohne medizinische veranlassung für eine extraktion entschieden, zumal sie im gegensatz dazu in demselben termin den zunächst noch erhaltungsfähig erscheinenden zahn 17 bewusst nicht entfernten. 58c) 59dass der zahn 17 bei der extraktion der übrigen zähne am 22. juni 2009 beschädigt worden wäre, vermochte die kammer nicht festzustellen. die vernehmung der zeugin c war insoweit unergiebig und auch in den behandlungsunterlagen finden sich für einen derartigen verlauf keine anhaltspunkte. wie der sachverständige dargelegt hat, kann der zahn auch bei einer stärkeren belastung vor dem 22. juni 2009 frakturiert sein. zudem könnten sich die beklagten insoweit auf rechtmäßiges alternativverhalten berufen. die klägerin hat in der mündlichen verhandlung unstreitig gestellt, dass sie einen implantatgetragenen zahnersatz wünschte. wie der sachverständige unmittelbar zuvor ausgeführt hatte, bedeutete dies jedoch notwendig, den zahn 17 ohnehin zu entfernen, weil dieser zahn nur bei herkömmlichen prothese hätte integriert werden können. 60d) 61auch hinsichtlich der weiteren acht zähne, die laut klägerin behandlungsfehlerhaft entfernt worden sein sollen (12, 13, 16, 31, 33, 41, 42, 43), konnte dies nicht festgestellt werden. wie sich nach den überzeugenden und anhand der röntgenbilder nachvollziehbaren ausführungen des sachverständigen in seinem schriftlichen gutachten ergibt, bestand für die extraktion der sechs zähne 12, 13, 16, 31, 41, 42 jeweils eine indikation. die zähne 12, 13, 31, 41 und 42 waren zurzeit der entfernung stark kariös zerstört, die zähne 31, 41 und 42 litten zudem unter massiven chronischen entzündungen der wurzelspitzen. der zahn 16 wies ebenfalls eine chronische entzündung an der wurzelspitze auf. wie der sachverständige in der mündlichen verhandlung überzeugend dargelegt hat, begründet es keinen zweifel am bestehen der chronischen entzündung, dass die klägerin zur zeit der entfernung des zahnes 16 insoweit keine beschwerden verspürte und der extrahierte zahn selbst intakt ist. die verbleibenden beiden zähne 33 und 43 waren nach den überzeugenden ausführungen des sachverständigen bereits am 09.09.1999 und damit vor der streitgegenständlichen behandlung entfernt worden. 6210. 63der zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 absatz 1 satz 2 bgb. ein anspruch auf frühere zinszahlungen aus dem gesichtspunkt des verzugs besteht nicht, weil es hierzu am erforderlichen verschulden der beklagten fehlt, §§ 286 absatz 4, 276 bgb. denn eine unverhältnismäßig hohe, weit übersetzte zuvielforderung kann den zu recht angemahnten teil so in den hintergrund treten lassen, dass dem schuldner kein schuldvorwurf zu machen ist, wenn er sich nicht als wirksam gemahnt ansieht (bgh, urteil vom 12.07.2006 - x zr 157/05, -juris). so lag es hier. denn die klägerin verlangte von den beklagten die zahlung von über 35.000 euro, obwohl ihr tatsächlich lediglich ein anspruch in bereich von 1.000 euro zustand. die unterschiedlichen zeitpunkte der rechtshängigkeit gegenüber den beklagten zu 1) und 2) resultieren aus den unterschiedlichen zeitpunkten, zu denen ihnen jeweils die klage zugestellt wurde. 6411. 65die klägerin hat nur in höhe von 5,30 euro einen anspruch auf freistellung von vorgerichtlichen anwaltskosten, weil die beklagten den anspruch auf zahlung oder freistellung von vorgerichtlichen anwaltskosten im übrigen am 04.04.2011 durch zahlung von 150 euro erfüllt haben. im rahmen ihres materiellen schadensersatzanspruchs sind der klägerin im grundsatz vorgerichtliche rechtsanwaltskosten aus dem der klägerin zustehenden anspruch in höhe von 923 € als gegenstandswert zu ersetzen. zu den ersatzpflichtigen aufwendungen des geschädigten zählen auch die durch das schadensereignis erforderlich gewordenen rechtsverfolgungskosten (bgh, urteil vom 10. januar 2006 – vi zr 43/05 –, juris). nach der ständigen rechtsprechung des bundesgerichtshofs hat der schädiger allerdings nicht schlechthin alle durch das schadensereignis adäquat verursachten rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der sicht des geschädigten zur wahrnehmung seiner rechte erforderlich und zweckmäßig waren (bgh, aao, mwn). dem erstattungsanspruch des geschädigten hinsichtlich der ihm entstandenen anwaltskosten ist im verhältnis zum schädiger somit grundsätzlich der gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten schadensersatzforderung entspricht (bgh, urteil vom 07. november 2007 – viii zr 341/06 –, juris). denn der tatsächliche umfang der beauftragung eines rechtsanwalts ist nur für die abrechnung zwischen dem geschädigten und seinem anwalt maßgebend (bgh, urteil vom 07. november 2007 – viii zr 341/06 –, juris). kosten, die dadurch entstehen, dass der geschädigte einen anwalt zur durchsetzung eines unbegründeten anspruchs beauftragt, können dem schädiger nicht mehr als folge seines verhaltens zugerechnet werden (bgh, urteil vom 18. januar 2005 – vi zr 73/04 –, juris). 66bei einer von der klägerin geltend gemachten geschäftsgebühr von 1,3 (104,00 euro) zuzüglich auslagen (20 euro) und mehrwertsteuer (24,80 euro) ergeben sich bei einem gegenstandswert von 923 euro ersatzfähige vorgerichtliche rechtsanwaltskosten in höhe von 155,20 euro. diesen anspruch haben die beklagten durch zahlung von 150 euro überwiegend erfüllt. 6712. 68die kostenentscheidung folgt aus der analogen anwendung des § 92 absatz 2 nr. 1 zpo, der nach allgemeiner ansicht auch auf ein geringfügiges unterliegen der beklagten anzuwenden ist. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 nr. 11, 709 s. 1, 2, 711 zpo. 69der streitwert wird auf 35.177,00 eur festgesetzt. 70d dr. c2 i
Klaeger*in
1
323,923
27 K 10116/17.A
2019-10-28T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger, geboren am 00.00.1988, nigerianischer Staatsangehöriger vom Volk der Ibo und christlichen Glaubens, reiste am 13. September 2015 nach eigenen Angaben auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 27. September 2016 einen Asylantrag. 3Die persönliche Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) erfolgte am 23. Dezember 2016. Hier trug der Kläger im Wesentlichen vor: Er habe Nigeria aus Furcht vor Verfolgung durch die nigerianische Armee verlassen. Er sei seit 2013 Mitglied der Indegenous People of Biafra (IPOB). Er habe für diese Gruppe Informationen und Flugblätter verteilt und manchmal an Wände geklebt. Die Gruppe kämpfe für die Unabhängigkeit Biafras. Im August 2014 sei er aus beruflichen Gründen nicht zu Hause gewesen. Sein Nachbar habe ihn in der Nacht angerufen und ihm berichtet, dass drei Soldaten der nigerianischen Armee mit drei verhafteten Mitgliedern der IPOB gekommen seien und nach ihm gesucht hätten. Er habe Angst gehabt, nach Hause zurückzugehen, weil sie bei ihm eingebrochen seien und seine Bilder und Dokumente mitgenommen hätten. Deshalb habe er Nigeria sofort verlassen. 4Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 18. Mai 2017 die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1), die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigten (Ziffer 2) sowie die Zuerkennung subsidiären Schutzes (Ziffer 3) ab und stellte fest, dass in der Person des Klägers keine Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen (Ziffer 4). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen zu verlassen. Im Falle der Nichteinhaltung dieser Ausreisefrist wurde ihm die Abschiebung nach Nigeria oder in einen anderen Staat, in den er einreisen dürfte oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei, angedroht (Ziffer 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 6). Zur Begründung führte das Bundesamt im Wesentlichen aus: Der Kläger habe keine Gründe vorgetragen, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen würden. Aus dem Vorbringen des Klägers sei nicht erkennbar, dass ihm bei Rückkehr nach Nigeria die von ihm genannte Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen würde. Eine systematische, landesweite Verfolgung aller Mitglieder oder Unterstützer der Biafra-Unabhängigkeitsbewegung sei nicht festzustellen. Ihm drohe auch nicht die Vollstreckung oder Verhängung der Todesstrafe. Aufgrund des vorliegenden Sachverhalts sei auch nicht davon auszugehen, dass ihm in seinem Heimatland Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung drohen würden. Ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt liege in Nigeria nicht vor. Abschiebungsverbote seien ebenfalls nicht gegeben. Beim Kläger handele es sich um einen jungen, arbeitsfähigen und ledigen Mann im erwerbsfähigen Alter. Es sei ihm auch bis zu seiner Ausreise gelungen, für sich eine Lebensgrundlage zu schaffen. So sei es ihm zuzumuten, sich in seiner Heimatstadt oder in anderen Großstädten oder Bundesstaaten eine zumindest existenzsichernde Tätigkeit zu suchen. Dabei könne er auf seine schulische Ausbildung und seine bisherigen beruflichen Erfahrungen als gelernter Fensterbauer zurückgreifen. Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 30 Monate im vorliegenden Fall sei angemessen. Der Kläger verfüge im Bundesgebiet über keine wesentlichen Bindungen, die im Rahmen der Ermessensprüfung zu berücksichtigen gewesen seien. 5Der Bescheid wurde dem Kläger am 23. Mai 2017 zugestellt. Er hat am 2. Juni 2017 Klage erhoben. Zu deren Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen. Ausweislich einer vorgelegten Bescheinigung sei er auch in Deutschland für die IPOB aktiv. 6Der Kläger beantragt, 7die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 18. Mai 2017 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, 8hilfsweise, ihm subsidiären Schutz zuzuerkennen, 9weiter hilfsweise, festzustellen, dass in seiner Person Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 S. 1 AufenthG hinsichtlich Nigerias vorliegen. 10Die Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung persönlich angehört worden. Wegen des Inhalts der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift, wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. 13Entscheidungsgründe: 14Das Gericht konnte durch den Einzelrichter entscheiden, nachdem ihm das Verfahren durch Beschluss der Kammer zur Entscheidung übertragen worden ist (§ 76 Abs. 1 AsylG). 15Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 18. Mai 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat zu dem für die Entscheidung maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylG) keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG. 16Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG oder das Bundesamt hat nach § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG von der Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG abgesehen. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist - im Einklang mit dem unionsrechtlichen und dem internationalen Flüchtlingsrecht - ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten nach § 3a Abs. 1 AsylG Handlungen, die (1.) aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist, oder (2.) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist. Diese Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Neufassung, ABl. L 337 S. 9) - Anerkennungsrichtlinie - umsetzende Legaldefinition der Verfolgungshandlung erfährt in § 3a Abs. 2 AsylG - im Einklang mit Art. 9 Abs. 2 Richtlinie 2011/95/EU - eine Ausgestaltung durch einen nicht abschließenden Katalog von Regelbeispielen. Danach kann die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt (Nr. 1) ebenso wie eine unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung (Nr. 2) ausreichen. Die Annahme einer Verfolgungshandlung setzt einen gezielten Eingriff in ein flüchtlingsrechtlich geschütztes Rechtsgut voraus. Die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten Verfolgungsgründe (Rasse, Religion, Nationalität, politische Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe) werden in § 3b Abs. 1 AsylG konkretisiert. Unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass eine Person in einer Angelegenheit, die die in § 3c AsylG genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt (§ 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG). Gemäß § 3b Abs. 2 AsylG ist es bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, unerheblich, ob dieser tatsächlich die flüchtlingsschutzrelevanten Merkmale aufweist, sofern ihm diese von seinem Verfolger zugeschrieben werden. Zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten und in § 3b AsylG konkretisierten Verfolgungsgründen und den in § 3a Abs. 1 und 2 AsylG beschriebenen Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylG, Art. 9 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU). Die Maßnahme muss darauf gerichtet sein, den von ihr Betroffenen gerade in Anknüpfung an einen oder mehrere Verfolgungsgründe zu treffen. Ob die Verfolgung in diesem Sinne "wegen" eines Verfolgungsgrundes erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme zu beurteilen, nicht hingegen nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten. Diese Zielgerichtetheit muss nicht nur hinsichtlich der durch die Verfolgungshandlung bewirkten Rechtsgutverletzung, sondern auch in Bezug auf die Verfolgungsgründe im Sinne des § 3b AsylG, an die die Handlung anknüpft, anzunehmen sein. Für eine derartige "Verknüpfung" reicht ein Zusammenhang im Sinne einer Mitverursachung aus. Ein bestimmter Verfolgungsgrund muss nicht die zentrale Motivation oder alleinige Ursache einer Verfolgungsmaßnahme sein; indes genügt eine lediglich entfernte, hypothetische Verknüpfung mit einem Verfolgungsgrund nicht den Anforderungen des § 3a Abs. 3 AsylG. Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer - bei einer hypothetisch zu unterstellenden Rückkehr - die vorgenannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr ("real risk") abstellt; das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Hierfür ist erforderlich, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine individuelle Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb die dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Diese Würdigung ist auf der Grundlage einer "qualifizierenden" Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung vorzunehmen. Hierbei sind gemäß Art. 4 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU neben den Angaben des Antragstellers und seiner individuellen Lage auch alle mit dem Herkunftsland verbundenen flüchtlingsrelevanten Tatsachen zu berücksichtigen. Entscheidend ist, ob in Anbetracht der Gesamtumstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann. Eine in diesem Sinne wohlbegründete Furcht vor einem Ereignis kann auch dann vorliegen, wenn bei einer "quantitativen" oder mathematischen Betrachtungsweise ein Wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50 % für dessen Eintritt besteht. In einem solchen Fall reicht zwar die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht aus; ein vernünftig denkender Mensch wird sie außer Betracht lassen. Ergeben jedoch die Gesamtumstände des Falles die "reale Möglichkeit“ einer Verfolgung, wird auch ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen. Bei der Abwägung aller Umstände ist die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in einem gewissen Umfang in die Betrachtung einzubeziehen. Besteht bei quantitativer Betrachtungsweise nur eine geringe mathematische Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung, macht es auch aus der Sicht eines besonnen und vernünftig denkenden Menschen bei der Überlegung, ob er in seinen Heimatstaat zurückkehren kann, einen erheblichen Unterschied, ob er z.B. lediglich eine Gefängnisstrafe von einem Monat oder aber die Todesstrafe riskiert. Maßgebend ist damit letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit; sie bildet das vorrangige qualitative Kriterium, das bei der Beurteilung anzulegen ist, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr "beachtlich" ist. Dieser im Tatbestandsmerkmal "aus begründeter Furcht vor Verfolgung" enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab gilt unabhängig von der Frage, ob der Antragsteller vorverfolgt ausgereist ist oder nicht. Vorverfolgte werden nach den unionsrechtlichen Vorgaben nicht über einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab, sondern über die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU privilegiert. Danach besteht bei ihnen eine tatsächliche Vermutung, dass ihre Furcht vor Verfolgung begründet ist. Diese Vermutung kann widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe dagegen sprechen, dass ihnen erneut eine derartige Verfolgung droht. 17Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2019 – 1 C 37/18 –, juris, Rn. 9 - 14, m.w.N. 18An stichhaltigen Gründen für eine Verfolgung fehlt es, wenn eine sog. "hinreichende Verfolgungssicherheit" im Sinne der Rechtsprechung des BVerwG besteht, weil mit dem Wiederaufleben einer ursprünglichen Verfolgung nicht zu rechnen ist und das erhöhte Risiko einer erstmaligen gleichartigen Verfolgung aus anderen Gründen nicht besteht. 19Vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 27. November 2009 - 2 Bf 337/02.A, juris; Zeitler, HTK-AuslR (Stand: 28. Mai 2019), § 3 AsylG, zu Abs. 1, Rn. 40. 20Der Ausländer hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung eine Verfolgung droht. Hierzu gehört, dass der Ausländer zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen. Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u. a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Ausländers berücksichtigen werden. 21Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23/12 -, juris, Rn. 20ff. m.w.N., sowie Beschluss vom 3. August 1990 - 9 B 45/90 -, juris, Rn. 2 (zu Art. 16a GG); OVG NRW, Urteile vom 14. Februar 2014 - 1 A 1139/13.A -, juris, Rn. 35, und vom 17. August 2010 - 8 A 4063/06.A -, juris, Rn. 33; Sächsisches OVG, Urteil vom 29. August 2019 – 3 A 770/17.A –, juris, Rn. 35, vgl. auch: BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. April 1998 – 2 BvR 253/96 –, juris, Rn. 4. 22An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Ausländer im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt. 23Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Februar 1988 - 9 C 273/86 -, juris, Rn. 11, und vom 8. Februar 1989- 9 C 29/87 -, juris, Rn. 8, sowie Beschlüsse vom 12. September 1986 - 9 B 180/86 -, juris, Rn. 5, und vom 23. Mai 1996 - 9 B 273/96 -, juris, Rn. 2; OVG NRW, Beschluss vom 25. April 2002 – 8 A 1530/02.A –, juris, LS 5; Bayerischer VGH, Beschluss vom 18. Juli 2017 – 20 ZB 17.30785 –, juris, Rn. 5. 24Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in der Person des Klägers nicht vor. Es steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Herkunftslandes aufhält. 25Selbst wenn die vom Kläger geschilderten Umstände im Jahr 2014 eine Verfolgung durch die nigerianischen Sicherheitskräfte begründet hätten, drohte ihm jedenfalls heute bei einer Rückkehr nach Nigeria nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erneute Verfolgung. Denn es fehlt hier an stichhaltigen Gründen für eine Verfolgung. Die Vermutung aus Art. 4 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU ist widerlegt. Es ist nicht davon auszugehen, dass nigerianische Sicherheitsbehörden nach mehr als fünf Jahren noch nach dem Kläger suchen würden, zumal er selbst angegeben hat, dass über die von ihm geschilderten beiden Vorfälle, nämlich die Durchsuchung seiner Wohnung und Verwüstung seiner Arbeitsstelle, keine weiteren Maßnahmen getroffen wurden. Die Sicherheitskräfte sollen nach seinen eigenen Angaben noch nicht einmal in seinem familiären Umfeld nach ihm gefragt haben. 26Unabhängig davon droht nach den dem Gericht vorliegen Erkenntnissen eine Verfolgung wegen der Unterstützung der Unabhängigkeit Biafras, insbesondere einer Mitgliedschaft in der IPOB, nach einer Rückkehr nach Nigeria nicht sämtlichen Unterstützern mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit. Ein solches erhöhtes Risiko besteht nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen allenfalls für die Anführer der IPOB-Bewegung in Nigeria. 27Vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 19. Februar 2019; so auch: Schweizerische Flüchtlingshilfe, Nigéria : Situation des membres du groupe IPOB, 19. Juli 2019, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/nigeria/190719-nga-situation-ipob-asylwiki.pdf, S. 5. 28Festnahmen oder Verhaftungen von IPOB-Mitgliedern einzig aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu der Organisation sind bislang nicht bekannt geworden. 29Vgl. Bundesrepublik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Nigeria, Gesamtaktualisierung vom 12. April 2019, S. 27. 30Dies entspricht den Einschätzungen des European Asylum Support Office (EASO), das ebenfalls davon ausgeht, dass nicht alle Biafra-Anhänger einem entsprechenden Risikoprofil für eine drohende Verfolgung unterfallen, sondern allenfalls sog. „high-profile members”. 31Vgl. EASO, Country Guidance Nigeria, https://easo.europa.eu/sites/default/files/Country_Guidance_Nigeria_2019.pdf, S. 50, 99. 32Dies gilt gleichermaßen für exilpolitische Tätigkeiten für die Unabhängigkeit Biafras. Auch insoweit geht aus den verfügbaren Erkenntnissen hervor, dass allenfalls die Leitungsebene unter Beobachtung steht. Zwar stellt die Schweizerische Flüchtlingshilfe in ihrem jüngsten Bericht zur Lage der IPOB in Nigeria, 33Vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Nigéria : Situation des membres du groupe IPOB, 19. Juli 2019, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/nigeria/190719-nga-situation-ipob-asylwiki.pdf, 34dar, dass der nigerianische Staat die exilpolitischen Tätigkeiten der IPOB beobachte. Anhand der dortigen Beispiele, wonach etwa nigerianische Regierungsmitglieder geäußert hätten, Frankreich sei das Finanzzentrum der IPOB, bzw. diese habe ihren Hauptsitz über Radio Biafra in London, zeigen, dass es hier allenfalls um eine Beobachtung der Exilpolitik auf höchster Ebene gehen kann. Hieraus kann indes nicht geschlossen werden, dass der nigerianische Staat etwa sämtliche IPOB-Anhänger, die in Europa an Demonstrationen teilnehmen oder sich in sozialen Medien engagieren, überwachen oder gar registrieren würde. Hiergegen spricht in Gegenteil die vom erkennenden Gericht in einem Parallelverfahren eingeholte Auskunft der Auswärtigen Amtes, wonach insbesondere im Rahmen der Einreise keine Kontrollen mit Blick auf etwaige politische Straftaten stattfinden. 35Vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 19. Dezember 2018, zu Frage 3; Auskunft an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 19. Februar 2019. 36Nach diesen Maßgaben droht dem Kläger eine erstmalige gleichartige Verfolgung nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit. Der Kläger ist nach eigenen Angaben kein führendes Mitglied der Bewegung. So hat er zwar angegeben, hier regelmäßig an Demonstrationen teilzunehmen und Flugblätter zu verteilen. Eine leitende oder herausgehobene Funktion hat er dagegen weder substantiiert vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Im Gegenteil hat er auf ausdrückliche Frage des Gerichts angegeben, außer dem Anführer Nnamdi Kanu und etwaigen lokalen Koordinatoren gebe es keine Anführer der Bewegung. 37Unabhängig davon und selbständig tragend gilt: Selbst wenn unterstellt wird, dass der Kläger nicht in seinen Heimatort zurückkehren kann, steht ihm schon deshalb kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu, weil für ihn eine interne Schutzmöglichkeit i.S. des § 3e AsylG existiert. Es ist dem Kläger möglich, sich einer etwaigen Bedrohung in seiner Heimatregion dadurch zu entziehen, dass er seinen Aufenthalt an einen anderen, ausreichend weit von seiner Heimatstadt entfernten Ort verlagert. Angesichts der tatsächlichen Gegebenheiten Nigerias, einem Land mit ca. 200 Millionen Einwohnern und mehreren Millionenstädten, 38- vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria vom 10. Dezember 2018 (Stand: Oktober 2018), S. 6; https://de.wikipedia.org/wiki/Nigeria#Verwaltung: Einer Schätzung von 2015 zufolge soll es in Nigeria 20 Städte mit mehr als 500.000 Einwohnern, darunter zehn Millionenstädte. Die mit Abstand bevölkerungsreichste Agglomeration ist Lagos mit 13,340 Millionen Einwohnern. Weitere Städte sind etwa Kano (4.030.000 Einwohner), Ibadan (3.060.000 Einw.) und Abuja (2.710.000 Einw.) -, 39das weder über ein Meldewesen verfügt, so dass es keine Möglichkeit gibt, bei einer zuständigen Behörde nach der Wohnanschrift einer Person zu fragen, 40vgl. den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria vom 10. Dezember 2018 (Stand: Oktober 2018), S. 24; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 14. Mai 2014 an das Bundesamt; Bundesrepublik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Nigeria, Gesamtaktualisierung am 2. September 2016, letzte Kurzinformation vom 8. Mai 2017, S. 14.ff, 41noch ein zentrales Fahndungssystem besitzt, 42vgl. Auskünfte des Auswärtigen Amtes vom 21. Juni 2017 an das Bundesamt (zu Anfragen vom 17. März 2017 und 10. April 2017); Bundesrepublik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Nigeria, Gesamtaktualisierung am 2. September 2016, letzte Kurzinformation vom 8. Mai 2017, S. 61, 43ist die Wahrscheinlichkeit, einen Menschen in einem anderen Landesteil außerhalb seiner Heimatregion zu finden, als gering einzuschätzen. 44S. auch Bundesrepublik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Nigeria, Gesamtaktualisierung am 2. September 2016, letzte Kurzinformation vom 8. Mai 2017, S. 18, wonach die Terroristen nicht in der Lage sind, eine Person überall in Nigeria aufzuspüren; auch Deserteure der Boko Haram können danach in den Süden umsiedeln, wo sie sicher sind; s. ferner S. 40 und 61. 45Asyl-Rückkehrer werden keiner Überprüfung seitens der Kriminalpolizei im Zusammenhang mit laufenden Verfahren unterzogen. Dies gilt auch in Bezug auf etwaige Verbindungen zur Biafra-Unabhängigkeitsbewegung. Es existieren auch keine sichtbaren Fahndungslisten an Flughäfen. 46Vgl. Auskünfte des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 19. Februar 2019 zu Az. 27 K 9057/17 und 19. Dezember 2018 zu Az. 27 K 10421/17.A, zu Frage 3. 47Auch würden einfache Unterstützer der Unabhängigkeit Biafras nicht in ganz Nigeria erkannt werden. Dies würde allenfalls für die medial sehr präsenten Unabhängigkeitsführer oder die Drahtzieher der Bewegung („high-profile-members“) gelten. 48Vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 19. Februar 2019 zu Az. 27 K 9057/17; EASO, Country Guidance Nigeria, https://easo.europa.eu/sites/default/files/Country_Guidance_Nigeria_2019.pdf, S. 50, 99; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Nigéria : Situation des membres du groupe IPOB, 19. Juli 2019, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/nigeria/190719-nga-situation-ipob-asylwiki.pdf 49Der Kläger hat im Übrigen keine durchgreifenden Gründe vorgetragen, die dagegen sprechen würden, dass vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich andernorts niederlässt. 50Der Einzelrichter verkennt nicht, dass die wirtschaftliche Lage für einen großen Teil der Bevölkerung Nigerias schwierig ist. Jedoch sind für die Bewertung des konkreten Einzelfalles die Möglichkeiten der Lebensunterhaltssicherung in der Person des Klägers in den Blick zu nehmen. Davon ausgehend ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger als junger, erwachsener und arbeitsfähiger Mann, der nicht zuletzt durch seine Reise nach Europa bewiesen hat, dass er sich in einer für ihn unbekannten Umgebung behaupten kann, in einem anderen Landesteil nicht seinen Lebensunterhalt bestreiten könnte. Außerdem verfügt der Kläger eigenen Angaben zufolge über familiäre Kontakte in Nigeria. Dass er bei seiner Mutter sicher wäre, zeigt sich schon daran, dass die Sicherheitskräfte diese nach eigenen Angaben des Klägers schon seinerzeit nicht haben finden können, weil sie nicht in Aba, sondern in einem Dorf lebt. 51Anhaltspunkte für einen besonderen Ausnahmefall, in dem humanitäre Gründe in der Person des Klägers zwingend gegen eine Aufenthaltsbeendigung bzw. gegen eine Rückführung nach Nigeria sprechen, sind vorliegend nicht ersichtlich. 52Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Kläger hat - aus den bereits genannten Erwägungen - keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht, dass ihm bei einer Rückkehr nach Nigeria ein solcher ernsthafter Schaden droht. 53Es sind keine Anhaltspunkte für Abschiebungsverbote im Sinne von § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG vorgetragen oder sonst ersichtlich. 54Die Abschiebungsandrohung beruht auf §§ 34, 38 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 59 AufenthG. 55Die Anordnung des befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 AufenthG ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Insoweit ist es unschädlich, dass die Beklagte im Begründungsteil des Bescheides unter 6. im Rahmen ihrer Ermessensausübung die Vorschrift des § 11 AufenthG in der bis zum 20. August 2019 geltenden Fassung anführt. Denn durch die Neufassung des § 11 AufenthG haben sich die für die behördliche Fristbestimmung zu berücksichtigenden Umstände nicht geändert. Der Gesetzgeber hat lediglich klarstellend die bisherige Rechtslage an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes unionsrechtskonform als behördliche Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbotes zu verstehen ist, 56Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Juli 2017 – 1 VR 3/17 –, juris, Rn. 70 ff., 57angepasst. 58Vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 22. August 2019 – A 19 K 1718/17 –, juris, Rn. 38. 59Die Ermessensentscheidung der Beklagten, die von Amts wegen vorzunehmende Befristung in der Mitte des von § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG – auch in seiner ab dem 21. August 2019 geltenden Fassung – für den Regelfall aufgezeigten Rahmens von bis zu fünf Jahren anzusiedeln, begegnet auch im Übrigen keinen Bedenken. Einwände werden vom Kläger auch nicht vorgetragen. Entsprechend dem Wortlaut des § 11 Abs. 2 Satz 2 AufenthG gilt das Einreise- und Aufenthaltsverbot unter der aufschiebenden Bedingung der Abschiebung. 60Im Übrigen wird auf die Begründung des angegriffenen Bescheides Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG). 61Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83 b AsylG. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 und 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der ZPO. 62Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG. 63Rechtsmittelbelehrung: 64Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beantragt werden. Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster. 65Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 661. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 672. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 683. ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 69Der Antrag ist schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 70Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 71In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. 72Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 73Die Antragsschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der kläger, geboren am 00.00.1988, nigerianischer staatsangehöriger vom volk der ibo und christlichen glaubens, reiste am 13. september 2015 nach eigenen angaben auf dem landweg in die bundesrepublik deutschland ein und stellte am 27. september 2016 einen asylantrag. 3die persönliche anhörung beim bundesamt für migration und flüchtlinge (nachfolgend: bundesamt) erfolgte am 23. dezember 2016. hier trug der kläger im wesentlichen vor: er habe nigeria aus furcht vor verfolgung durch die nigerianische armee verlassen. er sei seit 2013 mitglied der indegenous people of biafra (ipob). er habe für diese gruppe informationen und flugblätter verteilt und manchmal an wände geklebt. die gruppe kämpfe für die unabhängigkeit biafras. im august 2014 sei er aus beruflichen gründen nicht zu hause gewesen. sein nachbar habe ihn in der nacht angerufen und ihm berichtet, dass drei soldaten der nigerianischen armee mit drei verhafteten mitgliedern der ipob gekommen seien und nach ihm gesucht hätten. er habe angst gehabt, nach hause zurückzugehen, weil sie bei ihm eingebrochen seien und seine bilder und dokumente mitgenommen hätten. deshalb habe er nigeria sofort verlassen. 4das bundesamt lehnte mit bescheid vom 18. mai 2017 die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft (ziffer 1), die anerkennung des klägers als asylberechtigten (ziffer 2) sowie die zuerkennung subsidiären schutzes (ziffer 3) ab und stellte fest, dass in der person des klägers keine abschiebungsverbote gemäß § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthg vorliegen (ziffer 4). der kläger wurde aufgefordert, die bundesrepublik deutschland innerhalb von 30 tagen zu verlassen. im falle der nichteinhaltung dieser ausreisefrist wurde ihm die abschiebung nach nigeria oder in einen anderen staat, in den er einreisen dürfte oder der zu seiner rückübernahme verpflichtet sei, angedroht (ziffer 5). das gesetzliche einreise- und aufenthaltsverbot gemäß § 11 abs. 1 aufenthg wurde auf 30 monate ab dem tag der abschiebung befristet (ziffer 6). zur begründung führte das bundesamt im wesentlichen aus: der kläger habe keine gründe vorgetragen, die zur zuerkennung der flüchtlingseigenschaft führen würden. aus dem vorbringen des klägers sei nicht erkennbar, dass ihm bei rückkehr nach nigeria die von ihm genannte verfolgung mit beachtlicher wahrscheinlichkeit drohen würde. eine systematische, landesweite verfolgung aller mitglieder oder unterstützer der biafra-unabhängigkeitsbewegung sei nicht festzustellen. ihm drohe auch nicht die vollstreckung oder verhängung der todesstrafe. aufgrund des vorliegenden sachverhalts sei auch nicht davon auszugehen, dass ihm in seinem heimatland folter oder unmenschliche oder erniedrigende behandlung oder bestrafung drohen würden. ein innerstaatlicher bewaffneter konflikt liege in nigeria nicht vor. abschiebungsverbote seien ebenfalls nicht gegeben. beim kläger handele es sich um einen jungen, arbeitsfähigen und ledigen mann im erwerbsfähigen alter. es sei ihm auch bis zu seiner ausreise gelungen, für sich eine lebensgrundlage zu schaffen. so sei es ihm zuzumuten, sich in seiner heimatstadt oder in anderen großstädten oder bundesstaaten eine zumindest existenzsichernde tätigkeit zu suchen. dabei könne er auf seine schulische ausbildung und seine bisherigen beruflichen erfahrungen als gelernter fensterbauer zurückgreifen. die befristung des einreise- und aufenthaltsverbots auf 30 monate im vorliegenden fall sei angemessen. der kläger verfüge im bundesgebiet über keine wesentlichen bindungen, die im rahmen der ermessensprüfung zu berücksichtigen gewesen seien. 5der bescheid wurde dem kläger am 23. mai 2017 zugestellt. er hat am 2. juni 2017 klage erhoben. zu deren begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges vorbringen. ausweislich einer vorgelegten bescheinigung sei er auch in deutschland für die ipob aktiv. 6der kläger beantragt, 7die beklagte unter teilweiser aufhebung des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 18. mai 2017 zu verpflichten, dem kläger die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, 8hilfsweise, ihm subsidiären schutz zuzuerkennen, 9weiter hilfsweise, festzustellen, dass in seiner person abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und abs. 7 s. 1 aufenthg hinsichtlich nigerias vorliegen. 10die beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12der kläger ist in der mündlichen verhandlung persönlich angehört worden. wegen des inhalts der mündlichen verhandlung wird auf die sitzungsniederschrift, wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. 13
14das gericht konnte durch den einzelrichter entscheiden, nachdem ihm das verfahren durch beschluss der kammer zur entscheidung übertragen worden ist (§ 76 abs. 1 asylg). 15die klage hat keinen erfolg. sie ist zulässig, aber unbegründet. der bescheid des bundesamtes vom 18. mai 2017 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 und abs. 5 satz 1 vwgo). der kläger hat zu dem für die entscheidung maßgebenden zeitpunkt der mündlichen verhandlung (§ 77 abs. 1 satz 1 halbsatz 1 asylg) keinen anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 abs. 4 i.v.m. abs. 1 asylg. 16gemäß § 3 abs. 4 asylg wird einem ausländer, der flüchtling nach § 3 abs. 1 asylg ist, die flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die voraussetzungen des § 60 abs. 8 satz 1 aufenthg oder das bundesamt hat nach § 60 abs. 8 satz 3 aufenthg von der anwendung des § 60 abs. 1 aufenthg abgesehen. nach § 3 abs. 1 asylg ist - im einklang mit dem unionsrechtlichen und dem internationalen flüchtlingsrecht - ein ausländer flüchtling im sinne des abkommens vom 28. juli 1951 über die rechtsstellung der flüchtlinge (gk), wenn er sich aus begründeter furcht vor verfolgung wegen seiner rasse, religion, nationalität, politischen überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe außerhalb des landes (herkunftsland) befindet, dessen staatsangehörigkeit er besitzt und dessen schutz er nicht in anspruch nehmen kann oder wegen dieser furcht nicht in anspruch nehmen will. als verfolgung im sinne des § 3 abs. 1 asylg gelten nach § 3a abs. 1 asylg handlungen, die (1.) aufgrund ihrer art oder wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende verletzung der grundlegenden menschenrechte darstellen, insbesondere der rechte, von denen nach art. 15 abs. 2 der konvention vom 4. november 1950 zum schutze der menschenrechte und grundfreiheiten (emrk) keine abweichung zulässig ist, oder (2.) in einer kumulierung unterschiedlicher maßnahmen, einschließlich einer verletzung der menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine person davon in ähnlicher weise betroffen ist. diese art. 9 abs. 1 richtlinie 2011/95/eu des europäischen parlaments und des rates vom 13. dezember 2011 über normen für die anerkennung von drittstaatsangehörigen oder staatenlosen als personen mit anspruch auf internationalen schutz, für einen einheitlichen status für flüchtlinge oder für personen mit anrecht auf subsidiären schutz und für den inhalt des zu gewährenden schutzes (neufassung, abl. l 337 s. 9) - anerkennungsrichtlinie - umsetzende legaldefinition der verfolgungshandlung erfährt in § 3a abs. 2 asylg - im einklang mit art. 9 abs. 2 richtlinie 2011/95/eu - eine ausgestaltung durch einen nicht abschließenden katalog von regelbeispielen. danach kann die anwendung physischer oder psychischer gewalt (nr. 1) ebenso wie eine unverhältnismäßige oder diskriminierende strafverfolgung oder bestrafung (nr. 2) ausreichen. die annahme einer verfolgungshandlung setzt einen gezielten eingriff in ein flüchtlingsrechtlich geschütztes rechtsgut voraus. die in § 3 abs. 1 nr. 1 asylg genannten verfolgungsgründe (rasse, religion, nationalität, politische überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe) werden in § 3b abs. 1 asylg konkretisiert. unter dem begriff der politischen überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass eine person in einer angelegenheit, die die in § 3c asylg genannten potenziellen verfolger sowie deren politiken oder verfahren betrifft, eine meinung, grundhaltung oder überzeugung vertritt (§ 3b abs. 1 nr. 5 asylg). gemäß § 3b abs. 2 asylg ist es bei der bewertung der frage, ob die furcht eines ausländers vor verfolgung begründet ist, unerheblich, ob dieser tatsächlich die flüchtlingsschutzrelevanten merkmale aufweist, sofern ihm diese von seinem verfolger zugeschrieben werden. zwischen den in § 3 abs. 1 nr. 1 asylg genannten und in § 3b asylg konkretisierten verfolgungsgründen und den in § 3a abs. 1 und 2 asylg beschriebenen verfolgungshandlungen oder dem fehlen von schutz vor solchen handlungen muss eine verknüpfung bestehen (§ 3a abs. 3 asylg, art. 9 abs. 3 richtlinie 2011/95/eu). die maßnahme muss darauf gerichtet sein, den von ihr betroffenen gerade in anknüpfung an einen oder mehrere verfolgungsgründe zu treffen. ob die verfolgung in diesem sinne "wegen" eines verfolgungsgrundes erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen charakters nach der erkennbaren gerichtetheit der maßnahme zu beurteilen, nicht hingegen nach den subjektiven gründen oder motiven, die den verfolgenden dabei leiten. diese zielgerichtetheit muss nicht nur hinsichtlich der durch die verfolgungshandlung bewirkten rechtsgutverletzung, sondern auch in bezug auf die verfolgungsgründe im sinne des § 3b asylg, an die die handlung anknüpft, anzunehmen sein. für eine derartige "verknüpfung" reicht ein zusammenhang im sinne einer mitverursachung aus. ein bestimmter verfolgungsgrund muss nicht die zentrale motivation oder alleinige ursache einer verfolgungsmaßnahme sein; indes genügt eine lediglich entfernte, hypothetische verknüpfung mit einem verfolgungsgrund nicht den anforderungen des § 3a abs. 3 asylg. die furcht vor verfolgung ist begründet, wenn dem ausländer - bei einer hypothetisch zu unterstellenden rückkehr - die vorgenannten gefahren aufgrund der in seinem herkunftsland gegebenen umstände in anbetracht seiner individuellen lage mit beachtlicher wahrscheinlichkeit drohen. dieser wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte (egmr), der bei der prüfung des art. 3 emrk auf die tatsächliche gefahr ("real risk") abstellt; das entspricht dem maßstab der beachtlichen wahrscheinlichkeit. hierfür ist erforderlich, dass bei einer zusammenfassenden würdigung des zur prüfung gestellten lebenssachverhalts die für eine individuelle verfolgung sprechenden umstände ein größeres gewicht besitzen und deshalb die dagegen sprechenden tatsachen überwiegen. diese würdigung ist auf der grundlage einer "qualifizierenden" betrachtungsweise im sinne einer gewichtung und abwägung aller festgestellten umstände und ihrer bedeutung vorzunehmen. hierbei sind gemäß art. 4 abs. 3 richtlinie 2011/95/eu neben den angaben des antragstellers und seiner individuellen lage auch alle mit dem herkunftsland verbundenen flüchtlingsrelevanten tatsachen zu berücksichtigen. entscheidend ist, ob in anbetracht der gesamtumstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen menschen in der lage des betroffenen furcht vor verfolgung hervorgerufen werden kann. eine in diesem sinne wohlbegründete furcht vor einem ereignis kann auch dann vorliegen, wenn bei einer "quantitativen" oder mathematischen betrachtungsweise ein wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50 % für dessen eintritt besteht. in einem solchen fall reicht zwar die bloße theoretische möglichkeit einer verfolgung nicht aus; ein vernünftig denkender mensch wird sie außer betracht lassen. ergeben jedoch die gesamtumstände des falles die "reale möglichkeit“ einer verfolgung, wird auch ein verständiger mensch das risiko einer rückkehr in den heimatstaat nicht auf sich nehmen. bei der abwägung aller umstände ist die besondere schwere des befürchteten eingriffs in einem gewissen umfang in die betrachtung einzubeziehen. besteht bei quantitativer betrachtungsweise nur eine geringe mathematische wahrscheinlichkeit für eine verfolgung, macht es auch aus der sicht eines besonnen und vernünftig denkenden menschen bei der überlegung, ob er in seinen heimatstaat zurückkehren kann, einen erheblichen unterschied, ob er z.b. lediglich eine gefängnisstrafe von einem monat oder aber die todesstrafe riskiert. maßgebend ist damit letztlich der gesichtspunkt der zumutbarkeit; sie bildet das vorrangige qualitative kriterium, das bei der beurteilung anzulegen ist, ob die wahrscheinlichkeit einer gefahr "beachtlich" ist. dieser im tatbestandsmerkmal "aus begründeter furcht vor verfolgung" enthaltene wahrscheinlichkeitsmaßstab gilt unabhängig von der frage, ob der antragsteller vorverfolgt ausgereist ist oder nicht. vorverfolgte werden nach den unionsrechtlichen vorgaben nicht über einen herabgestuften wahrscheinlichkeitsmaßstab, sondern über die beweiserleichterung des art. 4 abs. 4 richtlinie 2011/95/eu privilegiert. danach besteht bei ihnen eine tatsächliche vermutung, dass ihre furcht vor verfolgung begründet ist. diese vermutung kann widerlegt werden. hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige gründe dagegen sprechen, dass ihnen erneut eine derartige verfolgung droht. 17vgl. bverwg, urteil vom 4. juli 2019 – 1 c 37/18 –, juris, rn. 9 - 14, m.w.n. 18an stichhaltigen gründen für eine verfolgung fehlt es, wenn eine sog. "hinreichende verfolgungssicherheit" im sinne der rechtsprechung des bverwg besteht, weil mit dem wiederaufleben einer ursprünglichen verfolgung nicht zu rechnen ist und das erhöhte risiko einer erstmaligen gleichartigen verfolgung aus anderen gründen nicht besteht. 19vgl. ovg hamburg, beschluss vom 27. november 2009 - 2 bf 337/02.a, juris; zeitler, htk-auslr (stand: 28. mai 2019), § 3 asylg, zu abs. 1, rn. 40. 20der ausländer hat unter angabe genauer einzelheiten einen in sich stimmigen sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger würdigung eine verfolgung droht. hierzu gehört, dass der ausländer zu den in seine sphäre fallenden ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen erlebnissen, eine schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten anspruch lückenlos zu tragen. bei der bewertung der stimmigkeit des sachverhalts müssen u. a. persönlichkeitsstruktur, wissensstand und herkunft des ausländers berücksichtigen werden. 21vgl. bverwg, urteil vom 20. februar 2013 - 10 c 23/12 -, juris, rn. 20ff. m.w.n., sowie beschluss vom 3. august 1990 - 9 b 45/90 -, juris, rn. 2 (zu art. 16a gg); ovg nrw, urteile vom 14. februar 2014 - 1 a 1139/13.a -, juris, rn. 35, und vom 17. august 2010 - 8 a 4063/06.a -, juris, rn. 33; sächsisches ovg, urteil vom 29. august 2019 – 3 a 770/17.a –, juris, rn. 35, vgl. auch: bverfg, kammerbeschluss vom 7. april 1998 – 2 bvr 253/96 –, juris, rn. 4. 22an der glaubhaftmachung von verfolgungsgründen fehlt es in der regel, wenn der ausländer im laufe des verfahrens unterschiedliche angaben macht und sein vorbringen nicht auflösbare widersprüche enthält, wenn seine darstellung nach der lebenserfahrung oder aufgrund der kenntnis entsprechender vergleichbarer geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein asylvorbringen im laufe des asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er tatsachen, die er für sein asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige erklärung erst sehr spät in das verfahren einführt. 23vgl. bverwg, urteile vom 23. februar 1988 - 9 c 273/86 -, juris, rn. 11, und vom 8. februar 1989- 9 c 29/87 -, juris, rn. 8, sowie beschlüsse vom 12. september 1986 - 9 b 180/86 -, juris, rn. 5, und vom 23. mai 1996 - 9 b 273/96 -, juris, rn. 2; ovg nrw, beschluss vom 25. april 2002 – 8 a 1530/02.a –, juris, ls 5; bayerischer vgh, beschluss vom 18. juli 2017 – 20 zb 17.30785 –, juris, rn. 5. 24ausgehend von diesen grundsätzen liegen die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft in der person des klägers nicht vor. es steht nicht zur überzeugung des gerichts fest, dass der kläger sich aus begründeter furcht vor verfolgung außerhalb seines herkunftslandes aufhält. 25selbst wenn die vom kläger geschilderten umstände im jahr 2014 eine verfolgung durch die nigerianischen sicherheitskräfte begründet hätten, drohte ihm jedenfalls heute bei einer rückkehr nach nigeria nicht mit beachtlicher wahrscheinlichkeit erneute verfolgung. denn es fehlt hier an stichhaltigen gründen für eine verfolgung. die vermutung aus art. 4 abs. 4 richtlinie 2011/95/eu ist widerlegt. es ist nicht davon auszugehen, dass nigerianische sicherheitsbehörden nach mehr als fünf jahren noch nach dem kläger suchen würden, zumal er selbst angegeben hat, dass über die von ihm geschilderten beiden vorfälle, nämlich die durchsuchung seiner wohnung und verwüstung seiner arbeitsstelle, keine weiteren maßnahmen getroffen wurden. die sicherheitskräfte sollen nach seinen eigenen angaben noch nicht einmal in seinem familiären umfeld nach ihm gefragt haben. 26unabhängig davon droht nach den dem gericht vorliegen erkenntnissen eine verfolgung wegen der unterstützung der unabhängigkeit biafras, insbesondere einer mitgliedschaft in der ipob, nach einer rückkehr nach nigeria nicht sämtlichen unterstützern mit beachtlicher wahrscheinlichkeit. ein solches erhöhtes risiko besteht nach den dem gericht vorliegenden erkenntnissen allenfalls für die anführer der ipob-bewegung in nigeria. 27vgl. auswärtiges amt, auskunft an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 19. februar 2019; so auch: schweizerische flüchtlingshilfe, nigéria : situation des membres du groupe ipob, 19. juli 2019, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/nigeria/190719-nga-situation-ipob-asylwiki.pdf, s. 5. 28festnahmen oder verhaftungen von ipob-mitgliedern einzig aufgrund ihrer zugehörigkeit zu der organisation sind bislang nicht bekannt geworden. 29vgl. bundesrepublik österreich, bundesamt für fremdenwesen und asyl, länderinformationsblatt der staatendokumentation, nigeria, gesamtaktualisierung vom 12. april 2019, s. 27. 30dies entspricht den einschätzungen des european asylum support office (easo), das ebenfalls davon ausgeht, dass nicht alle biafra-anhänger einem entsprechenden risikoprofil für eine drohende verfolgung unterfallen, sondern allenfalls sog. „high-profile members”. 31vgl. easo, country guidance nigeria, https://easo.europa.eu/sites/default/files/country_guidance_nigeria_2019.pdf, s. 50, 99. 32dies gilt gleichermaßen für exilpolitische tätigkeiten für die unabhängigkeit biafras. auch insoweit geht aus den verfügbaren erkenntnissen hervor, dass allenfalls die leitungsebene unter beobachtung steht. zwar stellt die schweizerische flüchtlingshilfe in ihrem jüngsten bericht zur lage der ipob in nigeria, 33vgl. schweizerische flüchtlingshilfe, nigéria : situation des membres du groupe ipob, 19. juli 2019, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/nigeria/190719-nga-situation-ipob-asylwiki.pdf, 34dar, dass der nigerianische staat die exilpolitischen tätigkeiten der ipob beobachte. anhand der dortigen beispiele, wonach etwa nigerianische regierungsmitglieder geäußert hätten, frankreich sei das finanzzentrum der ipob, bzw. diese habe ihren hauptsitz über radio biafra in london, zeigen, dass es hier allenfalls um eine beobachtung der exilpolitik auf höchster ebene gehen kann. hieraus kann indes nicht geschlossen werden, dass der nigerianische staat etwa sämtliche ipob-anhänger, die in europa an demonstrationen teilnehmen oder sich in sozialen medien engagieren, überwachen oder gar registrieren würde. hiergegen spricht in gegenteil die vom erkennenden gericht in einem parallelverfahren eingeholte auskunft der auswärtigen amtes, wonach insbesondere im rahmen der einreise keine kontrollen mit blick auf etwaige politische straftaten stattfinden. 35vgl. auswärtiges amt, auskunft an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 19. dezember 2018, zu frage 3; auskunft an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 19. februar 2019. 36nach diesen maßgaben droht dem kläger eine erstmalige gleichartige verfolgung nicht mit beachtlicher wahrscheinlichkeit. der kläger ist nach eigenen angaben kein führendes mitglied der bewegung. so hat er zwar angegeben, hier regelmäßig an demonstrationen teilzunehmen und flugblätter zu verteilen. eine leitende oder herausgehobene funktion hat er dagegen weder substantiiert vorgetragen noch glaubhaft gemacht. im gegenteil hat er auf ausdrückliche frage des gerichts angegeben, außer dem anführer nnamdi kanu und etwaigen lokalen koordinatoren gebe es keine anführer der bewegung. 37unabhängig davon und selbständig tragend gilt: selbst wenn unterstellt wird, dass der kläger nicht in seinen heimatort zurückkehren kann, steht ihm schon deshalb kein anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft zu, weil für ihn eine interne schutzmöglichkeit i.s. des § 3e asylg existiert. es ist dem kläger möglich, sich einer etwaigen bedrohung in seiner heimatregion dadurch zu entziehen, dass er seinen aufenthalt an einen anderen, ausreichend weit von seiner heimatstadt entfernten ort verlagert. angesichts der tatsächlichen gegebenheiten nigerias, einem land mit ca. 200 millionen einwohnern und mehreren millionenstädten, 38- vgl. bericht des auswärtigen amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der bundesrepublik nigeria vom 10. dezember 2018 (stand: oktober 2018), s. 6; https://de.wikipedia.org/wiki/nigeria#verwaltung: einer schätzung von 2015 zufolge soll es in nigeria 20 städte mit mehr als 500.000 einwohnern, darunter zehn millionenstädte. die mit abstand bevölkerungsreichste agglomeration ist lagos mit 13,340 millionen einwohnern. weitere städte sind etwa kano (4.030.000 einwohner), ibadan (3.060.000 einw.) und abuja (2.710.000 einw.) -, 39das weder über ein meldewesen verfügt, so dass es keine möglichkeit gibt, bei einer zuständigen behörde nach der wohnanschrift einer person zu fragen, 40vgl. den bericht des auswärtigen amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der bundesrepublik nigeria vom 10. dezember 2018 (stand: oktober 2018), s. 24; auskunft des auswärtigen amtes vom 14. mai 2014 an das bundesamt; bundesrepublik österreich, bundesamt für fremdenwesen und asyl, länderinformationsblatt der staatendokumentation, nigeria, gesamtaktualisierung am 2. september 2016, letzte kurzinformation vom 8. mai 2017, s. 14.ff, 41noch ein zentrales fahndungssystem besitzt, 42vgl. auskünfte des auswärtigen amtes vom 21. juni 2017 an das bundesamt (zu anfragen vom 17. märz 2017 und 10. april 2017); bundesrepublik österreich, bundesamt für fremdenwesen und asyl, länderinformationsblatt der staatendokumentation, nigeria, gesamtaktualisierung am 2. september 2016, letzte kurzinformation vom 8. mai 2017, s. 61, 43ist die wahrscheinlichkeit, einen menschen in einem anderen landesteil außerhalb seiner heimatregion zu finden, als gering einzuschätzen. 44s. auch bundesrepublik österreich, bundesamt für fremdenwesen und asyl, länderinformationsblatt der staatendokumentation, nigeria, gesamtaktualisierung am 2. september 2016, letzte kurzinformation vom 8. mai 2017, s. 18, wonach die terroristen nicht in der lage sind, eine person überall in nigeria aufzuspüren; auch deserteure der boko haram können danach in den süden umsiedeln, wo sie sicher sind; s. ferner s. 40 und 61. 45asyl-rückkehrer werden keiner überprüfung seitens der kriminalpolizei im zusammenhang mit laufenden verfahren unterzogen. dies gilt auch in bezug auf etwaige verbindungen zur biafra-unabhängigkeitsbewegung. es existieren auch keine sichtbaren fahndungslisten an flughäfen. 46vgl. auskünfte des auswärtigen amtes an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 19. februar 2019 zu az. 27 k 9057/17 und 19. dezember 2018 zu az. 27 k 10421/17.a, zu frage 3. 47auch würden einfache unterstützer der unabhängigkeit biafras nicht in ganz nigeria erkannt werden. dies würde allenfalls für die medial sehr präsenten unabhängigkeitsführer oder die drahtzieher der bewegung („high-profile-members“) gelten. 48vgl. auskunft des auswärtigen amtes an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 19. februar 2019 zu az. 27 k 9057/17; easo, country guidance nigeria, https://easo.europa.eu/sites/default/files/country_guidance_nigeria_2019.pdf, s. 50, 99; schweizerische flüchtlingshilfe, nigéria : situation des membres du groupe ipob, 19. juli 2019, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/nigeria/190719-nga-situation-ipob-asylwiki.pdf 49der kläger hat im übrigen keine durchgreifenden gründe vorgetragen, die dagegen sprechen würden, dass vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich andernorts niederlässt. 50der einzelrichter verkennt nicht, dass die wirtschaftliche lage für einen großen teil der bevölkerung nigerias schwierig ist. jedoch sind für die bewertung des konkreten einzelfalles die möglichkeiten der lebensunterhaltssicherung in der person des klägers in den blick zu nehmen. davon ausgehend ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der kläger als junger, erwachsener und arbeitsfähiger mann, der nicht zuletzt durch seine reise nach europa bewiesen hat, dass er sich in einer für ihn unbekannten umgebung behaupten kann, in einem anderen landesteil nicht seinen lebensunterhalt bestreiten könnte. außerdem verfügt der kläger eigenen angaben zufolge über familiäre kontakte in nigeria. dass er bei seiner mutter sicher wäre, zeigt sich schon daran, dass die sicherheitskräfte diese nach eigenen angaben des klägers schon seinerzeit nicht haben finden können, weil sie nicht in aba, sondern in einem dorf lebt. 51anhaltspunkte für einen besonderen ausnahmefall, in dem humanitäre gründe in der person des klägers zwingend gegen eine aufenthaltsbeendigung bzw. gegen eine rückführung nach nigeria sprechen, sind vorliegend nicht ersichtlich. 52der kläger hat auch keinen anspruch auf zuerkennung subsidiären schutzes gemäß § 4 abs. 1 satz 1 asylg. nach dieser vorschrift ist ein ausländer subsidiär schutzberechtigter, wenn er stichhaltige gründe für die annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem herkunftsland ein ernsthafter schaden droht. diese voraussetzungen liegen nicht vor. der kläger hat - aus den bereits genannten erwägungen - keine stichhaltigen gründe für die annahme vorgebracht, dass ihm bei einer rückkehr nach nigeria ein solcher ernsthafter schaden droht. 53es sind keine anhaltspunkte für abschiebungsverbote im sinne von § 60 abs. 5 und abs. 7 aufenthg vorgetragen oder sonst ersichtlich. 54die abschiebungsandrohung beruht auf §§ 34, 38 abs. 1 asylg in verbindung mit § 59 aufenthg. 55die anordnung des befristeten einreise- und aufenthaltsverbots nach § 11 abs. 1, abs. 2 satz 3 aufenthg ist ebenfalls nicht zu beanstanden. insoweit ist es unschädlich, dass die beklagte im begründungsteil des bescheides unter 6. im rahmen ihrer ermessensausübung die vorschrift des § 11 aufenthg in der bis zum 20. august 2019 geltenden fassung anführt. denn durch die neufassung des § 11 aufenthg haben sich die für die behördliche fristbestimmung zu berücksichtigenden umstände nicht geändert. der gesetzgeber hat lediglich klarstellend die bisherige rechtslage an die rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, wonach die befristung des gesetzlichen einreise- und aufenthaltsverbotes unionsrechtskonform als behördliche anordnung eines befristeten einreise- und aufenthaltsverbotes zu verstehen ist, 56vgl. bverwg, beschluss vom 13. juli 2017 – 1 vr 3/17 –, juris, rn. 70 ff., 57angepasst. 58vgl. vg karlsruhe, urteil vom 22. august 2019 – a 19 k 1718/17 –, juris, rn. 38. 59die ermessensentscheidung der beklagten, die von amts wegen vorzunehmende befristung in der mitte des von § 11 abs. 3 satz 2 aufenthg – auch in seiner ab dem 21. august 2019 geltenden fassung – für den regelfall aufgezeigten rahmens von bis zu fünf jahren anzusiedeln, begegnet auch im übrigen keinen bedenken. einwände werden vom kläger auch nicht vorgetragen. entsprechend dem wortlaut des § 11 abs. 2 satz 2 aufenthg gilt das einreise- und aufenthaltsverbot unter der aufschiebenden bedingung der abschiebung. 60im übrigen wird auf die begründung des angegriffenen bescheides bezug genommen (§ 77 abs. 2 asylg). 61die kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 abs. 1 vwgo und § 83 b asylg. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 2 und 1 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 11, 711 der zpo. 62der gegenstandswert ergibt sich aus § 30 rvg. 63rechtsmittelbelehrung: 64gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung die zulassung der berufung beantragt werden. über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster. 65die berufung ist nur zuzulassen, wenn 661. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat oder 672. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 683. ein in § 138 der verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 69der antrag ist schriftlich bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) zu stellen. er muss das angefochtene urteil bezeichnen. 70der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 71in dem antrag sind die gründe, aus denen die berufung zuzulassen ist, darzulegen. 72im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 73die antragsschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften.
Verklagte*r
0
164,340
3 O 555/13
2015-07-03T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz wegen Prospektfehlern und der Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit seinen mittelbaren Beitritten zu den geschlossenen Schiffsfonds T (nachfolgend: T) und T2 (nachfolgend: T2). Er begehrt die Rückzahlung seiner Kommanditeinlagen abzüglich erhaltener Ausschüttungen. Die streitgegenständlichen Emissionsprospekte (Anlagen K3 und K5) wurden am 18.07.2003 (T) und am 21.06.2004 (T2) herausgegeben. Sie standen dem Kläger vor Zeichnung zur Verfügung. 3Unter dem 15.08.2003 unterschrieb der Kläger zwei formularmäßige Beitrittserklärungen (Anlagen K1 und K2), die seinen Beitritt in Höhe von 35.000 EUR und 50.000 EUR zu der Fondsgesellschaft T zum Gegenstand hatten. Am 16.10.2004 unterschrieb der Kläger eine Beitrittserklärung (Anlage K4), die seinen Beitritt in Höhe von 65.000 EUR zu der Fondsgesellschaft T2 bewirkte. 4Bei der Beklagten zu 2) handelt es sich um die Gründungsgesellschafterin und Treuhandkommanditistin der beiden Fondsgesellschaften. Die Beklagte zu 3) ist weitere Gründungsgesellschafterin beider Fondsgesellschaften. Die Beklagten zu 4) bis 5) sind Gründungsgesellschafterinnen der T. Die Beklagte zu 6) ist Gründungsgesellschafterin der T2. 5Der Kläger behauptet, die Beklagten zu 4) bis 5) seien ebenfalls Gründungsgesellschafterinnen der T2. Der Kläger habe schon vor der Zeichnung in einer Geschäftsbeziehung mit der Beklagten zu 1) gestanden. Er habe zuvor im Jahre 2002 eine Beteiligung an einem Schiffsfonds über 100.000 EUR gezeichnet. Jeweils nachdem ihm entsprechende Ersparnisse zu Verfügung gestanden haben, habe er den im Jahr 2010 verstorbenen Geschäftsführer der Beklagten zu 1), Herrn P, um Beratung gebeten. Dieser habe ihm die Schiffsfonds empfohlen. Auf Anfrage des Klägers habe Herr P ihm die Emissionsprospekte nebst Zeichnungsschein übergeben. 6Er, der Kläger, sei nicht darüber unterrichtet worden, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung handele. Das dadurch immanente Risiko eines Scheiterns sei von Herrn P als rein theoretisch abgetan worden. Zudem sei durch die Empfehlung, über 130.000 EUR in Schiffsbeteiligungen zu investieren, ein Klumpenrisiko geschaffen worden. Es sei nicht darauf hingewiesen worden, dass allein die Vertriebskosten mehr als 15 % des von den Anlegern aufzubringenden Eigenkapitals ausmachen würden. 7Der Kläger ist der Ansicht, dass die Emissionsprospekte die nachfolgend dargestellten Prospektfehler enthielten bzw. über nachfolgende Umstände nicht ausreichend aufgeklärt werde (wegen der Einzelheiten wird auf S. 7-39 der Klageschrift vom 09.12.2013 (= Bl. 8-40 d. A.) Bezug genommen): 8(1) Investitions- und Finanzierungsrechnung (bzgl. T und T2) 9(2) Kapitalverwendung für nichtinvestive Zwecke (bzgl. T und T2) 10(3) Haftung der Treugeber (bzgl. T und T2) 11(4) Risiko der Nachhaftung gemäß §§ 161, 160 HGB (bzgl. T und T2) 12(5) Angemessenheit des Kaufpreises des Schiffes (bzgl. T und T2) 13(6) Schwankungen der Charterraten (bzgl. T und T2) 14(7) Schiffsbetriebskosten (bzgl. T und T2) 15(8) Kein Hinweis auf § 18 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages (bzgl. T und T2) 16(9) Verlängerungsoption der Festcharterer (bzgl. T) 17(10) Gewinn der P2 mit dem Verkauf des Schiffes (bzgl. T) 18(11) Kapitalmäßige und personelle Verflechtung (bzgl. T) 19(12) Einfluss der einzelnen Anleger (bzgl. T) 20Der Kläger beantragt, 21221. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 143.627,50 EUR nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.01.2013 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte des Klägers aus den Treuhand- und Verwaltungsverträgen mit der Beklagten zu 2) bezüglich je einer Kommanditbeteiligung (Nrn. ##-###/### und ##-###/####) im Nennbetrag von 35.000,00 EUR und 50.000,00 EUR an der T sowie einer Kommanditbeteiligung (Nr. ##-###/####) im Nennbetrag von 65.000,00 EUR an der T2; 232. festzustellen, dass sich die Beklagten mit der Annahme der angebotenen Rechte des Klägers aus den Treuhand- und Verwaltungsverträgen mit der Beklagten zu 2) bezüglich je einer Kommanditbeteiligung (Nrn. ##-###/### und ##-###/####) im Nennbetrag von 35.000,00 EUR und 50.000,00 EUR an der T sowie einer Kommanditbeteiligung (Nr. ##-###/####) im Nennbetrag von 65.000,00 EUR an der T2 in Verzug befindet; 243. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner den Kläger von allen mittel- und unmittelbaren Verpflichtungen freizustellen haben, die aus den Treuhand- und Verwaltungsverträgen mit der Beklagten zu 2) bezüglich je einer Kommanditbeteiligung (Nrn. ##-###/### und ##-###/####) im Nennbetrag von 35.000,00 EUR und 50.000,00 EUR an der T sowie einer Kommanditbeteiligung (Nr. ##-###/####) im Nennbetrag von 65.000,00 EUR an der T2 bereits bestehen oder noch entstehen; ferner festzustellen, dass die Beklagte zu 2) gegen den Kläger keinerlei Rechte mehr aus den Treuhand- und Verwaltungsverträgen mit der Beklagten zu 2) bezüglich je einer Kommanditbeteiligung (Nrn. ##-###/### und ##-###/####) im Nennbetrag von 35.000,00 EUR und 50.000,00 EUR an der T sowie einer Kommanditbeteiligung (Nr. ##-###/####) im Nennbetrag von 65.000,00 EUR an der T2 geltend machen kann; 254. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner sämtliche steuerliche Nachteile zu tragen haben, die dem Kläger aus seinen mittelbaren Kommanditbeteiligungen (Nrn. ##-###/### und ##-###/####) im Nennbetrag von 35.000,00 EUR und 50.000,00 EUR an der T sowie einer Kommanditbeteiligung (Nr. ##-###/####) im Nennbetrag von 65.000,00 EUR an der T2 selbst sowie der Schadensersatzleistung und Übertragung gem. Ziffer 1 entstehen; 265. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 2.713,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.01.2013 zu bezahlen und 276. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner den Kläger von Forderungen seiner Prozessbevollmächtigten über 5.056,90 EUR freizustellen haben. 28Die Beklagten beantragen, 29 die Klage abzuweisen. 30Die Beklagten berufen sich auf die Einrede der Verjährung und sind der Ansicht, dass die Prospekte richtig und vollständig seien. 31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen. 32Entscheidungsgründe: 33Die zulässige Klage ist unbegründet. 34Rückzahlungsansprüche hinsichtlich der getätigten Einlagen sowie Ersatzansprüche bezüglich entgangener Anlagezinsen des Klägers gegen die Beklagten folgen insbesondere weder aus § 280 Abs. 1 BGB noch aus §§ 311 Abs. 2, 3, 241 Abs. 2 BGB. 35- Haftung der Beklagten zu 1) 36Der Kläger hat gegen die Beklagte zu 1), gegen die allein ein vertraglicher Anspruch in Betracht kommt, keinen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB. 37Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger mit der Beklagten zu 1) einen Beratungs- oder Anlagevermittlungsvertrag geschlossen hat, da es an einer Pflichtverletzung fehlt. Ein Anlageberater schuldet eine anleger- und objektgerechte Beratung (Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 280, Rn. 47 ff.) und ein Anlagevermittler vollständige und richtige Informationen über das Anlageobjekt (Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 280, Rn. 52), die sich weitgehend mit der objektgerechten Beratung decken. 38a.) Die Beratung ist anlegergerecht, wenn der Berater Wissensstand, Ziel und Risikobereitschaft des Anlegers erfragt und zugleich das vorhandene Fachwissen abklärt. Eine Aufklärungspflicht besteht dann, wenn der Auftrag vom Anlageziel oder dem bisherigen Risikoprofil abweicht oder unbekannte Anlageformen empfohlen werden (Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 280 Rn. 48). Der Kläger trägt schon keine Umstände vor, die gegen eine anlegergerechte Beratung durch die Beklagte zu 1) sprechen. 39b.) Die Beratung (wenn ein Anlageberatungsvertrag vorliegen sollte) oder die Auskunft (wenn ein Anlagevermittlungsvertrag vorliegen sollte) erfolgte zudem objektgerecht. Voraussetzung für eine objektgerechte Beratung/Auskunft ist, dass der Anlegerberater/Anlagevermittler den Interessenten richtig und vollständig informiert, insbesondere ihn bezüglich aller Umstände und Risiken aufklärt, die für die Anlageentscheidung von Bedeutung sein können (BGH, Urt. v. 22.03.2011 – XI ZR 33/10 Rn. 20; BGH, Urt. v. 01.12.2011 – III ZR 56/11 Rn. 9 f.; Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 280, Rn. 48 ff., 52). 40Der Anlageberater/Anlagevermittler erfüllt seine Verpflichtung – als eines von mehreren Mitteln (BGH, Urt. v. 11.05.2006 – III ZR 205/05 Rn. 9) –, durch die rechtzeitige Übergabe eines richtigen und vollständigen Prospekts (Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 280, Rn. 49, 52). Nach der Rechtsprechung hat die Prospektübergabe grundsätzlich so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss zu erfolgen, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (vgl. BGH Urt. v. 21.03.2005, II ZR 140/03 Rn.39 für die Prospekthaftung und BGH Urt. v. 08.05.2012, XI ZR 262/10 Rn.21 für die Beraterhaftung). Der Kläger erhielt die Prospekte unstreitig vor der Zeichnung und konnte den Zeichnungszeitpunkt selbst bestimmen. 41c.) Das Gericht hat ferner nicht feststellen können, dass der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) dem Kläger gegenüber von den Prospektinhalten abweichende und irreführende Angaben gemacht hat (vgl. BGH, Urt. v. 06.07.1993 – XI ZR 12/93 Rn. 14 ff.; BGH, Urt. v. 22.03.2011 – XI ZR 33/10 Rn. 22 ff.). Der Kläger behauptet zwar, dass Herr P die im Prospekt aufgeführten Risiken als eher theoretisch bezeichnet hätte. Insoweit hat er jedoch keinen Beweis angetreten. 42d.) Bei den vorliegenden Prospekten vom 18.07.2003 (T) und 21.06.2004 (T2) handelt es sich um richtige und vollständige Prospekte (vgl. bereits Urteile der Kammer vom 11.07.2014, 3 O 218/13, BeckRS 2014, 14354, bestätigt durch das OLG Hamm, Beschluss vom 30.04.2015, I-34 U 155/14, und Urteil vom 17.04.2015, 3 O 148/14). Die folgenden, von dem Kläger geltend gemachten Prospektfehler liegen nicht vor. 43(1) Investitions- und Finanzierungsrechnung (bzgl. T und T2) 44(2) Kapitalverwendung für nichtinvestive Zwecke (bzgl. T und T2) 45Die Prospekte enthalten auf den S. 32 (T) und S. 33 (T2) ausreichende Hinweise zu der Investitions- und Finanzierungsrechnung und auf den S. 11, 32 ff. und 49 (T) und S. 11, 33 ff. und 49 (T2) ausreichende Hinweise zu der Kapitalverwendung für nichtinvestive Zwecke. 46Über Weichkosten, die in nicht unerheblicher Höhe anfallen, muss ein Prospekt aufklären. Dem Anleger ist zu verdeutlichen, in welchem Umfang seine Leistungen nicht in das Anlageobjekt, sondern in Anschaffungs- und Herstellungskosten investiert werden (BGH, Urt. v 12.12.2013 – III ZR 404/12, Rn. 14, 15). Fehlerhaft ist es daher, wenn dem Anleger nicht vor Augen geführt wird, in welchem Umfang seine Beteiligung nicht in das Objekt eingeht, wenn beispielsweise Werbungskosten mit einem unrichtigen Anteil am Gesamtaufwand ausgewiesen werden. Dem Anlageinteressenten ist es nicht zumutbar, zunächst durch eine Reihe von Rechengängen zu einer korrekten Feststellung zu kommen (BGH, Urt. v 12.12.2013 – III ZR 404/12 Rn. 14, 15). 47Vorliegend wurde die Höhe der Weichkosten korrekt angegeben. Sie werden mehrfach im Prospekt (insbesondere S. 32 (T)) und S. 33 (T2)) mitgeteilt. So wird beispielsweise in der Übersicht auf S. 32 (T) „Investitions- und Finanzierungsrechnung“ verdeutlicht, dass ein Betrag von 2.434 T€ für „Vertrieb und Einwerbung des Beteiligungskapitals“ eingesetzt wird und nur 35.088 T€ auf den Schiffskaufpreis entfallen. Für den sorgfältigen Anlageinteressenten sind die Angaben nach einer Gesamtschau des Prospekts ausreichend aufschlussreich und erfordern keinen beachtlichen Rechenaufwand (ebenso BGH, Urt. v. 12.12.2013 – III ZR 404/12, Rn. 14, 15). Der Aufführung des Agios in der Fußnote stehen keine Bedenken entgegen. Eine Irreführung hinsichtlich der anfallenden Vertriebskosten liegt darin nicht. 48Die Zinsen der Eigenkapitalzwischenfinanzierung werden im Prospekt hinreichend dargestellt. Es ist nicht ersichtlich, dass die „Investitions- und Finanzierungsrechnung“ unrichtig oder unvollständig ist. 49(3) Haftung der Treugeber (bzgl. T und T2) 50Die Prospekte enthalten auf den S. 45 und 78 (T und T2) ausreichende Hinweise zu der Haftung der Treugeber. Es genügt ein bloßer Hinweis auf die Kommanditistenhaftung. Nicht notwendig ist hingegen eine darüber hinausgehende Erklärung der Regelung des § 172 Abs. 4 HGB in abstrakter Hinsicht (OLG Hamm I-34 U 134/13 Beschluss vom 25.03.2014). 51(4) Risiko der Nachhaftung gemäß §§ 161, 160 HGB (bzgl. T und T2) 52Es besteht keine Hinweispflicht auf die Nachhaftung des ausscheidenden Kommanditisten nach §§ 161, 160 HGB. 53(5) Angemessenheit des Kaufpreises des Schiffes (bzgl. T und T2) 54Es besteht keine Hinweispflicht. 55(6) Schwankungen der Charterraten (bzgl. T und T2) 56Die Prospekte enthalten auf den S. 11, 22 f., 36 ff., 48 (T) und S. 11, 22 f., 36 ff. und 47 f. (T2) ausreichende Hinweise zu den Schwankungen der Charterraten. 57Zu den Chartereinnahmen enthält der Prospekt auf den S. 11 und 48 (T) folgende, hinreichenden Risikohinweise: „Chartereinnahmen (…) Einnahmeausfälle, z.B. aufgrund höherer Ausfallzeiten oder weil der Charterer seine Verpflichtungen aus dem Chartervertrag nicht oder nicht vollständig erfüllt oder weil eine Anschlussbeschäftigung zu den unterstellten Konditionen nicht möglich ist. (…) Einnahmen (…) Trotz der beschriebenen Bonität des Charterers B und der langfristigen vertraglichen Bindung besteht grundsätzlich das Risiko, dass der Charterer seinen vertraglichen Pflichten nicht oder nicht vollständig nachkommt. Auch für den Fall, dass eine Anschlussbeschäftigung nur zu Konditionen unter Prospektansatz bzw. überhaupt nicht möglich ist, kann letztlich nicht ausgeschlossen werden, dass der Geschäftsbetrieb – bei gleichzeitigem Totalverlust der Kommanditeinlage – aufgegeben werden muss.“ 58Ein gleichlautender Hinweis zu den Chartereinnahmen findet sich auf S. 11 (T2). Auf S. 47 f. (T2) heißt es ähnlich: „Trotz der beschriebenen Bonität des Charterers, der Absicherung der ersten fünf Jahre durch Abtretung der T3 Charter zugunsten der Fondsgesellschaft und der langfristigen vertraglichen Bindung, besteht grundsätzlich das Risiko, dass der Charterer seinen vertraglichen Pflichten nicht oder nicht vollständig nachkommt. Auch für den Fall, dass eine Anschlussbeschäftigung nur zu Konditionen unter Prospektansatz bzw. überhaupt nicht möglich ist, kann letztlich nicht ausgeschlossen werden, dass der Geschäftsbetrieb – bei gleichzeitigem Totalverlust der Kommanditeinlage – aufgegeben werden muss.“ 59Zudem handelt es sich bei dem Risiko der Neuvercharterung nach Ablauf der in dem Prospekten konkret dargestellten Vercharterung nach Auffassung des Gerichts um ein jedem Anleger zugängliches und verfügbares Allgemeinwissen, das nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes keiner besonderen Aufklärung bedarf (BGH XI ZR 63/05 Urteil vom 21.03.2005 Rn. 16 = NJW 2006, 2041; BGH XI ZR 337/08, Urteil vom 27.10.2009 Rn. 23 = NJW-RR 2010, 115). 60(7) Schiffsbetriebskosten (bzgl. T und T2) 61Die Prospekte enthalten auf den S. 11, 36 ff., 49 (T) und S. 11, 36 ff. und 49 (T2) Hinweise zu den Schiffsbetriebskosten. Die Kosten von Schiffsbetrieb und Management wurden dort ausreichend offen gelegt. 62Auf S. 36 ff. und 49 der Prospekte finden sich jeweils eine hinreichende Aufklärung bezüglich der Schiffsbetriebskosten. Eine weitere Aufschlüsselung der Kostenkalkulation bedurfte es nicht, weil allein die Summe der Betriebskosten und nicht deren Zusammensetzung für die Beurteilung der Rentabilität des Fonds und damit für die Anlageentscheidung von Bedeutung ist. Dem Anleger wird – auch bei Fehlen genauerer Angaben – ein für seine Beitrittsentscheidung zutreffendes Bild über das Beteiligungsangebot vermittelt (BGH, Urt. v. 22.03.2010 – II ZR 66 / 08, Rn. 9). 63Es kann dahinstehen, ob die Betriebskosten tatsächlich höher als angegeben ausgefallen sind. Denn bei den prospektierten Angaben handelt es sich lediglich um Prognosewerte, die der Vertretbarkeitskontrolle unterliegen. Dabei dürfen durchaus auch optimistische Prognosen und Kalkulationen dem Prospekt zugrunde gelegt werden; darüber hinausgehende Risikoabschläge, die der – jeder Prognose naturgemäß innewohnenden – Unsicherheit Rechnung tragen sollen, sind für eine angemessene Darstellung des Risikos der Anlage grundsätzlich nicht erforderlich (BGH, Urt. v. 27.10.2009 – XI ZR 337/08, NJW-RR 2010, 115). Dass aber eine zum Zeitpunkt ihrer Erstellung vertretbare Prognose immer mit dem Risiko einer abweichenden negativen Entwicklung behaftet ist und sich die Entwicklung der Rentabilität einer Kapitalanlage insoweit nicht mit Sicherheit voraussagen lässt, gehört zum Allgemeinwissen und bedarf bereits keiner besonderen Aufklärung (BGH, Urt. v. 21.03.2005 – XI ZR 63/05, Rn. 16, NJW 2006, 2041; BGH, Urt. v. 27.10.2009 – XI ZR 337/08, Rn. 23, NJW-RR 2010, 115). 64(8) Kein Hinweis auf § 18 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages (bzgl. T und T2) 65Der Gesellschaftsvertrag ist in beiden Prospekten abgedruckt (S. 74 ff.). Aus § 18 Abs. 3 ergibt sich die Einordnung der Ausschüttungen als Darlehen. Weitere Hinweise sind nicht erforderlich. 66(9) Verlängerungsoption der Festcharterer (bzgl. T) 67§ 10 Abs. 3 lit. f) im abgedruckten Gesellschaftsvertrag ist ausreichend (S. 79 f.). Dort heißt es: „(…) Als über den laufenden Geschäftsbetrieb hinausgehend und damit zustimmungsbedürftig gelten insbesondere, jedoch unbeschadet abweichender Regelungen im Gesellschaftsvertrag: (…) f) die Ausübung der Optionsrechte im Rahmen des abgeschlossenen Chartervertrages; (…)“. 68(10) Gewinn der P2 mit dem Verkauf des Schiffes (bzgl. T) 69Es besteht keine Hinweispflicht. 70(11) Kapitalmäßige und personelle Verflechtung (bzgl. T) 71Der Prospekt enthält auf den S. 29 ff. und 70 ff. ausreichende Hinweise zu der Verflechtung. Die Vertragspartner werden dort hinreichend transparent vorgestellt. Dabei handelt es sich – auch im Hinblick auf die Vertriebsstruktur – um einen aufklärungspflichtigen Umstand (BGH, Urt. v. 07.12.2009 – II ZR 15/08, NJW 2010, 1077). Allerdings werden auf S. 70 ff. des Emissionsprospekts in einem eigenen Kapitel „Beteiligte und Partner“ die Beteiligten benannt und in Aufgaben und Funktion vorgestellt. Wenn diese personellen Verflechtungen – wie hier – offengelegt werden, bedarf es nicht mehr einer expliziten Erörterung der Interessenlagen und möglicher Interessenkonflikte. 72(12) Einfluss der einzelnen Anleger (bzgl. T) 73Es besteht keine Hinweispflicht. 74Fragen zu Kausalität, Verschulden und Schaden können mangels Pflichtverletzung dahinstehen. 75- Haftung der Beklagten zu 2) bis 6) 76Gegen die Beklagten zu 2) bis 6) scheiden Schadensersatzansprüche gemäß §§ 311 Abs. 2, 3, 241 Abs. 2 BGB wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo) aus uneigentlicher Prospekthaftung aus. Eine Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten zu 2) bis 6) ist ebenfalls nicht festzustellen. 77Die Beklagten zu 2) bis 6) gehören als Gründungs- und Treuhandgesellschafter grundsätzlich zu dem Personenkreis, die nach den Grundsätzen der uneigentlichen Prospekthaftung bei einem Aufklärungsmangel haften. Die aus dem Aspekt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (c.i.c.) abgeleitete Prospekthaftung im weiteren Sinne zielt auf eine Haftung der Gründungsgesellschafter – namentlich der Gründungskommanditisten und der Treuhandkommanditisten – einer Publikumskommanditgesellschaft (BGH, Urt. v. 06.10.1980 – II ZR 60/80 Rn. 15 ff.; BGH, Urt. v. 29.05.2008 – III ZR 59/07 Rn. 7 ff.; BGH, Urt. v. 12.02.2009 – III ZR 90/08 Rn. 8 ff.; OLG Hamm, Urt. v. 05.03.2012 – I-8 U 256/11 Rn. 36 ff.). Grundlage ist, dass die Gründungsgesellschafter wegen eines regelmäßigen Wissensvorsprungs gegenüber den Anlegern eine Aufklärungspflicht trifft (OLG Hamm, Urt. v. 08.09.2008 – 8 U 161/07 Rn. 198). Neben einer vollständigen Aufklärung in Bezug auf alle anlagerelevanten Umstände müssen insbesondere unrichtige Prospektangaben richtiggestellt werden (BGH, Urt. v. 29.05.2008 – III ZR 59/07 Rn. 8; BGH, Urt. v. 12.02.2009 – III ZR 90/08 Rn. 8 ff.). Demnach ist für eine Haftungsbegründung nicht erforderlich, dass die Gründungsgesellschafter in persönlichen Kontakt zum Anleger getreten sind oder anderweitig besonderes persönliches Vertrauen beansprucht haben (BGH, Urt. v. 12.02.2009 – III ZR 90/08 Rn. 8; OLG Hamm, Urt. v. 08.09.2008 – 8 U 161/07 Rn. 63). 78Nach diesen Grundsätzen sind die Gründungs- und Treuhandgesellschafter verpflichtet, über alle wesentlichen Gesichtspunkte aufzuklären, die für die Entscheidung des Interessenten von Bedeutung sind. Es kann dahinstehen, ob die Beklagten zu 4) bis 5), wie es der Kläger behauptet, ebenfalls Gründungsgesellschafter der T2 sind. Ein Verstoß gegen die Aufklärungsverpflichtung ist jedenfalls nicht festzustellen. 79Die Gründungsgesellschafter kommen ihrer Aufklärungspflicht regelmäßig dadurch nach, dass dem Interessenten rechtzeitig ein vollständiges und richtiges Prospekt übergeben wird und bei der Vermittlung der Fondsbeteiligung keine von dem Prospektinhalt abweichende Erklärungen abgegeben werden (vgl. BGH, Urt. v. 11.05.2006 – III ZR 205/05 Rn. 9; OLG Köln, Urt. v. 04.09.2012 – 24 U 65/11 Rn. 25; Palandt, § 311 Rn. 70). Auf die Ausführungen zu anleger- und objektgerechter Beratung in Bezug auf die Beklagte zu 1) wird Bezug genommen. 80Deliktische Ansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 bzw. 264a StGB, § 826 BGB scheiden gegen alle Beklagten nach den vorstehenden Ausführungen offensichtlich aus. 81Eine gesetzliche Prospekthaftung nach dem zum Zeitpunkt der Zeichnung maßgeblichen § 13 Abs. 1 VerkProspG entfällt, da es sich um einen – wie bereits erörtert – richtigen und vollständigen Prospekt handelt. Darüber hinaus sind die Ansprüche gemäß §§ 44, 45 BörsG mittlerweile verjährt. Denn seit Veröffentlichung des Prospekts sind mehr als drei Jahre vergangen. 82Da eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht festgestellt werden kann, sind auch die weiteren Anträge unbegründet. Vor diesem Hintergrund besteht auch keine Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme der Beteiligung. Ein Annahmeverzug ist damit nicht festzustellen (vgl. Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 280, Rn. 50). 83Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. 84Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre rechtliche Grundlage in § 709 S. 1 und 2 ZPO.
die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2der kläger verlangt von den beklagten schadensersatz wegen prospektfehlern und der verletzung von aufklärungspflichten im zusammenhang mit seinen mittelbaren beitritten zu den geschlossenen schiffsfonds t (nachfolgend: t) und t2 (nachfolgend: t2). er begehrt die rückzahlung seiner kommanditeinlagen abzüglich erhaltener ausschüttungen. die streitgegenständlichen emissionsprospekte (anlagen k3 und k5) wurden am 18.07.2003 (t) und am 21.06.2004 (t2) herausgegeben. sie standen dem kläger vor zeichnung zur verfügung. 3unter dem 15.08.2003 unterschrieb der kläger zwei formularmäßige beitrittserklärungen (anlagen k1 und k2), die seinen beitritt in höhe von 35.000 eur und 50.000 eur zu der fondsgesellschaft t zum gegenstand hatten. am 16.10.2004 unterschrieb der kläger eine beitrittserklärung (anlage k4), die seinen beitritt in höhe von 65.000 eur zu der fondsgesellschaft t2 bewirkte. 4bei der beklagten zu 2) handelt es sich um die gründungsgesellschafterin und treuhandkommanditistin der beiden fondsgesellschaften. die beklagte zu 3) ist weitere gründungsgesellschafterin beider fondsgesellschaften. die beklagten zu 4) bis 5) sind gründungsgesellschafterinnen der t. die beklagte zu 6) ist gründungsgesellschafterin der t2. 5der kläger behauptet, die beklagten zu 4) bis 5) seien ebenfalls gründungsgesellschafterinnen der t2. der kläger habe schon vor der zeichnung in einer geschäftsbeziehung mit der beklagten zu 1) gestanden. er habe zuvor im jahre 2002 eine beteiligung an einem schiffsfonds über 100.000 eur gezeichnet. jeweils nachdem ihm entsprechende ersparnisse zu verfügung gestanden haben, habe er den im jahr 2010 verstorbenen geschäftsführer der beklagten zu 1), herrn p, um beratung gebeten. dieser habe ihm die schiffsfonds empfohlen. auf anfrage des klägers habe herr p ihm die emissionsprospekte nebst zeichnungsschein übergeben. 6er, der kläger, sei nicht darüber unterrichtet worden, dass es sich um eine unternehmerische beteiligung handele. das dadurch immanente risiko eines scheiterns sei von herrn p als rein theoretisch abgetan worden. zudem sei durch die empfehlung, über 130.000 eur in schiffsbeteiligungen zu investieren, ein klumpenrisiko geschaffen worden. es sei nicht darauf hingewiesen worden, dass allein die vertriebskosten mehr als 15 % des von den anlegern aufzubringenden eigenkapitals ausmachen würden. 7der kläger ist der ansicht, dass die emissionsprospekte die nachfolgend dargestellten prospektfehler enthielten bzw. über nachfolgende umstände nicht ausreichend aufgeklärt werde (wegen der einzelheiten wird auf s. 7-39 der klageschrift vom 09.12.2013 (= bl. 8-40 d. a.) bezug genommen): 8(1) investitions- und finanzierungsrechnung (bzgl. t und t2) 9(2) kapitalverwendung für nichtinvestive zwecke (bzgl. t und t2) 10(3) haftung der treugeber (bzgl. t und t2) 11(4) risiko der nachhaftung gemäß §§ 161, 160 hgb (bzgl. t und t2) 12(5) angemessenheit des kaufpreises des schiffes (bzgl. t und t2) 13(6) schwankungen der charterraten (bzgl. t und t2) 14(7) schiffsbetriebskosten (bzgl. t und t2) 15(8) kein hinweis auf § 18 abs. 3 des gesellschaftsvertrages (bzgl. t und t2) 16(9) verlängerungsoption der festcharterer (bzgl. t) 17(10) gewinn der p2 mit dem verkauf des schiffes (bzgl. t) 18(11) kapitalmäßige und personelle verflechtung (bzgl. t) 19(12) einfluss der einzelnen anleger (bzgl. t) 20der kläger beantragt, 21221. die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, an den kläger 143.627,50 eur nebst zinsen von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit 26.01.2013 zu bezahlen, zug um zug gegen übertragung der rechte des klägers aus den treuhand- und verwaltungsverträgen mit der beklagten zu 2) bezüglich je einer kommanditbeteiligung (nrn. ##-###/### und ##-###/####) im nennbetrag von 35.000,00 eur und 50.000,00 eur an der t sowie einer kommanditbeteiligung (nr. ##-###/####) im nennbetrag von 65.000,00 eur an der t2; 232. festzustellen, dass sich die beklagten mit der annahme der angebotenen rechte des klägers aus den treuhand- und verwaltungsverträgen mit der beklagten zu 2) bezüglich je einer kommanditbeteiligung (nrn. ##-###/### und ##-###/####) im nennbetrag von 35.000,00 eur und 50.000,00 eur an der t sowie einer kommanditbeteiligung (nr. ##-###/####) im nennbetrag von 65.000,00 eur an der t2 in verzug befindet; 243. festzustellen, dass die beklagten als gesamtschuldner den kläger von allen mittel- und unmittelbaren verpflichtungen freizustellen haben, die aus den treuhand- und verwaltungsverträgen mit der beklagten zu 2) bezüglich je einer kommanditbeteiligung (nrn. ##-###/### und ##-###/####) im nennbetrag von 35.000,00 eur und 50.000,00 eur an der t sowie einer kommanditbeteiligung (nr. ##-###/####) im nennbetrag von 65.000,00 eur an der t2 bereits bestehen oder noch entstehen; ferner festzustellen, dass die beklagte zu 2) gegen den kläger keinerlei rechte mehr aus den treuhand- und verwaltungsverträgen mit der beklagten zu 2) bezüglich je einer kommanditbeteiligung (nrn. ##-###/### und ##-###/####) im nennbetrag von 35.000,00 eur und 50.000,00 eur an der t sowie einer kommanditbeteiligung (nr. ##-###/####) im nennbetrag von 65.000,00 eur an der t2 geltend machen kann; 254. festzustellen, dass die beklagten als gesamtschuldner sämtliche steuerliche nachteile zu tragen haben, die dem kläger aus seinen mittelbaren kommanditbeteiligungen (nrn. ##-###/### und ##-###/####) im nennbetrag von 35.000,00 eur und 50.000,00 eur an der t sowie einer kommanditbeteiligung (nr. ##-###/####) im nennbetrag von 65.000,00 eur an der t2 selbst sowie der schadensersatzleistung und übertragung gem. ziffer 1 entstehen; 265. die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, an den kläger 2.713,80 eur nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit 26.01.2013 zu bezahlen und 276. festzustellen, dass die beklagten als gesamtschuldner den kläger von forderungen seiner prozessbevollmächtigten über 5.056,90 eur freizustellen haben. 28die beklagten beantragen, 29 die klage abzuweisen. 30die beklagten berufen sich auf die einrede der verjährung und sind der ansicht, dass die prospekte richtig und vollständig seien. 31wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätze und die zu den akten gereichten unterlagen bezug genommen. 32
33die zulässige klage ist unbegründet. 34rückzahlungsansprüche hinsichtlich der getätigten einlagen sowie ersatzansprüche bezüglich entgangener anlagezinsen des klägers gegen die beklagten folgen insbesondere weder aus § 280 abs. 1 bgb noch aus §§ 311 abs. 2, 3, 241 abs. 2 bgb. 35- haftung der beklagten zu 1) 36der kläger hat gegen die beklagte zu 1), gegen die allein ein vertraglicher anspruch in betracht kommt, keinen schadensersatzanspruch nach § 280 abs. 1 bgb. 37dabei kann dahinstehen, ob der kläger mit der beklagten zu 1) einen beratungs- oder anlagevermittlungsvertrag geschlossen hat, da es an einer pflichtverletzung fehlt. ein anlageberater schuldet eine anleger- und objektgerechte beratung (palandt, bgb, 74. aufl. 2015, § 280, rn. 47 ff.) und ein anlagevermittler vollständige und richtige informationen über das anlageobjekt (palandt, bgb, 74. aufl. 2015, § 280, rn. 52), die sich weitgehend mit der objektgerechten beratung decken. 38a.) die beratung ist anlegergerecht, wenn der berater wissensstand, ziel und risikobereitschaft des anlegers erfragt und zugleich das vorhandene fachwissen abklärt. eine aufklärungspflicht besteht dann, wenn der auftrag vom anlageziel oder dem bisherigen risikoprofil abweicht oder unbekannte anlageformen empfohlen werden (palandt, bgb, 74. aufl. 2015, § 280 rn. 48). der kläger trägt schon keine umstände vor, die gegen eine anlegergerechte beratung durch die beklagte zu 1) sprechen. 39b.) die beratung (wenn ein anlageberatungsvertrag vorliegen sollte) oder die auskunft (wenn ein anlagevermittlungsvertrag vorliegen sollte) erfolgte zudem objektgerecht. voraussetzung für eine objektgerechte beratung/auskunft ist, dass der anlegerberater/anlagevermittler den interessenten richtig und vollständig informiert, insbesondere ihn bezüglich aller umstände und risiken aufklärt, die für die anlageentscheidung von bedeutung sein können (bgh, urt. v. 22.03.2011 – xi zr 33/10 rn. 20; bgh, urt. v. 01.12.2011 – iii zr 56/11 rn. 9 f.; palandt, bgb, 74. aufl. 2015, § 280, rn. 48 ff., 52). 40der anlageberater/anlagevermittler erfüllt seine verpflichtung – als eines von mehreren mitteln (bgh, urt. v. 11.05.2006 – iii zr 205/05 rn. 9) –, durch die rechtzeitige übergabe eines richtigen und vollständigen prospekts (palandt, bgb, 74. aufl. 2015, § 280, rn. 49, 52). nach der rechtsprechung hat die prospektübergabe grundsätzlich so rechtzeitig vor dem vertragsschluss zu erfolgen, dass sein inhalt noch zur kenntnis genommen werden kann (vgl. bgh urt. v. 21.03.2005, ii zr 140/03 rn.39 für die prospekthaftung und bgh urt. v. 08.05.2012, xi zr 262/10 rn.21 für die beraterhaftung). der kläger erhielt die prospekte unstreitig vor der zeichnung und konnte den zeichnungszeitpunkt selbst bestimmen. 41c.) das gericht hat ferner nicht feststellen können, dass der geschäftsführer der beklagten zu 1) dem kläger gegenüber von den prospektinhalten abweichende und irreführende angaben gemacht hat (vgl. bgh, urt. v. 06.07.1993 – xi zr 12/93 rn. 14 ff.; bgh, urt. v. 22.03.2011 – xi zr 33/10 rn. 22 ff.). der kläger behauptet zwar, dass herr p die im prospekt aufgeführten risiken als eher theoretisch bezeichnet hätte. insoweit hat er jedoch keinen beweis angetreten. 42d.) bei den vorliegenden prospekten vom 18.07.2003 (t) und 21.06.2004 (t2) handelt es sich um richtige und vollständige prospekte (vgl. bereits urteile der kammer vom 11.07.2014, 3 o 218/13, beckrs 2014, 14354, bestätigt durch das olg hamm, beschluss vom 30.04.2015, i-34 u 155/14, und urteil vom 17.04.2015, 3 o 148/14). die folgenden, von dem kläger geltend gemachten prospektfehler liegen nicht vor. 43(1) investitions- und finanzierungsrechnung (bzgl. t und t2) 44(2) kapitalverwendung für nichtinvestive zwecke (bzgl. t und t2) 45die prospekte enthalten auf den s. 32 (t) und s. 33 (t2) ausreichende hinweise zu der investitions- und finanzierungsrechnung und auf den s. 11, 32 ff. und 49 (t) und s. 11, 33 ff. und 49 (t2) ausreichende hinweise zu der kapitalverwendung für nichtinvestive zwecke. 46über weichkosten, die in nicht unerheblicher höhe anfallen, muss ein prospekt aufklären. dem anleger ist zu verdeutlichen, in welchem umfang seine leistungen nicht in das anlageobjekt, sondern in anschaffungs- und herstellungskosten investiert werden (bgh, urt. v 12.12.2013 – iii zr 404/12, rn. 14, 15). fehlerhaft ist es daher, wenn dem anleger nicht vor augen geführt wird, in welchem umfang seine beteiligung nicht in das objekt eingeht, wenn beispielsweise werbungskosten mit einem unrichtigen anteil am gesamtaufwand ausgewiesen werden. dem anlageinteressenten ist es nicht zumutbar, zunächst durch eine reihe von rechengängen zu einer korrekten feststellung zu kommen (bgh, urt. v 12.12.2013 – iii zr 404/12 rn. 14, 15). 47vorliegend wurde die höhe der weichkosten korrekt angegeben. sie werden mehrfach im prospekt (insbesondere s. 32 (t)) und s. 33 (t2)) mitgeteilt. so wird beispielsweise in der übersicht auf s. 32 (t) „investitions- und finanzierungsrechnung“ verdeutlicht, dass ein betrag von 2.434 t€ für „vertrieb und einwerbung des beteiligungskapitals“ eingesetzt wird und nur 35.088 t€ auf den schiffskaufpreis entfallen. für den sorgfältigen anlageinteressenten sind die angaben nach einer gesamtschau des prospekts ausreichend aufschlussreich und erfordern keinen beachtlichen rechenaufwand (ebenso bgh, urt. v. 12.12.2013 – iii zr 404/12, rn. 14, 15). der aufführung des agios in der fußnote stehen keine bedenken entgegen. eine irreführung hinsichtlich der anfallenden vertriebskosten liegt darin nicht. 48die zinsen der eigenkapitalzwischenfinanzierung werden im prospekt hinreichend dargestellt. es ist nicht ersichtlich, dass die „investitions- und finanzierungsrechnung“ unrichtig oder unvollständig ist. 49(3) haftung der treugeber (bzgl. t und t2) 50die prospekte enthalten auf den s. 45 und 78 (t und t2) ausreichende hinweise zu der haftung der treugeber. es genügt ein bloßer hinweis auf die kommanditistenhaftung. nicht notwendig ist hingegen eine darüber hinausgehende erklärung der regelung des § 172 abs. 4 hgb in abstrakter hinsicht (olg hamm i-34 u 134/13 beschluss vom 25.03.2014). 51(4) risiko der nachhaftung gemäß §§ 161, 160 hgb (bzgl. t und t2) 52es besteht keine hinweispflicht auf die nachhaftung des ausscheidenden kommanditisten nach §§ 161, 160 hgb. 53(5) angemessenheit des kaufpreises des schiffes (bzgl. t und t2) 54es besteht keine hinweispflicht. 55(6) schwankungen der charterraten (bzgl. t und t2) 56die prospekte enthalten auf den s. 11, 22 f., 36 ff., 48 (t) und s. 11, 22 f., 36 ff. und 47 f. (t2) ausreichende hinweise zu den schwankungen der charterraten. 57zu den chartereinnahmen enthält der prospekt auf den s. 11 und 48 (t) folgende, hinreichenden risikohinweise: „chartereinnahmen (…) einnahmeausfälle, z.b. aufgrund höherer ausfallzeiten oder weil der charterer seine verpflichtungen aus dem chartervertrag nicht oder nicht vollständig erfüllt oder weil eine anschlussbeschäftigung zu den unterstellten konditionen nicht möglich ist. (…) einnahmen (…) trotz der beschriebenen bonität des charterers b und der langfristigen vertraglichen bindung besteht grundsätzlich das risiko, dass der charterer seinen vertraglichen pflichten nicht oder nicht vollständig nachkommt. auch für den fall, dass eine anschlussbeschäftigung nur zu konditionen unter prospektansatz bzw. überhaupt nicht möglich ist, kann letztlich nicht ausgeschlossen werden, dass der geschäftsbetrieb – bei gleichzeitigem totalverlust der kommanditeinlage – aufgegeben werden muss.“ 58ein gleichlautender hinweis zu den chartereinnahmen findet sich auf s. 11 (t2). auf s. 47 f. (t2) heißt es ähnlich: „trotz der beschriebenen bonität des charterers, der absicherung der ersten fünf jahre durch abtretung der t3 charter zugunsten der fondsgesellschaft und der langfristigen vertraglichen bindung, besteht grundsätzlich das risiko, dass der charterer seinen vertraglichen pflichten nicht oder nicht vollständig nachkommt. auch für den fall, dass eine anschlussbeschäftigung nur zu konditionen unter prospektansatz bzw. überhaupt nicht möglich ist, kann letztlich nicht ausgeschlossen werden, dass der geschäftsbetrieb – bei gleichzeitigem totalverlust der kommanditeinlage – aufgegeben werden muss.“ 59zudem handelt es sich bei dem risiko der neuvercharterung nach ablauf der in dem prospekten konkret dargestellten vercharterung nach auffassung des gerichts um ein jedem anleger zugängliches und verfügbares allgemeinwissen, das nach der rechtsprechung des bundesgerichtshofes keiner besonderen aufklärung bedarf (bgh xi zr 63/05 urteil vom 21.03.2005 rn. 16 = njw 2006, 2041; bgh xi zr 337/08, urteil vom 27.10.2009 rn. 23 = njw-rr 2010, 115). 60(7) schiffsbetriebskosten (bzgl. t und t2) 61die prospekte enthalten auf den s. 11, 36 ff., 49 (t) und s. 11, 36 ff. und 49 (t2) hinweise zu den schiffsbetriebskosten. die kosten von schiffsbetrieb und management wurden dort ausreichend offen gelegt. 62auf s. 36 ff. und 49 der prospekte finden sich jeweils eine hinreichende aufklärung bezüglich der schiffsbetriebskosten. eine weitere aufschlüsselung der kostenkalkulation bedurfte es nicht, weil allein die summe der betriebskosten und nicht deren zusammensetzung für die beurteilung der rentabilität des fonds und damit für die anlageentscheidung von bedeutung ist. dem anleger wird – auch bei fehlen genauerer angaben – ein für seine beitrittsentscheidung zutreffendes bild über das beteiligungsangebot vermittelt (bgh, urt. v. 22.03.2010 – ii zr 66 / 08, rn. 9). 63es kann dahinstehen, ob die betriebskosten tatsächlich höher als angegeben ausgefallen sind. denn bei den prospektierten angaben handelt es sich lediglich um prognosewerte, die der vertretbarkeitskontrolle unterliegen. dabei dürfen durchaus auch optimistische prognosen und kalkulationen dem prospekt zugrunde gelegt werden; darüber hinausgehende risikoabschläge, die der – jeder prognose naturgemäß innewohnenden – unsicherheit rechnung tragen sollen, sind für eine angemessene darstellung des risikos der anlage grundsätzlich nicht erforderlich (bgh, urt. v. 27.10.2009 – xi zr 337/08, njw-rr 2010, 115). dass aber eine zum zeitpunkt ihrer erstellung vertretbare prognose immer mit dem risiko einer abweichenden negativen entwicklung behaftet ist und sich die entwicklung der rentabilität einer kapitalanlage insoweit nicht mit sicherheit voraussagen lässt, gehört zum allgemeinwissen und bedarf bereits keiner besonderen aufklärung (bgh, urt. v. 21.03.2005 – xi zr 63/05, rn. 16, njw 2006, 2041; bgh, urt. v. 27.10.2009 – xi zr 337/08, rn. 23, njw-rr 2010, 115). 64(8) kein hinweis auf § 18 abs. 3 des gesellschaftsvertrages (bzgl. t und t2) 65der gesellschaftsvertrag ist in beiden prospekten abgedruckt (s. 74 ff.). aus § 18 abs. 3 ergibt sich die einordnung der ausschüttungen als darlehen. weitere hinweise sind nicht erforderlich. 66(9) verlängerungsoption der festcharterer (bzgl. t) 67§ 10 abs. 3 lit. f) im abgedruckten gesellschaftsvertrag ist ausreichend (s. 79 f.). dort heißt es: „(…) als über den laufenden geschäftsbetrieb hinausgehend und damit zustimmungsbedürftig gelten insbesondere, jedoch unbeschadet abweichender regelungen im gesellschaftsvertrag: (…) f) die ausübung der optionsrechte im rahmen des abgeschlossenen chartervertrages; (…)“. 68(10) gewinn der p2 mit dem verkauf des schiffes (bzgl. t) 69es besteht keine hinweispflicht. 70(11) kapitalmäßige und personelle verflechtung (bzgl. t) 71der prospekt enthält auf den s. 29 ff. und 70 ff. ausreichende hinweise zu der verflechtung. die vertragspartner werden dort hinreichend transparent vorgestellt. dabei handelt es sich – auch im hinblick auf die vertriebsstruktur – um einen aufklärungspflichtigen umstand (bgh, urt. v. 07.12.2009 – ii zr 15/08, njw 2010, 1077). allerdings werden auf s. 70 ff. des emissionsprospekts in einem eigenen kapitel „beteiligte und partner“ die beteiligten benannt und in aufgaben und funktion vorgestellt. wenn diese personellen verflechtungen – wie hier – offengelegt werden, bedarf es nicht mehr einer expliziten erörterung der interessenlagen und möglicher interessenkonflikte. 72(12) einfluss der einzelnen anleger (bzgl. t) 73es besteht keine hinweispflicht. 74fragen zu kausalität, verschulden und schaden können mangels pflichtverletzung dahinstehen. 75- haftung der beklagten zu 2) bis 6) 76gegen die beklagten zu 2) bis 6) scheiden schadensersatzansprüche gemäß §§ 311 abs. 2, 3, 241 abs. 2 bgb wegen verschuldens bei vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo) aus uneigentlicher prospekthaftung aus. eine aufklärungspflichtverletzung der beklagten zu 2) bis 6) ist ebenfalls nicht festzustellen. 77die beklagten zu 2) bis 6) gehören als gründungs- und treuhandgesellschafter grundsätzlich zu dem personenkreis, die nach den grundsätzen der uneigentlichen prospekthaftung bei einem aufklärungsmangel haften. die aus dem aspekt des verschuldens bei vertragsverhandlungen (c.i.c.) abgeleitete prospekthaftung im weiteren sinne zielt auf eine haftung der gründungsgesellschafter – namentlich der gründungskommanditisten und der treuhandkommanditisten – einer publikumskommanditgesellschaft (bgh, urt. v. 06.10.1980 – ii zr 60/80 rn. 15 ff.; bgh, urt. v. 29.05.2008 – iii zr 59/07 rn. 7 ff.; bgh, urt. v. 12.02.2009 – iii zr 90/08 rn. 8 ff.; olg hamm, urt. v. 05.03.2012 – i-8 u 256/11 rn. 36 ff.). grundlage ist, dass die gründungsgesellschafter wegen eines regelmäßigen wissensvorsprungs gegenüber den anlegern eine aufklärungspflicht trifft (olg hamm, urt. v. 08.09.2008 – 8 u 161/07 rn. 198). neben einer vollständigen aufklärung in bezug auf alle anlagerelevanten umstände müssen insbesondere unrichtige prospektangaben richtiggestellt werden (bgh, urt. v. 29.05.2008 – iii zr 59/07 rn. 8; bgh, urt. v. 12.02.2009 – iii zr 90/08 rn. 8 ff.). demnach ist für eine haftungsbegründung nicht erforderlich, dass die gründungsgesellschafter in persönlichen kontakt zum anleger getreten sind oder anderweitig besonderes persönliches vertrauen beansprucht haben (bgh, urt. v. 12.02.2009 – iii zr 90/08 rn. 8; olg hamm, urt. v. 08.09.2008 – 8 u 161/07 rn. 63). 78nach diesen grundsätzen sind die gründungs- und treuhandgesellschafter verpflichtet, über alle wesentlichen gesichtspunkte aufzuklären, die für die entscheidung des interessenten von bedeutung sind. es kann dahinstehen, ob die beklagten zu 4) bis 5), wie es der kläger behauptet, ebenfalls gründungsgesellschafter der t2 sind. ein verstoß gegen die aufklärungsverpflichtung ist jedenfalls nicht festzustellen. 79die gründungsgesellschafter kommen ihrer aufklärungspflicht regelmäßig dadurch nach, dass dem interessenten rechtzeitig ein vollständiges und richtiges prospekt übergeben wird und bei der vermittlung der fondsbeteiligung keine von dem prospektinhalt abweichende erklärungen abgegeben werden (vgl. bgh, urt. v. 11.05.2006 – iii zr 205/05 rn. 9; olg köln, urt. v. 04.09.2012 – 24 u 65/11 rn. 25; palandt, § 311 rn. 70). auf die ausführungen zu anleger- und objektgerechter beratung in bezug auf die beklagte zu 1) wird bezug genommen. 80deliktische ansprüche nach § 823 abs. 2 bgb i.v.m. § 263 abs. 1 bzw. 264a stgb, § 826 bgb scheiden gegen alle beklagten nach den vorstehenden ausführungen offensichtlich aus. 81eine gesetzliche prospekthaftung nach dem zum zeitpunkt der zeichnung maßgeblichen § 13 abs. 1 verkprospg entfällt, da es sich um einen – wie bereits erörtert – richtigen und vollständigen prospekt handelt. darüber hinaus sind die ansprüche gemäß §§ 44, 45 börsg mittlerweile verjährt. denn seit veröffentlichung des prospekts sind mehr als drei jahre vergangen. 82da eine pflichtverletzung der beklagten nicht festgestellt werden kann, sind auch die weiteren anträge unbegründet. vor diesem hintergrund besteht auch keine verpflichtung der beklagten zur rücknahme der beteiligung. ein annahmeverzug ist damit nicht festzustellen (vgl. palandt, bgb, 74. aufl. 2015, § 280, rn. 50). 83die kostenentscheidung folgt aus § 91 abs. 1 zpo. 84die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit findet ihre rechtliche grundlage in § 709 s. 1 und 2 zpo.
Verklagte*r
0
190,438
2 O 129/13
2013-08-08T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt nach einem Streitwert von 20.036,52 € die Klägerin. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand:2Die Klägerin beantragte bei der Beklagten am 19.08.2011 den Abschluss einer Krankheitskostenvollversicherung nach den Tarifen SG II 2/100 Comfort und AV-P1. Die Gesundheitsfragen wurden bis auf die Angabe von Vorsorgeuntersuchungen und das Ziehen von zwei Weisheitszähnen verneint. Die Beklagte nahm daher durch Übersendung des Versicherungsscheins vom 03.11.2011 den Antrag einschränkungslos an.3Im Rahmen der Überprüfung eines Versicherungsfalls erhielt die Beklagte die ärztliche Auskunft, dass die Klägerin entgegen ihren Angaben im Versicherungsantrag im Jahre 2011 vor Antragstellung wiederholt wegen Knorpelschaden des rechten und des linken Knies, IM-Degeneration rechts und Chondromalazie patellae rechts ambulant behandelt worden war. Da die Beklagte den Antrag bei Kenntnis dieser Vorerkrankungen und ärztlichen Behandlungen nur mit einem Risikozuschlag angenommen hätte, erklärte sie mit Schreiben vom 11.04.2012 die rückwirkende Vertragsanpassung nach § 19 Abs. 4 VVG. Da sie auch nach Remonstration der Klägerin mit Schreiben vom 20.04.2012 ihre Entscheidung aufrecht erhielt, kündigte die Klägerin mit Schreiben vom 23.04.2012 das Versicherungsverhältnis fristlos. Die Beklagte bestätigte die fristlose Kündigung mit Schreiben vom 23.04.2012.4Die Klägerin versuchte daraufhin, eine neue Krankheitskostenversicherung bei der B Krankenversicherung AG abzuschließen. Die Annahme eines entsprechenden Antrags der Klägerin wurde jedoch von der B Krankenversicherung abgelehnt, da diese den Standpunkt vertrat, dass die Kündigung der Vorversicherung durch die Klägerin wegen des fehlenden Nachweises einer Anschlussversicherung nicht wirksam war.5Die Klägerin hat diese Rechtsauffassung der B Krankenversicherung aufgegriffen und hält nunmehr ihre eigene Kündigung ebenfalls für unwirksam wegen fehlenden Nachweises einer Anschlussversicherung. Sie verweist dazu auf die Versicherungspflicht nach § 193 Abs. 3 VVG und die Regelung in § 205 Abs. 6 S. 2 VVG.6Die Klägerin beantragt,7es wird festgestellt, dass der mit der Beklagten abgeschlossene Krankenversicherungsvertrag Nr. 000.000000000 (Versicherungsbeginn 01.09.2011) zu den Bedingungen im Schreiben der Beklagten vom 11.04.2012 durch die Kündigung der Klägerin vom 23.04.2012 nicht beendet worden ist und daher fortbesteht.8Die Beklagte beantragt,9die Klage abzuweisen.10Sie hält § 205 Abs. 6 S. 2 VVG für nicht anwendbar und verweist auch auf § 194 Abs. 1 S. 3 VVG, der keine Einschränkung von § 19 Abs. 6 VVG für den Bereich der Krankenversicherung vorsehe.11Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.12Entscheidungsgründe:13Die Klage ist unbegründet.14Der Feststellungsantrag der Klägerin auf Fortbestand des zwischen den Parteien ehemals abgeschlossenen Krankheitskostenversicherungsvertrags ist unbegründet, weil die Krankenversicherung nicht fortbesteht, sondern durch die auf § 19 Abs. 6 VVG gestützte Kündigung der Klägerin beendet worden ist.151.16§ 205 Abs. 6 S. 1 VVG steht der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung der Klägerin nicht entgegen. Denn diese Vorschrift schränkt ihrem Wortlaut nach lediglich das Recht des Versicherungsnehmers nach § 206 Abs. 1 bis 5 ein, eine Krankheitskostenversicherung zu kündigen, die die Versicherungspflicht nach § 193 Abs. 3 S. 1 VVG erfüllt. Dieser eindeutige Wortlaut des Gesetztes lässt dessen direkte Anwendung auf andere Kündigungstatbestände nicht zu. Denn Ausgangspunkt für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in dieser zum Ausdruck gekommene objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt (BGH VersR 2012, 219).172.18Der Auffassungen der Klägerin, dass § 205 Abs. 6 S. 2 analog auf die fristlose Kündigung des Versicherungsnehmers nach § 19 Abs. 6 S. 1 VVG anzuwenden sei, so dass die nach letzterer Vorschrift erfolgte fristlose Kündigung des Versicherungsnehmers erst wirksam wird, wenn dieser den Nachweis einer Folgeversicherung erbracht hat, die den Voraussetzungen einer die Versicherungspflicht nach § 193 Abs. 3 S. 1 VVG erfüllenden Krankheitskostenversicherung entspricht, folgt das Gericht nicht.19a)20Zuzugeben ist der Klägerin allerdings, dass die vom Gesetzgeber in § 193 Abs. 3 VVG verankerte Versicherungspflicht das Ziel verfolgt, jeder Person mit Wohnsitz im Inland eine grundlegende Krankheitskostenversicherung zu verschaffen. Dementsprechend soll § 205 Abs. 6 S. 1 VVG sicherstellen, dass jeder Versicherte über nahtlos angrenzenden Versicherungsschutz verfügt, wenn er seinen Vertrag kündigt (Begründung des Gesundheitsausschusses, Bundestagsdrucksache 16/4247 Seite 68). Vor diesem Hintergrund der gesetzgeberischen Intention wird von einem Großteil der versicherungsrechtlichen Literatur eine analoge Anwendung des § 205 Abs. 6 VVG auf andere als die in § 205 Abs. 1 bis 5 erwähnten Kündigungsgründe befürwortet, wie z. B. auf die fristlose Kündigung des Versicherungsnehmers nach § 314 BGB und/oder den Widerruf der Vertragserklärung zum Abschluss einer Krankheitskostenversicherung nach § 8 VVG (Hütt in Langheid/Wandt, Münchener Kommentar zum VVG, § 205 Rdn. 62; Rogler in Rüffer/Halbach/Schimikowski, HK-VVG, 2. Auflage, § 205 Rdn. 32; Reinhard in Looschelders/Pohlmann, VVG, 2. Aufl., § 205 Rdn. 22; Marko, Private Krankenversicherung, 2. Aufl., Teil B Rdn. 120 f.; Marlow/Spuhl, VersR 2009, 593, 598; vergl. auch Voit in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 205 Rdn. 42).21b)22Es kann offen bleiben, ob dieser Auffassung zu folgen ist. Jedenfalls sprechen gewichtige Gründe gegen eine analoge Anwendung von § 205 Abs. 6 VVG auf die fristlose Kündigung nach § 19 Abs. 6 S. 1 VVG. Denn der Gesetzgeber hat in § 194 Abs. 1 S. 3 VVG für den Bereich der Krankenversicherung eine aber auch eben nur eine Änderung von § 19 VVG geregelt. Danach bleibt die schuldlose Anzeigepflichtverletzung in der Krankenversicherung sanktionslos. Wenn der Gesetzgeber gewollt hätte, dass das Recht auf fristlose Kündigung einer Krankheitskostenversicherung den Einschränkungen des § 205 Abs. 6 VVG unterliegen sollte, hätte es nahe gelegen, diesen Willen in § 194 Abs. 1 VVG zum Ausdruck zu bringen. Darin, dass dies nicht geschehen ist, sieht das Gericht einen gewichtigen Grund für die Ablehnung einer Analogie von § 205 Abs. 6 VVG auf die fristlose Kündigung nach § 19 Abs. 6 S. 2 VVG.23Darüber hinaus verfolgt die Regelung in § 19 VVG das Ziel, bei unterbliebener Offenlegung von Gefahrumständen die Vertragsparteien in den Zustand zu versetzen, der bestanden hätte, wenn die Gefahrumstände bei Vertragsabschluss offenbart worden und dem Versicherer bekannt gewesen wären. Deshalb sollte dem Versicherer beim Verschweigen vertragshindernder Gefahrumstände das Recht zustehen, sich je nach der Schwere des Verschuldens des Antragstellers durch Rücktritt oder Kündigung vom Vertrag zu lösen. Bei Verschweigen vertragsändernder Gefahrumstände soll dem Versicherer das Recht eingeräumt werden, den Vertrag nachträglich so anzupassen, als wenn er von Anfang an von den verschwiegenen Gefahrumständen gewusst hätte. Hätte demnach die Beklagte die von der Klägerin verschwiegenen Erkrankungen und ärztlichen Behandlungen bereits vor Annahme des Vertrages gekannt, hätte sie der Klägerin bereits vor oder mit der Vertragsannahme entsprechend ihren unstreitigen Risikogrundsätzen diejenige Prämienerhöhung angeboten, die sie jetzt nachträglich vorgenommen hat, nachdem sie von den verschwiegenen Gefahrumständen Kenntnis erlangt hat. Die Klägerin hätte dann dieses Angebot der Beklagten auf Annahme eines vom Antrag abweichenden Krankheitskostenversicherungsvertrages abgelehnt, ebenso wie sie auf die nachträgliche Prämienerhöhung mit der fristlosen Kündigung reagiert hat. Sie wäre nicht verpflichtet gewesen, für die Wirksamkeit dieser Ablehnung eines Vertragsangebotes den Nachweis einer Nachversicherung zu führen, die der Versicherungspflicht nach § 193 Abs. 3 VVG entspricht. Dementsprechend besteht auch kein Grund, ein solches Wirksamkeitserfordernis in Analogie zu § 205 Abs. 6 VVG einzuführen, wenn der Versicherer nachträglich eine Prämienerhöhung vorzunehmen berechtigt ist und der Versicherungsnehmer darauf mit der fristlosen Kündigung des Krankheitskostenversicherungsvertrages nach § 19 Abs. 6 S. 2 VVG reagieren kann.24Schließlich würde eine analoge Anwendung von § 205 VI VVG das Recht des VN zur fristlosen Kündigung nach § 19 VI 1 VVG unvertretbar einschränken. Da die fristlose Kündigung –bei zutreffender Belehrung durch den VR- nur innerhalb eines Monats nach Zugang der Änderungsmitteilung des VR erfolgen kann, müsste der VN innerhalb dieser als Überlegungsfrist gedachten Frist nicht nur sich zu einer Kündigung und zum Neuabschluss einer Krankheitskostenvollversicherung entschließen, sondern die Anschlussversicherung auch innerhalb der Frist policieren lassen und dem Vorversicherer den Nachweis darüber erbringen. Dies dürfte innerhalb der Monatsfrist nur schwer zu bewältigen sein. Bis zum Nachweis der Folgeversicherung bliebe der VN dem Vorversicherer prämienpflichtig, da die Kündigung erst zu dem Zeitpunkt wirksam wird, zu dem der VN den Nachweis der Anschlussversicherung erbringt. Eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Kündigung findet nicht statt (BGH VersR 2012, 1375).253.26Da somit die fristlose Kündigung der Klägerin wirksam geworden ist, musste die Klage mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abgewiesen worden.27Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt nach einem streitwert von 20.036,52 € die klägerin. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2die klägerin beantragte bei der beklagten am 19.08.2011 den abschluss einer krankheitskostenvollversicherung nach den tarifen sg ii 2/100 comfort und av-p1. die gesundheitsfragen wurden bis auf die angabe von vorsorgeuntersuchungen und das ziehen von zwei weisheitszähnen verneint. die beklagte nahm daher durch übersendung des versicherungsscheins vom 03.11.2011 den antrag einschränkungslos an.3im rahmen der überprüfung eines versicherungsfalls erhielt die beklagte die ärztliche auskunft, dass die klägerin entgegen ihren angaben im versicherungsantrag im jahre 2011 vor antragstellung wiederholt wegen knorpelschaden des rechten und des linken knies, im-degeneration rechts und chondromalazie patellae rechts ambulant behandelt worden war. da die beklagte den antrag bei kenntnis dieser vorerkrankungen und ärztlichen behandlungen nur mit einem risikozuschlag angenommen hätte, erklärte sie mit schreiben vom 11.04.2012 die rückwirkende vertragsanpassung nach § 19 abs. 4 vvg. da sie auch nach remonstration der klägerin mit schreiben vom 20.04.2012 ihre entscheidung aufrecht erhielt, kündigte die klägerin mit schreiben vom 23.04.2012 das versicherungsverhältnis fristlos. die beklagte bestätigte die fristlose kündigung mit schreiben vom 23.04.2012.4die klägerin versuchte daraufhin, eine neue krankheitskostenversicherung bei der b krankenversicherung ag abzuschließen. die annahme eines entsprechenden antrags der klägerin wurde jedoch von der b krankenversicherung abgelehnt, da diese den standpunkt vertrat, dass die kündigung der vorversicherung durch die klägerin wegen des fehlenden nachweises einer anschlussversicherung nicht wirksam war.5die klägerin hat diese rechtsauffassung der b krankenversicherung aufgegriffen und hält nunmehr ihre eigene kündigung ebenfalls für unwirksam wegen fehlenden nachweises einer anschlussversicherung. sie verweist dazu auf die versicherungspflicht nach § 193 abs. 3 vvg und die regelung in § 205 abs. 6 s. 2 vvg.6die klägerin beantragt,7es wird festgestellt, dass der mit der beklagten abgeschlossene krankenversicherungsvertrag nr. 000.000000000 (versicherungsbeginn 01.09.2011) zu den bedingungen im schreiben der beklagten vom 11.04.2012 durch die kündigung der klägerin vom 23.04.2012 nicht beendet worden ist und daher fortbesteht.8die beklagte beantragt,9die klage abzuweisen.10sie hält § 205 abs. 6 s. 2 vvg für nicht anwendbar und verweist auch auf § 194 abs. 1 s. 3 vvg, der keine einschränkung von § 19 abs. 6 vvg für den bereich der krankenversicherung vorsehe.11wegen der weiteren einzelheiten des vorbringens der parteien wird auf den vorgetragenen inhalt der zwischen ihnen gewechselten schriftsätze nebst anlagen sowie das sitzungsprotokoll bezug genommen.12
13die klage ist unbegründet.14der feststellungsantrag der klägerin auf fortbestand des zwischen den parteien ehemals abgeschlossenen krankheitskostenversicherungsvertrags ist unbegründet, weil die krankenversicherung nicht fortbesteht, sondern durch die auf § 19 abs. 6 vvg gestützte kündigung der klägerin beendet worden ist.151.16§ 205 abs. 6 s. 1 vvg steht der wirksamkeit der fristlosen kündigung der klägerin nicht entgegen. denn diese vorschrift schränkt ihrem wortlaut nach lediglich das recht des versicherungsnehmers nach § 206 abs. 1 bis 5 ein, eine krankheitskostenversicherung zu kündigen, die die versicherungspflicht nach § 193 abs. 3 s. 1 vvg erfüllt. dieser eindeutige wortlaut des gesetztes lässt dessen direkte anwendung auf andere kündigungstatbestände nicht zu. denn ausgangspunkt für die auslegung einer gesetzesvorschrift ist der in dieser zum ausdruck gekommene objektivierte wille des gesetzgebers, so wie er sich aus dem wortlaut der gesetzesbestimmung und dem sinnzusammenhang ergibt (bgh versr 2012, 219).172.18der auffassungen der klägerin, dass § 205 abs. 6 s. 2 analog auf die fristlose kündigung des versicherungsnehmers nach § 19 abs. 6 s. 1 vvg anzuwenden sei, so dass die nach letzterer vorschrift erfolgte fristlose kündigung des versicherungsnehmers erst wirksam wird, wenn dieser den nachweis einer folgeversicherung erbracht hat, die den voraussetzungen einer die versicherungspflicht nach § 193 abs. 3 s. 1 vvg erfüllenden krankheitskostenversicherung entspricht, folgt das gericht nicht.19a)20zuzugeben ist der klägerin allerdings, dass die vom gesetzgeber in § 193 abs. 3 vvg verankerte versicherungspflicht das ziel verfolgt, jeder person mit wohnsitz im inland eine grundlegende krankheitskostenversicherung zu verschaffen. dementsprechend soll § 205 abs. 6 s. 1 vvg sicherstellen, dass jeder versicherte über nahtlos angrenzenden versicherungsschutz verfügt, wenn er seinen vertrag kündigt (begründung des gesundheitsausschusses, bundestagsdrucksache 16/4247 seite 68). vor diesem hintergrund der gesetzgeberischen intention wird von einem großteil der versicherungsrechtlichen literatur eine analoge anwendung des § 205 abs. 6 vvg auf andere als die in § 205 abs. 1 bis 5 erwähnten kündigungsgründe befürwortet, wie z. b. auf die fristlose kündigung des versicherungsnehmers nach § 314 bgb und/oder den widerruf der vertragserklärung zum abschluss einer krankheitskostenversicherung nach § 8 vvg (hütt in langheid/wandt, münchener kommentar zum vvg, § 205 rdn. 62; rogler in rüffer/halbach/schimikowski, hk-vvg, 2. auflage, § 205 rdn. 32; reinhard in looschelders/pohlmann, vvg, 2. aufl., § 205 rdn. 22; marko, private krankenversicherung, 2. aufl., teil b rdn. 120 f.; marlow/spuhl, versr 2009, 593, 598; vergl. auch voit in prölss/martin, vvg, 28. aufl., § 205 rdn. 42).21b)22es kann offen bleiben, ob dieser auffassung zu folgen ist. jedenfalls sprechen gewichtige gründe gegen eine analoge anwendung von § 205 abs. 6 vvg auf die fristlose kündigung nach § 19 abs. 6 s. 1 vvg. denn der gesetzgeber hat in § 194 abs. 1 s. 3 vvg für den bereich der krankenversicherung eine aber auch eben nur eine änderung von § 19 vvg geregelt. danach bleibt die schuldlose anzeigepflichtverletzung in der krankenversicherung sanktionslos. wenn der gesetzgeber gewollt hätte, dass das recht auf fristlose kündigung einer krankheitskostenversicherung den einschränkungen des § 205 abs. 6 vvg unterliegen sollte, hätte es nahe gelegen, diesen willen in § 194 abs. 1 vvg zum ausdruck zu bringen. darin, dass dies nicht geschehen ist, sieht das gericht einen gewichtigen grund für die ablehnung einer analogie von § 205 abs. 6 vvg auf die fristlose kündigung nach § 19 abs. 6 s. 2 vvg.23darüber hinaus verfolgt die regelung in § 19 vvg das ziel, bei unterbliebener offenlegung von gefahrumständen die vertragsparteien in den zustand zu versetzen, der bestanden hätte, wenn die gefahrumstände bei vertragsabschluss offenbart worden und dem versicherer bekannt gewesen wären. deshalb sollte dem versicherer beim verschweigen vertragshindernder gefahrumstände das recht zustehen, sich je nach der schwere des verschuldens des antragstellers durch rücktritt oder kündigung vom vertrag zu lösen. bei verschweigen vertragsändernder gefahrumstände soll dem versicherer das recht eingeräumt werden, den vertrag nachträglich so anzupassen, als wenn er von anfang an von den verschwiegenen gefahrumständen gewusst hätte. hätte demnach die beklagte die von der klägerin verschwiegenen erkrankungen und ärztlichen behandlungen bereits vor annahme des vertrages gekannt, hätte sie der klägerin bereits vor oder mit der vertragsannahme entsprechend ihren unstreitigen risikogrundsätzen diejenige prämienerhöhung angeboten, die sie jetzt nachträglich vorgenommen hat, nachdem sie von den verschwiegenen gefahrumständen kenntnis erlangt hat. die klägerin hätte dann dieses angebot der beklagten auf annahme eines vom antrag abweichenden krankheitskostenversicherungsvertrages abgelehnt, ebenso wie sie auf die nachträgliche prämienerhöhung mit der fristlosen kündigung reagiert hat. sie wäre nicht verpflichtet gewesen, für die wirksamkeit dieser ablehnung eines vertragsangebotes den nachweis einer nachversicherung zu führen, die der versicherungspflicht nach § 193 abs. 3 vvg entspricht. dementsprechend besteht auch kein grund, ein solches wirksamkeitserfordernis in analogie zu § 205 abs. 6 vvg einzuführen, wenn der versicherer nachträglich eine prämienerhöhung vorzunehmen berechtigt ist und der versicherungsnehmer darauf mit der fristlosen kündigung des krankheitskostenversicherungsvertrages nach § 19 abs. 6 s. 2 vvg reagieren kann.24schließlich würde eine analoge anwendung von § 205 vi vvg das recht des vn zur fristlosen kündigung nach § 19 vi 1 vvg unvertretbar einschränken. da die fristlose kündigung –bei zutreffender belehrung durch den vr- nur innerhalb eines monats nach zugang der änderungsmitteilung des vr erfolgen kann, müsste der vn innerhalb dieser als überlegungsfrist gedachten frist nicht nur sich zu einer kündigung und zum neuabschluss einer krankheitskostenvollversicherung entschließen, sondern die anschlussversicherung auch innerhalb der frist policieren lassen und dem vorversicherer den nachweis darüber erbringen. dies dürfte innerhalb der monatsfrist nur schwer zu bewältigen sein. bis zum nachweis der folgeversicherung bliebe der vn dem vorversicherer prämienpflichtig, da die kündigung erst zu dem zeitpunkt wirksam wird, zu dem der vn den nachweis der anschlussversicherung erbringt. eine rückwirkung auf den zeitpunkt der kündigung findet nicht statt (bgh versr 2012, 1375).253.26da somit die fristlose kündigung der klägerin wirksam geworden ist, musste die klage mit der kostenfolge aus § 91 zpo abgewiesen worden.27die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 709 zpo.
Verklagte*r
0
346,680
9 A 1294/17
2022-08-30T00:00:00
Urteil
Tenor Das Verfahren wird eingestellt, soweit es von den Beteiligten übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist. Insoweit ist das angegriffene Urteil wirkungslos. Das angefochtene Urteil wird geändert. Die Ordnungsverfügung der Bezirksregierung L. vom 16. Juli 2015 wird aufgehoben, soweit sie den Tee der Sorte „Gemischter Kräutertee" betrifft. Von den Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen trägt der Kläger 1/6 und das beklagte Land 5/6. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist ein Großhändler für türkische Lebensmittel. Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Verfügung der Bezirksregierung L. , mit der ihm das Inverkehrbringen von Tees der Marke E. mit der Bezeichnung „G. “ in sechs verschiedenen Sorten mit der Begründung untersagt worden ist, es handele sich um zulassungspflichtige, jedoch nicht zugelassene Arzneimittel. Die Tees befinden sich in einzeln kuvertierten Beuteln mit je 2 g der jeweiligen Teemischung. 3Mit Schreiben vom 1. August 2012 übersandte das Regierungspräsidium E. der Bezirksregierung L. mehrere im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung gefertigte Untersuchungsberichte des I. Landeslabors vom 20. und 21. Juni 2012 betreffend Tees der Marke E. mit dem Hinweis, die mit dem Zusatz „G. “ bezeichneten Tees würden wegen des Gehalts an Sennesblättern als nicht zugelassene Arzneimittel eingestuft, und der Bitte um Prüfung, ob dem Lieferanten, der Firma P. -C. C1. & P1. GbR, das Inverkehrbringen untersagt werde. 4Gegenstand des Prüfberichtes Nr. 123008951 vom 20. Juni 2012 ist ein als E. G. Maydanozlu Limonlu (im Folgenden: Petersilie /Zitrone) bezeichneter Tee. Untersucht wurde der Gehalt an Sennosiden in der Probe sowie im verzehrfertigen Getränk. Die Gehaltsbestimmung erfolgte nach den Angaben im Untersuchungsbericht jeweils nach der HPLC-Methode (= Hochleistungsdünnschichtchromatographie). Die Gehaltsbestimmung ergab für die Probe berechnet auf 100 g insgesamt 496 mg (= 4,96 mg je 1 g Teemischung) Sennoside. Für das fertige Getränk wurde ein Anteil von insgesamt 8,5 mg Sennosiden ermittelt. 5Der Prüfbericht Nr. 123010952 vom 21. Juni 2012 betrifft den „E. G. mixed herbal tea“ (im Folgenden: gemischter Kräutertee). Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) ist der 25. Juli 2013. Die Zutaten sind laut Prüfbericht: Sennesblätter, Anis, (...) und Kirschstängel. Die Gehaltsmessung ergab für die Probe jeweils bezogen auf 100 g einen Anteil von insgesamt 919 mg Sennosiden (= 9,19 mg je 1 g Teemischung) und für das fertige Getränk insgesamt 12,5 mg. 6Der Prüfbericht Nr. 123010949 vom gleichen Tag betrifft den gemischten Kräutertee (MHD 27. Februar 2014). Dessen Zutaten sind Kirschstängel, Sennesblätter, Anis (...). Die Gehaltsmessung ergab für die Probe jeweils bezogen auf 100 g einen Anteil von insgesamt 303 mg Sennosiden (= 3,03 mg je 1 g Teemischung) und für das fertige Getränk insgesamt 6 mg. 7Mit Schreiben vom 8. August 2012 teilte die Bezirksregierung L. dem Kläger mit, dass der Tee E. G. Petersilie/Zitrone einen zu hohen Anteil an Sennesblättern (Sennosid-Gehalt) aufweise und daher als nicht zugelassenes Arzneimittel eingestuft werde, und hörte ihn zu einer beabsichtigten Maßnahme nach § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG an. Mit an den Prozessbevollmächtigten des Klägers gerichtetem weiteren Schreiben vom 19. November 2012 gab sie ergänzend an, bei dem fraglichen Tee sei ein Gehalt von 12,5 mg Sennosiden je Beutel ermittelt worden. Da die Aufbereitungsmonographie der Kommission E eine Tagesdosis von 20-60 mg Sennosiden empfehle, sei schon beim Verzehr von zwei Tassen von einer pharmakologischen Wirkung auszugehen. Ein solcher Tee dürfe weder bei Darmverschluss noch bei akut entzündlichen Erkrankungen des Darms oder bei Kindern angewendet werden. Um den Tee weiter vertreiben zu dürfen, müsse sichergestellt werden, dass die Tagesdosis von 20 mg nicht überschritten werde. Es gebe jedoch keine Warnhinweise oder Dosisbeschränkungen auf dem Produkt. 8Nachdem die Stadt H. die Bezirksregierung L. mit Schreiben vom 22. November 2012 darüber informiert hatte, dass sie einer in F. ansässigen Firma das Inverkehrbringen von sennesblätterhaltigen G. -Tees der Marke E. (Kräutertee, Tee mit Aprikose und Tee mit Zitrone) untersagt habe, weil dieser Pflanzenbestandteil apothekenpflichtig sei und die Produkte zudem als Arzneimittel eingestuft würden, bat die Bezirksregierung L. den Kläger mit Schreiben vom 5. Dezember 2012 unter Wiederholung ihrer Ausführungen aus dem Schreiben vom 19. November 2012 hinsichtlich der Tees E. G. mit Aprikose, E. G. Petersilie/Zitrone und E. G. gemischter Kräutertee um Stellungnahme. 9Mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2012 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers unter Bezugnahme auf das Schreiben der Bezirksregierung L. vom 19. November 2012 mit, dass beabsichtigt sei, auf den Tee ‑ laut der Betreffzeile des Schriftsatzes handelte es sich um den gemischten Kräutertee ‑ den Hinweis aufzubringen: „Der Tee darf weder bei Darmverschluss noch bei akut entzündlichen Erkrankungen des Darms oder bei Kindern angewendet werden. Es wird darauf hingewiesen, dass nur ein Teebeutel pro Tag verzehrt werden darf.“ Die Bezirksregierung L. bestätigte daraufhin unter dem 20. Dezember 2012, dass in diesem Fall aus arzneimittelrechtlicher Sicht keine Bedenken mehr bestünden. 10Mit Schreiben vom 10. Januar 2013 wies die Bezirksregierung L. den Kläger darauf hin, dass noch keine Stellungnahme zu ihrem Schreiben vom 5. Dezember 2012 erfolgt sei und der Verkauf der in diesem Schreiben genannten Teezubereitungen daher sofort einzustellen sei. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers teilte daraufhin mit, dass der Tee in der beanstandeten G. nicht weiter vertrieben werde. 11Anfang 2015 bat die Bezirksregierung L. den Kläger zunächst um Zusendung der Original-Verpackungen von insgesamt sechs G. -Tees und mit weiterem Schreiben vom 5. März 2015 um Listen mit genauen Mengenangaben der jeweiligen Zutaten für jede Sorte E. G. Tee, der Sennesblätter enthalte und den der Kläger vertreibe. Hierzu teilte der Kläger mit, die Zusammensetzung der Tees sei nach Angaben des in der Türkei ansässigen Herstellers seit dem Jahre 2012 gleich geblieben und lägen der Bezirksregierung L. daher vor. Auf die Mitteilung der Bezirksregierung L. , dass sie über keine Mengenangaben verfüge, reichte der Kläger entsprechende Listen für die Tees Aprikose, Erdbeere, Petersilie/Zitrone, Maistroddeln/Maisseide, Kirschstängel und gemischter Kräutertee ein. Diese weisen die Zutat Sennesblätter jeweils als Hauptzutat aus; der prozentuale Anteil schwankt je nach Teesorte zwischen 30 % und 49,5 %. 12Mit Schreiben vom 28. Mai 2015 hörte die Bezirksregierung L. den Kläger zu der beabsichtigten Untersagung des Inverkehrbringens aller sechs Teesorten an. Zur Begründung führte sie aus, nach der Standardzulassung liege die empfohlene Tagesdosis bei 0,75 g Sennesblättern. Da die Tees zwischen 0,6 g und 0,99 g Sennesblätter je Teebeutel enthielten, sei beim vorhersehbaren Verzehr von einer pharmakologischen Wirkung auszugehen. Zudem seien Sennesblätter apothekenpflichtig. In einem nachfolgenden Telefonat teilte die Ehefrau des Klägers mit, dass sie die zwei Teesorten ‑ Maistroddeln und Kirschstängel ‑ mit einem Anteil von über 0,75 g nicht weiter vertreiben würden und bat um Mitteilung, ob die übrigen vier Teesorten weiterhin verkauft werden dürften. Mit Schreiben vom 4. Juni 2015 gab sie ergänzend an, mit dem Produzenten in der Türkei zu besprechen, dass der Anteil an Sennesblättern in den Sorten Maistroddeln und Kirschstängel angepasst werde. 13Unter dem 3. Juni 2015 bat die Bezirksregierung L. das Bundesinstitut für Arzneimittel und N. um Informationen, ab welchem Anteil Sennesblätter eine pharmakologische Wirkung erzielen würden und ab welchem Anteil diese apothekenpflichtig seien. Mit Mail vom 23. Juni 2015 teilte das BfArM mit, Sennesblätter seien unabhängig von ihrer Dosierung apothekenpflichtig, und wies darauf hin, dass nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts L. vom 28. April 2015 ‑ 7 K 395/13 ‑ eine pharmakologische Wirkung ab einer Schwelle von 80% unterhalb der Grenze zur therapeutischen Wirksamkeit einsetze. 14Mit Bescheid vom 16. Juli 2015 untersagte die Bezirksregierung L. dem Kläger gestützt auf § 69 Abs. 1 Satz 1 (und 2) Nr. 1 i. V. m. § 21 Abs. 1 AMG das Inverkehrbringen der Tees E. G. in den Sorten Aprikose, Erdbeere, Petersilie/Zitrone, Maistroddeln/Maisseide, Kirschstängel und gemischter Kräutertee und drohte ihm für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,- EUR pro Zuwiderhandlung an. 15Zur Begründung führte sie aus, bei den Tees handele es sich um Funktionsarzneimittel. Sennesblätter gehörten zu den am häufigsten gebrauchten pflanzlichen Abführmitteln zur kurzfristigen Anwendung bei Obstipation. Eine Ernährungs- oder Genussfunktion sei hingegen nicht belegt, eine Verwendung in Lebensmitteln nicht bekannt. Nach dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse beeinflusse der in den Tees vorhandene Gehalt an Sennesblättern die Körperfunktionen mittels pharmakologischer Wirkung. Senna gelte gemäß der Anlage 1b zu § 7 Abs. 1 Nr. 2 und § 8 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel unabhängig von der Dosierung als apothekenpflichtig und sei daher vom Verkehr außerhalb der Apotheke ausgeschlossen. Die nach Standardzulassung empfohlene Tagesdosis zur Erzielung der erwünschten abführenden Wirkung betrage 0,75 mg Sennesblätter. Gemäß der Aufbereitungsmonographie der Kommission E des Bundesgesundheitsamts „Senna“ betrage die empfohlene mittlere Tagesdosis 20-60 mg Sennoside. Ein typischer sennesblätter-haltiger Abführtee enthalte als arzneilich wirksamen Bestandteil 500-600 mg Sennesblätter pro Filterbeutel und sei auf einen Hydroxyanthracenderivat-Gehalt von 15 mg pro Filterbeutel eingestellt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts L. sei eine pharmakologische Wirkung eines Produkts belegt, wenn dieses unterhalb der therapeutischen Wirksamkeitsschwelle dosiert werde. Denn die pharmakologische Wirkung setze nicht abrupt erst mit Beginn der therapeutischen Wirksamkeit ein. In der Regel steige die Wirkung eines Arzneimittels mit zunehmender Dosis an. Ausgehend von einer Schwelle von 80% von 0,75 g Sennesblättern werde auch einer Dosis von 0,6 g pharmakologische Wirkung zugesprochen. Dies betreffe alle Tees, da diese einen Anteil von 0,6 bis 0,99 g Sennesblätter enthielten. Dass die Tees nennenswerte pharmakologische Wirkungen besäßen, werde letztlich auch durch den von dem Kläger aufgebrachten Warnhinweis auf der Verpackung bejaht, der andernfalls überflüssig wäre. 16Der Kläger sei als verantwortlicher Inverkehrbringer im Sinne des § 4 Abs. 17 AMG auch der richtige Adressat der Untersagungsverfügung. Diese entspreche dem Grundsatz pflichtgemäßen Ermessens. Der Vorrang arzneimittelrechtlicher Vorschriften (Zweifelsfallregelung) und die grundsätzlich von ohne die erforderliche Zulassung in den Verkehr gebrachten Arzneimitteln ausgehende Gefahr seien bei der Ermessensausübung berücksichtigt worden. Die Maßnahme sei auch verhältnismäßig. Insbesondere werde der Kläger nicht über Gebühr beeinträchtigt, da er lediglich Arzneimittel ohne Zulassung nicht mehr in den Verkehr bringen dürfe. 17Der Kläger hat am 7. August 2015 Klage erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, der Anteil an Sennesblättern im Tee lasse keinen Schluss auf eine Arzneimitteleigenschaft zu, da diese nicht verzehrt würden. Maßgeblich sei allein die Konzentration von Sennosiden im fertigen Teeprodukt (Aufguss). Eine physiologische Funktion durch eine pharmakologische oder metabolische Wirkung habe der Tee nicht. Aus dem Warnhinweis auf der Verpackung folge nichts anderes. Dieser sei ausschließlich auf Veranlassung der Bezirksregierung L. aufgebracht worden, ohne dass zuvor abschließende Untersuchungen erfolgt seien. Die Bezirksregierung sei daher gehalten gewesen, Gutachten zur Sennosid-Konzentration im Teeaufguss einzuholen. Die Eigenschaft als Lebensmittel im Sinne von § 1 LMBG folge im Übrigen bereits daraus, dass die Tees als Genussmittel in den Verkehr gebracht würden. Denn entscheidend für die Einordnung eines Produkts als Arzneimittel oder als Lebensmittel sei seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher darstelle. Die Eigenschaft als Genussmittel werde hier dadurch belegt, dass sechs verschiedene Geschmacksrichtungen angeboten würden und die Tees vielzählige weitere Bestandteile wie Wacholder und Hagebutte enthielten. Für vier Tee-Sorten seien keine Gutachten eingeholt worden. Aufgrund der unterschiedlichen Zusammensetzung der Tees seien Rückschlüsse von den untersuchten Tees auf die anderen Sorten nicht zulässig. Das Urteil des Verwaltungsgerichts L. vom 28. April 2015 ‑ 7 K 395/13 ‑ sei nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Zum einen liege hier der ermittelte Wert nicht nur knapp unterhalb der empfohlenen Menge, zum anderen folge schon aus der genannten Entscheidung, dass eine Teezubereitung mit dem Einsatz von Extrakten nicht vergleichbar sei. 18Der Kläger hat beantragt, 19die Ordnungsverfügung der Bezirksregierung L. vom 16. Juli 2015 aufzuheben. 20Das beklagte Land hat beantragt, 21die Klage abzuweisen. 22Zur Begründung hat die Bezirksregierung L. über die Ausführungen im Bescheid hinaus vorgetragen, an der damaligen Einschätzung, es bestünden aus arzneimittelrechtlicher Sicht keine Bedenken gegen das Inverkehrbringen der Tees, sofern diese mit einem Warnhinweis zu Gegenanzeigen bei bestimmten Darmerkrankungen und zur Anwendung bei Kindern gekennzeichnet seien, werde aufgrund des Urteils des Verwaltungsgerichts L. vom 28. April 2015 ‑ 7 K 395/13 ‑ nicht festgehalten. Diese Kennzeichnung mache aus einem Arzneimittel kein Lebensmittel. Da der Kläger der Kennzeichnung zugestimmt habe, gehe offenbar auch er von einem gewissen gesundheitlichen Risiko aus und spreche dem Präparat damit indirekt eine pharmakologische Wirksamkeit zu. Es werde davon ausgegangen, dass die Gutachten des I. Landeslabors noch aktuell seien, weil der Kläger mitgeteilt habe, dass die Zusammensetzung der Tees seit 2012 unverändert sei. In den Gutachten sei auch der Sennosidgehalt im fertigen Tee aufgeführt. Auf diesen stütze sich der Bescheid. Es bestehe kein Zweifel daran, dass der Sennosidgehalt im fertigen Tee geringer sei als in der unzubereiteten Droge. Nach der Monographie der Kommission E betrage die empfohlene mittlere Tagesdosis 20-60 mg Sennoside. Der nach den Gutachten ermittelte Gehalt an Sennosiden im Aufguss liege zwar unter der Tagesdosis der Monographie. Bei einem als Lebensmittel deklarierten, für den Verbraucher harmlos erscheinenden Produkt sei jedoch nicht auszuschließen, dass die empfohlene Tagesmenge überschritten werde. Die pharmakologische Wirksamkeit setze zudem nicht abrupt erst mit Beginn der therapeutischen Wirksamkeit ein. Außerdem sei nicht auszuschließen, dass die Tees von Kindern unter 10 Jahren verzehrt würden. Bei einem langfristigen Verzehr sei mit einem erhöhten Kaliumverlust zu rechnen, der zur Verstärkung einer Darmträgheit führen könne. Dieser Effekt werde bei Einnahme bestimmter Medikamente, z. B. Diuretika, die von einer nicht unerheblichen Anzahl der Verbraucher eingenommen würden, noch verstärkt. Der Kaliummangel könne sich in Schwindel, Müdigkeit, Kopfschmerzen oder Übelkeit manifestieren, möglich seien auch Muskelkrämpfe, Lähmungserscheinungen und Kreislaufprobleme. Ein ausgeprägter Kaliummangel könne in Herzrhythmusstörungen münden. Nach der Monographie der Kommission E sei aufgrund fehlender toxikologischer Untersuchungen ein Verzehr durch Schwangere und Stillende zu unterlassen. Aus diesen Gründen und zum Schutz der Verbraucher sei eine Abgabe über Apotheken dringend erforderlich, um eine Beratung hinsichtlich der Nebenwirkungen, Kontraindikationen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sicherzustellen. In der Stoffliste des Bundes und der Länder würden Sennesblätter als Arzneistoff geführt und aufgrund bekannter Risiken nicht für eine Verwendung in Lebensmitteln empfohlen. Die Tees würden in türkischen Supermärkten gemeinhin als Schlankheitstees angepriesen; der Verbraucher sehe sie daher als Produkte an, die einen unerwünschten körperlichen Zustand bekämpften. Dass die Tees in verschiedenen Geschmacksrichtungen angeboten würden, rechtfertige nicht ihre Einordnung als Genussmittel. Gerade im Bereich der Abführmittel treffe dies auch auf Arzneimittel zu. 23Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die streitgegenständlichen Teemischungen seien Funktionsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 lit a) AMG. Denn die ‑ in unterschiedlichen Anteilen zwischen 30 % und 49,5 % - enthaltenen Blätter der Senna-Pflanze seien gemeinhin ein Stoff, der im menschlichen Körper angewendet werde, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen. Sennesblätter zählten zu den am häufigsten gebrauchten pflanzlichen Abführmitteln. Dies finde seinen Ausdruck in der Standardzulassung 7399.99.99 des BfArM, die Teezubereitungen aus Sennesblättern diesem Anwendungsgebiet zuweise. Die Prüfung u. a. der Wirksamkeit sei bei einer Standardzulassung antizipiert. Dies schließe als notwendige Voraussetzung die Arzneimitteleigenschaft des Stoffs ein. Die Standardzulassung fuße ihrerseits auf der Monographie der Kommission E vom 21. Juli 1993, die Sennesblättern, bestehend aus den getrockneten Fiederblättchen von Cassia senna LINNÉ, das Anwendungsgebiet „Obstipation“ zuweise. Zu den pharmakologischen Eigenschaften verweise die Monographie auf laxierende Effekte der Sennoside bzw. deren aktiver Metaboliten im Dickdarm, vorwiegend aufgrund einer Beeinflussung der Colonmotilität im Sinne einer Hemmung der stationären und einer Stimulierung der propulsiven Kontraktionen. Unterstrichen werde die pharmazeutische Verwendung des Stoffs durch seine Apothekenpflicht gemäß Anlage 1b zu § 7 Abs. 1 Nr. 2 und § 8 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel. Dem stünden nicht ansatzweise Anhaltspunkte für eine Verwendung von Senna als Lebens- und Genussmittel gegenüber. Daher sei eine Prüfung, ob die Wirkungen der streitigen Produkte nicht über diejenigen hinausgingen, die ein in angemessener Menge verzehrtes Lebensmittel aufweise, nicht möglich. 24Die Annahme einer pharmakologischen Wirkung der Tees werde auch nicht dadurch relativiert, dass ausweislich der Ergebnisse des I. Landeslabors die Tees Sennosid-Gehalte im Aufguss zwischen 8,5 mg und 12,5 mg aufwiesen und damit unter der Tagesdosis der Monographie der Kommission E von 20-30 mg lägen. Zum einen schwankten die in den wissenschaftlichen Quellen genannten Dosen und lägen teils unter denen der Monographie von 1993. So beschrieben die neueren europäischen HMPC- und ESCOP-Monographien Dosierungen zwischen 15 bis 30 mg Hydroxyanthracenderivate (berechnet als Sennosid B), die WHO-Monographie gar nur 10-30 mg. Auch könne die Dosierung durch den Anwender problemlos erhöht werden. Gerade die Darreichung mittels Teebeutel lade hierzu ein. Zum anderen sei ein Beleg therapeutischer Wirksamkeit keine Voraussetzung für die Einstufung als Funktionsarzneimittel. Fehle der Nachweis therapeutischer Wirksamkeit unterhalb einer bestimmten Dosisschwelle, sei die Annahme eines Funktionsarzneimittels keineswegs ausgeschlossen. Werde ein Stoff mit nachgewiesenen arzneimitteltypischen Funktionen knapp unterhalb der therapeutischen Wirksamkeitsschwelle dosiert, spreche eine Vermutung dafür, dass auch dieses Erzeugnis eine pharmakologische Wirkung aufweise. Denn diese setze nicht abrupt erst mit Beginn der therapeutischen Wirksamkeit ein, sondern sei schon unterhalb dieser Schwelle vorhanden. In der Regel steige die Wirkung eines Arzneimittels mit zunehmender Dosis an, wobei erst an einem bestimmten Punkt die Schwelle zum therapeutischen Erfolg überschritten sei (Dosis-Wirkungs-Beziehung). Dass das Produkt bereits pharmakologische Wirkungen mit einem nennenswerten Einfluss auf die physiologischen Funktionen besäße, gestehe der Kläger letztlich selbst zu, indem er eine Notwendigkeit für den aufgenommenen Warnhinweis bejaht und die Tagesdosis zu beschränken gesucht habe. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, dass die Hinweise letztlich auf die Intervention der Bezirksregierung zurückgegangen seien. Dies habe auf der Annahme einer Gleichsetzung von Wirksamkeit und pharmakologischer Wirkung beruht, die rechtlich so nicht zutreffe. Wer daher Mittel mit arzneimitteltypischer Funktion auf den Markt bringe und dabei die Dosierung geringfügig unter die einer belegten therapeutischen Wirkung setze, müsse den Anschein pharmakologischer Wirkung entkräften, wenn er sein Produkt ohne Zulassung vertreiben wolle. Die Arzneimittelüberwachungsbehörde sei in einem derartigen Fall nicht gehalten, Daten über die pharmakologische Wirkung in beliebigen Bereichen unterhalb der Wirksamkeitsschwelle zu generieren. Diese stünden naturgemäß nicht zur Verfügung. Daten über ein Produkt zu liefern, sei in erster Linie Sache des Inverkehrbringers. Der Einordnung als Funktionsarzneimittel stehe nicht entgegen, dass der Kläger dem Produkt keine therapeutische, sondern nur Genussfunktion beimesse. Als Arzneimittel schieden nur solche Produkte aus, die sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränkten, ohne dass sie geeignet wären, der menschlichen Gesundheit zuträglich zu sein, wie etwa Drogen. 25Der Bezirksregierung L. habe kein Ermessen zugestanden, von einem Eingreifen abzusehen, da das unerlaubte Inverkehrbringen von Arzneimitteln nach § 96 Nr. 5 AMG ein Straftatbestand sei. Der Kläger sei als Großhändler, der die Tees im Sinne des § 4 Abs. 17 AMG in Verkehr bringe, auch richtiger Adressat der Ordnungsverfügung. 26Gegen dieses Urteil hat der Kläger fristgerecht die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 19. Februar 2019 hat der vormals zuständige 13. Senat die Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen. 27Zur Begründung der Berufung macht der Kläger geltend, die Bezirksregierung L. gehe unter Zugrundelegung der in den Zutatenlisten des Herstellers aufgeführten prozentualen Anteile der einzelnen Zutaten am Gesamtprodukt von der Menge an Sennesblättern im Teebeutel aus. Maßgeblich sei jedoch die Konzentration an Sennosiden im fertigen Teeaufguss. Diese liege nach den Gutachten des I. Landeslabors jedoch unter den von wissenschaftlichen Quellen genannten Werten von 20-30 mg oder 15-30 mg. Dies treffe auch auf die zwischenzeitlich vom Chemischen- und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Rhein-Ruhr-Wupper (RRW) untersuchten Tees der Sorten gemischter Kräutertee und Petersilie/Zitrone zu, deren Lieferant er sei. Bei dem ferner untersuchten Tee Maishaar handele es sich um einen völlig anderen Tee, der von ihm nicht vertrieben werde. Werde die therapeutische Wirksamkeitsschwelle nicht erreicht, könne nicht von einer pharmakologischen Wirkung ausgegangen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setze die Einordnung eines Produkts als Arzneimittel voraus, dass die ihm zugeschriebenen Wirkungen durch belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse belegt seien. Hierfür trage die Bezirksregierung die Darlegungs- und Beweislast, da sie sich auf eine Norm der Eingriffsverwaltung stütze. Belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse habe diese jedoch nicht benannt. Für die Einstufung als Arzneimittel sei unerheblich, dass der Anwender die Dosis problemlos erhöhen könne. Eine möglicherweise uferlose Anwendung durch den Verbraucher könne nicht Maßstab für den Eingriff in die Berufsfreiheit sein, zumal eine damit einhergehende Gefährdung auf viele Lebensmittel zutreffe. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, er gestehe mit dem Aufdruck eines Warnhinweises selbst zu, dass die Tees pharmakologische Wirkungen hätten, übersehe, dass auch auf anderen Lebensmitteln, etwa Energydrinks oder solchen mit einer Phenylalaninquelle, Warnhinweise aufgebracht seien. Außerdem sei maßgeblich die konkrete Zusammensetzung der Tees, die aus wesentlich mehr Stoffen als aus Sennesblättern bestünden. Dass die Teemischungen neben anderem zwischen 30 und 49,5 % Sennesblätter enthielten, mache deutlich, dass die Aufnahme von Sennosiden aus den Sennesblättern ebenso unspezifisch sei wie dies bei Lebensmitteln der Fall sei. Es gehe nicht um eine Steuerungsfunktion von außen. Die Bezirksregierung habe schließlich das ihr durch § 69 Abs. 1 AMG eröffnete Entschließungsermessen nicht erkannt. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Behörde komme angesichts der Strafbarkeit des Inverkehrbringens nicht zugelassener Arzneimittel nach § 96 Nr. 5 AMG ein Ermessen, von einem Eingreifen abzusehen, grundsätzlich nicht zu, verstoße gegen die Gewaltenteilung. Die Untersagung des Inverkehrbringens sei unverhältnismäßig. Ein ggf. auch weiter konkretisierter Warnhinweis sei ausreichend und genüge auch bei anderen Lebensmitteln, insbesondere Energydrinks. Die Untersagung des Vertriebs eines gesamten Teesortiments komme zudem einer Berufswahlregelung nahe. Die Zwangsgeldandrohung sei unbestimmt. Ein Zwangsgeld sei für den Fall der Zuwiderhandlung angedroht worden. Es sei jedoch nicht konkretisiert worden, wann ein einzelner Fall eines solchen Verstoßes vorliegen solle. 28In der Berufungsverhandlung haben die Beteiligten übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, soweit die Ordnungsverfügung sich bezieht auf die Teesorten Kirschstängel, Erdbeere, Maistroddeln, Aprikose und Petersilie/Zitrone. 29Der Kläger beantragt, 30das angefochtene Urteil zu ändern und die Verfügung der Bezirksregierung L. vom 16. Juli 2015 aufzuheben, soweit Gegenstand der Tee der Sorte „Gemischter Kräutertee“ ist. 31Das beklagte Land beantragt, 32die Berufung zurückzuweisen. 33Die Bezirksregierung L. macht geltend, sie habe nicht vom Gewicht der Sennesblätter auf den Sennosidgehalt geschlossen, sondern den Sennosidgehalt im Teeaufguss entsprechend den Prüfberichten des I. Landeslabors zugrunde gelegt. Für die Wirkung relevant seien nicht die einzelnen Sennoside A bis F, sondern das Gemisch aus verschiedenen Hydroxyanthracenderivaten. Die Sennoside A und B besäßen in der Regel den höchsten Anteil an den Gesamthydroxyanthracenglykosiden. Unter Einbeziehung aller Sennoside dürfte der Anteil an wirksamen Bestandteilen im Tee höher sein als der vom I. Landeslabor gemessene. Die Wirkstoffbestimmung durch das I1. Landeslabor nach der HPLC-Methode entspreche der aktuellen Monographie des Europäischen Arzneibuchs, in der der Gehalt an Gesamthydroxyanthracenglykosiden im Vergleich zur vorhergehenden Ausgabe, bei der die Gehaltsbestimmung photometrisch erfolgt sei, von mindestens 2,5 % auf mindestens 2,0 % in der getrockneten Droge gesenkt worden sei. Die bekannten Dosierangaben bezögen sich allerdings auf den Gehalt an Hydroxyanthracenglykosiden in der eingesetzten Drogenmenge (Teebeutel), nicht aber auf den Gehalt im zubereiteten Tee. Außerdem gehe es zulasten des Klägers, dass er den Sennosidgehalt in den von ihm vertriebenen Teemischungen nicht verlässlich angeben könne. 34Die Beteiligten haben im Verlauf des zweitinstanzlichen Verfahrens diverse Untersuchungsberichte zu den Tees eingereicht. 35Ein an den Landrat des Kreises V. gerichteter Prüfbericht des CVUA RRW vom 18. Juli 2019 (Prüfbericht Nr. 2019-8320208) betrifft den Tee gemischter Kräutertee (MHD 21. Juni 2020). Die Quantifizierung der Sennoside erfolgte mittels hochauflösender Massenspektrometrie (LC-Orbitrap-MS) und ergab für Sennosid B einen Wert von 1,58 (+/- 0,24) mg und für Sennosid A von 1,28 (+/- 0,19) mg je Gramm Teemischung. Ein Teebeutel von 2 g Gewicht enthält dem Bericht nach daher 5,72 mg Sennoside (Addition der Einzelwerte x 2). Ferner weist der Bericht darauf hin, dass eine eindeutige Zuordnung weiterer Peaks im Chromatogramm zu weiteren Sennosiden und anderen Anthrachinonderivaten ohne geeignete Referenzsubstanzen nicht möglich sei und daher in der vorliegenden Probe von einem höheren Hydroxyanthracenderivat-Gehalt auszugehen sei. 36Der an die Stadt L. gerichtete, in gleicher Weise erstellte Prüfbericht des CVUA RRW vom 8. Juni 2022 (Nr. 2022-7200167) betrifft den Tee gemischter Kräutertee (MHD 25. Oktober 2024) und weist für den Teebeutel einen Gesamtwert von 2,6 mg Sennosiden aus. 37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Bezirksregierung L. Bezug genommen. 38Entscheidungsgründe: 39Das Verfahren wird in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben. Die teilweise Wirkungslosigkeit des erstinstanzlichen Urteils ergibt sich aus § 173 VwGO i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO. 40Im noch anhängigen Umfang hat die Berufung des Klägers Erfolg. Die Klage ist insoweit zulässig und begründet. 41Die Ordnungsverfügung der Bezirksregierung L. vom 16. Juli 2015 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit dem Kläger unter entsprechender Zwangsgeldandrohung das Inverkehrbringen des Tees E. G. gemischter Kräutertee untersagt worden ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 42Rechtsgrundlage der angefochtenen Ordnungsverfügung ist § 69 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 AMG. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Denn die Untersagungsverfügung stellt ihrem Inhalt nach einen Dauerverwaltungsakt dar, da sie sich nicht in dem Verlangen eines einmaligen Tuns oder Unterlassens erschöpft. Bei der Beurteilung derartiger Dauerverwaltungsakte haben die Gerichte die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zugrunde zu legen, wenn ‑ wie hier ‑ das materielle Recht nichts Abweichendes bestimmt. 43Vgl. BVerwG, Urteile vom 19. September 2013 ‑ 3 C 15.12 ‑, juris Rn. 9, und vom 22. Januar 1998 ‑ 3 C 6.97 -, juris Rn. 18; OVG NRW, Beschluss vom 25. September 2013 ‑ 13 A 523/11 ‑, juris Rn. 24; Nds. OVG, Urteil vom 23. März 2006 ‑ 11 LC 180/05 ‑, juris Rn. 43; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 8. Dezember 2010 ‑ 9 S 783/10 -, juris Rn. 17; Hess. VGH, Beschluss vom 14. Februar 1996 ‑ 11 TG 1144/95 ‑, juris Rn. 2. 44Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 AMG treffen die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie können insbesondere das Inverkehrbringen von Arzneimitteln untersagen, wenn die erforderliche Zulassung oder Registrierung für das Arzneimittel nicht vorliegt. Die Voraussetzungen für eine Verbotsverfügung auf dieser Grundlage liegen jedoch nicht vor. 45Bei dem Tee E. G. gemischter Kräutertee handelt es sich nicht ‑ was vorliegend allein im Streit steht ‑ um ein sog. Funktionsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst b) der Richtlinie 2001/83/EG. 46I. Zu den Funktionsarzneimitteln nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. b) der Richtlinie 2001/83/EG zählen alle Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. 471. Notwendige Voraussetzung für die Annahme eines Funktionsarzneimittels ist, dass das Erzeugnis die physiologischen Funktionen bei bestimmungsgemäßem Gebrauch (a.) durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung (b.) nachweisbar (c.) und in nennenswerter Weise (d.) positiv beeinflussen kann. 48Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. November 2019 ‑ 3 C 19.18 -, juris Rn. 15. 49a. Ausgangspunkt für die Beurteilung der physiologischen Auswirkungen eines Stoffes ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH der bestimmungsgemäße Gebrauch des Erzeugnisses. Es ist daher ohne Belang, dass das Erzeugnis in einer höheren als der auf dem Beipackzettel oder in der Verzehrempfehlung auf der Verpackung angegebenen Dosierung eine nennenswerte physiologische Wirkung haben kann. Unerheblich ist auch, ob Verbraucher dazu neigen könnten, Erzeugnisse in höheren Dosierungen zu konsumieren als vom Hersteller angegeben, und ob mit einer Überdosierung Gesundheitsgefahren einhergehen. Denn fast alle Erzeugnisse sind potentiell gesundheitsschädlich, wenn sie im Übermaß aufgenommen werden. 50Vgl. EuGH, Urteile vom 30. April 2009 ‑ C-27/08 (BIOS Naturprodukte) -, Rn. 22, vom 15. Januar 2009 ‑ C-140/07 (Hecht-Pharma) ‑, Rn. 42, und vom 29. April 2004 ‑ C-150/00 (Kommission ./. Österreich) -, Rn. 75; vgl. auch BVerwG, Urteile vom 26. Mai 2009 ‑ 3 C 5.09 juris Rn. 15, und vom 1. März 2012 ‑ 3 C 15.11 ‑, juris Rn. 12. 51b. Das Erzeugnis muss eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung haben. 52Die Begriffe der ‑ hier nur in Betracht kommenden ‑ pharmakologischen (aa.) oder metabolischen (bb.) Wirkung sind weder im Arzneimittelgesetz noch in der Richtlinie 2001/83/EG definiert. 53aa. Für die Beantwortung der Frage, ob ein Produkt pharmakologisch wirkt, kann nach der Rechtsprechung des EuGH insoweit als zweckdienlicher Anhaltspunkt auf die von der Europäischen Kommission herausgegebenen Leitlinien ‑ und damit insbesondere die sog. „Borderline-Leitlinie“ (European Union, Medical Devices: Guidance Document, MEDDEV 2.1/3 rev 3, dort Ziffer A.2.1.1, S. 6), 54abrufbar unter: https://ec.europa.eu/docsroom/documents/10328/attachments/1/translations ‑, 55zurückgegriffen werden. 56Vgl. EuGH, Urteil vom 6. September 2012 ‑ C-308/11 (Chemische Fabrik Kreussler) ‑, Rn. 25 f.; BVerwG, Vorlagebeschluss vom 20. Mai 2021 ‑ 3 C 19.19 ‑, juris Rn. 11. 57Danach ist unter einer pharmakologischen Wirkung eine Wechselwirkung zwischen den Molekülen des betreffenden Stoffes und einem ‑ gewöhnlich als Rezeptor bezeichneten ‑ Zellbestandteil zu verstehen, die entweder zu einer direkten Reaktion führt oder die Reaktion auf einen anderen Agenten blockiert. Eine Dosis-Wirkungs-Korrelation ist dabei ein ‑ wenn auch nicht zwingender ‑ Indikator für eine pharmakologische Wirkungsweise. 58Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 28. Oktober 2021 ‑ 13 A 1376/17 ‑, juris Rn. 76. 59Diese Definition ist jedoch nicht abschließend. Nach der vorgenannten Rechtsprechung des EuGH genügt darüber hinaus jede Wechselwirkung zwischen der in einem Erzeugnis enthaltenen Substanz und einem beliebigen im Körper des Anwenders vorhandenen zellulären Bestandteil, sofern diese bewirkt, dass physiologische Funktionen beim Menschen wiederhergestellt, korrigiert oder beeinflusst werden. 60Vgl. EuGH, Urteil vom 6. September 2012 ‑ C-308/11 (Chemische Fabrik Kreussler) ‑, Rn. 31 f. und Tenorziffer 2. 61bb. Auch hinsichtlich der Bestimmung des Begriffs der metabolischen Wirkung lassen sich der vorgenannten Borderline-Leitlinie (dort Ziffer A.2.1.1, S. 6) Anhaltspunkte entnehmen. 62Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Oktober 2021 ‑ 13 A 2432/18 -, juris Rn. 65 ff. m. w. N. 63Danach wird unter einer metabolischen Wirkung eine Wirkungsweise verstanden, die eine Veränderung einschließlich des Stoppens, des Starts oder der Änderung der Geschwindigkeit der normalen biochemischen Prozesse beinhaltet, die an der normalen Körperfunktion beteiligt sind und dafür zur Verfügung stehen. Die Tatsache, dass ein Erzeugnis selbst verstoffwechselt wird, bedeutet nicht, dass es seine bestimmungsgemäße Hauptwirkung auf metabolische Weise erreicht. 64c. Der Begriff des Funktionsarzneimittels erfasst ‑ anders als der des Präsentationsarzneimittels ‑ nur diejenigen Erzeugnisse, deren pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung ‑ in der angegebenen Dosierung ‑ wissenschaftlich festgestellt wurden und die tatsächlich dazu bestimmt bzw. geeignet sind, eine ärztliche Diagnose zu erstellen oder die physiologischen Funktionen wiederherzustellen, zu korrigieren oder in einer positiven Weise zu beeinflussen. 65Vgl. EuGH, Urteile vom 10. Juli 2014 ‑ C-358/13 und C-181/14 (Markus D. u. a.) ‑, Rn. 36, 38 (zur positiven Wirkung), vom 6. September 2012 ‑ C-308/11 (Chemische Fabrik Kreussler) ‑, Rn. 30, und vom 15. Januar 2009 ‑ C-140/07 (Hecht-Pharma) -, Rn. 25 f.; BVerwG, Urteil vom 7. November 2019 ‑ 3 C 19.18 -, juris Rn. 17. 66Ist der Nachweis der Arzneimitteleigenschaft im Sinne des Art. 1 Nr. 2 Buchst. b) der Richtlinie 2001/83/EG für ein Erzeugnis nicht geführt, so ist die Richtlinie auf dieses Produkt nicht anwendbar. Aus der sog. Zweifelsfallregelung in Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG folgt nichts anderes. Diese ist nicht dahin zu verstehen, dass ein Produkt, bei dem es an den entsprechenden Feststellungen fehlt, im Zweifelsfall ein Arzneimittel ist. Vielmehr beruht diese Regelung auf dem Postulat, dass das Produkt die Voraussetzungen eines Arzneimittels erfüllt und dient gerade nicht der Überwindung von Zweifeln an der Arzneimitteleigenschaft. 67Vgl. EuGH, Urteil vom 15. Januar 2009 ‑ C-140/07 (Hecht-Pharma) ‑, Rn. 24 ff.; BVerwG, Urteil vom 7. November 2019 ‑ 3 C 19.18 ‑, juris Rn. 14. 68Darüber hinaus kann ein Erzeugnis nicht gleichzeitig Arzneimittel und Lebensmittel sein. Denn nach Art. 2 Abs. 3 Buchst. d) der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 (BasisVO) gehören Arzneimittel im Sinne der Richtlinien 65/65/EWG und 92/73/EWG ‑ jetzt der Richtlinie 2001/83/EG ‑ nicht zu den Lebensmitteln. 69Vgl. auch BVerwG, Urteile vom 17. September 2021 ‑ 3 C 20.20 ‑, juris Rn. 28, und vom 1. März 2012 ‑ 3 C 15.11 ‑, juris Rn. 12. 70Der Nachweis einer therapeutischen Wirksamkeit des Erzeugnisses ist für die Annahme eines Funktionsarzneimittels hingegen nicht erforderlich. Denn die Arzneimitteldefinition setzt nicht voraus, dass die Erzeugnisse eindeutig bestimmbare therapeutische und prophylaktische Eigenschaften aufweisen, deren Wirkung sich auf bestimmte Funktionen des menschlichen Organismus konzentriert, bzw. dass sie zur Verhütung oder Behandlung einer Krankheit oder eines Leidens angewandt werden können. 71Vgl. EuGH, Urteile vom 15. Dezember 2016 ‑ C-700/15 (LEK) -, Rn. 35, und vom 10. Juli 2014 ‑ C-358/13 und C-181/14 (Markus D. u. a.) ‑, Rn. 36. 72Der Begriff der therapeutischen Wirksamkeit stammt vielmehr aus den Regelungen über die Zulassung eines Arzneimittels. Er ist auf die klinische Prüfung der vom Arzneimittelhersteller beanspruchten Indikation bezogen und passt nicht für die vorgelagerte Fragestellung, ob einem Erzeugnis überhaupt die Eignung zukommt, die physiologischen Funktionen positiv zu beeinflussen. Daher bezieht sich auch der vom EuGH geforderte wissenschaftliche Nachweis nicht auf eine therapeutische Wirkung, sondern nur auf die Frage, ob der Stoff geeignet ist, dem Funktionieren des menschlichen Organismus und folglich der menschlichen Gesundheit zuträglich zu sein. 73Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. November 2019 ‑ 3 C 19.18 ‑, juris Rn. 18. 74Die therapeutische Wirksamkeit berechtigt jedoch im Wege eines Erst-Recht-Schlusses zur Annahme einer physiologischen Wirkung. 75Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Mai 2009 ‑ 3 C 5.09 ‑, juris Rn. 16, und vom 25. Juli 2007 ‑ 3 C 21.06 ‑, juris Rn. 26. 76d. Nicht alle Erzeugnisse, die eine physiologisch wirksame Substanz enthalten, können als Funktionsarzneimittel eingestuft werden. Das Kriterium der Eignung, physiologische Funktionen wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen, setzt voraus, dass die entsprechenden Auswirkungen des Erzeugnisses bei normalem Gebrauch nennenswert sind. Werden die Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers nicht wirklich beeinflusst, liegt kein Funktionsarzneimittel vor. 77Vgl. EuGH, Urteile vom 30. April 2009 ‑ C-27/08 (BIOS Naturprodukte) ‑, Rn. 21, 23, und vom 15. Januar 2009 ‑ C-140/07 (Hecht-Pharma) ‑, Rn. 41 f. 78Da die physiologische Wirkung nicht für Arzneimittel spezifisch ist, sondern auch auf Lebensmittel (Nahrungsergänzungsmittel) zutrifft, scheidet zudem die Annahme eines Funktionsarzneimittels aus, wenn die nennenswerten Auswirkungen des Erzeugnisses auf die physiologischen Funktionen nicht über die Wirkungen hinausgehen, die ein in angemessener Menge verzehrtes Lebensmittel auf diese Funktionen haben kann. 79Vgl. EuGH, Urteil vom 15. November 2007 ‑ C-319/05 (Kommission ./. BRD) ‑, Rn. 63 ff.; BVerwG, Urteil vom 7. November 2019 ‑ 3 C 19.18 ‑, juris Rn. 20. 802. Die Einstufung eines Erzeugnisses als Arzneimittel erfordert bei Vorliegen der vorstehend genannten Voraussetzungen eine Gesamtbetrachtung. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist die Entscheidung, ob ein Erzeugnis unter die Definition des Arzneimittels nach der Funktion fällt, von Fall zu Fall zu treffen. Dabei sind alle Merkmale des Erzeugnisses zu berücksichtigen, insbesondere seine Zusammensetzung, seine pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften ‑ wie sie sich beim jeweiligen Stand der Wissenschaft feststellen lassen ‑, die Modalitäten seines Gebrauchs, der Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei Verbrauchern und die Risiken, die seine Verwendung mit sich bringen kann. 81Vgl. EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2013 ‑ C-109/12 (Laboratoires Lyocentre) ‑, Rn. 42, vom 6. September 2012 ‑ C-308/11 (Chemische Fabrik Kreussler) ‑, Rn. 34, vom 30. April 2009 ‑ C-27/08 (BIOS Naturprodukte) ‑, Rn. 18, und vom 15. Januar 2009 ‑ C-140/07 (Hecht-Pharma) -, Rn. 39. 82Im Rahmen dieser Einzelfallprüfung sind die pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften eines Erzeugnisses der Faktor, auf dessen Grundlage ausgehend von den Wirkungsmöglichkeiten des Erzeugnisses zu beurteilen ist, ob es im Sinne der Definition des Funktionsarzneimittels im oder am menschlichen Körper zur Wiederherstellung, Korrektur oder Beeinflussung der physiologischen Funktionen angewandt werden kann. 83Vgl. EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2013 ‑ C-109/12 (Laboratoires Lyocentre) ‑, Rn. 43, und vom 30. April 2009 ‑ C-27/08 (BIOS Naturprodukte) ‑, Rn. 20. 84Die weiteren Merkmale des Erzeugnisses haben keine für ein Arzneimittel nach der Funktion konstitutive Wirkung. Der fehlende Nachweis einer nennenswerten Beeinflussung der physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung kann durch die anderen Kriterien daher nicht ersetzt werden. Diese sind vielmehr als Korrektiv heranzuziehen, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels vorliegen. 85Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2009 ‑ 3 C 5.09 ‑, juris Rn. 18, unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 30. April 2009 ‑ C-27/08 (BIOS Naturprodukte) ‑, Rn. 24 (zu Gesundheitsgefahren). 86Die nennenswerten Auswirkungen des Erzeugnisses auf die physiologischen Funktionen sind somit nur ein notwendiges, aber kein hinreichendes Kriterium für die Entscheidung, ob ein Erzeugnis unter die Definition des Funktionsarzneimittels fällt. Sie führen daher nicht zwangsläufig zur Arzneimitteleigenschaft. 87Vgl. BVerwG, Urteile vom 7. November 2019 ‑ 3 C 19.18 ‑, juris Rn. 19 und 31, sowie vom 17. August 2017 ‑ 3 C 18.15 ‑, juris Rn. 12. 88Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung sind auch die möglichen Gesundheitsrisiken bei der Verwendung zu berücksichtigen. Diesen kommt in Fällen, in denen die Auswirkungen eines Erzeugnisses im Grenzbereich zwischen Nahrungsergänzungs- und Arzneimitteleigenschaft liegen, besonderes Gewicht für die Beurteilung zu. Eine Einstufung als Arzneimittel ist hier angesichts der damit verbundenen Einschränkungen und Behinderungen des freien Warenverkehrs nur gerechtfertigt, wenn dies zum Schutz der Gesundheit erforderlich ist. 89Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. November 2019 ‑ 3 C 19.18 ‑, juris Rn. 30, 32 f. 90II. Von dem Vorstehenden ausgehend ist nicht wissenschaftlich nachgewiesen, dass der Tee E. G. gemischter Kräutertee aufgrund des in ihm enthaltenen Anteils an Sennesblättern bzw. deren Wirkstoffe, den Sennosiden, die physiologischen Funktionen des menschlichen Körpers nennenswert durch eine pharmakologische oder metabolische Wirkung beeinflusst. 911. Eine biochemische Wirkweise im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG, Art. 1 Nr. 2 Buchst. b) der Richtlinie 2001/83/EG ist bei den in dem Tee enthaltenen Sennesblättern dem Grunde nach zu bejahen. Offen bleiben kann dabei, ob die Sennesblätter bzw. deren Wirkstoffe, die Sennoside, ihrer Funktionsweise nach pharmakologisch oder metabolisch wirken. Jedenfalls wirken sie ‑ in Abgrenzung zu Medizinprodukten ‑ nicht rein physikalisch. 92Sennesblätter enthalten als Wirkstoffe Dianthronglykoside (Sennoside), die zur Gruppe der antiabsortiv und sekretagog wirkenden Laxantien gehören. Sie werden nach der Passage des Magen-Darm-Traktes im Dick- bzw. Enddarm durch bakterielle Enzyme in die wirksamen Metaboliten (Rhein-Anthron) gespalten, die durch direkten Kontakt mit der Darmschleimhaut wirken (Kontaktlaxantien). Dabei hemmen die aktiven Metaboliten die stationären und stimulieren die propulsiven Kontraktionen der glatten Dickdarmmuskulatur, so dass es zu einem beschleunigten Transit kommt. Die verkürzte Kontaktzeit verringert außerdem die Flüssigkeitsresorption. Gleichzeitig werden die Sekretionsprozesse beeinflusst: Die Wasser- und Elektrolytabsorption in die Kolonepithelzellen wird gehemmt und der Einstrom von Elektrolyten und Wasser in das Darmlumen gefördert und damit eine Volumenzunahme erreicht. 93Vgl. Wichtl, Teedrogen und Phytopharmaka, 6. Aufl. 2016, S. 605; Kommission E, Monographie: Sennae folium (Sennesblätter), BAnz vom 21. Juli 1993, Nr. 133 S. 6618, bestätigt durch Standardzulassung Nr. 7399.99.99 (BR-Drs. 229/00 vom 14. April 2000 S. 12 (Nr. 7.12.1) und S. 13 (Nr. 7.12.3); HMPC, Assessment report on Senna alexandrina Mill (Cassia senna L.; Cassia angustfolia Vahl), folium and fructus, Ziffer 3.1.5, S. 29; Kommentar zum Europäischen Arzneibuch 10.1/0206, 67. Lieferung 2021; Update senna, DAZ 2005, Nr. 13, S. 107. 942. Es fehlt aber an einer wissenschaftlich nachgewiesenen nennenswerten Beeinflussung der physiologischen Funktionen durch den Tee E. G. gemischter Kräutertee. Die Schwelle von 10 mg Hydroxyanthracenderivaten, berechnet als Sennosid B, ab der von einer therapeutischen Wirksamkeit auszugehen ist (a.), erreicht der Tee in der vom Hersteller angegebenen Dosierung im Aufguss nicht (b). Belastbare wissenschaftliche Daten, die einen Rückschluss auf eine nennenswerte Beeinflussung der menschlichen physiologischen Funktionen unterhalb von 10 mg zuließen, liegen nicht vor (c.). 95a. Eine therapeutische Wirksamkeit und damit ‑ im Wege eines Erst-Recht-Schlusses ‑ auch eine nennenswerte Beeinflussung der physiologischen Funktionen ist für Sennesblätter bzw. sennesblätterhaltige Erzeugnisse ab einem Gehalt von mindestens 10 mg Hydroxyanthracenderivaten, berechnet als Sennosid B, durch die Monographie des Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC) der European Medicines Agency vom 25. September 2018 (European Union herbal monograph on Senna alexandrina Mill. (Cassia senna L.; Cassia angustifolia Vahl) folium), bestätigt mit Addendum vom 26. Januar 2022, 96abrufbar unter: https://www.ema.europa.eu/en/medicines/herbal/sennae-folium, 97wissenschaftlich nachgewiesen. Offen bleiben kann , ob diese Monographie im vorliegenden Zusammenhang rechtlich bindend ist. 98Vgl. VG L. , Urteil vom 5. Juli 2011 ‑ 7 K 8612/09 ‑, juris Rn. 49 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 2. November 2017 ‑ 13 LB 31/14 ‑, juris Rn. 73 unter Bezugnahme auf VG L. ; Knöss, Monographien als Richtschnur, in: Pharmazeutische Zeitung online, Ausgabe 13/2014; vgl. auch Winnands/Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 3. Aufl. 2022, § 22 Rn. 91. 99Jedenfalls kommt der Monographie des HMPC, ebenso wie den Monographien der Kommissionen D und E, 100vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 ‑ 3 C 10.09 ‑, juris Rn. 25 und vom 25. Juli 2007 ‑ 3 C 22.06 ‑, juris Rn. 33, 101die Bedeutung eines antizipierten Sachverständigengutachtens zu, von dem abzuweichen hier kein Anlass besteht. 102Dem HMPC, das nach Art. 16h Abs. 1 Satz 1 und 2 der Richtlinie 2001/83/EG in der Fassung der Änderungsrichtlinie 2004/24/EG bei der EMA eingerichtet worden ist, kommt gemäß Art. 16h Abs. 1 Buchst. a Spiegelstrich 4 und Buchst. b jew. i. V. m. Abs. 3 der Richtlinie 2001/83/EG in der Fassung der Änderungsrichtlinie 2004/24/EG die Aufgabe zu, u. a. gemeinschaftliche Monographien für traditionelle pflanzliche Arzneimittel sowie gemeinschaftliche Pflanzenmonographien zu erstellen. Es handelt sich um ein sachverständig besetztes Gremium (vgl. Art. 16h Abs. 2 Richtlinie 2001/83/EG), das die Monographien ‑ wie die zugehörigen Literaturlisten und Bewertungsberichte verdeutlichen ‑ auf der Grundlage des aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstands und in Auseinandersetzung mit den herangezogenen wissenschaftlichen Publikationen erstellt. Im Regelfall wird von der Richtigkeit der in den Monographien enthaltenen Angaben auszugehen sein, sofern nicht ausnahmsweise bessere und/oder aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse eine andere Bewertung rechtfertigen. 103Danach ist auf der Grundlage der in der Monographie des HMPC vom 25. September 2018 enthaltenen Dosierungsempfehlung davon auszugehen, dass Sennoside eine therapeutische Wirksamkeit und damit auch eine nennenswerte Beeinflussung der physiologischen Funktionen ab 10 mg Hydroxyanthracenderivaten, berechnet als Sennosid B, entfalten. Zwar ist damit eine Absenkung der Untergrenze gegenüber derjenigen in der vorhergehenden Monographie aus dem Jahr 2006 erfolgt, die auf der Grundlage der im zugehörigen Assessment-Report angeführten Expertenmeinungen, klinischen Studien und der toxikologischen Daten, die Anlass für den Bescheid des BfArM vom 21. Juni 1996 (BAnz vom 5. Juli 1996, Nr. 123, S. 7581 f.) waren, noch einen Dosisbereich zwischen 15 und 30 mg angegeben hatte. 104Vgl. Assessment report on cassia senna L. and cassia angustifolia vahl, Folium vom 27. April 2007, S. 7, abrufbar unter: https://www.ema.europa.eu/en/medicines/herbal/sennae-folium. 105Diese Absenkung hat das HMPC mit dem verfolgten Ansatz begründet, die Wirkstoffmenge zu minimieren, und sich hinsichtlich der Wirksamkeit der herabgesenkten Dosis von den Dosierungen der auf dem Markt befindlichen Arzneimitteln bestätigt gesehen. 106Vgl. Assessment report on Senna alexandrina Mill. (Cassia senna L.; Cassia angustifolia Vahl), folium and fructus, vom 25. September 2018, S. 21. 107Anhaltspunkte dafür, dass diese Bewertung nicht zutrifft, sind nicht erkennbar. Vielmehr nennt auch die ‑ weiterhin gültige ‑ Monographie der Weltgesundheitsorganisation (WHO monographs on selected medicinal plants, Volume 1, 1999) eine zur Behandlung einer Obstipation geeignete Wirkstoffmenge zwischen 10 und 30 mg Sennoside, berechnet als Sennosid B (S. 247). 108Zudem weist der Assessment report des HMPC (S. 21) darauf hin, dass die Werte zu den in Sennesblättern enthaltenen Hydroxyanthracenderivaten nunmehr in Übereinstimmung mit dem Gehalt an Hydroxyanthracenderivaten aus der Pflanze Aloe stehen, die in der HMPC-Monographie zu „Aloe barbadensis“ vom 22. November 2016 zur Anwendung bei Obstipation angegeben sind. Diese wiederum entsprechen denen der aktuellen Monographie der European Scientific Cooperative On Phytotherapie (ESCOP) zu Aloe („Aloe barbadensis“) aus dem Jahr 2014, die ebenfalls Gehalte zwischen 10 und 30 mg Hydroxyanthracenderivate nennt. 109Die Monographie der Kommission E „Sennae folium (Sennesblätter)“ aus dem Jahr 1993 (BAnz vom 21. Juli 1993, Nr. 133, S. 6618) nennt zwar Gehaltsmengen von 20 bis 30 mg Hydroxyanthracenderivaten. Sie enthält aber den Hinweis, dass die Darreichungsform auch eine geringere als die übliche Tagesdosis erlauben sollte, der zeigt, dass die Kommission E bereits damals davon ausging, auch niedrigere Dosen könnten zur Behandlung der Obstipation wirksam sein. Vergleichbares enthält der Bescheid des BfArM vom 21. Juni 1996 (BAnz vom 5. Juli 1996, Nr. 123, S. 7581 f.). Darüber hinaus ist die wissenschaftliche Bewertung der Wirkungen eines Stoffes nicht statisch. Mit Blick auf den Umstand, dass die Monographie der Kommission E nicht aktualisiert worden ist, ihr daher noch der Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse aus dem Jahr 1993 zugrunde liegt, bietet sie keine Grundlage für die Annahme, die auf der Grundlage aktueller Erkenntnisse erstellte Monographie des HMPC sei unzutreffend. 110b. Im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung enthält der Tee „E. G. gemischter Kräutertee“ in der vom Hersteller angegebenen Dosierung von einem Teebeutel je Tag im hergestellten Aufguss nicht einen Gehalt von mindestens 10 mg Hydroxyanthracendrivaten, der die Feststellung rechtfertigte, dass die physiologischen Funktionen nennenswert beeinflusst werden. 111Über dem Wert von 10 mg Sennosiden lag einzig der Aufguss des gemischten Kräutertees mit dem MHD 25. Juli 2013, der Gegenstand des Prüfberichts Nr. 123010952 des I. Landeslabors vom 21. Juni 2012 ist. Die Rezeptur dieses Tees war jedoch bereits damals nicht mehr aktuell. Der am gleichen Tag vom I. Landeslabor untersuchte gemischte Kräutertee mit dem MHD 27. Februar 2014 (Prüfbericht Nr. 123010949) führte die Zutat „Sennesblätter“ anders als der zuvor genannte Tee nicht mehr an erster, sondern an zweiter Stelle des Zutatenverzeichnisses auf. Die laut Prüfbericht im Aufguss dieses Tees festgestellte Menge an Sennosiden betrug insgesamt 6 mg und lag daher ‑ auch unter Berücksichtigung der Unterschiede der Untersuchungsmethoden des I. Landeslabors einerseits (HPLC) und der Monographie des HMPC andererseits (photometrisch) - unterhalb der genannten Grenze. Die in der jüngsten Zeit erfolgten Untersuchungen durch das CVUA RRW, die sich ohnehin nur zum Sennosidgehalt im Teebeutel verhalten, nicht aber zu der Menge im Aufguss, haben nochmals geringere Werte ergeben. So weist der Prüfbericht des CVUA RRW vom 18. Juli 2019 (Prüfbericht Nr. 2019-8320208) für den Tee mit dem MHD 21. Juni 2020 einen Gehalt von 5,72 mg im Teebeutel aus und der Prüfbericht vom 8. Juni 2022 (Nr. 2022-7200167), betreffend einen Tee mit dem MHD 25. Oktober 2024, einen Gesamtwert von 2,6 mg Sennosiden. 112Der Einwand der Bezirksregierung L. im Schriftsatz vom 28. Juli 2022, die „bekannten Dosierangaben“ bezögen sich auf den Sennosidgehalt im Teebeutel, ist mit Blick auf die vorliegenden Werte unmaßgeblich und im Übrigen nicht nachvollziehbar. Zum einen fehlt es an dahingehenden Angaben in der Monographie des HMPC, die im Übrigen nicht speziell zu Tees erstellt worden ist, sondern sich allgemein zu Erzeugnissen verhält, die Wirkstoffe aus Sennesblättern enthalten (hierzu zählen u. a. Tabletten, Kapseln, Sirup und Früchtewürfel). Zum anderen kann bei einem Produkt, das nicht zur äußerlichen Anwendung vorgesehen ist, sondern verzehrt werden muss, um Wirkung zu entfalten, naturgemäß nur die aufgenommene Menge an Wirkstoffen eine ‑ pharmakologische oder metabolische ‑ Wirkung entfalten. Schon aus diesem Grund reicht es auch nicht aus, aus den in Zutatenlisten des Herstellers aufgeführten prozentualen Anteilen der einzelnen Zutaten am Gesamtprodukt die Menge an Sennesblättern im Teebeutel auszurechnen, worauf die Bezirksregierung L. in der Ordnungsverfügung abgestellt hat. Anderes kann zwar in Fällen standardisierter Teezubereitungen gelten, d. h. bei Verwendung von Sennesblättern, die einen gleichbleibenden geprüften Wirkstoffgehalt aufweisen. Dies ist vorliegend jedoch auch nach Auffassung der Bezirksregierung L. nicht der Fall. 113Soweit die Bezirksregierung L. weiter geltend macht, die diversen Untersuchungen - auch des I. Landeslabors nach der HPLC-Methode - erfassten nur die Sennoside A und B, maßgeblich seien jedoch alle Sennoside, und mit dieser Begründung von einem ‑ unspezifisch ‑ höheren Wert ausgehen will, ist darauf hinzuweisen, dass dieselbe Unschärfe den in den Monographien ausgewiesenen Werten zugrunde liegen dürfte. Jedenfalls ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass den Monographien Berechnungsmethoden zugrunde liegen, die in der Praxis der Untersuchungsämter und privaten Labore nicht zur Verfügung stehen. Im Übrigen hat sich jedenfalls das Institut für pharmazeutische und angewandte Analytik (InphA, Untersuchung zum Kirschstängeltee vom 11. April 2018) in der Lage gesehen, die Sennosidmessung im Einklang mit der Untersuchungsmethode, die der Monographie des HMPC zugrunde liegt, 114vgl. Assessment report on Senna alexandrina Mill. (Cassia senna L.; Cassia angustifolia Vahl), folium and fructus, S. 21 (Ziffer 2.3), 115photometrisch zu bestimmen. 116c. Belastbare wissenschaftliche Daten, die einen Rückschluss auf eine nennenswerte Beeinflussung der menschlichen physiologischen Funktionen durch Hydroxyanthracenderivate unterhalb einer Wirkstoffmenge von 10 mg zuließen, hat die Bezirksregierung L. nicht benannt; sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Zwar liegt es nahe, dass ein Erzeugnis ‑ wie vom Verwaltungsgericht angenommen - auch „knapp unterhalb“ der Schwelle zur therapeutischen Wirksamkeit eine physiologische Wirkung entfaltet. Abgesehen davon, dass die vage Bezeichnung „knapp unterhalb“ zur Abgrenzung eines Lebensmittels von einem Arzneimittel von vornherein untauglich ist, handelt es sich bei diesem Ansatz um eine bloße Vermutung, die den geforderten Nachweis nicht ersetzen kann. 117Anhaltspunkte für weitere Sachverhaltsermittlungen zu der Frage, ob auch Sennoside in einer Menge, die im derzeit vertriebenen Tee(beutel) der Sorte gemischter Kräutertee vorhanden sind, nennenswerte Auswirkungen auf die physiologischen Funktionen haben, sind nicht erkennbar. In einer solchen Situation ist es auch mit Blick auf die gerichtliche Sachaufklärungspflicht (§§ 86 Abs. 1 Satz 1, 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte, weitere Ermittlungen anzustellen, was hier auf die Durchführung einer klinischen Studie hinauslaufen würde. Die Folge der danach verbleibenden Unerweislichkeit der Arzneimitteleigenschaft des E. G. Tees „gemischter Kräutertee“ trägt im vorliegenden Fall der Untersagung nach § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG das beklagte Land. 118Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2009 ‑ 3 C 5.09 ‑, juris Rn. 17; vgl. auch Urteil vom 7. November 2019 ‑ 3 C 19.18 -, juris Rn. 14 (zu § 54 LFGB). 119Insoweit gilt auch hier der allgemeine Grundsatz, dass derjenige, der aus einer Norm eine ihm günstige Rechtsfolge ableitet, die materielle Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen der Norm ‑ hier namentlich das Vorliegen eines Funktionsarzneimittels - trägt. 1203. Dass Senna in der Anlage 1b der Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel aufgeführt ist, ist entgegen der Auffassung der Bezirksregierung L. ohne Bedeutung für die Frage, ob es sich bei dem Tee um ein (Funktions-) Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. b) der Richtlinie 2001/83/EG handelt. Der Verordnung lässt sich lediglich entnehmen, dass der „Stoff“ Senna (vgl. § 3 Nr. 2 AMG) Arzneimittel sein kann; es lässt sich aber aus dieser Verordnung nicht schließen, dass Präparate, die die in Anlage 1b der Verordnung genannten Stoffe enthalten, schon deshalb Arzneimittel wären. Sie sind es trotz dieser Stoffe nicht, wenn sie nicht zu den in § 2 Abs. 1 AMG genannten Zwecken bestimmt sind oder sonst die Voraussetzungen des § 2 AMG erfüllen. Der Begriff des Arzneimittels ist in dem ermächtigenden Arzneimittelgesetz (vgl. § 48 Abs. 2 AMG) definiert und wird in der Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln vorausgesetzt. 121Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1994 ‑ 3 C 2.93 ‑, juris Rn. 40. 122Ein anderes Verständnis wäre zudem mit dem Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. b) der Richtlinie 2001/83/EG nicht zu vereinbaren. Denn der Anlage 1b der Verordnung unterfallen die dort aufgeführten Pflanzen dosisunabhängig und damit ungeachtet des Umstandes, ob und in welcher Menge sie tatsächlich nennenswert auf die menschlichen physiologischen Funktionen einwirken. 1234. Ist danach nicht von einer nennenswerten Beeinflussung der physiologischen Funktionen durch den gemischten Kräutertee in der bestimmungsgemäßen Dosierung auszugehen, kommt den von der Bezirksregierung L. angeführten möglichen Gesundheitsrisiken für die Frage der Arzneimitteleigenschaft keine Relevanz zu. Diese haben erst bei Vorliegen der notwendigen Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels im Rahmen der dann gebotenen Gesamtbetrachtung Bedeutung. 124Der Senat weist allerdings darauf hin, dass bei Erreichen der Schwelle von 10 mg Sennosiden im Teeaufguss die Gesamtbetrachtung anhand aller über die Zusammensetzung und Wirkung hinausgehenden weiteren Merkmale des Erzeugnisses, insbesondere der Modalitäten seines Gebrauchs, den Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei Verbrauchern und die Risiken, die seine Verwendung mit sich bringen kann, dazu führen dürfte, dass ein Arzneimittel vorliegt. 125Insoweit ist im Hinblick auf die Modalitäten des Gebrauchs, den Umfang der Verbreitung von Sennesblättern und deren Bekanntheit bei Verbrauchern maßgeblich, dass weder vorgetragen noch erkennbar ist, dass Sennesblätter als Lebensmittel verzehrt werden bzw. dem Verbraucher als Lebensmittel bekannt sind. Sie gehören vielmehr zu den am häufigsten gebrauchten pflanzlichen Abführmitteln (vgl. Wichtl, Teedrogen und Phytopharmaka, 6. Aufl. 2016, S. 605) und sind in Deutschland seit Jahrzehnten als Arzneimittel bekannt (siehe auch BVerwG, Urteil vom 16. Februar 1971 ‑ I C 25.66 ‑, juris). Die Darreichungsform entsprechender Präparate umfasst neben Tabletten, Kapseln, Sirup und Früchtewürfeln insbesondere Tees, die von zahlreichen Firmen angeboten werden. Vor diesem Hintergrund lässt der Umstand, dass es sich bei den Produkten um Tees handelt, nicht den Schluss zu, der Verbraucher erwarte allein aufgrund der Darreichungsform ein Lebensmittel. 126Anders als bei Erzeugnissen im Grenzbereich zwischen Lebens- bzw. Nahrungsergänzungsmittel und Arzneimittel dürfte etwaigen Gesundheitsrisiken bei einem therapeutisch wirksamen Produkt kein maßgebliches Gewicht zukommen. Darüber hinaus ist auf der Grundlage der bereits genannten wissenschaftlichen Quellen (insbesondere des Assessment reports des HMPC, der Monographie der WHO und des Bescheids des BfArM vom 21. Juni 1996) nicht ersichtlich, dass von derartigen Tees bei bestimmungsgemäßem Gebrauch keine Gefahren für die Gesundheit ausgehen. Zusammengenommen folgt aus diesen Angaben, dass sennesblätterhaltige Präparate sowohl von Kindern jedenfalls unter 10 Jahren als auch von Schwangeren und Stillenden (vorbehaltlich abweichender ärztlicher Einschätzung) nicht eingenommen werden dürfen. Zudem sind die Erzeugnisse kontraindiziert bei Darmverschluss, akut-entzündlichen Erkrankungen des Darms, abdominalen Schmerzen unbekannter Ursache und weiteren Erkrankungen. Die zahlreichen Gegenanzeigen belegen, dass die Wirkstoffe in derartigen Tees auch bei Einhaltung der Dosisangabe nicht gesundheitlich unbedenklich sind, sondern ‑ wenn auch nur für bestimmte Personenkreise ‑ potentiell mit Gefahren für die Gesundheit verbunden sind. Dass diesen Gesundheitsgefahren durch Warnhinweise auf lebensmittelrechtlicher Grundlage (vgl. Art. 14 Abs. 3 Buchst. b) der Verordnung Nr. 178/2002/EG) ausreichend begegnet werden könnte, erscheint zweifelhaft. 127Von dem Vorstehenden ausgehend ist auch die auf die §§ 55 Abs. 1, 60 und 63 VwVG NRW gestützte und auf den allein noch streitigen gemischten Kräutertee bezogene Zwangsgeldandrohung rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. 128Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO. Soweit gemäß § 161 Abs. 2 VwGO über die Kosten des erledigten Teils des Verfahrens (fünf Teesorten) nach billigem Ermessen zu entscheiden ist, ist es sachgerecht, dem Kläger hinsichtlich des Tees der Sorte Kirschstängel und dem beklagen Land hinsichtlich der übrigen vier Teesorten die Kosten aufzuerlegen. Für den Kirschstängeltee weist der Untersuchungsbericht des InPhA vom 11. April 2018 einen Wert von 17,7 mg Hydroxyanthracenglykoside aus, der deutlich über der Schwelle der therapeutischen Wirksamkeit liegt und bei dem nach dem Vorstehenden auch eine Gesamtbetrachtung voraussichtlich zu keiner abweichenden Beurteilung der Arzneimitteleigenschaft geführt hätte. Hinsichtlich der anderen Tees wiederum wiesen sämtliche vorgelegten Untersuchungsberichte entweder Werte im Aufguss oder im Beutel unter 10 mg oder im Beutel knapp oberhalb der Grenze von 10 mg auf, die jedoch keinen sicheren Schluss auf die im Aufguss befindliche Menge zuließen. 129Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 130Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
das verfahren wird eingestellt, soweit es von den beteiligten übereinstimmend in der hauptsache für erledigt erklärt worden ist. insoweit ist das angegriffene urteil wirkungslos. das angefochtene urteil wird geändert. die ordnungsverfügung der bezirksregierung l. vom 16. juli 2015 wird aufgehoben, soweit sie den tee der sorte „gemischter kräutertee" betrifft. von den kosten des verfahrens in beiden instanzen trägt der kläger 1/6 und das beklagte land 5/6. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der jeweilige vollstreckungsschuldner darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1
2der kläger ist ein großhändler für türkische lebensmittel. die beteiligten streiten über die rechtmäßigkeit einer verfügung der bezirksregierung l. , mit der ihm das inverkehrbringen von tees der marke e. mit der bezeichnung „g. “ in sechs verschiedenen sorten mit der begründung untersagt worden ist, es handele sich um zulassungspflichtige, jedoch nicht zugelassene arzneimittel. die tees befinden sich in einzeln kuvertierten beuteln mit je 2 g der jeweiligen teemischung. 3mit schreiben vom 1. august 2012 übersandte das regierungspräsidium e. der bezirksregierung l. mehrere im rahmen der amtlichen lebensmittelüberwachung gefertigte untersuchungsberichte des i. landeslabors vom 20. und 21. juni 2012 betreffend tees der marke e. mit dem hinweis, die mit dem zusatz „g. “ bezeichneten tees würden wegen des gehalts an sennesblättern als nicht zugelassene arzneimittel eingestuft, und der bitte um prüfung, ob dem lieferanten, der firma p. -c. c1. & p1. gbr, das inverkehrbringen untersagt werde. 4gegenstand des prüfberichtes nr. 123008951 vom 20. juni 2012 ist ein als e. g. maydanozlu limonlu (im folgenden: petersilie /zitrone) bezeichneter tee. untersucht wurde der gehalt an sennosiden in der probe sowie im verzehrfertigen getränk. die gehaltsbestimmung erfolgte nach den angaben im untersuchungsbericht jeweils nach der hplc-methode (= hochleistungsdünnschichtchromatographie). die gehaltsbestimmung ergab für die probe berechnet auf 100 g insgesamt 496 mg (= 4,96 mg je 1 g teemischung) sennoside. für das fertige getränk wurde ein anteil von insgesamt 8,5 mg sennosiden ermittelt. 5der prüfbericht nr. 123010952 vom 21. juni 2012 betrifft den „e. g. mixed herbal tea“ (im folgenden: gemischter kräutertee). mindesthaltbarkeitsdatum (mhd) ist der 25. juli 2013. die zutaten sind laut prüfbericht: sennesblätter, anis, (...) und kirschstängel. die gehaltsmessung ergab für die probe jeweils bezogen auf 100 g einen anteil von insgesamt 919 mg sennosiden (= 9,19 mg je 1 g teemischung) und für das fertige getränk insgesamt 12,5 mg. 6der prüfbericht nr. 123010949 vom gleichen tag betrifft den gemischten kräutertee (mhd 27. februar 2014). dessen zutaten sind kirschstängel, sennesblätter, anis (...). die gehaltsmessung ergab für die probe jeweils bezogen auf 100 g einen anteil von insgesamt 303 mg sennosiden (= 3,03 mg je 1 g teemischung) und für das fertige getränk insgesamt 6 mg. 7mit schreiben vom 8. august 2012 teilte die bezirksregierung l. dem kläger mit, dass der tee e. g. petersilie/zitrone einen zu hohen anteil an sennesblättern (sennosid-gehalt) aufweise und daher als nicht zugelassenes arzneimittel eingestuft werde, und hörte ihn zu einer beabsichtigten maßnahme nach § 69 abs. 1 satz 2 nr. 1 amg an. mit an den prozessbevollmächtigten des klägers gerichtetem weiteren schreiben vom 19. november 2012 gab sie ergänzend an, bei dem fraglichen tee sei ein gehalt von 12,5 mg sennosiden je beutel ermittelt worden. da die aufbereitungsmonographie der kommission e eine tagesdosis von 20-60 mg sennosiden empfehle, sei schon beim verzehr von zwei tassen von einer pharmakologischen wirkung auszugehen. ein solcher tee dürfe weder bei darmverschluss noch bei akut entzündlichen erkrankungen des darms oder bei kindern angewendet werden. um den tee weiter vertreiben zu dürfen, müsse sichergestellt werden, dass die tagesdosis von 20 mg nicht überschritten werde. es gebe jedoch keine warnhinweise oder dosisbeschränkungen auf dem produkt. 8nachdem die stadt h. die bezirksregierung l. mit schreiben vom 22. november 2012 darüber informiert hatte, dass sie einer in f. ansässigen firma das inverkehrbringen von sennesblätterhaltigen g. -tees der marke e. (kräutertee, tee mit aprikose und tee mit zitrone) untersagt habe, weil dieser pflanzenbestandteil apothekenpflichtig sei und die produkte zudem als arzneimittel eingestuft würden, bat die bezirksregierung l. den kläger mit schreiben vom 5. dezember 2012 unter wiederholung ihrer ausführungen aus dem schreiben vom 19. november 2012 hinsichtlich der tees e. g. mit aprikose, e. g. petersilie/zitrone und e. g. gemischter kräutertee um stellungnahme. 9mit schriftsatz vom 18. dezember 2012 teilte der prozessbevollmächtigte des klägers unter bezugnahme auf das schreiben der bezirksregierung l. vom 19. november 2012 mit, dass beabsichtigt sei, auf den tee ‑ laut der betreffzeile des schriftsatzes handelte es sich um den gemischten kräutertee ‑ den hinweis aufzubringen: „der tee darf weder bei darmverschluss noch bei akut entzündlichen erkrankungen des darms oder bei kindern angewendet werden. es wird darauf hingewiesen, dass nur ein teebeutel pro tag verzehrt werden darf.“ die bezirksregierung l. bestätigte daraufhin unter dem 20. dezember 2012, dass in diesem fall aus arzneimittelrechtlicher sicht keine bedenken mehr bestünden. 10mit schreiben vom 10. januar 2013 wies die bezirksregierung l. den kläger darauf hin, dass noch keine stellungnahme zu ihrem schreiben vom 5. dezember 2012 erfolgt sei und der verkauf der in diesem schreiben genannten teezubereitungen daher sofort einzustellen sei. der prozessbevollmächtigte des klägers teilte daraufhin mit, dass der tee in der beanstandeten g. nicht weiter vertrieben werde. 11anfang 2015 bat die bezirksregierung l. den kläger zunächst um zusendung der original-verpackungen von insgesamt sechs g. -tees und mit weiterem schreiben vom 5. märz 2015 um listen mit genauen mengenangaben der jeweiligen zutaten für jede sorte e. g. tee, der sennesblätter enthalte und den der kläger vertreibe. hierzu teilte der kläger mit, die zusammensetzung der tees sei nach angaben des in der türkei ansässigen herstellers seit dem jahre 2012 gleich geblieben und lägen der bezirksregierung l. daher vor. auf die mitteilung der bezirksregierung l. , dass sie über keine mengenangaben verfüge, reichte der kläger entsprechende listen für die tees aprikose, erdbeere, petersilie/zitrone, maistroddeln/maisseide, kirschstängel und gemischter kräutertee ein. diese weisen die zutat sennesblätter jeweils als hauptzutat aus; der prozentuale anteil schwankt je nach teesorte zwischen 30 % und 49,5 %. 12mit schreiben vom 28. mai 2015 hörte die bezirksregierung l. den kläger zu der beabsichtigten untersagung des inverkehrbringens aller sechs teesorten an. zur begründung führte sie aus, nach der standardzulassung liege die empfohlene tagesdosis bei 0,75 g sennesblättern. da die tees zwischen 0,6 g und 0,99 g sennesblätter je teebeutel enthielten, sei beim vorhersehbaren verzehr von einer pharmakologischen wirkung auszugehen. zudem seien sennesblätter apothekenpflichtig. in einem nachfolgenden telefonat teilte die ehefrau des klägers mit, dass sie die zwei teesorten ‑ maistroddeln und kirschstängel ‑ mit einem anteil von über 0,75 g nicht weiter vertreiben würden und bat um mitteilung, ob die übrigen vier teesorten weiterhin verkauft werden dürften. mit schreiben vom 4. juni 2015 gab sie ergänzend an, mit dem produzenten in der türkei zu besprechen, dass der anteil an sennesblättern in den sorten maistroddeln und kirschstängel angepasst werde. 13unter dem 3. juni 2015 bat die bezirksregierung l. das bundesinstitut für arzneimittel und n. um informationen, ab welchem anteil sennesblätter eine pharmakologische wirkung erzielen würden und ab welchem anteil diese apothekenpflichtig seien. mit mail vom 23. juni 2015 teilte das bfarm mit, sennesblätter seien unabhängig von ihrer dosierung apothekenpflichtig, und wies darauf hin, dass nach dem urteil des verwaltungsgerichts l. vom 28. april 2015 ‑ 7 k 395/13 ‑ eine pharmakologische wirkung ab einer schwelle von 80% unterhalb der grenze zur therapeutischen wirksamkeit einsetze. 14mit bescheid vom 16. juli 2015 untersagte die bezirksregierung l. dem kläger gestützt auf § 69 abs. 1 satz 1 (und 2) nr. 1 i. v. m. § 21 abs. 1 amg das inverkehrbringen der tees e. g. in den sorten aprikose, erdbeere, petersilie/zitrone, maistroddeln/maisseide, kirschstängel und gemischter kräutertee und drohte ihm für den fall der zuwiderhandlung ein zwangsgeld in höhe von 5.000,- eur pro zuwiderhandlung an. 15zur begründung führte sie aus, bei den tees handele es sich um funktionsarzneimittel. sennesblätter gehörten zu den am häufigsten gebrauchten pflanzlichen abführmitteln zur kurzfristigen anwendung bei obstipation. eine ernährungs- oder genussfunktion sei hingegen nicht belegt, eine verwendung in lebensmitteln nicht bekannt. nach dem derzeitigen stand der wissenschaftlichen erkenntnisse beeinflusse der in den tees vorhandene gehalt an sennesblättern die körperfunktionen mittels pharmakologischer wirkung. senna gelte gemäß der anlage 1b zu § 7 abs. 1 nr. 2 und § 8 abs. 1 nr. 2 der verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche arzneimittel unabhängig von der dosierung als apothekenpflichtig und sei daher vom verkehr außerhalb der apotheke ausgeschlossen. die nach standardzulassung empfohlene tagesdosis zur erzielung der erwünschten abführenden wirkung betrage 0,75 mg sennesblätter. gemäß der aufbereitungsmonographie der kommission e des bundesgesundheitsamts „senna“ betrage die empfohlene mittlere tagesdosis 20-60 mg sennoside. ein typischer sennesblätter-haltiger abführtee enthalte als arzneilich wirksamen bestandteil 500-600 mg sennesblätter pro filterbeutel und sei auf einen hydroxyanthracenderivat-gehalt von 15 mg pro filterbeutel eingestellt. nach der rechtsprechung des verwaltungsgerichts l. sei eine pharmakologische wirkung eines produkts belegt, wenn dieses unterhalb der therapeutischen wirksamkeitsschwelle dosiert werde. denn die pharmakologische wirkung setze nicht abrupt erst mit beginn der therapeutischen wirksamkeit ein. in der regel steige die wirkung eines arzneimittels mit zunehmender dosis an. ausgehend von einer schwelle von 80% von 0,75 g sennesblättern werde auch einer dosis von 0,6 g pharmakologische wirkung zugesprochen. dies betreffe alle tees, da diese einen anteil von 0,6 bis 0,99 g sennesblätter enthielten. dass die tees nennenswerte pharmakologische wirkungen besäßen, werde letztlich auch durch den von dem kläger aufgebrachten warnhinweis auf der verpackung bejaht, der andernfalls überflüssig wäre. 16der kläger sei als verantwortlicher inverkehrbringer im sinne des § 4 abs. 17 amg auch der richtige adressat der untersagungsverfügung. diese entspreche dem grundsatz pflichtgemäßen ermessens. der vorrang arzneimittelrechtlicher vorschriften (zweifelsfallregelung) und die grundsätzlich von ohne die erforderliche zulassung in den verkehr gebrachten arzneimitteln ausgehende gefahr seien bei der ermessensausübung berücksichtigt worden. die maßnahme sei auch verhältnismäßig. insbesondere werde der kläger nicht über gebühr beeinträchtigt, da er lediglich arzneimittel ohne zulassung nicht mehr in den verkehr bringen dürfe. 17der kläger hat am 7. august 2015 klage erhoben. zur begründung hat er geltend gemacht, der anteil an sennesblättern im tee lasse keinen schluss auf eine arzneimitteleigenschaft zu, da diese nicht verzehrt würden. maßgeblich sei allein die konzentration von sennosiden im fertigen teeprodukt (aufguss). eine physiologische funktion durch eine pharmakologische oder metabolische wirkung habe der tee nicht. aus dem warnhinweis auf der verpackung folge nichts anderes. dieser sei ausschließlich auf veranlassung der bezirksregierung l. aufgebracht worden, ohne dass zuvor abschließende untersuchungen erfolgt seien. die bezirksregierung sei daher gehalten gewesen, gutachten zur sennosid-konzentration im teeaufguss einzuholen. die eigenschaft als lebensmittel im sinne von § 1 lmbg folge im übrigen bereits daraus, dass die tees als genussmittel in den verkehr gebracht würden. denn entscheidend für die einordnung eines produkts als arzneimittel oder als lebensmittel sei seine an objektive merkmale anknüpfende überwiegende zweckbestimmung, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen durchschnittsverbraucher darstelle. die eigenschaft als genussmittel werde hier dadurch belegt, dass sechs verschiedene geschmacksrichtungen angeboten würden und die tees vielzählige weitere bestandteile wie wacholder und hagebutte enthielten. für vier tee-sorten seien keine gutachten eingeholt worden. aufgrund der unterschiedlichen zusammensetzung der tees seien rückschlüsse von den untersuchten tees auf die anderen sorten nicht zulässig. das urteil des verwaltungsgerichts l. vom 28. april 2015 ‑ 7 k 395/13 ‑ sei nicht auf den vorliegenden fall übertragbar. zum einen liege hier der ermittelte wert nicht nur knapp unterhalb der empfohlenen menge, zum anderen folge schon aus der genannten entscheidung, dass eine teezubereitung mit dem einsatz von extrakten nicht vergleichbar sei. 18der kläger hat beantragt, 19die ordnungsverfügung der bezirksregierung l. vom 16. juli 2015 aufzuheben. 20das beklagte land hat beantragt, 21die klage abzuweisen. 22zur begründung hat die bezirksregierung l. über die ausführungen im bescheid hinaus vorgetragen, an der damaligen einschätzung, es bestünden aus arzneimittelrechtlicher sicht keine bedenken gegen das inverkehrbringen der tees, sofern diese mit einem warnhinweis zu gegenanzeigen bei bestimmten darmerkrankungen und zur anwendung bei kindern gekennzeichnet seien, werde aufgrund des urteils des verwaltungsgerichts l. vom 28. april 2015 ‑ 7 k 395/13 ‑ nicht festgehalten. diese kennzeichnung mache aus einem arzneimittel kein lebensmittel. da der kläger der kennzeichnung zugestimmt habe, gehe offenbar auch er von einem gewissen gesundheitlichen risiko aus und spreche dem präparat damit indirekt eine pharmakologische wirksamkeit zu. es werde davon ausgegangen, dass die gutachten des i. landeslabors noch aktuell seien, weil der kläger mitgeteilt habe, dass die zusammensetzung der tees seit 2012 unverändert sei. in den gutachten sei auch der sennosidgehalt im fertigen tee aufgeführt. auf diesen stütze sich der bescheid. es bestehe kein zweifel daran, dass der sennosidgehalt im fertigen tee geringer sei als in der unzubereiteten droge. nach der monographie der kommission e betrage die empfohlene mittlere tagesdosis 20-60 mg sennoside. der nach den gutachten ermittelte gehalt an sennosiden im aufguss liege zwar unter der tagesdosis der monographie. bei einem als lebensmittel deklarierten, für den verbraucher harmlos erscheinenden produkt sei jedoch nicht auszuschließen, dass die empfohlene tagesmenge überschritten werde. die pharmakologische wirksamkeit setze zudem nicht abrupt erst mit beginn der therapeutischen wirksamkeit ein. außerdem sei nicht auszuschließen, dass die tees von kindern unter 10 jahren verzehrt würden. bei einem langfristigen verzehr sei mit einem erhöhten kaliumverlust zu rechnen, der zur verstärkung einer darmträgheit führen könne. dieser effekt werde bei einnahme bestimmter medikamente, z. b. diuretika, die von einer nicht unerheblichen anzahl der verbraucher eingenommen würden, noch verstärkt. der kaliummangel könne sich in schwindel, müdigkeit, kopfschmerzen oder übelkeit manifestieren, möglich seien auch muskelkrämpfe, lähmungserscheinungen und kreislaufprobleme. ein ausgeprägter kaliummangel könne in herzrhythmusstörungen münden. nach der monographie der kommission e sei aufgrund fehlender toxikologischer untersuchungen ein verzehr durch schwangere und stillende zu unterlassen. aus diesen gründen und zum schutz der verbraucher sei eine abgabe über apotheken dringend erforderlich, um eine beratung hinsichtlich der nebenwirkungen, kontraindikationen und wechselwirkungen mit anderen medikamenten sicherzustellen. in der stoffliste des bundes und der länder würden sennesblätter als arzneistoff geführt und aufgrund bekannter risiken nicht für eine verwendung in lebensmitteln empfohlen. die tees würden in türkischen supermärkten gemeinhin als schlankheitstees angepriesen; der verbraucher sehe sie daher als produkte an, die einen unerwünschten körperlichen zustand bekämpften. dass die tees in verschiedenen geschmacksrichtungen angeboten würden, rechtfertige nicht ihre einordnung als genussmittel. gerade im bereich der abführmittel treffe dies auch auf arzneimittel zu. 23das verwaltungsgericht hat die klage mit dem angefochtenen urteil abgewiesen. zur begründung hat es ausgeführt, die streitgegenständlichen teemischungen seien funktionsarzneimittel im sinne des § 2 abs. 1 nr. 2 lit a) amg. denn die ‑ in unterschiedlichen anteilen zwischen 30 % und 49,5 % - enthaltenen blätter der senna-pflanze seien gemeinhin ein stoff, der im menschlichen körper angewendet werde, um die physiologischen funktionen durch eine pharmakologische oder metabolische wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen. sennesblätter zählten zu den am häufigsten gebrauchten pflanzlichen abführmitteln. dies finde seinen ausdruck in der standardzulassung 7399.99.99 des bfarm, die teezubereitungen aus sennesblättern diesem anwendungsgebiet zuweise. die prüfung u. a. der wirksamkeit sei bei einer standardzulassung antizipiert. dies schließe als notwendige voraussetzung die arzneimitteleigenschaft des stoffs ein. die standardzulassung fuße ihrerseits auf der monographie der kommission e vom 21. juli 1993, die sennesblättern, bestehend aus den getrockneten fiederblättchen von cassia senna linné, das anwendungsgebiet „obstipation“ zuweise. zu den pharmakologischen eigenschaften verweise die monographie auf laxierende effekte der sennoside bzw. deren aktiver metaboliten im dickdarm, vorwiegend aufgrund einer beeinflussung der colonmotilität im sinne einer hemmung der stationären und einer stimulierung der propulsiven kontraktionen. unterstrichen werde die pharmazeutische verwendung des stoffs durch seine apothekenpflicht gemäß anlage 1b zu § 7 abs. 1 nr. 2 und § 8 abs. 1 nr. 2 der verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche arzneimittel. dem stünden nicht ansatzweise anhaltspunkte für eine verwendung von senna als lebens- und genussmittel gegenüber. daher sei eine prüfung, ob die wirkungen der streitigen produkte nicht über diejenigen hinausgingen, die ein in angemessener menge verzehrtes lebensmittel aufweise, nicht möglich. 24die annahme einer pharmakologischen wirkung der tees werde auch nicht dadurch relativiert, dass ausweislich der ergebnisse des i. landeslabors die tees sennosid-gehalte im aufguss zwischen 8,5 mg und 12,5 mg aufwiesen und damit unter der tagesdosis der monographie der kommission e von 20-30 mg lägen. zum einen schwankten die in den wissenschaftlichen quellen genannten dosen und lägen teils unter denen der monographie von 1993. so beschrieben die neueren europäischen hmpc- und escop-monographien dosierungen zwischen 15 bis 30 mg hydroxyanthracenderivate (berechnet als sennosid b), die who-monographie gar nur 10-30 mg. auch könne die dosierung durch den anwender problemlos erhöht werden. gerade die darreichung mittels teebeutel lade hierzu ein. zum anderen sei ein beleg therapeutischer wirksamkeit keine voraussetzung für die einstufung als funktionsarzneimittel. fehle der nachweis therapeutischer wirksamkeit unterhalb einer bestimmten dosisschwelle, sei die annahme eines funktionsarzneimittels keineswegs ausgeschlossen. werde ein stoff mit nachgewiesenen arzneimitteltypischen funktionen knapp unterhalb der therapeutischen wirksamkeitsschwelle dosiert, spreche eine vermutung dafür, dass auch dieses erzeugnis eine pharmakologische wirkung aufweise. denn diese setze nicht abrupt erst mit beginn der therapeutischen wirksamkeit ein, sondern sei schon unterhalb dieser schwelle vorhanden. in der regel steige die wirkung eines arzneimittels mit zunehmender dosis an, wobei erst an einem bestimmten punkt die schwelle zum therapeutischen erfolg überschritten sei (dosis-wirkungs-beziehung). dass das produkt bereits pharmakologische wirkungen mit einem nennenswerten einfluss auf die physiologischen funktionen besäße, gestehe der kläger letztlich selbst zu, indem er eine notwendigkeit für den aufgenommenen warnhinweis bejaht und die tagesdosis zu beschränken gesucht habe. unerheblich sei in diesem zusammenhang, dass die hinweise letztlich auf die intervention der bezirksregierung zurückgegangen seien. dies habe auf der annahme einer gleichsetzung von wirksamkeit und pharmakologischer wirkung beruht, die rechtlich so nicht zutreffe. wer daher mittel mit arzneimitteltypischer funktion auf den markt bringe und dabei die dosierung geringfügig unter die einer belegten therapeutischen wirkung setze, müsse den anschein pharmakologischer wirkung entkräften, wenn er sein produkt ohne zulassung vertreiben wolle. die arzneimittelüberwachungsbehörde sei in einem derartigen fall nicht gehalten, daten über die pharmakologische wirkung in beliebigen bereichen unterhalb der wirksamkeitsschwelle zu generieren. diese stünden naturgemäß nicht zur verfügung. daten über ein produkt zu liefern, sei in erster linie sache des inverkehrbringers. der einordnung als funktionsarzneimittel stehe nicht entgegen, dass der kläger dem produkt keine therapeutische, sondern nur genussfunktion beimesse. als arzneimittel schieden nur solche produkte aus, die sich auf eine schlichte beeinflussung der physiologischen funktionen beschränkten, ohne dass sie geeignet wären, der menschlichen gesundheit zuträglich zu sein, wie etwa drogen. 25der bezirksregierung l. habe kein ermessen zugestanden, von einem eingreifen abzusehen, da das unerlaubte inverkehrbringen von arzneimitteln nach § 96 nr. 5 amg ein straftatbestand sei. der kläger sei als großhändler, der die tees im sinne des § 4 abs. 17 amg in verkehr bringe, auch richtiger adressat der ordnungsverfügung. 26gegen dieses urteil hat der kläger fristgerecht die zulassung der berufung beantragt. mit beschluss vom 19. februar 2019 hat der vormals zuständige 13. senat die berufung nach § 124 abs. 2 nr. 2 vwgo zugelassen. 27zur begründung der berufung macht der kläger geltend, die bezirksregierung l. gehe unter zugrundelegung der in den zutatenlisten des herstellers aufgeführten prozentualen anteile der einzelnen zutaten am gesamtprodukt von der menge an sennesblättern im teebeutel aus. maßgeblich sei jedoch die konzentration an sennosiden im fertigen teeaufguss. diese liege nach den gutachten des i. landeslabors jedoch unter den von wissenschaftlichen quellen genannten werten von 20-30 mg oder 15-30 mg. dies treffe auch auf die zwischenzeitlich vom chemischen- und veterinäruntersuchungsamt (cvua) rhein-ruhr-wupper (rrw) untersuchten tees der sorten gemischter kräutertee und petersilie/zitrone zu, deren lieferant er sei. bei dem ferner untersuchten tee maishaar handele es sich um einen völlig anderen tee, der von ihm nicht vertrieben werde. werde die therapeutische wirksamkeitsschwelle nicht erreicht, könne nicht von einer pharmakologischen wirkung ausgegangen werden. nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts setze die einordnung eines produkts als arzneimittel voraus, dass die ihm zugeschriebenen wirkungen durch belastbare wissenschaftliche erkenntnisse belegt seien. hierfür trage die bezirksregierung die darlegungs- und beweislast, da sie sich auf eine norm der eingriffsverwaltung stütze. belastbare wissenschaftliche erkenntnisse habe diese jedoch nicht benannt. für die einstufung als arzneimittel sei unerheblich, dass der anwender die dosis problemlos erhöhen könne. eine möglicherweise uferlose anwendung durch den verbraucher könne nicht maßstab für den eingriff in die berufsfreiheit sein, zumal eine damit einhergehende gefährdung auf viele lebensmittel zutreffe. die annahme des verwaltungsgerichts, er gestehe mit dem aufdruck eines warnhinweises selbst zu, dass die tees pharmakologische wirkungen hätten, übersehe, dass auch auf anderen lebensmitteln, etwa energydrinks oder solchen mit einer phenylalaninquelle, warnhinweise aufgebracht seien. außerdem sei maßgeblich die konkrete zusammensetzung der tees, die aus wesentlich mehr stoffen als aus sennesblättern bestünden. dass die teemischungen neben anderem zwischen 30 und 49,5 % sennesblätter enthielten, mache deutlich, dass die aufnahme von sennosiden aus den sennesblättern ebenso unspezifisch sei wie dies bei lebensmitteln der fall sei. es gehe nicht um eine steuerungsfunktion von außen. die bezirksregierung habe schließlich das ihr durch § 69 abs. 1 amg eröffnete entschließungsermessen nicht erkannt. die auffassung des verwaltungsgerichts, der behörde komme angesichts der strafbarkeit des inverkehrbringens nicht zugelassener arzneimittel nach § 96 nr. 5 amg ein ermessen, von einem eingreifen abzusehen, grundsätzlich nicht zu, verstoße gegen die gewaltenteilung. die untersagung des inverkehrbringens sei unverhältnismäßig. ein ggf. auch weiter konkretisierter warnhinweis sei ausreichend und genüge auch bei anderen lebensmitteln, insbesondere energydrinks. die untersagung des vertriebs eines gesamten teesortiments komme zudem einer berufswahlregelung nahe. die zwangsgeldandrohung sei unbestimmt. ein zwangsgeld sei für den fall der zuwiderhandlung angedroht worden. es sei jedoch nicht konkretisiert worden, wann ein einzelner fall eines solchen verstoßes vorliegen solle. 28in der berufungsverhandlung haben die beteiligten übereinstimmend den rechtsstreit in der hauptsache für erledigt erklärt, soweit die ordnungsverfügung sich bezieht auf die teesorten kirschstängel, erdbeere, maistroddeln, aprikose und petersilie/zitrone. 29der kläger beantragt, 30das angefochtene urteil zu ändern und die verfügung der bezirksregierung l. vom 16. juli 2015 aufzuheben, soweit gegenstand der tee der sorte „gemischter kräutertee“ ist. 31das beklagte land beantragt, 32die berufung zurückzuweisen. 33die bezirksregierung l. macht geltend, sie habe nicht vom gewicht der sennesblätter auf den sennosidgehalt geschlossen, sondern den sennosidgehalt im teeaufguss entsprechend den prüfberichten des i. landeslabors zugrunde gelegt. für die wirkung relevant seien nicht die einzelnen sennoside a bis f, sondern das gemisch aus verschiedenen hydroxyanthracenderivaten. die sennoside a und b besäßen in der regel den höchsten anteil an den gesamthydroxyanthracenglykosiden. unter einbeziehung aller sennoside dürfte der anteil an wirksamen bestandteilen im tee höher sein als der vom i. landeslabor gemessene. die wirkstoffbestimmung durch das i1. landeslabor nach der hplc-methode entspreche der aktuellen monographie des europäischen arzneibuchs, in der der gehalt an gesamthydroxyanthracenglykosiden im vergleich zur vorhergehenden ausgabe, bei der die gehaltsbestimmung photometrisch erfolgt sei, von mindestens 2,5 % auf mindestens 2,0 % in der getrockneten droge gesenkt worden sei. die bekannten dosierangaben bezögen sich allerdings auf den gehalt an hydroxyanthracenglykosiden in der eingesetzten drogenmenge (teebeutel), nicht aber auf den gehalt im zubereiteten tee. außerdem gehe es zulasten des klägers, dass er den sennosidgehalt in den von ihm vertriebenen teemischungen nicht verlässlich angeben könne. 34die beteiligten haben im verlauf des zweitinstanzlichen verfahrens diverse untersuchungsberichte zu den tees eingereicht. 35ein an den landrat des kreises v. gerichteter prüfbericht des cvua rrw vom 18. juli 2019 (prüfbericht nr. 2019-8320208) betrifft den tee gemischter kräutertee (mhd 21. juni 2020). die quantifizierung der sennoside erfolgte mittels hochauflösender massenspektrometrie (lc-orbitrap-ms) und ergab für sennosid b einen wert von 1,58 (+/- 0,24) mg und für sennosid a von 1,28 (+/- 0,19) mg je gramm teemischung. ein teebeutel von 2 g gewicht enthält dem bericht nach daher 5,72 mg sennoside (addition der einzelwerte x 2). ferner weist der bericht darauf hin, dass eine eindeutige zuordnung weiterer peaks im chromatogramm zu weiteren sennosiden und anderen anthrachinonderivaten ohne geeignete referenzsubstanzen nicht möglich sei und daher in der vorliegenden probe von einem höheren hydroxyanthracenderivat-gehalt auszugehen sei. 36der an die stadt l. gerichtete, in gleicher weise erstellte prüfbericht des cvua rrw vom 8. juni 2022 (nr. 2022-7200167) betrifft den tee gemischter kräutertee (mhd 25. oktober 2024) und weist für den teebeutel einen gesamtwert von 2,6 mg sennosiden aus. 37wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie des beigezogenen verwaltungsvorgangs der bezirksregierung l. bezug genommen. 38
39das verfahren wird in entsprechender anwendung des § 92 abs. 3 satz 1 vwgo eingestellt, soweit die beteiligten den rechtsstreit übereinstimmend für in der hauptsache erledigt erklärt haben. die teilweise wirkungslosigkeit des erstinstanzlichen urteils ergibt sich aus § 173 vwgo i. v. m. § 269 abs. 3 satz 1 zpo. 40im noch anhängigen umfang hat die berufung des klägers erfolg. die klage ist insoweit zulässig und begründet. 41die ordnungsverfügung der bezirksregierung l. vom 16. juli 2015 ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten, soweit dem kläger unter entsprechender zwangsgeldandrohung das inverkehrbringen des tees e. g. gemischter kräutertee untersagt worden ist (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 42rechtsgrundlage der angefochtenen ordnungsverfügung ist § 69 abs. 1 satz 1 und satz 2 nr. 1 amg. maßgeblich für die rechtliche beurteilung ist die sach- und rechtslage im zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung. denn die untersagungsverfügung stellt ihrem inhalt nach einen dauerverwaltungsakt dar, da sie sich nicht in dem verlangen eines einmaligen tuns oder unterlassens erschöpft. bei der beurteilung derartiger dauerverwaltungsakte haben die gerichte die sach- und rechtslage im zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung zugrunde zu legen, wenn ‑ wie hier ‑ das materielle recht nichts abweichendes bestimmt. 43vgl. bverwg, urteile vom 19. september 2013 ‑ 3 c 15.12 ‑, juris rn. 9, und vom 22. januar 1998 ‑ 3 c 6.97 -, juris rn. 18; ovg nrw, beschluss vom 25. september 2013 ‑ 13 a 523/11 ‑, juris rn. 24; nds. ovg, urteil vom 23. märz 2006 ‑ 11 lc 180/05 ‑, juris rn. 43; vgh bad.-württ., urteil vom 8. dezember 2010 ‑ 9 s 783/10 -, juris rn. 17; hess. vgh, beschluss vom 14. februar 1996 ‑ 11 tg 1144/95 ‑, juris rn. 2. 44nach § 69 abs. 1 satz 1 und satz 2 nr. 1 amg treffen die zuständigen behörden die zur beseitigung festgestellter verstöße und die zur verhütung künftiger verstöße notwendigen anordnungen. sie können insbesondere das inverkehrbringen von arzneimitteln untersagen, wenn die erforderliche zulassung oder registrierung für das arzneimittel nicht vorliegt. die voraussetzungen für eine verbotsverfügung auf dieser grundlage liegen jedoch nicht vor. 45bei dem tee e. g. gemischter kräutertee handelt es sich nicht ‑ was vorliegend allein im streit steht ‑ um ein sog. funktionsarzneimittel im sinne des § 2 abs. 1 satz 2 nr. 2 amg und art. 1 nr. 2 buchst b) der richtlinie 2001/83/eg. 46i. zu den funktionsarzneimitteln nach § 2 abs. 1 satz 2 nr. 2 amg und art. 1 nr. 2 buchst. b) der richtlinie 2001/83/eg zählen alle stoffe und zubereitungen aus stoffen, die im oder am menschlichen körper verwendet oder einem menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische diagnose zu erstellen. 471. notwendige voraussetzung für die annahme eines funktionsarzneimittels ist, dass das erzeugnis die physiologischen funktionen bei bestimmungsgemäßem gebrauch (a.) durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische wirkung (b.) nachweisbar (c.) und in nennenswerter weise (d.) positiv beeinflussen kann. 48vgl. bverwg, urteil vom 7. november 2019 ‑ 3 c 19.18 -, juris rn. 15. 49a. ausgangspunkt für die beurteilung der physiologischen auswirkungen eines stoffes ist nach ständiger rechtsprechung des eugh der bestimmungsgemäße gebrauch des erzeugnisses. es ist daher ohne belang, dass das erzeugnis in einer höheren als der auf dem beipackzettel oder in der verzehrempfehlung auf der verpackung angegebenen dosierung eine nennenswerte physiologische wirkung haben kann. unerheblich ist auch, ob verbraucher dazu neigen könnten, erzeugnisse in höheren dosierungen zu konsumieren als vom hersteller angegeben, und ob mit einer überdosierung gesundheitsgefahren einhergehen. denn fast alle erzeugnisse sind potentiell gesundheitsschädlich, wenn sie im übermaß aufgenommen werden. 50vgl. eugh, urteile vom 30. april 2009 ‑ c-27/08 (bios naturprodukte) -, rn. 22, vom 15. januar 2009 ‑ c-140/07 (hecht-pharma) ‑, rn. 42, und vom 29. april 2004 ‑ c-150/00 (kommission ./. österreich) -, rn. 75; vgl. auch bverwg, urteile vom 26. mai 2009 ‑ 3 c 5.09 juris rn. 15, und vom 1. märz 2012 ‑ 3 c 15.11 ‑, juris rn. 12. 51b. das erzeugnis muss eine pharmakologische, immunologische oder metabolische wirkung haben. 52die begriffe der ‑ hier nur in betracht kommenden ‑ pharmakologischen (aa.) oder metabolischen (bb.) wirkung sind weder im arzneimittelgesetz noch in der richtlinie 2001/83/eg definiert. 53aa. für die beantwortung der frage, ob ein produkt pharmakologisch wirkt, kann nach der rechtsprechung des eugh insoweit als zweckdienlicher anhaltspunkt auf die von der europäischen kommission herausgegebenen leitlinien ‑ und damit insbesondere die sog. „borderline-leitlinie“ (european union, medical devices: guidance document, meddev 2.1/3 rev 3, dort ziffer a.2.1.1, s. 6), 54abrufbar unter: https://ec.europa.eu/docsroom/documents/10328/attachments/1/translations ‑, 55zurückgegriffen werden. 56vgl. eugh, urteil vom 6. september 2012 ‑ c-308/11 (chemische fabrik kreussler) ‑, rn. 25 f.; bverwg, vorlagebeschluss vom 20. mai 2021 ‑ 3 c 19.19 ‑, juris rn. 11. 57danach ist unter einer pharmakologischen wirkung eine wechselwirkung zwischen den molekülen des betreffenden stoffes und einem ‑ gewöhnlich als rezeptor bezeichneten ‑ zellbestandteil zu verstehen, die entweder zu einer direkten reaktion führt oder die reaktion auf einen anderen agenten blockiert. eine dosis-wirkungs-korrelation ist dabei ein ‑ wenn auch nicht zwingender ‑ indikator für eine pharmakologische wirkungsweise. 58vgl. hierzu ovg nrw, urteil vom 28. oktober 2021 ‑ 13 a 1376/17 ‑, juris rn. 76. 59diese definition ist jedoch nicht abschließend. nach der vorgenannten rechtsprechung des eugh genügt darüber hinaus jede wechselwirkung zwischen der in einem erzeugnis enthaltenen substanz und einem beliebigen im körper des anwenders vorhandenen zellulären bestandteil, sofern diese bewirkt, dass physiologische funktionen beim menschen wiederhergestellt, korrigiert oder beeinflusst werden. 60vgl. eugh, urteil vom 6. september 2012 ‑ c-308/11 (chemische fabrik kreussler) ‑, rn. 31 f. und tenorziffer 2. 61bb. auch hinsichtlich der bestimmung des begriffs der metabolischen wirkung lassen sich der vorgenannten borderline-leitlinie (dort ziffer a.2.1.1, s. 6) anhaltspunkte entnehmen. 62vgl. ovg nrw, urteil vom 28. oktober 2021 ‑ 13 a 2432/18 -, juris rn. 65 ff. m. w. n. 63danach wird unter einer metabolischen wirkung eine wirkungsweise verstanden, die eine veränderung einschließlich des stoppens, des starts oder der änderung der geschwindigkeit der normalen biochemischen prozesse beinhaltet, die an der normalen körperfunktion beteiligt sind und dafür zur verfügung stehen. die tatsache, dass ein erzeugnis selbst verstoffwechselt wird, bedeutet nicht, dass es seine bestimmungsgemäße hauptwirkung auf metabolische weise erreicht. 64c. der begriff des funktionsarzneimittels erfasst ‑ anders als der des präsentationsarzneimittels ‑ nur diejenigen erzeugnisse, deren pharmakologische, immunologische oder metabolische wirkung ‑ in der angegebenen dosierung ‑ wissenschaftlich festgestellt wurden und die tatsächlich dazu bestimmt bzw. geeignet sind, eine ärztliche diagnose zu erstellen oder die physiologischen funktionen wiederherzustellen, zu korrigieren oder in einer positiven weise zu beeinflussen. 65vgl. eugh, urteile vom 10. juli 2014 ‑ c-358/13 und c-181/14 (markus d. u. a.) ‑, rn. 36, 38 (zur positiven wirkung), vom 6. september 2012 ‑ c-308/11 (chemische fabrik kreussler) ‑, rn. 30, und vom 15. januar 2009 ‑ c-140/07 (hecht-pharma) -, rn. 25 f.; bverwg, urteil vom 7. november 2019 ‑ 3 c 19.18 -, juris rn. 17. 66ist der nachweis der arzneimitteleigenschaft im sinne des art. 1 nr. 2 buchst. b) der richtlinie 2001/83/eg für ein erzeugnis nicht geführt, so ist die richtlinie auf dieses produkt nicht anwendbar. aus der sog. zweifelsfallregelung in art. 2 abs. 2 der richtlinie 2001/83/eg folgt nichts anderes. diese ist nicht dahin zu verstehen, dass ein produkt, bei dem es an den entsprechenden feststellungen fehlt, im zweifelsfall ein arzneimittel ist. vielmehr beruht diese regelung auf dem postulat, dass das produkt die voraussetzungen eines arzneimittels erfüllt und dient gerade nicht der überwindung von zweifeln an der arzneimitteleigenschaft. 67vgl. eugh, urteil vom 15. januar 2009 ‑ c-140/07 (hecht-pharma) ‑, rn. 24 ff.; bverwg, urteil vom 7. november 2019 ‑ 3 c 19.18 ‑, juris rn. 14. 68darüber hinaus kann ein erzeugnis nicht gleichzeitig arzneimittel und lebensmittel sein. denn nach art. 2 abs. 3 buchst. d) der verordnung (eg) nr. 178/2002 des europäischen parlaments und des rates vom 28. januar 2002 (basisvo) gehören arzneimittel im sinne der richtlinien 65/65/ewg und 92/73/ewg ‑ jetzt der richtlinie 2001/83/eg ‑ nicht zu den lebensmitteln. 69vgl. auch bverwg, urteile vom 17. september 2021 ‑ 3 c 20.20 ‑, juris rn. 28, und vom 1. märz 2012 ‑ 3 c 15.11 ‑, juris rn. 12. 70der nachweis einer therapeutischen wirksamkeit des erzeugnisses ist für die annahme eines funktionsarzneimittels hingegen nicht erforderlich. denn die arzneimitteldefinition setzt nicht voraus, dass die erzeugnisse eindeutig bestimmbare therapeutische und prophylaktische eigenschaften aufweisen, deren wirkung sich auf bestimmte funktionen des menschlichen organismus konzentriert, bzw. dass sie zur verhütung oder behandlung einer krankheit oder eines leidens angewandt werden können. 71vgl. eugh, urteile vom 15. dezember 2016 ‑ c-700/15 (lek) -, rn. 35, und vom 10. juli 2014 ‑ c-358/13 und c-181/14 (markus d. u. a.) ‑, rn. 36. 72der begriff der therapeutischen wirksamkeit stammt vielmehr aus den regelungen über die zulassung eines arzneimittels. er ist auf die klinische prüfung der vom arzneimittelhersteller beanspruchten indikation bezogen und passt nicht für die vorgelagerte fragestellung, ob einem erzeugnis überhaupt die eignung zukommt, die physiologischen funktionen positiv zu beeinflussen. daher bezieht sich auch der vom eugh geforderte wissenschaftliche nachweis nicht auf eine therapeutische wirkung, sondern nur auf die frage, ob der stoff geeignet ist, dem funktionieren des menschlichen organismus und folglich der menschlichen gesundheit zuträglich zu sein. 73vgl. bverwg, urteil vom 7. november 2019 ‑ 3 c 19.18 ‑, juris rn. 18. 74die therapeutische wirksamkeit berechtigt jedoch im wege eines erst-recht-schlusses zur annahme einer physiologischen wirkung. 75vgl. bverwg, urteile vom 26. mai 2009 ‑ 3 c 5.09 ‑, juris rn. 16, und vom 25. juli 2007 ‑ 3 c 21.06 ‑, juris rn. 26. 76d. nicht alle erzeugnisse, die eine physiologisch wirksame substanz enthalten, können als funktionsarzneimittel eingestuft werden. das kriterium der eignung, physiologische funktionen wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen, setzt voraus, dass die entsprechenden auswirkungen des erzeugnisses bei normalem gebrauch nennenswert sind. werden die funktionsbedingungen des menschlichen körpers nicht wirklich beeinflusst, liegt kein funktionsarzneimittel vor. 77vgl. eugh, urteile vom 30. april 2009 ‑ c-27/08 (bios naturprodukte) ‑, rn. 21, 23, und vom 15. januar 2009 ‑ c-140/07 (hecht-pharma) ‑, rn. 41 f. 78da die physiologische wirkung nicht für arzneimittel spezifisch ist, sondern auch auf lebensmittel (nahrungsergänzungsmittel) zutrifft, scheidet zudem die annahme eines funktionsarzneimittels aus, wenn die nennenswerten auswirkungen des erzeugnisses auf die physiologischen funktionen nicht über die wirkungen hinausgehen, die ein in angemessener menge verzehrtes lebensmittel auf diese funktionen haben kann. 79vgl. eugh, urteil vom 15. november 2007 ‑ c-319/05 (kommission ./. brd) ‑, rn. 63 ff.; bverwg, urteil vom 7. november 2019 ‑ 3 c 19.18 ‑, juris rn. 20. 802. die einstufung eines erzeugnisses als arzneimittel erfordert bei vorliegen der vorstehend genannten voraussetzungen eine gesamtbetrachtung. nach ständiger rechtsprechung des eugh ist die entscheidung, ob ein erzeugnis unter die definition des arzneimittels nach der funktion fällt, von fall zu fall zu treffen. dabei sind alle merkmale des erzeugnisses zu berücksichtigen, insbesondere seine zusammensetzung, seine pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen eigenschaften ‑ wie sie sich beim jeweiligen stand der wissenschaft feststellen lassen ‑, die modalitäten seines gebrauchs, der umfang seiner verbreitung, seine bekanntheit bei verbrauchern und die risiken, die seine verwendung mit sich bringen kann. 81vgl. eugh, urteile vom 3. oktober 2013 ‑ c-109/12 (laboratoires lyocentre) ‑, rn. 42, vom 6. september 2012 ‑ c-308/11 (chemische fabrik kreussler) ‑, rn. 34, vom 30. april 2009 ‑ c-27/08 (bios naturprodukte) ‑, rn. 18, und vom 15. januar 2009 ‑ c-140/07 (hecht-pharma) -, rn. 39. 82im rahmen dieser einzelfallprüfung sind die pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen eigenschaften eines erzeugnisses der faktor, auf dessen grundlage ausgehend von den wirkungsmöglichkeiten des erzeugnisses zu beurteilen ist, ob es im sinne der definition des funktionsarzneimittels im oder am menschlichen körper zur wiederherstellung, korrektur oder beeinflussung der physiologischen funktionen angewandt werden kann. 83vgl. eugh, urteile vom 3. oktober 2013 ‑ c-109/12 (laboratoires lyocentre) ‑, rn. 43, und vom 30. april 2009 ‑ c-27/08 (bios naturprodukte) ‑, rn. 20. 84die weiteren merkmale des erzeugnisses haben keine für ein arzneimittel nach der funktion konstitutive wirkung. der fehlende nachweis einer nennenswerten beeinflussung der physiologischen funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische wirkung kann durch die anderen kriterien daher nicht ersetzt werden. diese sind vielmehr als korrektiv heranzuziehen, wenn die tatbestandlichen voraussetzungen eines funktionsarzneimittels vorliegen. 85vgl. bverwg, urteil vom 26. mai 2009 ‑ 3 c 5.09 ‑, juris rn. 18, unter hinweis auf eugh, urteil vom 30. april 2009 ‑ c-27/08 (bios naturprodukte) ‑, rn. 24 (zu gesundheitsgefahren). 86die nennenswerten auswirkungen des erzeugnisses auf die physiologischen funktionen sind somit nur ein notwendiges, aber kein hinreichendes kriterium für die entscheidung, ob ein erzeugnis unter die definition des funktionsarzneimittels fällt. sie führen daher nicht zwangsläufig zur arzneimitteleigenschaft. 87vgl. bverwg, urteile vom 7. november 2019 ‑ 3 c 19.18 ‑, juris rn. 19 und 31, sowie vom 17. august 2017 ‑ 3 c 18.15 ‑, juris rn. 12. 88im rahmen der vorzunehmenden gesamtbetrachtung sind auch die möglichen gesundheitsrisiken bei der verwendung zu berücksichtigen. diesen kommt in fällen, in denen die auswirkungen eines erzeugnisses im grenzbereich zwischen nahrungsergänzungs- und arzneimitteleigenschaft liegen, besonderes gewicht für die beurteilung zu. eine einstufung als arzneimittel ist hier angesichts der damit verbundenen einschränkungen und behinderungen des freien warenverkehrs nur gerechtfertigt, wenn dies zum schutz der gesundheit erforderlich ist. 89vgl. bverwg, urteil vom 7. november 2019 ‑ 3 c 19.18 ‑, juris rn. 30, 32 f. 90ii. von dem vorstehenden ausgehend ist nicht wissenschaftlich nachgewiesen, dass der tee e. g. gemischter kräutertee aufgrund des in ihm enthaltenen anteils an sennesblättern bzw. deren wirkstoffe, den sennosiden, die physiologischen funktionen des menschlichen körpers nennenswert durch eine pharmakologische oder metabolische wirkung beeinflusst. 911. eine biochemische wirkweise im sinne von § 2 abs. 1 satz 2 nr. 2 amg, art. 1 nr. 2 buchst. b) der richtlinie 2001/83/eg ist bei den in dem tee enthaltenen sennesblättern dem grunde nach zu bejahen. offen bleiben kann dabei, ob die sennesblätter bzw. deren wirkstoffe, die sennoside, ihrer funktionsweise nach pharmakologisch oder metabolisch wirken. jedenfalls wirken sie ‑ in abgrenzung zu medizinprodukten ‑ nicht rein physikalisch. 92sennesblätter enthalten als wirkstoffe dianthronglykoside (sennoside), die zur gruppe der antiabsortiv und sekretagog wirkenden laxantien gehören. sie werden nach der passage des magen-darm-traktes im dick- bzw. enddarm durch bakterielle enzyme in die wirksamen metaboliten (rhein-anthron) gespalten, die durch direkten kontakt mit der darmschleimhaut wirken (kontaktlaxantien). dabei hemmen die aktiven metaboliten die stationären und stimulieren die propulsiven kontraktionen der glatten dickdarmmuskulatur, so dass es zu einem beschleunigten transit kommt. die verkürzte kontaktzeit verringert außerdem die flüssigkeitsresorption. gleichzeitig werden die sekretionsprozesse beeinflusst: die wasser- und elektrolytabsorption in die kolonepithelzellen wird gehemmt und der einstrom von elektrolyten und wasser in das darmlumen gefördert und damit eine volumenzunahme erreicht. 93vgl. wichtl, teedrogen und phytopharmaka, 6. aufl. 2016, s. 605; kommission e, monographie: sennae folium (sennesblätter), banz vom 21. juli 1993, nr. 133 s. 6618, bestätigt durch standardzulassung nr. 7399.99.99 (br-drs. 229/00 vom 14. april 2000 s. 12 (nr. 7.12.1) und s. 13 (nr. 7.12.3); hmpc, assessment report on senna alexandrina mill (cassia senna l.; cassia angustfolia vahl), folium and fructus, ziffer 3.1.5, s. 29; kommentar zum europäischen arzneibuch 10.1/0206, 67. lieferung 2021; update senna, daz 2005, nr. 13, s. 107. 942. es fehlt aber an einer wissenschaftlich nachgewiesenen nennenswerten beeinflussung der physiologischen funktionen durch den tee e. g. gemischter kräutertee. die schwelle von 10 mg hydroxyanthracenderivaten, berechnet als sennosid b, ab der von einer therapeutischen wirksamkeit auszugehen ist (a.), erreicht der tee in der vom hersteller angegebenen dosierung im aufguss nicht (b). belastbare wissenschaftliche daten, die einen rückschluss auf eine nennenswerte beeinflussung der menschlichen physiologischen funktionen unterhalb von 10 mg zuließen, liegen nicht vor (c.). 95a. eine therapeutische wirksamkeit und damit ‑ im wege eines erst-recht-schlusses ‑ auch eine nennenswerte beeinflussung der physiologischen funktionen ist für sennesblätter bzw. sennesblätterhaltige erzeugnisse ab einem gehalt von mindestens 10 mg hydroxyanthracenderivaten, berechnet als sennosid b, durch die monographie des committee on herbal medicinal products (hmpc) der european medicines agency vom 25. september 2018 (european union herbal monograph on senna alexandrina mill. (cassia senna l.; cassia angustifolia vahl) folium), bestätigt mit addendum vom 26. januar 2022, 96abrufbar unter: https://www.ema.europa.eu/en/medicines/herbal/sennae-folium, 97wissenschaftlich nachgewiesen. offen bleiben kann , ob diese monographie im vorliegenden zusammenhang rechtlich bindend ist. 98vgl. vg l. , urteil vom 5. juli 2011 ‑ 7 k 8612/09 ‑, juris rn. 49 ff.; nds. ovg, urteil vom 2. november 2017 ‑ 13 lb 31/14 ‑, juris rn. 73 unter bezugnahme auf vg l. ; knöss, monographien als richtschnur, in: pharmazeutische zeitung online, ausgabe 13/2014; vgl. auch winnands/kügel, in: kügel/müller/hofmann, amg, 3. aufl. 2022, § 22 rn. 91. 99jedenfalls kommt der monographie des hmpc, ebenso wie den monographien der kommissionen d und e, 100vgl. dazu bverwg, urteil vom 19. november 2009 ‑ 3 c 10.09 ‑, juris rn. 25 und vom 25. juli 2007 ‑ 3 c 22.06 ‑, juris rn. 33, 101die bedeutung eines antizipierten sachverständigengutachtens zu, von dem abzuweichen hier kein anlass besteht. 102dem hmpc, das nach art. 16h abs. 1 satz 1 und 2 der richtlinie 2001/83/eg in der fassung der änderungsrichtlinie 2004/24/eg bei der ema eingerichtet worden ist, kommt gemäß art. 16h abs. 1 buchst. a spiegelstrich 4 und buchst. b jew. i. v. m. abs. 3 der richtlinie 2001/83/eg in der fassung der änderungsrichtlinie 2004/24/eg die aufgabe zu, u. a. gemeinschaftliche monographien für traditionelle pflanzliche arzneimittel sowie gemeinschaftliche pflanzenmonographien zu erstellen. es handelt sich um ein sachverständig besetztes gremium (vgl. art. 16h abs. 2 richtlinie 2001/83/eg), das die monographien ‑ wie die zugehörigen literaturlisten und bewertungsberichte verdeutlichen ‑ auf der grundlage des aktuellen wissenschaftlichen kenntnisstands und in auseinandersetzung mit den herangezogenen wissenschaftlichen publikationen erstellt. im regelfall wird von der richtigkeit der in den monographien enthaltenen angaben auszugehen sein, sofern nicht ausnahmsweise bessere und/oder aktuellere wissenschaftliche erkenntnisse eine andere bewertung rechtfertigen. 103danach ist auf der grundlage der in der monographie des hmpc vom 25. september 2018 enthaltenen dosierungsempfehlung davon auszugehen, dass sennoside eine therapeutische wirksamkeit und damit auch eine nennenswerte beeinflussung der physiologischen funktionen ab 10 mg hydroxyanthracenderivaten, berechnet als sennosid b, entfalten. zwar ist damit eine absenkung der untergrenze gegenüber derjenigen in der vorhergehenden monographie aus dem jahr 2006 erfolgt, die auf der grundlage der im zugehörigen assessment-report angeführten expertenmeinungen, klinischen studien und der toxikologischen daten, die anlass für den bescheid des bfarm vom 21. juni 1996 (banz vom 5. juli 1996, nr. 123, s. 7581 f.) waren, noch einen dosisbereich zwischen 15 und 30 mg angegeben hatte. 104vgl. assessment report on cassia senna l. and cassia angustifolia vahl, folium vom 27. april 2007, s. 7, abrufbar unter: https://www.ema.europa.eu/en/medicines/herbal/sennae-folium. 105diese absenkung hat das hmpc mit dem verfolgten ansatz begründet, die wirkstoffmenge zu minimieren, und sich hinsichtlich der wirksamkeit der herabgesenkten dosis von den dosierungen der auf dem markt befindlichen arzneimitteln bestätigt gesehen. 106vgl. assessment report on senna alexandrina mill. (cassia senna l.; cassia angustifolia vahl), folium and fructus, vom 25. september 2018, s. 21. 107anhaltspunkte dafür, dass diese bewertung nicht zutrifft, sind nicht erkennbar. vielmehr nennt auch die ‑ weiterhin gültige ‑ monographie der weltgesundheitsorganisation (who monographs on selected medicinal plants, volume 1, 1999) eine zur behandlung einer obstipation geeignete wirkstoffmenge zwischen 10 und 30 mg sennoside, berechnet als sennosid b (s. 247). 108zudem weist der assessment report des hmpc (s. 21) darauf hin, dass die werte zu den in sennesblättern enthaltenen hydroxyanthracenderivaten nunmehr in übereinstimmung mit dem gehalt an hydroxyanthracenderivaten aus der pflanze aloe stehen, die in der hmpc-monographie zu „aloe barbadensis“ vom 22. november 2016 zur anwendung bei obstipation angegeben sind. diese wiederum entsprechen denen der aktuellen monographie der european scientific cooperative on phytotherapie (escop) zu aloe („aloe barbadensis“) aus dem jahr 2014, die ebenfalls gehalte zwischen 10 und 30 mg hydroxyanthracenderivate nennt. 109die monographie der kommission e „sennae folium (sennesblätter)“ aus dem jahr 1993 (banz vom 21. juli 1993, nr. 133, s. 6618) nennt zwar gehaltsmengen von 20 bis 30 mg hydroxyanthracenderivaten. sie enthält aber den hinweis, dass die darreichungsform auch eine geringere als die übliche tagesdosis erlauben sollte, der zeigt, dass die kommission e bereits damals davon ausging, auch niedrigere dosen könnten zur behandlung der obstipation wirksam sein. vergleichbares enthält der bescheid des bfarm vom 21. juni 1996 (banz vom 5. juli 1996, nr. 123, s. 7581 f.). darüber hinaus ist die wissenschaftliche bewertung der wirkungen eines stoffes nicht statisch. mit blick auf den umstand, dass die monographie der kommission e nicht aktualisiert worden ist, ihr daher noch der stand der wissenschaftlichen erkenntnisse aus dem jahr 1993 zugrunde liegt, bietet sie keine grundlage für die annahme, die auf der grundlage aktueller erkenntnisse erstellte monographie des hmpc sei unzutreffend. 110b. im maßgeblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung enthält der tee „e. g. gemischter kräutertee“ in der vom hersteller angegebenen dosierung von einem teebeutel je tag im hergestellten aufguss nicht einen gehalt von mindestens 10 mg hydroxyanthracendrivaten, der die feststellung rechtfertigte, dass die physiologischen funktionen nennenswert beeinflusst werden. 111über dem wert von 10 mg sennosiden lag einzig der aufguss des gemischten kräutertees mit dem mhd 25. juli 2013, der gegenstand des prüfberichts nr. 123010952 des i. landeslabors vom 21. juni 2012 ist. die rezeptur dieses tees war jedoch bereits damals nicht mehr aktuell. der am gleichen tag vom i. landeslabor untersuchte gemischte kräutertee mit dem mhd 27. februar 2014 (prüfbericht nr. 123010949) führte die zutat „sennesblätter“ anders als der zuvor genannte tee nicht mehr an erster, sondern an zweiter stelle des zutatenverzeichnisses auf. die laut prüfbericht im aufguss dieses tees festgestellte menge an sennosiden betrug insgesamt 6 mg und lag daher ‑ auch unter berücksichtigung der unterschiede der untersuchungsmethoden des i. landeslabors einerseits (hplc) und der monographie des hmpc andererseits (photometrisch) - unterhalb der genannten grenze. die in der jüngsten zeit erfolgten untersuchungen durch das cvua rrw, die sich ohnehin nur zum sennosidgehalt im teebeutel verhalten, nicht aber zu der menge im aufguss, haben nochmals geringere werte ergeben. so weist der prüfbericht des cvua rrw vom 18. juli 2019 (prüfbericht nr. 2019-8320208) für den tee mit dem mhd 21. juni 2020 einen gehalt von 5,72 mg im teebeutel aus und der prüfbericht vom 8. juni 2022 (nr. 2022-7200167), betreffend einen tee mit dem mhd 25. oktober 2024, einen gesamtwert von 2,6 mg sennosiden. 112der einwand der bezirksregierung l. im schriftsatz vom 28. juli 2022, die „bekannten dosierangaben“ bezögen sich auf den sennosidgehalt im teebeutel, ist mit blick auf die vorliegenden werte unmaßgeblich und im übrigen nicht nachvollziehbar. zum einen fehlt es an dahingehenden angaben in der monographie des hmpc, die im übrigen nicht speziell zu tees erstellt worden ist, sondern sich allgemein zu erzeugnissen verhält, die wirkstoffe aus sennesblättern enthalten (hierzu zählen u. a. tabletten, kapseln, sirup und früchtewürfel). zum anderen kann bei einem produkt, das nicht zur äußerlichen anwendung vorgesehen ist, sondern verzehrt werden muss, um wirkung zu entfalten, naturgemäß nur die aufgenommene menge an wirkstoffen eine ‑ pharmakologische oder metabolische ‑ wirkung entfalten. schon aus diesem grund reicht es auch nicht aus, aus den in zutatenlisten des herstellers aufgeführten prozentualen anteilen der einzelnen zutaten am gesamtprodukt die menge an sennesblättern im teebeutel auszurechnen, worauf die bezirksregierung l. in der ordnungsverfügung abgestellt hat. anderes kann zwar in fällen standardisierter teezubereitungen gelten, d. h. bei verwendung von sennesblättern, die einen gleichbleibenden geprüften wirkstoffgehalt aufweisen. dies ist vorliegend jedoch auch nach auffassung der bezirksregierung l. nicht der fall. 113soweit die bezirksregierung l. weiter geltend macht, die diversen untersuchungen - auch des i. landeslabors nach der hplc-methode - erfassten nur die sennoside a und b, maßgeblich seien jedoch alle sennoside, und mit dieser begründung von einem ‑ unspezifisch ‑ höheren wert ausgehen will, ist darauf hinzuweisen, dass dieselbe unschärfe den in den monographien ausgewiesenen werten zugrunde liegen dürfte. jedenfalls ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass den monographien berechnungsmethoden zugrunde liegen, die in der praxis der untersuchungsämter und privaten labore nicht zur verfügung stehen. im übrigen hat sich jedenfalls das institut für pharmazeutische und angewandte analytik (inpha, untersuchung zum kirschstängeltee vom 11. april 2018) in der lage gesehen, die sennosidmessung im einklang mit der untersuchungsmethode, die der monographie des hmpc zugrunde liegt, 114vgl. assessment report on senna alexandrina mill. (cassia senna l.; cassia angustifolia vahl), folium and fructus, s. 21 (ziffer 2.3), 115photometrisch zu bestimmen. 116c. belastbare wissenschaftliche daten, die einen rückschluss auf eine nennenswerte beeinflussung der menschlichen physiologischen funktionen durch hydroxyanthracenderivate unterhalb einer wirkstoffmenge von 10 mg zuließen, hat die bezirksregierung l. nicht benannt; sie sind auch sonst nicht ersichtlich. zwar liegt es nahe, dass ein erzeugnis ‑ wie vom verwaltungsgericht angenommen - auch „knapp unterhalb“ der schwelle zur therapeutischen wirksamkeit eine physiologische wirkung entfaltet. abgesehen davon, dass die vage bezeichnung „knapp unterhalb“ zur abgrenzung eines lebensmittels von einem arzneimittel von vornherein untauglich ist, handelt es sich bei diesem ansatz um eine bloße vermutung, die den geforderten nachweis nicht ersetzen kann. 117anhaltspunkte für weitere sachverhaltsermittlungen zu der frage, ob auch sennoside in einer menge, die im derzeit vertriebenen tee(beutel) der sorte gemischter kräutertee vorhanden sind, nennenswerte auswirkungen auf die physiologischen funktionen haben, sind nicht erkennbar. in einer solchen situation ist es auch mit blick auf die gerichtliche sachaufklärungspflicht (§§ 86 abs. 1 satz 1, 108 abs. 1 satz 1 vwgo) nicht aufgabe der verwaltungsgerichte, weitere ermittlungen anzustellen, was hier auf die durchführung einer klinischen studie hinauslaufen würde. die folge der danach verbleibenden unerweislichkeit der arzneimitteleigenschaft des e. g. tees „gemischter kräutertee“ trägt im vorliegenden fall der untersagung nach § 69 abs. 1 satz 2 nr. 1 amg das beklagte land. 118vgl. bverwg, urteil vom 26. mai 2009 ‑ 3 c 5.09 ‑, juris rn. 17; vgl. auch urteil vom 7. november 2019 ‑ 3 c 19.18 -, juris rn. 14 (zu § 54 lfgb). 119insoweit gilt auch hier der allgemeine grundsatz, dass derjenige, der aus einer norm eine ihm günstige rechtsfolge ableitet, die materielle beweislast für das vorliegen der voraussetzungen der norm ‑ hier namentlich das vorliegen eines funktionsarzneimittels - trägt. 1203. dass senna in der anlage 1b der verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche arzneimittel aufgeführt ist, ist entgegen der auffassung der bezirksregierung l. ohne bedeutung für die frage, ob es sich bei dem tee um ein (funktions-) arzneimittel im sinne des § 2 abs. 1 nr. 2 amg und art. 1 nr. 2 buchst. b) der richtlinie 2001/83/eg handelt. der verordnung lässt sich lediglich entnehmen, dass der „stoff“ senna (vgl. § 3 nr. 2 amg) arzneimittel sein kann; es lässt sich aber aus dieser verordnung nicht schließen, dass präparate, die die in anlage 1b der verordnung genannten stoffe enthalten, schon deshalb arzneimittel wären. sie sind es trotz dieser stoffe nicht, wenn sie nicht zu den in § 2 abs. 1 amg genannten zwecken bestimmt sind oder sonst die voraussetzungen des § 2 amg erfüllen. der begriff des arzneimittels ist in dem ermächtigenden arzneimittelgesetz (vgl. § 48 abs. 2 amg) definiert und wird in der verordnung über die verschreibungspflicht von arzneimitteln vorausgesetzt. 121vgl. bverwg, urteil vom 24. november 1994 ‑ 3 c 2.93 ‑, juris rn. 40. 122ein anderes verständnis wäre zudem mit dem arzneimittelbegriff des § 2 abs. 1 satz 2 nr. 2 amg und art. 1 nr. 2 buchst. b) der richtlinie 2001/83/eg nicht zu vereinbaren. denn der anlage 1b der verordnung unterfallen die dort aufgeführten pflanzen dosisunabhängig und damit ungeachtet des umstandes, ob und in welcher menge sie tatsächlich nennenswert auf die menschlichen physiologischen funktionen einwirken. 1234. ist danach nicht von einer nennenswerten beeinflussung der physiologischen funktionen durch den gemischten kräutertee in der bestimmungsgemäßen dosierung auszugehen, kommt den von der bezirksregierung l. angeführten möglichen gesundheitsrisiken für die frage der arzneimitteleigenschaft keine relevanz zu. diese haben erst bei vorliegen der notwendigen voraussetzungen eines funktionsarzneimittels im rahmen der dann gebotenen gesamtbetrachtung bedeutung. 124der senat weist allerdings darauf hin, dass bei erreichen der schwelle von 10 mg sennosiden im teeaufguss die gesamtbetrachtung anhand aller über die zusammensetzung und wirkung hinausgehenden weiteren merkmale des erzeugnisses, insbesondere der modalitäten seines gebrauchs, den umfang seiner verbreitung, seine bekanntheit bei verbrauchern und die risiken, die seine verwendung mit sich bringen kann, dazu führen dürfte, dass ein arzneimittel vorliegt. 125insoweit ist im hinblick auf die modalitäten des gebrauchs, den umfang der verbreitung von sennesblättern und deren bekanntheit bei verbrauchern maßgeblich, dass weder vorgetragen noch erkennbar ist, dass sennesblätter als lebensmittel verzehrt werden bzw. dem verbraucher als lebensmittel bekannt sind. sie gehören vielmehr zu den am häufigsten gebrauchten pflanzlichen abführmitteln (vgl. wichtl, teedrogen und phytopharmaka, 6. aufl. 2016, s. 605) und sind in deutschland seit jahrzehnten als arzneimittel bekannt (siehe auch bverwg, urteil vom 16. februar 1971 ‑ i c 25.66 ‑, juris). die darreichungsform entsprechender präparate umfasst neben tabletten, kapseln, sirup und früchtewürfeln insbesondere tees, die von zahlreichen firmen angeboten werden. vor diesem hintergrund lässt der umstand, dass es sich bei den produkten um tees handelt, nicht den schluss zu, der verbraucher erwarte allein aufgrund der darreichungsform ein lebensmittel. 126anders als bei erzeugnissen im grenzbereich zwischen lebens- bzw. nahrungsergänzungsmittel und arzneimittel dürfte etwaigen gesundheitsrisiken bei einem therapeutisch wirksamen produkt kein maßgebliches gewicht zukommen. darüber hinaus ist auf der grundlage der bereits genannten wissenschaftlichen quellen (insbesondere des assessment reports des hmpc, der monographie der who und des bescheids des bfarm vom 21. juni 1996) nicht ersichtlich, dass von derartigen tees bei bestimmungsgemäßem gebrauch keine gefahren für die gesundheit ausgehen. zusammengenommen folgt aus diesen angaben, dass sennesblätterhaltige präparate sowohl von kindern jedenfalls unter 10 jahren als auch von schwangeren und stillenden (vorbehaltlich abweichender ärztlicher einschätzung) nicht eingenommen werden dürfen. zudem sind die erzeugnisse kontraindiziert bei darmverschluss, akut-entzündlichen erkrankungen des darms, abdominalen schmerzen unbekannter ursache und weiteren erkrankungen. die zahlreichen gegenanzeigen belegen, dass die wirkstoffe in derartigen tees auch bei einhaltung der dosisangabe nicht gesundheitlich unbedenklich sind, sondern ‑ wenn auch nur für bestimmte personenkreise ‑ potentiell mit gefahren für die gesundheit verbunden sind. dass diesen gesundheitsgefahren durch warnhinweise auf lebensmittelrechtlicher grundlage (vgl. art. 14 abs. 3 buchst. b) der verordnung nr. 178/2002/eg) ausreichend begegnet werden könnte, erscheint zweifelhaft. 127von dem vorstehenden ausgehend ist auch die auf die §§ 55 abs. 1, 60 und 63 vwvg nrw gestützte und auf den allein noch streitigen gemischten kräutertee bezogene zwangsgeldandrohung rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten. 128die kostenentscheidung folgt aus §§ 154 abs. 1, 161 abs. 2 vwgo. soweit gemäß § 161 abs. 2 vwgo über die kosten des erledigten teils des verfahrens (fünf teesorten) nach billigem ermessen zu entscheiden ist, ist es sachgerecht, dem kläger hinsichtlich des tees der sorte kirschstängel und dem beklagen land hinsichtlich der übrigen vier teesorten die kosten aufzuerlegen. für den kirschstängeltee weist der untersuchungsbericht des inpha vom 11. april 2018 einen wert von 17,7 mg hydroxyanthracenglykoside aus, der deutlich über der schwelle der therapeutischen wirksamkeit liegt und bei dem nach dem vorstehenden auch eine gesamtbetrachtung voraussichtlich zu keiner abweichenden beurteilung der arzneimitteleigenschaft geführt hätte. hinsichtlich der anderen tees wiederum wiesen sämtliche vorgelegten untersuchungsberichte entweder werte im aufguss oder im beutel unter 10 mg oder im beutel knapp oberhalb der grenze von 10 mg auf, die jedoch keinen sicheren schluss auf die im aufguss befindliche menge zuließen. 129die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 130die revision ist nicht zuzulassen, weil kein zulassungsgrund im sinne des § 132 abs. 2 vwgo vorliegt.
Klaeger*in
1
346,007
13 K 1149/20 E
2022-06-21T00:00:00
Urteil
Tenor Der Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 14.09.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.04.2020 wird dahingehend geändert, dass die Einkünfte der Klägerin aus Veräußerungsgewinnen nach § 17 des Einkommensteuergesetzes auf - 285.000 € herabgesetzt werden. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte. Die Revision wird zugelassen. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig. Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leisten. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung eines Veräußerungsverlustes gemäß § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG). 3Die Klägerin, die gemeinsam mit ihrem Ehemann – dem Kläger – zur Einkommensteuer veranlagt wird, war ursprünglich Alleingesellschafterin der am 13.11.2015 gegründeten A GmbH (GmbH), deren Gegenstand der Ankauf und die Verwaltung von Bestandsimmobilien ist. Das Stammkapital betrug bei Gründung 25.000 € und war eingeteilt in 25.000 Geschäftsanteile im Nennbetrag von jeweils 1 € (lfd. Nr. 1 bis 25.000). 4Mitte Dezember 2015 (Streitjahr) beschloss die Klägerin eine Kapitalerhöhung und schuf zur Durchführung einen neuen Geschäftsanteil mit der lfd. Nr. 25.001 (Neuanteil) im Nennbetrag von 1.000 €. Neben der Einlage i.H.v. 1.000 €, zahlte die Klägerin gemäß Punkt 3 des Kapitalerhöhungsbeschlusses, ein Aufgeld i.H.v. 500.000 € in die Kapitalrücklage der GmbH ein. 5Kurz darauf veräußerte die Klägerin die Geschäftsanteile mit den lfd. Nr. 24.701 bis 25.001 (veräußerte Beteiligung) zu einem Kaufpreis i.H.v. 26.300 € an den Kläger. 6Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger einen Veräußerungsverlust nach § 17 EStG i.H.v. - 285.000 € geltend. Dem lag folgende Berechnung zu Grunde: 7Veräußerungspreis 26.300 € ./.Nennwert Geschäftsanteile lfd. Nr. 24.701 bis 25.000 300 € ./.Nennwert Geschäftsanteil lfd. Nr. 25.001 1.000 € ./.Aufgeld für den Geschäftsanteil lfd. Nr. 25.001 500.000 € Summe Anschaffungskosten 501.300 € - 501.300 € Einkünfte - 475.000 € Einkünfte (nach Teileinkünfteverfahren) - 285.000 € 8Mit Bescheid vom 14.09.2018 setzte der Beklagte (Finanzamt – FA –) die Einkommen-steuer auf 0 € fest. Abweichend von der Steuererklärung berücksichtigte er – unter Verneinung einer Gewinnerzielungsabsicht bezüglich des Neuanteils – einen Gewinn aus der Veräußerung der Anteile mit den lfd. Nr. 24.701 bis 25.000 (veräußerte Altanteile) i.H.v. 5.770 €. Dem lag folgende Berechnung zugrunde: 9 Altanteile Neuanteil Veräußerungspreis 6.070 € 20.230 € ./. Nennwert 300 € 1.000 € ./. Aufgeld 500.000 € Einkünfte (ohne Teileinkünfteverfahren) 5.770 € - 480.770 € 10Nach erfolglosem Einspruchsverfahren haben die Kläger Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie vor, dass der erklärte Veräußerungsverlust anzuerkennen sei, da die veräußerten Anteile insgesamt mit Gewinnerzielungsabsicht erworben und gehalten worden seien. Im Rahmen des § 17 EStG sei das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht einheitlich für die gesamte veräußerte Beteiligung und nicht hinsichtlich jedes einzelnen veräußerten Anteils zu prüfen. 11Hierfür spreche bereits der Wortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG, der bei der Formulierung „unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 Prozent beteiligt“ ausdrücklich auf die Beteiligung als Prüfungsgegenstand abstelle. 12Auch ein Vergleich mit den sonstigen gewerblichen Einkünften, denen die hier streitigen Einkünfte zugeordnet würden, spreche für eine einheitliche Beurteilung. Bei der Veräußerung eines Gewerbebetriebs werde nicht jedes einzelne mitveräußerte Wirtschaftsgut auf das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht überprüft. Ebenso wie ein Gewerbetreibender mit einer Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter unter Preis ggfs. eine spätere Gewinnerzielung beabsichtige, stehe auch im vorliegenden Fall dem Verlust aus der Veräußerung des Neuanteils ein Gewinn aus der Veräußerung der bereits veräußerten Altanteile sowie ein ggfs. in Zukunft zu erzielender Gewinn aus der Veräußerung der anderen Anteile mit den lfd. Nr. 1 bis 24.700 gegenüber. 13Es gäbe auch keinen ersichtlichen Grund, warum eine einheitliche Beteiligung künstlich in mehrere Beteiligungen aufgespalten werden sollte. Es sei nicht nachvollziehbar, warum es sich beim Halten des einen Anteils um eine mit Gewinnerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit handeln solle, während es sich beim Halten eines anderen, im Wesentlichen gleichen Anteils an derselben Kapitalgesellschaft, um eine Tätigkeit handeln solle, die dem Bereich der allgemeinen Lebensführung oder der Verwirklichung persönlicher Neigungen zuzuordnen sei. 14Die Nichtberücksichtigung des geltend gemachten Veräußerungsverlusts stelle überdies einen Verstoß gegen das in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verfassungsrechtlich verankerten objektiven Nettoprinzips dar. Wenn die Gewinne aus der Veräußerung der jetzt veräußerten Altanteile sowie aus einer zukünftigen Veräußerung der anderen Altanteile berücksichtigt würden, sei auch der Verlust aus der Veräußerung des Neuanteils zu berücksichtigen. Denn die Gewinne entstünden durch die aufgrund der Wertsteigerung der Altanteile in Folge der Aufgeldzahlung höher zu erzielenden Veräußerungspreise. Dann aber müsse auch der durch die Aufgeldzahlung entstandene Aufwand steuerlich berücksichtigt werden. Das objektive Nettoprinzip gebiete nicht nur, dass Aufwendungen, die zur Erzielung von Einnahmen getätigt würden, tatsächlich von den Einnahmen abgezogen würden, sondern auch, dass Verluste zumindest periodenübergreifend mit Gewinnen ausgeglichen würden. Die Versagung der Verlustberücksichtigung stelle einen nicht zu rechtfertigenden Grundrechtseingriff dar. Insbesondere könne nicht das Rechtsinstitut der „Liebhaberei“ als Rechtfertigung herangezogen werden. Im Gegensatz zu den typischen „Liebhaberei-Tätigkeiten“, z.B. das Vermieten einer Segeljacht, dem Züchten von Pferden oder dem Sammeln von Kunstgegenständen, könne beim Halten von Kapitalgesellschaftsanteilen nicht von privaten Neigungen oder einem Hobby ausgegangen werden. Daher werde bei § 17 EStG die Einkünfteerzielungsabsicht regelmäßig vermutet. 15Zu beachten sei, dass wirtschaftlich überhaupt kein Verlust entstanden sei. Das Aufgeld verteile sich gleichmäßig (entsprechend der Nennwerte) auf alle Anteile, sodass jedem Altanteil wirtschaftlich (nachträgliche) Anschaffungskosten von rd. 19,23 € und dem Neuanteil Anschaffungskosten von 19.230 € zuzurechnen seien. Dem Kaufpreis i.H.v. 26.300 € stünden demnach Anschaffungskosten i.H.v. ebenfalls 26.300 € (Nennwerte 1.300 € und anteiliges Aufgeld 25.000 €) gegenüber. Ein Veräußerungsverlust ergebe sich lediglich steuerlich, da nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27.05.2009 I R 53/08 ein für den Erwerb eines GmbH-Anteils im Rahmen einer Kapitalerhöhung gezahltes Aufgeld ausschließlich dem neu erworbenen Anteil als Anschaffungskosten zuzuordnen sei. 16Die Kläger beantragen, 17den Einkommensteuerbescheid für 2015 und vom 14.09.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.04.2020 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte der Klägerin aus Veräußerungsgewinnen nach § 17 EStG auf - 285.000 Euro herabgesetzt werden, 18hilfsweise im Unterliegensfalle, die Revision zuzulassen. 19Das FA beantragt, 20die Klage abzuweisen. 21Zur Begründung trägt es vor, dass sich die Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht auch bei § 17 EStG an der Einkunftsquelle, d.h. dem einzelnen Geschäftsanteil, zu orientieren habe. Der Geschäftsanteil als solcher verkörpere den quotalen Anteil an den stillen Reserven der Kapitalgesellschaft und berechtige zur Teilnahme an der Gewinnverteilung i.S.d. § 29 Abs. 3 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Die zivilrechtliche Selbständigkeit des einzelnen Geschäftsanteils sei auch für das Steuerrecht maßgeblich. 22Es sei denkbar, dass Geschäftsanteile zu unterschiedlichen Zeitpunkten und aus unterschiedlichen Motiven erworben würden. So könnten Erwerbsanlässe einen spekulativen Charakter haben oder aber übergeordneten strategischen Überlegungen folgen. Hinsichtlich des Neuanteils habe die Klägerin bereits im Erwerbszeitpunkt davon ausgehen müssen, während der von vornherein beabsichtigten nur kurzen Haltephase bis zu einer späteren Veräußerung keinen Totalgewinn erzielen zu können. 23Der Wortlaut des § 17 EStG spreche – anders als die Kläger meinten – für eine separate Überprüfung der Geschäftsanteile. Formulierungen wie „der veräußerte Anteil“, „Veräußerung der Anteile“ oder „Veräußerungspreise der Anteile“ würden gleich mehrfach verwendet. Dies ließe den Willen des Gesetzgebers, auf den einzelnen Anteil abzustellen, erkennen. 24Auch nach der zu § 20 EStG ergangenen Rechtsprechung, die auf § 17 EStG übertragbar sei, sei eine Totalerfolgsprognose nicht pauschal für die gesamte Einkunftsart, sondern bei Vorhandensein mehrerer Kapitalanlagen grundsätzlich für jede Kapitalanlage gesondert zu erstellen. Auch bei Schuldzinsen sei für jede einzelne Aktie zu beurteilen, ob und inwieweit der zur Anschaffung der Aktie aufgenommene Kredit der Ertragserzielung oder der Kapitalanlage diene. 25Unabhängig davon, dass dem Gesellschafter hinsichtlich der Finanzierung seiner Gesellschaft grundsätzlich Gestaltungsfreiheit zukomme, sei zu berücksichtigten, dass aufgrund des Unternehmensgegenstands – Ankauf und Verwaltung von Bestandsimmobilien – bereits bei Gründung der GmbH bekannt gewesen sei, dass ein deutlich über dem Stammkapital von 25.000 € liegender Finanzierungsbedarf bevorstehe. Diesem hätte durch eine ausreichende Finanzierung bei Gründung oder aber durch eine freiwillige Einzahlung in die Kapitalrücklage unabhängig von einer Kapitalerhöhung begegnet werden können. Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Gesellschaftsgründung, der Kapitalerhöhung und der Veräußerung der Anteile sowie der vornherein bestehende Plan, gemeinsam Immobilieninvestments zu tätigen, seien Indizien für eine Gesellschaftsgestaltung, deren Ziel es gewesen sei, einen Veräußerungsverlust zu generieren. Es ließen sich weder andere wirtschaftliche Gründe für die Wahl einer solchen Strukturierung erkennen noch könne davon ausgegangen werden, dass ein fremder Dritter ein solch hohes Aufgeld gezahlt hätte. 26Sofern die Gewinnerzielungsabsicht nicht separat anhand des einzelnen veräußerten Anteils zu prüfen sein sollte, sei das Aufgeld gleichmäßig auf alle Anteile an der GmbH zu verteilen. Der neu eingefügte § 17 Abs. 2a Satz 5 EStG, der eine solche gleichmäßige Aufteilung nunmehr normiert, sei rein deklaratorischer Natur, da die gleichmäßige Verteilung des Aufgeldes der vorher schon geltenden Verwaltungspraxis entspräche. Das von den Klägern angeführte BFH-Urteil, wonach das Aufgeld ausschließlich dem Neuanteil zuzuordnen sei, stünde dem auch nicht entgegen, da es sich hier um eine nicht allgemein anwendbare Einzelfallentscheidung handele. 27Entscheidungsgründe: 28I. Die Klage ist begründet. 29Der Einkommensteuerbescheid 2015 vom 14.09.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.04.2020 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Zu Unrecht hat das FA den von den Klägern geltend gemachten Veräußerungsverlust i.H.v. - 285.000 € im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 17, § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c, § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nicht berücksichtigt. 301. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war. Bei der Anwendung des § 17 EStG sind die Grundaussagen des § 2 Abs. 1 EStG über die Steuerbarkeit des Einkommens vorgegeben (BFH-Urteil vom 04.11.1992 X R 33/90, BStBl II 1993, 292, unter 5.e), mithin auch die Notwendigkeit, dass der wesentlich Beteiligte die Anteile mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, erwerben und halten muss. Fehlt es an der Absicht der Einkünfteerzielung, liegen keine steuerbaren Einkünfte vor (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.06.1984 GrS 4/82, BStBl II 1984, 751, unter C.IV.3.c aa). 31a) Die Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht erfolgt zweigliedrig: Zunächst wird die objektive Erfolgsprognose und erst dann – sofern die Erfolgsprognose negativ ist – die subjektive Gewinnerzielungsabsicht des Steuerpflichtigen und/oder seine privaten Gründe für seine Tätigkeit geprüft (Wacker in Schmidt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 41. Auflage 2022, § 15 Rn. 24 m.w.N.). 32aa) Bei der Prüfung der Erfolgsprognose wird nicht abschnittsbezogen ein Periodengewinn in Bezug genommen, sondern der Totalgewinn als Gesamtergebnis der steuerrelevanten Tätigkeit oder Nutzung von Kapitalvermögen (Urteil vom 29.06.1995 VIII R 68/93, BStBl II 1995, 722, unter II.1.b cc). 33bb) Regelmäßig ist bei Vorliegen einer positiven Erfolgsprognose bei gewerblichen Einkünften aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung davon auszugehen, dass der wesentlich Beteiligte eine entsprechende Absicht der Gewinnerzielung besitzt, auch wenn die Gewinnerzielung bei kurzer Dauer der Beteiligung im Einzelfall in den Hintergrund treten kann (BFH-Urteil vom 04.11.1992 X R 33/90, BStBl II 1993, 292, unter 5.e); BFH-Urteil vom 29.06.1995 VIII R 68/93, BStBl II 1995, 722, unter II.1.b bb). Bei einem negativen Gesamtergebnis oder einer objektiv negativen Ergebnisprognose ist aber nicht zwingend von Liebhaberei auszugehen, sondern nur dann, wenn die Tätigkeit auf ertragsteuerlich unbeachtlichen Motiven beruht, z.B. weil die verlustbringende Tätigkeit aus Gründen allgemeiner Lebensführung oder persönlichen Neigungen ausgeübt wird (BFH-Urteil vom 30.10.2014 IV R 34/11, BStBl II 2015, 380, unter II.2.b aa). 34b) Die Gewinnerzielungsabsicht ist im Rahmen des § 17 EStG nicht anhand jedes einzelnen veräußerten Anteils, sondern einheitlich für alle veräußerten Anteile zu prüfen. Dies ergibt sich aus der periodenübergreifenden Betrachtung bei Ermittlung der Erfolgsprognose, aus der gesetzlichen Zuordnung der Einkünfte nach § 17 EStG zu den gewerblichen Einkünften gemäß § 15 EStG sowie aus den Gründen der Neueinführung des § 17 Abs. 2a Satz 5 EStG. 35aa) Dem Wortlaut des § 17 EStG ist nicht zu entnehmen, ob die Gewinnerzielungsabsicht anhand jedes einzelnen veräußerten Anteils oder einheitlich für alle veräußerten Anteile zu prüfen ist. In § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG ist zwar vom „veräußerten Anteil“ sowie in § 17 Abs. 2 Satz 2 EStG von „Veräußerungspreis[es] der Anteile“ die Rede. Demgegenüber wird in § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG die Formulierung „zu mindestens 1 Prozent beteiligt“ verwendet. Ein Rückschluss darauf, wie die Gewinnerzielungsabsicht im Rahmen des § 17 EStG zu prüfen ist, kann aus dem Wortlaut der Regelung nicht gezogen werden. 36bb) Die für die Ermittlung der Erfolgsprognose im Rahmen der Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht maßgebliche periodenübergreifende Betrachtung lässt den Schluss zu, dass bei der Überprüfung der Gewinnerzielungsabsicht auf die gesamte veräußerte Beteiligung und nicht auf den einzelnen veräußerten Anteil abgestellt werden muss. 37(1) Wirtschaftlich ist für die Klägerin kein Verlust entstanden. Das in die Kapitalrücklage eingezahlte Aufgeld verteilt sich auf alle Geschäftsanteile an der Kapitalgesellschaft und wertet diese entsprechend ihrer Nennwerte auf. Ermittelt man den Veräußerungsgewinn unter Zugrundelegung dieser gleichmäßigen Verteilung des Aufgelds hätten dem Veräußerungspreis i.H.v. 26.300 € Anschaffungskosten i.H.v. insgesamt 26.300 € gegenüber gestanden. 38(2) Ein Veräußerungsverlust entsteht nur steuerlich. Nach dem BFH-Urteil vom 27.05.2009 (I R 53/08, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2010, 375, unter II.2.a) – dem sich der Senat anschließt – ist das im Rahmen einer Kapitalerhöhung in die Kapitalrücklage eingezahlte Aufgeld ausschließlich dem neu geschaffenen Anteil zuzuordnen. Es handelt sich bei dem Aufgeld um einen Bestandteil der Gegenleistung, die der Erwerber aufbringen muss, um den zur Durchführung der Kapitalerhöhung neu geschaffenen Anteil erwerben zu können (BFH-Urteil vom 27.05.2009 I R 53/08, BFH/NV 2010, 375, unter II.2.a m.w.N.). Das Aufgeld ist deshalb nur jenen Geschäftsanteilen als Anschaffungskosten zuzurechnen, für deren Erwerb es aufzubringen war. Danach stehen dem Veräußerungspreis von 26.300 € Anschaffungskosten von insgesamt 501.300 € gegenüber. Die Rechtsprechung des BFH hat trotz der Einfügung des § 17 Abs. 2a Satz 5 EStG durch Gesetz vom 12.12.2019 (n.F.) Bedeutung für das Streitjahr. Diese Neuregelung gilt erst für Veräußerungen i.S.v. § 17 Abs. 1, Abs. 4 oder Abs. 5 EStG nach dem 31.07.2019 und nur auf Antrag des Steuerpflichtigen, der hier nicht gestellt wurde, bereits für Veräußerungen vor dem 31.07.2019 (vgl. § 52 Abs. 25a EStG). 39(3) Eine Nichtberücksichtigung der geltend gemachten Veräußerungsverluste würde überdies einen Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip darstellen. Der Gesetzgeber legt der Einkommensteuer das aus dem generellen verfassungsrechtlichen Maßstab des Gleichheitssatzes abgeleitete sog. objektive Nettoprinzip (einfachgesetzlich normiert in § 2 Abs. 2 EStG) zugrunde, nach dem nur das Nettoeinkommen, also die Erwerbseinnahmen abzüglich der Erwerbsaufwendungen, besteuert werden (BFH-Urteil vom 15.12.2016 VI R 53/12; BStBl II 2017, 938, unter 3.c; BFH-Urteil vom 26.02.2014 I R 59/12, BStBl II 2014, 1016, unter III.1.a aa). Ein Verlustausgleich soll danach auch periodenübergreifend vorgenommen werden (BFH-Urteil vom 26.02.2014 I R 59/12, BStBl II 2014, 1016, unter III.1.a bb m.w.N.). 40Eine Veräußerung der bis heute noch von der Klägerin gehaltenen Anteile mit den lfd. Nr. 1 bis 24.000, führt nach dem Erkenntnisstand von Dezember 2015 zu Veräußerungsgewinnen. Für diese Anteile wird aufgrund der wirtschaftlichen Aufwertung durch die Kapitalrücklagen der GmbH ein Veräußerungspreis über dem Nennwert zu erzielen sein. Bei dem dann zu berechnenden Veräußerungsgewinn nach § 17 Abs. 2 EStG ist das Aufgeld, aufgrund seiner vorangegangenen ausschließlichen Zuordnung zum Neuanteil, nicht mehr gewinnmindernd zu berücksichtigen. Folgte man der Auffassung des FA, würden die zukünftig entstehenden Gewinne steuerlich berücksichtigt werden, während das Aufgeld, trotz seiner gewinnsteigernden Auswirkung, steuerlich keine Berücksichtigung als Erwerbsaufwendung gefunden hätte. 41cc) Darüber hinaus ist die Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht im Rahmen des § 17 EStG genauso vorzunehmen, wie bei den sonstigen gewerblichen Einkünften nach § 15 EStG. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG ordnet die Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen den gewerblichen Einkünften nach § 15 EStG zu. 42(1) Zu den gewerblichen Einkünften gehören auch die Einkünfte aus der Veräußerung eines Gewerbebetriebs als Sachgesamtheit. Bei einer solchen Veräußerung wird nicht jedes einzelne mitveräußerte Wirtschaftsgut auf das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht hin überprüft. Es ist nicht unüblich, dass einige Wirtschaftsgüter unterpreisig und gleichwohl mit der Absicht der Erzielung eines Gesamtgewinns, veräußert werden. Andernfalls würde eine Betriebsveräußerung künstlich aufgespalten werden und eine genaue Kaufpreisaufteilung wäre erforderlich. 43(2) Zudem kann der von der Rechtsprechung zu den gewerblichen Einkünften nach § 15 EStG entwickelte Gedanke der Segmentierung auf die Einkünfte nach § 17 EStG übertragen werden. Verschiedene Aktivitäten des Steuerpflichtigen sind danach je nach den Umständen des Einzelfalls einheitlich (sog. Beurteilungseinheit) oder getrennt (sog. Segmentierung; BFH-Urteil vom 15.11.2006 XI R 58/04, BFH/NV 2007, 434, unter II.1.a) zu würdigen. Selbständige Tätigkeiten, die nicht bloße Hilfs- oder Nebentätigkeiten zu einer gewerblichen Haupttätigkeit sind, müssen gesondert beurteilt werden; abzugrenzen ist dabei nach dem Förderungs-/Sachzusammenhang (BFH-Urteil vom 25.06.1996 VIII R 28/94, BStBl II 1997, 202, unter II.2.b). Eine Segmentierung ist hingegen nur bei völlig getrennt zu beurteilenden Tätigkeiten, z.B. Getränkeverkauf einer Tanzschule (BFH-Urteil vom 18.05.1995 IV R 31/94, BStBl II 1995, 718), vorzunehmen. Beim Erwerb und Halten von mehreren Geschäftsanteilen an einer GmbH, die mit identischen Gewinnbezugsrechten ausgestattet sind, ist von einer Beurteilungseinheit auszugehen, auch wenn die Anschaffungskosten voneinander abweichen. Weder die Tätigkeit – das Halten von Kapitalgesellschaftsanteilen – noch die erworbenen Anteile selbst unterscheiden sich derart, dass eine sog. Segmentierung erforderlich wäre. 44dd) Schließlich spricht auch der neu eingefügte § 17 Abs. 2a Satz 5 EStG n.F. – der der Missbrauchsbekämpfung dienen soll (BT-Drs. 356/19, Seite 123) – dafür, dass der Gesetzgeber von einer einheitlichen Überprüfung der Gewinnerzielungsabsicht bei § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. ausgegangen ist. Es hätte der Neuregelung nicht bedurft, wenn im Rahmen des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG die durch die ausschließliche Zuordnung des Aufgelds zu dem neu geschaffenen Anteil entstandenen Veräußerungsverluste durch eine steuerliche Nichtberücksichtigung aufgrund fehlender Gewinnerzielungsabsicht hätte begegnet werden können. 45ee) Eine Übertragung der Rechtsprechung des BFH zur Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht im Rahmen des § 20 EStG, spricht – anders als das FA meint – nicht für eine Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht bei jedem einzelnen Geschäftsanteil. Der BFH trifft keine Aussage dazu, ob Anteile an einer Kapitalgesellschaft hinsichtlich des Vorliegens von Gewinnerzielungsabsicht einzeln zu würdigen sind oder nicht. Er hat bislang stets entschieden, dass die Einkünfteerzielungsabsicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen für jede einzelne Kapitalanlage (nicht aber für jeden Geschäftsanteil der Kapitalanlage) getrennt zu beurteilen ist (ständige Rechtsprechung; statt vieler z.B. BFH-Urteil vom 14.05.2014 VIII R 37/12, BFH/NV 2014, 1883, unter II.1.b aa m.w.N.). 46ff) Schließlich führt auch der Umstand, dass Geschäftsanteile, die der Gesellschafter zu verschiedenen Zeitpunkten erworben hat, ihre rechtliche Selbständigkeit behalten (BFH-Urteil vom 20.04.2004 VIII R 52/02, BStBl II 2004, 556, unter 3.a m.w.N.) nicht dazu, dass die veräußerten Anteile einzeln auf das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht zu überprüfen sind. Die Auslegung des § 17 EStG ist nach steuerrechtlichen Aspekten vorzunehmen. Es gibt insoweit keine Maßgeblichkeit des Gesellschaftsrechts (Levedag in Schmidt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 41. Auflage 2022, § 17 Rn. 3). Nach der Rechtsprechung des BFH, spricht der Umstand, dass die einzelnen Geschäftsanteile ihre zivilrechtliche Selbständigkeit behalten, lediglich dafür, dass bei Ermittlung des Veräußerungsgewinns auf die konkreten Aufwendungen für den Erwerb der einzelnen Anteile – soweit diese ermittelbar sind – und nicht auf einen gemittelten Wert aus der Summe der Anschaffungskosten für sämtliche Anteile abzustellen ist (BFH-Urteil vom 20.04.2004 VIII R 52/02, BStBl II 2004, 556, unter 3.a und b m.w.N.). Dem ist jedoch nicht zu entnehmen, dass bei Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht auf den einzelnen Anteil abzustellen ist. 472. Diese Maßstäbe zugrunde gelegt, war die Anerkennung des von den Klägern geltend gemachten Veräußerungsverlustes nicht wegen fehlender Gewinnerzielungsabsicht hinsichtlich des Neuanteils zu versagen. 48a) Der veräußerte Teil der Beteiligung, bestehend aus den veräußerten Altanteilen und dem Neuanteil, wurde von der Klägerin, die im Zeitpunkt der Veräußerung alle Geschäftsanteile an der GmbH hielt, mit der Absicht Gewinne zu erzielen erworben und gehalten. 49aa) Objektiv bestand hinsichtlich der von der Klägerin gehaltenen und nunmehr veräußerten Anteile insgesamt eine positive Erfolgsprognose. Bei einer periodenübergreifenden Betrachtung ist unter Berücksichtigung der geplanten Immobilieninvestments – in Bezug auf die Altanteile zwischen den Beteiligten unstreitig – von der Erzielung eines Totalgewinns auszugehen. Aufgrund der einheitlichen Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht für die gesamte veräußerte Beteiligung, teilt der Neuanteil das Schicksal der Altanteile. 50bb) Bei einer positiven objektiven Erfolgsprognose wird bei Einkünften nach § 17 EStG die Gewinnerzielungsabsicht regelmäßig vermutet (BFH-Urteil vom 04.11.1992 X R 33/90, BStBl II 1993, 292, unter 5.e; BFH-Urteil vom 29.06.1995 VIII R 68/93, BStBl II 1995, 722, unter II.1.b bb). 51b) Der geltend gemachte Veräußerungsverlust ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. 52aa) Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG ist der Veräußerungsgewinn i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Anschaffungskosten umfassen grundsätzlich alles, was der Erwerber aufgewendet hat, um das Wirtschaftsgut – vorliegend die Anteile – zu erlangen (BFH-Urteil 20.04.2004 vom VIII R 4/02, BStBl II 2004, 597; unter II.1.c bb zu § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG a.F.). 53(1) Werden Anteile – wie vorliegend – durch Gründung einer Kapitalgesellschaft erworben, ist Anschaffungspreis die Einlageverpflichtung (Nennwert bei Bareinlage) (Levedag in Schmidt, EStG, 41. Auflage 2022, § 17 Rn. 173). Entsprechendes gilt für den Erwerb im Wege der Kapitalerhöhung (BFH-Urteil vom 02.10.1984 VIII R 36/83, BStBl II 1985, 320, unter 1.b). 54(2) Darüber hinaus ist ein Aufgeld, das ein Erwerber neuer Geschäftsanteile aufgrund der getroffenen Einlagevereinbarung über den Nennbetrag der Einlage hinaus an eine Kapitalgesellschaft zu leisten hat und welches gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 1 des Handelsgesetzbuches in der Bilanz als Kapitalrücklage auszuweisen ist, Bestandteil der Gegenleistung, die der Erwerber aufbringen muss, um die Beteiligungsrechte zu erwerben. Es ist deshalb jenen Geschäftsanteilen als Anschaffungskosten zuzurechnen, für deren Erwerb es aufzubringen war (vgl. BFH-Urteil vom 27.05.2009 I R 53/08, BFH/NV 2010, 375, unter II.2.a). 55Anders als das FA meint, handelt es sich bei dieser BFH-Rechtsprechung nicht um eine Einzelfallentscheidung. Die in dem Urteil vom BFH ausgeführten Grundsätze erfahren weder dem zugrundeliegenden Sachverhalt geschuldete Einschränkungen noch hat der BFH anderweitig zum Ausdruck gebracht, dass er seine Entscheidung nicht über den dort entschiedenen Fall hinaus gelten lassen wolle. 56Auch die Einfügung des § 17 Abs. 2a Satz 5 EStG n.F. vermag die Anwendbarkeit der BFH-Rechtsprechung im Streitjahr nicht aufzuheben. Entgegen der Ansicht des FA handelt es sich bei § 17 Abs. 2a Satz 5 EStG n.F. nicht um eine rein deklaratorische – und damit auch bereits für das Streitjahr geltende –, sondern um eine konstitutive Regelung. Ungeachtet der Gesetzesbegründung, die die Regelung als deklaratorisch bezeichnet (BT-Drs. 356/19, Seite 123), konterkariert die Regelung die hier anzuwendende BFH-Rechtsprechung (Gosch in Kirchhof/Seer, Einkommensteuergesetz, 21. Auflage 2022, § 17 Rn. 99d). Seiner Auffassung, die Neuregelung sei deshalb nur deklaratorisch, weil die gleichmäßige Verteilung eines Aufgelds auf alle Anteile der laufenden Verwaltungspraxis vor Einführung der Neuregelung entspreche, müsste sich das FA zudem entgegenhalten lassen, dass es im Streitfall selbst keine solche Aufteilung vorgenommen hat, sondern das Aufgeld – der Rechtsprechung des BFH folgend – ausschließlich dem Neuanteil zugeordnet hat. 57bb) Gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG sind – unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens – 40 % des Veräußerungspreises i.S.d. § 17 Abs. 2 EStG steuerfrei. Daran anschließend dürfen gemäß § 3c Abs. 1 EStG Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. 58cc) Bei Anwendung dieser Regelungen, haben die Kläger zu Recht einen Veräußerungsverlust i.H.v. - 285.000 € geltend gemacht. Dieser ergab sich aus dem Abzug von 60 % der Anschaffungskosten i.H.v. 501.300 €, also 300.780 €, von 60 % des Veräußerungspreises i.H.v. 26.300 €, also 15.780 €. Die Anschaffungskosten für die 300 veräußerten Altanteile ergaben sich aus der Einlageverpflichtung i.H.v. 300 € (Nennwert je 1 €) bei Gründung. Die Anschaffungskosten für den Neuanteil setzten sich zusammen aus der Einlageverpflichtung i.H.v. 1.000 € (Nennwert 1.000 €) und dem in die Kapitalrücklagen eingezahlten Aufgeld i.H.v. 500.000 €. 593. Schließlich liegt auch kein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 der Abgabenordnung (AO) vor. 60a) Gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 AO liegt ein Missbrauch vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Dies gilt nach § 42 Abs. 2 Satz 2 AO nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind. 61b) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Die gewählte rechtliche Gestaltung ist nicht unangemessen. 62aa) Zwar enthält § 42 AO selbst keinen Maßstab für die Prüfung der Angemessenheit. Jedoch sind die von der Rechtsprechung zu § 42 AO a.F. entwickelten Grundsätze auch für die mit dem Jahressteuergesetz 2008 (BGBl I 2007, 3150, 3171) ergänzte und gemäß Art. 97 § 7 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung für nach dem 31.12.2007 beginnende Kalenderjahre geltende Neufassung des § 42 AO übertragbar (Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 29.11.2017 4 K 127/15, EFG 2018, 486, unter II.3, bestätigt durch BFH-Urteil vom 17.11.2020 I R 2/18, BStBl II 2021, 580, unter 2.b). Darüber hinaus sind in den jüngsten Entscheidungen des BFH zum aktuellen § 42 AO keine neuen Auslegungsimpulse durch die Rechtsprechung erkennbar. 63Eine rechtliche Gestaltung ist danach unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll (BFH-Urteil vom 18.12.2013 I R 25/12, BFH/NV 2014, 904 unter II.2.c aa m.w.N.). Allein das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine Gestaltung nicht unangemessen (BFH-Urteil vom 18.12.2013 I R 25/12, BFH/NV 2014, 904, unter II.2.c aa m.w.N.). Der Steuerpflichtige darf seine Verhältnisse grundsätzlich so gestalten, dass keine oder möglichst geringe Steuern anfallen und dabei zivilrechtliche Gestaltungen, die vom Gesetz vorgesehen sind, frei verwenden. Eine Gestaltung, die überhaupt keinen erkennbaren wirtschaftlichen Zweck hat, kann der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden (statt vieler z.B. BFH-Urteil vom 17.11.2020 I R 2/18, BStBl II 2021, 580, unter 2.b aa m.w.N). Dient die Gestaltung hingegen wirtschaftlichen Zwecken, darf das Verhalten der Beteiligten nicht auf seine Angemessenheit beurteilt werden (BFH-Urteil vom 08.05.2003 IV R 54/01, BStBl II 2003, 854, unter 1.a m.w.N). 64Auch wenn nach der Gesetzesbegründung die Unangemessenheit als wertender Begriff zu verstehen ist, der nicht mit dem empirischen Begriff der Ungewöhnlichkeit gleichgesetzt werden darf (BT-Drs. 16/7036, Seite 24), dürfen gleichwohl die von der Rechtsprechung zu § 42 AO a.F. entwickelten Indizien, wonach eine angemessene Gestaltung tendenziell eher einfach, zweckmäßig, übersichtlich und ökonomisch, eine unangemessene Gestaltung hingegen eher unwirtschaftlich, umständlich, kompliziert, schwerfällig, gekünstelt, überflüssig, ineffektiv oder widersinnig erscheint, weiterhin herangezogen werden. Sie haben als umschreibende Begriffe Indizfunktion (Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 29.11.2017 4 K 127/15, EFG 2018, 486, unter II.3 m.w.N. aus der Literatur, bestätigt durch BFH-Urteil vom 17.11.2020 I R 2/18, BStBl II 2021, 580, unter 2.b). 65bb) Die von der Klägerin gewählte rechtliche Gestaltung – Anteilserwerb durch Kapitalerhöhung unter Aufgeldzahlung – ist nicht unangemessen. Sie dient nicht ausschließlich dem Zweck der Steuerminderung, sondern der Ausstattung der GmbH mit Finanzmitteln, mithin einem wirtschaftlichen Zweck. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ein verständiger Beteiligter die Gestaltung in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts und der wirtschaftlichen Zielsetzung ebenfalls gewählt hätte (vgl. BFH-Urteil vom 01.02.2001 IV R 3/00, BFH/NV 2001, 829, unter 2.b aa m.w.N.). Für den Alleingesellschafter einer GmbH macht es wirtschaftlich keinen Unterschied, ob er die Finanzmittel in Form eines Darlehens in die Gesellschaft gibt oder – wie vorliegend – als Aufgeld im Zuge einer Kapitalerhöhung in die Kapitalrücklagen oder aber als freiwillige Zahlung in die Kapitalrücklagen einzahlt. Das wirtschaftliche Ergebnis bleibt aus seiner Perspektive – unabhängig von den steuerlichen Auswirkungen – gleich. 66cc) Auch im Vergleich zu den zuvor aufgezeigten anderen rechtlichen Gestaltungen, zur Ausstattung der Gesellschaft mit Finanzmitteln, erscheint die gewählte rechtliche Gestaltung nicht unangemessen. Die gewählte rechtliche Gestaltung ist weder gekünstelt noch umständlicher, wesentlich teurer, komplizierter oder weniger praktikabel im Vergleich zu den vom FA vorgeschlagenen Gestaltungen. 67II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. 68III. Die Revision war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Die Frage, ob die Gewinnerzielungsabsicht im Rahmen des § 17 EStG einheitlich für alle veräußerten Geschäftsanteile oder anhand jedes einzelnen Geschäftsanteils geprüft wird, ist bisher nicht höchstrichterlich geklärt. 69IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
der einkommensteuerbescheid für 2015 vom 14.09.2018 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 08.04.2020 wird dahingehend geändert, dass die einkünfte der klägerin aus veräußerungsgewinnen nach § 17 des einkommensteuergesetzes auf - 285.000 € herabgesetzt werden. die kosten des verfahrens trägt der beklagte. die revision wird zugelassen. die zuziehung eines bevollmächtigten für das vorverfahren war notwendig. das urteil ist wegen der kosten ohne sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. der beklagte kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages abwenden, soweit nicht die kläger zuvor sicherheit in höhe des vollstreckbaren betrages leisten. 1
2die beteiligten streiten über die berücksichtigung eines veräußerungsverlustes gemäß § 17 des einkommensteuergesetzes (estg). 3die klägerin, die gemeinsam mit ihrem ehemann – dem kläger – zur einkommensteuer veranlagt wird, war ursprünglich alleingesellschafterin der am 13.11.2015 gegründeten a gmbh (gmbh), deren gegenstand der ankauf und die verwaltung von bestandsimmobilien ist. das stammkapital betrug bei gründung 25.000 € und war eingeteilt in 25.000 geschäftsanteile im nennbetrag von jeweils 1 € (lfd. nr. 1 bis 25.000). 4mitte dezember 2015 (streitjahr) beschloss die klägerin eine kapitalerhöhung und schuf zur durchführung einen neuen geschäftsanteil mit der lfd. nr. 25.001 (neuanteil) im nennbetrag von 1.000 €. neben der einlage i.h.v. 1.000 €, zahlte die klägerin gemäß punkt 3 des kapitalerhöhungsbeschlusses, ein aufgeld i.h.v. 500.000 € in die kapitalrücklage der gmbh ein. 5kurz darauf veräußerte die klägerin die geschäftsanteile mit den lfd. nr. 24.701 bis 25.001 (veräußerte beteiligung) zu einem kaufpreis i.h.v. 26.300 € an den kläger. 6mit ihrer einkommensteuererklärung für das streitjahr machten die kläger einen veräußerungsverlust nach § 17 estg i.h.v. - 285.000 € geltend. dem lag folgende berechnung zu grunde: 7veräußerungspreis 26.300 € ./.nennwert geschäftsanteile lfd. nr. 24.701 bis 25.000 300 € ./.nennwert geschäftsanteil lfd. nr. 25.001 1.000 € ./.aufgeld für den geschäftsanteil lfd. nr. 25.001 500.000 € summe anschaffungskosten 501.300 € - 501.300 € einkünfte - 475.000 € einkünfte (nach teileinkünfteverfahren) - 285.000 € 8mit bescheid vom 14.09.2018 setzte der beklagte (finanzamt – fa –) die einkommen-steuer auf 0 € fest. abweichend von der steuererklärung berücksichtigte er – unter verneinung einer gewinnerzielungsabsicht bezüglich des neuanteils – einen gewinn aus der veräußerung der anteile mit den lfd. nr. 24.701 bis 25.000 (veräußerte altanteile) i.h.v. 5.770 €. dem lag folgende berechnung zugrunde: 9 altanteile neuanteil veräußerungspreis 6.070 € 20.230 € ./. nennwert 300 € 1.000 € ./. aufgeld 500.000 € einkünfte (ohne teileinkünfteverfahren) 5.770 € - 480.770 € 10nach erfolglosem einspruchsverfahren haben die kläger klage erhoben. zur begründung tragen sie vor, dass der erklärte veräußerungsverlust anzuerkennen sei, da die veräußerten anteile insgesamt mit gewinnerzielungsabsicht erworben und gehalten worden seien. im rahmen des § 17 estg sei das vorliegen einer gewinnerzielungsabsicht einheitlich für die gesamte veräußerte beteiligung und nicht hinsichtlich jedes einzelnen veräußerten anteils zu prüfen. 11hierfür spreche bereits der wortlaut des § 17 abs. 1 satz 1 estg, der bei der formulierung „unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 prozent beteiligt“ ausdrücklich auf die beteiligung als prüfungsgegenstand abstelle. 12auch ein vergleich mit den sonstigen gewerblichen einkünften, denen die hier streitigen einkünfte zugeordnet würden, spreche für eine einheitliche beurteilung. bei der veräußerung eines gewerbebetriebs werde nicht jedes einzelne mitveräußerte wirtschaftsgut auf das vorliegen einer gewinnerzielungsabsicht überprüft. ebenso wie ein gewerbetreibender mit einer veräußerung einzelner wirtschaftsgüter unter preis ggfs. eine spätere gewinnerzielung beabsichtige, stehe auch im vorliegenden fall dem verlust aus der veräußerung des neuanteils ein gewinn aus der veräußerung der bereits veräußerten altanteile sowie ein ggfs. in zukunft zu erzielender gewinn aus der veräußerung der anderen anteile mit den lfd. nr. 1 bis 24.700 gegenüber. 13es gäbe auch keinen ersichtlichen grund, warum eine einheitliche beteiligung künstlich in mehrere beteiligungen aufgespalten werden sollte. es sei nicht nachvollziehbar, warum es sich beim halten des einen anteils um eine mit gewinnerzielungsabsicht unternommene tätigkeit handeln solle, während es sich beim halten eines anderen, im wesentlichen gleichen anteils an derselben kapitalgesellschaft, um eine tätigkeit handeln solle, die dem bereich der allgemeinen lebensführung oder der verwirklichung persönlicher neigungen zuzuordnen sei. 14die nichtberücksichtigung des geltend gemachten veräußerungsverlusts stelle überdies einen verstoß gegen das in art. 3 abs. 1 des grundgesetzes (gg) verfassungsrechtlich verankerten objektiven nettoprinzips dar. wenn die gewinne aus der veräußerung der jetzt veräußerten altanteile sowie aus einer zukünftigen veräußerung der anderen altanteile berücksichtigt würden, sei auch der verlust aus der veräußerung des neuanteils zu berücksichtigen. denn die gewinne entstünden durch die aufgrund der wertsteigerung der altanteile in folge der aufgeldzahlung höher zu erzielenden veräußerungspreise. dann aber müsse auch der durch die aufgeldzahlung entstandene aufwand steuerlich berücksichtigt werden. das objektive nettoprinzip gebiete nicht nur, dass aufwendungen, die zur erzielung von einnahmen getätigt würden, tatsächlich von den einnahmen abgezogen würden, sondern auch, dass verluste zumindest periodenübergreifend mit gewinnen ausgeglichen würden. die versagung der verlustberücksichtigung stelle einen nicht zu rechtfertigenden grundrechtseingriff dar. insbesondere könne nicht das rechtsinstitut der „liebhaberei“ als rechtfertigung herangezogen werden. im gegensatz zu den typischen „liebhaberei-tätigkeiten“, z.b. das vermieten einer segeljacht, dem züchten von pferden oder dem sammeln von kunstgegenständen, könne beim halten von kapitalgesellschaftsanteilen nicht von privaten neigungen oder einem hobby ausgegangen werden. daher werde bei § 17 estg die einkünfteerzielungsabsicht regelmäßig vermutet. 15zu beachten sei, dass wirtschaftlich überhaupt kein verlust entstanden sei. das aufgeld verteile sich gleichmäßig (entsprechend der nennwerte) auf alle anteile, sodass jedem altanteil wirtschaftlich (nachträgliche) anschaffungskosten von rd. 19,23 € und dem neuanteil anschaffungskosten von 19.230 € zuzurechnen seien. dem kaufpreis i.h.v. 26.300 € stünden demnach anschaffungskosten i.h.v. ebenfalls 26.300 € (nennwerte 1.300 € und anteiliges aufgeld 25.000 €) gegenüber. ein veräußerungsverlust ergebe sich lediglich steuerlich, da nach dem urteil des bundesfinanzhofs (bfh) vom 27.05.2009 i r 53/08 ein für den erwerb eines gmbh-anteils im rahmen einer kapitalerhöhung gezahltes aufgeld ausschließlich dem neu erworbenen anteil als anschaffungskosten zuzuordnen sei. 16die kläger beantragen, 17den einkommensteuerbescheid für 2015 und vom 14.09.2018 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 08.04.2020 dahingehend zu ändern, dass die einkünfte der klägerin aus veräußerungsgewinnen nach § 17 estg auf - 285.000 euro herabgesetzt werden, 18hilfsweise im unterliegensfalle, die revision zuzulassen. 19das fa beantragt, 20die klage abzuweisen. 21zur begründung trägt es vor, dass sich die prüfung der gewinnerzielungsabsicht auch bei § 17 estg an der einkunftsquelle, d.h. dem einzelnen geschäftsanteil, zu orientieren habe. der geschäftsanteil als solcher verkörpere den quotalen anteil an den stillen reserven der kapitalgesellschaft und berechtige zur teilnahme an der gewinnverteilung i.s.d. § 29 abs. 3 des gesetzes betreffend die gesellschaften mit beschränkter haftung. die zivilrechtliche selbständigkeit des einzelnen geschäftsanteils sei auch für das steuerrecht maßgeblich. 22es sei denkbar, dass geschäftsanteile zu unterschiedlichen zeitpunkten und aus unterschiedlichen motiven erworben würden. so könnten erwerbsanlässe einen spekulativen charakter haben oder aber übergeordneten strategischen überlegungen folgen. hinsichtlich des neuanteils habe die klägerin bereits im erwerbszeitpunkt davon ausgehen müssen, während der von vornherein beabsichtigten nur kurzen haltephase bis zu einer späteren veräußerung keinen totalgewinn erzielen zu können. 23der wortlaut des § 17 estg spreche – anders als die kläger meinten – für eine separate überprüfung der geschäftsanteile. formulierungen wie „der veräußerte anteil“, „veräußerung der anteile“ oder „veräußerungspreise der anteile“ würden gleich mehrfach verwendet. dies ließe den willen des gesetzgebers, auf den einzelnen anteil abzustellen, erkennen. 24auch nach der zu § 20 estg ergangenen rechtsprechung, die auf § 17 estg übertragbar sei, sei eine totalerfolgsprognose nicht pauschal für die gesamte einkunftsart, sondern bei vorhandensein mehrerer kapitalanlagen grundsätzlich für jede kapitalanlage gesondert zu erstellen. auch bei schuldzinsen sei für jede einzelne aktie zu beurteilen, ob und inwieweit der zur anschaffung der aktie aufgenommene kredit der ertragserzielung oder der kapitalanlage diene. 25unabhängig davon, dass dem gesellschafter hinsichtlich der finanzierung seiner gesellschaft grundsätzlich gestaltungsfreiheit zukomme, sei zu berücksichtigten, dass aufgrund des unternehmensgegenstands – ankauf und verwaltung von bestandsimmobilien – bereits bei gründung der gmbh bekannt gewesen sei, dass ein deutlich über dem stammkapital von 25.000 € liegender finanzierungsbedarf bevorstehe. diesem hätte durch eine ausreichende finanzierung bei gründung oder aber durch eine freiwillige einzahlung in die kapitalrücklage unabhängig von einer kapitalerhöhung begegnet werden können. der enge zeitliche zusammenhang zwischen der gesellschaftsgründung, der kapitalerhöhung und der veräußerung der anteile sowie der vornherein bestehende plan, gemeinsam immobilieninvestments zu tätigen, seien indizien für eine gesellschaftsgestaltung, deren ziel es gewesen sei, einen veräußerungsverlust zu generieren. es ließen sich weder andere wirtschaftliche gründe für die wahl einer solchen strukturierung erkennen noch könne davon ausgegangen werden, dass ein fremder dritter ein solch hohes aufgeld gezahlt hätte. 26sofern die gewinnerzielungsabsicht nicht separat anhand des einzelnen veräußerten anteils zu prüfen sein sollte, sei das aufgeld gleichmäßig auf alle anteile an der gmbh zu verteilen. der neu eingefügte § 17 abs. 2a satz 5 estg, der eine solche gleichmäßige aufteilung nunmehr normiert, sei rein deklaratorischer natur, da die gleichmäßige verteilung des aufgeldes der vorher schon geltenden verwaltungspraxis entspräche. das von den klägern angeführte bfh-urteil, wonach das aufgeld ausschließlich dem neuanteil zuzuordnen sei, stünde dem auch nicht entgegen, da es sich hier um eine nicht allgemein anwendbare einzelfallentscheidung handele. 27
28i. die klage ist begründet. 29der einkommensteuerbescheid 2015 vom 14.09.2018 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 08.04.2020 ist rechtswidrig und verletzt die kläger in ihren rechten (§ 100 abs. 1 satz 1 der finanzgerichtsordnung – fgo –). zu unrecht hat das fa den von den klägern geltend gemachten veräußerungsverlust i.h.v. - 285.000 € im rahmen der einkünfte aus gewerbebetrieb nach § 17, § 3 nr. 40 satz 1 buchst. c, § 3c abs. 2 satz 1 estg nicht berücksichtigt. 301. nach § 17 abs. 1 satz 1 estg gehört zu den einkünften aus gewerbebetrieb auch der gewinn aus der veräußerung von anteilen an einer kapitalgesellschaft, wenn der veräußerer innerhalb der letzten fünf jahre am kapital der gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war. bei der anwendung des § 17 estg sind die grundaussagen des § 2 abs. 1 estg über die steuerbarkeit des einkommens vorgegeben (bfh-urteil vom 04.11.1992 x r 33/90, bstbl ii 1993, 292, unter 5.e), mithin auch die notwendigkeit, dass der wesentlich beteiligte die anteile mit der absicht, gewinn zu erzielen, erwerben und halten muss. fehlt es an der absicht der einkünfteerzielung, liegen keine steuerbaren einkünfte vor (vgl. beschluss des großen senats des bfh vom 25.06.1984 grs 4/82, bstbl ii 1984, 751, unter c.iv.3.c aa). 31a) die prüfung der gewinnerzielungsabsicht erfolgt zweigliedrig: zunächst wird die objektive erfolgsprognose und erst dann – sofern die erfolgsprognose negativ ist – die subjektive gewinnerzielungsabsicht des steuerpflichtigen und/oder seine privaten gründe für seine tätigkeit geprüft (wacker in schmidt, kommentar zum einkommensteuergesetz, 41. auflage 2022, § 15 rn. 24 m.w.n.). 32aa) bei der prüfung der erfolgsprognose wird nicht abschnittsbezogen ein periodengewinn in bezug genommen, sondern der totalgewinn als gesamtergebnis der steuerrelevanten tätigkeit oder nutzung von kapitalvermögen (urteil vom 29.06.1995 viii r 68/93, bstbl ii 1995, 722, unter ii.1.b cc). 33bb) regelmäßig ist bei vorliegen einer positiven erfolgsprognose bei gewerblichen einkünften aus der veräußerung einer wesentlichen beteiligung davon auszugehen, dass der wesentlich beteiligte eine entsprechende absicht der gewinnerzielung besitzt, auch wenn die gewinnerzielung bei kurzer dauer der beteiligung im einzelfall in den hintergrund treten kann (bfh-urteil vom 04.11.1992 x r 33/90, bstbl ii 1993, 292, unter 5.e); bfh-urteil vom 29.06.1995 viii r 68/93, bstbl ii 1995, 722, unter ii.1.b bb). bei einem negativen gesamtergebnis oder einer objektiv negativen ergebnisprognose ist aber nicht zwingend von liebhaberei auszugehen, sondern nur dann, wenn die tätigkeit auf ertragsteuerlich unbeachtlichen motiven beruht, z.b. weil die verlustbringende tätigkeit aus gründen allgemeiner lebensführung oder persönlichen neigungen ausgeübt wird (bfh-urteil vom 30.10.2014 iv r 34/11, bstbl ii 2015, 380, unter ii.2.b aa). 34b) die gewinnerzielungsabsicht ist im rahmen des § 17 estg nicht anhand jedes einzelnen veräußerten anteils, sondern einheitlich für alle veräußerten anteile zu prüfen. dies ergibt sich aus der periodenübergreifenden betrachtung bei ermittlung der erfolgsprognose, aus der gesetzlichen zuordnung der einkünfte nach § 17 estg zu den gewerblichen einkünften gemäß § 15 estg sowie aus den gründen der neueinführung des § 17 abs. 2a satz 5 estg. 35aa) dem wortlaut des § 17 estg ist nicht zu entnehmen, ob die gewinnerzielungsabsicht anhand jedes einzelnen veräußerten anteils oder einheitlich für alle veräußerten anteile zu prüfen ist. in § 17 abs. 1 satz 4 estg ist zwar vom „veräußerten anteil“ sowie in § 17 abs. 2 satz 2 estg von „veräußerungspreis[es] der anteile“ die rede. demgegenüber wird in § 17 abs. 1 satz 1 estg die formulierung „zu mindestens 1 prozent beteiligt“ verwendet. ein rückschluss darauf, wie die gewinnerzielungsabsicht im rahmen des § 17 estg zu prüfen ist, kann aus dem wortlaut der regelung nicht gezogen werden. 36bb) die für die ermittlung der erfolgsprognose im rahmen der prüfung der gewinnerzielungsabsicht maßgebliche periodenübergreifende betrachtung lässt den schluss zu, dass bei der überprüfung der gewinnerzielungsabsicht auf die gesamte veräußerte beteiligung und nicht auf den einzelnen veräußerten anteil abgestellt werden muss. 37(1) wirtschaftlich ist für die klägerin kein verlust entstanden. das in die kapitalrücklage eingezahlte aufgeld verteilt sich auf alle geschäftsanteile an der kapitalgesellschaft und wertet diese entsprechend ihrer nennwerte auf. ermittelt man den veräußerungsgewinn unter zugrundelegung dieser gleichmäßigen verteilung des aufgelds hätten dem veräußerungspreis i.h.v. 26.300 € anschaffungskosten i.h.v. insgesamt 26.300 € gegenüber gestanden. 38(2) ein veräußerungsverlust entsteht nur steuerlich. nach dem bfh-urteil vom 27.05.2009 (i r 53/08, sammlung amtlich nicht veröffentlichter entscheidungen des bfh – bfh/nv – 2010, 375, unter ii.2.a) – dem sich der senat anschließt – ist das im rahmen einer kapitalerhöhung in die kapitalrücklage eingezahlte aufgeld ausschließlich dem neu geschaffenen anteil zuzuordnen. es handelt sich bei dem aufgeld um einen bestandteil der gegenleistung, die der erwerber aufbringen muss, um den zur durchführung der kapitalerhöhung neu geschaffenen anteil erwerben zu können (bfh-urteil vom 27.05.2009 i r 53/08, bfh/nv 2010, 375, unter ii.2.a m.w.n.). das aufgeld ist deshalb nur jenen geschäftsanteilen als anschaffungskosten zuzurechnen, für deren erwerb es aufzubringen war. danach stehen dem veräußerungspreis von 26.300 € anschaffungskosten von insgesamt 501.300 € gegenüber. die rechtsprechung des bfh hat trotz der einfügung des § 17 abs. 2a satz 5 estg durch gesetz vom 12.12.2019 (n.f.) bedeutung für das streitjahr. diese neuregelung gilt erst für veräußerungen i.s.v. § 17 abs. 1, abs. 4 oder abs. 5 estg nach dem 31.07.2019 und nur auf antrag des steuerpflichtigen, der hier nicht gestellt wurde, bereits für veräußerungen vor dem 31.07.2019 (vgl. § 52 abs. 25a estg). 39(3) eine nichtberücksichtigung der geltend gemachten veräußerungsverluste würde überdies einen verstoß gegen das objektive nettoprinzip darstellen. der gesetzgeber legt der einkommensteuer das aus dem generellen verfassungsrechtlichen maßstab des gleichheitssatzes abgeleitete sog. objektive nettoprinzip (einfachgesetzlich normiert in § 2 abs. 2 estg) zugrunde, nach dem nur das nettoeinkommen, also die erwerbseinnahmen abzüglich der erwerbsaufwendungen, besteuert werden (bfh-urteil vom 15.12.2016 vi r 53/12; bstbl ii 2017, 938, unter 3.c; bfh-urteil vom 26.02.2014 i r 59/12, bstbl ii 2014, 1016, unter iii.1.a aa). ein verlustausgleich soll danach auch periodenübergreifend vorgenommen werden (bfh-urteil vom 26.02.2014 i r 59/12, bstbl ii 2014, 1016, unter iii.1.a bb m.w.n.). 40eine veräußerung der bis heute noch von der klägerin gehaltenen anteile mit den lfd. nr. 1 bis 24.000, führt nach dem erkenntnisstand von dezember 2015 zu veräußerungsgewinnen. für diese anteile wird aufgrund der wirtschaftlichen aufwertung durch die kapitalrücklagen der gmbh ein veräußerungspreis über dem nennwert zu erzielen sein. bei dem dann zu berechnenden veräußerungsgewinn nach § 17 abs. 2 estg ist das aufgeld, aufgrund seiner vorangegangenen ausschließlichen zuordnung zum neuanteil, nicht mehr gewinnmindernd zu berücksichtigen. folgte man der auffassung des fa, würden die zukünftig entstehenden gewinne steuerlich berücksichtigt werden, während das aufgeld, trotz seiner gewinnsteigernden auswirkung, steuerlich keine berücksichtigung als erwerbsaufwendung gefunden hätte. 41cc) darüber hinaus ist die prüfung der gewinnerzielungsabsicht im rahmen des § 17 estg genauso vorzunehmen, wie bei den sonstigen gewerblichen einkünften nach § 15 estg. § 17 abs. 1 satz 1 estg ordnet die gewinne aus der veräußerung von kapitalgesellschaftsanteilen den gewerblichen einkünften nach § 15 estg zu. 42(1) zu den gewerblichen einkünften gehören auch die einkünfte aus der veräußerung eines gewerbebetriebs als sachgesamtheit. bei einer solchen veräußerung wird nicht jedes einzelne mitveräußerte wirtschaftsgut auf das vorliegen einer gewinnerzielungsabsicht hin überprüft. es ist nicht unüblich, dass einige wirtschaftsgüter unterpreisig und gleichwohl mit der absicht der erzielung eines gesamtgewinns, veräußert werden. andernfalls würde eine betriebsveräußerung künstlich aufgespalten werden und eine genaue kaufpreisaufteilung wäre erforderlich. 43(2) zudem kann der von der rechtsprechung zu den gewerblichen einkünften nach § 15 estg entwickelte gedanke der segmentierung auf die einkünfte nach § 17 estg übertragen werden. verschiedene aktivitäten des steuerpflichtigen sind danach je nach den umständen des einzelfalls einheitlich (sog. beurteilungseinheit) oder getrennt (sog. segmentierung; bfh-urteil vom 15.11.2006 xi r 58/04, bfh/nv 2007, 434, unter ii.1.a) zu würdigen. selbständige tätigkeiten, die nicht bloße hilfs- oder nebentätigkeiten zu einer gewerblichen haupttätigkeit sind, müssen gesondert beurteilt werden; abzugrenzen ist dabei nach dem förderungs-/sachzusammenhang (bfh-urteil vom 25.06.1996 viii r 28/94, bstbl ii 1997, 202, unter ii.2.b). eine segmentierung ist hingegen nur bei völlig getrennt zu beurteilenden tätigkeiten, z.b. getränkeverkauf einer tanzschule (bfh-urteil vom 18.05.1995 iv r 31/94, bstbl ii 1995, 718), vorzunehmen. beim erwerb und halten von mehreren geschäftsanteilen an einer gmbh, die mit identischen gewinnbezugsrechten ausgestattet sind, ist von einer beurteilungseinheit auszugehen, auch wenn die anschaffungskosten voneinander abweichen. weder die tätigkeit – das halten von kapitalgesellschaftsanteilen – noch die erworbenen anteile selbst unterscheiden sich derart, dass eine sog. segmentierung erforderlich wäre. 44dd) schließlich spricht auch der neu eingefügte § 17 abs. 2a satz 5 estg n.f. – der der missbrauchsbekämpfung dienen soll (bt-drs. 356/19, seite 123) – dafür, dass der gesetzgeber von einer einheitlichen überprüfung der gewinnerzielungsabsicht bei § 17 abs. 1 satz 1 estg a.f. ausgegangen ist. es hätte der neuregelung nicht bedurft, wenn im rahmen des § 17 abs. 1 satz 1 estg die durch die ausschließliche zuordnung des aufgelds zu dem neu geschaffenen anteil entstandenen veräußerungsverluste durch eine steuerliche nichtberücksichtigung aufgrund fehlender gewinnerzielungsabsicht hätte begegnet werden können. 45ee) eine übertragung der rechtsprechung des bfh zur prüfung der gewinnerzielungsabsicht im rahmen des § 20 estg, spricht – anders als das fa meint – nicht für eine prüfung der gewinnerzielungsabsicht bei jedem einzelnen geschäftsanteil. der bfh trifft keine aussage dazu, ob anteile an einer kapitalgesellschaft hinsichtlich des vorliegens von gewinnerzielungsabsicht einzeln zu würdigen sind oder nicht. er hat bislang stets entschieden, dass die einkünfteerzielungsabsicht bei den einkünften aus kapitalvermögen für jede einzelne kapitalanlage (nicht aber für jeden geschäftsanteil der kapitalanlage) getrennt zu beurteilen ist (ständige rechtsprechung; statt vieler z.b. bfh-urteil vom 14.05.2014 viii r 37/12, bfh/nv 2014, 1883, unter ii.1.b aa m.w.n.). 46ff) schließlich führt auch der umstand, dass geschäftsanteile, die der gesellschafter zu verschiedenen zeitpunkten erworben hat, ihre rechtliche selbständigkeit behalten (bfh-urteil vom 20.04.2004 viii r 52/02, bstbl ii 2004, 556, unter 3.a m.w.n.) nicht dazu, dass die veräußerten anteile einzeln auf das vorliegen einer gewinnerzielungsabsicht zu überprüfen sind. die auslegung des § 17 estg ist nach steuerrechtlichen aspekten vorzunehmen. es gibt insoweit keine maßgeblichkeit des gesellschaftsrechts (levedag in schmidt, kommentar zum einkommensteuergesetz, 41. auflage 2022, § 17 rn. 3). nach der rechtsprechung des bfh, spricht der umstand, dass die einzelnen geschäftsanteile ihre zivilrechtliche selbständigkeit behalten, lediglich dafür, dass bei ermittlung des veräußerungsgewinns auf die konkreten aufwendungen für den erwerb der einzelnen anteile – soweit diese ermittelbar sind – und nicht auf einen gemittelten wert aus der summe der anschaffungskosten für sämtliche anteile abzustellen ist (bfh-urteil vom 20.04.2004 viii r 52/02, bstbl ii 2004, 556, unter 3.a und b m.w.n.). dem ist jedoch nicht zu entnehmen, dass bei prüfung der gewinnerzielungsabsicht auf den einzelnen anteil abzustellen ist. 472. diese maßstäbe zugrunde gelegt, war die anerkennung des von den klägern geltend gemachten veräußerungsverlustes nicht wegen fehlender gewinnerzielungsabsicht hinsichtlich des neuanteils zu versagen. 48a) der veräußerte teil der beteiligung, bestehend aus den veräußerten altanteilen und dem neuanteil, wurde von der klägerin, die im zeitpunkt der veräußerung alle geschäftsanteile an der gmbh hielt, mit der absicht gewinne zu erzielen erworben und gehalten. 49aa) objektiv bestand hinsichtlich der von der klägerin gehaltenen und nunmehr veräußerten anteile insgesamt eine positive erfolgsprognose. bei einer periodenübergreifenden betrachtung ist unter berücksichtigung der geplanten immobilieninvestments – in bezug auf die altanteile zwischen den beteiligten unstreitig – von der erzielung eines totalgewinns auszugehen. aufgrund der einheitlichen beurteilung der gewinnerzielungsabsicht für die gesamte veräußerte beteiligung, teilt der neuanteil das schicksal der altanteile. 50bb) bei einer positiven objektiven erfolgsprognose wird bei einkünften nach § 17 estg die gewinnerzielungsabsicht regelmäßig vermutet (bfh-urteil vom 04.11.1992 x r 33/90, bstbl ii 1993, 292, unter 5.e; bfh-urteil vom 29.06.1995 viii r 68/93, bstbl ii 1995, 722, unter ii.1.b bb). 51b) der geltend gemachte veräußerungsverlust ist auch der höhe nach nicht zu beanstanden. 52aa) gemäß § 17 abs. 2 satz 1 estg ist der veräußerungsgewinn i.s.d. § 17 abs. 1 satz 1 estg der betrag, um den der veräußerungspreis nach abzug der veräußerungskosten die anschaffungskosten übersteigt. anschaffungskosten umfassen grundsätzlich alles, was der erwerber aufgewendet hat, um das wirtschaftsgut – vorliegend die anteile – zu erlangen (bfh-urteil 20.04.2004 vom viii r 4/02, bstbl ii 2004, 597; unter ii.1.c bb zu § 17 abs. 2 satz 1 estg a.f.). 53(1) werden anteile – wie vorliegend – durch gründung einer kapitalgesellschaft erworben, ist anschaffungspreis die einlageverpflichtung (nennwert bei bareinlage) (levedag in schmidt, estg, 41. auflage 2022, § 17 rn. 173). entsprechendes gilt für den erwerb im wege der kapitalerhöhung (bfh-urteil vom 02.10.1984 viii r 36/83, bstbl ii 1985, 320, unter 1.b). 54(2) darüber hinaus ist ein aufgeld, das ein erwerber neuer geschäftsanteile aufgrund der getroffenen einlagevereinbarung über den nennbetrag der einlage hinaus an eine kapitalgesellschaft zu leisten hat und welches gemäß § 272 abs. 2 nr. 1 des handelsgesetzbuches in der bilanz als kapitalrücklage auszuweisen ist, bestandteil der gegenleistung, die der erwerber aufbringen muss, um die beteiligungsrechte zu erwerben. es ist deshalb jenen geschäftsanteilen als anschaffungskosten zuzurechnen, für deren erwerb es aufzubringen war (vgl. bfh-urteil vom 27.05.2009 i r 53/08, bfh/nv 2010, 375, unter ii.2.a). 55anders als das fa meint, handelt es sich bei dieser bfh-rechtsprechung nicht um eine einzelfallentscheidung. die in dem urteil vom bfh ausgeführten grundsätze erfahren weder dem zugrundeliegenden sachverhalt geschuldete einschränkungen noch hat der bfh anderweitig zum ausdruck gebracht, dass er seine entscheidung nicht über den dort entschiedenen fall hinaus gelten lassen wolle. 56auch die einfügung des § 17 abs. 2a satz 5 estg n.f. vermag die anwendbarkeit der bfh-rechtsprechung im streitjahr nicht aufzuheben. entgegen der ansicht des fa handelt es sich bei § 17 abs. 2a satz 5 estg n.f. nicht um eine rein deklaratorische – und damit auch bereits für das streitjahr geltende –, sondern um eine konstitutive regelung. ungeachtet der gesetzesbegründung, die die regelung als deklaratorisch bezeichnet (bt-drs. 356/19, seite 123), konterkariert die regelung die hier anzuwendende bfh-rechtsprechung (gosch in kirchhof/seer, einkommensteuergesetz, 21. auflage 2022, § 17 rn. 99d). seiner auffassung, die neuregelung sei deshalb nur deklaratorisch, weil die gleichmäßige verteilung eines aufgelds auf alle anteile der laufenden verwaltungspraxis vor einführung der neuregelung entspreche, müsste sich das fa zudem entgegenhalten lassen, dass es im streitfall selbst keine solche aufteilung vorgenommen hat, sondern das aufgeld – der rechtsprechung des bfh folgend – ausschließlich dem neuanteil zugeordnet hat. 57bb) gemäß § 3 nr. 40 satz 1 buchst. c estg sind – unter anwendung des teileinkünfteverfahrens – 40 % des veräußerungspreises i.s.d. § 17 abs. 2 estg steuerfrei. daran anschließend dürfen gemäß § 3c abs. 1 estg ausgaben, soweit sie mit steuerfreien einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen zusammenhang stehen, nicht als betriebsausgaben oder werbungskosten abgezogen werden. 58cc) bei anwendung dieser regelungen, haben die kläger zu recht einen veräußerungsverlust i.h.v. - 285.000 € geltend gemacht. dieser ergab sich aus dem abzug von 60 % der anschaffungskosten i.h.v. 501.300 €, also 300.780 €, von 60 % des veräußerungspreises i.h.v. 26.300 €, also 15.780 €. die anschaffungskosten für die 300 veräußerten altanteile ergaben sich aus der einlageverpflichtung i.h.v. 300 € (nennwert je 1 €) bei gründung. die anschaffungskosten für den neuanteil setzten sich zusammen aus der einlageverpflichtung i.h.v. 1.000 € (nennwert 1.000 €) und dem in die kapitalrücklagen eingezahlten aufgeld i.h.v. 500.000 €. 593. schließlich liegt auch kein missbrauch von rechtlichen gestaltungsmöglichkeiten i.s.d. § 42 der abgabenordnung (ao) vor. 60a) gemäß § 42 abs. 2 satz 1 ao liegt ein missbrauch vor, wenn eine unangemessene rechtliche gestaltung gewählt wird, die beim steuerpflichtigen oder einem dritten im vergleich zu einer angemessenen gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen steuervorteil führt. dies gilt nach § 42 abs. 2 satz 2 ao nicht, wenn der steuerpflichtige für die gewählte gestaltung außersteuerliche gründe nachweist, die nach dem gesamtbild der verhältnisse beachtlich sind. 61b) diese voraussetzungen sind im streitfall nicht erfüllt. die gewählte rechtliche gestaltung ist nicht unangemessen. 62aa) zwar enthält § 42 ao selbst keinen maßstab für die prüfung der angemessenheit. jedoch sind die von der rechtsprechung zu § 42 ao a.f. entwickelten grundsätze auch für die mit dem jahressteuergesetz 2008 (bgbl i 2007, 3150, 3171) ergänzte und gemäß art. 97 § 7 des einführungsgesetzes zur abgabenordnung für nach dem 31.12.2007 beginnende kalenderjahre geltende neufassung des § 42 ao übertragbar (hessisches finanzgericht, urteil vom 29.11.2017 4 k 127/15, efg 2018, 486, unter ii.3, bestätigt durch bfh-urteil vom 17.11.2020 i r 2/18, bstbl ii 2021, 580, unter 2.b). darüber hinaus sind in den jüngsten entscheidungen des bfh zum aktuellen § 42 ao keine neuen auslegungsimpulse durch die rechtsprechung erkennbar. 63eine rechtliche gestaltung ist danach unangemessen, wenn der steuerpflichtige die vom gesetzgeber vorausgesetzte gestaltung zum erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen weg wählt, auf dem nach den wertungen des gesetzgebers das ziel nicht erreichbar sein soll (bfh-urteil vom 18.12.2013 i r 25/12, bfh/nv 2014, 904 unter ii.2.c aa m.w.n.). allein das motiv, steuern zu sparen, macht eine gestaltung nicht unangemessen (bfh-urteil vom 18.12.2013 i r 25/12, bfh/nv 2014, 904, unter ii.2.c aa m.w.n.). der steuerpflichtige darf seine verhältnisse grundsätzlich so gestalten, dass keine oder möglichst geringe steuern anfallen und dabei zivilrechtliche gestaltungen, die vom gesetz vorgesehen sind, frei verwenden. eine gestaltung, die überhaupt keinen erkennbaren wirtschaftlichen zweck hat, kann der besteuerung nicht zugrunde gelegt werden (statt vieler z.b. bfh-urteil vom 17.11.2020 i r 2/18, bstbl ii 2021, 580, unter 2.b aa m.w.n). dient die gestaltung hingegen wirtschaftlichen zwecken, darf das verhalten der beteiligten nicht auf seine angemessenheit beurteilt werden (bfh-urteil vom 08.05.2003 iv r 54/01, bstbl ii 2003, 854, unter 1.a m.w.n). 64auch wenn nach der gesetzesbegründung die unangemessenheit als wertender begriff zu verstehen ist, der nicht mit dem empirischen begriff der ungewöhnlichkeit gleichgesetzt werden darf (bt-drs. 16/7036, seite 24), dürfen gleichwohl die von der rechtsprechung zu § 42 ao a.f. entwickelten indizien, wonach eine angemessene gestaltung tendenziell eher einfach, zweckmäßig, übersichtlich und ökonomisch, eine unangemessene gestaltung hingegen eher unwirtschaftlich, umständlich, kompliziert, schwerfällig, gekünstelt, überflüssig, ineffektiv oder widersinnig erscheint, weiterhin herangezogen werden. sie haben als umschreibende begriffe indizfunktion (hessisches finanzgericht, urteil vom 29.11.2017 4 k 127/15, efg 2018, 486, unter ii.3 m.w.n. aus der literatur, bestätigt durch bfh-urteil vom 17.11.2020 i r 2/18, bstbl ii 2021, 580, unter 2.b). 65bb) die von der klägerin gewählte rechtliche gestaltung – anteilserwerb durch kapitalerhöhung unter aufgeldzahlung – ist nicht unangemessen. sie dient nicht ausschließlich dem zweck der steuerminderung, sondern der ausstattung der gmbh mit finanzmitteln, mithin einem wirtschaftlichen zweck. es ist nicht ausgeschlossen, dass ein verständiger beteiligter die gestaltung in anbetracht des wirtschaftlichen sachverhalts und der wirtschaftlichen zielsetzung ebenfalls gewählt hätte (vgl. bfh-urteil vom 01.02.2001 iv r 3/00, bfh/nv 2001, 829, unter 2.b aa m.w.n.). für den alleingesellschafter einer gmbh macht es wirtschaftlich keinen unterschied, ob er die finanzmittel in form eines darlehens in die gesellschaft gibt oder – wie vorliegend – als aufgeld im zuge einer kapitalerhöhung in die kapitalrücklagen oder aber als freiwillige zahlung in die kapitalrücklagen einzahlt. das wirtschaftliche ergebnis bleibt aus seiner perspektive – unabhängig von den steuerlichen auswirkungen – gleich. 66cc) auch im vergleich zu den zuvor aufgezeigten anderen rechtlichen gestaltungen, zur ausstattung der gesellschaft mit finanzmitteln, erscheint die gewählte rechtliche gestaltung nicht unangemessen. die gewählte rechtliche gestaltung ist weder gekünstelt noch umständlicher, wesentlich teurer, komplizierter oder weniger praktikabel im vergleich zu den vom fa vorgeschlagenen gestaltungen. 67ii. die kostenentscheidung beruht auf § 135 abs. 1 fgo. 68iii. die revision war zuzulassen, da die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat (§ 115 abs. 2 nr. 1 fgo). die frage, ob die gewinnerzielungsabsicht im rahmen des § 17 estg einheitlich für alle veräußerten geschäftsanteile oder anhand jedes einzelnen geschäftsanteils geprüft wird, ist bisher nicht höchstrichterlich geklärt. 69iv. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 abs. 3, 155 fgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 der zivilprozessordnung.
Klaeger*in
1
334,508
20 O 136/20
2020-12-16T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. 1Tatbestand: 2Die Klägerin betreibt das Restaurant „M“ in Köln. Sie unterhält bei der Beklagten eine Betriebsschließungsversicherung. Der Versicherungsschein sieht unter der Überschrift „Betriebsschließungsversicherung wegen Infektionsgefahr“ für das Restaurant der Klägerin eine Tagesentschädigung i.H.v. 5.700,00 € bis zur Dauer von 30 Schließungstagen vor. Auf den Versicherungsschein vom 10.02.2015 (Anl. K 1, Anlagenheft I) wird im Übrigen Bezug genommen. Danach richten sich die gegenseitigen Rechte und Pflichten nach dem Antrag, den gesetzlichen Bestimmungen, der Satzung der Beklagten und den Allgemeinen Bedingungen für die Betriebsschließungsversicherung (AVB-BS) sowie den Besonderen Bedingungen für die Betriebsschließungsversicherung (BBR-BS), ebenso unter anderem nach dem Produktinformationsblatt Betriebsschließungsversicherung Stand 1.1.2015. 3§ 1 AVB-BS lautet: 4„1. Versicherungsumfang der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr. 2) 5a) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt; Tätigkeitsverbote gegen Angehörige eines Betriebes oder einer Betriebsstätte werden einer Betriebsschließung gleichgestellt; 6(…) 72. Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger 8Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im Infektionsgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger: 91. Krankheiten 10[es folgt eine Aufzählung verschiedener Krankheiten, COVID 19 ist nicht genannt] 112. Krankheitserreger 12[es folgt eine Aufzählung verschiedener Krankheitserreger, SARS-Cov2 ist nicht genannt]“ 13§ 2 AVB-BS regelt den Umfang der Entschädigung. Ziffer 3 lautet auszugsweise: 14„Der Versicherer ersetzt im Falle 15b) einer Schließung nach § 1 Nr. 1a den Schaden in Höhe der vereinbarten Tagesentschädigung für jeden Tag der Betriebsschließung bis zur vereinbarten Dauer. Tage, an denen der Betrieb auch ohne die behördliche Schließung geschlossen war, zählen nicht als Schließungstage. 16(…)“ 17§ 3 AVB-BS lautet auszugsweise: 18„§ 3 Ausschlüsse 191. Allgemein: Nicht versichert sind ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen Schäden durch Kriegsereignisse jeder Art, innere Unruhen, Überschwemmung, Rückstau, Erdbeben, Erdfall, Erdrutsch, Schneedruck, Lawinen, Vulkanausbruch, Grundwasser, Ableitung von Betriebsart Westermann, nukleare Strahlung, radioaktive Substanzen, Kernenergie. 20(…) 214. Krankheiten und Krankheitserreger 22Der Versicherer haftet nicht bei Prionenerkrankungen oder dem Verdacht hierauf.“ 23Zu den weiteren Einzelheiten der AVB-BS wird auf die Anlage K 3 genommen. 24Das im Versicherungsschein in Bezug genommene „Produktinformationsblatt zur Betriebsschließungsversicherung gegen Infektionsgefahr“ lautet auszugsweise: 25„Mit den nachfolgenden Informationen möchten wir Ihnen einen ersten Überblick über die angebotene Versicherung geben. Diese Informationen sind jedoch nicht abschließend. Der vollständige Vertragsinhalt ergibt sich aus dem Antrag, dem Versicherungsschein und den beigefügten Versicherungsbedingungen. 261. Art der Versicherung 27Bei der angebotenen Versicherung handelt es sich um eine Betriebsschließungsversicherung wegen Infektionsgefahr. Grundlage sind die beigefügten Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Betrieben gegen Schäden infolge Infektionsgefahr (AVB BS), die Besonderen Bedingungen und Vereinbarungen sowie die Tarifbestimmungen. 282. Umfang der Versicherung 29Die Betriebsschließungsversicherung wegen Infektionsgefahr sichert den Inhaber eines Betriebes vor den wirtschaftlichen Folgen einer im Betrieb auftretenden Infektion ab. 30Die Betriebsschließungsversicherung wegen Infektionsgefahr leistet, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz = IfSG) bei Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger 31 den versicherten Betrieb schließt; 32(…) 334. Ausschlüsse 34Wir können nicht alle denkbaren Fälle versichern, denn sonst müssten wir einen unangemessen hohen Beitrag verlangen. Deshalb haben wir einige Fälle aus dem Versicherungsschutz herausgenommen. Nicht versichert sind 35 Schäden an Schlachttieren, die nach der Schlachtung im Wege der amtlichen Fleischbeschau für untauglich oder nur unter Einschränkungen tauglich erklärt werden; 36 Prionenerkrankungen oder bei bestehendem Verdacht hierauf; 37(…) 38Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Einzelheiten und weitere Ausschlussgründe entnehmen sie bitte dem § 3 der beigefügten AVB BS.“ 39Wegen der weiteren Einzelheiten des Produktinformationsblatts wird auf die Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 11.11.2020 (Bl. 93 f. GA) Bezug genommen. 40Mit Allgemeinverfügung der Stadt Köln vom 16.03.2020 wurde der Betrieb von Restaurants und Gaststätten aufgrund der Corona-Pandemie mit näheren Regelungen untersagt. Ausgenommen hiervon blieben der Außerhausverkauf und die Lieferung von vorbestellten Speisen und Getränken. Auf die Allgemeinverfügung der Stadt Köln vom 16.03.2020 (Anlage K 10, Anlagenheft I) wird insoweit Bezug genommen. 41Mit Corona-Schutzverordnung vom 22.03.2020 untersagte das Land NRW u.a. den Betrieb von Restaurants und Gaststätten, wobei der Außerhausverkauf und die Belieferung mit Speisen und Getränken weiterhin vom Verbot ausgenommen waren. Aus diesem Anlass verkündete die Stadt Köln am 03.04.2020 die Aufhebung der Allgemeinverfügung unter anderem vom 16.03.2020. 42Der Restaurantbetrieb der Klägerin war – in streitigem Umfang - vom 17.03.2020 bis jedenfalls zum 07.05.2020 geschlossen. Mit Schreiben vom 29.04.2020 (Anlage K 6, Anlagenheft I) zeigte die Klägerin gegenüber der Beklagten den Versicherungsfall an. Mit Schreiben vom 29.04.2020 (Anlage K 7, Anlagenheft I) lehnte die Beklagte eine Leistungspflicht an, bot jedoch gleichzeitig die freiwillige Zahlung i.H.v. 15 % der vertraglich vereinbarten Tagesentschädigung für die Dauer von 30 Schließungstagen unter der Bedingung des Verzichts der Klägerin auf weitergehende Ansprüche an. Die Klägerin lehnte das Angebot ab. 43Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die vertraglich festgelegte Tagesentschädigung für 30 Schließungstage. Sie ist der Auffassung, dass der Versicherungsfall in Ansehung des Corona-Virus und der dadurch bedingten Untersagungsverfügung der Stadt Köln eingetreten sei. Nach dem Versicherungsvertrag sei es nicht erforderlich, dass eine versicherte Krankheit im Betrieb der Klägerin aufgetreten sei. Vielmehr verstehe der durchschnittliche Versicherungsnehmer die Bezugnahme auf das Infektionsschutzgesetz in den Bedingungen der Beklagten dahingehend, dass auf die jeweils aktuelle Fassung des Infektionsschutzgesetzes verwiesen werde. Die Klägerin beruft sich auf die Unwirksamkeit der den Versicherungsschutz einschränkenden Klauseln. Ausschlüsse vom Versicherungsschutz müssten ausdrücklich vereinbart sein; das sei in Bezug auf das Pandemierisiko nicht der Fall. Ein solches werde unter den Ausschlüssen im Versicherungsvertrag gerade nicht genannt. 44Mit Verweis auf das Produktinformationsblatt ist die Klägerin der Auffassung, hieraus ergebe sich weder eine Einschränkung dahingehend, dass präventive Maßnahmen der zuständigen Behörden nicht unter den Versicherungsschutz fallen sollen, noch eine Beschränkung auf bestimmte Krankheiten oder Krankheitserreger. Der Versicherungsnehmer könne dem Produktinformationsblatt auch nicht entnehmen, dass das Pandemierisiko nicht gedeckt sei. 45Die Klägerin behauptet, es habe keinen Lieferservice und keinen Cateringbetrieb gegeben; der Außerhausverkauf sei von der Firma M1 angeboten und durchgeführt worden. Die Klägerin ist ferner der Ansicht, auf einen Wegfall der Entschädigungspflicht aus besonderen Gründen könne sich die Beklagte nicht berufen. Die Regelung zum Ersatz der Tagesentschädigung in § 2 AVG sei eindeutig. Im Übrigen müsse sie sich, nicht auf etwaige Entschädigungsansprüche gegen den Staat verweisen lassen. 46Klägerin beantragt, 47die Beklagte zu verurteilen, an sie 171.000 € nebst Verzugszinsen Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 29.04.2020 zu zahlen. 48Die Beklagte beantragt, 49die Klage abzuweisen. 50Sie ist der Ansicht, nur die in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen tabellarisch aufgeführten Krankheiten und Krankheitserreger könnten einen Versicherungsfall begründen. Im Übrigen fehle es an einer wirksamen behördlichen Anordnung. Die Allgemeinverfügung der Stadt Köln leide an inhaltlichen Mängeln, im Übrigen sei es auch keine konkrete Verfügung in Bezug auf die Klägerin. Insofern liege auch keine betriebsbedingte Schließung des klägerischen Betriebes vor, zu dem die Beklagte behauptet, dass auch nach dem 16.03.2020 ein Liefer- und Abholservice angeboten worden sei. Es liege damit schon nur eine Betriebseinschränkung, aber keine Betriebsschließung vor. Erforderlich sei insoweit eine vollständige Schließung des versicherten Betriebes. 51Ferner könne die Klägerin keinen Anspruch auf Entschädigung geltend machen, da sie Schadensersatz aufgrund des öffentlich-rechtlichen Entschädigungsrechtes beanspruchen könne. Insoweit habe die Klägerin auch gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen, indem sie es unterlassen habe, Ansprüche gegen Dritte anzumelden und gegebenenfalls auch durchzusetzen. 52Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. 53Entscheidungsgründe: 54Die Klage ist unbegründet. 55Der Klägerin steht kein Entschädigungsanspruch wegen der coronabedingten Betriebsschließung aus dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag zu. 56Die streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen sehen einen Deckungsschutz nur bei Betriebsschließungen aufgrund der unter § 1 Nr. 2 AVB BS im Einzelnen aufgelisteten Krankheiten und Krankheitserreger vor. Covid 19/SARS-Cov-2 sind dort nicht mitaufgeführt. Covid 19/SARS-Cov-2 waren zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrages noch nicht bekannt. 57Die streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen sind klar und eindeutig gefasst. Sie halten auch einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle stand. 58Allgemeine Versicherungsbedingungen sind – wie allgemein anerkannt (vgl. Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., Einleitung Rn. 258 ff mit zahlreichen Nachw. aus der Rspr.) – aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers auszulegen. Maßgeblich ist die Verständnismöglichkeit eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse, der die Allgemeinen Versicherungsbedingungen aufmerksam liest und verständig – unter Abwägung der Interessen der beteiligten Kreise und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs – würdigt. Maßgeblich ist in erster Linie der Klauselwortlaut. Vom Versicherer verfolgte Zwecke sind nur insoweit maßgeblich, sofern sie in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen Ausdruck gefunden haben, so dass sie dem aufmerksamen und verständigen Versicherungsnehmer erkennbar sind oder ihm zumindest Anlass zu einer Nachfrage geben. Risikoausschlüsse dürfen dabei nicht weiter ausgelegt werden, als ihr Zweck es erfordert. Der Versicherungsnehmer muss nicht mit Deckungslücken rechnen, die ihm die Klausel nicht hinreichend verdeutlicht. Auf die – dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer in der Regel unbekannte – Entstehungsgeschichte der Allgemeinen Versicherungsbedingungen und auf den Vergleich mit anderen – dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer in der Regel ebenfalls unbekannten – Bedingungswerken kommt es nicht an. Maßgeblich sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. 59Legt man diese Auslegungsgrundsätze zugrunde, so kann es keinem Zweifel unterliegen, dass Betriebsschließungen aufgrund von Covid 19/SARS-Cov-2 beim vorliegenden Vertragswerk nicht in der Deckung sind. 60Die Fassung des Leistungsversprechens in § 1 Nr. 1 AVB BS in Verbindung mit § 1 Nr. 2 AVB BS ist eindeutig: Die Versicherungsbedingungen versprechen eine Entschädigungsleistung nur für den Fall, dass eine der in den Versicherungsbedingungen namentlich aufgeführten Krankheiten oder Krankheitserreger, zu denen Covid 19/SARS-CoV-2 nicht gehören, der Betriebsschließung zugrunde liegen und es deshalb zur Betriebsschließung aufgrund des Infektionsschutzgesetzes kommt. § 1 Nr. 1 AVB BS verweist ausdrücklich auf § 1 Nr. 2 AVB BS; dieser listet ausdrücklich meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger „im Sinne dieser Bedingungen“ auf. Der Zusatz, dass es sich um in §§ 6 und 7 IfSG namentlich genannte Krankheiten handelt, ändert hieran nichts. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer hat keinen Anlass anzunehmen, eine Entschädigungspflicht entstehe auch, wenn nach Abschluss des Versicherungsvertrages weitere Krankheiten oder Krankheitserreger im IfSG (oder in einer aufgrund des IfSG ergangenen Rechtsverordnung) namentlich genannt werden. Einen Verweis auf die Rechtsgrundlage, auch für nicht in §§ 6 und 7 IfSG mit Namen – wird „namentlich“ wie hier als Adjektiv gebraucht, hat es diese Bedeutung (und nur bei Gebrauch als Adverb die von „insbesondere“) - genannte Krankheiten und Krankheitserreger eine Meldepflicht zu statuieren (§§ 6 Abs. 1 Nr. 5, 7 Abs. 2 IfSG), enthält die Klausel gerade nicht. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird die sprachlich eindeutige Aufzählung vielmehr als abschließend ansehen und auch nicht auf den Gedanken kommen, die Aufzählung unter § 1 Nr. 2 AVB BS beinhalte nur eine nachrichtliche Mitteilung, welche Krankheiten und Krankheitserreger zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrages in §§ 6, 7 IfSG namentlich aufgelistet sind. Der Wortlaut der Klausel und dabei die Formulierung, dass es um Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen geht, lässt das nicht erkennen. Er wird vom Regelfall ausgehen und im Regelfall beinhalten Versicherungsbedingungen Regelungen und keine bloßen Mitteilungen ohne Regelungscharakter. Auch der durchschnittliche Versicherungsnehmer weiß, dass der Versicherer grundsätzlich bestrebt ist, keine Deckung für Fälle zu versprechen, die er nicht kennt, wie etwa vorliegend das Auftreten neuer Krankheiten und Krankheitserreger, die ebenfalls meldepflichtig werden können nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 5, 7 Abs. 2 IfSG. 61Der durchschnittliche Versicherungsnehmer hat auch keine Veranlassung, aus dem Deckungsausschluss in § 3 Nr. 4 AVB BS betreffend Prionenerkrankungen zu schließen, entgegen dem klaren Wortlaut unter Ziffer § 1 Nr. 2 AVB BS handele es sich doch nicht um eine abschließende Regelung. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer hat nicht nur auf juristischem Gebiet keine Spezialkenntnisse sondern auch nicht auf medizinischem Gebiet. Er weiß nicht, dass und ob die Krankheiten und Krankheitserreger, die in § 3 Nr. 4 AVB BS aufgelistet sind, nie in einem Zusammenhang mit Prionenerkrankungen stehen. Er wird den Deckungsausschluss vielmehr dahingehend verstehen, dass der Versicherer kein Leistungsversprechen in den Fällen abgibt, in denen die in § 1 Nr. 2 AVB BS aufgezählten Krankheiten aufgrund (neuerer) medizinischer Erkenntnisse ihren Grund in einer sogenannten Prionenerkrankung haben. Dafür streitet schon die Wortwahl „Erkrankungen“ im Zusammenhang mit dem Ausschluss und „Krankheiten“ im Zusammenhang mit den Leistungsversprechen. 62Ob qualifizierte Juristen Bedenken wegen des Umfangs des Deckungsschutzes entwickeln, ist für die Auslegung nicht maßgeblich. 63Es handelt sich bei der Aufzählung der Krankheiten und Krankheitserreger in § 1 Nr. 2 AVB BS auch nicht um eine Deckungseinschränkung, sondern um eine primäre Beschreibung des Leistungsversprechens. Weder der Versicherungsschein, der ausdrücklich auf die entsprechenden Bedingungen Bezug nimmt, noch die Bedingungen selbst stellen den Satz auf, dass grundsätzlich Deckungsschutz für alle Betriebsschließungen aufgrund des IfSG gewährt wird, denn § 1 Nr. 1 AVB BS nimmt durch den Klammerzusatz „siehe Nr. 2“ wiederum ausdrücklich Bezug auf die Aufzählung in § 1 Nr. 2 AVB BS. Selbst wenn man § 1 Nr. 2 AVB BS als Deckungseinschränkung auffassen wollte, nähme dies der Regelung nicht ihre Eindeutigkeit. 64Da die Klauseln in § 1 Nr. 1 AVB BS und § 1 Nr. 2 AVB BS eindeutig sind, ist auch für die Anwendung der AGB-rechtlichen Unklarheitenregel (§ 305c Abs. 2 BGB) eben so wenig Raum wie für die Annahme eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB). 65Die Klausel stellt in Bezug auf die Formulierung ihres abschließenden Charakters auch keine unangemessene Benachteiligung i.S. des § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB dar. Es ist bereits fraglich, ob eine Inhaltskontrolle nach der vorbezeichneten Vorschrift überhaupt zulässig ist, denn primäre Leistungsbeschreibungen sind grundsätzlich nicht auf ihre Angemessenheit AGB-rechtlich überprüfbar (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 79. Aufl., § 307 Rn. 44 ff). Selbst wenn man von der Zulässigkeit der Inhaltskontrolle ausgeht, bestehen insoweit auch keine Bedenken. Kein Versicherungsnehmer kann davon ausgehen, dass grundsätzlich alle Risiken auf einem bestimmten Gebiet in der Deckung sind, sofern sich dies nicht aus den Versicherungsbedingungen ergibt. Gegen eine solche Erwartung spricht auch der Umstand, dass der Versicherungsnehmer auf ein umfangreiches Bedingungswerk hingewiesen wird, das in dieser Ausführlichkeit nicht erforderlich wäre, wenn alles und jedes in der Deckung wäre. Der Vertragszweck des vorliegenden Betriebsschließungsvertrages besteht darin, Deckungsschutz zu gewähren bei Betriebsschließungen aus Anlass des Auftretens der im Einzelnen aufgelisteten Krankheiten und Krankheitserreger. Das Erreichen dieses Vertragszwecks wird durch die Beschränkung der Einstandspflicht auf Betriebsschließungen aufgrund von Krankheiten oder Krankheitserregern, die im Einzelnen benannt werden, in keiner Weise gefährdet. Den Gerichten ist es über § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht gestattet, das Leistungsversprechen über den eindeutigen Wortlaut und Sinn hinaus auszudehnen, weil sie der Ansicht sind, eine andere - aber eben nicht vereinbarte - Regelung, die weitergehenden oder gar „besseren“ Deckungsschutz gewähren würde, sei angemessener. 66Eine abweichende Beurteilung gebietet vorliegend auch nicht der Inhalt des Produktinformationsblatts. Dass dieses nur einen vorläufigen informativen und keinen regelnden Charakter hat, wird in dessen Satz 1 bereits klargestellt. Zudem verweist es an insgesamt neun Stellen auf die AVB BS, so dass für den durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer kein Zweifel bestehen kann, dass der konkrete Inhalt seiner Versicherung sich aus den Versicherungsbedingungen und eben nicht aus dem Produktinformationsblatt ergibt. Ließe sich der Umfang des Versicherungsschutzes schon anhand des Produktinformationsblatts bestimmen, bedürfte es nicht der weit ausführlicheren AVB BS. 67Überdies wird kein verständiger Versicherungsnehmer die Frage, welche Risiken durch eine Versicherung abgedeckt sind, durch die Lektüre eines isoliert herausgegriffenen Satzes des Informationsblattes zu beantworten suchen, wie dies die Klägerin aber in ihrem Schriftsatz vom 01.12.2020 zu implizieren scheint. Der Satz „Die Betriebsschließungsversicherung wegen Infektionsgefahr leistet, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz = IfSG) bei Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger - den versicherten Betrieb schließt;“ ist zwar für sich genommen so allgemein gefasst, dass darunter jede behördlich angeordnete Betriebsschließung auf der Grundlage des IfSG subsumiert werden kann. Indes wird jedem Versicherungsnehmer aufgrund der zahlreichen Verweise auf die AVB BS klar sein, dass ausschlaggebend die Regelungen dieses Bedingungswerks sind. 68Es besteht auch kein Widerspruch zwischen den Regelungen in den AVB BS einerseits und den Informationen im Produktinformationsblatt andererseits, der zur Folge haben könnte, dass die für den Versicherungsnehmer günstigere Information einschlägig wäre. Vielmehr gibt das Produktinformationsblatt – erkennbar – nur einen notwendig groben Überblick; die konkrete Ausgestaltung des Versicherungsschutzes bleibt den AVB BS vorbehalten. Dies gilt nicht nur mit Blick auf die Frage, welche Risiken vom Leistungsversprechen der Beklagten umfasst sind, sondern auch für die Frage, welche Ausschlüsse greifen. 69Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 709 ZPO 70Streitwert: 171.000,00 €
die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt die klägerin. das urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen sicherheitsleistung in höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden betrages. 1
2die klägerin betreibt das restaurant „m“ in köln. sie unterhält bei der beklagten eine betriebsschließungsversicherung. der versicherungsschein sieht unter der überschrift „betriebsschließungsversicherung wegen infektionsgefahr“ für das restaurant der klägerin eine tagesentschädigung i.h.v. 5.700,00 € bis zur dauer von 30 schließungstagen vor. auf den versicherungsschein vom 10.02.2015 (anl. k 1, anlagenheft i) wird im übrigen bezug genommen. danach richten sich die gegenseitigen rechte und pflichten nach dem antrag, den gesetzlichen bestimmungen, der satzung der beklagten und den allgemeinen bedingungen für die betriebsschließungsversicherung (avb-bs) sowie den besonderen bedingungen für die betriebsschließungsversicherung (bbr-bs), ebenso unter anderem nach dem produktinformationsblatt betriebsschließungsversicherung stand 1.1.2015. 3§ 1 avb-bs lautet: 4„1. versicherungsumfang der versicherer leistet entschädigung, wenn die zuständige behörde aufgrund des gesetzes zur verhütung und bekämpfung von infektionskrankheiten beim menschen (infektionsschutzgesetz – ifsg) beim auftreten meldepflichtiger krankheiten oder krankheitserreger (siehe nr. 2) 5a) den versicherten betrieb oder eine versicherte betriebsstätte zur verhinderung der verbreitung von meldepflichtigen krankheiten oder krankheitserregern beim menschen schließt; tätigkeitsverbote gegen angehörige eines betriebes oder einer betriebsstätte werden einer betriebsschließung gleichgestellt; 6(…) 72. meldepflichtige krankheiten und krankheitserreger 8meldepflichtige krankheiten und krankheitserreger im sinne dieser bedingungen sind die folgenden, im infektionsgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten krankheiten und krankheitserreger: 91. krankheiten 10[es folgt eine aufzählung verschiedener krankheiten, covid 19 ist nicht genannt] 112. krankheitserreger 12[es folgt eine aufzählung verschiedener krankheitserreger, sars-cov2 ist nicht genannt]“ 13§ 2 avb-bs regelt den umfang der entschädigung. ziffer 3 lautet auszugsweise: 14„der versicherer ersetzt im falle 15b) einer schließung nach § 1 nr. 1a den schaden in höhe der vereinbarten tagesentschädigung für jeden tag der betriebsschließung bis zur vereinbarten dauer. tage, an denen der betrieb auch ohne die behördliche schließung geschlossen war, zählen nicht als schließungstage. 16(…)“ 17§ 3 avb-bs lautet auszugsweise: 18„§ 3 ausschlüsse 191. allgemein: nicht versichert sind ohne rücksicht auf mitwirkende ursachen schäden durch kriegsereignisse jeder art, innere unruhen, überschwemmung, rückstau, erdbeben, erdfall, erdrutsch, schneedruck, lawinen, vulkanausbruch, grundwasser, ableitung von betriebsart westermann, nukleare strahlung, radioaktive substanzen, kernenergie. 20(…) 214. krankheiten und krankheitserreger 22der versicherer haftet nicht bei prionenerkrankungen oder dem verdacht hierauf.“ 23zu den weiteren einzelheiten der avb-bs wird auf die anlage k 3 genommen. 24das im versicherungsschein in bezug genommene „produktinformationsblatt zur betriebsschließungsversicherung gegen infektionsgefahr“ lautet auszugsweise: 25„mit den nachfolgenden informationen möchten wir ihnen einen ersten überblick über die angebotene versicherung geben. diese informationen sind jedoch nicht abschließend. der vollständige vertragsinhalt ergibt sich aus dem antrag, dem versicherungsschein und den beigefügten versicherungsbedingungen. 261. art der versicherung 27bei der angebotenen versicherung handelt es sich um eine betriebsschließungsversicherung wegen infektionsgefahr. grundlage sind die beigefügten allgemeine bedingungen für die versicherung von betrieben gegen schäden infolge infektionsgefahr (avb bs), die besonderen bedingungen und vereinbarungen sowie die tarifbestimmungen. 282. umfang der versicherung 29die betriebsschließungsversicherung wegen infektionsgefahr sichert den inhaber eines betriebes vor den wirtschaftlichen folgen einer im betrieb auftretenden infektion ab. 30die betriebsschließungsversicherung wegen infektionsgefahr leistet, wenn die zuständige behörde aufgrund des gesetzes zur verhütung und bekämpfung von infektionskrankheiten beim menschen (infektionsschutzgesetz = ifsg) bei auftreten meldepflichtiger krankheiten oder krankheitserreger 31 den versicherten betrieb schließt; 32(…) 334. ausschlüsse 34wir können nicht alle denkbaren fälle versichern, denn sonst müssten wir einen unangemessen hohen beitrag verlangen. deshalb haben wir einige fälle aus dem versicherungsschutz herausgenommen. nicht versichert sind 35 schäden an schlachttieren, die nach der schlachtung im wege der amtlichen fleischbeschau für untauglich oder nur unter einschränkungen tauglich erklärt werden; 36 prionenerkrankungen oder bei bestehendem verdacht hierauf; 37(…) 38diese aufzählung ist nicht abschließend. einzelheiten und weitere ausschlussgründe entnehmen sie bitte dem § 3 der beigefügten avb bs.“ 39wegen der weiteren einzelheiten des produktinformationsblatts wird auf die anlage zum sitzungsprotokoll vom 11.11.2020 (bl. 93 f. ga) bezug genommen. 40mit allgemeinverfügung der stadt köln vom 16.03.2020 wurde der betrieb von restaurants und gaststätten aufgrund der corona-pandemie mit näheren regelungen untersagt. ausgenommen hiervon blieben der außerhausverkauf und die lieferung von vorbestellten speisen und getränken. auf die allgemeinverfügung der stadt köln vom 16.03.2020 (anlage k 10, anlagenheft i) wird insoweit bezug genommen. 41mit corona-schutzverordnung vom 22.03.2020 untersagte das land nrw u.a. den betrieb von restaurants und gaststätten, wobei der außerhausverkauf und die belieferung mit speisen und getränken weiterhin vom verbot ausgenommen waren. aus diesem anlass verkündete die stadt köln am 03.04.2020 die aufhebung der allgemeinverfügung unter anderem vom 16.03.2020. 42der restaurantbetrieb der klägerin war – in streitigem umfang - vom 17.03.2020 bis jedenfalls zum 07.05.2020 geschlossen. mit schreiben vom 29.04.2020 (anlage k 6, anlagenheft i) zeigte die klägerin gegenüber der beklagten den versicherungsfall an. mit schreiben vom 29.04.2020 (anlage k 7, anlagenheft i) lehnte die beklagte eine leistungspflicht an, bot jedoch gleichzeitig die freiwillige zahlung i.h.v. 15 % der vertraglich vereinbarten tagesentschädigung für die dauer von 30 schließungstagen unter der bedingung des verzichts der klägerin auf weitergehende ansprüche an. die klägerin lehnte das angebot ab. 43die klägerin begehrt mit ihrer klage die vertraglich festgelegte tagesentschädigung für 30 schließungstage. sie ist der auffassung, dass der versicherungsfall in ansehung des corona-virus und der dadurch bedingten untersagungsverfügung der stadt köln eingetreten sei. nach dem versicherungsvertrag sei es nicht erforderlich, dass eine versicherte krankheit im betrieb der klägerin aufgetreten sei. vielmehr verstehe der durchschnittliche versicherungsnehmer die bezugnahme auf das infektionsschutzgesetz in den bedingungen der beklagten dahingehend, dass auf die jeweils aktuelle fassung des infektionsschutzgesetzes verwiesen werde. die klägerin beruft sich auf die unwirksamkeit der den versicherungsschutz einschränkenden klauseln. ausschlüsse vom versicherungsschutz müssten ausdrücklich vereinbart sein; das sei in bezug auf das pandemierisiko nicht der fall. ein solches werde unter den ausschlüssen im versicherungsvertrag gerade nicht genannt. 44mit verweis auf das produktinformationsblatt ist die klägerin der auffassung, hieraus ergebe sich weder eine einschränkung dahingehend, dass präventive maßnahmen der zuständigen behörden nicht unter den versicherungsschutz fallen sollen, noch eine beschränkung auf bestimmte krankheiten oder krankheitserreger. der versicherungsnehmer könne dem produktinformationsblatt auch nicht entnehmen, dass das pandemierisiko nicht gedeckt sei. 45die klägerin behauptet, es habe keinen lieferservice und keinen cateringbetrieb gegeben; der außerhausverkauf sei von der firma m1 angeboten und durchgeführt worden. die klägerin ist ferner der ansicht, auf einen wegfall der entschädigungspflicht aus besonderen gründen könne sich die beklagte nicht berufen. die regelung zum ersatz der tagesentschädigung in § 2 avg sei eindeutig. im übrigen müsse sie sich, nicht auf etwaige entschädigungsansprüche gegen den staat verweisen lassen. 46klägerin beantragt, 47die beklagte zu verurteilen, an sie 171.000 € nebst verzugszinsen höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz ab dem 29.04.2020 zu zahlen. 48die beklagte beantragt, 49die klage abzuweisen. 50sie ist der ansicht, nur die in den allgemeinen versicherungsbedingungen tabellarisch aufgeführten krankheiten und krankheitserreger könnten einen versicherungsfall begründen. im übrigen fehle es an einer wirksamen behördlichen anordnung. die allgemeinverfügung der stadt köln leide an inhaltlichen mängeln, im übrigen sei es auch keine konkrete verfügung in bezug auf die klägerin. insofern liege auch keine betriebsbedingte schließung des klägerischen betriebes vor, zu dem die beklagte behauptet, dass auch nach dem 16.03.2020 ein liefer- und abholservice angeboten worden sei. es liege damit schon nur eine betriebseinschränkung, aber keine betriebsschließung vor. erforderlich sei insoweit eine vollständige schließung des versicherten betriebes. 51ferner könne die klägerin keinen anspruch auf entschädigung geltend machen, da sie schadensersatz aufgrund des öffentlich-rechtlichen entschädigungsrechtes beanspruchen könne. insoweit habe die klägerin auch gegen ihre schadensminderungspflicht verstoßen, indem sie es unterlassen habe, ansprüche gegen dritte anzumelden und gegebenenfalls auch durchzusetzen. 52wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gewechselten schriftsätze nebst anlagen verwiesen. 53
54die klage ist unbegründet. 55der klägerin steht kein entschädigungsanspruch wegen der coronabedingten betriebsschließung aus dem zwischen den parteien bestehenden versicherungsvertrag zu. 56die streitgegenständlichen versicherungsbedingungen sehen einen deckungsschutz nur bei betriebsschließungen aufgrund der unter § 1 nr. 2 avb bs im einzelnen aufgelisteten krankheiten und krankheitserreger vor. covid 19/sars-cov-2 sind dort nicht mitaufgeführt. covid 19/sars-cov-2 waren zum zeitpunkt des abschlusses des versicherungsvertrages noch nicht bekannt. 57die streitgegenständlichen versicherungsbedingungen sind klar und eindeutig gefasst. sie halten auch einer agb-rechtlichen inhaltskontrolle stand. 58allgemeine versicherungsbedingungen sind – wie allgemein anerkannt (vgl. armbrüster in prölss/martin, vvg, 30. aufl., einleitung rn. 258 ff mit zahlreichen nachw. aus der rspr.) – aus der sicht eines durchschnittlichen versicherungsnehmers auszulegen. maßgeblich ist die verständnismöglichkeit eines durchschnittlichen versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche spezialkenntnisse, der die allgemeinen versicherungsbedingungen aufmerksam liest und verständig – unter abwägung der interessen der beteiligten kreise und unter berücksichtigung des erkennbaren sinnzusammenhangs – würdigt. maßgeblich ist in erster linie der klauselwortlaut. vom versicherer verfolgte zwecke sind nur insoweit maßgeblich, sofern sie in den allgemeinen versicherungsbedingungen ausdruck gefunden haben, so dass sie dem aufmerksamen und verständigen versicherungsnehmer erkennbar sind oder ihm zumindest anlass zu einer nachfrage geben. risikoausschlüsse dürfen dabei nicht weiter ausgelegt werden, als ihr zweck es erfordert. der versicherungsnehmer muss nicht mit deckungslücken rechnen, die ihm die klausel nicht hinreichend verdeutlicht. auf die – dem durchschnittlichen versicherungsnehmer in der regel unbekannte – entstehungsgeschichte der allgemeinen versicherungsbedingungen und auf den vergleich mit anderen – dem durchschnittlichen versicherungsnehmer in der regel ebenfalls unbekannten – bedingungswerken kommt es nicht an. maßgeblich sind die verhältnisse zum zeitpunkt des vertragsschlusses. 59legt man diese auslegungsgrundsätze zugrunde, so kann es keinem zweifel unterliegen, dass betriebsschließungen aufgrund von covid 19/sars-cov-2 beim vorliegenden vertragswerk nicht in der deckung sind. 60die fassung des leistungsversprechens in § 1 nr. 1 avb bs in verbindung mit § 1 nr. 2 avb bs ist eindeutig: die versicherungsbedingungen versprechen eine entschädigungsleistung nur für den fall, dass eine der in den versicherungsbedingungen namentlich aufgeführten krankheiten oder krankheitserreger, zu denen covid 19/sars-cov-2 nicht gehören, der betriebsschließung zugrunde liegen und es deshalb zur betriebsschließung aufgrund des infektionsschutzgesetzes kommt. § 1 nr. 1 avb bs verweist ausdrücklich auf § 1 nr. 2 avb bs; dieser listet ausdrücklich meldepflichtige krankheiten und krankheitserreger „im sinne dieser bedingungen“ auf. der zusatz, dass es sich um in §§ 6 und 7 ifsg namentlich genannte krankheiten handelt, ändert hieran nichts. der durchschnittliche versicherungsnehmer hat keinen anlass anzunehmen, eine entschädigungspflicht entstehe auch, wenn nach abschluss des versicherungsvertrages weitere krankheiten oder krankheitserreger im ifsg (oder in einer aufgrund des ifsg ergangenen rechtsverordnung) namentlich genannt werden. einen verweis auf die rechtsgrundlage, auch für nicht in §§ 6 und 7 ifsg mit namen – wird „namentlich“ wie hier als adjektiv gebraucht, hat es diese bedeutung (und nur bei gebrauch als adverb die von „insbesondere“) - genannte krankheiten und krankheitserreger eine meldepflicht zu statuieren (§§ 6 abs. 1 nr. 5, 7 abs. 2 ifsg), enthält die klausel gerade nicht. der durchschnittliche versicherungsnehmer wird die sprachlich eindeutige aufzählung vielmehr als abschließend ansehen und auch nicht auf den gedanken kommen, die aufzählung unter § 1 nr. 2 avb bs beinhalte nur eine nachrichtliche mitteilung, welche krankheiten und krankheitserreger zum zeitpunkt des abschlusses des versicherungsvertrages in §§ 6, 7 ifsg namentlich aufgelistet sind. der wortlaut der klausel und dabei die formulierung, dass es um krankheiten und krankheitserreger im sinne dieser bedingungen geht, lässt das nicht erkennen. er wird vom regelfall ausgehen und im regelfall beinhalten versicherungsbedingungen regelungen und keine bloßen mitteilungen ohne regelungscharakter. auch der durchschnittliche versicherungsnehmer weiß, dass der versicherer grundsätzlich bestrebt ist, keine deckung für fälle zu versprechen, die er nicht kennt, wie etwa vorliegend das auftreten neuer krankheiten und krankheitserreger, die ebenfalls meldepflichtig werden können nach §§ 6 abs. 1 nr. 5, 7 abs. 2 ifsg. 61der durchschnittliche versicherungsnehmer hat auch keine veranlassung, aus dem deckungsausschluss in § 3 nr. 4 avb bs betreffend prionenerkrankungen zu schließen, entgegen dem klaren wortlaut unter ziffer § 1 nr. 2 avb bs handele es sich doch nicht um eine abschließende regelung. der durchschnittliche versicherungsnehmer hat nicht nur auf juristischem gebiet keine spezialkenntnisse sondern auch nicht auf medizinischem gebiet. er weiß nicht, dass und ob die krankheiten und krankheitserreger, die in § 3 nr. 4 avb bs aufgelistet sind, nie in einem zusammenhang mit prionenerkrankungen stehen. er wird den deckungsausschluss vielmehr dahingehend verstehen, dass der versicherer kein leistungsversprechen in den fällen abgibt, in denen die in § 1 nr. 2 avb bs aufgezählten krankheiten aufgrund (neuerer) medizinischer erkenntnisse ihren grund in einer sogenannten prionenerkrankung haben. dafür streitet schon die wortwahl „erkrankungen“ im zusammenhang mit dem ausschluss und „krankheiten“ im zusammenhang mit den leistungsversprechen. 62ob qualifizierte juristen bedenken wegen des umfangs des deckungsschutzes entwickeln, ist für die auslegung nicht maßgeblich. 63es handelt sich bei der aufzählung der krankheiten und krankheitserreger in § 1 nr. 2 avb bs auch nicht um eine deckungseinschränkung, sondern um eine primäre beschreibung des leistungsversprechens. weder der versicherungsschein, der ausdrücklich auf die entsprechenden bedingungen bezug nimmt, noch die bedingungen selbst stellen den satz auf, dass grundsätzlich deckungsschutz für alle betriebsschließungen aufgrund des ifsg gewährt wird, denn § 1 nr. 1 avb bs nimmt durch den klammerzusatz „siehe nr. 2“ wiederum ausdrücklich bezug auf die aufzählung in § 1 nr. 2 avb bs. selbst wenn man § 1 nr. 2 avb bs als deckungseinschränkung auffassen wollte, nähme dies der regelung nicht ihre eindeutigkeit. 64da die klauseln in § 1 nr. 1 avb bs und § 1 nr. 2 avb bs eindeutig sind, ist auch für die anwendung der agb-rechtlichen unklarheitenregel (§ 305c abs. 2 bgb) eben so wenig raum wie für die annahme eines verstoßes gegen das transparenzgebot (§ 307 abs. 1 s. 2 bgb). 65die klausel stellt in bezug auf die formulierung ihres abschließenden charakters auch keine unangemessene benachteiligung i.s. des § 307 abs. 1 s. 1, abs. 2 nr. 2 bgb dar. es ist bereits fraglich, ob eine inhaltskontrolle nach der vorbezeichneten vorschrift überhaupt zulässig ist, denn primäre leistungsbeschreibungen sind grundsätzlich nicht auf ihre angemessenheit agb-rechtlich überprüfbar (vgl. palandt-grüneberg, bgb, 79. aufl., § 307 rn. 44 ff). selbst wenn man von der zulässigkeit der inhaltskontrolle ausgeht, bestehen insoweit auch keine bedenken. kein versicherungsnehmer kann davon ausgehen, dass grundsätzlich alle risiken auf einem bestimmten gebiet in der deckung sind, sofern sich dies nicht aus den versicherungsbedingungen ergibt. gegen eine solche erwartung spricht auch der umstand, dass der versicherungsnehmer auf ein umfangreiches bedingungswerk hingewiesen wird, das in dieser ausführlichkeit nicht erforderlich wäre, wenn alles und jedes in der deckung wäre. der vertragszweck des vorliegenden betriebsschließungsvertrages besteht darin, deckungsschutz zu gewähren bei betriebsschließungen aus anlass des auftretens der im einzelnen aufgelisteten krankheiten und krankheitserreger. das erreichen dieses vertragszwecks wird durch die beschränkung der einstandspflicht auf betriebsschließungen aufgrund von krankheiten oder krankheitserregern, die im einzelnen benannt werden, in keiner weise gefährdet. den gerichten ist es über § 307 abs. 1 s. 1, abs. 2 nr. 2 bgb nicht gestattet, das leistungsversprechen über den eindeutigen wortlaut und sinn hinaus auszudehnen, weil sie der ansicht sind, eine andere - aber eben nicht vereinbarte - regelung, die weitergehenden oder gar „besseren“ deckungsschutz gewähren würde, sei angemessener. 66eine abweichende beurteilung gebietet vorliegend auch nicht der inhalt des produktinformationsblatts. dass dieses nur einen vorläufigen informativen und keinen regelnden charakter hat, wird in dessen satz 1 bereits klargestellt. zudem verweist es an insgesamt neun stellen auf die avb bs, so dass für den durchschnittlich verständigen versicherungsnehmer kein zweifel bestehen kann, dass der konkrete inhalt seiner versicherung sich aus den versicherungsbedingungen und eben nicht aus dem produktinformationsblatt ergibt. ließe sich der umfang des versicherungsschutzes schon anhand des produktinformationsblatts bestimmen, bedürfte es nicht der weit ausführlicheren avb bs. 67überdies wird kein verständiger versicherungsnehmer die frage, welche risiken durch eine versicherung abgedeckt sind, durch die lektüre eines isoliert herausgegriffenen satzes des informationsblattes zu beantworten suchen, wie dies die klägerin aber in ihrem schriftsatz vom 01.12.2020 zu implizieren scheint. der satz „die betriebsschließungsversicherung wegen infektionsgefahr leistet, wenn die zuständige behörde aufgrund des gesetzes zur verhütung und bekämpfung von infektionskrankheiten beim menschen (infektionsschutzgesetz = ifsg) bei auftreten meldepflichtiger krankheiten oder krankheitserreger - den versicherten betrieb schließt;“ ist zwar für sich genommen so allgemein gefasst, dass darunter jede behördlich angeordnete betriebsschließung auf der grundlage des ifsg subsumiert werden kann. indes wird jedem versicherungsnehmer aufgrund der zahlreichen verweise auf die avb bs klar sein, dass ausschlaggebend die regelungen dieses bedingungswerks sind. 68es besteht auch kein widerspruch zwischen den regelungen in den avb bs einerseits und den informationen im produktinformationsblatt andererseits, der zur folge haben könnte, dass die für den versicherungsnehmer günstigere information einschlägig wäre. vielmehr gibt das produktinformationsblatt – erkennbar – nur einen notwendig groben überblick; die konkrete ausgestaltung des versicherungsschutzes bleibt den avb bs vorbehalten. dies gilt nicht nur mit blick auf die frage, welche risiken vom leistungsversprechen der beklagten umfasst sind, sondern auch für die frage, welche ausschlüsse greifen. 69die prozessualen nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 709 zpo 70streitwert: 171.000,00 €
Verklagte*r
0
179,678
1 O 13/13
2014-04-23T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist Halter und Eigentümer des Pkw Audi TT RS mit dem amtlichen Kennzeichen XXXX. 3Die Beklagte ist ein Unternehmen, welches im Bereich der elektronischen und mechanischen Leistungssteigerung von Pkws tätig ist. 4Der Kläger erteilte der Beklagten im Juli 2012 den Auftrag, das vorgenannte Fahrzeug entsprechend der von der Beklagten angebotenen Wimmer-RS-Stufe III umzurüsten. Die Umrüstung des klägerischen Autos auf Wimmer-RS-Stufe III sollte dabei nach den Angaben des Datenblatts der Beklagten (Bl. 6 d.GA), auf die die Beklagte in ihrer E-Mail vom 06.07.2012 an den Kläger verwies, erfolgen. Dieses Datenblatt sah die folgende Leistungsbeschreibung vor: 5- Anpassung der Motorelektronik, 6- Optimierung der Ansaugwege, 7- RS Edelstahl-Abgasanlage, 8- Sportkat mit Hosenrohr und 9- Sportfilter. 10Für die Umrüstung des Pkws auf Wimmer-RS-Stufe III sah das Datenblatt einen Preis in Höhe von 5.200,00 EUR inkl. Montage vor. Aufgrund der Umrüstung des Pkws sollte ausweislich des Datenblatts eine Geschwindigkeit von ca. 291 km/h bei einer Motorleistung von 425 PS erreicht werden. 11Hinsichtlich weiterer Einzelheiten zu dem Auftragsumfang wird auf die als Kopie zu der Akte gereichte E-Mail vom 06.07.2012 (Anlage Bk 1; Bl. 32 d.GA) und das Datenblatt (Anlage K 1; Bl. 6 d.GA) verwiesen. 12Ferner vereinbarten die Parteien, dass für die Auspuffanlage die Originalabgasklappe des klägerischen Fahrzeugs Verwendung finden sollte und hierfür ein Preisnachlass von 22% durch die Beklagte gewährt werde. 13Der Kläger verbrachte anschließend das Fahrzeug am 25.06.2012 zu der Beklagten. Dort wurde es umgerüstet. Hinsichtlich der Arbeiten an der Abgasanlage des klägerischen Fahrzeugs entfernte die Beklagte den vorhandenen Vorkatalysator aus dem sich an den Turbolader anschließenden Teil der Abgasanlage mittels Auftrennung des Rohrs und anschließender Verschweißung. Ferner tauschte sie die beiden vorhandenen Serien-Katalysatoren gegen Sportkatalysatoren und die sich daran anschließenden Rohre (Hosenrohre) gegen solche mit größerem Durchmesser aus. Die Beklagte fertigte den Teil der Abgasanlage, der sich an das „tabakspfeifenartige“ Rohr anschließt aus Edelstahl neu an. Hinsichtlich des Zustandes der Abgasanlage nach der Umrüstung wird auf Ziffer A der handschriftlichen Skizze (Anlage Bk 2; Bl. 34 d.GA) verwiesen. 14Am 31.07.2012 holte der Kläger das Fahrzeug wieder bei der Beklagten ab. Die Beklagte rechnete mit der als Anlage K 2 als Kopie zu den Akten gereichten Rechnung gegenüber dem Kläger ab. 15Nach der Umrüstung war der Kläger mit den Arbeiten der Beklagten an seinem Auto unzufrieden und rügte gegenüber der Beklagten u.a., dass das Fahrzeug nach der Abholung nach wie vor nur 270km/h fahre, diverse Fehlermeldungen im Display erscheinen und dass die Beklagte es versäumt habe, den in der Ausbaustufe III enthaltenen Sportkatalysator mit Hosenrohr einzubauen. 16Im Anschluss daran entwickelte sich zwischen dem Kläger und der Beklagten eine rege Diskussion mittels Telefon und E-Mail hinsichtlich der eingebauten Auspuffanlage. 17Auf Grundlage der Erörterungen im Hinblick auf die Auspuffanlage zwischen dem Kläger und der Mitarbeiterin der Beklagten - der Zeugin E - erstellte letztere eine handschriftliche Skizze, in der sie unter Ziffer A die seitens der Beklagten eingebaute Auspuffanlage und unter Ziffer B die seitens des Klägers begehrte Auspuffkonstruktion zeichnete. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten zu der handschriftlichen Skizze wird auf die zu den Akten gereichte Kopie in Anlage Bk 2 (Bl. 24 d.GA) verwiesen. 18In einer E-Mail vom 26.09.2012 fasste die Zeugin E das Ergebnis der telefonisch Besprechung mit dem Kläger hinsichtlich der gewünschten Auspuffkonstruktion noch einmal zusammen und wies darauf hin, dass die Kosten für die Änderung durch die Beklagte übernommen werden würden und mit der gewünschten Auspuffkonstruktion als Sonderwunsch die Leistungssteigerung der Umbaustufe III nicht mehr erreicht werden könnte. Ferner übersandte sie dem Kläger in dieser E-Mail auch die handschriftlich gefertigte Skizze. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten zu der E-Mail vom 26.09.2012 wird auf die zu den Akten gereichte Kopie in Anlage Bk 3 (Bl. 35 d.GA) verwiesen. 19Am 27.09.2012 brachte der Kläger das Fahrzeug dann zu der Beklagten, um die Fehlermeldungen aus dem Bordcomputer beseitigen zu lassen und die Abgasanlage entsprechend der in der handschriftlichen Skizze unter Ziffer B dargestellten und seitens des Klägers begehrten Konstruktion abzuändern. 20Hinsichtlich der Fehlermeldungen stellte die Beklagte nach Überprüfung des Pkws eine Beschädigung des Steuergerätes fest. Die Beklagte tauschte das Steuergerät anschließend aus. 21Der Kläger reiste am Sonntag, den 14.10.2012 mit seiner Lebensgefährtin aus Lingen an, um sein Auto bei der Beklagten abzuholen. Nachdem eine Abholung am 14.10.2012 scheiterte, mietete sich der Kläger mit seiner Lebensgefährtin ein Hotelzimmer für das Kosten in Höhe von 62,00 EUR entstanden. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten zu der Hotelrechnung wird auf die als Anlage K 3 zu den Akten gereichten Kopie verwiesen. Am 15.10.2012 erhielt der Kläger dann seinen Wagen zurück. 22Die Beklagte stellte dem Kläger für den Austausch des Steuergerätes einen Betrag in Höhe von 794,00 EUR in Rechnung, die der Kläger beglich. Für die Abänderung der Abgasanlage berechnete die Beklagte dem Kläger nichts. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten zu der Rechnung der Beklagten wird auf die zu den Akten gereichte Kopie (Anlage K 4) verwiesen. 23Mit den Schreiben datiert auf den 17.10.2012 und den 03.12.2012 forderte der Kläger - vertreten durch seine Prozessbevollmächtigten - die Beklagte zur Zahlung eines Gesamtbetrages in Höhe von 7.300,00 EUR unter Fristsetzung auf. 24Hinsichtlich weiterer Einzelheiten zu den Schreiben vom 17.10.2012 und vom 03.12.2012 wird auf die jeweils zu den Akten gereichten Kopie der Schreiben (Bl. 135f. d.GA sowie Bl. 11f. d.GA) verwiesen. 25Klageweise macht der Kläger die folgenden Ansprüche geltend: 26 Kosten für 720km Fahrt zwecks Nachbesserung mit privatem PKW (0,30 EUR je Kilometer) insgesamt 216,00 EUR; 27 Kosten für 360km Fahrt mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug (0,90 EUR je Kilometer) insgesamt 324,00 EUR; 28 Nutzungsausfall für die Zeit der Nachbesserung vom 27.09.2012 bis zum 15.10.2012 (90,00 EUR x 17 Tage) insgesamt 1.530,00 EUR; 29 Hotelkosten in Höhe von 62,00 EUR; 30 Verpflegungskosten für die nicht eingeplante Übernachtung in Höhe von pauschal 40,00 EUR; 31 Kosten für den Ersatz für die beiden beschädigten Kat-Rohre in Höhe von 1.275,44; 32 Kosten für den Ersatz für das verarbeitete Hosenrohr mit Vorkat in Höhe von 964,07 EUR; 33 Kosten für den Ersatz für den beschädigten Endschalldämpfer in Höhe von 1.273,30 EUR; 34 Erstattung des für den Austausch des beschädigten Steuergerätes gezahlten Betrages in Höhe von 794,00 EUR sowie 35 Mängelbeseitigungskosten für Durchführung eines ordnungsgemäßen Chiptunings in Höhe von 1.900,00 EUR. 36Der Kläger behauptet, der Umbau durch die Beklagte im Juli 2012 sei nicht ordnungsgemäß erfolgt; insbesondere sei die im Juli 2012 durchgeführte Umrüstung technisch ungeeignet gewesen. So habe das Fahrzeug nach dem Umbau zu keinem Zeitpunkt eine Mehrleistung gegenüber der Serie von 63kw/85 PS gezeigt und eine Geschwindigkeit von über 270km/h erreicht. Vertraglich geschuldet sei ferner der Einbau eines neuen Sportkatalysators mit Hosenrohr als Extraanfertigung und nicht etwa die Fertigung des Sportkatalysators mit Hosenrohr mittels Zerstückelung und Umbau der vorhandenen Originalteile gewesen. Außerdem sei das Steuergerät in Folge des im Juli 2012 durch die Beklagten durchgeführten Umbaus beschädigt worden. 37Der Kläger beantragt, 38die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.380,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB auf 7.368,00 EUR seit Klagezustellung und auf weitere 1.012,81 EUR seit Zustellung des klageerweiternden Schriftsatz vom 19.12.2013 zu zahlen; 39ferner die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von Kosten vorgerichtlicher Rechtsverfolgung in Höhe von 661,16 EUR freizustellen. 40Die Beklagte beantragt, 41 die Klage abzuweisen. 42Sie behauptet, sie habe den Kläger vor Durchführung der Umbauarbeiten im September 2012 darauf hingewiesen, dass es sich bei der von ihm gewünschten Konstruktion nach der Zeichnung Ziffer B um einen Sonderwunsch handele, der nicht mehr der Wimmer Umbaustufe III entspreche. 43Wegen der weiteren Einzelheiten zu dem Sach- und Streitstand wird auf die zu den Akten gereichten wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen. 44Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie durch Anhörung des Sachverständigen und Vernehmung der Zeugin E in der Sitzung vom 26.03.2014. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten vom 11.11.2013 sowie das Protokoll der Sitzung vom 26.03.2014 (Bl. 236ff. d.GA) verwiesen. 45Entscheidungsgründe: 46Die zulässige Klage ist nicht begründet. 47Der Kläger hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung von 8.380,00 EUR gegenüber der Beklagten. 48Ein Anspruch auf Zahlung der Mängelbeseitigungskosten sowie von Fahrtkostenerstattung und Nutzungsausfall ergibt sich insbesondere nicht aus §§ 631, 633, 634, 280, 281 BGB. 49Die Parteien haben einen Werkvertrag im Hinblick auf die Umrüstung des klägerischen Wagens zur Leistungssteigerung geschlossen. 50Der Kläger ist jedoch für seine Beweisbehauptung, dass die im Juli 2012 erfolgte Umrüstung nicht ordnungsgemäß erfolgte, beweisfällig geblieben. 51Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für das Gericht insbesondere nicht fest, dass die Werksleistung der Beklagten deshalb mangelhaft war, weil das Fahrzeug nach dem ersten Umbau im Juli 2012 keine Mehrleistung gegenüber der Serie von 63kw/85 PS und keine Geschwindigkeit von über 270km/h erreicht habe. 52Der Sachverständige ist in seinem Gutachten insoweit zu der Feststellung gekommen, dass aufgrund der im Rahmen des zweiten Umbaus im September 2012 durchgeführten Arbeiten im Nachhinein nicht mehr rekonstruierbar sei, ob das Fahrzeug des Klägers die vorgenannte Leistungssteigerung nach dem ersten Umbau aufgewiesen habe. 53Das Gericht folgt den nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen S. Als von der Industrie- und Handelskammer öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Kraftfahrzeugschäden und Kraftfahrzeugbewertungen ist der Sachverständige für die vorliegende Begutachtung besonders qualifiziert. Das Gutachten ist in sich schlüssig und nachvollziehbar. Insbesondere ist der Sachverständige von zutreffenden Tatsachen ausgegangen und hat die daraus gezogenen Konsequenzen logisch und widerspruchsfrei dargestellt. 54Dem Antrag des Klägers auf Einholung einer ergänzenden Stellungnahme unter Durchführung einer Leistungs- und Hochgeschwindigkeitsmessung auf Grundlage des gegenwärtigen Zustandes des Pkws war nicht nachzugehen. Nach Durchführung der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass es sich bei dem im September 2012 durchgeführten Umbau um einen neuen Auftrag und nicht um eine Nacherfüllung handelte, so dass eine Messung auf Grundlage des gegenwärtigen Zustandes keinen Rückschluss auf den Zustand des Wagens im Juli 2012 erlaubt. 55Insoweit hat die Zeugin E im Rahmen ihrer Vernehmung bekundet, sie habe den Kläger darauf hingewiesen, dass es sich bei der von ihm gewünschten Konstruktion um einen Sonderwunsch handele, der nicht mehr der Leistungssteigerung der Wimmer Umbaustufe III entspreche. Der Hinweis darauf, dass der Sonderwunsch nicht mehr der Umbaustufe III entspreche, sei ihr deshalb so wichtig gewesen, weil sie durch ihren Mann darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass mit der Veränderung der Konstruktion die Leistungssteigerung der Stufe III nicht mehr erreicht werden könne. 56Die Aussage der Zeugin E ist auch glaubhaft. Ihre Schilderungen waren plausibel, lebensnah und nachvollziehbar. Die Zeugin ist auch glaubwürdig. Das Gericht konnte insoweit nicht feststellen, dass sich die Zeugin als Angestellte der Beklagten von der persönlichen Nähe zu dieser hat leiten lassen. 57Ferner deckt sich die Aussage der Zeugin auch mit dem Inhalt der E-Mail von 26.09.2012, in der die Zeugin E den Kläger noch einmal schriftlich darauf hinwies, dass es sich bei dem Umbau nach der Zeichnung Ziffer B um einen Sonderwunsch handele, bei dem man nicht mehr von der Stufe III sprechen könne. 58Indem der Kläger trotz des Hinweises der Beklagten den Umbau gemäß der von ihm in der Zeichnung Ziffer B begehrten Konstruktion in Auftrag gab, hat er einen neuen Auftrag erteilt. 59Soweit der Kläger vorgetragen hat, dass sich bereits aus der seitens der Beklagten gewählten Formulierung „Sportkatalysator (Einzahl) mit Hosenrohr“ in der Leistungsbeschreibung ergebe, dass die von dem Kläger begehrte und in der Zeichnung Ziffer B dargestellte Konstruktion ursprünglich geschuldet war, so dass der im September 2012 erfolgte Umbau nur eine Nacherfüllungsmaßnahme darstellte, konnte das Gericht diesem Vortrag nicht folgen. Aus der vorgenannten Formulierung lässt sich für das Gericht aufgrund des wenig standardisierten Tuningbereichs nicht bereits der zwingende Schluss ziehen, dass nur die von dem Kläger gewünschte Konstruktion damit gemeint sein konnte. Soweit die Vertragsparteien die seitens der Beklagten zu erbringende Leistung lediglich mit „Sportkatalysator mit Hosenrohr“ bezeichneten, stand es der Beklagten frei, die Art der Anfertigung zu wählen. Soweit der Kläger konkrete Vorstellungen von der Art der Anfertigung bei Vertragsschluss hatte, hat er es versäumt, diese zum Vertragsgegenstand zu machen. 60Nach alledem können die mittels einer auf Grundlage des heutigen Zustands des Pkws im Rahmen einer durchzuführenden Leistungs- und Hochgeschwindigkeitsmessung gewonnen Messergebnisse keine Erkenntnis darüber liefern, ob nach der Umrüstung des Wagens im Juli 2012 nur eine Geschwindigkeit von 270km/h erreicht wurde. 61Soweit der Sachverständige in seinem Gutachten angeführt hat, dass es aufgrund weitergehender Recherchen bekannt sei, dass es bei einer speziellen Anpassung der Motorelektronik bei einem Audi TT RS zu Komplikationen kommen könne, wenn nicht alle Bytes im Motorsteuergerät berücksichtigt bzw. angepasst werden und dies zur Folge habe, dass das Fahrzeug anfangs eine gewisse Zeit mit der optimierten Leistung fährt; es dann im Nachgang aber zu Fehlermeldungen komme und dadurch das Fahrzeug anschließend wieder mit der Anfangsleistung und Geschwindigkeit fährt, war dies vorliegend unbeachtlich. Insoweit konnte der Sachverständige schon in tatsächlicher Hinsicht nicht aufklären, ob der Pkw des Klägers nach dem ersten Umbau im Juli 2012 tatsächlich – wie von dem Kläger vorgetragen – nur die Anfangsleistung aufwies. Ferner hat der Sachverständige im Rahmen seiner Anhörung auch ausgeführt, dass es sich bei den vorstehenden Ausführungen nur um eine generelle Möglichkeit für einen Leistungsabfall nach durchgeführte Anpassung der Motorelektronik handelt, aus der kein Rückschluss auf den vorliegenden Fall gezogen werden kann. 62Soweit der Sachverständige einen Mangel festgestellt hat, führt dies im vorliegenden Fall nicht zu dem begehrten Anspruch des Klägers. Insoweit hat der Sachverständige ausgeführt, dass sich zwar die Verarbeitung der Abgasanlage sach- und fachgerecht zeigt, aber die Aufhängung der Abgasanlage nicht fach- und sachgerecht erfolgt ist, da die von der Beklagten gewählte Konstruktion (Schweißen von Unterlegscheiben vor die Auspuffgummis) keine Demontage der Abgasanlage oder ein Wechseln der Auspuffgummis ermögliche. 63Bei den Feststellungen des Sachverständigen handelt es sich lediglich um einen Zufallsfund, der nicht von dem Beweisbeschluss gedeckt war. Die dem Sachverständigen zur Beantwortung gestellte Frage hinsichtlich der technischen Geeignetheit der im Juli 2012 von der Beklagten durchgeführten Umrüstung war zwar offen formuliert, aber ersichtlich lediglich im Hinblick auf die seitens des Klägers vorgetragene Ungeeignetheit für die begehrte Leistungssteigerung des streitgegenständlichen Pkws zu beantworten. Aus diesem Mangel kann der Kläger derzeit auch keine Rechte ableiten, da er insoweit die Beklagte noch gar nicht zur Nacherfüllung aufgefordert hat. Dem Kläger steht insoweit zwar ein Nacherfüllungsanspruch gegenüber der Beklagten zu, der jedoch nicht Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren geworden ist. 64Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ersatz der im Zuge des Umbaus teilweise beschädigten und teilweise verbauten Originalteile der Auspuffanlage gegen die Beklagte gemäß §§ 631, 633, 634, 280 BGB. 65Insoweit hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt, dass die Beklagte im Rahmen des zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrages eine extraangefertigte Auspuffanlage ohne Verwendung der Originalteile vertraglich schuldete, so dass die Anfertigung der Auspuffanlage unter Verwendung der Originalteile eine Pflichtverletzung darstellt. 66Der Kläger hat lediglich vorgetragen, dass er aufgrund der Leistungsbeschreibung auf dem Datenblatt der Beklagten davon ausging, dass er eine extraangefertigte Auspuffanlage nebst seiner Originalteile nach der Umrüstung durch die Beklagte erhält. 67Anhaltspunkte dafür, dass - wie von dem Kläger vorgetragen - eine Extraanfertigung der Auspuffanlage vertraglich durch die Beklagte geschuldet war, sind für das Gericht jedoch nicht ersichtlich. Insbesondere aus der Leistungsbeschreibung der Beklagten zu der Umbaustufe III ergibt sich ein solcher Rückschluss auf das vorgetragene vertraglich geschuldete Soll nicht. Die Formulierungen „RS Edelstahl-Abgasanlage“ und „Sportkatalysator mit Hosenrohr“ lassen angesichts des kaum standardisierte Tuningbereichs nicht ohne weiteres einen Rückschluss auf die Art der konkreten Anfertigung als Extraanfertigung oder als Anfertigung unter Verwendung von Originalteilen zu. 68Auch der Umstand, dass die Beklagte wohl auch handgefertigte Wimmer-Edelstahl-Auspuffanlagen und Sportkatalysators mit Hosenrohr einzeln in ihrem Katalog anbietet, gebietet noch nicht zwingend den Rückschluss, dass – unabhängig davon, was unter „handgefertigt“ tatsächlich zu verstehen ist - auch im Rahmen der Umrüstung nach der Stufe III eine Extraanfertigung vertraglich geschuldet war. 69Insoweit spricht insbesondere der Umstand, dass die Parteien unstreitig die Verwendung der Originalklappensteuerung vereinbarten, dafür, dass eine extraangefertigte Auspuffanlage ohne Verwendung der Originalteile nicht vertraglich geschuldet war. Insoweit hat auch der Sachverständige im Rahmen seiner Anhörung in der Sitzung vom 26.03.2014 ausgeführt, dass bei der vereinbarten Verwendung der Originalabgasklappe auch die Originalauspuffanlage verbaut werden müsste, indem die an dem Pkw vorhandene Abgasklappe ausgeschnitten und anschließend entsprechend wieder verbaut wird. 70Dem Kläger hat ferner auch keinen Anspruch gegen die Beklagte wegen der Beschädigung des Steuergerätes in Höhe von 794,00 EUR aus §§ 631, 634, 280 BGB. 71Dem Kläger ist die Beweisführung hinsichtlich der von ihm behaupteten Beschädigung des Steuergerätes durch die Beklagte nicht gelungen. Aufgrund der Beweisaufnahme vermochte das Gericht nicht zu der Überzeugung gelangen, dass die Beklagte für die Beschädigung des Steuergerätes im Rahmen der von ihr durchgeführten Umrüstung verantwortlich war. Der Sachverständige hat insoweit nachvollziehbar ausgeführt, dass eine Beschädigung des Steuergerätes vorliege. Diese Beschädigung sei durch einen nicht sach- und fachgerecht durchgeführten Lötvorgang im Zusammenhang mit dem Aufspielen von Software erfolgt. Hinsichtlich der Frage, ob diese Beschädigung durch die Beklagte oder jemand anders erfolgt sei, konnte der Sachverständige jedoch keine Aussage treffen. Insoweit hat der Sachverständige ausgeführt, dass es nicht auszuschließen sei, dass eine Beschädigung bereits vor dem Umbau der Beklagten im Juli 2012 erfolgt sei. Auch ein Rückschluss aufgrund tatsächlicher Vermutung konnte hier nicht gezogen werden, da nicht auszuschließen war, dass neben der Beklagten auch ein anderes Unternehmen im relevanten Bereich Arbeiten vornahm. 72Der Kläger hat auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der aufgewendeten Hotelkosten in Höhe von 62,00 EUR aus §§ 631, 634, 280 BGB. 73Insoweit fehlt es bereits an einer Pflichtverletzung seitens der Beklagten. Ein Termin für die Abholung des Wagens an dem Wochenende im Oktober 2012 war zwischen den Parteien nicht vereinbart worden. Ein Anspruch auf Herausgabe des Wagens gegenüber einem Unternehmen außerhalb der Ladenöffnungszeiten, besteht grundsätzlich auch nicht. Indem der Kläger – wie von ihm selbst vorgetragen – sich an dem Sonntag entschloss, am gleichen Tag noch von Lingen nach Solingen zu fahren, da er dachte, vor Ort irgendwie an sein Auto zu kommen, handelte er auf eigenes Risiko. 74Die Entscheidung über die Kosten fußt auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 75Der Streitwert wird auf 8.380,00 EUR festgesetzt.
die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. der kläger kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110% des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn die beklagte nicht vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der kläger ist halter und eigentümer des pkw audi tt rs mit dem amtlichen kennzeichen xxxx. 3die beklagte ist ein unternehmen, welches im bereich der elektronischen und mechanischen leistungssteigerung von pkws tätig ist. 4der kläger erteilte der beklagten im juli 2012 den auftrag, das vorgenannte fahrzeug entsprechend der von der beklagten angebotenen wimmer-rs-stufe iii umzurüsten. die umrüstung des klägerischen autos auf wimmer-rs-stufe iii sollte dabei nach den angaben des datenblatts der beklagten (bl. 6 d.ga), auf die die beklagte in ihrer e-mail vom 06.07.2012 an den kläger verwies, erfolgen. dieses datenblatt sah die folgende leistungsbeschreibung vor: 5- anpassung der motorelektronik, 6- optimierung der ansaugwege, 7- rs edelstahl-abgasanlage, 8- sportkat mit hosenrohr und 9- sportfilter. 10für die umrüstung des pkws auf wimmer-rs-stufe iii sah das datenblatt einen preis in höhe von 5.200,00 eur inkl. montage vor. aufgrund der umrüstung des pkws sollte ausweislich des datenblatts eine geschwindigkeit von ca. 291 km/h bei einer motorleistung von 425 ps erreicht werden. 11hinsichtlich weiterer einzelheiten zu dem auftragsumfang wird auf die als kopie zu der akte gereichte e-mail vom 06.07.2012 (anlage bk 1; bl. 32 d.ga) und das datenblatt (anlage k 1; bl. 6 d.ga) verwiesen. 12ferner vereinbarten die parteien, dass für die auspuffanlage die originalabgasklappe des klägerischen fahrzeugs verwendung finden sollte und hierfür ein preisnachlass von 22% durch die beklagte gewährt werde. 13der kläger verbrachte anschließend das fahrzeug am 25.06.2012 zu der beklagten. dort wurde es umgerüstet. hinsichtlich der arbeiten an der abgasanlage des klägerischen fahrzeugs entfernte die beklagte den vorhandenen vorkatalysator aus dem sich an den turbolader anschließenden teil der abgasanlage mittels auftrennung des rohrs und anschließender verschweißung. ferner tauschte sie die beiden vorhandenen serien-katalysatoren gegen sportkatalysatoren und die sich daran anschließenden rohre (hosenrohre) gegen solche mit größerem durchmesser aus. die beklagte fertigte den teil der abgasanlage, der sich an das „tabakspfeifenartige“ rohr anschließt aus edelstahl neu an. hinsichtlich des zustandes der abgasanlage nach der umrüstung wird auf ziffer a der handschriftlichen skizze (anlage bk 2; bl. 34 d.ga) verwiesen. 14am 31.07.2012 holte der kläger das fahrzeug wieder bei der beklagten ab. die beklagte rechnete mit der als anlage k 2 als kopie zu den akten gereichten rechnung gegenüber dem kläger ab. 15nach der umrüstung war der kläger mit den arbeiten der beklagten an seinem auto unzufrieden und rügte gegenüber der beklagten u.a., dass das fahrzeug nach der abholung nach wie vor nur 270km/h fahre, diverse fehlermeldungen im display erscheinen und dass die beklagte es versäumt habe, den in der ausbaustufe iii enthaltenen sportkatalysator mit hosenrohr einzubauen. 16im anschluss daran entwickelte sich zwischen dem kläger und der beklagten eine rege diskussion mittels telefon und e-mail hinsichtlich der eingebauten auspuffanlage. 17auf grundlage der erörterungen im hinblick auf die auspuffanlage zwischen dem kläger und der mitarbeiterin der beklagten - der zeugin e - erstellte letztere eine handschriftliche skizze, in der sie unter ziffer a die seitens der beklagten eingebaute auspuffanlage und unter ziffer b die seitens des klägers begehrte auspuffkonstruktion zeichnete. hinsichtlich weiterer einzelheiten zu der handschriftlichen skizze wird auf die zu den akten gereichte kopie in anlage bk 2 (bl. 24 d.ga) verwiesen. 18in einer e-mail vom 26.09.2012 fasste die zeugin e das ergebnis der telefonisch besprechung mit dem kläger hinsichtlich der gewünschten auspuffkonstruktion noch einmal zusammen und wies darauf hin, dass die kosten für die änderung durch die beklagte übernommen werden würden und mit der gewünschten auspuffkonstruktion als sonderwunsch die leistungssteigerung der umbaustufe iii nicht mehr erreicht werden könnte. ferner übersandte sie dem kläger in dieser e-mail auch die handschriftlich gefertigte skizze. hinsichtlich weiterer einzelheiten zu der e-mail vom 26.09.2012 wird auf die zu den akten gereichte kopie in anlage bk 3 (bl. 35 d.ga) verwiesen. 19am 27.09.2012 brachte der kläger das fahrzeug dann zu der beklagten, um die fehlermeldungen aus dem bordcomputer beseitigen zu lassen und die abgasanlage entsprechend der in der handschriftlichen skizze unter ziffer b dargestellten und seitens des klägers begehrten konstruktion abzuändern. 20hinsichtlich der fehlermeldungen stellte die beklagte nach überprüfung des pkws eine beschädigung des steuergerätes fest. die beklagte tauschte das steuergerät anschließend aus. 21der kläger reiste am sonntag, den 14.10.2012 mit seiner lebensgefährtin aus lingen an, um sein auto bei der beklagten abzuholen. nachdem eine abholung am 14.10.2012 scheiterte, mietete sich der kläger mit seiner lebensgefährtin ein hotelzimmer für das kosten in höhe von 62,00 eur entstanden. hinsichtlich weiterer einzelheiten zu der hotelrechnung wird auf die als anlage k 3 zu den akten gereichten kopie verwiesen. am 15.10.2012 erhielt der kläger dann seinen wagen zurück. 22die beklagte stellte dem kläger für den austausch des steuergerätes einen betrag in höhe von 794,00 eur in rechnung, die der kläger beglich. für die abänderung der abgasanlage berechnete die beklagte dem kläger nichts. hinsichtlich weiterer einzelheiten zu der rechnung der beklagten wird auf die zu den akten gereichte kopie (anlage k 4) verwiesen. 23mit den schreiben datiert auf den 17.10.2012 und den 03.12.2012 forderte der kläger - vertreten durch seine prozessbevollmächtigten - die beklagte zur zahlung eines gesamtbetrages in höhe von 7.300,00 eur unter fristsetzung auf. 24hinsichtlich weiterer einzelheiten zu den schreiben vom 17.10.2012 und vom 03.12.2012 wird auf die jeweils zu den akten gereichten kopie der schreiben (bl. 135f. d.ga sowie bl. 11f. d.ga) verwiesen. 25klageweise macht der kläger die folgenden ansprüche geltend: 26 kosten für 720km fahrt zwecks nachbesserung mit privatem pkw (0,30 eur je kilometer) insgesamt 216,00 eur; 27 kosten für 360km fahrt mit dem streitgegenständlichen fahrzeug (0,90 eur je kilometer) insgesamt 324,00 eur; 28 nutzungsausfall für die zeit der nachbesserung vom 27.09.2012 bis zum 15.10.2012 (90,00 eur x 17 tage) insgesamt 1.530,00 eur; 29 hotelkosten in höhe von 62,00 eur; 30 verpflegungskosten für die nicht eingeplante übernachtung in höhe von pauschal 40,00 eur; 31 kosten für den ersatz für die beiden beschädigten kat-rohre in höhe von 1.275,44; 32 kosten für den ersatz für das verarbeitete hosenrohr mit vorkat in höhe von 964,07 eur; 33 kosten für den ersatz für den beschädigten endschalldämpfer in höhe von 1.273,30 eur; 34 erstattung des für den austausch des beschädigten steuergerätes gezahlten betrages in höhe von 794,00 eur sowie 35 mängelbeseitigungskosten für durchführung eines ordnungsgemäßen chiptunings in höhe von 1.900,00 eur. 36der kläger behauptet, der umbau durch die beklagte im juli 2012 sei nicht ordnungsgemäß erfolgt; insbesondere sei die im juli 2012 durchgeführte umrüstung technisch ungeeignet gewesen. so habe das fahrzeug nach dem umbau zu keinem zeitpunkt eine mehrleistung gegenüber der serie von 63kw/85 ps gezeigt und eine geschwindigkeit von über 270km/h erreicht. vertraglich geschuldet sei ferner der einbau eines neuen sportkatalysators mit hosenrohr als extraanfertigung und nicht etwa die fertigung des sportkatalysators mit hosenrohr mittels zerstückelung und umbau der vorhandenen originalteile gewesen. außerdem sei das steuergerät in folge des im juli 2012 durch die beklagten durchgeführten umbaus beschädigt worden. 37der kläger beantragt, 38die beklagte zu verurteilen, an ihn 8.380,00 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz gemäß § 247 bgb auf 7.368,00 eur seit klagezustellung und auf weitere 1.012,81 eur seit zustellung des klageerweiternden schriftsatz vom 19.12.2013 zu zahlen; 39ferner die beklagte zu verurteilen, den kläger von kosten vorgerichtlicher rechtsverfolgung in höhe von 661,16 eur freizustellen. 40die beklagte beantragt, 41 die klage abzuweisen. 42sie behauptet, sie habe den kläger vor durchführung der umbauarbeiten im september 2012 darauf hingewiesen, dass es sich bei der von ihm gewünschten konstruktion nach der zeichnung ziffer b um einen sonderwunsch handele, der nicht mehr der wimmer umbaustufe iii entspreche. 43wegen der weiteren einzelheiten zu dem sach- und streitstand wird auf die zu den akten gereichten wechselseitigen schriftsätze der parteien nebst anlagen bezug genommen. 44das gericht hat beweis erhoben durch einholung eines sachverständigengutachtens sowie durch anhörung des sachverständigen und vernehmung der zeugin e in der sitzung vom 26.03.2014. hinsichtlich des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf das sachverständigengutachten vom 11.11.2013 sowie das protokoll der sitzung vom 26.03.2014 (bl. 236ff. d.ga) verwiesen. 45
46die zulässige klage ist nicht begründet. 47der kläger hat aus keinem rechtlichen gesichtspunkt einen anspruch auf zahlung von 8.380,00 eur gegenüber der beklagten. 48ein anspruch auf zahlung der mängelbeseitigungskosten sowie von fahrtkostenerstattung und nutzungsausfall ergibt sich insbesondere nicht aus §§ 631, 633, 634, 280, 281 bgb. 49die parteien haben einen werkvertrag im hinblick auf die umrüstung des klägerischen wagens zur leistungssteigerung geschlossen. 50der kläger ist jedoch für seine beweisbehauptung, dass die im juli 2012 erfolgte umrüstung nicht ordnungsgemäß erfolgte, beweisfällig geblieben. 51nach dem ergebnis der beweisaufnahme steht für das gericht insbesondere nicht fest, dass die werksleistung der beklagten deshalb mangelhaft war, weil das fahrzeug nach dem ersten umbau im juli 2012 keine mehrleistung gegenüber der serie von 63kw/85 ps und keine geschwindigkeit von über 270km/h erreicht habe. 52der sachverständige ist in seinem gutachten insoweit zu der feststellung gekommen, dass aufgrund der im rahmen des zweiten umbaus im september 2012 durchgeführten arbeiten im nachhinein nicht mehr rekonstruierbar sei, ob das fahrzeug des klägers die vorgenannte leistungssteigerung nach dem ersten umbau aufgewiesen habe. 53das gericht folgt den nachvollziehbaren feststellungen des sachverständigen s. als von der industrie- und handelskammer öffentlich bestellter und vereidigter sachverständiger für kraftfahrzeugschäden und kraftfahrzeugbewertungen ist der sachverständige für die vorliegende begutachtung besonders qualifiziert. das gutachten ist in sich schlüssig und nachvollziehbar. insbesondere ist der sachverständige von zutreffenden tatsachen ausgegangen und hat die daraus gezogenen konsequenzen logisch und widerspruchsfrei dargestellt. 54dem antrag des klägers auf einholung einer ergänzenden stellungnahme unter durchführung einer leistungs- und hochgeschwindigkeitsmessung auf grundlage des gegenwärtigen zustandes des pkws war nicht nachzugehen. nach durchführung der beweisaufnahme steht zur überzeugung des gerichts fest, dass es sich bei dem im september 2012 durchgeführten umbau um einen neuen auftrag und nicht um eine nacherfüllung handelte, so dass eine messung auf grundlage des gegenwärtigen zustandes keinen rückschluss auf den zustand des wagens im juli 2012 erlaubt. 55insoweit hat die zeugin e im rahmen ihrer vernehmung bekundet, sie habe den kläger darauf hingewiesen, dass es sich bei der von ihm gewünschten konstruktion um einen sonderwunsch handele, der nicht mehr der leistungssteigerung der wimmer umbaustufe iii entspreche. der hinweis darauf, dass der sonderwunsch nicht mehr der umbaustufe iii entspreche, sei ihr deshalb so wichtig gewesen, weil sie durch ihren mann darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass mit der veränderung der konstruktion die leistungssteigerung der stufe iii nicht mehr erreicht werden könne. 56die aussage der zeugin e ist auch glaubhaft. ihre schilderungen waren plausibel, lebensnah und nachvollziehbar. die zeugin ist auch glaubwürdig. das gericht konnte insoweit nicht feststellen, dass sich die zeugin als angestellte der beklagten von der persönlichen nähe zu dieser hat leiten lassen. 57ferner deckt sich die aussage der zeugin auch mit dem inhalt der e-mail von 26.09.2012, in der die zeugin e den kläger noch einmal schriftlich darauf hinwies, dass es sich bei dem umbau nach der zeichnung ziffer b um einen sonderwunsch handele, bei dem man nicht mehr von der stufe iii sprechen könne. 58indem der kläger trotz des hinweises der beklagten den umbau gemäß der von ihm in der zeichnung ziffer b begehrten konstruktion in auftrag gab, hat er einen neuen auftrag erteilt. 59soweit der kläger vorgetragen hat, dass sich bereits aus der seitens der beklagten gewählten formulierung „sportkatalysator (einzahl) mit hosenrohr“ in der leistungsbeschreibung ergebe, dass die von dem kläger begehrte und in der zeichnung ziffer b dargestellte konstruktion ursprünglich geschuldet war, so dass der im september 2012 erfolgte umbau nur eine nacherfüllungsmaßnahme darstellte, konnte das gericht diesem vortrag nicht folgen. aus der vorgenannten formulierung lässt sich für das gericht aufgrund des wenig standardisierten tuningbereichs nicht bereits der zwingende schluss ziehen, dass nur die von dem kläger gewünschte konstruktion damit gemeint sein konnte. soweit die vertragsparteien die seitens der beklagten zu erbringende leistung lediglich mit „sportkatalysator mit hosenrohr“ bezeichneten, stand es der beklagten frei, die art der anfertigung zu wählen. soweit der kläger konkrete vorstellungen von der art der anfertigung bei vertragsschluss hatte, hat er es versäumt, diese zum vertragsgegenstand zu machen. 60nach alledem können die mittels einer auf grundlage des heutigen zustands des pkws im rahmen einer durchzuführenden leistungs- und hochgeschwindigkeitsmessung gewonnen messergebnisse keine erkenntnis darüber liefern, ob nach der umrüstung des wagens im juli 2012 nur eine geschwindigkeit von 270km/h erreicht wurde. 61soweit der sachverständige in seinem gutachten angeführt hat, dass es aufgrund weitergehender recherchen bekannt sei, dass es bei einer speziellen anpassung der motorelektronik bei einem audi tt rs zu komplikationen kommen könne, wenn nicht alle bytes im motorsteuergerät berücksichtigt bzw. angepasst werden und dies zur folge habe, dass das fahrzeug anfangs eine gewisse zeit mit der optimierten leistung fährt; es dann im nachgang aber zu fehlermeldungen komme und dadurch das fahrzeug anschließend wieder mit der anfangsleistung und geschwindigkeit fährt, war dies vorliegend unbeachtlich. insoweit konnte der sachverständige schon in tatsächlicher hinsicht nicht aufklären, ob der pkw des klägers nach dem ersten umbau im juli 2012 tatsächlich – wie von dem kläger vorgetragen – nur die anfangsleistung aufwies. ferner hat der sachverständige im rahmen seiner anhörung auch ausgeführt, dass es sich bei den vorstehenden ausführungen nur um eine generelle möglichkeit für einen leistungsabfall nach durchgeführte anpassung der motorelektronik handelt, aus der kein rückschluss auf den vorliegenden fall gezogen werden kann. 62soweit der sachverständige einen mangel festgestellt hat, führt dies im vorliegenden fall nicht zu dem begehrten anspruch des klägers. insoweit hat der sachverständige ausgeführt, dass sich zwar die verarbeitung der abgasanlage sach- und fachgerecht zeigt, aber die aufhängung der abgasanlage nicht fach- und sachgerecht erfolgt ist, da die von der beklagten gewählte konstruktion (schweißen von unterlegscheiben vor die auspuffgummis) keine demontage der abgasanlage oder ein wechseln der auspuffgummis ermögliche. 63bei den feststellungen des sachverständigen handelt es sich lediglich um einen zufallsfund, der nicht von dem beweisbeschluss gedeckt war. die dem sachverständigen zur beantwortung gestellte frage hinsichtlich der technischen geeignetheit der im juli 2012 von der beklagten durchgeführten umrüstung war zwar offen formuliert, aber ersichtlich lediglich im hinblick auf die seitens des klägers vorgetragene ungeeignetheit für die begehrte leistungssteigerung des streitgegenständlichen pkws zu beantworten. aus diesem mangel kann der kläger derzeit auch keine rechte ableiten, da er insoweit die beklagte noch gar nicht zur nacherfüllung aufgefordert hat. dem kläger steht insoweit zwar ein nacherfüllungsanspruch gegenüber der beklagten zu, der jedoch nicht streitgegenstand im vorliegenden verfahren geworden ist. 64der kläger hat auch keinen anspruch auf ersatz der im zuge des umbaus teilweise beschädigten und teilweise verbauten originalteile der auspuffanlage gegen die beklagte gemäß §§ 631, 633, 634, 280 bgb. 65insoweit hat der kläger nicht substantiiert dargelegt, dass die beklagte im rahmen des zwischen den parteien geschlossenen werkvertrages eine extraangefertigte auspuffanlage ohne verwendung der originalteile vertraglich schuldete, so dass die anfertigung der auspuffanlage unter verwendung der originalteile eine pflichtverletzung darstellt. 66der kläger hat lediglich vorgetragen, dass er aufgrund der leistungsbeschreibung auf dem datenblatt der beklagten davon ausging, dass er eine extraangefertigte auspuffanlage nebst seiner originalteile nach der umrüstung durch die beklagte erhält. 67anhaltspunkte dafür, dass - wie von dem kläger vorgetragen - eine extraanfertigung der auspuffanlage vertraglich durch die beklagte geschuldet war, sind für das gericht jedoch nicht ersichtlich. insbesondere aus der leistungsbeschreibung der beklagten zu der umbaustufe iii ergibt sich ein solcher rückschluss auf das vorgetragene vertraglich geschuldete soll nicht. die formulierungen „rs edelstahl-abgasanlage“ und „sportkatalysator mit hosenrohr“ lassen angesichts des kaum standardisierte tuningbereichs nicht ohne weiteres einen rückschluss auf die art der konkreten anfertigung als extraanfertigung oder als anfertigung unter verwendung von originalteilen zu. 68auch der umstand, dass die beklagte wohl auch handgefertigte wimmer-edelstahl-auspuffanlagen und sportkatalysators mit hosenrohr einzeln in ihrem katalog anbietet, gebietet noch nicht zwingend den rückschluss, dass – unabhängig davon, was unter „handgefertigt“ tatsächlich zu verstehen ist - auch im rahmen der umrüstung nach der stufe iii eine extraanfertigung vertraglich geschuldet war. 69insoweit spricht insbesondere der umstand, dass die parteien unstreitig die verwendung der originalklappensteuerung vereinbarten, dafür, dass eine extraangefertigte auspuffanlage ohne verwendung der originalteile nicht vertraglich geschuldet war. insoweit hat auch der sachverständige im rahmen seiner anhörung in der sitzung vom 26.03.2014 ausgeführt, dass bei der vereinbarten verwendung der originalabgasklappe auch die originalauspuffanlage verbaut werden müsste, indem die an dem pkw vorhandene abgasklappe ausgeschnitten und anschließend entsprechend wieder verbaut wird. 70dem kläger hat ferner auch keinen anspruch gegen die beklagte wegen der beschädigung des steuergerätes in höhe von 794,00 eur aus §§ 631, 634, 280 bgb. 71dem kläger ist die beweisführung hinsichtlich der von ihm behaupteten beschädigung des steuergerätes durch die beklagte nicht gelungen. aufgrund der beweisaufnahme vermochte das gericht nicht zu der überzeugung gelangen, dass die beklagte für die beschädigung des steuergerätes im rahmen der von ihr durchgeführten umrüstung verantwortlich war. der sachverständige hat insoweit nachvollziehbar ausgeführt, dass eine beschädigung des steuergerätes vorliege. diese beschädigung sei durch einen nicht sach- und fachgerecht durchgeführten lötvorgang im zusammenhang mit dem aufspielen von software erfolgt. hinsichtlich der frage, ob diese beschädigung durch die beklagte oder jemand anders erfolgt sei, konnte der sachverständige jedoch keine aussage treffen. insoweit hat der sachverständige ausgeführt, dass es nicht auszuschließen sei, dass eine beschädigung bereits vor dem umbau der beklagten im juli 2012 erfolgt sei. auch ein rückschluss aufgrund tatsächlicher vermutung konnte hier nicht gezogen werden, da nicht auszuschließen war, dass neben der beklagten auch ein anderes unternehmen im relevanten bereich arbeiten vornahm. 72der kläger hat auch keinen anspruch gegen die beklagte auf erstattung der aufgewendeten hotelkosten in höhe von 62,00 eur aus §§ 631, 634, 280 bgb. 73insoweit fehlt es bereits an einer pflichtverletzung seitens der beklagten. ein termin für die abholung des wagens an dem wochenende im oktober 2012 war zwischen den parteien nicht vereinbart worden. ein anspruch auf herausgabe des wagens gegenüber einem unternehmen außerhalb der ladenöffnungszeiten, besteht grundsätzlich auch nicht. indem der kläger – wie von ihm selbst vorgetragen – sich an dem sonntag entschloss, am gleichen tag noch von lingen nach solingen zu fahren, da er dachte, vor ort irgendwie an sein auto zu kommen, handelte er auf eigenes risiko. 74die entscheidung über die kosten fußt auf § 91 zpo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 75der streitwert wird auf 8.380,00 eur festgesetzt.
Verklagte*r
0
333,525
21 K 1844/18
2020-11-03T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist Trägerin eines freigemeinnützigen, insgesamt 325 Betten (Stand 2016) umfassenden Plankrankenhauses mit Fachabteilungen der Gebiete Innere Medizin, Chirurgie, Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Kinder- und Jugendmedizin, Urologie und HNO-Heilkunde im Versorgungsgebiet x (L. , N. , Kreis O. , Kreis W. ). 3Neben der Klägerin, die den Aufbau einer Fachabteilung Neurologie (40 Betten) mit Stroke-Unit (5 Plätze) anstrebt, begehren des Weiteren folgende Krankenhäuser die Ausweisung einer Fachabteilung für Neurologie: Städtisches Krankenhaus O1. (30 Betten und Stroke-Unit 4 Plätze), Hospital zum I. H. L1. (25 Betten neurologisch-neurochirurgische Frührehabilitation [NNCHFR]), B. U. (25 Betten neurogeriatrische Versorgung). 4Mit Schreiben vom 31.05.2016 stellte die Klägerin bei der Bezirksregierung Y. (im Folgenden: Bezirksregierung) einen Antrag zur zukünftigen Planbettenstruktur des Krankenhauses unter Beifügung einer Konzeptschrift mit Darstellung der Fachabteilung im Einzelnen sowie eines Antrags auf Aufnahme eines besonderen Angebotes im Feststellungsbescheid „Schlaganfalleinheit im AKH W. “ (4 Bettplätze). 5Die Bezirksregierung wies mit E-Mail vom 29.06.2016 darauf hin, dass sie im Nachgang zu dem vorgelegten Regionalen Planungskonzept für den Kreis W. ein weiterer Antrag auf Ausweisung einer Fachabteilung für Neurologie am Städtischen Krankenhaus O1. erreicht habe. Eine Einbeziehung des Antrags in die bereits vorliegende Planung oder Durchführung eines Regionalen Planungskonzepts sei nicht möglich; zudem seien die konkurrierenden Anbieter mit einer neurologischen Fachabteilung, die derzeit die Versorgung des Kreises W. teilweise sicherstellten, in die Verhandlung mit einzubeziehen. 6Mit weiterer E-Mail vom 29.06.2016 wies die Bezirksregierung darauf hin, dass sich die St. N1. Therapieklinik um einen eingeschränkten Versorgungsauftrag bewerbe, der losgelöst von den übrigen Planverfahren behandelt werde; eine Einbeziehung sei deshalb nicht notwendig. Bei Einbeziehung des Antrags des Städtischen Krankenhauses O1. seien die Konkurrenten zu beteiligen. 7Mit E-Mail vom 11.07.2016 leitete das Städtische Krankenhaus O1. gegenüber den Kassenverbänden das Verfahren zur krankenhausplanerischen Erweiterung des Versorgungsvertrages um die Fachabteilung für Neurologie inkl. angeschlossener Stroke-Unit ein. 8Mit Schreiben vom 14.07.2016 lehnten die Verbände den Antrag ab und verweigerten die Durchführung einer schriftlichen Verhandlung des Antrags des Städtischen Krankenhauses O1. . Zur Begründung wurde im Wesentlichen angegeben, das Krankenhaus sei angesichts der geringen Fachabteilungszahl nicht geeignet, zudem sei der Bedarf im Versorgungsgebiet 4 ausreichend durch etablierte Anbieter gedeckt. Es sei ein Regionales Planungskonzept erarbeitet worden, welches keinen Antrag auf Einrichtung der Fachabteilung für Neurologie beinhaltet habe. 9Mit Schreiben vom 30.09.2016 ergänzte die Klägerin gegenüber der Bezirksregierung ihr Anliegen vom 31.05.2016 unter Darstellung des vorgesehenen neurologischen Behandlungskonzepts mit Vorlage eines Antrags zur Genehmigung einer Hauptfachabteilung für Neurologie mit 40 Betten, davon 5 Betten als Stroke-Unit und Angebot einer neurologischen Frührehabilitation (Phase B). Die Implementierung der Fachabteilung könne bettenneutral dargestellt werden, da bereits bisher Patienten mit neurologischen Krankheitsbildern insbesondere im Bereich der Inneren Medizin und Pädiatrie behandelt würden. Der Antrag erfolge im Rahmen der Erstellung eines regionalen Planungskonzepts und sei als Ergänzung des bereits der Bezirksregierung vorliegenden Antrags vom 31.05.2016 zu verstehen. Alle für die umfassende Versorgung von Notfallpatienten notwendigen Strukturen seien rund um die Uhr verfügbar (24-Stunden-Arzt-Besetzung in allen Fachbereichen, insbesondere auch im Bereich der Intensivmedizin; 24-Stunden eigene Radiologie-Verfügbarkeit inkl. CT und MRT mit ständiger Arztverfügbarkeit; 24-Stunden Notfall-Endoskopie-Bereitschaft; 24-Stunden Herz-Katheter-Bereitschaft (inklusive Angiologie); Besetzung der Notarztstandorte Stadt W. , Stadt X. und ab dem 01.01.2017 Region T. ; Verfügbarkeit eines Hubschrauberlandeplatzes; einzige kassenärztliche Notdienstpraxis im Kreis W. auf dem Gelände des Krankenhauses). Durch die Vorhaltung sämtlicher diagnostischer und therapeutischer Verfahren entsprechend des Status als gehobener Grund- und Regelversorger werde eine Voll-Versorgung der Bevölkerung der Stadt W. und des Kreises sichergestellt und gegebenenfalls durch entsprechende Kooperationsverträge erweitert. Es bestehe ein telemedizinischer Versorgungsvertrag mit der neurologischen Klinik der B1. L. GmbH. Es bestehe eine Kooperation mit der überregionalen Stroke-Unit in Y. sowie der dortigen gefäßchirurgischen und neurochirurgischen Abteilung. Weitere Kooperationen mit regionalen Anbietern würden angestrebt. In der radiologischen Abteilung der Klägerin gebe es einen entsprechend qualifizierten Chefarzt. Als ärztliche Abteilungsstruktur unter Gewährleistung einer 24-stündigen ärztlichen Anwesenheit (montags bis freitags) sowie täglichen ärztlichen Anwesenheit von 12 Stunden seien vorgesehen ein Chefarzt bzw. leitender Arzt, zwei Fachärzte (Oberärzte) und drei Assistenzärzte. 10Mit Schreiben vom 11.10.2016 lehnten die Kassenverbände ohne Durchführung von Verhandlungen den Antrag der Klägerin auf Einrichtung einer Fachabteilung für Neurologie unter Verweis auf die Bedarfslage ab. 11Mit Bericht vom 20.02.2017 teilte die Bezirksregierung dem Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter (im Folgenden: Ministerium) den Stand der Verhandlungen zwischen der Arbeitsgemeinschaft der Krankenhäuser in L. und dem Kreis W. e.V. und den Landesverbänden der Krankenkassen zur Erstellung eines regionalen Planungskonzepts mit und bat um Fortführung des Verfahrens gemäß § 14 KHGG.Soweit die Ausweisung von Fachabteilungen für Neurologie / Stroke-Units betroffen ist, wurde im Wesentlichen angegeben, geeinigte Ergebnisse im Rahmen des regionalen Planungsverfahrens lägen nicht vor. Von den Kassenverbänden seien die Anträge des Antoniuszentrums U. , des Hospitals zum I. H. L1. , des Städtischen Krankenhauses O1. und der Klägerin abgelehnt worden.Im Weiteren führte die Bezirksregierung aus, ein Bedarf für die Einrichtung einer neuen Fachabteilung für Neurologie im Versorgungsgebiet 4 sei gemessen an der Bettendichte im Abgleich mit dem errechneten Bedarf nach Hill-Burton nicht erkennbar. Im Kreis W. existiere keine Abteilung für Neurologie. Das Kreisgebiet werde von den Kliniken N2. -I1. N. sowie von dem I2. Klinikum L. und dem Krankenhaus der B1. L. GmbH mitversorgt. Zur Versorgung stünden 326 Betten im Versorgungsgebiet 4 zur Verfügung; nach der Hill-Burton-Formel wären nach dem Bevölkerungsstand vom 31.12.2015 insgesamt 347 Betten notwendig. Die Regionalisierung habe die Vorhaltung von 316 Betten für das Versorgungsgebiet 4 vorgesehen. Gemessen an der tatsächlichen Auslastung unter Berücksichtigung der jeweiligen krankenhauseigenen Verweildauer ergäbe sich jedoch bereits ein Bedarf von 380 Betten; lege man die Planparameter zu Grunde (BN 82,5, VD 7,8 Tage), ergebe sich ein Bedarf von 411 Betten. Es sollten mindestens 54 neurologische Betten (380 - 326) ausgewiesen werden.Bei der Beurteilung der Anträge sei das Hauptaugenmerk auf folgende Kriterien gelegt worden: (1) Ausstattung mit medizinischen Personal (ärztlich, pflegerisch, therapeutisch), (2) Möglichkeiten zur Diagnostik (Sicherstellung CT / MRT Diagnostik usw.), (3) Möglichkeiten zur Intervention.Zum Krankenhaus der Klägerin führte die Bezirksregierung aus, angesichts der vorgehaltenen medizinisch-technischen Ausstattung könne der Aufbau einer alle Anforderungen erfüllenden neurologischen Fachabteilung grundsätzlich erfolgen. Zweifel bestünden jedoch hinsichtlich des Kooperationspartners, da dieser Träger des Konkurrenzhauses B. U. sei, der ebenfalls die Einrichtung einer Fachabteilung für Neurologie beantrage. Die Möglichkeiten zur Durchführung interventioneller neuroradiologischer Eingriffe bestehen am Krankenhaus der Klägerin nicht und würden durch den Kooperationspartner Uniklinikum Y. erbracht werden.Da für den festgestellten Bedarf mehrere geeignete Anbieter zur Verfügung stünden, habe eine Auswahlentscheidung zu erfolgen. Die bestehenden Anbieter in N. sowie das Krankenhaus der Klägerin und das Hospital zum I. H. seien in die Auswahl einzubeziehen, da die vorgestellten Konzepte erkennen ließen, dass die Anforderungen an eine Fachabteilung Neurologie erfüllt würden bzw. im Rahmen der Umsetzungsfrist erfüllt werden könnten. Die etablierten Anbieter stellten aktuell die neurologische Versorgung des Kreises W. sicher. Die Einzugsgebiete der Kliniken N2. -I1. N. und einer potentiellen Fachabteilung der Klägerin seien annähernd deckungsgleich, so dass sich die Entscheidung, wer für die Deckung des offenen Bedarfs herangezogen werde, an der Qualität der medizinischen Konzepte bzw. Strukturen orientiere. Anders als die Kliniken N2. -I1. N. müsse die Klägerin für interventionelle / gefäßchirurgische Eingriffe auf Kooperationspartner zurückgreifen. Aufgrund der seit 2014 zu beobachtenden weiteren Entwicklung der Patientenzahlen sei die Ausweisung von insgesamt 136 neurologischen Betten in N. notwendig. Ebenso sei die Aufstockung der Kapazitäten am Krankenhaus N2. -I1. L. von 52 auf 84 Betten (unter Berücksichtigung der erhöhten Verweildauer durch den Schwerpunkt für Schwer-Schädel-Hirn-Verletzte) unbedingt notwendig. Das I2. Klinikum L. und die Kassenverbände hätten sich ‑ trotz höheren Bedarfs ‑ auf eine Aufstockung auf 60 Betten geeinigt. Damit seien 378 der mindestens benötigten 380 Betten verteilt. Da das qualitativ hochwertige Angebot der neurologisch-neurochirurgische Frührehabilitation (NNCHFR) im Hospital zum I. H. zukünftig planungsrechtlich zu berücksichtigen sei, werde die zusätzliche Ausweisung der beantragten 25 Betten für notwendig gehalten, ohne dass der Versorgungsauftrag auf neurologisch-neurochirurgische Frührehabilitation (NNCHFR) beschränkt werde, da es sich um einen Akut-Krankenhaus handele, welches die Anforderungen an eine Fachabteilung für Neurologie vollständig erfülle. Da in der Vergangenheit auch andere Rehabilitationskliniken mit eingeschränktem Versorgungsauftrag in den Krankenhausplan aufgenommen worden seien, wäre es nicht zu rechtfertigen, das Hospital zum I. H. als Akutkrankenhaus nicht im Krankenhausplan auszuweisen. Zudem könne die Fachabteilung Neurologie den über die 60 Betten hinaus bestehenden Bedarf an dem I2. -Klinikum L. abfedern.Die flächendeckende Versorgung mit Stroke-Unit-Behandlungsplätzen sei grundsätzlich gewährleistet, da innerhalb 1 Stunde mit dem Rettungswagen aus jeder Gemeinde des Kreises W. eine Stroke-Unit zu erreichen sei. Auch aus dem südlichen Kreis L2. könne in dieser Zeitspanne ab Alarmierung des Rettungsdienstes eine Stroke-Unit erreicht werden. Die weitere Ausweisung von Stroke-Unit-Behandlungsplätzen im Kreis W. werde daher nicht für notwendig gehalten. 12Mit Erlass vom 18.08.2017 gab das Ministerium den gemäß § 15 KHGG NRW Beteiligten, insbesondere der Klägerin, im Rahmen des Anhörungsverfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme, u.a. zur Frage der Ausweisung von Fachabteilungen für Neurologie. Unter Hinweis darauf, dass das Ministerium sich im Wesentlichen dem Votum der Bezirksregierung anschließe, wies es insbesondere darauf hin, dass bei der Auswahlentscheidung besonders die Kriterien der Ausstattung mit medizinischem Personal, der Möglichkeiten zur Diagnostik und der Möglichkeit zur Intervention heranzuziehen seien. Das B. U. und das Städtische Krankenhaus O1. erfüllten die strukturellen Anforderungen an die Ausweisung einer Fachabteilung für Neurologie nicht. Neben dem Krankenhaus der Klägerin und dem Hospital zum I. H. L1. seien die bestehenden Anbieter in N. und L. in die Auswahlentscheidung einzubeziehen. Da die Einzugsgebiete der Kliniken N2. -I1. N. und des Krankenhauses der Klägerin nahezu deckungsgleich seien, müsse sich die Entscheidung zur Deckung des bestehenden Bedarfs an der Qualität der medizinischen Konzepte bzw. Strukturen orientieren. Die Kliniken N2. -I1. N. verfüge im Gegensatz zum Krankenhaus der Klägerin über eine eigene erfahrene Neuroradiologie inklusive der Möglichkeit interventioneller Eingriffe und gefäßchirurgischer Leistungen. Insoweit sei eine Erhöhung der neurologischen Betten am N2. -I1. Krankenhaus N. vorzunehmen. Des Weiteren werde eine Bettenerhöhung in der Neurologie am I2. -Klinikum L. erforderlich sein. Im Zusammenhang mit der bestehenden neurologisch-neurochirurgische Frührehabilitation (NNCHFR) im Akutkrankenhaus des Hospitals zum I. H. L1. solle die Ausweisung von 25 neurologischen Betten ohne Einschränkung des Versorgungsauftrages erfolgen. 13Daraufhin teilte die Ärztekammer Nordrhein zum Bereich Neurologie mit Schreiben vom 29.09.2017 mit, nach den vorliegenden Daten stelle sich die Personalausstattung der Krankenhäuser wie folgt dar: zum Krankenhaus der Klägerin keine Angaben; zum Hospital zum I. H. 1 Facharzt für Neurochirurgie, 5 Fachärzte für Neurologie, 2 Fachärzte mit Zusatz-Weiterbildung Rehabilitationswesen, Chefarzt mit Weiterbildungsbefugnis für die Facharztkompetenz Neurologie im Umfang von zwölf Monaten sowie über die volle Weiterbildungsbefugnis für die Zusatz-Weiterbildung Rehabilitationswesen; zum B. U. keine Angaben; zum Städtischen Krankenhaus O1. keine Angaben. 14Das Städtische Krankenhaus O1. teilte zum Bereich Neurologie mit Schreiben vom 28.09.2017 mit, die vorgesehene Ausweisung von Fachabteilungen Neurologie berücksichtige nicht hinreichend die Zielsetzung eines regionalen Planungsverfahrens, tragfähige Strukturen für die medizinische Versorgung einer Region zu erarbeiten. Vorrangig sollten zunächst der regionale Versorgungsbedarf bewertet und darauf aufbauend bei vergleichbarer Bedarfssituation die gegebenenfalls vorhandenen Versorgungsangebote bewertet werden. Im Falle des Krankenhauses der Klägerin und der Kliniken N2. -I1. N. könne die Auswahl orientiert an der Qualität der medizinischen Konzepte erfolgen, da die Einzugsgebiete nahezu deckungsgleich seien. Anders sei dies beim Antrag des Hospital zum I. H. L1. , da nicht hinreichend der regionale Bedarf bewertet worden sei. In diesem Falle wäre aufgefallen, dass sich das Einzugsgebiet des Hospitals zum I. H. L1. mit den Einzugsgebieten der beiden neurologischen Fachabteilungen in L. überschneide. Zudem werde die Versorgungssituation im Westkreis W. nicht optimal gestaltet. Für eine Verbesserung der Versorgungsstrukturen sei die Etablierung entsprechender neurologischer Erstversorgungsangebote vorrangig im Raum O1. geboten. 15Die Klägerin trägt zum Bereich Neurologie mit Schreiben vom 28.09.2017 vor, die anderen Antragsteller seien im Verfahren zur Bettenaufstockung auf 125 Betten im Bereich Neurologie des Krankenhauses N2. -I1. N. mit Feststellungsbescheid vom 15.12.2016 nicht einbezogen worden. Dagegen wende sich die Klägerin in einem entsprechenden eigenständigen Widerspruchsverfahren. Es sei nicht verständlich, dass einerseits die Antragsteller aus dem benachbarten Kreis W. in jenes Verfahren nicht einbezogen worden seien, andererseits aber nunmehr im vorliegenden Verfahren die Anbieter aus N. und L. in die Auswahlentscheidung einbezogen worden seien. Da die entsprechenden regionalen Planungskonzepte auch in der Regel innerhalb von Gebietskörperschaften (hier Kreis W. ) abgestimmt würden, würden im Zusammenhang mit einer Auswahlentscheidung innerhalb des Kreises W. die genannten Argumente in Bezug auf die Kliniken N2. -I1. in N. nicht mehr tragend sein und das Krankenhaus der Klägerin wäre entsprechend der Antragstellung prädestiniert für die neurologische Versorgung der entsprechenden Patienten.Unabhängig davon würde auch die Einbeziehung der Kliniken N2. -I1. N. nichts an der Geeignetheit und Bedarfsgerechtigkeit der Zuerkennung von neurologischen Betten zu Gunsten des Krankenhauses der Klägerin ändern. Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen zur Ausstattung mit medizinischen Personal und zu Möglichkeiten zur Diagnostik. Auch das Krankenhaus der Klägerin verfüge über neuroradiologische Kompetenz, da einer der beiden Chefärzte des Instituts für diagnostische Radiologie und Neuroradiologie selbst Facharzt für Neuroradiologie und mit sämtlichen neuroradiologischen Behandlungen vertraut sei. Die Möglichkeit von interventionellen neuroradiologischen Eingriffen bestehe im Krankenhaus der Klägerin nicht, nach ihrer Kenntnis seien derartige Eingriffe aber auch nicht in den Kliniken N2. -I1. N. „rund um die Uhr“ möglich. Gleiches gelte für neurochirurgische Interventionen, die an den Kliniken N2. -I1. N. nicht erbracht werden könnten. Insoweit seien die Angebote des Krankenhauses der Klägerin und den Kliniken N2. -I1. N. vergleichbar.Deckungsgleichheit der Einzugsgebiete bestehe nicht nur im Fall des Krankenhauses der Klägerin und der Kliniken N2. -I1. N. sondern auch im Fall des Hospitals zum I. H. L1. und den L3. Anbietern. Gleichwohl solle eine Ausweisung einer Fachabteilung Neurologie in L1. zusätzlich zu dem L3. Angebot erfolgen; in ihrem Falle sei eine entsprechende Entscheidung ebenfalls vertretbar. 16Mit Bericht vom 07.11.2017 teilte die Bezirksregierung dem Ministerium zum Bereich Neurologie mit, dass es auch nach Eingang der Stellungnahmen grundsätzlich bei den Ausführungen im Bericht vom 20.02.2017 bleibe.Die Leistungsfähigkeit des Städtischen Krankenhauses O1. sei weiterhin zweifelhaft, da es lediglich eine telemedizinische Anbindung an die Radiologie des Krankenhauses der Klägerin gebe, hingegen im Fall des Hospitals zum I. H. wenigstens die Kooperation mit einer radiologischen Praxis direkt am Hause bestehe somit tagsüber immer verfügbar sei und zusätzlich telemedizinische Betreuung existiere. Zudem gehe es bei der Einrichtung von 25 neurologischen Betten am Hospital zum I. H. in L1. nicht um die Deckung des neurologischen Bedarfs sondern um die Anbindung an das Angebot der neurologisch-neurochirurgische Frührehabilitation (NNCHFR).Entgegen der Auffassung des Städtischen Krankenhauses O1. seien auch die ländlichen Gebiete im westlichen Kreis W. in rund einer halben Stunde an eine Neurologie angebunden. Gegebenenfalls werde in grenznahen Gemeinden auch das niederländische Leistungsangebot wahrgenommen.In das Verfahren für die Region N. habe das Krankenhaus der Klägerin nicht eingebunden werden müssen, da zum damaligen Zeitpunkt kein Antrag auf Einrichtung einer Neurologie bekannt gewesen sei. In ein Planverfahren könne ein Konkurrenzhaus nicht zu jedem Zeitpunkt vor Erteilung der Feststellungsbescheide „einsteigen“. Zudem sei für die Region N. zu Gunsten des Krankenhauses der Klägerin und der anderen Antragsteller im Kreis W. nicht der gesamte erkennbare Bettenbedarf befriedigt worden, weil nach Beendigung der Anhörung für N. bekannt geworden sei, dass im Kreis W. relevante Anträge auf Einrichtung von Fachabteilungen für Neurologie gestellt worden seien. Diese Anträge seien erst nach Abschluss der Planungsverhandlung mit den Kassenverbänden für die Häuser des Kreises W. gestellt worden. Daher sei für den Kreis W. ein Regionales Planverfahren zur Neurologie unter Beteiligung der angrenzenden Konkurrenzhäuser als ein völlig autonomes Planverfahren initiiert worden. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe der VDEK einen Bedarf für eine weitere Fachabteilung für Neurologie inklusive Stroke Unit im Kreis W. ausdrücklich ausgeschlossen.Die Situation Hospital zum I. H. L1. / L3. Anbieter sei nicht zu vergleichen mit der Situation des Krankenhauses der Klägerin / Kliniken N2. -I1. N. , da die Entfernung von L1. nach L. größer sei und zudem die Einrichtung der Fachabteilung von Neurologie vor allem die neurologisch-neurochirurgische Frührehabilitation (NNCHFR) unterstützen solle. 17Mit Erlass aus Januar 2018, Eingang bei der Bezirksregierung am 11.01.2018, schloss sich das Ministerium der Stellungnahme der Bezirksregierung an und wies zur Erteilung der Feststellungsbescheide an. 18Mit Feststellungsbescheid Nr. 1821 vom 26.01.2018 lehnte die Bezirksregierung den Antrag der Klägerin auf Aufnahme mit einer Abteilung für Neurologie mit 40 Betten einschließlich 5 Behandlungseinheiten Stroke-Unit unter Bekräftigung der in der Anhörung im ministeriellen Erlass vom 18.08.2017 genannten Gründe ab. 19Dagegen hat die Klägerin am 22.02.2018 Klage erhoben.Zur Begründung trägt sie vor, Bedenken des Beklagten dahingehend, dass der Kooperationspartner als Träger des B2. U. nicht mehr kooperationsbereit sein könne, seien deshalb unbegründet, weil der dortige Träger seine Pläne nicht weiterverfolge, sondern zur vertraglich vereinbarten Kooperationen stehe. Die Kooperation werde fortgesetzt. Die B1. GmbH unterstütze den Antrag der Klägerin, nachdem sie den eigenen Antrag zurückgezogen habe.Der behauptete strukturelle Vorteil der Kliniken N2. -I1. sei nicht gegeben. Die neuroradiologische Fachkompetenz sei bei ihr, der Klägerin, auf Chefarztniveau vorhanden, die entsprechenden ärztlichen Fähigkeiten seien gegeben. Auch die Kliniken N2. -I1. in N. hätten keine Möglichkeit für neurochirurgische Eingriffe, erst recht nicht das Hospital zum I. H. in L1. . Insoweit verfügten die Kliniken N2. -I1. N. nicht über bessere medizinische Fähigkeiten im Vergleich zu ihr.Es sei nicht überzeugend, dass neurologische Betten im Hospital zum I. H. in L1. ausgewiesen würden, wo die von dem Beklagten propagierte voll umfassende Behandlungsmöglichkeit einschließlich Schlaganfallerkrankungen nicht einmal angestrebt sei. Aus Versorgungssicht sei vielmehr zu trennen zwischen der akutneurologischen Versorgung und der Rehabilitationsversorgung im Bereich der Neurologie.Um einen bestehenden Bedarf zu decken, sei allein die Erhöhung der Kapazitäten eines ohnehin schon großen Krankenhauses wie der Kliniken N2. -I1. in N. nicht immer die beste Möglichkeit. Ansonsten gäbe es in mittlerer Perspektive nur noch große Krankenhäuser mit vielen Fachabteilungen und kleine Grundversorgungshäuser. Nach ihrer Kenntnis seien die Kapazitäten in den Kliniken N2. -I1. oft ausgelastet oder überlastet, zumal dieses Haus auch das Stadtgebiet N. mitversorgen müsse. Daher könne oft eine zeitnahe Versorgung der Schlaganfallpatienten nicht gewährleistet werden.Unter einer „wohnortnahen“ Versorgung gemäß § 1 Abs. 1 und § 12 Abs. 2 KHGG NRW sei vorrangig eine Versorgung im selben Kreisgebiet gemeint und nicht in Nachbarkreisen. Distanz und Erreichbarkeit sprächen bei den einschlägigen Krankheitsbildern dafür, Patienten aus W. und O1. eher im Haus der Klägerin als in N. zu versorgen. Zwar sei die Distanz zwischen den Häusern nicht so groß; wenn man aber den Kreis W. insgesamt betrachte, könne die zusätzliche Entfernung bis zu den Kliniken N2. -I1. in N. entscheidend sein. Dies ergebe sich auch aus den bestehenden Patientenzahlen.Es sei nicht verständlich, aus welchen Gründen in diesem Verfahren die benachbarten Städte berücksichtigt worden seien, umgekehrt eine Berücksichtigung der Krankenhausträger im Kreis W. im Rahmen der Auswahlverfahren in N. und W. nicht erfolgt sei. Wäre ihr bekannt gewesen, dass Anträge auf Aufstockung der neurologischen Kapazitäten anhängig gewesen seien, hätten sie die bereits bestehenden Pläne für eine eigene Fachabteilung Neurologie forciert und vorangetrieben. Die Krankenhäuser im Kreis W. seien über die Anträge aus L. und N. im Unklaren gelassen worden. Es sei zudem hinreichend Zeit gewesen, die Klägerin in das Verfahren einzubeziehen, da die endgültigen Bescheide für den Bereich N. im Dezember 2016 ergangen seien, hingegen die Anträge der Klägerin schon aus Mai 2016 seien. Gerade bei einem Fachgebiet wie der Neurologie hätte der Beklagte ein Planverfahren für das gesamte Versorgungsgebiet durchführen müssen. Der Bedarf aus dem Kreis W. sei offensichtlich im Rahmen der Planung für N. und L. berücksichtigt worden; warum dies nicht auch umgekehrt geschehen müsse, ergebe sich nicht aus dem KHGG. Selbst wenn zunächst nur ein Teil des Bedarfs aus dem Kreis W. einbezogen worden sein sollte, sei für N. insbesondere die Stadt W. , d. h. der Standort der Klägerin, betroffen. Im Rahmen der Kapazitätsberechnung für den Bereich N. seien auch Kapazitäten aus den umliegenden Kreisen mit eingerechnet worden; umgekehrt sei denn auch bei der Kapazitätsberechnung für den Kreis W. eine Mitversorgungskapazität der umliegende Bereiche miteinbezogen wurden. Allerdings habe die Beklagte insgesamt nur eine Restkapazität ausgewiesen und dies dann entsprechend verteilt, ohne hinreichend zu berücksichtigen, welche Krankenhäuser in welchem Bereich primäre Versorgungsfunktionen übernehmen. Soweit die Beklagte davon ausgehe, dass im Kreisgebiet W. ein entsprechender Versorgungsbedarf bestehe, sei dieser aufgrund des Grundsatzes der ortsnahen Versorgung zunächst von den Krankenhäusern in W. zu decken. Das Hospital zum I. H. in L1. falle dabei aus, weil dies nur eine neurologische Frührehabilitation anbieten dürfe und nicht eine Akutversorgung insbesondere bei Schlaganfall-Patienten. Insoweit erstaune, dass nach aktuellen Flyern dieses Krankenhauses sowie Pressemeldungen das Klinikum ankündige, sämtliche akutneurologischen Indikationen einschließlich Schlaganfällen vor Ort behandeln zu können. Eine gegenüber der Klägerin ergangene Untersagung, Schlaganfälle zu behandeln und eine entsprechende Anweisung der Rettungsdienste, entsprechende Patienten nur in anerkannte Stroke-Units zu fahren, müsse demgemäß auch gegenüber den Kliniken zum I. H. L1. gelten.Die Vielfalt der Krankenhausträger gemäß § 1 Abs. 3 S. 1 KHGG sei nicht beachtet worden, da kirchliche Träger und private Träger berücksichtigt worden seien, nicht jedoch ein gemischter Träger mit einem deutlichen kommunalen Anteil und entsprechender Prägung wie bei der Klägerin.Einzig ihr Antrag entspreche dem tendenziellen Ziel der Krankenhausplanung zur Verringerung von Behandlungskapazitäten, da sie eine bettenneutrale Ausweisung durch Umwandlung von Betten der Abteilung für Innere Medizin und Kinderheilkunde beantragt habe, hingegen der Beklagte an den Kliniken N2. -I1. zusätzliche Betten ausgewiesen habe.Da bei ihr, der Klägerin, eine Fachabteilung Neurologie auszuweisen sei, entfalle das Argument des Beklagten, eine Stroke-Unit könne nicht eingerichtet werden mangels Fachabteilung für Neurologie. Die Ausweisung zusätzlicher entsprechender Plätze sei aufgrund der vorliegenden Zahlen und der demographischen Entwicklung auch erforderlich. Die wegen der oftmals in den Kliniken N2. -I1. bestehenden Überlastungszeiten nicht gesicherte zeitnahe Versorgung von Schlaganfallpatienten erfordere eine Ausweisung zusätzlicher Plätze bei der Klägerin.Weitergehende andere Entscheidungen zur Aufnahme von Krankenhäusern im Fachgebiet Neurologie im Versorgungsgebiet x könnten ihrem Antrag nicht entgegengehalten werden. Nach der ständigen Rechtsprechung werde die Bedarfsgerechtigkeit eines Krankenhauses nicht dadurch infrage gestellt, dass die im Krankenhausplan bereits aufgenommenen Krankenhäuser den tatsächlichen Bedarf deckten. 20Die Klägerin beantragt, 21die Beklagte zu verpflichten, sie mit einer Abteilung Neurologie mit 40 Betten einschließlich einer Behandlungseinheit „Stroke Unit“ mit 5 Betten durch Erteilung eines Feststellungsbescheids in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufzunehmen; 22hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, ihren Antrag vom 30.09.2016 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. 23Der Beklagte beantragt, 24die Klage abzuweisen. 25Zur Begründung wird unter Vertiefung der Ausführungen im angegriffenen Feststellungsbescheid Nr. 0000 vom 26.01.2018 ausgeführt, da im Kreisgebiet W. bis dahin keine Fachabteilung für Neurologie existiert habe, sei das Kreisgebiet W. von den Kliniken N2. -I1. N. sowie von dem I2. -Klinikum L. und der B1. L. GmbH mitversorgt worden. Den betroffenen Krankenhäusern sei die Möglichkeit eröffnet worden, sich an diesem Planungsverfahren zu beteiligen und auch die bisher möglicherweise verhandelten Bettenzahlen zu überdenken.Die Klägerin habe nicht in das Auswahlverfahren in N. mit einbezogen werden müssen, da zum damaligen Zeitpunkt der Bezirksregierung nicht bekannt gewesen sei, dass die Klägerin die Einrichtung einer Neurologie beantragt habe. Nachdem bekannt geworden sei, dass im Kreis W. relevante Anträge auf Einrichtung einer Fachabteilung Neurologie gestellt worden seien, sei für die Region N. nicht der gesamte erkennbare Bettenbedarf befriedigt worden, um auch die möglichen Anbieter aus dem Kreis W. berücksichtigen zu können. Zur Versorgung der Bevölkerung in diesem Bereich und zur Berechnung des Bettenbedarfs sei das gesamte Versorgungsgebiet x betrachtet worden. Nach Prüfung der vorgelegten Anträge seien in die Auswahlentscheidung neben den bestehenden Anbietern die Klägerin sowie das Hospital zum I. H. in L1. einbezogen worden, da die vorgestellten Konzepte hätten erkennen lassen, dass die Anforderungen an eine Fachabteilung für Neurologie erfüllt werden könnten. Die Auswahl sei anhand der Qualität der medizinischen Konzepte bzw. Strukturen erfolgt unter Hauptaugenmerk auf Ausstattung mit medizinischen Personal, Möglichkeiten zur Diagnostik und Möglichkeiten zur Intervention. Möglichkeiten zur Durchführung interventioneller neuroradiologischer Eingriffe im Haus der Klägerin bestünden nicht und sollten auch weiterhin durch den Kooperationspartner erbracht werden. Aus den Unterlagen bzw. dem Konzept sei nicht hervorgegangen, dass die Klägerin einen neurologischen Facharzt beschäftige; es bestehe lediglich eine Kooperation mit der B1. L. GmbH, so dass eine teleradiologische Betreuung möglich sei. Für den Betrieb einer 40-Betten-Station habe die Klägerin 3 Fachärzte und 3 Assistenzärzte vorgesehen, die Kliniken N2. -I1. versorgten im Jahr 2016 aber eine 94-Betten-Station mit 14 Fachärzten und 3 Assistenzärzten. Da die Kliniken N2. -I1. N. im Haus eine erfahrene Neuroradiologie inklusive der Möglichkeit interventioneller Eingriffe / gefäßchirurgischer Leistungen vorhalte, zeige sich ein deutlicher struktureller und qualitativer Vorteil.Was die wohnortnahe Versorgung angehe, sei das Einzugsgebiet der Kliniken N2. -I1. N. und des Hauses der Klägerin nahezu identisch. Unabhängig davon sei dies auch bei der Auswahlentscheidung zu vernachlässigen gewesen, da bei mehreren geeigneten Anbietern dem qualitativ höherwertigen Angebot der Vorzug zu geben sei. Gleiches gelte auch für die Berücksichtigung der Trägervielfalt.Die geforderten strukturellen Vorteile seien beim Hospital zum I. H. in L1. nicht erforderlich gewesen, weil dieses Krankenhaus nicht die Einrichtung einer weiteren qualifizierten Abteilung zur Schlaganfallbehandlung beantragt habe, sondern die Einrichtung einer Fachabteilung für Neurologie dem Erhalt der seit Jahren in L1. hochqualifiziert erbrachten neurologisch-neurochirurgischen Frührehabilitation (NNCHFR) diene. Dem Antrag des Hospitals zum I. H. L1. auf Einrichtung einer Fachabteilung sei außerhalb des festgestellten Bedarfs entsprochen worden. Die Ausweisung dieser Fachabteilung sei ausdrücklich außerhalb des für die notwendige Versorgung der Bevölkerung berechneten Bettenbedarfs erfolgt. Die erschienenen Presseartikel und Pressemitteilungen, die die Klägerin erwähnt habe, seien insoweit irreführend. 26Auf gerichtliche Aufklärungsverfügung vom 22.05.2020 teilte der Beklagte mit, dass für die Berechnung der Bettenanzahl von 347 Betten (nach Aufrundung von 346,7) nach Hill-Burton von einer Einwohnerzahl von 1.216.942 Einwohnern im Versorgungsgebiet x zum 31.12.2015 ausgegangen worden sei aufgrund folgenden Rechenwegs: 271.216.942 EW * 0,011 KH * 7,8 VD0,825 BN * 365 Tage 28Die angegebenen benötigten 380 Betten hätten sich aus den zur Gerichtsakte gegebenen Auslastungsdaten der Krankenhäuser ergeben, die zu diesem Zeitpunkt bereits über eine Neurologie (im Schriftsatz wohl versehentlich: Geriatrie) verfügt hätten. Bei Zugrundelegung der krankenhauseigenen Verweildauer, die zum Teil deutlich niedriger gewesen sei als die Plan-Verweildauer, habe sich für das Jahr 2015 ein Mindestbedarf von 380 Betten ergeben, nach Krankenhäusern: 29K. -F. - Krankenhaus O. 72 BettenN2. -I1. -Krankenhaus N. 136 BettenI2. Klinikum L. 71 BettenN2. -I1. -Krankenhaus L. (B1. ) 84 BettenKlinik L4. L. 17 Betteninsgesamt 380 Betten. 30Lege man allen Krankenhäusern hingegen die Plan-Verweildauer zugrunde, ergäbe sich für die Krankenhäuser ein Bedarf von 411 Betten, nach Krankenhäusern: 31K. -F. - Krankenhaus O. 80 BettenN2. -I1. -Krankenhaus N. 163 BettenI2. Klinikum L. 90 BettenN2. -I1. -Krankenhaus L. (B1. ) 61 BettenKlinik L4. L. 17 Betteninsgesamt 411 Betten. 32Die Beteiligten haben jeweils Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt. 33Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Gerichtsakte 21 K 4334/19 nebst dortiger Beiakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten. 34Entscheidungsgründe: 35Die Kammer konnte aufgrund des einvernehmlich erklärten Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO). 361.Die Klage ist sowohl hinsichtlich des Hauptantrages als auch des Hilfsantrages zulässig. Insbesondere ist die Verpflichtungsklage die statthafte Klageart. 37Die Bestimmung der statthaften Klageart richtet sich nach dem erkennbaren Klagebegehren (§ 88 VwGO). Grundsätzlich können sich in krankenhausplanerischen Konkurrenzlagen verschiedene prozessuale Konstellationen ergeben. So ist zunächst denkbar, dass sich ein Konkurrent gegen die Begünstigung eines Dritten wendet, entweder ‑ sofern er diese Vergünstigung selbst nicht genießt ‑ um den Dritten wieder unter vergleichbare Marktbedingungen zurückzuzwingen oder ‑ sofern er selbst diese Vergünstigung genießt – um deren Exklusivität zu verteidigen. In diesem Fall der sog. negativen Konkurrentenklage ist die Anfechtungsklage gegen die Begünstigung des Dritten die statthafte Klageart. Möglich ist überdies, dass der Konkurrent lediglich seine eigene Begünstigung begehrt, ohne dem Dritten seine Begünstigung nehmen zu wollen. Diese Form der sog. positiven Konkurrentenklage gibt sich letztlich nur dadurch als Konkurrentenklage zu erkennen, dass sie die Klageforderung auf den Anspruch auf Gleichbehandlung mit dem Konkurrenten stützt. Statthafte Klageart ist in diesem Fall die Verpflichtungsklage mit dem Klageziel der eigenen Begünstigung. Denkbar ist schließlich noch eine Verdrängungskonstellation, in der der Konkurrent die Vergünstigung anstelle des bisherigen Begünstigten begehrt. Eine spezifische Klageart zur Erreichung dieses Ziels steht nicht zur Verfügung. Vielmehr bietet sich in diesem Fall eine Kombination aus positiver und negativer Konkurrentenklage dergestalt an, dass einmal im Wege der Verpflichtungsklage die eigene Begünstigung erstrebt wird und gleichzeitig im Wege der Anfechtungsklage die Beseitigung der Begünstigung des Konkurrenten erstritten wird. 38Vgl. zu den Konkurrentenklagen im Krankenhausrecht: Rennert, Konkurrentenschutz im Krankenhauswesen, GesR 2008, 344, sowie zur Zulässigkeit der Verpflichtungsklage für das Begehren in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen werden zu wollen: OVG NRW, Urteil vom 19.08.2015 ‑ 13 A 1725/14 ‑, juris Rn. 36. 39Letztgenannte Verdrängungssituation liegt hier vor. Mit der später erhobenen flankierenden Anfechtungsklage 21 K 4334/19 gegen den Feststellungsbescheid zu Gunsten der Kliniken N2. I1. N. vom 15.12.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Bezirksregierung Y. vom 22.05.2019 begehrt die Klägerin die Beseitigung der Begünstigung des Konkurrenzkrankenhauses; mit vorliegender Klage begehrt die Klägerin die eigene Begünstigung. Eine Verdrängungskonstellation im vorstehenden Sinne ergibt sich daraus, weil der Beklagte eine förmliche Auswahl zwischen den beiden Krankenhäusern getroffen hat. 40Nach der herrschenden Rechtsprechung bietet bei Verfahren, die das Begehren der Aufnahme in den Krankenhausplan zum Gegenstand haben, grundsätzlich die Verpflichtungsklage in eigener Sache vollständigen Rechtsschutz, weil mit ihr die Entscheidung der Behörde vollständig zur gerichtlichen Kontrolle steht. Diese gerichtliche Überprüfung wird nicht durch die Existenz eines weiteren an einen Dritten gerichteten Feststellungsbescheides begrenzt. Von dessen rechtlichem Schicksal ist sie unabhängig. Einer Klage gegen den einen Dritten begünstigenden Bescheid kommt in der Verdrängungskonstellation daher lediglich eine Hilfsfunktion zu. Sie soll dem Umstand entgegenwirken, dass die Erfolgsaussichten der eigenen Klage auf Planaufnahme durch den zwischenzeitlichen Vollzug des den Dritten begünstigenden Bescheides faktisch geschmälert werden kann. Diese Gefahr besteht jedoch regelmäßig nur, wenn die Behörde eine Auswahlentscheidung zwischen den Bewerbern getroffen hat. Führt die Verpflichtungsklage lediglich zu einer Neubescheidung, besteht in diesem Fall die Gefahr, dass sich der Begünstigte bis zu diesem Zeitpunkt eine Marktposition verschafft hat, deren Folgen bei der Neubescheidung dann möglicherweise zu berücksichtigen wären, weil die dann gegebene Sach- und Rechtslage einschließlich aller zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen zu berücksichtigen ist. 41Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.09.2008 ‑ 3 C 35.07 ‑, juris Rn. 21, bestätigt durch BVerfG, Beschluss vom 23.04.2009 ‑ 1 BvR 3405/08 ‑, juris sowie OVG Lüneburg, Beschluss vom 28.04.2014 ‑ 13 ME 170/13 ‑, juris Rn. 3 und Beschluss vom 10.12.2013 ‑ 13 E ME 168/13 ‑, juris. 42Im vorliegenden Fall ist die Notwendigkeit für eine flankierende Anfechtungsklage – hier im Verfahren 21 K 4334/19 – erst mit Ergehen des die Kliniken N2. I1. N. begünstigenden Feststellungsbescheids Nr. 1706 betreffenden Widerspruchsbescheids vom 22.05.2019 entstanden. Diese am 31.05.2019 erhobene Anfechtungsklage geht über das vorliegende mit Klageerhebung am 22.02.2018 vorangegangene Begehren auf Begünstigung, die mit Feststellungsbescheid Nr. 1821 vom 26.01.2018 abgelehnt worden war, hinaus. Der zeitliche Ablauf resultiert aus der Notwendigkeit des Vorverfahrens für die Anfechtung der Konkurrenzbegünstigung (vgl. § 110 Abs. 3 S. 1 JustG NRW; § 16 Abs. 3 KHGG NRW) im Gegensatz zur Klageerhebung ohne Vorverfahren bei der Anfechtung der Begünstigungsablehnung. Ziel der Anfechtungsklage dürfte die Abwendung der Gefahr sein, dass ein Erfolg der vorliegenden Verpflichtungsklage mit dem Ziel des Neuaufbaus einer neurologischen Abteilung mit „stroke unit“ durch den zwischenzeitlichen Vollzug des das Konkurrenzkrankenhaus begünstigenden Feststellungsbescheides geschmälert wird. Ob die Anfechtung jenes Feststellungsbescheides zu Gunsten des Konkurrenzkrankenhauses erforderlich ist, um das Klageziel zu erreichen, ist im Klageverfahren 21 K 4334/19 zu entscheiden. Weder ein Erfolg des vorliegenden Hauptantrages noch ein Erfolg des vorliegenden Hilfsantrages haben unmittelbare rechtliche Auswirkungen auf die Planposition des Konkurrenzkrankenhauses. Zudem ist es keine notwendige Voraussetzung für die Zuerkennung der begehrten Ansprüche, dass die entsprechende Bettenzahl zuvor am Konkurrenzkrankenhaus reduziert wurde. Die vorhandene Ausweisung von Planbetten steht einer zusätzlichen Ausweisung zu Gunsten der Klägerin nicht entgegen. 432.Die Klage ist sowohl hinsichtlich des mit dem Hauptantrag verfolgten Verpflichtungsbegehrens als auch hinsichtlich des hilfsweise verfolgten Bescheidungsbegehrens unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, sie mit einer Abteilung Neurologie mit 40 Betten einschließlich einer Behandlungseinheit Stroke Unit mit 5 Betten durch Erteilung eines Feststellungsbescheids in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufzunehmen oder ihren Antrag vom 30.09.2016 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, § 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO. 44a)Die Bezirksregierung Y. ist für den Erlass des begehrten Feststellungsbescheides über die Aufnahme oder Nichtaufnahme in den Krankenhausplan gemäß § 35 des Krankenhausgestaltungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (KHGG NRW) i. V. m. § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten und Verfahren auf dem Gebiet des Krankenhauswesens des Landes Nordrhein-Westfalen (KHZVV) sachlich und örtlich zuständig und somit passivlegitimiert. 45b)Die Klägerin kann ihr geltend gemachtes Begehren nicht erfolgreich durchsetzen. 46(1)Die formellen Voraussetzungen der Anhörung der Klägerin sind eingehalten bzw. nachgeholt worden. 47Die planungsrechtliche Anhörung der Klägerin nach § 14 Abs. 4 KHGG NRW ist erfolgt. Danach werden neben weiteren Beteiligten nach § 15 KHGG die betroffenen Krankenhäuser zu dem Regionalen Planungskonzept von dem zuständigen Ministerium gehört. Dabei ist die Behörde grundsätzlich nicht verpflichtet, den Beteiligten vorweg mitzuteilen, welche Entscheidung sie aufgrund des von ihr ermittelten Sachverhalts zu treffen beabsichtigt; dies mag zwar vielfach zweckmäßig sein und der abschließenden Regelung des Falles dienen, ist rechtlich aber nicht geboten. 48Vgl. Ramsauer, in: Kopp / Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 28 Rdnr. 15 m.w.N. 49Der Klägerin wurde vom Ministerium mit Erlass vom 18.08.2017 Gelegenheit gegeben, zur Frage der Ausweisung von Fachabteilungen für Neurologie für den Kreis W. Stellung zu nehmen, insbesondere zu den strukturellen Auswahlkriterien der Ausstattung mit medizinischem Personal, der Möglichkeit zur Diagnostik und der Möglichkeit zur Intervention und der Einbeziehung bestehenden Anbieter in N. und L. . Davon hat sie mit Schreiben vom 28.09.2017 Gebrauch gemacht und sowohl zur Frage der Einbeziehung bestehender Anbieter in N. und L. vorgetragen als auch zu den strukturellen Auswahlkriterien der Ausstattung mit medizinischem Personal, der Möglichkeiten zur Diagnostik und der Möglichkeit zur Intervention. 50Im Rahmen dieses Anhörungsverfahrens musste die Planungsbehörde dabei auch nicht auf Entscheidungspunkte im Rahmen der Bettenaufstockung auf 125 Betten im Bereich Neurologie des Krankenhauses N2. -I1. N. hinweisen, die die Klägerin in ihrem Schreiben vom 28.09.2017 dahingehend thematisiert, es sei nicht verständlich, dass einerseits die Antragsteller aus dem benachbarten Kreis W. – also auch ihr Krankenhaus ‑ in jenes Verfahren nicht einbezogen worden seien, andererseits aber nunmehr im vorliegenden Verfahren die Anbieter aus N. und L. in die Auswahlentscheidung einbezogen worden seien. Im Rahmen der Anhörung wurde der Umfang der zu treffenden Entscheidung zur Ausweisung von Fachabteilungen für Neurologie für den Kreis W. hinreichend skizziert. Die von der Klägerin geltend gemachte Beteiligung bei der Frage der Ausweisung von neurologischen Planbetten für den Bereich der Stadt N. ist ‑ soweit sich die Planungsbehörden dazu entschieden haben, die verschiedenen regionalen Bereiche nicht einheitlich zu entscheiden – im dortigen Verfahren zu klären und zu entscheiden. Letztlich erkennt die Klägerin dies auch selbst, wenn sie vorbringt, sie wende sich gegen die die neurologischen Planbetten für N. betreffende Entscheidung in einem eigenständigen Widerspruchsverfahren. 51(2)Die Voraussetzung für die von der Klägerin begehrte Ausweisung einer Abteilung Neurologie mit 40 Betten einschließlich einer Behandlungseinheit „Stroke Unit“ mit 5 Betten an ihrem Krankenhaus lagen zum Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidung nicht vor; sie sind auch nicht bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts eingetreten. 52Der angefochtene Feststellungsbescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 16 Abs. 1 S. 1 KHGG NRW. Danach legt gemäß § 14 KHGG NRW das zuständige Ministerium auf der Grundlage der Rahmenvorgaben nach § 13 KHGG NRW u. a. die Planbettenzahlen abschließend fest. Durch ein von dem Krankenhausträger und die Kassenverbände zu erarbeitendes regionales Planungskonzept haben diese die Möglichkeit, im Vorfeld die Rahmenvorgaben nach eigenen Vorstellungen auszufüllen (§ 14 Abs. 1 S. 2 KHGG NRW). Wird ein solches Planungskonzept von diesen nicht vorgelegt, entscheidet das zuständige Ministerium von Amts wegen. Das zuständige Ministerium prüft das regionale Planungskonzept rechtlich und inhaltlich. Soweit es Änderungen beabsichtigt, gibt es den Verhandlungspartnern Gelegenheit zur Stellungnahme (§ 14 Abs. 3 S. 3 bis 5 KHGG NRW). 53Ausgehend von dem Ziel des KHGG NRW, eine patienten- und bedarfsgerechte gestufte wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung durch Krankenhäusern sicherzustellen (§ 1 Abs. 1 S. 1 KHGG NRW), sowie dem Ziel, für eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Krankenhäusern zu sozial tragbaren Pflegesätzen zu sorgen, erweitert durch das Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung (Krankenhausstrukturgesetz), 54§ 1 Abs. 1 KHG i.d.F. des Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes vom 10.12.2015 I 2229 m.W.v. 01.01.2016, 55um die Voraussetzungen der patientengerechten Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ hochwertig und eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern (§ 1 Abs. 1 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze ‑ KHG), war die Planungsbehörde berechtigt und angesichts der Begrenztheit öffentlicher Mittel und der fortdauernden Kostensteigerung im Gesundheitswesen verpflichtet, den Krankenhausplan in seinem hier zu betrachtenden Teil der Planungskonzepte (§ 14 Abs. 3 S. 3 und 4 KHGG NRW) fortzuschreiben. 56Maßgeblicher Krankenhausplan ist vorliegend der am 23.07.2013 in Kraft getretene Krankenhausplan NRW 2015 (KHP 2015). 57https://broschueren.nordrheinwestfalendirekt.de/broschuerenservice/mags/krankenhausplan-nrw-2015/2664. 58Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch bestand zum Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten nicht. Ein Anspruch ist auch nicht im Laufe des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens entstanden. 59Das der Aufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausplan eines Landes zugrunde liegende Verwaltungsverfahren gliedert sich in zwei Entscheidungsstufen: 60Auf der ersten Stufe kommt es gemäß § 1 Abs. 1 KHG darauf an, welche vorhandenen Krankenhäuser für eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Krankenhäusern zu sozial tragbaren Pflegesätzen in Betracht kommen, durch das Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung (Krankenhausstrukturgesetz), 61§ 1 Abs. 1 KHG i.d.F. des Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes vom 10.12.2015 I 2229 m.W.v. 01.01.2016, 62erweitert um die Voraussetzungen der patientengerechten Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ hochwertig und eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern. 63Bei der Beurteilung dieser Kriterien steht der zuständigen Landesbehörde kein Entscheidungsspielraum zu. 64BVerwG, Urteil vom 18.12.1986 ‑ 3 C 67/85 ‑, juris, zur Bedarfsgerechtigkeit, Leistungsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit. 65Auf der zweiten Stufe wird dem einzelnen Krankenhaus gegenüber festgestellt, ob es in den Krankenhausplan aufgenommen wird oder nicht (§ 8 KHG). Die Feststellung ergeht durch Bescheid (§ 8 Abs. 1 Satz 3 KHG, § 16 Abs. 1 Satz 1 KHGG NRW). Soweit die Zahl der in den Krankenhäusern vorhandenen Betten den Bedarf übersteigt, ergibt sich auf der zweiten Entscheidungsstufe die Notwendigkeit einer Auswahl zwischen den in Betracht kommenden Krankenhäusern. Erst bei der Frage, welches von mehreren in gleicher Weise bedarfsgerecht, leistungsfähig und wirtschaftlich betriebenen Krankenhäusern im Rahmen einer Auswahlentscheidung in den Plan aufgenommen wird, besteht ein behördlicher Ermessensspielraum (§ 8 Abs. 2 Satz 2 KHG). 66BVerwG, Urteil vom 18.12.1986 ‑ 3 C 67/85 ‑, juris; OVG NRW, Beschluss vom 25.01.2011 ‑ 13 B 1712/10 ‑, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 28.05.2015 ‑ 13 L 429/15 ‑, juris. 67Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KHG haben Krankenhäuser nach Maßgabe des KHG Anspruch auf Förderung, soweit und solange sie in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind. Ein Anspruch auf Feststellung der Aufnahme in den Krankenhausplan besteht nicht (§ 8 Abs. 2 Satz 1 KHG). Der in § 8 Abs. 2 Satz 1 KHG formulierte Ausschluss eines Anspruchs bezieht sich allein darauf, dass im Falle mehrerer zur Bedarfsdeckung geeigneter Krankenhäuser dem einzelnen Krankenhaus kein unbedingter Anspruch auf Aufnahme in den Krankenhausplan zukommt, die Entscheidung hierüber vielmehr im Ermessen der Behörde steht. Bei grundrechtskonformer Auslegung dieser Norm folgt im Umkehrschluss, dass ein Anspruch besteht, wenn kein konkurrierendes Krankenhaus vorhanden ist; zumindest besteht auch im Übrigen ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Auswahl. 68Vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.06.1990 - 1 BvR 355/86 -, BVerfGE 82, 209 = juris, Rn. 77; BVerwG, Urteil vom 14.042011 - 3 C 17.10 -, BVerwGE 139, 309 = juris, Rn. 15; OVG NRW, Beschluss vom 06.12.2011 - 13 A 1402/11 -, MedR 2012, 470 = juris, Rn. 5;vgl. auch VG Düsseldorf, Urteil vom 23.05.2014 – 13 K 2618/13 ‑, juris. 69In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass es einen Anspruch auf Feststellung der Aufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausplan aufgrund verfassungskonformer Auslegung geben kann. Danach darf einem Krankenhausträger, der sich für seine Tätigkeit auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen kann, die Aufnahme seines Krankenhauses in den Krankenhausplan nur versagt werden, wenn hierfür gesetzlich bestimmte Gründe vorliegen. Das Bundesverwaltungsgericht hat aus § 1 Abs. 1, § 8 Abs. 2 KHG gefolgert, dass ein Krankenhausträger dann einen Anspruch auf Feststellung der Aufnahme seines Krankenhauses in den Krankenhausplan hat, wenn das Krankenhaus zur bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung geeignet (bedarfsgerecht) und leistungsfähig ist, wirtschaftlich arbeitet und wenn die Zahl der verfügbaren Betten in den geeigneten Krankenhäusern die Zahl der benötigten Betten nicht übersteigt. 70So ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 14.04.2011 ‑ 3 C 17/10 – juris, mit Verweis auf BVerwG, Urteile vom 18.12.1986 ‑ 3 C 67.85 ‑, NJW 1987, 2318, und vom 25.09.2008 ‑ 3 C 35.07 ‑, BVerwGE 132, 64 sowie BVerfG, Beschluss vom 12.06.1990 ‑ 1 BvR 355/86 ‑, BVerfGE 82, 209, 222 ff. = juris. 71Die Leistungsfähigkeit der Klägerin hat der Beklagte im angegriffenen Feststellungsbescheid nicht in Frage gestellt und das Krankenhaus der Klägerin in das Auswahlverfahren einbezogen. Anhaltspunkte dafür, dass eine Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht gegeben sein sollte, sind weder im Klageverfahren geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich. 72Soweit nach den unter Nummer II.2.2.1 benannten Strukturvorgaben für die Ausweisung einer Stroke Unit eine Fachabteilung für Innere Medizin und eine Fachabteilung für Neurologie Voraussetzung ist, verfügt das Krankenhaus der Klägerin über eine Fachabteilung für Innere Medizin; die weiterhin notwendige Fachabteilung für Neurologie strebt die Klägerin mit vorliegendem Verfahren an. 73Zur Frage der Bedarfsanalyse im Rahmen der Krankenhausplanung (erste Stufe) hat die 13. Kammer des VG Düsseldorf die Auffassung vertreten, 74Urteil vom 23.05.2014 – 13 K 2618/13 ‑, juris, 75dass das Land jedenfalls dann nicht auf landeseinheitliche Durchschnittswerte zur Krankenhaushäufigkeit und Verweildauer zurückgreifen darf, wenn im Einzugsgebiet des Krankenhauses erhebliche und erkennbare, d.h. offensichtliche oder substantiiert dargelegte, Abweichungen von diesen Durchschnittswerten vorhanden sind. Die Kammer führt weiter aus: 76„Der Anspruch auf Aufnahme in den Krankenhausplan setzt nicht die Übereinstimmung des Aufnahmebegehrens mit dem Krankenhausplan (hier dem Krankenhausplan 2015) voraus. Als Planungsinstrument und reines Innenrecht mag dieser Indiz für einen bestehenden Bedarf sein, er kann aber nicht die Anspruchsvoraussetzungen festlegen. Das bedeutet, dass ein Anspruch auf Planaufnahme in Abweichung des Krankenhausplans erlaubt oder auch geboten sein kann. 77Vgl. Rennert, Planung und Planvollzug im Krankenhausrecht, DVBl. 2010, 936 (936). 78Ein Anspruch auf Aufnahme in den Krankenhausplan setzt unabhängig von einer Übereinstimmung mit dem Krankenhausplan voraus, dass die gesetzlichen Grundlagen hierfür erfüllt sind. Diese ergeben sich aus §§ 1, 6 Abs. 1 und 2 sowie 8 Abs. 1 und 2 KHG. 79Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 1985 - 3 C 25.84 -, BVerwGE 72, 38 = juris, Rn. 70. 80Zentrale Bedeutung kommt dabei § 1 Abs. 1 KHG zu. Nach dieser Vorschrift ist der Zweck des Krankenhausfinanzierungsgesetzes die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser, um eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen, eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten und zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen. Dabei ist die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser auch nur Mittel zu dem Zweck, die außerordentlich hoch einzuschätzenden Gemeinwohlbelange der bedarfsgerechten Krankenversorgung der Bevölkerung und der sozial tragbaren Krankenhauskosten sicherzustellen. 81Vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 1990 - 1 BvR 355/86 -, BVerfGE 82, 209 = juris, Rn. 82. 82Die bedarfsgerechte Krankenversorgung zu sozial tragbaren Kosten ist damit die in § 1 Abs. 1 KHG wiedergegebene, letztlich unmittelbar aus Art. 2 Abs. 2 GG und dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG herzuleitende Messlatte für einen Anspruch auf Aufnahme in den Krankenhausplan. Dies findet seinen Ausdruck darin, dass ein Anspruch auf Aufnahme in den Krankenhausplan in einer ersten Stufe die Bedarfsgerechtigkeit, Leistungsfähigkeit und Kostengünstigkeit des Krankenhauses zur Voraussetzung hat, bevor in einer zweiten Stufe im Bedarfsfall eine Auswahlscheidung zwischen mehreren Krankenhäusern, die diese Voraussetzungen erfüllen, getroffen wird. 83BVerwG, Urteil vom 14. April 2011 - 3 C 17.10 -, BVerwGE 139, 309 = juris, Rn. 23; OVG NRW, Beschluss vom 6. Dezember 2011 - 13 A 1402/11 -, MedR 2012, 470 = juris, Rn. 8 ff. 84Der Feststellung der Bedarfsgerechtigkeit, Leistungsfähigkeit und Kostengünstigkeit, welche hier mit Blick auf die Klägerin nicht im Streit stehen und keiner weiteren Erörterung bedürfen, ist aber aus Gründen der Denklogik eine fehlerfreie Bedarfsanalyse vorgelagert. Besteht danach kein Bedarf, kommt es auf die vorgenannten Voraussetzungen nicht weiter an. Wird hingegen ein konkreter Bedarf zutreffend festgestellt, kann überprüft werden, ob ein Krankenhaus geeignet ist, diesen Bedarf kostengünstig, sach- und leistungsgerecht zu befriedigen.“ 85Die vorgenannte Entscheidung statuiert, dass eine zutreffende Bedarfsermittlung auf regionale Besonderheiten im Einzugsgebiet einzugehen hat. Die Annahme, die Bedarfsermittlung auch für eine einzelne Region / ein einzelnes Einzugsgebiet könne anhand von Landesdurchschnittswerten erfolgen, trifft danach nicht uneingeschränkt zu, 86VG Düsseldorf, Urteil vom 23.05.2014 – 13 K 2618/13 ‑, juris, 87denn: 88„Oberste Richtschnur für die Bedarfsanalyse ist die Ermittlung des tatsächlich vorhandenen Bedarfs, und nicht einer planerischen Zielgröße. Aus der bereits beschriebenen herausragenden Stellung des § 1 Abs. 1 KHG folgt, dass auch die Bedarfsanalyse den dort beschriebenen Zielen zu dienen hat. Deswegen ist derjenige Bedarf zu ermitteln, der tatsächlich zur bedarfsgerechten Krankenversorgung erforderlich ist. Dies kann in einem Flächenland wie Nordrhein-Westfalen nicht in der Weise erfolgen, dass überhaupt im Land genügend Krankenhausbetten zur Verfügung stehen; diese müssen vielmehr auch in angemessener geographischer Nähe zu den Patienten vorhanden sein. Dies macht eine Orientierung an örtlichen Gegebenheiten und regionalen Bedarfsstrukturen erforderlich. 89Vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 1990 - 1 BvR 355/86 -, BVerfGE 82, 209 = juris, Rn. 69. 90Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt es auf die Ermittlung des im Einzugsgebiet des Krankenhauses bestehenden Bedarfs an. Es handelt sich hierbei um den tatsächlich vorhandenen und zu versorgenden Bedarf und nicht um einen bundeseinheitlichen Durchschnittsbedarf. 91BVerwG, Urteile vom 14. April 2011 - 3 C 17.10 -, BVerwGE 139, 309 = juris, Rn. 12, und vom 18. Dezember 1986 - 3 C 67.85 -, NJW 1987, 2318 = juris, Rn. 67; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 6. Dezember 2011 - 13 A 1402/11 -, MedR 2012, 470 = juris, Rn. 26. 92Diese Vorgaben durch die Rechtsprechung werden auch im Krankenhausplan 2015 (S. 18 f.) ausdrücklich nachvollzogen, wenn es dort unter Verweis auf diese Rechtsprechung heißt: ‚Ebenfalls kein Bedarf i.S. des Gesetzes ist ein mit dem tatsächlichen Bedarf nicht übereinstimmender bundeseinheitlicher Durchschnittsbedarf. Denn die örtlichen Gegebenheiten und regionalen Strukturen müssen berücksichtigt werden.‘ Weiter wird dort ausgeführt, dass die Bedarfsplanung sich mit der Alters- und Bevölkerungsstruktur eines bestimmten Gebietes zu beschäftigen habe (S. 19). Vor diesem Hintergrund ist die schriftsätzliche Einlassung des Beklagten, die zur Bedarfsermittlung verwandte Hill-Burton-Formel sei überregional anzuwenden, nicht nachvollziehbar. 93Mit der allgemein zur Bedarfsermittlung anerkannten Hill-Burton-Formel wird der Bedarf an Krankenhausbetten unter Berücksichtigung der Komponenten Einwohnerzahl, Krankenhaushäufigkeit, Verweildauer und dem normativ festzusetzenden Auslastungsgrad (…) ermittelt. 94Vgl. Krankenhausplan NRW 2015, F.Anhang, Planungsgrundsätze, Ziff. 6; Kolb, Planung braucht den demographischen Bezug, ku 3/2008, S. 38; Quaas, Krankenhausplanung der Länder: ein einziges Systemversagen?, f&w 5/2007, S. 548 (550); Stollmann, in: Huster/Kaltenborn, Krankenhausrecht 2010, § 4 Rn. 13 f. 95Die Kammer schließt nicht aus, dass es aus statistischen Gründen häufig möglich sein kann, dem beschriebenen Erfordernis der Regionalisierung der Bedarfsanalyse durch Verwendung landeseinheitlicher Durchschnittswerte bei den Komponenten Krankenhaushäufigkeit und Verweildauer gerecht zu werden. Indes ist es dem Beklagten jedenfalls dann verwehrt, sich auf entsprechende Durchschnittswerte zu berufen, wenn im Einzugsgebiet des Krankenhauses erhebliche und erkennbare, d.h. offensichtliche oder substantiiert dargelegte, Abweichungen von diesen Durchschnittswerten vorhanden sind. Dabei bleibt es grundsätzlich Aufgabe des Beklagten, die Bedarfsanalyse durchzuführen. Legt der Beklagte - wie bislang offenbar üblich - seiner Bedarfsanalyse landesweite Durchschnittswerte zu Grunde, wird es zur Darlegungslast des Krankenhauses gehören, Umstände aufzuzeigen, aus denen sich ergibt, dass die Verwendung von Durchschnittswerten dem durch § 1 Abs. 1 KHG vorgegebenen Ziel der bedarfsgerechten Krankenversorgung in seinem Einzugsgebiet nicht genügt, weil in diesem Gebiet erhebliche Besonderheiten vorhanden sind. Sind solche Umstände dargelegt, kann der Beklagte nicht länger landeseinheitliche Durchschnittswerte verwenden, sondern hat Daten aus dem Einzugsgebiet des Krankenhauses bei der Anwendung der Hill-Burton-Formel heranzuziehen.“ 96Diese Grundsätze hat der Beklagte bei der Ermittlung des Bedarfs zur Feststellung der Bettenanzahl bezüglich der Ausweisung der erforderlichen Planbetten neurologischer Fachabteilungen für den Kreis W. beachtet.Trendberechnungen aus dem Krankenhausplan oder Berechnungen aus anderen Gutachten stellen immer eine Gesamtschau über die Situation in Nordrhein-Westfalen oder für ganz Deutschland dar und können damit nicht ohne weiteres 1 : 1 auf eine betroffene Region angewendet werden. Entscheidend ist der tatsächlich zu versorgende Bedarf, der durch die Berücksichtigung der Auslastungsdaten bewertet wird. Nach dem rechnerischen Bedarf nach Hill-Burton errechnen sich – nach den vom Beklagten zutreffend herangezogenen Zahlen (vgl. insoweit Bericht der Bezirksregierung Y. an das Ministerium vom 20.02.2017) ‑ für das Einzugsgebiet Kreis W. 380 neurologische Planbetten. Dabei ist der Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass der Kreis W. mangels dort ansässiger Abteilung für Neurologie von den Kliniken N2. -I1. N. sowie von dem I2. Klinikum L. und dem Krankenhaus der B1. L. GmbH mitversorgt wird. Zur Versorgung standen 326 Betten im Versorgungsgebiet 4 zur Verfügung. Nach der Hill-Burton-Formel wären aufgrund des Bevölkerungsstandes vom 31.12.2015 insgesamt 347 Betten notwendig. Gemessen an der tatsächlichen Auslastung unter Berücksichtigung der jeweiligen krankenhauseigenen Verweildauer ergibt sich jedoch bereits ein Bedarf von 380 Betten bei den zugrunde gelegten Planparametern 971.216.942 EW * 0,011 KH * 7,8 VD0,825 BN * 365 Tage 98unter Ansatz von 1.216.942 Einwohnern im Versorgungsgebiet x zum 31.12.2015 und Heranziehung der Auslastungsdaten der im VG x beteiligten Krankenhäuser (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 28.04.2020). Bei Zugrundelegung der Plan-Verweildauer nach KHP 2015 (vgl. Nr. C, 3.5) ergibt sich für die Krankenhäuser sogar ein Bedarf von 411 Betten. Diese Bedarfsermittlung scheidet aber nach den aufgezeigten Bedarfsermittlungsgrundsätzen aus; der Beklagte hat die Bettenanzahl für das Einzugsgebiet zutreffend reduziert. Der Schlussfolgerung des Beklagen, aufgrund des errechneten Bedarfs ergebe sich eine Ausweisungsnotwendigkeit von 54 neurologische Betten (380 errechnete PB abzgl. bestehender 326 PB) ist von Rechts wegen nichts entgegenzusetzen. Die Bedarfsermittlung geht insoweit auf regionale Besonderheiten im Einzugsgebiet der Klinik der Klägerin ein. 99Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Planungsbehörde auch ihr Auswahlermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise wahrgenommen, nachdem die notwendigen Voraussetzungen der ersten Planungsstufe (v.a. Nachweis der Leistungsfähigkeit) durchschritten waren und auf der zweiten Planungsstufe unter Ansatz des festgestellten Bedarfs eine entsprechende Auswahl aus den Krankenhausangeboten – aufgrund der durchgeführten Anhörung ‑ zu treffen gewesen war.Die Begründung der Ermessensentscheidung lässt eine Entscheidung hinreichend erkennbar werden. Die Planung hat sich von dem Gedanken leiten lassen, dass die Ausweisung der weiteren neurologischen Planbetten an der Qualität der medizinischen Konzepte und Strukturen der beteiligten Krankenhäuser zu orientieren habe. Mit dieser Zielsetzung hat sich die Planbehörde auseinandergesetzt. Die vom Beklagten herangezogenen Auswahlkriterien 100‑ Ausstattung mit medizinischem Personal; Möglichkeiten zur Diagnostik; Möglichkeit zur Durchführung interventioneller / neurologischer Eingriffe bzw. gefäßchirurgischer Eingriffe ‑ 101dienen diesem Ziel und sind nicht zu beanstanden. Die Planbehörde stellt die Leistungsspektren der infrage kommenden Krankenhäuser, also des Krankenhauses der Klägerin sowie der anderen beteiligten Krankenhäuser, insbesondere dem Konkurrenzkrankenhaus der Kliniken N2. I1. N. gegenüber.Der Beklagte hat berücksichtigt, dass das Leistungsspektrum der Klägerin die aufgestellten Qualitätskriterien im Vergleich zu den Kliniken N2. I1. N. nicht hinreichend ausweist, die Klägerin v. a. interventionelle neuroradiologische Eingriffe nicht selbst durchführt, sondern den Kooperationspartner Universitätsklinikum Y. heranziehen muss. Die Kliniken N2. I1. N. weisen demgegenüber eine eigene erfahren Neuroradiologie inklusive der Möglichkeit interventioneller Eingriffe und gefäßchirurgischer Leistungen auf.Der Beklagte hat des Weiteren auch die Arzt-Patienten-Relation betrachtet. Für den Betrieb einer 40-Betten-Station hat die Klägerin 3 Fachärzte und 3 Assistenzärzte vorgesehen, die Kliniken N2. -I1. versorgten im Jahr 2016 aber eine 94-Betten-Station mit 14 Fachärzten und 3 Assistenzärzten.Der Beklagte hat die Frage der wohnortnahen Versorgung in seine Entscheidung einbezogen und die rechtlich haltbare Auffassung vertreten, das Einzugsgebiet der Kliniken N2. -I1. N. und dem Haus der Klägerin sei nahezu identisch und deshalb sei bei mehreren geeigneten Anbietern dem qualitativ höherwertigen Angebot der Vorzug zu geben. Gleiches hat der Beklagte auch für die Berücksichtigung der Trägervielfalt vertreten. 102Soweit die Klägerin v.a. darauf abstellt, auch ihr Krankenhaus verfüge über neuroradiologische Kompetenz, da einer der beiden Chefärzte des Instituts für diagnostische Radiologie und Neuroradiologie selbst Facharzt für Neuroradiologie und mit sämtlichen neuroradiologischen Behandlungen vertraut sei, wird damit nicht der Leistungsstand aufgezeigt, den der Beklagte u.a. zum Auswahlkriterium gemacht hat, i.e. Möglichkeit zur Durchführung interventioneller / neurologischer Eingriffe bzw. gefäßchirurgischer Eingriffe. Insoweit braucht dem weiteren Einwand, derartige Eingriffe seien aber auch nicht in den Kliniken N2. -I1. N. „rund um die Uhr“ möglich, neurochirurgische Interventionen könnten überhaupt nicht erbracht werden, nicht weiter nachgegangen zu werden. Denn jedenfalls bestätigt die Klägerin ausdrücklich selbst, in ihrem Krankenhaus bestünden die Möglichkeiten interventioneller neuroradiologischer Eingriffe nicht, hingegen im Krankenhaus der Kliniken N2. -I1. N. zumindest teilweise, wenn auch nicht „rund um die Uhr“. Diesen strukturellen Vorsprung des Konkurrenzkrankenhauses hat der Beklagte in seine Auswahlentscheidung eingestellt.Den Einwand der Klägerin, mit „wohnortnahe Versorgung“ gemäß § 1 Abs. 1 und § 12 Abs. 2 KHGG NRW sei vorrangig eine Versorgung im selben Kreisgebiet gemeint und nicht in Nachbarkreise, hat der Beklagte berücksichtigt und zutreffend darauf hingewiesen, dass das Einzugsgebiet der Kliniken N2. -I1. N. und des Hauses der Klägerin nahezu identisch ist, mithin auch Wohnortnähe berücksichtigt. Die Bestimmungen des § 1 Abs. 1 und des § 12 Abs. 2 KHGG NRW sehen keine zwingende Festlegung auf Kreisebene fest. Im Gegenteil ist – wie oben ausgeführt ‑ auf regionale Besonderheiten im Einzugsgebiet des Krankenhauses einzugehen. 103VG Düsseldorf, Urteil vom 23.05.2014 – 13 K 2618/13 ‑, juris, 104Das schließt eine Definition von „Wohnortnähe“ im Sinne einer örtlichen Festlegung auf Kreis- oder Städtegrenzen aus.Die Kritik der Klägerin, um einen bestehenden Bedarf zu decken, sei allein die Erhöhung der Kapazitäten eines ohnehin schon großen Krankenhauses wie der Kliniken N2. -I1. in N. nicht immer die beste Möglichkeit, ansonsten gäbe es in mittlerer Perspektive nur noch große Krankenhäuser mit vielen Fachabteilungen und kleine Grundversorgungshäuser, mag der Beklagte im Rahmen der Anhörung der Klägerin wahrgenommen haben. Insoweit handelt es sich aber um krankenhauspolitische Überlegungen, 105vgl. auch Gutachten, Krankenhauslandschaft Nordrhein-Westfalen, August 2019, https://www.mags.nrw/pressemitteilung/gutachten-empfiehlt-grundlegende-reform-der-krankenhausplanung-nordrhein-westfalen, 106die aus Rechtsgründen in vorliegendem Verfahren nicht angreifbar sind. 107Durch die insoweit vorgetragenen Argumente im Rahmen der Ermessenserwägungen ist erkennbar, dass der Beklagte die Verteilung der erforderlichen Planbetten zur Abdeckung des festgestellten Bedarfs auf die leistungsstärksten Krankenhäuser begrenzen wollte und dort den Schwerpunkt setzen wollte und weiterhin will. 1083.Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO. 109Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 110Rechtsmittelbelehrung: 111Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 112Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 113Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 114Die Berufung ist nur zuzulassen, 1151. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 1162. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 1173. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 1184. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 1195. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 120Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 121Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 122Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 123Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 124Beschluss: 125Der Streitwert wird auf 50.000 EUR festgesetzt. 126Gründe: 127Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG unter Orientierung an Nr. 23.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i. d. F. der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen erfolgt. 128Rechtsmittelbelehrung: 129Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 130Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 131Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 132Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 133Die Beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 134War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht der beklagte zuvor sicherheit in gleicher höhe leistet. 1
2die klägerin ist trägerin eines freigemeinnützigen, insgesamt 325 betten (stand 2016) umfassenden plankrankenhauses mit fachabteilungen der gebiete innere medizin, chirurgie, frauenheilkunde und geburtshilfe, kinder- und jugendmedizin, urologie und hno-heilkunde im versorgungsgebiet x (l. , n. , kreis o. , kreis w. ). 3neben der klägerin, die den aufbau einer fachabteilung neurologie (40 betten) mit stroke-unit (5 plätze) anstrebt, begehren des weiteren folgende krankenhäuser die ausweisung einer fachabteilung für neurologie: städtisches krankenhaus o1. (30 betten und stroke-unit 4 plätze), hospital zum i. h. l1. (25 betten neurologisch-neurochirurgische frührehabilitation [nnchfr]), b. u. (25 betten neurogeriatrische versorgung). 4mit schreiben vom 31.05.2016 stellte die klägerin bei der bezirksregierung y. (im folgenden: bezirksregierung) einen antrag zur zukünftigen planbettenstruktur des krankenhauses unter beifügung einer konzeptschrift mit darstellung der fachabteilung im einzelnen sowie eines antrags auf aufnahme eines besonderen angebotes im feststellungsbescheid „schlaganfalleinheit im akh w. “ (4 bettplätze). 5die bezirksregierung wies mit e-mail vom 29.06.2016 darauf hin, dass sie im nachgang zu dem vorgelegten regionalen planungskonzept für den kreis w. ein weiterer antrag auf ausweisung einer fachabteilung für neurologie am städtischen krankenhaus o1. erreicht habe. eine einbeziehung des antrags in die bereits vorliegende planung oder durchführung eines regionalen planungskonzepts sei nicht möglich; zudem seien die konkurrierenden anbieter mit einer neurologischen fachabteilung, die derzeit die versorgung des kreises w. teilweise sicherstellten, in die verhandlung mit einzubeziehen. 6mit weiterer e-mail vom 29.06.2016 wies die bezirksregierung darauf hin, dass sich die st. n1. therapieklinik um einen eingeschränkten versorgungsauftrag bewerbe, der losgelöst von den übrigen planverfahren behandelt werde; eine einbeziehung sei deshalb nicht notwendig. bei einbeziehung des antrags des städtischen krankenhauses o1. seien die konkurrenten zu beteiligen. 7mit e-mail vom 11.07.2016 leitete das städtische krankenhaus o1. gegenüber den kassenverbänden das verfahren zur krankenhausplanerischen erweiterung des versorgungsvertrages um die fachabteilung für neurologie inkl. angeschlossener stroke-unit ein. 8mit schreiben vom 14.07.2016 lehnten die verbände den antrag ab und verweigerten die durchführung einer schriftlichen verhandlung des antrags des städtischen krankenhauses o1. . zur begründung wurde im wesentlichen angegeben, das krankenhaus sei angesichts der geringen fachabteilungszahl nicht geeignet, zudem sei der bedarf im versorgungsgebiet 4 ausreichend durch etablierte anbieter gedeckt. es sei ein regionales planungskonzept erarbeitet worden, welches keinen antrag auf einrichtung der fachabteilung für neurologie beinhaltet habe. 9mit schreiben vom 30.09.2016 ergänzte die klägerin gegenüber der bezirksregierung ihr anliegen vom 31.05.2016 unter darstellung des vorgesehenen neurologischen behandlungskonzepts mit vorlage eines antrags zur genehmigung einer hauptfachabteilung für neurologie mit 40 betten, davon 5 betten als stroke-unit und angebot einer neurologischen frührehabilitation (phase b). die implementierung der fachabteilung könne bettenneutral dargestellt werden, da bereits bisher patienten mit neurologischen krankheitsbildern insbesondere im bereich der inneren medizin und pädiatrie behandelt würden. der antrag erfolge im rahmen der erstellung eines regionalen planungskonzepts und sei als ergänzung des bereits der bezirksregierung vorliegenden antrags vom 31.05.2016 zu verstehen. alle für die umfassende versorgung von notfallpatienten notwendigen strukturen seien rund um die uhr verfügbar (24-stunden-arzt-besetzung in allen fachbereichen, insbesondere auch im bereich der intensivmedizin; 24-stunden eigene radiologie-verfügbarkeit inkl. ct und mrt mit ständiger arztverfügbarkeit; 24-stunden notfall-endoskopie-bereitschaft; 24-stunden herz-katheter-bereitschaft (inklusive angiologie); besetzung der notarztstandorte stadt w. , stadt x. und ab dem 01.01.2017 region t. ; verfügbarkeit eines hubschrauberlandeplatzes; einzige kassenärztliche notdienstpraxis im kreis w. auf dem gelände des krankenhauses). durch die vorhaltung sämtlicher diagnostischer und therapeutischer verfahren entsprechend des status als gehobener grund- und regelversorger werde eine voll-versorgung der bevölkerung der stadt w. und des kreises sichergestellt und gegebenenfalls durch entsprechende kooperationsverträge erweitert. es bestehe ein telemedizinischer versorgungsvertrag mit der neurologischen klinik der b1. l. gmbh. es bestehe eine kooperation mit der überregionalen stroke-unit in y. sowie der dortigen gefäßchirurgischen und neurochirurgischen abteilung. weitere kooperationen mit regionalen anbietern würden angestrebt. in der radiologischen abteilung der klägerin gebe es einen entsprechend qualifizierten chefarzt. als ärztliche abteilungsstruktur unter gewährleistung einer 24-stündigen ärztlichen anwesenheit (montags bis freitags) sowie täglichen ärztlichen anwesenheit von 12 stunden seien vorgesehen ein chefarzt bzw. leitender arzt, zwei fachärzte (oberärzte) und drei assistenzärzte. 10mit schreiben vom 11.10.2016 lehnten die kassenverbände ohne durchführung von verhandlungen den antrag der klägerin auf einrichtung einer fachabteilung für neurologie unter verweis auf die bedarfslage ab. 11mit bericht vom 20.02.2017 teilte die bezirksregierung dem ministerium für gesundheit, emanzipation, pflege und alter (im folgenden: ministerium) den stand der verhandlungen zwischen der arbeitsgemeinschaft der krankenhäuser in l. und dem kreis w. e.v. und den landesverbänden der krankenkassen zur erstellung eines regionalen planungskonzepts mit und bat um fortführung des verfahrens gemäß § 14 khgg.soweit die ausweisung von fachabteilungen für neurologie / stroke-units betroffen ist, wurde im wesentlichen angegeben, geeinigte ergebnisse im rahmen des regionalen planungsverfahrens lägen nicht vor. von den kassenverbänden seien die anträge des antoniuszentrums u. , des hospitals zum i. h. l1. , des städtischen krankenhauses o1. und der klägerin abgelehnt worden.im weiteren führte die bezirksregierung aus, ein bedarf für die einrichtung einer neuen fachabteilung für neurologie im versorgungsgebiet 4 sei gemessen an der bettendichte im abgleich mit dem errechneten bedarf nach hill-burton nicht erkennbar. im kreis w. existiere keine abteilung für neurologie. das kreisgebiet werde von den kliniken n2. -i1. n. sowie von dem i2. klinikum l. und dem krankenhaus der b1. l. gmbh mitversorgt. zur versorgung stünden 326 betten im versorgungsgebiet 4 zur verfügung; nach der hill-burton-formel wären nach dem bevölkerungsstand vom 31.12.2015 insgesamt 347 betten notwendig. die regionalisierung habe die vorhaltung von 316 betten für das versorgungsgebiet 4 vorgesehen. gemessen an der tatsächlichen auslastung unter berücksichtigung der jeweiligen krankenhauseigenen verweildauer ergäbe sich jedoch bereits ein bedarf von 380 betten; lege man die planparameter zu grunde (bn 82,5, vd 7,8 tage), ergebe sich ein bedarf von 411 betten. es sollten mindestens 54 neurologische betten (380 - 326) ausgewiesen werden.bei der beurteilung der anträge sei das hauptaugenmerk auf folgende kriterien gelegt worden: (1) ausstattung mit medizinischen personal (ärztlich, pflegerisch, therapeutisch), (2) möglichkeiten zur diagnostik (sicherstellung ct / mrt diagnostik usw.), (3) möglichkeiten zur intervention.zum krankenhaus der klägerin führte die bezirksregierung aus, angesichts der vorgehaltenen medizinisch-technischen ausstattung könne der aufbau einer alle anforderungen erfüllenden neurologischen fachabteilung grundsätzlich erfolgen. zweifel bestünden jedoch hinsichtlich des kooperationspartners, da dieser träger des konkurrenzhauses b. u. sei, der ebenfalls die einrichtung einer fachabteilung für neurologie beantrage. die möglichkeiten zur durchführung interventioneller neuroradiologischer eingriffe bestehen am krankenhaus der klägerin nicht und würden durch den kooperationspartner uniklinikum y. erbracht werden.da für den festgestellten bedarf mehrere geeignete anbieter zur verfügung stünden, habe eine auswahlentscheidung zu erfolgen. die bestehenden anbieter in n. sowie das krankenhaus der klägerin und das hospital zum i. h. seien in die auswahl einzubeziehen, da die vorgestellten konzepte erkennen ließen, dass die anforderungen an eine fachabteilung neurologie erfüllt würden bzw. im rahmen der umsetzungsfrist erfüllt werden könnten. die etablierten anbieter stellten aktuell die neurologische versorgung des kreises w. sicher. die einzugsgebiete der kliniken n2. -i1. n. und einer potentiellen fachabteilung der klägerin seien annähernd deckungsgleich, so dass sich die entscheidung, wer für die deckung des offenen bedarfs herangezogen werde, an der qualität der medizinischen konzepte bzw. strukturen orientiere. anders als die kliniken n2. -i1. n. müsse die klägerin für interventionelle / gefäßchirurgische eingriffe auf kooperationspartner zurückgreifen. aufgrund der seit 2014 zu beobachtenden weiteren entwicklung der patientenzahlen sei die ausweisung von insgesamt 136 neurologischen betten in n. notwendig. ebenso sei die aufstockung der kapazitäten am krankenhaus n2. -i1. l. von 52 auf 84 betten (unter berücksichtigung der erhöhten verweildauer durch den schwerpunkt für schwer-schädel-hirn-verletzte) unbedingt notwendig. das i2. klinikum l. und die kassenverbände hätten sich ‑ trotz höheren bedarfs ‑ auf eine aufstockung auf 60 betten geeinigt. damit seien 378 der mindestens benötigten 380 betten verteilt. da das qualitativ hochwertige angebot der neurologisch-neurochirurgische frührehabilitation (nnchfr) im hospital zum i. h. zukünftig planungsrechtlich zu berücksichtigen sei, werde die zusätzliche ausweisung der beantragten 25 betten für notwendig gehalten, ohne dass der versorgungsauftrag auf neurologisch-neurochirurgische frührehabilitation (nnchfr) beschränkt werde, da es sich um einen akut-krankenhaus handele, welches die anforderungen an eine fachabteilung für neurologie vollständig erfülle. da in der vergangenheit auch andere rehabilitationskliniken mit eingeschränktem versorgungsauftrag in den krankenhausplan aufgenommen worden seien, wäre es nicht zu rechtfertigen, das hospital zum i. h. als akutkrankenhaus nicht im krankenhausplan auszuweisen. zudem könne die fachabteilung neurologie den über die 60 betten hinaus bestehenden bedarf an dem i2. -klinikum l. abfedern.die flächendeckende versorgung mit stroke-unit-behandlungsplätzen sei grundsätzlich gewährleistet, da innerhalb 1 stunde mit dem rettungswagen aus jeder gemeinde des kreises w. eine stroke-unit zu erreichen sei. auch aus dem südlichen kreis l2. könne in dieser zeitspanne ab alarmierung des rettungsdienstes eine stroke-unit erreicht werden. die weitere ausweisung von stroke-unit-behandlungsplätzen im kreis w. werde daher nicht für notwendig gehalten. 12mit erlass vom 18.08.2017 gab das ministerium den gemäß § 15 khgg nrw beteiligten, insbesondere der klägerin, im rahmen des anhörungsverfahrens gelegenheit zur stellungnahme, u.a. zur frage der ausweisung von fachabteilungen für neurologie. unter hinweis darauf, dass das ministerium sich im wesentlichen dem votum der bezirksregierung anschließe, wies es insbesondere darauf hin, dass bei der auswahlentscheidung besonders die kriterien der ausstattung mit medizinischem personal, der möglichkeiten zur diagnostik und der möglichkeit zur intervention heranzuziehen seien. das b. u. und das städtische krankenhaus o1. erfüllten die strukturellen anforderungen an die ausweisung einer fachabteilung für neurologie nicht. neben dem krankenhaus der klägerin und dem hospital zum i. h. l1. seien die bestehenden anbieter in n. und l. in die auswahlentscheidung einzubeziehen. da die einzugsgebiete der kliniken n2. -i1. n. und des krankenhauses der klägerin nahezu deckungsgleich seien, müsse sich die entscheidung zur deckung des bestehenden bedarfs an der qualität der medizinischen konzepte bzw. strukturen orientieren. die kliniken n2. -i1. n. verfüge im gegensatz zum krankenhaus der klägerin über eine eigene erfahrene neuroradiologie inklusive der möglichkeit interventioneller eingriffe und gefäßchirurgischer leistungen. insoweit sei eine erhöhung der neurologischen betten am n2. -i1. krankenhaus n. vorzunehmen. des weiteren werde eine bettenerhöhung in der neurologie am i2. -klinikum l. erforderlich sein. im zusammenhang mit der bestehenden neurologisch-neurochirurgische frührehabilitation (nnchfr) im akutkrankenhaus des hospitals zum i. h. l1. solle die ausweisung von 25 neurologischen betten ohne einschränkung des versorgungsauftrages erfolgen. 13daraufhin teilte die ärztekammer nordrhein zum bereich neurologie mit schreiben vom 29.09.2017 mit, nach den vorliegenden daten stelle sich die personalausstattung der krankenhäuser wie folgt dar: zum krankenhaus der klägerin keine angaben; zum hospital zum i. h. 1 facharzt für neurochirurgie, 5 fachärzte für neurologie, 2 fachärzte mit zusatz-weiterbildung rehabilitationswesen, chefarzt mit weiterbildungsbefugnis für die facharztkompetenz neurologie im umfang von zwölf monaten sowie über die volle weiterbildungsbefugnis für die zusatz-weiterbildung rehabilitationswesen; zum b. u. keine angaben; zum städtischen krankenhaus o1. keine angaben. 14das städtische krankenhaus o1. teilte zum bereich neurologie mit schreiben vom 28.09.2017 mit, die vorgesehene ausweisung von fachabteilungen neurologie berücksichtige nicht hinreichend die zielsetzung eines regionalen planungsverfahrens, tragfähige strukturen für die medizinische versorgung einer region zu erarbeiten. vorrangig sollten zunächst der regionale versorgungsbedarf bewertet und darauf aufbauend bei vergleichbarer bedarfssituation die gegebenenfalls vorhandenen versorgungsangebote bewertet werden. im falle des krankenhauses der klägerin und der kliniken n2. -i1. n. könne die auswahl orientiert an der qualität der medizinischen konzepte erfolgen, da die einzugsgebiete nahezu deckungsgleich seien. anders sei dies beim antrag des hospital zum i. h. l1. , da nicht hinreichend der regionale bedarf bewertet worden sei. in diesem falle wäre aufgefallen, dass sich das einzugsgebiet des hospitals zum i. h. l1. mit den einzugsgebieten der beiden neurologischen fachabteilungen in l. überschneide. zudem werde die versorgungssituation im westkreis w. nicht optimal gestaltet. für eine verbesserung der versorgungsstrukturen sei die etablierung entsprechender neurologischer erstversorgungsangebote vorrangig im raum o1. geboten. 15die klägerin trägt zum bereich neurologie mit schreiben vom 28.09.2017 vor, die anderen antragsteller seien im verfahren zur bettenaufstockung auf 125 betten im bereich neurologie des krankenhauses n2. -i1. n. mit feststellungsbescheid vom 15.12.2016 nicht einbezogen worden. dagegen wende sich die klägerin in einem entsprechenden eigenständigen widerspruchsverfahren. es sei nicht verständlich, dass einerseits die antragsteller aus dem benachbarten kreis w. in jenes verfahren nicht einbezogen worden seien, andererseits aber nunmehr im vorliegenden verfahren die anbieter aus n. und l. in die auswahlentscheidung einbezogen worden seien. da die entsprechenden regionalen planungskonzepte auch in der regel innerhalb von gebietskörperschaften (hier kreis w. ) abgestimmt würden, würden im zusammenhang mit einer auswahlentscheidung innerhalb des kreises w. die genannten argumente in bezug auf die kliniken n2. -i1. in n. nicht mehr tragend sein und das krankenhaus der klägerin wäre entsprechend der antragstellung prädestiniert für die neurologische versorgung der entsprechenden patienten.unabhängig davon würde auch die einbeziehung der kliniken n2. -i1. n. nichts an der geeignetheit und bedarfsgerechtigkeit der zuerkennung von neurologischen betten zu gunsten des krankenhauses der klägerin ändern. die klägerin erfülle die voraussetzungen zur ausstattung mit medizinischen personal und zu möglichkeiten zur diagnostik. auch das krankenhaus der klägerin verfüge über neuroradiologische kompetenz, da einer der beiden chefärzte des instituts für diagnostische radiologie und neuroradiologie selbst facharzt für neuroradiologie und mit sämtlichen neuroradiologischen behandlungen vertraut sei. die möglichkeit von interventionellen neuroradiologischen eingriffen bestehe im krankenhaus der klägerin nicht, nach ihrer kenntnis seien derartige eingriffe aber auch nicht in den kliniken n2. -i1. n. „rund um die uhr“ möglich. gleiches gelte für neurochirurgische interventionen, die an den kliniken n2. -i1. n. nicht erbracht werden könnten. insoweit seien die angebote des krankenhauses der klägerin und den kliniken n2. -i1. n. vergleichbar.deckungsgleichheit der einzugsgebiete bestehe nicht nur im fall des krankenhauses der klägerin und der kliniken n2. -i1. n. sondern auch im fall des hospitals zum i. h. l1. und den l3. anbietern. gleichwohl solle eine ausweisung einer fachabteilung neurologie in l1. zusätzlich zu dem l3. angebot erfolgen; in ihrem falle sei eine entsprechende entscheidung ebenfalls vertretbar. 16mit bericht vom 07.11.2017 teilte die bezirksregierung dem ministerium zum bereich neurologie mit, dass es auch nach eingang der stellungnahmen grundsätzlich bei den ausführungen im bericht vom 20.02.2017 bleibe.die leistungsfähigkeit des städtischen krankenhauses o1. sei weiterhin zweifelhaft, da es lediglich eine telemedizinische anbindung an die radiologie des krankenhauses der klägerin gebe, hingegen im fall des hospitals zum i. h. wenigstens die kooperation mit einer radiologischen praxis direkt am hause bestehe somit tagsüber immer verfügbar sei und zusätzlich telemedizinische betreuung existiere. zudem gehe es bei der einrichtung von 25 neurologischen betten am hospital zum i. h. in l1. nicht um die deckung des neurologischen bedarfs sondern um die anbindung an das angebot der neurologisch-neurochirurgische frührehabilitation (nnchfr).entgegen der auffassung des städtischen krankenhauses o1. seien auch die ländlichen gebiete im westlichen kreis w. in rund einer halben stunde an eine neurologie angebunden. gegebenenfalls werde in grenznahen gemeinden auch das niederländische leistungsangebot wahrgenommen.in das verfahren für die region n. habe das krankenhaus der klägerin nicht eingebunden werden müssen, da zum damaligen zeitpunkt kein antrag auf einrichtung einer neurologie bekannt gewesen sei. in ein planverfahren könne ein konkurrenzhaus nicht zu jedem zeitpunkt vor erteilung der feststellungsbescheide „einsteigen“. zudem sei für die region n. zu gunsten des krankenhauses der klägerin und der anderen antragsteller im kreis w. nicht der gesamte erkennbare bettenbedarf befriedigt worden, weil nach beendigung der anhörung für n. bekannt geworden sei, dass im kreis w. relevante anträge auf einrichtung von fachabteilungen für neurologie gestellt worden seien. diese anträge seien erst nach abschluss der planungsverhandlung mit den kassenverbänden für die häuser des kreises w. gestellt worden. daher sei für den kreis w. ein regionales planverfahren zur neurologie unter beteiligung der angrenzenden konkurrenzhäuser als ein völlig autonomes planverfahren initiiert worden. entgegen der auffassung der klägerin habe der vdek einen bedarf für eine weitere fachabteilung für neurologie inklusive stroke unit im kreis w. ausdrücklich ausgeschlossen.die situation hospital zum i. h. l1. / l3. anbieter sei nicht zu vergleichen mit der situation des krankenhauses der klägerin / kliniken n2. -i1. n. , da die entfernung von l1. nach l. größer sei und zudem die einrichtung der fachabteilung von neurologie vor allem die neurologisch-neurochirurgische frührehabilitation (nnchfr) unterstützen solle. 17mit erlass aus januar 2018, eingang bei der bezirksregierung am 11.01.2018, schloss sich das ministerium der stellungnahme der bezirksregierung an und wies zur erteilung der feststellungsbescheide an. 18mit feststellungsbescheid nr. 1821 vom 26.01.2018 lehnte die bezirksregierung den antrag der klägerin auf aufnahme mit einer abteilung für neurologie mit 40 betten einschließlich 5 behandlungseinheiten stroke-unit unter bekräftigung der in der anhörung im ministeriellen erlass vom 18.08.2017 genannten gründe ab. 19dagegen hat die klägerin am 22.02.2018 klage erhoben.zur begründung trägt sie vor, bedenken des beklagten dahingehend, dass der kooperationspartner als träger des b2. u. nicht mehr kooperationsbereit sein könne, seien deshalb unbegründet, weil der dortige träger seine pläne nicht weiterverfolge, sondern zur vertraglich vereinbarten kooperationen stehe. die kooperation werde fortgesetzt. die b1. gmbh unterstütze den antrag der klägerin, nachdem sie den eigenen antrag zurückgezogen habe.der behauptete strukturelle vorteil der kliniken n2. -i1. sei nicht gegeben. die neuroradiologische fachkompetenz sei bei ihr, der klägerin, auf chefarztniveau vorhanden, die entsprechenden ärztlichen fähigkeiten seien gegeben. auch die kliniken n2. -i1. in n. hätten keine möglichkeit für neurochirurgische eingriffe, erst recht nicht das hospital zum i. h. in l1. . insoweit verfügten die kliniken n2. -i1. n. nicht über bessere medizinische fähigkeiten im vergleich zu ihr.es sei nicht überzeugend, dass neurologische betten im hospital zum i. h. in l1. ausgewiesen würden, wo die von dem beklagten propagierte voll umfassende behandlungsmöglichkeit einschließlich schlaganfallerkrankungen nicht einmal angestrebt sei. aus versorgungssicht sei vielmehr zu trennen zwischen der akutneurologischen versorgung und der rehabilitationsversorgung im bereich der neurologie.um einen bestehenden bedarf zu decken, sei allein die erhöhung der kapazitäten eines ohnehin schon großen krankenhauses wie der kliniken n2. -i1. in n. nicht immer die beste möglichkeit. ansonsten gäbe es in mittlerer perspektive nur noch große krankenhäuser mit vielen fachabteilungen und kleine grundversorgungshäuser. nach ihrer kenntnis seien die kapazitäten in den kliniken n2. -i1. oft ausgelastet oder überlastet, zumal dieses haus auch das stadtgebiet n. mitversorgen müsse. daher könne oft eine zeitnahe versorgung der schlaganfallpatienten nicht gewährleistet werden.unter einer „wohnortnahen“ versorgung gemäß § 1 abs. 1 und § 12 abs. 2 khgg nrw sei vorrangig eine versorgung im selben kreisgebiet gemeint und nicht in nachbarkreisen. distanz und erreichbarkeit sprächen bei den einschlägigen krankheitsbildern dafür, patienten aus w. und o1. eher im haus der klägerin als in n. zu versorgen. zwar sei die distanz zwischen den häusern nicht so groß; wenn man aber den kreis w. insgesamt betrachte, könne die zusätzliche entfernung bis zu den kliniken n2. -i1. in n. entscheidend sein. dies ergebe sich auch aus den bestehenden patientenzahlen.es sei nicht verständlich, aus welchen gründen in diesem verfahren die benachbarten städte berücksichtigt worden seien, umgekehrt eine berücksichtigung der krankenhausträger im kreis w. im rahmen der auswahlverfahren in n. und w. nicht erfolgt sei. wäre ihr bekannt gewesen, dass anträge auf aufstockung der neurologischen kapazitäten anhängig gewesen seien, hätten sie die bereits bestehenden pläne für eine eigene fachabteilung neurologie forciert und vorangetrieben. die krankenhäuser im kreis w. seien über die anträge aus l. und n. im unklaren gelassen worden. es sei zudem hinreichend zeit gewesen, die klägerin in das verfahren einzubeziehen, da die endgültigen bescheide für den bereich n. im dezember 2016 ergangen seien, hingegen die anträge der klägerin schon aus mai 2016 seien. gerade bei einem fachgebiet wie der neurologie hätte der beklagte ein planverfahren für das gesamte versorgungsgebiet durchführen müssen. der bedarf aus dem kreis w. sei offensichtlich im rahmen der planung für n. und l. berücksichtigt worden; warum dies nicht auch umgekehrt geschehen müsse, ergebe sich nicht aus dem khgg. selbst wenn zunächst nur ein teil des bedarfs aus dem kreis w. einbezogen worden sein sollte, sei für n. insbesondere die stadt w. , d. h. der standort der klägerin, betroffen. im rahmen der kapazitätsberechnung für den bereich n. seien auch kapazitäten aus den umliegenden kreisen mit eingerechnet worden; umgekehrt sei denn auch bei der kapazitätsberechnung für den kreis w. eine mitversorgungskapazität der umliegende bereiche miteinbezogen wurden. allerdings habe die beklagte insgesamt nur eine restkapazität ausgewiesen und dies dann entsprechend verteilt, ohne hinreichend zu berücksichtigen, welche krankenhäuser in welchem bereich primäre versorgungsfunktionen übernehmen. soweit die beklagte davon ausgehe, dass im kreisgebiet w. ein entsprechender versorgungsbedarf bestehe, sei dieser aufgrund des grundsatzes der ortsnahen versorgung zunächst von den krankenhäusern in w. zu decken. das hospital zum i. h. in l1. falle dabei aus, weil dies nur eine neurologische frührehabilitation anbieten dürfe und nicht eine akutversorgung insbesondere bei schlaganfall-patienten. insoweit erstaune, dass nach aktuellen flyern dieses krankenhauses sowie pressemeldungen das klinikum ankündige, sämtliche akutneurologischen indikationen einschließlich schlaganfällen vor ort behandeln zu können. eine gegenüber der klägerin ergangene untersagung, schlaganfälle zu behandeln und eine entsprechende anweisung der rettungsdienste, entsprechende patienten nur in anerkannte stroke-units zu fahren, müsse demgemäß auch gegenüber den kliniken zum i. h. l1. gelten.die vielfalt der krankenhausträger gemäß § 1 abs. 3 s. 1 khgg sei nicht beachtet worden, da kirchliche träger und private träger berücksichtigt worden seien, nicht jedoch ein gemischter träger mit einem deutlichen kommunalen anteil und entsprechender prägung wie bei der klägerin.einzig ihr antrag entspreche dem tendenziellen ziel der krankenhausplanung zur verringerung von behandlungskapazitäten, da sie eine bettenneutrale ausweisung durch umwandlung von betten der abteilung für innere medizin und kinderheilkunde beantragt habe, hingegen der beklagte an den kliniken n2. -i1. zusätzliche betten ausgewiesen habe.da bei ihr, der klägerin, eine fachabteilung neurologie auszuweisen sei, entfalle das argument des beklagten, eine stroke-unit könne nicht eingerichtet werden mangels fachabteilung für neurologie. die ausweisung zusätzlicher entsprechender plätze sei aufgrund der vorliegenden zahlen und der demographischen entwicklung auch erforderlich. die wegen der oftmals in den kliniken n2. -i1. bestehenden überlastungszeiten nicht gesicherte zeitnahe versorgung von schlaganfallpatienten erfordere eine ausweisung zusätzlicher plätze bei der klägerin.weitergehende andere entscheidungen zur aufnahme von krankenhäusern im fachgebiet neurologie im versorgungsgebiet x könnten ihrem antrag nicht entgegengehalten werden. nach der ständigen rechtsprechung werde die bedarfsgerechtigkeit eines krankenhauses nicht dadurch infrage gestellt, dass die im krankenhausplan bereits aufgenommenen krankenhäuser den tatsächlichen bedarf deckten. 20die klägerin beantragt, 21die beklagte zu verpflichten, sie mit einer abteilung neurologie mit 40 betten einschließlich einer behandlungseinheit „stroke unit“ mit 5 betten durch erteilung eines feststellungsbescheids in den krankenhausplan des landes nordrhein-westfalen aufzunehmen; 22hilfsweise den beklagten zu verpflichten, ihren antrag vom 30.09.2016 unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu bescheiden. 23der beklagte beantragt, 24die klage abzuweisen. 25zur begründung wird unter vertiefung der ausführungen im angegriffenen feststellungsbescheid nr. 0000 vom 26.01.2018 ausgeführt, da im kreisgebiet w. bis dahin keine fachabteilung für neurologie existiert habe, sei das kreisgebiet w. von den kliniken n2. -i1. n. sowie von dem i2. -klinikum l. und der b1. l. gmbh mitversorgt worden. den betroffenen krankenhäusern sei die möglichkeit eröffnet worden, sich an diesem planungsverfahren zu beteiligen und auch die bisher möglicherweise verhandelten bettenzahlen zu überdenken.die klägerin habe nicht in das auswahlverfahren in n. mit einbezogen werden müssen, da zum damaligen zeitpunkt der bezirksregierung nicht bekannt gewesen sei, dass die klägerin die einrichtung einer neurologie beantragt habe. nachdem bekannt geworden sei, dass im kreis w. relevante anträge auf einrichtung einer fachabteilung neurologie gestellt worden seien, sei für die region n. nicht der gesamte erkennbare bettenbedarf befriedigt worden, um auch die möglichen anbieter aus dem kreis w. berücksichtigen zu können. zur versorgung der bevölkerung in diesem bereich und zur berechnung des bettenbedarfs sei das gesamte versorgungsgebiet x betrachtet worden. nach prüfung der vorgelegten anträge seien in die auswahlentscheidung neben den bestehenden anbietern die klägerin sowie das hospital zum i. h. in l1. einbezogen worden, da die vorgestellten konzepte hätten erkennen lassen, dass die anforderungen an eine fachabteilung für neurologie erfüllt werden könnten. die auswahl sei anhand der qualität der medizinischen konzepte bzw. strukturen erfolgt unter hauptaugenmerk auf ausstattung mit medizinischen personal, möglichkeiten zur diagnostik und möglichkeiten zur intervention. möglichkeiten zur durchführung interventioneller neuroradiologischer eingriffe im haus der klägerin bestünden nicht und sollten auch weiterhin durch den kooperationspartner erbracht werden. aus den unterlagen bzw. dem konzept sei nicht hervorgegangen, dass die klägerin einen neurologischen facharzt beschäftige; es bestehe lediglich eine kooperation mit der b1. l. gmbh, so dass eine teleradiologische betreuung möglich sei. für den betrieb einer 40-betten-station habe die klägerin 3 fachärzte und 3 assistenzärzte vorgesehen, die kliniken n2. -i1. versorgten im jahr 2016 aber eine 94-betten-station mit 14 fachärzten und 3 assistenzärzten. da die kliniken n2. -i1. n. im haus eine erfahrene neuroradiologie inklusive der möglichkeit interventioneller eingriffe / gefäßchirurgischer leistungen vorhalte, zeige sich ein deutlicher struktureller und qualitativer vorteil.was die wohnortnahe versorgung angehe, sei das einzugsgebiet der kliniken n2. -i1. n. und des hauses der klägerin nahezu identisch. unabhängig davon sei dies auch bei der auswahlentscheidung zu vernachlässigen gewesen, da bei mehreren geeigneten anbietern dem qualitativ höherwertigen angebot der vorzug zu geben sei. gleiches gelte auch für die berücksichtigung der trägervielfalt.die geforderten strukturellen vorteile seien beim hospital zum i. h. in l1. nicht erforderlich gewesen, weil dieses krankenhaus nicht die einrichtung einer weiteren qualifizierten abteilung zur schlaganfallbehandlung beantragt habe, sondern die einrichtung einer fachabteilung für neurologie dem erhalt der seit jahren in l1. hochqualifiziert erbrachten neurologisch-neurochirurgischen frührehabilitation (nnchfr) diene. dem antrag des hospitals zum i. h. l1. auf einrichtung einer fachabteilung sei außerhalb des festgestellten bedarfs entsprochen worden. die ausweisung dieser fachabteilung sei ausdrücklich außerhalb des für die notwendige versorgung der bevölkerung berechneten bettenbedarfs erfolgt. die erschienenen presseartikel und pressemitteilungen, die die klägerin erwähnt habe, seien insoweit irreführend. 26auf gerichtliche aufklärungsverfügung vom 22.05.2020 teilte der beklagte mit, dass für die berechnung der bettenanzahl von 347 betten (nach aufrundung von 346,7) nach hill-burton von einer einwohnerzahl von 1.216.942 einwohnern im versorgungsgebiet x zum 31.12.2015 ausgegangen worden sei aufgrund folgenden rechenwegs: 271.216.942 ew * 0,011 kh * 7,8 vd0,825 bn * 365 tage 28die angegebenen benötigten 380 betten hätten sich aus den zur gerichtsakte gegebenen auslastungsdaten der krankenhäuser ergeben, die zu diesem zeitpunkt bereits über eine neurologie (im schriftsatz wohl versehentlich: geriatrie) verfügt hätten. bei zugrundelegung der krankenhauseigenen verweildauer, die zum teil deutlich niedriger gewesen sei als die plan-verweildauer, habe sich für das jahr 2015 ein mindestbedarf von 380 betten ergeben, nach krankenhäusern: 29k. -f. - krankenhaus o. 72 bettenn2. -i1. -krankenhaus n. 136 betteni2. klinikum l. 71 bettenn2. -i1. -krankenhaus l. (b1. ) 84 bettenklinik l4. l. 17 betteninsgesamt 380 betten. 30lege man allen krankenhäusern hingegen die plan-verweildauer zugrunde, ergäbe sich für die krankenhäuser ein bedarf von 411 betten, nach krankenhäusern: 31k. -f. - krankenhaus o. 80 bettenn2. -i1. -krankenhaus n. 163 betteni2. klinikum l. 90 bettenn2. -i1. -krankenhaus l. (b1. ) 61 bettenklinik l4. l. 17 betteninsgesamt 411 betten. 32die beteiligten haben jeweils einverständnis zu einer entscheidung ohne mündliche verhandlung erteilt. 33wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen gerichtsakte 21 k 4334/19 nebst dortiger beiakte und des beigezogenen verwaltungsvorgangs des beklagten. 34
35die kammer konnte aufgrund des einvernehmlich erklärten einverständnisses der beteiligten ohne mündliche verhandlung entscheiden (§ 101 abs. 2 vwgo). 361.die klage ist sowohl hinsichtlich des hauptantrages als auch des hilfsantrages zulässig. insbesondere ist die verpflichtungsklage die statthafte klageart. 37die bestimmung der statthaften klageart richtet sich nach dem erkennbaren klagebegehren (§ 88 vwgo). grundsätzlich können sich in krankenhausplanerischen konkurrenzlagen verschiedene prozessuale konstellationen ergeben. so ist zunächst denkbar, dass sich ein konkurrent gegen die begünstigung eines dritten wendet, entweder ‑ sofern er diese vergünstigung selbst nicht genießt ‑ um den dritten wieder unter vergleichbare marktbedingungen zurückzuzwingen oder ‑ sofern er selbst diese vergünstigung genießt – um deren exklusivität zu verteidigen. in diesem fall der sog. negativen konkurrentenklage ist die anfechtungsklage gegen die begünstigung des dritten die statthafte klageart. möglich ist überdies, dass der konkurrent lediglich seine eigene begünstigung begehrt, ohne dem dritten seine begünstigung nehmen zu wollen. diese form der sog. positiven konkurrentenklage gibt sich letztlich nur dadurch als konkurrentenklage zu erkennen, dass sie die klageforderung auf den anspruch auf gleichbehandlung mit dem konkurrenten stützt. statthafte klageart ist in diesem fall die verpflichtungsklage mit dem klageziel der eigenen begünstigung. denkbar ist schließlich noch eine verdrängungskonstellation, in der der konkurrent die vergünstigung anstelle des bisherigen begünstigten begehrt. eine spezifische klageart zur erreichung dieses ziels steht nicht zur verfügung. vielmehr bietet sich in diesem fall eine kombination aus positiver und negativer konkurrentenklage dergestalt an, dass einmal im wege der verpflichtungsklage die eigene begünstigung erstrebt wird und gleichzeitig im wege der anfechtungsklage die beseitigung der begünstigung des konkurrenten erstritten wird. 38vgl. zu den konkurrentenklagen im krankenhausrecht: rennert, konkurrentenschutz im krankenhauswesen, gesr 2008, 344, sowie zur zulässigkeit der verpflichtungsklage für das begehren in den krankenhausplan eines landes aufgenommen werden zu wollen: ovg nrw, urteil vom 19.08.2015 ‑ 13 a 1725/14 ‑, juris rn. 36. 39letztgenannte verdrängungssituation liegt hier vor. mit der später erhobenen flankierenden anfechtungsklage 21 k 4334/19 gegen den feststellungsbescheid zu gunsten der kliniken n2. i1. n. vom 15.12.2016 in der gestalt des widerspruchsbescheids der bezirksregierung y. vom 22.05.2019 begehrt die klägerin die beseitigung der begünstigung des konkurrenzkrankenhauses; mit vorliegender klage begehrt die klägerin die eigene begünstigung. eine verdrängungskonstellation im vorstehenden sinne ergibt sich daraus, weil der beklagte eine förmliche auswahl zwischen den beiden krankenhäusern getroffen hat. 40nach der herrschenden rechtsprechung bietet bei verfahren, die das begehren der aufnahme in den krankenhausplan zum gegenstand haben, grundsätzlich die verpflichtungsklage in eigener sache vollständigen rechtsschutz, weil mit ihr die entscheidung der behörde vollständig zur gerichtlichen kontrolle steht. diese gerichtliche überprüfung wird nicht durch die existenz eines weiteren an einen dritten gerichteten feststellungsbescheides begrenzt. von dessen rechtlichem schicksal ist sie unabhängig. einer klage gegen den einen dritten begünstigenden bescheid kommt in der verdrängungskonstellation daher lediglich eine hilfsfunktion zu. sie soll dem umstand entgegenwirken, dass die erfolgsaussichten der eigenen klage auf planaufnahme durch den zwischenzeitlichen vollzug des den dritten begünstigenden bescheides faktisch geschmälert werden kann. diese gefahr besteht jedoch regelmäßig nur, wenn die behörde eine auswahlentscheidung zwischen den bewerbern getroffen hat. führt die verpflichtungsklage lediglich zu einer neubescheidung, besteht in diesem fall die gefahr, dass sich der begünstigte bis zu diesem zeitpunkt eine marktposition verschafft hat, deren folgen bei der neubescheidung dann möglicherweise zu berücksichtigen wären, weil die dann gegebene sach- und rechtslage einschließlich aller zwischenzeitlich eingetretenen veränderungen zu berücksichtigen ist. 41vgl. bverwg, urteil vom 25.09.2008 ‑ 3 c 35.07 ‑, juris rn. 21, bestätigt durch bverfg, beschluss vom 23.04.2009 ‑ 1 bvr 3405/08 ‑, juris sowie ovg lüneburg, beschluss vom 28.04.2014 ‑ 13 me 170/13 ‑, juris rn. 3 und beschluss vom 10.12.2013 ‑ 13 e me 168/13 ‑, juris. 42im vorliegenden fall ist die notwendigkeit für eine flankierende anfechtungsklage – hier im verfahren 21 k 4334/19 – erst mit ergehen des die kliniken n2. i1. n. begünstigenden feststellungsbescheids nr. 1706 betreffenden widerspruchsbescheids vom 22.05.2019 entstanden. diese am 31.05.2019 erhobene anfechtungsklage geht über das vorliegende mit klageerhebung am 22.02.2018 vorangegangene begehren auf begünstigung, die mit feststellungsbescheid nr. 1821 vom 26.01.2018 abgelehnt worden war, hinaus. der zeitliche ablauf resultiert aus der notwendigkeit des vorverfahrens für die anfechtung der konkurrenzbegünstigung (vgl. § 110 abs. 3 s. 1 justg nrw; § 16 abs. 3 khgg nrw) im gegensatz zur klageerhebung ohne vorverfahren bei der anfechtung der begünstigungsablehnung. ziel der anfechtungsklage dürfte die abwendung der gefahr sein, dass ein erfolg der vorliegenden verpflichtungsklage mit dem ziel des neuaufbaus einer neurologischen abteilung mit „stroke unit“ durch den zwischenzeitlichen vollzug des das konkurrenzkrankenhaus begünstigenden feststellungsbescheides geschmälert wird. ob die anfechtung jenes feststellungsbescheides zu gunsten des konkurrenzkrankenhauses erforderlich ist, um das klageziel zu erreichen, ist im klageverfahren 21 k 4334/19 zu entscheiden. weder ein erfolg des vorliegenden hauptantrages noch ein erfolg des vorliegenden hilfsantrages haben unmittelbare rechtliche auswirkungen auf die planposition des konkurrenzkrankenhauses. zudem ist es keine notwendige voraussetzung für die zuerkennung der begehrten ansprüche, dass die entsprechende bettenzahl zuvor am konkurrenzkrankenhaus reduziert wurde. die vorhandene ausweisung von planbetten steht einer zusätzlichen ausweisung zu gunsten der klägerin nicht entgegen. 432.die klage ist sowohl hinsichtlich des mit dem hauptantrag verfolgten verpflichtungsbegehrens als auch hinsichtlich des hilfsweise verfolgten bescheidungsbegehrens unbegründet. die klägerin hat keinen anspruch darauf, sie mit einer abteilung neurologie mit 40 betten einschließlich einer behandlungseinheit stroke unit mit 5 betten durch erteilung eines feststellungsbescheids in den krankenhausplan des landes nordrhein-westfalen aufzunehmen oder ihren antrag vom 30.09.2016 unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu bescheiden, § 113 abs. 1, abs. 5 vwgo. 44a)die bezirksregierung y. ist für den erlass des begehrten feststellungsbescheides über die aufnahme oder nichtaufnahme in den krankenhausplan gemäß § 35 des krankenhausgestaltungsgesetzes des landes nordrhein-westfalen (khgg nrw) i. v. m. § 1 abs. 1 der verordnung zur regelung von zuständigkeiten und verfahren auf dem gebiet des krankenhauswesens des landes nordrhein-westfalen (khzvv) sachlich und örtlich zuständig und somit passivlegitimiert. 45b)die klägerin kann ihr geltend gemachtes begehren nicht erfolgreich durchsetzen. 46(1)die formellen voraussetzungen der anhörung der klägerin sind eingehalten bzw. nachgeholt worden. 47die planungsrechtliche anhörung der klägerin nach § 14 abs. 4 khgg nrw ist erfolgt. danach werden neben weiteren beteiligten nach § 15 khgg die betroffenen krankenhäuser zu dem regionalen planungskonzept von dem zuständigen ministerium gehört. dabei ist die behörde grundsätzlich nicht verpflichtet, den beteiligten vorweg mitzuteilen, welche entscheidung sie aufgrund des von ihr ermittelten sachverhalts zu treffen beabsichtigt; dies mag zwar vielfach zweckmäßig sein und der abschließenden regelung des falles dienen, ist rechtlich aber nicht geboten. 48vgl. ramsauer, in: kopp / ramsauer, vwvfg, 20. aufl. 2019, § 28 rdnr. 15 m.w.n. 49der klägerin wurde vom ministerium mit erlass vom 18.08.2017 gelegenheit gegeben, zur frage der ausweisung von fachabteilungen für neurologie für den kreis w. stellung zu nehmen, insbesondere zu den strukturellen auswahlkriterien der ausstattung mit medizinischem personal, der möglichkeit zur diagnostik und der möglichkeit zur intervention und der einbeziehung bestehenden anbieter in n. und l. . davon hat sie mit schreiben vom 28.09.2017 gebrauch gemacht und sowohl zur frage der einbeziehung bestehender anbieter in n. und l. vorgetragen als auch zu den strukturellen auswahlkriterien der ausstattung mit medizinischem personal, der möglichkeiten zur diagnostik und der möglichkeit zur intervention. 50im rahmen dieses anhörungsverfahrens musste die planungsbehörde dabei auch nicht auf entscheidungspunkte im rahmen der bettenaufstockung auf 125 betten im bereich neurologie des krankenhauses n2. -i1. n. hinweisen, die die klägerin in ihrem schreiben vom 28.09.2017 dahingehend thematisiert, es sei nicht verständlich, dass einerseits die antragsteller aus dem benachbarten kreis w. – also auch ihr krankenhaus ‑ in jenes verfahren nicht einbezogen worden seien, andererseits aber nunmehr im vorliegenden verfahren die anbieter aus n. und l. in die auswahlentscheidung einbezogen worden seien. im rahmen der anhörung wurde der umfang der zu treffenden entscheidung zur ausweisung von fachabteilungen für neurologie für den kreis w. hinreichend skizziert. die von der klägerin geltend gemachte beteiligung bei der frage der ausweisung von neurologischen planbetten für den bereich der stadt n. ist ‑ soweit sich die planungsbehörden dazu entschieden haben, die verschiedenen regionalen bereiche nicht einheitlich zu entscheiden – im dortigen verfahren zu klären und zu entscheiden. letztlich erkennt die klägerin dies auch selbst, wenn sie vorbringt, sie wende sich gegen die die neurologischen planbetten für n. betreffende entscheidung in einem eigenständigen widerspruchsverfahren. 51(2)die voraussetzung für die von der klägerin begehrte ausweisung einer abteilung neurologie mit 40 betten einschließlich einer behandlungseinheit „stroke unit“ mit 5 betten an ihrem krankenhaus lagen zum zeitpunkt der angegriffenen entscheidung nicht vor; sie sind auch nicht bis zum zeitpunkt der entscheidung des gerichts eingetreten. 52der angefochtene feststellungsbescheid findet seine rechtsgrundlage in § 16 abs. 1 s. 1 khgg nrw. danach legt gemäß § 14 khgg nrw das zuständige ministerium auf der grundlage der rahmenvorgaben nach § 13 khgg nrw u. a. die planbettenzahlen abschließend fest. durch ein von dem krankenhausträger und die kassenverbände zu erarbeitendes regionales planungskonzept haben diese die möglichkeit, im vorfeld die rahmenvorgaben nach eigenen vorstellungen auszufüllen (§ 14 abs. 1 s. 2 khgg nrw). wird ein solches planungskonzept von diesen nicht vorgelegt, entscheidet das zuständige ministerium von amts wegen. das zuständige ministerium prüft das regionale planungskonzept rechtlich und inhaltlich. soweit es änderungen beabsichtigt, gibt es den verhandlungspartnern gelegenheit zur stellungnahme (§ 14 abs. 3 s. 3 bis 5 khgg nrw). 53ausgehend von dem ziel des khgg nrw, eine patienten- und bedarfsgerechte gestufte wohnortnahe versorgung der bevölkerung durch krankenhäusern sicherzustellen (§ 1 abs. 1 s. 1 khgg nrw), sowie dem ziel, für eine bedarfsgerechte versorgung der bevölkerung mit leistungsfähigen krankenhäusern zu sozial tragbaren pflegesätzen zu sorgen, erweitert durch das gesetz zur reform der strukturen der krankenhausversorgung (krankenhausstrukturgesetz), 54§ 1 abs. 1 khg i.d.f. des art. 1 nr. 1 des gesetzes vom 10.12.2015 i 2229 m.w.v. 01.01.2016, 55um die voraussetzungen der patientengerechten versorgung der bevölkerung mit qualitativ hochwertig und eigenverantwortlich wirtschaftenden krankenhäusern (§ 1 abs. 1 des gesetzes zur wirtschaftlichen sicherung der krankenhäuser und zur regelung der krankenhauspflegesätze ‑ khg), war die planungsbehörde berechtigt und angesichts der begrenztheit öffentlicher mittel und der fortdauernden kostensteigerung im gesundheitswesen verpflichtet, den krankenhausplan in seinem hier zu betrachtenden teil der planungskonzepte (§ 14 abs. 3 s. 3 und 4 khgg nrw) fortzuschreiben. 56maßgeblicher krankenhausplan ist vorliegend der am 23.07.2013 in kraft getretene krankenhausplan nrw 2015 (khp 2015). 57https://broschueren.nordrheinwestfalendirekt.de/broschuerenservice/mags/krankenhausplan-nrw-2015/2664. 58der von der klägerin geltend gemachte anspruch bestand zum zeitpunkt der entscheidung des beklagten nicht. ein anspruch ist auch nicht im laufe des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen verfahrens entstanden. 59das der aufnahme eines krankenhauses in den krankenhausplan eines landes zugrunde liegende verwaltungsverfahren gliedert sich in zwei entscheidungsstufen: 60auf der ersten stufe kommt es gemäß § 1 abs. 1 khg darauf an, welche vorhandenen krankenhäuser für eine bedarfsgerechte versorgung der bevölkerung mit leistungsfähigen krankenhäusern zu sozial tragbaren pflegesätzen in betracht kommen, durch das gesetz zur reform der strukturen der krankenhausversorgung (krankenhausstrukturgesetz), 61§ 1 abs. 1 khg i.d.f. des art. 1 nr. 1 des gesetzes vom 10.12.2015 i 2229 m.w.v. 01.01.2016, 62erweitert um die voraussetzungen der patientengerechten versorgung der bevölkerung mit qualitativ hochwertig und eigenverantwortlich wirtschaftenden krankenhäusern. 63bei der beurteilung dieser kriterien steht der zuständigen landesbehörde kein entscheidungsspielraum zu. 64bverwg, urteil vom 18.12.1986 ‑ 3 c 67/85 ‑, juris, zur bedarfsgerechtigkeit, leistungsfähigkeit, wirtschaftlichkeit. 65auf der zweiten stufe wird dem einzelnen krankenhaus gegenüber festgestellt, ob es in den krankenhausplan aufgenommen wird oder nicht (§ 8 khg). die feststellung ergeht durch bescheid (§ 8 abs. 1 satz 3 khg, § 16 abs. 1 satz 1 khgg nrw). soweit die zahl der in den krankenhäusern vorhandenen betten den bedarf übersteigt, ergibt sich auf der zweiten entscheidungsstufe die notwendigkeit einer auswahl zwischen den in betracht kommenden krankenhäusern. erst bei der frage, welches von mehreren in gleicher weise bedarfsgerecht, leistungsfähig und wirtschaftlich betriebenen krankenhäusern im rahmen einer auswahlentscheidung in den plan aufgenommen wird, besteht ein behördlicher ermessensspielraum (§ 8 abs. 2 satz 2 khg). 66bverwg, urteil vom 18.12.1986 ‑ 3 c 67/85 ‑, juris; ovg nrw, beschluss vom 25.01.2011 ‑ 13 b 1712/10 ‑, juris; vg düsseldorf, beschluss vom 28.05.2015 ‑ 13 l 429/15 ‑, juris. 67gemäß § 8 abs. 1 satz 1 khg haben krankenhäuser nach maßgabe des khg anspruch auf förderung, soweit und solange sie in den krankenhausplan eines landes aufgenommen sind. ein anspruch auf feststellung der aufnahme in den krankenhausplan besteht nicht (§ 8 abs. 2 satz 1 khg). der in § 8 abs. 2 satz 1 khg formulierte ausschluss eines anspruchs bezieht sich allein darauf, dass im falle mehrerer zur bedarfsdeckung geeigneter krankenhäuser dem einzelnen krankenhaus kein unbedingter anspruch auf aufnahme in den krankenhausplan zukommt, die entscheidung hierüber vielmehr im ermessen der behörde steht. bei grundrechtskonformer auslegung dieser norm folgt im umkehrschluss, dass ein anspruch besteht, wenn kein konkurrierendes krankenhaus vorhanden ist; zumindest besteht auch im übrigen ein anspruch auf ermessensfehlerfreie auswahl. 68vgl. bverfg, beschluss vom 12.06.1990 - 1 bvr 355/86 -, bverfge 82, 209 = juris, rn. 77; bverwg, urteil vom 14.042011 - 3 c 17.10 -, bverwge 139, 309 = juris, rn. 15; ovg nrw, beschluss vom 06.12.2011 - 13 a 1402/11 -, medr 2012, 470 = juris, rn. 5;vgl. auch vg düsseldorf, urteil vom 23.05.2014 – 13 k 2618/13 ‑, juris. 69in der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass es einen anspruch auf feststellung der aufnahme eines krankenhauses in den krankenhausplan aufgrund verfassungskonformer auslegung geben kann. danach darf einem krankenhausträger, der sich für seine tätigkeit auf art. 12 abs. 1 gg berufen kann, die aufnahme seines krankenhauses in den krankenhausplan nur versagt werden, wenn hierfür gesetzlich bestimmte gründe vorliegen. das bundesverwaltungsgericht hat aus § 1 abs. 1, § 8 abs. 2 khg gefolgert, dass ein krankenhausträger dann einen anspruch auf feststellung der aufnahme seines krankenhauses in den krankenhausplan hat, wenn das krankenhaus zur bedarfsgerechten versorgung der bevölkerung geeignet (bedarfsgerecht) und leistungsfähig ist, wirtschaftlich arbeitet und wenn die zahl der verfügbaren betten in den geeigneten krankenhäusern die zahl der benötigten betten nicht übersteigt. 70so ausdrücklich bverwg, urteil vom 14.04.2011 ‑ 3 c 17/10 – juris, mit verweis auf bverwg, urteile vom 18.12.1986 ‑ 3 c 67.85 ‑, njw 1987, 2318, und vom 25.09.2008 ‑ 3 c 35.07 ‑, bverwge 132, 64 sowie bverfg, beschluss vom 12.06.1990 ‑ 1 bvr 355/86 ‑, bverfge 82, 209, 222 ff. = juris. 71die leistungsfähigkeit der klägerin hat der beklagte im angegriffenen feststellungsbescheid nicht in frage gestellt und das krankenhaus der klägerin in das auswahlverfahren einbezogen. anhaltspunkte dafür, dass eine leistungsfähigkeit der klägerin nicht gegeben sein sollte, sind weder im klageverfahren geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich. 72soweit nach den unter nummer ii.2.2.1 benannten strukturvorgaben für die ausweisung einer stroke unit eine fachabteilung für innere medizin und eine fachabteilung für neurologie voraussetzung ist, verfügt das krankenhaus der klägerin über eine fachabteilung für innere medizin; die weiterhin notwendige fachabteilung für neurologie strebt die klägerin mit vorliegendem verfahren an. 73zur frage der bedarfsanalyse im rahmen der krankenhausplanung (erste stufe) hat die 13. kammer des vg düsseldorf die auffassung vertreten, 74urteil vom 23.05.2014 – 13 k 2618/13 ‑, juris, 75dass das land jedenfalls dann nicht auf landeseinheitliche durchschnittswerte zur krankenhaushäufigkeit und verweildauer zurückgreifen darf, wenn im einzugsgebiet des krankenhauses erhebliche und erkennbare, d.h. offensichtliche oder substantiiert dargelegte, abweichungen von diesen durchschnittswerten vorhanden sind. die kammer führt weiter aus: 76„der anspruch auf aufnahme in den krankenhausplan setzt nicht die übereinstimmung des aufnahmebegehrens mit dem krankenhausplan (hier dem krankenhausplan 2015) voraus. als planungsinstrument und reines innenrecht mag dieser indiz für einen bestehenden bedarf sein, er kann aber nicht die anspruchsvoraussetzungen festlegen. das bedeutet, dass ein anspruch auf planaufnahme in abweichung des krankenhausplans erlaubt oder auch geboten sein kann. 77vgl. rennert, planung und planvollzug im krankenhausrecht, dvbl. 2010, 936 (936). 78ein anspruch auf aufnahme in den krankenhausplan setzt unabhängig von einer übereinstimmung mit dem krankenhausplan voraus, dass die gesetzlichen grundlagen hierfür erfüllt sind. diese ergeben sich aus §§ 1, 6 abs. 1 und 2 sowie 8 abs. 1 und 2 khg. 79vgl. bverwg, urteil vom 25. juli 1985 - 3 c 25.84 -, bverwge 72, 38 = juris, rn. 70. 80zentrale bedeutung kommt dabei § 1 abs. 1 khg zu. nach dieser vorschrift ist der zweck des krankenhausfinanzierungsgesetzes die wirtschaftliche sicherung der krankenhäuser, um eine bedarfsgerechte versorgung der bevölkerung mit leistungsfähigen, eigenverantwortlich wirtschaftenden krankenhäusern zu gewährleisten und zu sozial tragbaren pflegesätzen beizutragen. dabei ist die wirtschaftliche sicherung der krankenhäuser auch nur mittel zu dem zweck, die außerordentlich hoch einzuschätzenden gemeinwohlbelange der bedarfsgerechten krankenversorgung der bevölkerung und der sozial tragbaren krankenhauskosten sicherzustellen. 81vgl. bverfg, beschluss vom 12. juni 1990 - 1 bvr 355/86 -, bverfge 82, 209 = juris, rn. 82. 82die bedarfsgerechte krankenversorgung zu sozial tragbaren kosten ist damit die in § 1 abs. 1 khg wiedergegebene, letztlich unmittelbar aus art. 2 abs. 2 gg und dem sozialstaatsprinzip des art. 20 abs. 1 gg herzuleitende messlatte für einen anspruch auf aufnahme in den krankenhausplan. dies findet seinen ausdruck darin, dass ein anspruch auf aufnahme in den krankenhausplan in einer ersten stufe die bedarfsgerechtigkeit, leistungsfähigkeit und kostengünstigkeit des krankenhauses zur voraussetzung hat, bevor in einer zweiten stufe im bedarfsfall eine auswahlscheidung zwischen mehreren krankenhäusern, die diese voraussetzungen erfüllen, getroffen wird. 83bverwg, urteil vom 14. april 2011 - 3 c 17.10 -, bverwge 139, 309 = juris, rn. 23; ovg nrw, beschluss vom 6. dezember 2011 - 13 a 1402/11 -, medr 2012, 470 = juris, rn. 8 ff. 84der feststellung der bedarfsgerechtigkeit, leistungsfähigkeit und kostengünstigkeit, welche hier mit blick auf die klägerin nicht im streit stehen und keiner weiteren erörterung bedürfen, ist aber aus gründen der denklogik eine fehlerfreie bedarfsanalyse vorgelagert. besteht danach kein bedarf, kommt es auf die vorgenannten voraussetzungen nicht weiter an. wird hingegen ein konkreter bedarf zutreffend festgestellt, kann überprüft werden, ob ein krankenhaus geeignet ist, diesen bedarf kostengünstig, sach- und leistungsgerecht zu befriedigen.“ 85die vorgenannte entscheidung statuiert, dass eine zutreffende bedarfsermittlung auf regionale besonderheiten im einzugsgebiet einzugehen hat. die annahme, die bedarfsermittlung auch für eine einzelne region / ein einzelnes einzugsgebiet könne anhand von landesdurchschnittswerten erfolgen, trifft danach nicht uneingeschränkt zu, 86vg düsseldorf, urteil vom 23.05.2014 – 13 k 2618/13 ‑, juris, 87denn: 88„oberste richtschnur für die bedarfsanalyse ist die ermittlung des tatsächlich vorhandenen bedarfs, und nicht einer planerischen zielgröße. aus der bereits beschriebenen herausragenden stellung des § 1 abs. 1 khg folgt, dass auch die bedarfsanalyse den dort beschriebenen zielen zu dienen hat. deswegen ist derjenige bedarf zu ermitteln, der tatsächlich zur bedarfsgerechten krankenversorgung erforderlich ist. dies kann in einem flächenland wie nordrhein-westfalen nicht in der weise erfolgen, dass überhaupt im land genügend krankenhausbetten zur verfügung stehen; diese müssen vielmehr auch in angemessener geographischer nähe zu den patienten vorhanden sein. dies macht eine orientierung an örtlichen gegebenheiten und regionalen bedarfsstrukturen erforderlich. 89vgl. bverfg, beschluss vom 12. juni 1990 - 1 bvr 355/86 -, bverfge 82, 209 = juris, rn. 69. 90nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts kommt es auf die ermittlung des im einzugsgebiet des krankenhauses bestehenden bedarfs an. es handelt sich hierbei um den tatsächlich vorhandenen und zu versorgenden bedarf und nicht um einen bundeseinheitlichen durchschnittsbedarf. 91bverwg, urteile vom 14. april 2011 - 3 c 17.10 -, bverwge 139, 309 = juris, rn. 12, und vom 18. dezember 1986 - 3 c 67.85 -, njw 1987, 2318 = juris, rn. 67; vgl. auch ovg nrw, beschluss vom 6. dezember 2011 - 13 a 1402/11 -, medr 2012, 470 = juris, rn. 26. 92diese vorgaben durch die rechtsprechung werden auch im krankenhausplan 2015 (s. 18 f.) ausdrücklich nachvollzogen, wenn es dort unter verweis auf diese rechtsprechung heißt: ‚ebenfalls kein bedarf i.s. des gesetzes ist ein mit dem tatsächlichen bedarf nicht übereinstimmender bundeseinheitlicher durchschnittsbedarf. denn die örtlichen gegebenheiten und regionalen strukturen müssen berücksichtigt werden.‘ weiter wird dort ausgeführt, dass die bedarfsplanung sich mit der alters- und bevölkerungsstruktur eines bestimmten gebietes zu beschäftigen habe (s. 19). vor diesem hintergrund ist die schriftsätzliche einlassung des beklagten, die zur bedarfsermittlung verwandte hill-burton-formel sei überregional anzuwenden, nicht nachvollziehbar. 93mit der allgemein zur bedarfsermittlung anerkannten hill-burton-formel wird der bedarf an krankenhausbetten unter berücksichtigung der komponenten einwohnerzahl, krankenhaushäufigkeit, verweildauer und dem normativ festzusetzenden auslastungsgrad (…) ermittelt. 94vgl. krankenhausplan nrw 2015, f.anhang, planungsgrundsätze, ziff. 6; kolb, planung braucht den demographischen bezug, ku 3/2008, s. 38; quaas, krankenhausplanung der länder: ein einziges systemversagen?, f&w 5/2007, s. 548 (550); stollmann, in: huster/kaltenborn, krankenhausrecht 2010, § 4 rn. 13 f. 95die kammer schließt nicht aus, dass es aus statistischen gründen häufig möglich sein kann, dem beschriebenen erfordernis der regionalisierung der bedarfsanalyse durch verwendung landeseinheitlicher durchschnittswerte bei den komponenten krankenhaushäufigkeit und verweildauer gerecht zu werden. indes ist es dem beklagten jedenfalls dann verwehrt, sich auf entsprechende durchschnittswerte zu berufen, wenn im einzugsgebiet des krankenhauses erhebliche und erkennbare, d.h. offensichtliche oder substantiiert dargelegte, abweichungen von diesen durchschnittswerten vorhanden sind. dabei bleibt es grundsätzlich aufgabe des beklagten, die bedarfsanalyse durchzuführen. legt der beklagte - wie bislang offenbar üblich - seiner bedarfsanalyse landesweite durchschnittswerte zu grunde, wird es zur darlegungslast des krankenhauses gehören, umstände aufzuzeigen, aus denen sich ergibt, dass die verwendung von durchschnittswerten dem durch § 1 abs. 1 khg vorgegebenen ziel der bedarfsgerechten krankenversorgung in seinem einzugsgebiet nicht genügt, weil in diesem gebiet erhebliche besonderheiten vorhanden sind. sind solche umstände dargelegt, kann der beklagte nicht länger landeseinheitliche durchschnittswerte verwenden, sondern hat daten aus dem einzugsgebiet des krankenhauses bei der anwendung der hill-burton-formel heranzuziehen.“ 96diese grundsätze hat der beklagte bei der ermittlung des bedarfs zur feststellung der bettenanzahl bezüglich der ausweisung der erforderlichen planbetten neurologischer fachabteilungen für den kreis w. beachtet.trendberechnungen aus dem krankenhausplan oder berechnungen aus anderen gutachten stellen immer eine gesamtschau über die situation in nordrhein-westfalen oder für ganz deutschland dar und können damit nicht ohne weiteres 1 : 1 auf eine betroffene region angewendet werden. entscheidend ist der tatsächlich zu versorgende bedarf, der durch die berücksichtigung der auslastungsdaten bewertet wird. nach dem rechnerischen bedarf nach hill-burton errechnen sich – nach den vom beklagten zutreffend herangezogenen zahlen (vgl. insoweit bericht der bezirksregierung y. an das ministerium vom 20.02.2017) ‑ für das einzugsgebiet kreis w. 380 neurologische planbetten. dabei ist der beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass der kreis w. mangels dort ansässiger abteilung für neurologie von den kliniken n2. -i1. n. sowie von dem i2. klinikum l. und dem krankenhaus der b1. l. gmbh mitversorgt wird. zur versorgung standen 326 betten im versorgungsgebiet 4 zur verfügung. nach der hill-burton-formel wären aufgrund des bevölkerungsstandes vom 31.12.2015 insgesamt 347 betten notwendig. gemessen an der tatsächlichen auslastung unter berücksichtigung der jeweiligen krankenhauseigenen verweildauer ergibt sich jedoch bereits ein bedarf von 380 betten bei den zugrunde gelegten planparametern 971.216.942 ew * 0,011 kh * 7,8 vd0,825 bn * 365 tage 98unter ansatz von 1.216.942 einwohnern im versorgungsgebiet x zum 31.12.2015 und heranziehung der auslastungsdaten der im vg x beteiligten krankenhäuser (vgl. schriftsatz des beklagten vom 28.04.2020). bei zugrundelegung der plan-verweildauer nach khp 2015 (vgl. nr. c, 3.5) ergibt sich für die krankenhäuser sogar ein bedarf von 411 betten. diese bedarfsermittlung scheidet aber nach den aufgezeigten bedarfsermittlungsgrundsätzen aus; der beklagte hat die bettenanzahl für das einzugsgebiet zutreffend reduziert. der schlussfolgerung des beklagen, aufgrund des errechneten bedarfs ergebe sich eine ausweisungsnotwendigkeit von 54 neurologische betten (380 errechnete pb abzgl. bestehender 326 pb) ist von rechts wegen nichts entgegenzusetzen. die bedarfsermittlung geht insoweit auf regionale besonderheiten im einzugsgebiet der klinik der klägerin ein. 99entgegen der auffassung der klägerin hat die planungsbehörde auch ihr auswahlermessen in rechtlich nicht zu beanstandender weise wahrgenommen, nachdem die notwendigen voraussetzungen der ersten planungsstufe (v.a. nachweis der leistungsfähigkeit) durchschritten waren und auf der zweiten planungsstufe unter ansatz des festgestellten bedarfs eine entsprechende auswahl aus den krankenhausangeboten – aufgrund der durchgeführten anhörung ‑ zu treffen gewesen war.die begründung der ermessensentscheidung lässt eine entscheidung hinreichend erkennbar werden. die planung hat sich von dem gedanken leiten lassen, dass die ausweisung der weiteren neurologischen planbetten an der qualität der medizinischen konzepte und strukturen der beteiligten krankenhäuser zu orientieren habe. mit dieser zielsetzung hat sich die planbehörde auseinandergesetzt. die vom beklagten herangezogenen auswahlkriterien 100‑ ausstattung mit medizinischem personal; möglichkeiten zur diagnostik; möglichkeit zur durchführung interventioneller / neurologischer eingriffe bzw. gefäßchirurgischer eingriffe ‑ 101dienen diesem ziel und sind nicht zu beanstanden. die planbehörde stellt die leistungsspektren der infrage kommenden krankenhäuser, also des krankenhauses der klägerin sowie der anderen beteiligten krankenhäuser, insbesondere dem konkurrenzkrankenhaus der kliniken n2. i1. n. gegenüber.der beklagte hat berücksichtigt, dass das leistungsspektrum der klägerin die aufgestellten qualitätskriterien im vergleich zu den kliniken n2. i1. n. nicht hinreichend ausweist, die klägerin v. a. interventionelle neuroradiologische eingriffe nicht selbst durchführt, sondern den kooperationspartner universitätsklinikum y. heranziehen muss. die kliniken n2. i1. n. weisen demgegenüber eine eigene erfahren neuroradiologie inklusive der möglichkeit interventioneller eingriffe und gefäßchirurgischer leistungen auf.der beklagte hat des weiteren auch die arzt-patienten-relation betrachtet. für den betrieb einer 40-betten-station hat die klägerin 3 fachärzte und 3 assistenzärzte vorgesehen, die kliniken n2. -i1. versorgten im jahr 2016 aber eine 94-betten-station mit 14 fachärzten und 3 assistenzärzten.der beklagte hat die frage der wohnortnahen versorgung in seine entscheidung einbezogen und die rechtlich haltbare auffassung vertreten, das einzugsgebiet der kliniken n2. -i1. n. und dem haus der klägerin sei nahezu identisch und deshalb sei bei mehreren geeigneten anbietern dem qualitativ höherwertigen angebot der vorzug zu geben. gleiches hat der beklagte auch für die berücksichtigung der trägervielfalt vertreten. 102soweit die klägerin v.a. darauf abstellt, auch ihr krankenhaus verfüge über neuroradiologische kompetenz, da einer der beiden chefärzte des instituts für diagnostische radiologie und neuroradiologie selbst facharzt für neuroradiologie und mit sämtlichen neuroradiologischen behandlungen vertraut sei, wird damit nicht der leistungsstand aufgezeigt, den der beklagte u.a. zum auswahlkriterium gemacht hat, i.e. möglichkeit zur durchführung interventioneller / neurologischer eingriffe bzw. gefäßchirurgischer eingriffe. insoweit braucht dem weiteren einwand, derartige eingriffe seien aber auch nicht in den kliniken n2. -i1. n. „rund um die uhr“ möglich, neurochirurgische interventionen könnten überhaupt nicht erbracht werden, nicht weiter nachgegangen zu werden. denn jedenfalls bestätigt die klägerin ausdrücklich selbst, in ihrem krankenhaus bestünden die möglichkeiten interventioneller neuroradiologischer eingriffe nicht, hingegen im krankenhaus der kliniken n2. -i1. n. zumindest teilweise, wenn auch nicht „rund um die uhr“. diesen strukturellen vorsprung des konkurrenzkrankenhauses hat der beklagte in seine auswahlentscheidung eingestellt.den einwand der klägerin, mit „wohnortnahe versorgung“ gemäß § 1 abs. 1 und § 12 abs. 2 khgg nrw sei vorrangig eine versorgung im selben kreisgebiet gemeint und nicht in nachbarkreise, hat der beklagte berücksichtigt und zutreffend darauf hingewiesen, dass das einzugsgebiet der kliniken n2. -i1. n. und des hauses der klägerin nahezu identisch ist, mithin auch wohnortnähe berücksichtigt. die bestimmungen des § 1 abs. 1 und des § 12 abs. 2 khgg nrw sehen keine zwingende festlegung auf kreisebene fest. im gegenteil ist – wie oben ausgeführt ‑ auf regionale besonderheiten im einzugsgebiet des krankenhauses einzugehen. 103vg düsseldorf, urteil vom 23.05.2014 – 13 k 2618/13 ‑, juris, 104das schließt eine definition von „wohnortnähe“ im sinne einer örtlichen festlegung auf kreis- oder städtegrenzen aus.die kritik der klägerin, um einen bestehenden bedarf zu decken, sei allein die erhöhung der kapazitäten eines ohnehin schon großen krankenhauses wie der kliniken n2. -i1. in n. nicht immer die beste möglichkeit, ansonsten gäbe es in mittlerer perspektive nur noch große krankenhäuser mit vielen fachabteilungen und kleine grundversorgungshäuser, mag der beklagte im rahmen der anhörung der klägerin wahrgenommen haben. insoweit handelt es sich aber um krankenhauspolitische überlegungen, 105vgl. auch gutachten, krankenhauslandschaft nordrhein-westfalen, august 2019, https://www.mags.nrw/pressemitteilung/gutachten-empfiehlt-grundlegende-reform-der-krankenhausplanung-nordrhein-westfalen, 106die aus rechtsgründen in vorliegendem verfahren nicht angreifbar sind. 107durch die insoweit vorgetragenen argumente im rahmen der ermessenserwägungen ist erkennbar, dass der beklagte die verteilung der erforderlichen planbetten zur abdeckung des festgestellten bedarfs auf die leistungsstärksten krankenhäuser begrenzen wollte und dort den schwerpunkt setzen wollte und weiterhin will. 1083.kosten: § 154 abs. 1 vwgo. 109vorläufige vollstreckbarkeit: § 167 abs. 2 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 110rechtsmittelbelehrung: 111gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 112der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 113innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 114die berufung ist nur zuzulassen, 1151. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 1162. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 1173. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 1184. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 1195. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 120die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 121über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 122im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 123die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 124beschluss: 125der streitwert wird auf 50.000 eur festgesetzt. 126gründe: 127die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1 gkg unter orientierung an nr. 23.1 des streitwertkatalogs für die verwaltungsgerichtsbarkeit i. d. f. der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen änderungen erfolgt. 128rechtsmittelbelehrung: 129gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 130die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 131die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 132die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 133die beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 134war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
Verklagte*r
0
167,661
23 K 7622/14
2015-02-18T00:00:00
Gerichtsbescheid
Tenor Der Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2013 in der Gestalt deren Widerspruchsbescheids vom 22. Oktober 2014 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund dieser Entscheidung vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die 1953 geborene Klägerin stand bis zu ihrer vorgezogenen Zurruhesetzung im gehobenen bautechnischen Verwaltungsdienst der Beklagten (zuletzt als Stadtbauoberamtsrätin, Besoldungsgruppe A 13 gD Bundesbesoldungsordnung – BBesO). 3Sie studierte auf der Fachhochschule E. Architektur und schloss dies am 4. Juli 1980 als Dipl. Ing. grad. ab. In der Zeit vom 8. Juli 1980 bis zum 31. Oktober 1980 war sie als Angestellte im Hochbauamt der Stadt N. als „Aushilfsangestellte zur zeitweiligen Aushilfe“ beschäftigt und wurde nach der Vergütungsgruppe IV b BAT bezahlt. 4Seit dem 1. November 1980 war sie als Angestellte bei der Beklagten beschäftigt und als Sachbearbeiterin im Bauamt eingesetzt. Auf ihre Bewerbung vom Januar 1982 wurde sie am 1. Mai 1982 als Beamtin auf Widerruf unter Ernennung zur Stadtbauinspektoranwärterin in den wegen ihres Studiums auf ein Jahr verkürzten Vorbereitungsdienst für den gehobenen bautechnischen Dienst eingestellt. Ihre zuvor als Angestellte bekleidete und mit Besoldungsgruppe A 11 bewertete Stelle hielt die Beklagte ihr für die Dauer der Ausbildung frei. Nach bestandener Ausbildung ernannte die Beklagte die Klägerin zum 1. Mai 1983 als Beamtin auf Probe zur Stadtbauinspektorin z. A. 5Wenige Tage später reichte die Klägerin beim Personalamt der Beklagten Unterlagen zu ihren Vordienstzeiten usw. ein und stellte einen formularmäßigen Antrag auf Anerkennung von Vordienstzeiten. Mit Bescheid vom 27. Juli 1983 erkannte die Beklagte Zeiten als ruhegehaltfähig an: 6 § 10 BeamtVG: 08.07. – 31.10.1980 Angestellte Stadt N. 01.11.1980 – 30.04.1982 Angestellte Stadt E. 7 § 12 BeamtVG: 15.03.1974 – 04.07.1980 Studium einschließlich Prüfungszeit (anzurechnen: 4 ½ Jahre) 8Nachdem die Klägerin zum 1. Mai 1984 auf Lebenszeit ernannt worden war, stellte sie am 25. Juni 1984 bei der früheren Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) einen Antrag auf Beitragserstattung hinsichtlich ihrer bisherigen Beschäftigungszeiten. Mit Bescheid vom 27. Juli 1984 erstattete die BfA ihr gemäß § 82 Abs. 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) die von ihr in den Angestelltenzeiten bei der Stadt N. und der Beklagten geleisteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von DM 6295,50. 9Mit Ablauf des 30. Juni 2013 versetzte die Beklagte die zu diesem Zeitpunkt 60-jährige Klägerin auf deren Antrag bei festgestellter Schwerbehinderung in den vorgezogenen Ruhestand. 10Das Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW (LBV) setzte mit Bescheid vom 7. Juni 2013 das Ruhegehalt der Klägerin aus der Besoldungsgruppe A 13 nach einem Ruhegehaltssatz von 61,34 % bei Abzug eines Versorgungsabschlages wegen vorzeitiger Zurruhesetzung auf brutto 2544,35 EUR fest. Dabei berücksichtigte es die Dienstzeit als Beamtin ab dem Beginn des Vorbereitungsdienstes im Mai 1982 sowie die Studienzeit der Klägerin; Zeiten im Angestelltenverhältnis blieben unberücksichtigt. 11Mit ihrem Widerspruch vom 23. Juni 2013 wandte die Klägerin sich gegen diesen Bescheid und begehrte, die Dienstzeiten vom 1. November 1980 bis 30. April 1982 anzurechnen, da sie die gleichen Tätigkeiten im gleichen Amt ausgeübt habe. Dem Widerspruch fügte sie eine Kopie des Bescheids der BfA vom 27. Juli 1984 bei und nahm hierauf Bezug. 12Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2013 zurück und begründete dies in Bezug auf die Zeit als Angestellte bei der Beklagten vom November 1980 bis April 1982 als Angestellte im Bauaufsichtsamt damit, dass für die Beamtenernennung nach einem Vorbereitungsdienst dessen erfolgreicher Abschluss Voraussetzung sei und dass davor liegende Zeiten mit den zuvor erworbenen Fähigkeiten und Kenntnissen demgegenüber regelmäßig zurücktreten würden. 13Die Klägerin hat hiergegen am 23. August 2013 die Klage 23 K 6809/13 mit dem Begehren erhoben, die Zeiten als Angestellte bei der Stadt N. sowie bei der Beklagten in der Zeit vor dem Vorbereitungsdienst als ruhegehaltfähige Dienstzeiten anzuerkennen und dies neben § 10 BeamtVG auch auf einen Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 1987 gestützt. 14Daraufhin nahm die Beklagte mit Bescheid vom 13. Dezember 2013 ihren Bescheid vom „27.09.1983“gemäß § 48 Abs. 1 VwVfG NRW zurück, weil die dort erfolgte Anerkennung der Vordienstzeiten als Angestellte der Stadt N. und der Beklagten rechtswidrig gewesen sei und ein Vertrauensschutz zu Gunsten der Klägerin nicht eingreife. 15Nachdem die Klägerin sich im hiergegen gerichteten Widerspruchsverfahren wieder im Wesentlichen darauf berufen hatte, sie habe auf den Bestand des Bescheides über die Anerkennung von Vordienstzeiten vom 27. Juli 1983 vertraut und aufgrund dessen den Antrag auf Beitragserstattung nach § 32 Angestelltenversicherungsgesetz gestellt, wies die Beklagte ihren Widerspruch vom 19. Dezember 2013 mit Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2014 zurück und blieb bei der Auffassung, dass ein Vertrauensschutz der Klägerin nicht entgegenstehe. 16Die Klägerin hat hiergegen am 18. November 2014 diese Klage gegen die Rücknahme der Anerkennung von Vordienstzeiten im Bescheid vom 13. Dezember 2013 erhoben und vertieft ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Im Wesentlichen beruft sie sich darauf, dass die Anerkennung ihrer Zeiten als Angestellte bei der Stadt N. und der Beklagten schon nicht rechtswidrig gewesen sei, sowie auf Vertrauensschutz. 17Sie beantragt schriftsätzlich, 18den Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2014 aufzuheben. 19Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 20die Klage abzuweisen. 21Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor, dass die Anerkennung der Angestelltenzeiten rechtswidrig gewesen sei, weil allein der Vorbereitungsdienst Grundlage für die Ernennung zur Beamtin auf Probe gewesen sei, sowie auf das Fehlen einer im Vertrauen auf den Bestand des zurückgenommenen Bescheides erfolgten Vermögensdisposition. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der Anerkennung der Vordienstzeiten im Angestelltenverhältnis und dem Antrag auf Beitragserstattung bei der BfA sei nicht erkennbar. Die im Übrigen erforderliche Abwägung zwischen dem Vertrauen der Klägerin auf den Bestand des Anerkennungsbescheides und dem Interesse der Beklagten an der Herstellung rechtmäßiger Zustände gehe zulasten der Klägerin aus; zudem sei die Rücknahmefrist von einem Jahr gemäß § 48 Abs. 4 VwVfG NRW gewahrt. 22Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie des Klageverfahrens 23 K 6809/13 sowie die beigezogenen Personalakten der Beklagten und der Stadt N. betreffend die Klägerin Bezug genommen. 23Entscheidungsgründe: 24Der Einzelrichter ist für die Entscheidung zuständig, nachdem der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 3. Dezember 2014 gemäß § 6 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden ist. 25Das Gericht entscheidet nach Anhörung durch Gerichtsbescheid gemäß § 84 Abs. 1 VwGO, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. 26Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet. Der angegriffene Rücknahmebescheid vom 13. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin deshalb in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 27Ermächtigungsgrundlage für die in den angegriffenen Bescheiden erfolgte Rücknahme des Bescheides über die Anerkennung von Vordienstzeiten vom 27. Juli 1983 ist § 48 des Verwaltungsverfahrensgesetzes NRW (VwVfG NRW). Es kann auch im Wege der Auslegung davon ausgegangen werden, dass die Beklagte genau diesen Bescheid zurücknehmen wollte, auch wenn im Bescheid vom 13. Dezember 2013 ein Bescheid vom „27.09.1983“zurückgenommen wird. Dabei handelt es sich um eine erkennbare versehentliche Falschbezeichnung. Auch für die Klägerin war offensichtlich, worauf sich dies bezog, wie sich der Klageschrift vom 17. November 2014 entnehmen lässt. 28Die Beklagte durfte den Bescheid über die Anerkennung von Vordienstzeiten vom 27. Juli 1983 auch nicht unabhängig von § 48 VwVfG NRW zurücknehmen oder sonstwie aufheben oder ändern. Denn die in diesem Bescheid angelegten Vorbehalte sind nicht eingetreten. Weder liegt eine für die Anerkennung der Vordienstzeiten relevante Änderung der Rechtslage im Beamtenversorgungsgesetz vor, noch bezieht die Klägerin aufgrund dieser Vordienstzeiten eine vom in dem Bescheid geregelten Vorbehalt erfasste Rente. 29Nach der in § 48 Abs. 1 VwVfG NRW enthaltenen Grundregel kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (S. 1). Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt (begünstigender Verwaltungsakt), darf nach S. 2 nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 zurückgenommen werden.Nach Abs. 2 darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (S. 1). Das Vertrauen ist gemäß S. 2 in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. S. 3 regelt den Ausschluss des Vertrauensschutzes.Gemäß Abs. 4 ist die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes innerhalb eines Jahres ab dem Zeitpunkt zulässig, zu dem die Behörde von den die Rücknahme ermöglichenden Tatsachen Kenntnis erhält. 30Nach dieser Regelung durfte die Beklagte ihren Bescheid über die Anerkennung von Vordienstzeiten vom 27. Juli 1983 nicht zurücknehmen. 31Mit diesem Bescheid hat die Beklagte die Zeit des Studiums der Klägerin vom 15. März 1974 bis 4. Juli 1980 im Umfang von 4 ½ Jahren, die Zeit als Angestellte der Stadt N. vom 8. Juli bis 31. Oktober 1980 sowie die Zeit als Angestellte der Beklagten vom 1. November 1980 bis 30. April 1982 als ruhegehaltfähig anerkannt. Dieser Bescheid ist ein begünstigender Verwaltungsakt im Sinne von § 48 Abs. 1 S. 2 VwVfG NRW, der nur unter den Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 VwVfG NRW zurückgenommen werden durfte, weil dieser Grundlage der späteren Festsetzung und Gewährung von Versorgungsbezügen – also laufenden Geldleistungen – ist. Die dort als ruhegehaltfähig anerkannte Zeit muss bei der Festsetzung des Ruhegehalts als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden und wirkt sich das Ruhegehalt erhöhend aus. 32In Bezug auf die Anerkennung der Zeit des Studiums gemäß § 12 BeamtVG fehlt es bereits daran, dass die Anerkennung dieser Zeit im Bescheid vom 27. Juli 1983 rechtswidrig ist. Denn das Studium fällt unter § 12 Abs. 1 BeamtVG und ist als Ausbildungszeit als ruhegehaltfähig anzuerkennen. Hieran hat auch die Beklagte keine Zweifel. Sie hat diese Zeit bei der Festsetzung des Ruhegehalts der Klägerin berücksichtigt und hat gegen die Rechtmäßigkeit der Anerkennung der Studienzeit auch in ihrer jüngsten Stellungnahme vom 15. Januar 2015 nichts Gegenteiliges vorgebracht. War mithin die Anerkennung der Studienzeit als ruhegehaltfähig rechtmäßig, durfte der Bescheid vom 27. Juli 1983 insofern schon deshalb nicht zurückgenommen werden. 33Der Bescheid über die Rücknahme der Anerkennung der Vordienstzeiten durch den Bescheid vom 27. Juli 1983 ist jedoch auch im Übrigen rechtswidrig. 34Dabei kann die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 27. Juli 1983 in Bezug auf die Anerkennung der Angestelltenzeit bei der Stadt N. und bei der Beklagten dahinstehen. Zwar ist hinsichtlich der Dienstzeit bei der Stadt N. vom 8. Juli bis 31. Oktober 1980 schon nichts dafür erkennbar, dass diese Dienstzeit im Sinne von § 10 BeamtVG zur Ernennung der Klägerin durch die Beklagte zur Beamtin auf Probe am 31. Mai 1983 geführt haben könnte. In Bezug auf die Zeit als Angestellte bei der Beklagten vom 1. November 1980 bis 30. April 1982 ist die Situation schon deutlich schwieriger: Zum einen sind Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Klägerin bei der Beklagten in der Zeit als Angestellte ausgesprochen gute Arbeit gemacht hat und ihr Eintritt in den Vorbereitungsdienst bei der Beklagten dort sehr befürwortet worden ist. Zugleich trägt die Beklagte auch die Beweislast dafür, dass der Bescheid über die Anerkennung dieser Vordienstzeit rechtswidrig war. Andererseits beruht eine Ernennung nach erfolgreichem Abschluss eines Vorbereitungsdienstes, worauf die Beklagte richtig hingewiesen hat, regelmäßig allein auf dem Vorbereitungsdienst und nicht auf irgendwelchen davor liegenden Umständen, die eventuell für den Vorbereitungsdienst und die Einstellung in demselben hilfreich waren. Auf diese Umstände hat der Einzelrichter in der Verfügung vom 18. Dezember 2014 eingehend hingewiesen. Letztlich kommt es jedoch darauf nicht an, weil die Berücksichtigung des Vertrauensschutzes der Klägerin gemäß § 48 Abs. 2 S. 2 VwVfG NRW zur Rechtswidrigkeit der Rücknahme führt. 35Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass die Klägerin auf den Bestand der Anerkennung der Vordienstzeiten als Angestellte bei der Stadt N. und der Beklagten im Sinne von § 48 Abs. 2 S. 1 VwVfG NRW vertraut hat. Zudem hat sie dieses Vertrauen durch die durchgeführte Erstattung ihrer Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung aus diesen Zeiten in unumkehrbarer Weise im Sinne von S. 2 der Vorschrift betätigt. Damit ist ihr Vertrauen – da auch Gründe im Sinne von S. 3 nicht vorliegen – zu schützen und eine Rücknahme ausgeschlossen. 36Sowohl das Vertrauen der Klägerin in den Bestand des Bescheides über die Anerkennung von Vordienstzeiten vom 27. Juli 1983 als auch die hieraus folgende und darauf beruhende Vermögensdisposition entnimmt der Einzelrichter dem Ablauf der von der Klägerin vorgebrachten Ereignisse, der sich auch den Personalakten entnehmen lässt. Die entscheidungserhebliche Vermögensdisposition ist insofern die durchgeführte Erstattung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung aus den Zeiten als Angestellte. 37Das Gericht hat zunächst keinen Anhaltspunkt für Zweifel daran, dass die Klägerin tatsächlich auf den Bescheid über die Anerkennung von Vordienstzeiten und dessen Fortbestand vertraut hat. Die in dem Bescheid enthaltenen Vorbehalte betreffen nur – wie im Beamtenversorgungsgesetz in § 49 Abs. 2 S. 2 vorgesehen – eine mögliche Änderung der Rechtslage sowie den Erhalt anderer Versorgung aufgrund nach dem Beamtenversorgungsgesetz anerkannter Vordienstzeiten (sog. „Rentenvorbehalt“). Diese Vorbehalte machen Bescheide über die Anerkennung von Vordienstzeiten jedoch nicht bedeutungs- und belanglos. Änderungen der Rechtslage in Bezug auf die Ruhegehaltfähigkeit von Dienstzeiten sind nicht an der Tagesordnung und zwar grundsätzlich nicht ausgeschlossen, für die meisten Beamten jedoch eher nicht zu erwarten. Ansonsten wäre das Verfahren über die Vorab-Anerkennung von Vordienstzeiten auch sinnlos. Auf eine solche Anerkennung soll und darf man sich verlassen, was auch die Regelung in § 49 Abs. 2 S. 2 BeamtVG verdeutlicht. Die Klägerin hat im Zusammenhang mit der Begründung ihres Beamtenverhältnisses bei der Beklagten überhaupt keine Signale erhalten, die hätten infrage stellen können, dass die Zeiten als Angestellte der Stadt N. sowie der Beklagten als ruhegehaltfähig anerkannt werden. Im Gegenteil: Die Zeit bei der Stadt N. wurde schon während der Angestellten-Dienstzeit der Klägerin bei der Beklagten gemäß §§ 19 und 20 Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT) vollständig als Dienstzeit anerkannt (Beiakte 2, Bl. 39). Auch bei der Festsetzung des Jubiläumsdienstalters und des Besoldungsdienstalters der Klägerin berücksichtigte die Beklagte unter dem 4. Juli 1983 die hier streitigen Zeiten im Angestelltenverhältnis vollständig (Beiakte 2, Bl. 91). Auch die Verkürzung ihrer Probezeit, die ihr von der Beklagten mit Schreiben vom 2. Mai 1983 mitgeteilt wurde, erfolgte u.a. mit Blick auf ihre Vordienstzeiten im Angestelltenverhältnis (Beiakte 2, Bl. 99 f.). Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist das Berufen der Klägerin auf Vertrauen in den Bestand des Bescheides über die Anerkennung von Vordienstzeiten nachvollziehbar, da keine Hinweise in die entgegengesetzte Richtung vorliegen. 38Mit der durchgeführten Erstattung der Beiträge der Klägerin zur gesetzlichen Rentenversicherung aus der Zeit als Angestellte der Stadt N. und der Beklagten liegt eine unumkehrbare Vermögensdisposition vor. Sie hat unter dem 25. Juni 1984 einen Antrag auf Erstattung ihrer Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bei der damaligen BfA gestellt. Die BfA hat darüber mit Bescheid vom 27. Juli 1984 entschieden und ihr gemäß § 82 Abs. 1 AVG die Hälfte der Pflichtbeiträge und freiwilligen Grundbeiträge zur Rentenversicherung der Angestellten für die Zeit von Juli 1980 bis April 1982 im Umfang von DM 6295,50 erstattet. Die Zeiten und Beträge sind im Einzelnen der Anlage zu dem Bescheid zu entnehmen (Beiakte 1, Bl. 24 f.). Mit einer solchen Beitragserstattung, von der viele Gebrauch machen, erhält der Betroffene gewissermaßen „seine“ Beiträge erstattet, diejenigen des Arbeitgebers „verfallen“ hingegen. Dies ist eine Vermögensdisposition, weil dadurch Anwartschaften zur gesetzlichen Rentenversicherung aus den entsprechenden Beschäftigungszeiten aufgegeben werden. Sie ist auch unumkehrbar, weil das Verfahren der Beitragserstattung nach Durchführung nicht rückabgewickelt werden kann, wie sich schon dem Bescheid der BfA vom 27. Juli 1984 auf der Rückseite entnehmen lässt: „Eine Rücknahme des Erstattungsantrages nach vollzogener Erstattung ist nicht mehr möglich.“ 39Es steht auch zur Überzeugung des Einzelrichters mit hinreichender Sicherheit fest, dass ein Vertrauenszusammenhang zwischen dem Vertrauen der Klägerin auf die Anerkennung der Vordienstzeiten durch die Beklagte mit Bescheid vom 27. Juli 1983 und ihrem Antrag auf Beitragserstattung vom 25. Juni 1984 bestand. Auf diesen hat die Klägerin schon sinngemäß mit ihrem Widerspruch gegen die Festsetzung des Ruhegehaltes vom 23. Juni 2013 hingewiesen, bevor sie anwaltliche Beratung erhalten hatte, in dem sie den Bescheid der BfA vom 27. Juli 1984 beifügte. Später hat sie sich dann auch dezidiert auf diesen Vertrauenszusammenhang berufen. Der Einzelrichter glaubt ihr dies unter anderem deshalb, weil sie von Anfang an, vor allem soweit ersichtlich ohne anwaltliche Beratung, hierauf hingewiesen hat. Auch ansonsten ist das Vorbringen glaubhaft und nachvollziehbar. 40Der Zusammenhang zwischen Vertrauen und Vermögensdisposition ist auch nicht deshalb ausgeschlossen bzw. rechtlich unbeachtlich, weil es keine wirkliche Disposition war, weil die Klägerin keine alternative Verhaltensweise gehabt hätte. In dieser Richtung argumentiert die Beklagte sinngemäß, wenn sie darauf hinweist, dass es sich um die einzig sinnvolle Verhaltensweise gehandelt hätte. Es mag sein, dass viele sich in dieser Weise verhalten, die zu Beamten auf Lebenszeit ernannt werden. Es mag auch sein, dass dies sinnvoll bzw. sehr sinnvoll ist bzw. war. Der Vertrauensschutz nach § 48 Abs. 2 S. 2 VwVfG NRW setzt bei der durch das Vertrauen in den Bestand des begünstigenden Verwaltungsaktes ausgelösten Verhaltensweise aber nicht voraus, dass die Vermögensdisposition ganz außergewöhnlich oder auffällig oder gar sinnlos ist. Gerade der sinnvoll Handelnde, der berechtigt und nachvollziehbar sein Vertrauen ausübt, verdient den Schutz des Gesetzes. Allein die tatsächlich alternativlose Verhaltensweise mag aus dem Anwendungsbereich des Vertrauensschutzes herausfallen, weil der Ursachenzusammenhang zwischen Vertrauen und Disposition dann nicht mehr nachvollziehbar ist und das an den Tag gelegte Verhalten nicht mehr als Folge des Vertrauens angesehen werden kann, da der Betroffene „gar nicht anders kann“. Hier hatte die Klägerin jedoch andere Möglichkeiten, die sie bewusst nicht gewählt hat: Sie hätte auf den Antrag auf Beitragserstattung bei der BfA verzichten können. Dies hätte die aus den Beschäftigungszeiten als Angestellte bei der Stadt N. und der Beklagten folgenden Rentenanwartschaften bestehen lassen. Zwar hätte sie allein auf dieser Grundlage keinen Rentenanspruch erwerben können, weil die so genannte Wartezeit von 60 Pflichtbeitrags-Monaten gemäß § 51 Abs. 1 SGB VI nicht erfüllt war. Dabei fallen Studienzeiten nicht unter die in § 51 Abs. 4 SGB VI i.V.m. dem 5. Kapitel des SGB VI genannten Ersatzzeiten. Hatte die Klägerin mithin aufgrund ihrer Angestellten-Zeiten nur knapp 22 Monate Pflichtbeiträge geleistet, fehlten noch gut 38 Monate Pflichtbeiträge. Diese kann sie gemäß § 7 SGB VI freiwillig erbringen und so die Voraussetzungen eines Rentenanspruchs aus der gesetzlichen Rentenversicherung herbeiführen; dies ist dann gewissermaßen (teilweise) private Altersvorsorge. Auf diese Weise werden die in der Zeit als Angestellte erbrachten Beiträge genutzt und hierbei entfalten auch die vom Arbeitgeber gezahlten Renten-Beiträge Wirkung. Diese „verfallen“ in der von der Klägerin gewählten Variante, weil sie nicht erstattet werden können. Es ist eine Entscheidung aufgrund von ökonomischen Erwägungen und persönlichen Prioritäten, ob man den Weg der Beitragserstattung wie die Klägerin wählt oder durch Leistung weiterer freiwilliger Beiträge die Mindest-Wartezeit durch freiwillige Beiträge erfüllt. Ob nach der damaligen Rechtslage dies für die Beamtin auf Lebenszeit, die Klägerin, möglich war, schließt Vertrauensschutz nicht aus. Denn der Ablauf des Falles der Klägerin verdeutlicht, dass nichts so bleiben muss, wie es ist. Mittlerweile kann auch die Beamtin freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung erbringen. Zudem sind vielfältige Veränderungen am Versorgungsrecht der Beamten erfolgt. Die Möglichkeit dieser und anderer Veränderungen der rechtlichen Gegebenheiten sowie der tatsächlichen Lebensverhältnisse bestand auch schon damals. Insofern ist es auch eine Alternative, die Pflichtbeiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung zu belassen mit der Möglichkeit, eventuell später freiwillige Beiträge die Anspruchsvoraussetzungen herbeizuführen. Zudem hätte dies auch für den Fall Sinn gehabt, dass die Klägerin – aus welchen Gründen auch immer – aus dem Beamtenverhältnis doch noch ausscheidet. Dann wäre eine Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgt und die Klägerin hätte gegebenenfalls wieder in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen können oder müssen. 41Ebenso wenig folgt aus dem Umstand, dass die Klägerin aus Sicht des Zeitpunktes, zu dem sie die Beitragserstattung bei der BfA durchführte, erwarten konnte, zum Zeitpunkt des Eintritts in den Altersruhestand einen Pensionsanspruch in Höhe des Höchst-Ruhegehalts zu haben. Denn zum einen setzt dies den unveränderten Fortbestand des zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechts der Beamtenversorgung voraus, zum anderen gilt dies nur dann in der von der Beklagten geltend gemachten Weise, wenn die Klägerin in Vollzeittätigkeit beschäftigt ist und ihre Dienstfähigkeit bis zum Erreichen des Höchstruhegehaltssatzes behält. Dies sind drei unsichere Faktoren, deren Veränderung auch aus damaliger Sicht nicht ausgeschlossen war. Viele Beamtinnen üben aus familiären Gründen nur Teilzeittätigkeit aus. Ebenfalls nicht wenige sind in ihrer Dienstfähigkeit – wie die Klägerin - ab irgendeinem Zeitpunkt eingeschränkt oder werden vollständig dienstunfähig. 42Auch der tatsächliche Ablauf spricht nicht dagegen, dass die Klägerin tatsächlich auf den Bestand der Anerkennung der Vordienstzeiten durch den Bescheid vom 27. Juli 1983 vertraute. Richtig ist, dass ihr Erstattungsantrag vom 25. Juni 1984 erfolgte, nachdem sie am 1. Mai 1984 auf Lebenszeit ernannt worden war und seit dem Anerkennungsbescheid vom 27. Juli 1983 immerhin etwa elf Monate verstrichen waren. Letztlich sind zum einen diese elf Monate kein besonders langer Zeitraum und zum anderen ist nachvollziehbar, dass die Klägerin mit dem Antrag auf Beitragserstattung wartete, bis die Vordienstzeiten von der Beklagten anerkannt waren und sie auf Lebenszeit ernannt war. Die Vermögensdisposition hatte ihre Vertrauensgrundlage damit in beiden Umständen. Dies steht nicht entgegen, weil beide Ursachen wesentlich waren und beide wesentlichen Ursachen als kausal angesehen werden können, die gerade in ihrem Zusammenspiel zur Vermögensdisposition der Klägerin führten. 43Gründe für einen Ausschluss von Vertrauensschutz nach § 48 Abs. 2 S. 3 VwVfG NRW sind nicht gegeben. Neben den offensichtlich nicht vorliegenden Fällen der Nr. 1 und Nr. 2 sind auch die Voraussetzungen der Nr. 3 nicht erfüllt: Dies hat auch die Beklagte nicht einmal geltend gemacht. Es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin wusste, dass die Zeiten als Angestellte bei der Stadt N. und der Beklagten nicht als ruhegehaltfähige Vordienstzeiten anerkannt werden konnten. Da dies in Bezug auf die Zeit bei der Beklagten auch aus Sicht des Einzelrichters nicht offensichtlich ist, kann ihre Kenntnis auch nicht unterstellt werden. Die damit anzunehmende Unkenntnis über die (teilweise auch fragliche) Rechtswidrigkeit der Anerkennung der Vordienstzeiten im Bescheid der Beklagten vom 27. Juli 1983 ist auch nicht als grob fahrlässig einzustufen. Die Fragen der Anerkennung von Vordienstzeiten gemäß §§ 9 bis 12 BeamtVG sind beamtenrechtliches Sonderwissen, welches lediglich bei spezialisierten Sachbearbeitern in diesem Fachgebiet oder anderen Spezialisten vorhanden ist bzw. vorausgesetzt werden kann. Eine (damals) Bauinspektorin im bautechnischen Dienst weiß solches regelmäßig nicht und muss es auch nicht wissen. Mithin ist kein Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu erheben. 44Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 45Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 46Beschluss: 47Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt. 48Gründe: 49Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1, 2 GKG erfolgt. Das Gericht legt unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache den halben Auffang-Streitwert fest, da in der Parallel-Klage 23 K 6809/13 der konkrete wirtschaftliche (Jahres-) Wert festgesetzt wird, der aus den anerkannten Vordienstzeiten in Bezug auf das Ruhegehalt der Klägerin folgt. Dieser Wert ist zwar auch die Folge aus dem Anerkennungsbescheid vom 27. Juli 1983, um dessen Aufhebung es hier geht. Diesen auch hier festzusetzen, würde jedoch eine faktische Verdoppelung des Streitwerts bedeuten, was der Bedeutung der Sache nicht angemessen wäre. Jedoch muss auch diesem Klageverfahren ein Wert zugewiesen werden. Würde man den Auffang-Streitwert festsetzen, so wäre dieser höher als der konkret berechnete Streitwert, welcher aus den Vordienstzeiten folgt. Der halbe Auffangstreitwert scheint somit angemessen.
der bescheid der beklagten vom 13. dezember 2013 in der gestalt deren widerspruchsbescheids vom 22. oktober 2014 wird aufgehoben. die beklagte trägt die kosten des verfahrens. die entscheidung ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des aufgrund dieser entscheidung vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die 1953 geborene klägerin stand bis zu ihrer vorgezogenen zurruhesetzung im gehobenen bautechnischen verwaltungsdienst der beklagten (zuletzt als stadtbauoberamtsrätin, besoldungsgruppe a 13 gd bundesbesoldungsordnung – bbeso). 3sie studierte auf der fachhochschule e. architektur und schloss dies am 4. juli 1980 als dipl. ing. grad. ab. in der zeit vom 8. juli 1980 bis zum 31. oktober 1980 war sie als angestellte im hochbauamt der stadt n. als „aushilfsangestellte zur zeitweiligen aushilfe“ beschäftigt und wurde nach der vergütungsgruppe iv b bat bezahlt. 4seit dem 1. november 1980 war sie als angestellte bei der beklagten beschäftigt und als sachbearbeiterin im bauamt eingesetzt. auf ihre bewerbung vom januar 1982 wurde sie am 1. mai 1982 als beamtin auf widerruf unter ernennung zur stadtbauinspektoranwärterin in den wegen ihres studiums auf ein jahr verkürzten vorbereitungsdienst für den gehobenen bautechnischen dienst eingestellt. ihre zuvor als angestellte bekleidete und mit besoldungsgruppe a 11 bewertete stelle hielt die beklagte ihr für die dauer der ausbildung frei. nach bestandener ausbildung ernannte die beklagte die klägerin zum 1. mai 1983 als beamtin auf probe zur stadtbauinspektorin z. a. 5wenige tage später reichte die klägerin beim personalamt der beklagten unterlagen zu ihren vordienstzeiten usw. ein und stellte einen formularmäßigen antrag auf anerkennung von vordienstzeiten. mit bescheid vom 27. juli 1983 erkannte die beklagte zeiten als ruhegehaltfähig an: 6 § 10 beamtvg: 08.07. – 31.10.1980 angestellte stadt n. 01.11.1980 – 30.04.1982 angestellte stadt e. 7 § 12 beamtvg: 15.03.1974 – 04.07.1980 studium einschließlich prüfungszeit (anzurechnen: 4 ½ jahre) 8nachdem die klägerin zum 1. mai 1984 auf lebenszeit ernannt worden war, stellte sie am 25. juni 1984 bei der früheren bundesversicherungsanstalt für angestellte (bfa) einen antrag auf beitragserstattung hinsichtlich ihrer bisherigen beschäftigungszeiten. mit bescheid vom 27. juli 1984 erstattete die bfa ihr gemäß § 82 abs. 1 angestelltenversicherungsgesetz (avg) die von ihr in den angestelltenzeiten bei der stadt n. und der beklagten geleisteten beiträge zur gesetzlichen rentenversicherung in höhe von dm 6295,50. 9mit ablauf des 30. juni 2013 versetzte die beklagte die zu diesem zeitpunkt 60-jährige klägerin auf deren antrag bei festgestellter schwerbehinderung in den vorgezogenen ruhestand. 10das landesamt für besoldung und versorgung nrw (lbv) setzte mit bescheid vom 7. juni 2013 das ruhegehalt der klägerin aus der besoldungsgruppe a 13 nach einem ruhegehaltssatz von 61,34 % bei abzug eines versorgungsabschlages wegen vorzeitiger zurruhesetzung auf brutto 2544,35 eur fest. dabei berücksichtigte es die dienstzeit als beamtin ab dem beginn des vorbereitungsdienstes im mai 1982 sowie die studienzeit der klägerin; zeiten im angestelltenverhältnis blieben unberücksichtigt. 11mit ihrem widerspruch vom 23. juni 2013 wandte die klägerin sich gegen diesen bescheid und begehrte, die dienstzeiten vom 1. november 1980 bis 30. april 1982 anzurechnen, da sie die gleichen tätigkeiten im gleichen amt ausgeübt habe. dem widerspruch fügte sie eine kopie des bescheids der bfa vom 27. juli 1984 bei und nahm hierauf bezug. 12die beklagte wies den widerspruch mit widerspruchsbescheid vom 24. juli 2013 zurück und begründete dies in bezug auf die zeit als angestellte bei der beklagten vom november 1980 bis april 1982 als angestellte im bauaufsichtsamt damit, dass für die beamtenernennung nach einem vorbereitungsdienst dessen erfolgreicher abschluss voraussetzung sei und dass davor liegende zeiten mit den zuvor erworbenen fähigkeiten und kenntnissen demgegenüber regelmäßig zurücktreten würden. 13die klägerin hat hiergegen am 23. august 2013 die klage 23 k 6809/13 mit dem begehren erhoben, die zeiten als angestellte bei der stadt n. sowie bei der beklagten in der zeit vor dem vorbereitungsdienst als ruhegehaltfähige dienstzeiten anzuerkennen und dies neben § 10 beamtvg auch auf einen bescheid der beklagten vom 14. juli 1987 gestützt. 14daraufhin nahm die beklagte mit bescheid vom 13. dezember 2013 ihren bescheid vom „27.09.1983“gemäß § 48 abs. 1 vwvfg nrw zurück, weil die dort erfolgte anerkennung der vordienstzeiten als angestellte der stadt n. und der beklagten rechtswidrig gewesen sei und ein vertrauensschutz zu gunsten der klägerin nicht eingreife. 15nachdem die klägerin sich im hiergegen gerichteten widerspruchsverfahren wieder im wesentlichen darauf berufen hatte, sie habe auf den bestand des bescheides über die anerkennung von vordienstzeiten vom 27. juli 1983 vertraut und aufgrund dessen den antrag auf beitragserstattung nach § 32 angestelltenversicherungsgesetz gestellt, wies die beklagte ihren widerspruch vom 19. dezember 2013 mit widerspruchsbescheid vom 22. oktober 2014 zurück und blieb bei der auffassung, dass ein vertrauensschutz der klägerin nicht entgegenstehe. 16die klägerin hat hiergegen am 18. november 2014 diese klage gegen die rücknahme der anerkennung von vordienstzeiten im bescheid vom 13. dezember 2013 erhoben und vertieft ihr vorbringen aus dem widerspruchsverfahren. im wesentlichen beruft sie sich darauf, dass die anerkennung ihrer zeiten als angestellte bei der stadt n. und der beklagten schon nicht rechtswidrig gewesen sei, sowie auf vertrauensschutz. 17sie beantragt schriftsätzlich, 18den bescheid der beklagten vom 13. dezember 2013 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 22. oktober 2014 aufzuheben. 19die beklagte beantragt schriftsätzlich, 20die klage abzuweisen. 21die beklagte trägt im wesentlichen vor, dass die anerkennung der angestelltenzeiten rechtswidrig gewesen sei, weil allein der vorbereitungsdienst grundlage für die ernennung zur beamtin auf probe gewesen sei, sowie auf das fehlen einer im vertrauen auf den bestand des zurückgenommenen bescheides erfolgten vermögensdisposition. ein kausaler zusammenhang zwischen der anerkennung der vordienstzeiten im angestelltenverhältnis und dem antrag auf beitragserstattung bei der bfa sei nicht erkennbar. die im übrigen erforderliche abwägung zwischen dem vertrauen der klägerin auf den bestand des anerkennungsbescheides und dem interesse der beklagten an der herstellung rechtmäßiger zustände gehe zulasten der klägerin aus; zudem sei die rücknahmefrist von einem jahr gemäß § 48 abs. 4 vwvfg nrw gewahrt. 22im übrigen wird wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes auf die gerichtsakten dieses verfahrens sowie des klageverfahrens 23 k 6809/13 sowie die beigezogenen personalakten der beklagten und der stadt n. betreffend die klägerin bezug genommen. 23
24der einzelrichter ist für die entscheidung zuständig, nachdem der rechtsstreit durch beschluss der kammer vom 3. dezember 2014 gemäß § 6 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) dem berichterstatter als einzelrichter zur entscheidung übertragen worden ist. 25das gericht entscheidet nach anhörung durch gerichtsbescheid gemäß § 84 abs. 1 vwgo, weil die sache keine besonderen schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher art aufweist und der sachverhalt geklärt ist. 26die zulässige anfechtungsklage ist begründet. der angegriffene rücknahmebescheid vom 13. dezember 2013 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 22. oktober 2014 ist rechtswidrig und verletzt die klägerin deshalb in ihren rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 27ermächtigungsgrundlage für die in den angegriffenen bescheiden erfolgte rücknahme des bescheides über die anerkennung von vordienstzeiten vom 27. juli 1983 ist § 48 des verwaltungsverfahrensgesetzes nrw (vwvfg nrw). es kann auch im wege der auslegung davon ausgegangen werden, dass die beklagte genau diesen bescheid zurücknehmen wollte, auch wenn im bescheid vom 13. dezember 2013 ein bescheid vom „27.09.1983“zurückgenommen wird. dabei handelt es sich um eine erkennbare versehentliche falschbezeichnung. auch für die klägerin war offensichtlich, worauf sich dies bezog, wie sich der klageschrift vom 17. november 2014 entnehmen lässt. 28die beklagte durfte den bescheid über die anerkennung von vordienstzeiten vom 27. juli 1983 auch nicht unabhängig von § 48 vwvfg nrw zurücknehmen oder sonstwie aufheben oder ändern. denn die in diesem bescheid angelegten vorbehalte sind nicht eingetreten. weder liegt eine für die anerkennung der vordienstzeiten relevante änderung der rechtslage im beamtenversorgungsgesetz vor, noch bezieht die klägerin aufgrund dieser vordienstzeiten eine vom in dem bescheid geregelten vorbehalt erfasste rente. 29nach der in § 48 abs. 1 vwvfg nrw enthaltenen grundregel kann ein rechtswidriger verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit wirkung für die zukunft oder für die vergangenheit zurückgenommen werden (s. 1). ein verwaltungsakt, der ein recht oder einen rechtlich erheblichen vorteil begründet oder bestätigt (begünstigender verwaltungsakt), darf nach s. 2 nur unter den einschränkungen der abs. 2 bis 4 zurückgenommen werden.nach abs. 2 darf ein rechtswidriger verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende geldleistung oder teilbare sachleistung gewährt oder hierfür voraussetzung ist, nicht zurückgenommen werden, soweit der begünstigte auf den bestand des verwaltungsaktes vertraut hat und sein vertrauen unter abwägung mit dem öffentlichen interesse an einer rücknahme schutzwürdig ist (s. 1). das vertrauen ist gemäß s. 2 in der regel schutzwürdig, wenn der begünstigte gewährte leistungen verbraucht oder eine vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren nachteilen rückgängig machen kann. s. 3 regelt den ausschluss des vertrauensschutzes.gemäß abs. 4 ist die rücknahme eines rechtswidrigen verwaltungsaktes innerhalb eines jahres ab dem zeitpunkt zulässig, zu dem die behörde von den die rücknahme ermöglichenden tatsachen kenntnis erhält. 30nach dieser regelung durfte die beklagte ihren bescheid über die anerkennung von vordienstzeiten vom 27. juli 1983 nicht zurücknehmen. 31mit diesem bescheid hat die beklagte die zeit des studiums der klägerin vom 15. märz 1974 bis 4. juli 1980 im umfang von 4 ½ jahren, die zeit als angestellte der stadt n. vom 8. juli bis 31. oktober 1980 sowie die zeit als angestellte der beklagten vom 1. november 1980 bis 30. april 1982 als ruhegehaltfähig anerkannt. dieser bescheid ist ein begünstigender verwaltungsakt im sinne von § 48 abs. 1 s. 2 vwvfg nrw, der nur unter den voraussetzungen von § 48 abs. 2 vwvfg nrw zurückgenommen werden durfte, weil dieser grundlage der späteren festsetzung und gewährung von versorgungsbezügen – also laufenden geldleistungen – ist. die dort als ruhegehaltfähig anerkannte zeit muss bei der festsetzung des ruhegehalts als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden und wirkt sich das ruhegehalt erhöhend aus. 32in bezug auf die anerkennung der zeit des studiums gemäß § 12 beamtvg fehlt es bereits daran, dass die anerkennung dieser zeit im bescheid vom 27. juli 1983 rechtswidrig ist. denn das studium fällt unter § 12 abs. 1 beamtvg und ist als ausbildungszeit als ruhegehaltfähig anzuerkennen. hieran hat auch die beklagte keine zweifel. sie hat diese zeit bei der festsetzung des ruhegehalts der klägerin berücksichtigt und hat gegen die rechtmäßigkeit der anerkennung der studienzeit auch in ihrer jüngsten stellungnahme vom 15. januar 2015 nichts gegenteiliges vorgebracht. war mithin die anerkennung der studienzeit als ruhegehaltfähig rechtmäßig, durfte der bescheid vom 27. juli 1983 insofern schon deshalb nicht zurückgenommen werden. 33der bescheid über die rücknahme der anerkennung der vordienstzeiten durch den bescheid vom 27. juli 1983 ist jedoch auch im übrigen rechtswidrig. 34dabei kann die rechtswidrigkeit des bescheides vom 27. juli 1983 in bezug auf die anerkennung der angestelltenzeit bei der stadt n. und bei der beklagten dahinstehen. zwar ist hinsichtlich der dienstzeit bei der stadt n. vom 8. juli bis 31. oktober 1980 schon nichts dafür erkennbar, dass diese dienstzeit im sinne von § 10 beamtvg zur ernennung der klägerin durch die beklagte zur beamtin auf probe am 31. mai 1983 geführt haben könnte. in bezug auf die zeit als angestellte bei der beklagten vom 1. november 1980 bis 30. april 1982 ist die situation schon deutlich schwieriger: zum einen sind anhaltspunkte dafür gegeben, dass die klägerin bei der beklagten in der zeit als angestellte ausgesprochen gute arbeit gemacht hat und ihr eintritt in den vorbereitungsdienst bei der beklagten dort sehr befürwortet worden ist. zugleich trägt die beklagte auch die beweislast dafür, dass der bescheid über die anerkennung dieser vordienstzeit rechtswidrig war. andererseits beruht eine ernennung nach erfolgreichem abschluss eines vorbereitungsdienstes, worauf die beklagte richtig hingewiesen hat, regelmäßig allein auf dem vorbereitungsdienst und nicht auf irgendwelchen davor liegenden umständen, die eventuell für den vorbereitungsdienst und die einstellung in demselben hilfreich waren. auf diese umstände hat der einzelrichter in der verfügung vom 18. dezember 2014 eingehend hingewiesen. letztlich kommt es jedoch darauf nicht an, weil die berücksichtigung des vertrauensschutzes der klägerin gemäß § 48 abs. 2 s. 2 vwvfg nrw zur rechtswidrigkeit der rücknahme führt. 35zur überzeugung des gerichts steht fest, dass die klägerin auf den bestand der anerkennung der vordienstzeiten als angestellte bei der stadt n. und der beklagten im sinne von § 48 abs. 2 s. 1 vwvfg nrw vertraut hat. zudem hat sie dieses vertrauen durch die durchgeführte erstattung ihrer beiträge zur gesetzlichen rentenversicherung aus diesen zeiten in unumkehrbarer weise im sinne von s. 2 der vorschrift betätigt. damit ist ihr vertrauen – da auch gründe im sinne von s. 3 nicht vorliegen – zu schützen und eine rücknahme ausgeschlossen. 36sowohl das vertrauen der klägerin in den bestand des bescheides über die anerkennung von vordienstzeiten vom 27. juli 1983 als auch die hieraus folgende und darauf beruhende vermögensdisposition entnimmt der einzelrichter dem ablauf der von der klägerin vorgebrachten ereignisse, der sich auch den personalakten entnehmen lässt. die entscheidungserhebliche vermögensdisposition ist insofern die durchgeführte erstattung der beiträge zur gesetzlichen rentenversicherung aus den zeiten als angestellte. 37das gericht hat zunächst keinen anhaltspunkt für zweifel daran, dass die klägerin tatsächlich auf den bescheid über die anerkennung von vordienstzeiten und dessen fortbestand vertraut hat. die in dem bescheid enthaltenen vorbehalte betreffen nur – wie im beamtenversorgungsgesetz in § 49 abs. 2 s. 2 vorgesehen – eine mögliche änderung der rechtslage sowie den erhalt anderer versorgung aufgrund nach dem beamtenversorgungsgesetz anerkannter vordienstzeiten (sog. „rentenvorbehalt“). diese vorbehalte machen bescheide über die anerkennung von vordienstzeiten jedoch nicht bedeutungs- und belanglos. änderungen der rechtslage in bezug auf die ruhegehaltfähigkeit von dienstzeiten sind nicht an der tagesordnung und zwar grundsätzlich nicht ausgeschlossen, für die meisten beamten jedoch eher nicht zu erwarten. ansonsten wäre das verfahren über die vorab-anerkennung von vordienstzeiten auch sinnlos. auf eine solche anerkennung soll und darf man sich verlassen, was auch die regelung in § 49 abs. 2 s. 2 beamtvg verdeutlicht. die klägerin hat im zusammenhang mit der begründung ihres beamtenverhältnisses bei der beklagten überhaupt keine signale erhalten, die hätten infrage stellen können, dass die zeiten als angestellte der stadt n. sowie der beklagten als ruhegehaltfähig anerkannt werden. im gegenteil: die zeit bei der stadt n. wurde schon während der angestellten-dienstzeit der klägerin bei der beklagten gemäß §§ 19 und 20 bundesangestellten-tarifvertrag (bat) vollständig als dienstzeit anerkannt (beiakte 2, bl. 39). auch bei der festsetzung des jubiläumsdienstalters und des besoldungsdienstalters der klägerin berücksichtigte die beklagte unter dem 4. juli 1983 die hier streitigen zeiten im angestelltenverhältnis vollständig (beiakte 2, bl. 91). auch die verkürzung ihrer probezeit, die ihr von der beklagten mit schreiben vom 2. mai 1983 mitgeteilt wurde, erfolgte u.a. mit blick auf ihre vordienstzeiten im angestelltenverhältnis (beiakte 2, bl. 99 f.). unter berücksichtigung dieser umstände ist das berufen der klägerin auf vertrauen in den bestand des bescheides über die anerkennung von vordienstzeiten nachvollziehbar, da keine hinweise in die entgegengesetzte richtung vorliegen. 38mit der durchgeführten erstattung der beiträge der klägerin zur gesetzlichen rentenversicherung aus der zeit als angestellte der stadt n. und der beklagten liegt eine unumkehrbare vermögensdisposition vor. sie hat unter dem 25. juni 1984 einen antrag auf erstattung ihrer beiträge zur gesetzlichen rentenversicherung bei der damaligen bfa gestellt. die bfa hat darüber mit bescheid vom 27. juli 1984 entschieden und ihr gemäß § 82 abs. 1 avg die hälfte der pflichtbeiträge und freiwilligen grundbeiträge zur rentenversicherung der angestellten für die zeit von juli 1980 bis april 1982 im umfang von dm 6295,50 erstattet. die zeiten und beträge sind im einzelnen der anlage zu dem bescheid zu entnehmen (beiakte 1, bl. 24 f.). mit einer solchen beitragserstattung, von der viele gebrauch machen, erhält der betroffene gewissermaßen „seine“ beiträge erstattet, diejenigen des arbeitgebers „verfallen“ hingegen. dies ist eine vermögensdisposition, weil dadurch anwartschaften zur gesetzlichen rentenversicherung aus den entsprechenden beschäftigungszeiten aufgegeben werden. sie ist auch unumkehrbar, weil das verfahren der beitragserstattung nach durchführung nicht rückabgewickelt werden kann, wie sich schon dem bescheid der bfa vom 27. juli 1984 auf der rückseite entnehmen lässt: „eine rücknahme des erstattungsantrages nach vollzogener erstattung ist nicht mehr möglich.“ 39es steht auch zur überzeugung des einzelrichters mit hinreichender sicherheit fest, dass ein vertrauenszusammenhang zwischen dem vertrauen der klägerin auf die anerkennung der vordienstzeiten durch die beklagte mit bescheid vom 27. juli 1983 und ihrem antrag auf beitragserstattung vom 25. juni 1984 bestand. auf diesen hat die klägerin schon sinngemäß mit ihrem widerspruch gegen die festsetzung des ruhegehaltes vom 23. juni 2013 hingewiesen, bevor sie anwaltliche beratung erhalten hatte, in dem sie den bescheid der bfa vom 27. juli 1984 beifügte. später hat sie sich dann auch dezidiert auf diesen vertrauenszusammenhang berufen. der einzelrichter glaubt ihr dies unter anderem deshalb, weil sie von anfang an, vor allem soweit ersichtlich ohne anwaltliche beratung, hierauf hingewiesen hat. auch ansonsten ist das vorbringen glaubhaft und nachvollziehbar. 40der zusammenhang zwischen vertrauen und vermögensdisposition ist auch nicht deshalb ausgeschlossen bzw. rechtlich unbeachtlich, weil es keine wirkliche disposition war, weil die klägerin keine alternative verhaltensweise gehabt hätte. in dieser richtung argumentiert die beklagte sinngemäß, wenn sie darauf hinweist, dass es sich um die einzig sinnvolle verhaltensweise gehandelt hätte. es mag sein, dass viele sich in dieser weise verhalten, die zu beamten auf lebenszeit ernannt werden. es mag auch sein, dass dies sinnvoll bzw. sehr sinnvoll ist bzw. war. der vertrauensschutz nach § 48 abs. 2 s. 2 vwvfg nrw setzt bei der durch das vertrauen in den bestand des begünstigenden verwaltungsaktes ausgelösten verhaltensweise aber nicht voraus, dass die vermögensdisposition ganz außergewöhnlich oder auffällig oder gar sinnlos ist. gerade der sinnvoll handelnde, der berechtigt und nachvollziehbar sein vertrauen ausübt, verdient den schutz des gesetzes. allein die tatsächlich alternativlose verhaltensweise mag aus dem anwendungsbereich des vertrauensschutzes herausfallen, weil der ursachenzusammenhang zwischen vertrauen und disposition dann nicht mehr nachvollziehbar ist und das an den tag gelegte verhalten nicht mehr als folge des vertrauens angesehen werden kann, da der betroffene „gar nicht anders kann“. hier hatte die klägerin jedoch andere möglichkeiten, die sie bewusst nicht gewählt hat: sie hätte auf den antrag auf beitragserstattung bei der bfa verzichten können. dies hätte die aus den beschäftigungszeiten als angestellte bei der stadt n. und der beklagten folgenden rentenanwartschaften bestehen lassen. zwar hätte sie allein auf dieser grundlage keinen rentenanspruch erwerben können, weil die so genannte wartezeit von 60 pflichtbeitrags-monaten gemäß § 51 abs. 1 sgb vi nicht erfüllt war. dabei fallen studienzeiten nicht unter die in § 51 abs. 4 sgb vi i.v.m. dem 5. kapitel des sgb vi genannten ersatzzeiten. hatte die klägerin mithin aufgrund ihrer angestellten-zeiten nur knapp 22 monate pflichtbeiträge geleistet, fehlten noch gut 38 monate pflichtbeiträge. diese kann sie gemäß § 7 sgb vi freiwillig erbringen und so die voraussetzungen eines rentenanspruchs aus der gesetzlichen rentenversicherung herbeiführen; dies ist dann gewissermaßen (teilweise) private altersvorsorge. auf diese weise werden die in der zeit als angestellte erbrachten beiträge genutzt und hierbei entfalten auch die vom arbeitgeber gezahlten renten-beiträge wirkung. diese „verfallen“ in der von der klägerin gewählten variante, weil sie nicht erstattet werden können. es ist eine entscheidung aufgrund von ökonomischen erwägungen und persönlichen prioritäten, ob man den weg der beitragserstattung wie die klägerin wählt oder durch leistung weiterer freiwilliger beiträge die mindest-wartezeit durch freiwillige beiträge erfüllt. ob nach der damaligen rechtslage dies für die beamtin auf lebenszeit, die klägerin, möglich war, schließt vertrauensschutz nicht aus. denn der ablauf des falles der klägerin verdeutlicht, dass nichts so bleiben muss, wie es ist. mittlerweile kann auch die beamtin freiwillige beiträge zur gesetzlichen rentenversicherung erbringen. zudem sind vielfältige veränderungen am versorgungsrecht der beamten erfolgt. die möglichkeit dieser und anderer veränderungen der rechtlichen gegebenheiten sowie der tatsächlichen lebensverhältnisse bestand auch schon damals. insofern ist es auch eine alternative, die pflichtbeiträge in der gesetzlichen rentenversicherung zu belassen mit der möglichkeit, eventuell später freiwillige beiträge die anspruchsvoraussetzungen herbeizuführen. zudem hätte dies auch für den fall sinn gehabt, dass die klägerin – aus welchen gründen auch immer – aus dem beamtenverhältnis doch noch ausscheidet. dann wäre eine nachversicherung in der gesetzlichen rentenversicherung erfolgt und die klägerin hätte gegebenenfalls wieder in der gesetzlichen rentenversicherung versicherungspflichtige beschäftigung aufnehmen können oder müssen. 41ebenso wenig folgt aus dem umstand, dass die klägerin aus sicht des zeitpunktes, zu dem sie die beitragserstattung bei der bfa durchführte, erwarten konnte, zum zeitpunkt des eintritts in den altersruhestand einen pensionsanspruch in höhe des höchst-ruhegehalts zu haben. denn zum einen setzt dies den unveränderten fortbestand des zu diesem zeitpunkt geltenden rechts der beamtenversorgung voraus, zum anderen gilt dies nur dann in der von der beklagten geltend gemachten weise, wenn die klägerin in vollzeittätigkeit beschäftigt ist und ihre dienstfähigkeit bis zum erreichen des höchstruhegehaltssatzes behält. dies sind drei unsichere faktoren, deren veränderung auch aus damaliger sicht nicht ausgeschlossen war. viele beamtinnen üben aus familiären gründen nur teilzeittätigkeit aus. ebenfalls nicht wenige sind in ihrer dienstfähigkeit – wie die klägerin - ab irgendeinem zeitpunkt eingeschränkt oder werden vollständig dienstunfähig. 42auch der tatsächliche ablauf spricht nicht dagegen, dass die klägerin tatsächlich auf den bestand der anerkennung der vordienstzeiten durch den bescheid vom 27. juli 1983 vertraute. richtig ist, dass ihr erstattungsantrag vom 25. juni 1984 erfolgte, nachdem sie am 1. mai 1984 auf lebenszeit ernannt worden war und seit dem anerkennungsbescheid vom 27. juli 1983 immerhin etwa elf monate verstrichen waren. letztlich sind zum einen diese elf monate kein besonders langer zeitraum und zum anderen ist nachvollziehbar, dass die klägerin mit dem antrag auf beitragserstattung wartete, bis die vordienstzeiten von der beklagten anerkannt waren und sie auf lebenszeit ernannt war. die vermögensdisposition hatte ihre vertrauensgrundlage damit in beiden umständen. dies steht nicht entgegen, weil beide ursachen wesentlich waren und beide wesentlichen ursachen als kausal angesehen werden können, die gerade in ihrem zusammenspiel zur vermögensdisposition der klägerin führten. 43gründe für einen ausschluss von vertrauensschutz nach § 48 abs. 2 s. 3 vwvfg nrw sind nicht gegeben. neben den offensichtlich nicht vorliegenden fällen der nr. 1 und nr. 2 sind auch die voraussetzungen der nr. 3 nicht erfüllt: dies hat auch die beklagte nicht einmal geltend gemacht. es ist nicht erkennbar, dass die klägerin wusste, dass die zeiten als angestellte bei der stadt n. und der beklagten nicht als ruhegehaltfähige vordienstzeiten anerkannt werden konnten. da dies in bezug auf die zeit bei der beklagten auch aus sicht des einzelrichters nicht offensichtlich ist, kann ihre kenntnis auch nicht unterstellt werden. die damit anzunehmende unkenntnis über die (teilweise auch fragliche) rechtswidrigkeit der anerkennung der vordienstzeiten im bescheid der beklagten vom 27. juli 1983 ist auch nicht als grob fahrlässig einzustufen. die fragen der anerkennung von vordienstzeiten gemäß §§ 9 bis 12 beamtvg sind beamtenrechtliches sonderwissen, welches lediglich bei spezialisierten sachbearbeitern in diesem fachgebiet oder anderen spezialisten vorhanden ist bzw. vorausgesetzt werden kann. eine (damals) bauinspektorin im bautechnischen dienst weiß solches regelmäßig nicht und muss es auch nicht wissen. mithin ist kein vorwurf grober fahrlässigkeit zu erheben. 44die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 45die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 46beschluss: 47der streitwert wird auf 2.500,00 euro festgesetzt. 48gründe: 49die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1, 2 gkg erfolgt. das gericht legt unter berücksichtigung der wirtschaftlichen bedeutung der sache den halben auffang-streitwert fest, da in der parallel-klage 23 k 6809/13 der konkrete wirtschaftliche (jahres-) wert festgesetzt wird, der aus den anerkannten vordienstzeiten in bezug auf das ruhegehalt der klägerin folgt. dieser wert ist zwar auch die folge aus dem anerkennungsbescheid vom 27. juli 1983, um dessen aufhebung es hier geht. diesen auch hier festzusetzen, würde jedoch eine faktische verdoppelung des streitwerts bedeuten, was der bedeutung der sache nicht angemessen wäre. jedoch muss auch diesem klageverfahren ein wert zugewiesen werden. würde man den auffang-streitwert festsetzen, so wäre dieser höher als der konkret berechnete streitwert, welcher aus den vordienstzeiten folgt. der halbe auffangstreitwert scheint somit angemessen.
Klaeger*in
1
188,676
23 K 7862/12
2013-10-25T00:00:00
Gerichtsbescheid
Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand:2Der Kläger war bis zum 14. Juli 1985 mit Frau V. M. verheiratet. Diese verstarb am Sonntag, dem 1. April 2012 im B. Hospiz in O. . Frau M. war alleinstehend, ohne Angehörige und vermögenslos.3Auf Bitten der Oberin des Hospizes veranlasste der Kläger am 2. April 2012 die Beisetzung von Frau M. , nachdem es ihm am 1. April 2012 nicht gelungen war, die Beklagte von dem Todesfall und den Umständen zu unterrichten. Hierfür sind ihm Kosten in Höhe von 1.639,50 Euro entstanden, die er verauslagte.4Nachfolgend stellte der Kläger zunächst beim Sozialamt der Beklagten einen Erstattungsantrag, der abgelehnt wurde, da der Kläger aus Rechtsgründen nicht bestattungspflichtig sei.5Unter dem 13. August 2012 wandte sich der Kläger an das Ordnungsamt der Beklagte mit der Bitte um Kostenerstattung im Hinblick darauf, dass das Ordnungsamt mangels öffentlich-rechtlich Bestattungspflichtiger zur Bestattung verpflichtet gewesen sei.6Mit Scheiben vom 22. August 2012 lehnte die Beklagte eine Kostenerstattung. Zur Begründung führte sie aus, es handele sich nicht um eine ordnungsbehördliche Bestattung. Es bestehe ein rund um die Uhr erreichbarer Bereitschaftsdienst des Ordnungsamtes, der eine bestattungsrechtliche Gefahr kurzfrist beseitigen könne. Ein Einschreiten sei aber entbehrlich gewesen, da mit der vom Kläger in Auftrag gegebene Bestattung die Gefahr beseitigt gewesen sei. Ein rechtmittelfähiger Bescheid könne mangels Ermächtigungsgrundlage nicht ergehen.7Mit der am 14. November 2012 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Erstattungsbegehren weiter. Er trägt hierzu im Wesentlichen vor: ein Anspruch ergebe sich aus dem Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag, nachrangig auch aus einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch; bei einem Anruf an einem Sonntag (Todestag) bei der Beklagten ertöne nur die Bandansage, die auf die Notfallnummern von Polizei und Feuerwehr verweise, nicht jedoch auf einen Bereitschaftsdienst des Ordnungsamtes; in Ermangelung eines Bestattungspflichtigen nach § 8 Bestattungsgesetz (BestG NRW) sei die Ordnungsbehörde zur Bestattung verpflichtet gewesen; damit liege ein fremdes Geschäft vor, welches er für die Ordnungsbehörde ohne Auftrag übernommen; die Geschäftsführung habe auch dem Interesse der Beklagten entsprochen, da damit eine unaufschiebbare Gefahr beseitigt worden sei; der Fremdgeschäftsführungswille bestehe, da dieser aufgrund der tatsächlichen Vornahme des Geschäfts bei objektiv fremden Geschäften vermutet werde; letztlich werde er belegt durch den Kostenerstattungsantrag beim Sozialamt, die Geschehnisse am Todestag, dem Ablauf der Bestattungsfrist; auch habe er bereits im Mai 2012 mit der Beklagten (Sozialamt) Kontakt aufgenommen; selbst wenn er zeitnah das Ordnungsamt informiert hätte, wäre es bei einer Kostentragungspflicht der Beklagten geblieben, da diese die Bestattung hätte veranlassen müssen; im Hinblick auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch räume selbst die Beklagte ein, ihre Gefahrenabwehraufgabe habe sich durch die Wahrnehmung seitens des Klägers erledigt, so dass sie um die ersparten Kosten bereichert sei.8Der Kläger beantragt sinngemäß,9die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.639,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.10Die Beklagte beantragt,11die Klage abzuweisen.12Sie führt hierzu unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens aus, es sei vom Kläger nach dem 1. April 2012 und bis August 2012 nicht versucht worden, Kontakt mit dem Ordnungsamt aufzunehmen. Eine Freistellung des Ordnungsamtes sei letztlich deshalb nicht eingetreten, da dieses erreichbar gewesen sei und selbst habe eingreifen können, wenn der Bestattungsfall bekannt gewesen wäre. Eine Gefahr habe nicht vorgelegen, da der Kläger die Bestattung innerhalb der Bestattungsfrist übernommen habe.13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.14Entscheidungsgründe:15Der Einzelrichter ist für die Entscheidung zuständig, nachdem ihm der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 13. März 2013 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) übertragen worden ist.16Nach Anhörung der Beteiligten kann das Gericht durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Das angefragte Einverständnis zur Entscheidung ohne mündlichen Verhandlung mittels Urteil hat der Kläger nicht erteilt; der letzte Schriftsatz seines Bevollmächtigten bezieht sich erneut nur auf dessen Erklärung vom 12. April 2013, nach der das (nicht erforderliche) Einverständnis besteht, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.17Die zulässige Klage ist nicht begründet.18I.19Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der von ihm verauslagten Kosten für die Bestattung seiner von ihm geschiedenen Frau.20Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus dem Rechtsinstitut der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag noch aus einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch.211.22Die Voraussetzungen für den Aufwendungsersatz gemäß §§ 683 Sätze 1 und 2, 670, 679 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sind nicht erfüllt.23Einem Anspruch auf öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag steht entgegen, dass weder ein fremdes Geschäft (ein Geschäft der Beklagten) vorlag noch war der Kläger als Geschäftsführer zur Geschäftsführung (Bestattung) berechtigt.24Die bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) sind analog anwendbar. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass die Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag grundsätzlich auch im öffentlichen Recht Anwendung finden können,25OVG NRW, Urteil vom 14. März 2013 - 6 A 1760/11 -, unter: nrwe.de (Rn. 41); BVerwG, Urteil vom 6. September 1988 - 4 C 5.86 -, in: juris (Rn. 13).26Wer eine Aufgabe erledigt, die, wie er weiß, zum Aufgabenbereich einer Behörde gehört, tätigt ein objektiv fremdes Geschäft und handelt als Geschäftsführer ohne Auftrag. Er kann nach § 683 Satz 1 BGB wie ein Beauftragter und somit entsprechend § 670 BGB Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht,27OVG NRW, Urteil vom 14. März 2013 - 6 A 1760/11 -, unter: nrwe.de (Rn. 49).28Nach §§ 683 Satz 2 i.V.m. 679 BGB steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer auch dann zu, wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht, aber ohne die Geschäftsführung eine Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, nicht rechtzeitig erfüllt werden könnte,29OVG NRW, Urteil vom 14. März 2013 - 6 A 1760/11 -, unter: nrwe.de (Rn. 50).30Danach sind die Voraussetzungen für den Aufwendungsersatzanspruch nicht gegeben. Der Kläger hat mit der Bestattung seiner geschiedenen Ehefrau ein fremdes Geschäft besorgt, es handelt sich jedoch nicht um ein Geschäft der Beklagten.31Der Kläger war weder zivilrechtlich als Erbe oder einer bestehenden Totenfürsorgepflicht noch öffentlich-rechtlich im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 Bestattungsgesetz (BestG NRW) verpflichtet, für die Bestattung zu sorgen oder die Kosten hierfür zu tragen. Insofern war das Geschäft für den Kläger fremd.32Bei der in Auftrag gegebenen Bestattung handelt es sich aber nicht um ein Geschäft der Beklagten. Dies lässt sich insbesondere nicht aus § 8 BestG NRW ableiten.33Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW „hat“ die örtliche Ordnungsbehörde die Bestattung zu veranlassen, sofern die Hinterbliebenen im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW ihrer Verpflichtung zur Bestattung nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen.34Bei dieser Vorschrift handelt es sich jedoch nicht um eine gesetzliche Aufgabenzuweisung an die Ordnungsbehörde in jeden Fall, in dem die öffentlich-rechtlich Bestattungspflichtigen (Hinterbliebenen) ihrer Bestattungspflicht nicht nachkommen. Es handelt sich - insbesondere im Hinblick auf die Aufgabenzuweisung an die Ordnungsbehörde - immer um eine Aufgabe der Gefahrenabwehr. § 8 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW begründet somit keine Verpflichtung, sondern eine rechtliche Möglichkeit für ein Einschreiten.35Mag der Wortlaut der Vorschrift zunächst auf eine Pflicht zum Einschreiten hindeuten, ist jedoch von diesem auch eine Auslegung gedeckt, die nur eine Eingriffsbefugnis vorsieht.36Gegen das klägerische Verständnis der Vorschrift, die Ordnungsbehörde habe aufgrund des Fehlens von Hinterbliebenen einschreiten müssen, sprechen maßgeblich systemtische Erwägungen. Zu berücksichtigen ist zum einen, dass über die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW hinaus eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorliegen muss, und zum anderen die Vorschrift sich in das Gesamtkonzept der Bestattungspflicht einfügen muss.37Die Zuweisung der Aufgabe an die örtliche Ordnungsbehörde spricht maßgeblich dafür, dass neben dem Fehlen eines bestattungspflichtigen oder bestattungswilligen Hinterbliebenen zugleich die Gefahr zu besorgen ist, dass eine Bestattung innerhalb der Frist des § 13 Abs. 3 BestG NRW (acht Tage) nicht stattfindet. Nur für den Fall, dass niemand die Bestattung in Auftrag gibt, liegt die öffentlich-rechtliche Gefahr vor, dass die öffentliche Sicherheit durch ein Überschreiten der Bestattungsfrist verletzt wird.38Die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht besteht vorrangig und allein aus Gründen der Gefahrenabwehr,39BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2011 - IV ZR 132/11 -, in: juris (Rn. 12); VG Chemnitz, Urteil vom 28. Januar 2011 - 1 K 900/05 -, in: juris (Rn. 30).40Das Eingreifen des Staates ist erst gerechtfertigt, wenn es darum geht, zu verhüten, dass durch die mangelnde Behandlung des Leichnams die sittlichen Gefühle größerer Kreise der Bevölkerung verletzt und die öffentliche Gesundheit oder Ordnung oder die Pietät gefährdet werden,41Gaedke, Handbuch der Friedhofs- und Bestattungsrechts (10. Auflage), Teil II Kap. 2 (Rn. 3).42Vor diesem Hintergrund bleibt das Bestattungsrecht durch Zuweisung der Aufgaben an die örtliche Ordnungsbehörde Gefahrenabwehrrecht. Folglich muss aufgrund der Aufgabenzuweisung für ein Einschreiten zugleich eine Gefahr zu besorgen sein, also eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheid und Ordnung im Sinne von § 14 Abs. 1 Ordnungsbehördengesetz (OBG NRW). Das setzt neben dem Ausfallen von bestattungspflichtigen Angehörigen im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW weiter voraus, dass eine Bestattung tatsächlich nicht innerhalb der in § 13 Abs. 3 BestG NRW genannten Frist durchgeführt wird. Die öffentliche Sicherheit ist erst dann gefährdet, wenn dieser Gesetzesverstoß zu besorgen ist, ohne dass es darauf ankommt, wer die Bestattung durchführt. Insofern entspricht es nicht der Aufgabe der Ordnungsbehörde, dafür Sorge zu tragen, dass ein Totenfürsorgeberechtigter die Bestattung durchführt. Es geht allein um die öffentlich-rechtliche Pflicht, eine Bestattung zeitnah durchzuführen, was sich aus Pietätsgesichtspunkten mit dem Begriff öffentlichen Ordnung deckt.43Die Ermächtigung an die Ordnungsgehörde besteht so zum einen nur, wenn Hinterbliebene ausfallen, und zum anderen nur, „um“ Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren,44BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2011 - IV ZR 132/11 -, in: juris (Rn. 12).45Eine ordnungsbehördliche Pflicht zum Einschreiten besteht folglich erst dann, wenn „niemand“ für die Bestattung sorgt,46BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2011 - IV ZR 132/11 -, in: juris (Rn. 12); AG Brandenburg, Urteil vom 5. Juli 2013 - 35 C 16/13 -, in: juris (Rn. 30).47Fehl geht - zum dortigen Landesrecht - die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Schleswig-Holstein,48OVG SH, Urteil vom 18. Januar 2006 - 2 LB 10/05 -, in: juris (Rn. 35); ähnlich: OVG NRW, Beschluss vom 2. Mai 2013 - 19 E 313/12 -, unter: nrwe.de (Rn. 5).49Ausgeführt ist dort, eine erforderliche konkrete Gefahr, die Anlass einer ordnungsbehördlichen Maßnahme sein könnte, liege nach dem Tode einer Person nur dann vor, wenn „kein Angehöriger“ von seinem Recht der Totenfürsorge Gebrauch macht und die erforderlichen Maßnahmen zur Bestattung veranlasst.50Bereits die nachfolgende Argumentation des Gerichts zeigt dabei den gedanklichen Fehler auf. Das Gericht argumentiert, eine entsprechende behördliche Anordnung, die sogleich nach dem Tode einer Person erginge, verletzte das Recht der Angehörigen auf Totenfürsorge und wäre ermessensfehlerhaft. Das ist zutreffend, verwechselt aber die Tatbestandseite der Ermächtigungsgrundlage mit deren möglichen Rechtsfolgen. Eine Gefahr liegt erst vor, wenn sich niemand um die Bestattung kümmert. An wen eine mögliche Ordnungsverfügung ergehen könnte, um der Bestattung nachzukommen, ist davon unabhängig. Dass diese nur an die in § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW genannten Hinterbliebenen ergehen kann, liegt - öffentlich-rechtlich - auf der Hand. Die daraus gezogene Folge, der Tatbestand der Eingriffsnorm sei aber bereits deshalb erfüllt, ergibt sich daraus gerade nicht.51Eine solche Auslegung wäre auch mit dem Recht der Totenfürsorge nicht vereinbar. Obliegt die Totenfürsorge gewohnheitsrechtlich in erster Linie den nächsten Familienangehörigen zu, kann sie gleichwohl einem anderen dann zustehen, wenn der Verstorbene ihn ausdrücklich mit der Wahrnehmung dieser Belange betraut hat, auch wenn es sich nicht um einen Angehörigen handelt,52Gaedke, Handbuch der Friedhofs- und Bestattungsrechts (10. Auflage), Teil II Kap. 2 (Rn. 5).53Das Recht der Totenfürsorge betont auch das OVG NRW im genannten Beschluss vom 2. Mai 2013. Argumentativ wird im Hinblick auf die Bestattungspflicht der Ordnungsbehörde nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW darauf abgestellt, dass der Bestattungspflicht nicht nachgekommen wird und alle zumutbaren Maßnahmen zu Ermittlung und Benachrichtigung Bestattungspflichtiger erfolglos geblieben sind; vorher darf die Ordnungsbehörde die Bestattung weder den Angehörigen aufgeben noch selbst vornehmen, weil dies sowohl gegen die Menschenwürde des Verstorbenen aus Art. 1 Abs. 1 GG als auch gegen das Recht der Angehörigen auf Totenfürsorge aus Art. 2 Abs. 1 GG verstoße,54OVG NRW, Beschluss vom 2. Mai 2013 - 19 E 313/12 -, unter: nrwe.de (Rn. 5).55Dass das OVG NRW dabei argumentativ allein auf die Angehörigen des Verstorbenen abstellt, greift allerdings - wie ausgeführt - zu kurz. Nicht angesprochen wird - weil es der Fall nicht hergab - das Recht auf Totenfürsorge der sonst zivilrechtlich Verpflichteten. So entspricht es von alters her der Pietät und den sittlichen Anschauungen, dass etwa bei der Auswahl der letzten Ruhestätte oder einer Umbettung tunlichst der Wille des Verstorbenen gewahrt wird, gleichviel, ob er formgerecht erklärt oder sonstwie zu ermitteln ist. Das gebietet die Pietät aber auch das Recht, weil das Recht der Persönlichkeit eines Verstorbenen noch in seinem Leichnam als fortwirkend angesehen wird,56RG, Urteil vom 28. Oktober 1920 - VI 261/20 -, in: RGZ 100, 171 (172); BGH, Urteil vom 26. Oktober 1977 - IV ZR 151/76 -, in: juris (Rn. 7); OVG NRW, Urteil vom 12. Dezember 2012 - 19 A 2207/11-, unter: nrwe.de (Rn. 51, 56); OVG NRW, Beschluss vom 2. Mai 2013 - 19 E 313/12 -, unter: nrwe.de (Rn. 5).57Entsprechend fügt sich allein die Auffassung, die Ermächtigung des § 8 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW greife erst, wenn niemand die Bestattung übernimmt, in das Normengeflecht ein. Allein diese Auslegung lässt sich systematisch mit den parallel bestehenden zivilrechtlichen Bestattungspflichten in Einklang bringen.58Die öffentliche-rechtliche Bestattungspflicht nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW besteht unabhängig von zivilrechtlichen Pflichten, der Erbenstellung oder dem Totenfürsorgerecht,59BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2011 - IV ZR 132/11 -, in: juris (Rn. 12).60Die gesetzgeberische Wertung, Bestattungspflichten zivilrechtlich und zugleich öffentlich-rechtlich auszugestalten, ist von der Verwaltung zu respektieren.61Geklärt ist, dass die Reihenfolge der totenfürsorgeberechtigten und -verpflichteten Angehörigen nicht unabänderlich feststeht. Es geht nicht um die strikte Anwendung der in § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW bestimmten Reihenfolge. Vielmehr ist für das privatrechtliche Totenfürsorgerecht zunächst der Wille des Erblassers maßgeblich. Dieser kann nicht nur die Art und Weise seiner Beerdigung, sondern auch diejenige Person, die er mit der Wahrnehmung dieser Belange betraut, bestimmen, selbst wenn diese nicht unmittelbar zum Kreis der sonst berufenen Angehörigen zählt,62BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2011 - IV ZR 132/11 -, in: juris (Rn. 15).63Unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Klägers entsteht somit dann ein Wertungswiderspruch, wenn nach dem Willen des Verstorbenen eine Person die Totenfürsorge übernehmen soll (und will), der nicht zum Kreis der in § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW genannten Hinterbliebenen gehört. Nach Auffassung des Klägers „hat“ in diesem Fall die Ordnungsbehörde die Bestattung zu übernehmen - und damit auch die Art und Weise der Bestattung zu bestimmen -, ohne dass sie sich dieser Verpflichtung entledigen kann. Der aufgezeigte Widerspruch zwischen einer so verstandenen öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht und dem nach dem maßgeblichen Willen des Verstorbenen auszuübenden Totenfürsorgerecht bliebe unauflöslich. Demgegenüber entsteht bei einer Auslegung, dass die ordnungsbehördliche Bestattungspflicht erst einsetzt, wenn niemand für die Bestattung sorgt, der aufgezeigte Widerspruch erst gar nicht.64Aber selbst bei unterstellter Wahrnehmung eines Geschäfts der Beklagten (Geschäftsherr) war der Kläger als Geschäftsführer gegenüber dieser zur Geschäftsführung (Bestattung) nicht berechtigt.65Eine solche Berechtigung liegt grundsätzlich nur vor, wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht (§ 683 Satz 1 BGB analog). Der entgegenstehende Wille des Geschäftsherrn schließt jedoch analog § 683 Satz 2 BGB einen Aufwendungsersatzanspruch nicht aus, wenn ohne die Geschäftsführung eine Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, nicht rechtzeitig erfüllt werden könnte (§ 679 BGB analog),66OVG NRW, Urteil vom 14. März 2013 - 6 A 1760/11 -, unter: nrwe.de (Rn. 92).67Dabei kann die Frage, ob die Voraussetzungen des § 679 BGB gegeben sind, bei der analogen Anwendung der Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag im öffentlichen Recht nur unter Berücksichtigung aller Umstände und in der Regel auch nur unter Abwägung etwa widerstreitender öffentlicher Belange beurteilt werden,68BVerwG, Urteil vom 6. September 1988 - 4 C 5.86 -, in: juris (Rn. 16); OVG NRW, Urteil vom 14. März 2013 - 6 A 1760/11 -, unter: nrwe.de (Rn. 95).69Ein öffentliches Interesse muss danach nicht allein an der Erfüllung der Aufgabe an sich, sondern darüber hinaus daran bestehen, dass diese in der gegebenen Situation von dem privaten Geschäftsführer wahrgenommen wurde. In diesem rechtlichen Zusammenhang sind die einschlägigen Sachgesichtspunkte zu würdigen, die für das öffentliche Interesse bestimmend sein können. Zu eng ist danach eine Sichtweise, die allein auf einen Notstand im Hinblick auf die von der betroffenen Behörde wahrzunehmenden öffentlichen Aufgaben abstellt. Ein öffentliches Interesse an einer auftragslosen Geschäftsführung Privater für eine Behörde kann vielmehr auch durch andere Gesichtspunkte begründet sein, etwa durch den Schutz individueller Rechtsgüter. Dabei sind sowohl die sachliche und zeitliche Dringlichkeit der Aufgabe und die Sachnähe des Betroffenen, seine konkreten Handlungs- und Zugriffsmöglichkeiten als auch - parallel dazu - das Verhalten und die Handlungsmöglichkeiten der zuständigen Behörden zu würdigen. Von Bedeutung ist auch und insbesondere, dass der Behörde zustehende Handlungsspielräume gewahrt und die Prioritäten, die eine Behörde selbst setzen kann, nicht überspielt werden durch private Initiativen, die den öffentlichen Haushalt hernach durch Aufwendungsersatzansprüche belasten. Es geht grundsätzlich nicht an, dass ein Träger öffentlicher Verwaltung durch private Initiative im Hinblick auf das Ob und Wie einer konkreten Maßnahme vor vollendete Tatsachen gestellt wird, wenn ihm in dieser Hinsicht ein Ermessen eingeräumt ist.70Die anzustellende Gesamtabwägung fällt zu Lasten des Klägers aus; ein öffentliches Interesse an der Geschäftsführung durch ihn bestand nicht.71Die vom Kläger veranlasste Bestattung verkürzte zunächst die der Behörde zustehenden Handlungsspielräume. Über die Art und Weise entscheidet der Bestattungspflichtige unter Berücksichtigung des maßgeblichen Willens des Verstorbenen. Lag - wie hier - ein solcher nicht vor, darf der Bestattungspflichtige, mithin die nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW zuständig gewordenen Ordnungsbehörde - unter Berücksichtigung sonstiger öffentlich-rechtlicher Maßstäbe - die Art der Bestattung (Feuer- oder Erdbestattung) bestimmen und den Ort der Bestattung von Sarg oder Urne festlegen. Dabei ist die Bestattungsart nicht nur Ausdruck der Wahlfreiheit, sondern beeinflusst unmittelbar auch die Höhe der entstehenden Kosten. Entsprechend wirkt es sich auch vor dem Hintergrund einer gebotenen sparsamen und wirtschaftlichen öffentlichen Haushaltsführung72- OVG NRW, Urteil vom 14. März 2013 - 6 A 1760/11 -, unter: nrwe.de (Rn. 101) -73als gewichtig aus, dass der Kläger mit seinem Handeln diesen Entscheidungsspielraum der Beklagten verkürzt hat. Insofern dürfen die Prioritäten, die eine Behörde selbst setzen kann, nicht überspielt werden durch private Initiativen, die den öffentlichen Haushalt hernach durch Aufwendungsersatzansprüche belasten,74BVerwG, Urteil vom 6. September 1988 - 4 C 5.86 -, in: juris (Rn. 17).75Zu berücksichtigen ist auch, dass ein Einschreiten des Klägers bereits am 2. April 2012 unter keinem Gesichtspunkt geboten war. Seine geschiedene Frau war erst am Tag zuvor verstorben, so dass die Bestattungsfrist des § 13 Abs. 3 BestG NRW frühestens am 9. April 2012 endete. Bis zum 2. April 2012 wäre der Kläger folglich - wenn überhaupt - berechtigt gewesen, Maßnahmen zur Aufbewahrung des Leichnams zu treffen, sofern dieser nicht vorübergehend im Hospiz hätte verbleiben können. Ein „Notstand“, die Bestattung bereits am 2. April 2012 in Auftrag geben zu müssen, lag so ersichtlich nicht vor; eine wie auch immer geartete sachliche oder zeitliche Dringlichkeit ist nicht zu erkennen.76Ins Gewicht fällt dabei, dass die Ordnungsbehörde seinerzeit eine Bestattung - mangels Kenntnis ‑ gerade nicht abgelehnt hatte. Dem Kläger stand folglich die Möglichkeit zu, die Ordnungsbehörde auch noch am 2. April 2012 über einen Verstorbenen ohne Angehörige zu informieren. Es wäre dann abzuwarten gewesen, wie die Beklage auf diese Mitteilung reagiert und ob sie gleichwohl ihre Bestattungspflicht verneint.77Darüber hinaus war die Gefährdung individueller Rechtsgüter wie Gesundheit oder Eigentum eines Bürgers nicht zu besorgen. Der Zustand (Leiche ohne Angehörige) verursachte weder am 1. noch am 2. April 2012 eine solche Gefährdung. Auch seitens des Hospizes, wo die Person verstarb, war eine solche nicht eingetreten. Gefährdet war allein die Pietät und die laufende Bestattungsfrist. Beide Gesichtspunkte erforderten ein Tätigwerden des Klägers bereits am 2. April 2012 nicht.782.79Ein Anspruch besteht auch nicht aus einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, der in Tatbestand und Rechtsfolgen grundsätzlich dem zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch entspricht und grundsätzlich voraussetzt, dass zu Lasten des Anspruchsberechtigten eine Vermögensverschiebung eingetreten ist, für die ein Rechtsgrund fehlt oder später weggefallen ist,80BVerwG, Urteil vom 17. August 2011 - 6 C 9.10 -, in: juris (Rn. 41).81Der Kläger hat auch aus diesem Rechtgrund keinen Anspruch auf Erstattung der seitens der Beklagten ersparten Beträge für eine Bestattung. Dem Anspruch steht § 814 BGB (analog) sowie der Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben entgegen.82Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist bereits analog § 814 BGB ausgeschlossen.83Nach dem Rechtsgedanken des § 814 BGB, der auch beim öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch Anwendung findet,84BVerwG, Urteil vom 20. März 2003 - 2 C 23.02 -, in: juris (Rn. 27),85kann das zum Zweck der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war.86Der Kläger hatte die im Zeitpunkt der Leistung erforderliche positive Kenntnis von seiner fehlenden Leistungsverpflichtung, von seiner fehlenden Bestattungspflicht. Für die erforderliche positive Kenntnis reichen bloße Zweifel nicht aus. Für die erforderliche positive Kenntnis der Nichtschuld genügt ebenfalls nicht die Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich das Fehlen einer rechtlichen Verpflichtung ergibt; der Leistende muss vielmehr auch wissen, dass er nach der Rechtslage nichts schuldet,87Bay.VGH, Urteil vom 16. November 2009 - 4 BV 07.1902 -, in: juris (Rn. 73).88Eine solche positive Kenntnis lag beim Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der Leistung, also der Beauftragung der Bestattung am 2. April 2012 vor. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger - nach seinem eigenen Vortrag im Schriftsatz vom 12. April 2013 - bereits zuvor versucht, die Ordnungsbehörde telefonisch zur Übernahme der Bestattung zu bewegen. Dies geschah aus dem Grund, dass der Kläger „die Bestattungsaufgabe nicht als seine übernommen hat und übernehmen wollte“. Er ist nach seinem Vortrag der Übernahme gerade entgegengetreten und hat versucht, die von ihm öffentlich-rechtlich zur Bestattung verpflichtete Beklagte zu erreichen. Deutlicher kann nicht zum Ausdruck gebracht werden, dass der Kläger am 2. April 2012 positiv wusste, dass er rechtlich nicht zur Bestattung verpflichtet ist.89Der geltend gemachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch des Klägers ist zudem nach dem Grundsatz von Treu und Glauben, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts zählt, ausgeschlossen,90Bay.VGH, Urteil vom 16. November 2009 - 4 BV 07.1902 -, in: juris (Rn. 74).91Das Klagebegehren scheitert an dem Grundsatz von Treu und Glauben. Dieser in § 242 BGB niedergelegte Grundsatz, dass Leistungen so zu bewirken sind, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern, prägt die gesamte Rechtsordnung und gilt auch im öffentlichen Recht. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts begrenzt er auch den öffentlich- rechtlichen Erstattungsanspruch,92BVerwG, Urteile vom 18. Januar 2001 - 3 C 7.00 -, in: juris (Rn. 27), und vom 6. September 1988 ‑ 4 C 5.86 -, in: juris (Rn. 25).93Dem entsprechend stellt sich das Rückerstattungsverlangen des Kläger unter Berücksichtigung aller Umstände als rechtsmissbräuchlich dar. Es liegen besondere, im Verhalten des Erstattung begehrenden Klägers liegende Umstände vor, die das Rückforderungsbegehren als treuwidrig erscheinen lassen,94BVerwG, Urteil vom 6. September 1988 - 4 C 5.86 -, in: juris (Rn. 25).95Der Kläger hat sich gegenüber der Beklagten nach dem Tod seiner geschiedenen Frau am 1. April 2012 erkennbar treuwidrig verhalten, da er bereits am 2. April 2012 die Bestattung in Auftrag gegeben hat, ohne dass er an diesem Montag, einem Werktag, versucht hat, mit der dem Ordnungsamt der Beklagten (erneut) Kontakt aufzunehmen.96Ein solches Verhalten war durch nichts geboten, zumal die allein gefährdete Bestattungspflicht nicht vor dem 9. April 2012 ablief. Gerade der Vortrag des Klägers unter dem 12. April 2013, dass er sich bereits am 1. April 2012 der Bestattungspflicht der Ordnungsbehörde bewusst gewesen sei und versucht habe, diese telefonisch („vor Kontaktierung der Bestattungshilfe“) zu unterrichten, diese jedoch nicht erreicht habe, da an diesem Sonntag - wie jeden Sonn- oder Feiertag - nur ein Band gelaufen habe, zeigt, dass es der Kläger für seine (Treue-)Pflicht hielt, die Ordnungsbehörde vorab zu unterrichten, damit diese die gebotenen Maßnahmen einleiten kann. Vor diesem Hintergrund ist es nicht erkennbar, weshalb der Kläger hingegen am darauffolgenden Werktag, dem 2. April 2012, nicht mehr an dieser Pflicht festhielt und stattdessen die Bestattung selbst in Auftrag gab. Verlangt er hierfür nun Ersatz, setzt sich sein treuwidriges Verhalten kostenrechtlich fort.97II.98Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung.
die klage wird abgewiesen.der kläger trägt die kosten des verfahrens.der gerichtsbescheid ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des jeweils beizutreibenden betrages abwenden, sofern nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1
2der kläger war bis zum 14. juli 1985 mit frau v. m. verheiratet. diese verstarb am sonntag, dem 1. april 2012 im b. hospiz in o. . frau m. war alleinstehend, ohne angehörige und vermögenslos.3auf bitten der oberin des hospizes veranlasste der kläger am 2. april 2012 die beisetzung von frau m. , nachdem es ihm am 1. april 2012 nicht gelungen war, die beklagte von dem todesfall und den umständen zu unterrichten. hierfür sind ihm kosten in höhe von 1.639,50 euro entstanden, die er verauslagte.4nachfolgend stellte der kläger zunächst beim sozialamt der beklagten einen erstattungsantrag, der abgelehnt wurde, da der kläger aus rechtsgründen nicht bestattungspflichtig sei.5unter dem 13. august 2012 wandte sich der kläger an das ordnungsamt der beklagte mit der bitte um kostenerstattung im hinblick darauf, dass das ordnungsamt mangels öffentlich-rechtlich bestattungspflichtiger zur bestattung verpflichtet gewesen sei.6mit scheiben vom 22. august 2012 lehnte die beklagte eine kostenerstattung. zur begründung führte sie aus, es handele sich nicht um eine ordnungsbehördliche bestattung. es bestehe ein rund um die uhr erreichbarer bereitschaftsdienst des ordnungsamtes, der eine bestattungsrechtliche gefahr kurzfrist beseitigen könne. ein einschreiten sei aber entbehrlich gewesen, da mit der vom kläger in auftrag gegebene bestattung die gefahr beseitigt gewesen sei. ein rechtmittelfähiger bescheid könne mangels ermächtigungsgrundlage nicht ergehen.7mit der am 14. november 2012 erhobenen klage verfolgt der kläger sein erstattungsbegehren weiter. er trägt hierzu im wesentlichen vor: ein anspruch ergebe sich aus dem rechtsinstitut der geschäftsführung ohne auftrag, nachrangig auch aus einem öffentlich-rechtlichen erstattungsanspruch; bei einem anruf an einem sonntag (todestag) bei der beklagten ertöne nur die bandansage, die auf die notfallnummern von polizei und feuerwehr verweise, nicht jedoch auf einen bereitschaftsdienst des ordnungsamtes; in ermangelung eines bestattungspflichtigen nach § 8 bestattungsgesetz (bestg nrw) sei die ordnungsbehörde zur bestattung verpflichtet gewesen; damit liege ein fremdes geschäft vor, welches er für die ordnungsbehörde ohne auftrag übernommen; die geschäftsführung habe auch dem interesse der beklagten entsprochen, da damit eine unaufschiebbare gefahr beseitigt worden sei; der fremdgeschäftsführungswille bestehe, da dieser aufgrund der tatsächlichen vornahme des geschäfts bei objektiv fremden geschäften vermutet werde; letztlich werde er belegt durch den kostenerstattungsantrag beim sozialamt, die geschehnisse am todestag, dem ablauf der bestattungsfrist; auch habe er bereits im mai 2012 mit der beklagten (sozialamt) kontakt aufgenommen; selbst wenn er zeitnah das ordnungsamt informiert hätte, wäre es bei einer kostentragungspflicht der beklagten geblieben, da diese die bestattung hätte veranlassen müssen; im hinblick auf den öffentlich-rechtlichen erstattungsanspruch räume selbst die beklagte ein, ihre gefahrenabwehraufgabe habe sich durch die wahrnehmung seitens des klägers erledigt, so dass sie um die ersparten kosten bereichert sei.8der kläger beantragt sinngemäß,9die beklagte zu verurteilen, an den kläger 1.639,50 euro nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit der klage zu zahlen.10die beklagte beantragt,11die klage abzuweisen.12sie führt hierzu unter vertiefung ihres bisherigen vorbringens aus, es sei vom kläger nach dem 1. april 2012 und bis august 2012 nicht versucht worden, kontakt mit dem ordnungsamt aufzunehmen. eine freistellung des ordnungsamtes sei letztlich deshalb nicht eingetreten, da dieses erreichbar gewesen sei und selbst habe eingreifen können, wenn der bestattungsfall bekannt gewesen wäre. eine gefahr habe nicht vorgelegen, da der kläger die bestattung innerhalb der bestattungsfrist übernommen habe.13wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte und den beigezogenen verwaltungsvorgang des beklagten bezug genommen.14
15der einzelrichter ist für die entscheidung zuständig, nachdem ihm der rechtsstreit durch beschluss der kammer vom 13. märz 2013 gemäß § 6 abs. 1 satz 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) übertragen worden ist.16nach anhörung der beteiligten kann das gericht durch gerichtsbescheid entscheiden, da die sache keine besonderen schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher art aufweist und der sachverhalt geklärt ist. das angefragte einverständnis zur entscheidung ohne mündlichen verhandlung mittels urteil hat der kläger nicht erteilt; der letzte schriftsatz seines bevollmächtigten bezieht sich erneut nur auf dessen erklärung vom 12. april 2013, nach der das (nicht erforderliche) einverständnis besteht, durch gerichtsbescheid zu entscheiden.17die zulässige klage ist nicht begründet.18i.19der kläger hat gegen die beklagte keinen anspruch auf erstattung der von ihm verauslagten kosten für die bestattung seiner von ihm geschiedenen frau.20ein solcher anspruch ergibt sich weder aus dem rechtsinstitut der öffentlich-rechtlichen geschäftsführung ohne auftrag noch aus einem öffentlich-rechtlichen erstattungsanspruch.211.22die voraussetzungen für den aufwendungsersatz gemäß §§ 683 sätze 1 und 2, 670, 679 bürgerliches gesetzbuch (bgb) sind nicht erfüllt.23einem anspruch auf öffentlich-rechtlicher geschäftsführung ohne auftrag steht entgegen, dass weder ein fremdes geschäft (ein geschäft der beklagten) vorlag noch war der kläger als geschäftsführer zur geschäftsführung (bestattung) berechtigt.24die bürgerlich-rechtlichen bestimmungen über die geschäftsführung ohne auftrag (§§ 677 ff. bgb) sind analog anwendbar. in der verwaltungsgerichtlichen rechtsprechung ist geklärt, dass die regelungen über die geschäftsführung ohne auftrag grundsätzlich auch im öffentlichen recht anwendung finden können,25ovg nrw, urteil vom 14. märz 2013 - 6 a 1760/11 -, unter: nrwe.de (rn. 41); bverwg, urteil vom 6. september 1988 - 4 c 5.86 -, in: juris (rn. 13).26wer eine aufgabe erledigt, die, wie er weiß, zum aufgabenbereich einer behörde gehört, tätigt ein objektiv fremdes geschäft und handelt als geschäftsführer ohne auftrag. er kann nach § 683 satz 1 bgb wie ein beauftragter und somit entsprechend § 670 bgb ersatz seiner aufwendungen verlangen, wenn die übernahme der geschäftsführung dem interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen willen des geschäftsherrn entspricht,27ovg nrw, urteil vom 14. märz 2013 - 6 a 1760/11 -, unter: nrwe.de (rn. 49).28nach §§ 683 satz 2 i.v.m. 679 bgb steht dieser anspruch dem geschäftsführer auch dann zu, wenn die übernahme der geschäftsführung mit dem willen des geschäftsherrn in widerspruch steht, aber ohne die geschäftsführung eine pflicht des geschäftsherrn, deren erfüllung im öffentlichen interesse liegt, nicht rechtzeitig erfüllt werden könnte,29ovg nrw, urteil vom 14. märz 2013 - 6 a 1760/11 -, unter: nrwe.de (rn. 50).30danach sind die voraussetzungen für den aufwendungsersatzanspruch nicht gegeben. der kläger hat mit der bestattung seiner geschiedenen ehefrau ein fremdes geschäft besorgt, es handelt sich jedoch nicht um ein geschäft der beklagten.31der kläger war weder zivilrechtlich als erbe oder einer bestehenden totenfürsorgepflicht noch öffentlich-rechtlich im sinne von § 8 abs. 1 satz 1 bestattungsgesetz (bestg nrw) verpflichtet, für die bestattung zu sorgen oder die kosten hierfür zu tragen. insofern war das geschäft für den kläger fremd.32bei der in auftrag gegebenen bestattung handelt es sich aber nicht um ein geschäft der beklagten. dies lässt sich insbesondere nicht aus § 8 bestg nrw ableiten.33nach § 8 abs. 1 satz 2 bestg nrw „hat“ die örtliche ordnungsbehörde die bestattung zu veranlassen, sofern die hinterbliebenen im sinne des § 8 abs. 1 satz 1 bestg nrw ihrer verpflichtung zur bestattung nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen.34bei dieser vorschrift handelt es sich jedoch nicht um eine gesetzliche aufgabenzuweisung an die ordnungsbehörde in jeden fall, in dem die öffentlich-rechtlich bestattungspflichtigen (hinterbliebenen) ihrer bestattungspflicht nicht nachkommen. es handelt sich - insbesondere im hinblick auf die aufgabenzuweisung an die ordnungsbehörde - immer um eine aufgabe der gefahrenabwehr. § 8 abs. 1 satz 2 bestg nrw begründet somit keine verpflichtung, sondern eine rechtliche möglichkeit für ein einschreiten.35mag der wortlaut der vorschrift zunächst auf eine pflicht zum einschreiten hindeuten, ist jedoch von diesem auch eine auslegung gedeckt, die nur eine eingriffsbefugnis vorsieht.36gegen das klägerische verständnis der vorschrift, die ordnungsbehörde habe aufgrund des fehlens von hinterbliebenen einschreiten müssen, sprechen maßgeblich systemtische erwägungen. zu berücksichtigen ist zum einen, dass über die voraussetzungen des § 8 abs. 1 satz 2 bestg nrw hinaus eine gefahr für die öffentliche sicherheit und ordnung vorliegen muss, und zum anderen die vorschrift sich in das gesamtkonzept der bestattungspflicht einfügen muss.37die zuweisung der aufgabe an die örtliche ordnungsbehörde spricht maßgeblich dafür, dass neben dem fehlen eines bestattungspflichtigen oder bestattungswilligen hinterbliebenen zugleich die gefahr zu besorgen ist, dass eine bestattung innerhalb der frist des § 13 abs. 3 bestg nrw (acht tage) nicht stattfindet. nur für den fall, dass niemand die bestattung in auftrag gibt, liegt die öffentlich-rechtliche gefahr vor, dass die öffentliche sicherheit durch ein überschreiten der bestattungsfrist verletzt wird.38die öffentlich-rechtliche bestattungspflicht besteht vorrangig und allein aus gründen der gefahrenabwehr,39bgh, beschluss vom 14. dezember 2011 - iv zr 132/11 -, in: juris (rn. 12); vg chemnitz, urteil vom 28. januar 2011 - 1 k 900/05 -, in: juris (rn. 30).40das eingreifen des staates ist erst gerechtfertigt, wenn es darum geht, zu verhüten, dass durch die mangelnde behandlung des leichnams die sittlichen gefühle größerer kreise der bevölkerung verletzt und die öffentliche gesundheit oder ordnung oder die pietät gefährdet werden,41gaedke, handbuch der friedhofs- und bestattungsrechts (10. auflage), teil ii kap. 2 (rn. 3).42vor diesem hintergrund bleibt das bestattungsrecht durch zuweisung der aufgaben an die örtliche ordnungsbehörde gefahrenabwehrrecht. folglich muss aufgrund der aufgabenzuweisung für ein einschreiten zugleich eine gefahr zu besorgen sein, also eine gefährdung der öffentlichen sicherheid und ordnung im sinne von § 14 abs. 1 ordnungsbehördengesetz (obg nrw). das setzt neben dem ausfallen von bestattungspflichtigen angehörigen im sinne des § 8 abs. 1 satz 1 bestg nrw weiter voraus, dass eine bestattung tatsächlich nicht innerhalb der in § 13 abs. 3 bestg nrw genannten frist durchgeführt wird. die öffentliche sicherheit ist erst dann gefährdet, wenn dieser gesetzesverstoß zu besorgen ist, ohne dass es darauf ankommt, wer die bestattung durchführt. insofern entspricht es nicht der aufgabe der ordnungsbehörde, dafür sorge zu tragen, dass ein totenfürsorgeberechtigter die bestattung durchführt. es geht allein um die öffentlich-rechtliche pflicht, eine bestattung zeitnah durchzuführen, was sich aus pietätsgesichtspunkten mit dem begriff öffentlichen ordnung deckt.43die ermächtigung an die ordnungsgehörde besteht so zum einen nur, wenn hinterbliebene ausfallen, und zum anderen nur, „um“ gefahren für die öffentliche sicherheit und ordnung abzuwehren,44bgh, beschluss vom 14. dezember 2011 - iv zr 132/11 -, in: juris (rn. 12).45eine ordnungsbehördliche pflicht zum einschreiten besteht folglich erst dann, wenn „niemand“ für die bestattung sorgt,46bgh, beschluss vom 14. dezember 2011 - iv zr 132/11 -, in: juris (rn. 12); ag brandenburg, urteil vom 5. juli 2013 - 35 c 16/13 -, in: juris (rn. 30).47fehl geht - zum dortigen landesrecht - die auffassung des oberverwaltungsgerichts für das land schleswig-holstein,48ovg sh, urteil vom 18. januar 2006 - 2 lb 10/05 -, in: juris (rn. 35); ähnlich: ovg nrw, beschluss vom 2. mai 2013 - 19 e 313/12 -, unter: nrwe.de (rn. 5).49ausgeführt ist dort, eine erforderliche konkrete gefahr, die anlass einer ordnungsbehördlichen maßnahme sein könnte, liege nach dem tode einer person nur dann vor, wenn „kein angehöriger“ von seinem recht der totenfürsorge gebrauch macht und die erforderlichen maßnahmen zur bestattung veranlasst.50bereits die nachfolgende argumentation des gerichts zeigt dabei den gedanklichen fehler auf. das gericht argumentiert, eine entsprechende behördliche anordnung, die sogleich nach dem tode einer person erginge, verletzte das recht der angehörigen auf totenfürsorge und wäre ermessensfehlerhaft. das ist zutreffend, verwechselt aber die tatbestandseite der ermächtigungsgrundlage mit deren möglichen rechtsfolgen. eine gefahr liegt erst vor, wenn sich niemand um die bestattung kümmert. an wen eine mögliche ordnungsverfügung ergehen könnte, um der bestattung nachzukommen, ist davon unabhängig. dass diese nur an die in § 8 abs. 1 satz 1 bestg nrw genannten hinterbliebenen ergehen kann, liegt - öffentlich-rechtlich - auf der hand. die daraus gezogene folge, der tatbestand der eingriffsnorm sei aber bereits deshalb erfüllt, ergibt sich daraus gerade nicht.51eine solche auslegung wäre auch mit dem recht der totenfürsorge nicht vereinbar. obliegt die totenfürsorge gewohnheitsrechtlich in erster linie den nächsten familienangehörigen zu, kann sie gleichwohl einem anderen dann zustehen, wenn der verstorbene ihn ausdrücklich mit der wahrnehmung dieser belange betraut hat, auch wenn es sich nicht um einen angehörigen handelt,52gaedke, handbuch der friedhofs- und bestattungsrechts (10. auflage), teil ii kap. 2 (rn. 5).53das recht der totenfürsorge betont auch das ovg nrw im genannten beschluss vom 2. mai 2013. argumentativ wird im hinblick auf die bestattungspflicht der ordnungsbehörde nach § 8 abs. 1 satz 2 bestg nrw darauf abgestellt, dass der bestattungspflicht nicht nachgekommen wird und alle zumutbaren maßnahmen zu ermittlung und benachrichtigung bestattungspflichtiger erfolglos geblieben sind; vorher darf die ordnungsbehörde die bestattung weder den angehörigen aufgeben noch selbst vornehmen, weil dies sowohl gegen die menschenwürde des verstorbenen aus art. 1 abs. 1 gg als auch gegen das recht der angehörigen auf totenfürsorge aus art. 2 abs. 1 gg verstoße,54ovg nrw, beschluss vom 2. mai 2013 - 19 e 313/12 -, unter: nrwe.de (rn. 5).55dass das ovg nrw dabei argumentativ allein auf die angehörigen des verstorbenen abstellt, greift allerdings - wie ausgeführt - zu kurz. nicht angesprochen wird - weil es der fall nicht hergab - das recht auf totenfürsorge der sonst zivilrechtlich verpflichteten. so entspricht es von alters her der pietät und den sittlichen anschauungen, dass etwa bei der auswahl der letzten ruhestätte oder einer umbettung tunlichst der wille des verstorbenen gewahrt wird, gleichviel, ob er formgerecht erklärt oder sonstwie zu ermitteln ist. das gebietet die pietät aber auch das recht, weil das recht der persönlichkeit eines verstorbenen noch in seinem leichnam als fortwirkend angesehen wird,56rg, urteil vom 28. oktober 1920 - vi 261/20 -, in: rgz 100, 171 (172); bgh, urteil vom 26. oktober 1977 - iv zr 151/76 -, in: juris (rn. 7); ovg nrw, urteil vom 12. dezember 2012 - 19 a 2207/11-, unter: nrwe.de (rn. 51, 56); ovg nrw, beschluss vom 2. mai 2013 - 19 e 313/12 -, unter: nrwe.de (rn. 5).57entsprechend fügt sich allein die auffassung, die ermächtigung des § 8 abs. 1 satz 2 bestg nrw greife erst, wenn niemand die bestattung übernimmt, in das normengeflecht ein. allein diese auslegung lässt sich systematisch mit den parallel bestehenden zivilrechtlichen bestattungspflichten in einklang bringen.58die öffentliche-rechtliche bestattungspflicht nach § 8 abs. 1 satz 2 bestg nrw besteht unabhängig von zivilrechtlichen pflichten, der erbenstellung oder dem totenfürsorgerecht,59bgh, beschluss vom 14. dezember 2011 - iv zr 132/11 -, in: juris (rn. 12).60die gesetzgeberische wertung, bestattungspflichten zivilrechtlich und zugleich öffentlich-rechtlich auszugestalten, ist von der verwaltung zu respektieren.61geklärt ist, dass die reihenfolge der totenfürsorgeberechtigten und -verpflichteten angehörigen nicht unabänderlich feststeht. es geht nicht um die strikte anwendung der in § 8 abs. 1 satz 1 bestg nrw bestimmten reihenfolge. vielmehr ist für das privatrechtliche totenfürsorgerecht zunächst der wille des erblassers maßgeblich. dieser kann nicht nur die art und weise seiner beerdigung, sondern auch diejenige person, die er mit der wahrnehmung dieser belange betraut, bestimmen, selbst wenn diese nicht unmittelbar zum kreis der sonst berufenen angehörigen zählt,62bgh, beschluss vom 14. dezember 2011 - iv zr 132/11 -, in: juris (rn. 15).63unter zugrundelegung der rechtsauffassung des klägers entsteht somit dann ein wertungswiderspruch, wenn nach dem willen des verstorbenen eine person die totenfürsorge übernehmen soll (und will), der nicht zum kreis der in § 8 abs. 1 satz 1 bestg nrw genannten hinterbliebenen gehört. nach auffassung des klägers „hat“ in diesem fall die ordnungsbehörde die bestattung zu übernehmen - und damit auch die art und weise der bestattung zu bestimmen -, ohne dass sie sich dieser verpflichtung entledigen kann. der aufgezeigte widerspruch zwischen einer so verstandenen öffentlich-rechtlichen bestattungspflicht und dem nach dem maßgeblichen willen des verstorbenen auszuübenden totenfürsorgerecht bliebe unauflöslich. demgegenüber entsteht bei einer auslegung, dass die ordnungsbehördliche bestattungspflicht erst einsetzt, wenn niemand für die bestattung sorgt, der aufgezeigte widerspruch erst gar nicht.64aber selbst bei unterstellter wahrnehmung eines geschäfts der beklagten (geschäftsherr) war der kläger als geschäftsführer gegenüber dieser zur geschäftsführung (bestattung) nicht berechtigt.65eine solche berechtigung liegt grundsätzlich nur vor, wenn die übernahme der geschäftsführung dem interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen willen des geschäftsherrn entspricht (§ 683 satz 1 bgb analog). der entgegenstehende wille des geschäftsherrn schließt jedoch analog § 683 satz 2 bgb einen aufwendungsersatzanspruch nicht aus, wenn ohne die geschäftsführung eine pflicht des geschäftsherrn, deren erfüllung im öffentlichen interesse liegt, nicht rechtzeitig erfüllt werden könnte (§ 679 bgb analog),66ovg nrw, urteil vom 14. märz 2013 - 6 a 1760/11 -, unter: nrwe.de (rn. 92).67dabei kann die frage, ob die voraussetzungen des § 679 bgb gegeben sind, bei der analogen anwendung der bestimmungen über die geschäftsführung ohne auftrag im öffentlichen recht nur unter berücksichtigung aller umstände und in der regel auch nur unter abwägung etwa widerstreitender öffentlicher belange beurteilt werden,68bverwg, urteil vom 6. september 1988 - 4 c 5.86 -, in: juris (rn. 16); ovg nrw, urteil vom 14. märz 2013 - 6 a 1760/11 -, unter: nrwe.de (rn. 95).69ein öffentliches interesse muss danach nicht allein an der erfüllung der aufgabe an sich, sondern darüber hinaus daran bestehen, dass diese in der gegebenen situation von dem privaten geschäftsführer wahrgenommen wurde. in diesem rechtlichen zusammenhang sind die einschlägigen sachgesichtspunkte zu würdigen, die für das öffentliche interesse bestimmend sein können. zu eng ist danach eine sichtweise, die allein auf einen notstand im hinblick auf die von der betroffenen behörde wahrzunehmenden öffentlichen aufgaben abstellt. ein öffentliches interesse an einer auftragslosen geschäftsführung privater für eine behörde kann vielmehr auch durch andere gesichtspunkte begründet sein, etwa durch den schutz individueller rechtsgüter. dabei sind sowohl die sachliche und zeitliche dringlichkeit der aufgabe und die sachnähe des betroffenen, seine konkreten handlungs- und zugriffsmöglichkeiten als auch - parallel dazu - das verhalten und die handlungsmöglichkeiten der zuständigen behörden zu würdigen. von bedeutung ist auch und insbesondere, dass der behörde zustehende handlungsspielräume gewahrt und die prioritäten, die eine behörde selbst setzen kann, nicht überspielt werden durch private initiativen, die den öffentlichen haushalt hernach durch aufwendungsersatzansprüche belasten. es geht grundsätzlich nicht an, dass ein träger öffentlicher verwaltung durch private initiative im hinblick auf das ob und wie einer konkreten maßnahme vor vollendete tatsachen gestellt wird, wenn ihm in dieser hinsicht ein ermessen eingeräumt ist.70die anzustellende gesamtabwägung fällt zu lasten des klägers aus; ein öffentliches interesse an der geschäftsführung durch ihn bestand nicht.71die vom kläger veranlasste bestattung verkürzte zunächst die der behörde zustehenden handlungsspielräume. über die art und weise entscheidet der bestattungspflichtige unter berücksichtigung des maßgeblichen willens des verstorbenen. lag - wie hier - ein solcher nicht vor, darf der bestattungspflichtige, mithin die nach § 8 abs. 1 satz 2 bestg nrw zuständig gewordenen ordnungsbehörde - unter berücksichtigung sonstiger öffentlich-rechtlicher maßstäbe - die art der bestattung (feuer- oder erdbestattung) bestimmen und den ort der bestattung von sarg oder urne festlegen. dabei ist die bestattungsart nicht nur ausdruck der wahlfreiheit, sondern beeinflusst unmittelbar auch die höhe der entstehenden kosten. entsprechend wirkt es sich auch vor dem hintergrund einer gebotenen sparsamen und wirtschaftlichen öffentlichen haushaltsführung72- ovg nrw, urteil vom 14. märz 2013 - 6 a 1760/11 -, unter: nrwe.de (rn. 101) -73als gewichtig aus, dass der kläger mit seinem handeln diesen entscheidungsspielraum der beklagten verkürzt hat. insofern dürfen die prioritäten, die eine behörde selbst setzen kann, nicht überspielt werden durch private initiativen, die den öffentlichen haushalt hernach durch aufwendungsersatzansprüche belasten,74bverwg, urteil vom 6. september 1988 - 4 c 5.86 -, in: juris (rn. 17).75zu berücksichtigen ist auch, dass ein einschreiten des klägers bereits am 2. april 2012 unter keinem gesichtspunkt geboten war. seine geschiedene frau war erst am tag zuvor verstorben, so dass die bestattungsfrist des § 13 abs. 3 bestg nrw frühestens am 9. april 2012 endete. bis zum 2. april 2012 wäre der kläger folglich - wenn überhaupt - berechtigt gewesen, maßnahmen zur aufbewahrung des leichnams zu treffen, sofern dieser nicht vorübergehend im hospiz hätte verbleiben können. ein „notstand“, die bestattung bereits am 2. april 2012 in auftrag geben zu müssen, lag so ersichtlich nicht vor; eine wie auch immer geartete sachliche oder zeitliche dringlichkeit ist nicht zu erkennen.76ins gewicht fällt dabei, dass die ordnungsbehörde seinerzeit eine bestattung - mangels kenntnis ‑ gerade nicht abgelehnt hatte. dem kläger stand folglich die möglichkeit zu, die ordnungsbehörde auch noch am 2. april 2012 über einen verstorbenen ohne angehörige zu informieren. es wäre dann abzuwarten gewesen, wie die beklage auf diese mitteilung reagiert und ob sie gleichwohl ihre bestattungspflicht verneint.77darüber hinaus war die gefährdung individueller rechtsgüter wie gesundheit oder eigentum eines bürgers nicht zu besorgen. der zustand (leiche ohne angehörige) verursachte weder am 1. noch am 2. april 2012 eine solche gefährdung. auch seitens des hospizes, wo die person verstarb, war eine solche nicht eingetreten. gefährdet war allein die pietät und die laufende bestattungsfrist. beide gesichtspunkte erforderten ein tätigwerden des klägers bereits am 2. april 2012 nicht.782.79ein anspruch besteht auch nicht aus einem öffentlich-rechtlichen erstattungsanspruch, der in tatbestand und rechtsfolgen grundsätzlich dem zivilrechtlichen bereicherungsanspruch entspricht und grundsätzlich voraussetzt, dass zu lasten des anspruchsberechtigten eine vermögensverschiebung eingetreten ist, für die ein rechtsgrund fehlt oder später weggefallen ist,80bverwg, urteil vom 17. august 2011 - 6 c 9.10 -, in: juris (rn. 41).81der kläger hat auch aus diesem rechtgrund keinen anspruch auf erstattung der seitens der beklagten ersparten beträge für eine bestattung. dem anspruch steht § 814 bgb (analog) sowie der rechtsgrundsatz von treu und glauben entgegen.82der öffentlich-rechtliche erstattungsanspruch ist bereits analog § 814 bgb ausgeschlossen.83nach dem rechtsgedanken des § 814 bgb, der auch beim öffentlich-rechtlichen erstattungsanspruch anwendung findet,84bverwg, urteil vom 20. märz 2003 - 2 c 23.02 -, in: juris (rn. 27),85kann das zum zweck der erfüllung einer verbindlichkeit geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der leistende gewusst hat, dass er zur leistung nicht verpflichtet war.86der kläger hatte die im zeitpunkt der leistung erforderliche positive kenntnis von seiner fehlenden leistungsverpflichtung, von seiner fehlenden bestattungspflicht. für die erforderliche positive kenntnis reichen bloße zweifel nicht aus. für die erforderliche positive kenntnis der nichtschuld genügt ebenfalls nicht die kenntnis der tatsachen, aus denen sich das fehlen einer rechtlichen verpflichtung ergibt; der leistende muss vielmehr auch wissen, dass er nach der rechtslage nichts schuldet,87bay.vgh, urteil vom 16. november 2009 - 4 bv 07.1902 -, in: juris (rn. 73).88eine solche positive kenntnis lag beim kläger im maßgeblichen zeitpunkt der leistung, also der beauftragung der bestattung am 2. april 2012 vor. zu diesem zeitpunkt hatte der kläger - nach seinem eigenen vortrag im schriftsatz vom 12. april 2013 - bereits zuvor versucht, die ordnungsbehörde telefonisch zur übernahme der bestattung zu bewegen. dies geschah aus dem grund, dass der kläger „die bestattungsaufgabe nicht als seine übernommen hat und übernehmen wollte“. er ist nach seinem vortrag der übernahme gerade entgegengetreten und hat versucht, die von ihm öffentlich-rechtlich zur bestattung verpflichtete beklagte zu erreichen. deutlicher kann nicht zum ausdruck gebracht werden, dass der kläger am 2. april 2012 positiv wusste, dass er rechtlich nicht zur bestattung verpflichtet ist.89der geltend gemachte öffentlich-rechtliche erstattungsanspruch des klägers ist zudem nach dem grundsatz von treu und glauben, der zu den allgemeinen grundsätzen des verwaltungsrechts zählt, ausgeschlossen,90bay.vgh, urteil vom 16. november 2009 - 4 bv 07.1902 -, in: juris (rn. 74).91das klagebegehren scheitert an dem grundsatz von treu und glauben. dieser in § 242 bgb niedergelegte grundsatz, dass leistungen so zu bewirken sind, wie treu und glauben mit rücksicht auf die verkehrssitte es erfordern, prägt die gesamte rechtsordnung und gilt auch im öffentlichen recht. nach der gefestigten rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts begrenzt er auch den öffentlich- rechtlichen erstattungsanspruch,92bverwg, urteile vom 18. januar 2001 - 3 c 7.00 -, in: juris (rn. 27), und vom 6. september 1988 ‑ 4 c 5.86 -, in: juris (rn. 25).93dem entsprechend stellt sich das rückerstattungsverlangen des kläger unter berücksichtigung aller umstände als rechtsmissbräuchlich dar. es liegen besondere, im verhalten des erstattung begehrenden klägers liegende umstände vor, die das rückforderungsbegehren als treuwidrig erscheinen lassen,94bverwg, urteil vom 6. september 1988 - 4 c 5.86 -, in: juris (rn. 25).95der kläger hat sich gegenüber der beklagten nach dem tod seiner geschiedenen frau am 1. april 2012 erkennbar treuwidrig verhalten, da er bereits am 2. april 2012 die bestattung in auftrag gegeben hat, ohne dass er an diesem montag, einem werktag, versucht hat, mit der dem ordnungsamt der beklagten (erneut) kontakt aufzunehmen.96ein solches verhalten war durch nichts geboten, zumal die allein gefährdete bestattungspflicht nicht vor dem 9. april 2012 ablief. gerade der vortrag des klägers unter dem 12. april 2013, dass er sich bereits am 1. april 2012 der bestattungspflicht der ordnungsbehörde bewusst gewesen sei und versucht habe, diese telefonisch („vor kontaktierung der bestattungshilfe“) zu unterrichten, diese jedoch nicht erreicht habe, da an diesem sonntag - wie jeden sonn- oder feiertag - nur ein band gelaufen habe, zeigt, dass es der kläger für seine (treue-)pflicht hielt, die ordnungsbehörde vorab zu unterrichten, damit diese die gebotenen maßnahmen einleiten kann. vor diesem hintergrund ist es nicht erkennbar, weshalb der kläger hingegen am darauffolgenden werktag, dem 2. april 2012, nicht mehr an dieser pflicht festhielt und stattdessen die bestattung selbst in auftrag gab. verlangt er hierfür nun ersatz, setzt sich sein treuwidriges verhalten kostenrechtlich fort.97ii.98die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 1 satz 1 und abs. 2 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 satz 1 zivilprozessordnung.
Verklagte*r
0
142,809
L 18 KN 70/15
2015-12-22T00:00:00
Urteil
Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.9.2013 geändert. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 13.1.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.4.2012 verurteilt, dem Kläger überzahlte Beiträge in Höhe von EUR 4.778,64 zu erstatten. Der Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen jeweils zur Hälfte. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert für das zweitinstanzliche Verfahren wird bis zum 17.12.2015 auf EUR 9.396,32, ab dem 18.12.2015 auf EUR 4.778,64 festgesetzt. 1Tatbestand: 2Streitig ist die Erstattung von (Arbeitgeber-)Sozialversicherungsbeiträgen. 3Der klagende Verein (fortan: der Kläger) ist durch Bescheid des Finanzamtes C-Innenstadt nach § 5 Abs 1 Nr 9 Körperschaftssteuergesetz von der Körperschaftssteuer befreit, da er ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten, gemeinnützigen Zwecken im Sinne der §§ 51ff Abgabenordnung (AO) dient. Er ist (u.a.) Träger der Offenen Ganztagsschule (OGS) der B-schule - Gemeinschaftsgrundschule der Bundesstadt C - und beschäftigt dort im Rahmen geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse Ergänzungskräfte, die nebenberuflich die dortigen Erzieher und Erzieherinnen erzieherisch, betreuend und teilweise auch unterrichtend unterstützen. Für diese geringfügig Beschäftigten zahlt der Kläger an die Beklagte pauschale Lohnsteuer (in Höhe von 2% des Entgeltes) und Pauschalbeiträge zur Kranken- und Rentenversicherung in Höhe von 13% (bis 30.6.2006: 10%) bzw 15% (bis 30.6.2006: 13%) des Entgelts. 4In den Jahren 2006-2008 beschäftigte der Kläger die folgenden nebenberuflich erzieherisch und betreuend tätigen Ergänzungskräfte und zahlte ihnen die angegebenen jährlichen Arbeitsentgelte (fortan: streitige Arbeitsentgelte): 5Jahr 206 Beschäftigter - Entgelt in EUR 6B - 1.020,00 EUR B1 - 525,00 EUR C - 15,00 EUR L - 560,00 EUR T - 228,75 EUR T1 - 1.627,50 EUR Summe = 3.976,25 EUR 7Jahr 2007 Beschäftigter - Entgelt in EUR 8B - 1.158,75 EUR B1 - 630,00 EUR N - 453,75 EUR N1 - 240,00 EUR O - 510,00 EUR T - 401,25 EUR T1 - 1.456,85 EUR T2 - 380,63 EUR 9Summe = 5.231,23 EUR 10Jahr 2008 Beschäftigter - Entgelt in EUR 11B - 941,25 EUR B1 - 318,75 EUR I - 941,24 EUR N - 3.563,74 EUR O - 2.255,62 EUR S - 241,88 EUR T - 922,49 EUR T1 - 670,00 EUR 12Summe = 9.854,97 EUR 13Gesamtsumme = 19.062,45 EUR 14Für 2006 entfielen auf die erste Jahreshälfte EUR 2.110,01, auf die zweite Jahreshälfte EUR 1.866,24 des Entgelts. Der Kläger entrichtete auf die streitigen Arbeitsentgelte pauschale Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 25% (bis 30.6.2006) bzw 30%, ohne eine (teilweise) Steuerfreiheit nach § 3 Nr 26 Einkommenssteuergesetz (EStG) zu berücksichtigen. 15Die Deutsche Rentenversicherung Bund führte in der Zeit vom 27.4. bis 9.7.2009 beim Kläger eine Prüfung nach § 28p SGB IV durch (Zeitraum vom 1.1.2005 bis 31.12.2008) und teilte ihm mit, die stichprobenweise durchgeführte Prüfung habe keine Feststellungen ergeben (Schreiben vom 14.7.2009). 16Im Dezember 2009 bat der Kläger die Beklagte um rückwirkende Berücksichtigung der sog. "Übungsleiter-Pauschale" nach § 3 Nr 26 EStG für die letzten fünf Jahre; ein Betriebsprüfer habe darauf hingewiesen, dass diese Vorschrift anzuwenden sei (Schreiben vom 18.12.2009). Die Beklagte riet dem Kläger, sich wegen der Anwendung des § 3 Nr 26 EStG "an das zuständige Finanzamt" zu wenden. Soweit dieses zu einer Steuerfreiheit der Einnahmen gelange, komme ggf. eine Erstattung gezahlter Beiträge, jedoch unter Beachtung der Verjährungsvorschriften sowie des Betriebsprüfbescheides vom 20.9.2005 (Prüfzeitraum 1.1.2001 bis 30.6.2005) in Betracht. Ferner sei seit Mitte 2009 eine Betriebsprüfung anberaumt bzw. laufe bereits. Der geschilderte Sachverhalt sei im Rahmen dieser Prüfung zu beanstanden (Schreiben vom 27.1.2010). 17Im November 2010 beantragte der Kläger, bei der Berechnung des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts für die Jahre 2005-2008 § 3 Nr 26 EStG iVm § 14 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) rückwirkend zu berücksichtigen. Der ihm zu erstattende Betrag belaufe sich auf 10.071,19 EUR (Schreiben vom 10.11.2010). 18Die Beklagte erwiderte, die Betriebsprüfung für die Jahre 2005 bis 2008 sei ohne Beanstandung abgeschlossen worden. Es hätten keine Anhaltspunkte für die Anwendung des Freibetrages nach § 3 Nr 26 EStG vorgelegen. Darüber hinaus entstünden Beitragsansprüche, sobald ihre Voraussetzungen vorlägen. Das "Prinzip der vorausschauenden Betrachtung von Sozialversicherungsverhältnissen" und der "Grundsatz, dass abgewickelte Sozialversicherungsverhältnisse nachträglich in ihrem Bestand nicht mehr verändert werden könnten" verhinderten eine nachträgliche Minderung des ursprünglich entstandenen, bereits fällig gewordenen Sozialversicherungsbeitrages. Die "steuerliche Rückrechnungsmöglichkeit" könne nicht auf das Recht der Sozialversicherung übertragen werden. Mit dem Beitragsabzug sei das sozialversicherungsrechtliche Versicherungsverhältnis für den entsprechenden Zeitraum abgewickelt. Der eventuell steuerrechtlich zulässige Wechsel habe damit sozialversicherungsrechtlich nachträglich keine Minderung des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts zur Folge. Eine Berücksichtigung komme nur für die Zukunft in Betracht. Für die Vergangenheit verbleibe es bei der bisherigen Verfahrensweise (Schreiben vom 13.1.2011 ohne Rechtsbehelfsbelehrung). 19Den Widerspruch des Klägers (vom 16.1.2012) wies die Beklagte zurück: Die Anspruchsvoraussetzungen des § 26 Abs 2 SGB IV seien nicht erfüllt, da die Beiträge nicht zu Unrecht entrichtet worden seien. Zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Beitragsentrichtung sei auf den Zeitpunkt der Fälligkeit abzustellen. Zum Zeitpunkt der Entrichtung der Pauschalbeiträge seien die gezahlten Aufwandsentschädigungen nach § 40a Abs 2 EStG pauschal besteuert worden und hätten daher auch der Beitragspflicht in der Sozialversicherung unterlegen. Die zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu Recht entrichteten Beiträge könnten somit nicht rückwirkend für zu Unrecht entrichtet erklärt werden. Bei Anwendung des "Grundsatzes der vorausschauenden Beurteilung" führe die "rückwirkende Inanspruchnahme der Steuerfreiheit nach § 3 Nr 26 EStG" für gezahlte Aufwandsentschädigungen nicht zu einer nachträglichen Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung. Ferner könne es im Sozialversicherungsrecht aus Gründen der Rechtssicherheit grundsätzlich nicht hingenommen werden, dass nach Auszahlung des Arbeitsentgelts und dessen Nachweis gegenüber der Einzugsstelle die Bestimmung über die endgültige Höhe des Arbeitsentgelts und damit die Höhe der Beträge von ungewissen, in der Zukunft liegenden Ereignissen abhänge. Daher dürfe in abgewickelte Vertragsverhältnisse grundsätzlich nicht mehr rückwirkend eingegriffen werden (Widerspruchsbescheid vom 24.4.2012). 20Mit seiner Klage vom 23.5.2012 hat der Kläger die Erstattung der seit dem Jahr 2006 zu hoch geleisteten pauschalen Abgaben in Höhe von EUR 9.396,32 begehrt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 26 Abs 2 SGB IV seien erfüllt. Die gezahlten Entgelte seien gemäß § 3 Nr 26 EStG (teilweise) steuerfrei gewesen, so dass die Entgelte in diesem Umfang kein Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs 1 Satz 3 SGB IV gewesen seien. Es liege ein Rechtsanwendungsfehler (Nichtanwendung des § 3 Nr 26 EStG) vor. Dies werde nachträglich geltend gemacht. Weder sei eine Verjährung noch eine Verwirkung des Erstattungsanspruchs eingetreten. 21Das SG Köln hat die Deutsche Rentenversicherung Bund zum Verfahren beigeladen (Beschluss vom 7.12.2012), die sich dem Vorbringen der Beklagten angeschlossen hat, und den Rechtsstreit in Höhe der gezahlten Pauschalsteuer abgetrennt und an das Finanzgericht (FG) Köln verwiesen (Beschluss vom 20.12.2012). 22Im Übrigen hat das SG Köln die Klage abgewiesen: Im Zeitpunkt der Fälligkeit seien die Beiträge zu Recht entrichtet worden, da der Kläger in diesem Zeitpunkt von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, (auch) die gezahlte Aufwandsentschädigung nach § 40a EStG pauschal zu besteuern. Damit hätten diese Entgelte zu Recht auch der Beitragspflicht in der Sozialversicherung unterlegen. Der sodann vorgenommene Wechsel in der Beurteilung und die rückwirkende Inanspruchnahme der Steuerfreiheit nach § 3 Nr 26 EStG führten nicht zu einer nachträglichen Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung (Urteil vom 25.9.2013, dem Kläger am 7.10.2013 zugestellt). 23Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 4.11.2013 Berufung eingelegt: Die Beiträge seien von Beginn an zu Unrecht entrichtet worden, weil er bei der Zahlung § 14 Abs 1 Satz 3 SGB IV iVm § 3 Nr 26 EStG unbewusst und irrtümlich nicht beachtet habe. Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr 26 EStG greife zum Zahlungszeitpunkt, ohne dass eine Handlung oder Antragstellung erforderlich gewesen seien. Im Zahlungszeitpunkt hätten die Voraussetzungen des § 3 Nr 26 EStG vorgelegen. Das Besteuerungsverfahren nach § 40a Abs 2 EStG greife entgegen der Auffassung des SG bei jeder geringfügigen Beschäftigung, bei der keine Individualbesteuerung vorgenommen werde. Durch § 3 Nr 26 EStG werde lediglich die Bemessungsgrundlage reduziert. Ein "Wechsel der Beurteilung" habe nicht stattgefunden. Er, der Kläger, habe lediglich (verspätet) die zutreffende Rechtslage erkannt und kein rechtsgestaltendes Verhalten vorgenommen. 24Der Kläger hat zunächst auch in zweiter Instanz die Erstattung entrichteter Arbeitgeberbeiträge von Höhe von EUR 9.329,32 begehrt, in der (letzten) mündlichen Verhandlung aber nur noch beantragt, 25das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.9.2013 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 13.1.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.4.2012 zu verurteilen, ihm überzahlte Beiträge in Höhe von 4.778,64 EUR zu erstatten. 26Die Beklagte beantragt, 27die Berufung zurückzuweisen. 28Sie nimmt Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und die Entscheidungsgründe des SG. Der Ausgang des Verfahrens vor dem FG Köln habe keine Auswirkung auf das vorliegende Verfahren. Es sei der in der Sozialversicherung geltende Grundsatz zu beachten, wonach in abgewickelte Versicherungsverhältnisse grundsätzlich nicht mehr rückwirkend eingegriffen werden dürfe. Seien Beiträge zum Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu Recht entrichtet worden, so könnten sie nicht rückwirkend für zu Unrecht entrichtet erklärt werden: 29Der Senat hat den Beschluss des SG Köln über die Beiladung der Deutschen Rentenversicherung Bund aufgehoben (Beschluss vom 7.3.2014). 30Das FG Köln hat die Beklagte - als zuständige Finanzbehörde (§ 6 Abs 2 Nr 8 AO) - verpflichtet, die Bescheide über die pauschale Lohnsteuer gemäß § 40a EStG für die Jahre 2005 bis 2008 zu ändern und die festgesetzte Lohnsteuer für die oben näher bezeichneten Beschäftigten bis zum in § 3 Nr 26 EStG geregelten Höchstbetrag von EUR 1.848 (bis 30.6.2006) bzw. EUR 2.100 um jeweils 2% zu reduzieren. Die in Streit stehenden Arbeitsentgelte seien nach § 3 Nr 26 EStG steuerfreie Einnahmen. Sie zählten gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 SGB IV nicht zum Arbeitsentgelt iS des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, das Bemessungsgrundlage der pauschalen Lohnsteuer gemäß § 40a Abs 2 EStG sei. 31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den weiteren Inhalt der Gerichts-, Verwaltungs- und der beigezogenen Gerichtsakte des FG Köln (Aktenzeichen (Az) 6 K 116/13) Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind. 32Entscheidungsgründe: 33A. Die Berufung ist - soweit der Senat über sie noch zu entscheiden hat - begründet. Entgegen der Auffassung des SG hat der Kläger gegen die Beklagte einen Erstattungsanspruch in Höhe von EUR 4.778,64. 34I. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist ausweislich des in der (letzten) mündlichen Verhandlung gestellten Sachantrags nur noch ein Anspruch des Klägers auf Erstattung überzahlter (Arbeitgeber-)Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 4.778,64. Soweit der Kläger darüber hinaus zunächst einen Anspruch auf Erstattung weiterer EUR 4.550,68 geltend gemacht hatte, hat er die Berufung durch die Beschränkung des Sachantrags teilweise (konkludent) zurückgenommen. Damit ist das angefochtene Urteil insoweit rechtskräftig geworden und der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. 35II. Die (Rest-)Klage ist zulässig und begründet. 361. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft, § 54 Abs 4 SGG. Es kann dahin stehen, ob der Kläger gegen die im Schreiben der Beklagten vom 13.1.2011 zum streitigen Erstattungsanspruch getroffene Regelung fristgerecht Widerspruch eingelegt hat. Die Beklagte hat eine etwaige Fristversäumnis geheilt, indem sie - zulässigerweise - den mit dem Widerspruch weiter verfolgten Erstattungsanspruch materiell geprüft und damit der materiellen Gerechtigkeit den Vorrang eingeräumt hat. Daran ist das Gericht gebunden (BSG SozR 1500 § 84 Nr 3; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer. SGG. 11. Aufl. 2014, § 84 Rdnr 7 mwN; Erkelenz in: Jansen. Kommentar zum SGG. 4. Aufl. 2012, § 84 Rdnr 6). 37Eine Beiladung Dritter (Fremdversicherungsträger; Beschäftigter) ist nicht notwendig, § 75 Abs 2 SGG. Dies beruht darauf, dass solche Dritte an dem streitigen Rechtsverhältnis nicht in dem Sinne beteiligt sind, dass die Entscheidung auch Ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Die Beschäftigten des Klägers, für die die streitigen Arbeitgeberbeiträge entrichtet worden sind, sind nicht selbst Versicherte, die aus den Beiträgen unmittelbar Ansprüche erwerben, sondern nach §§ 7 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) bzw 5 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung versicherungsfrei. Daraus folgt, dass kein Mitgliedschaftsverhältnis gegenüber Fremdversicherern besteht. Die Beklagte verteilt die vereinnahmten Arbeitgeberbeiträge vielmehr nach dem gesetzlich vorgegebenen Schlüssel, § 28k SGB IV. 382. Die (Rest-)Klage ist begründet. Entgegen der Auffassung des SG ist der Kläger durch den Bescheid vom 13.1.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.4.2012 (§ 95 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) beschwert, weil dieser Bescheid rechtswidrig ist, soweit die Beklagte darin die Erstattung überzahlter Arbeitgeberbeiträge in Höhe von EUR 4.778,64 ablehnt, § 54 Abs 2 S 1 SGG. Der Anspruch des Klägers auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge in Höhe von EUR 4.778,64 folgt aus § 26 Abs 2 iVm Abs 3 S 1 SGB IV. 39Nach § 26 Abs 2 1. Halbsatz, Abs 3 Satz 1 SGB IV sind zu Unrecht entrichtete Beiträge demjenigen zu erstatten, der die Beiträge getragen hat. Aktivlegitimiert ist danach hier (ausschließlich) der Kläger. 40Zu Unrecht entrichtet sind Beiträge, wenn und soweit sie zum Zeitpunkt der Beitragsentrichtung (vgl. zu diesem maßgeblichen Zeitpunkt: Bundessozialgericht ( BSG), Urt vom 25.1.1995, Az 12 RK 51/93 = SozR 3-2400 § 26 Nr 6; BSG, Urt vom 30.6.1997, Az 8 RKn 3/96 = SozR 3-2400 § 26 Nr 8; KomGRV Stand Oktober 2015. § 26 SGB I Rdnr 4, 4.1) ohne Rechtsgrund gezahlt wurden. Ohne Rechtsgrund sind Beiträge gezahlt, wenn für die Zahlung weder ein formaler noch ein materieller Rechtsgrund bestand. So liegt der Fall hier. 41Ein formeller Rechtsgrund für die Beitragszahlung fehlt. Ein solcher liegt vor, wenn der Beitragszahlung ein (bestandskräftiger) Verwaltungsakt des Sozialversicherungsträgers zugrunde liegt. Die Beklagte hat einen Beitragsbescheid über die Höhe der vom Kläger 2006-2008 zu zahlenden Beiträge indes nicht erlassen. 42Der Kläger war auch materiell-rechtlich nicht verpflichtet, für die Jahre 2006-2008 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 4.778,64 zu entrichten. Soweit der Kläger in dieser Höhe für die Jahre 2006-2008 pauschale Sozialversicherungsbeiträge von 28% (bis 30.6.2006: 23%) der streitigen Arbeitsentgelte an die Beklagte als Einzugsstelle (§ 28i Satz 5 SGB IV) entrichtet hat, schuldete er diese Beiträge bereits im Zeitpunkt der Entrichtung nicht, da es sich bei dem zugrunde gelegten Entgelt nicht um (beitragspflichtiges) Arbeitsentgelt handelt. 43Der Begriff des Arbeitsentgelts ist geregelt in § 14 SGB IV (i.d. hier maßgeblichen, bis zum 21.4.2015 gültigen Fassung, fortan: aF). Nach § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV aF sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Kraft gesetzlicher Fiktion gelten steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nrn 26 und 26a EStG genannten steuerfreien Einnahmen nicht als Arbeitsentgelt, § 14 Abs 1 Satz 3 SGB IV aF. 44Bei den streitigen, vom Kläger 2006 - 2008 der Beitragsbemessung zugrunde gelegten Entgelten handelt es sich um steuerfreie Einnahmen nach § 3 Nr 26 EStG. Nach dieser Vorschrift sind steuerfrei u.a. Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten [ ...] im Dienst oder im Auftrag einer unter § 5 Abs 1 Nr 9 KStG fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 Abgabenordnung) bis zur Höhe von jährlich EUR 1.848 (bis 2006; § 3 EStG in der Fassung vom 22.12.2005) bzw. EUR 2.100 (von 2007 bis 2012; § 3 EStG in der Fassung vom 10.10.2007). Sind diese Kriterien erfüllt, handelt es sich kraft Gesetzes um steuerfreie Einnahmen. Eines rechtsgestaltenden Aktes (Antragstellung; ausdrückliche Geltendmachung des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers) bedarf es nicht. Die Beitragspflicht entfällt (oder reduziert sich) kraft Gesetzes. Der Kläger hat deshalb nicht - wie die Beklagte und das SG meinen - "einen Wechsel in der Beurteilung vorgenommen und die rückwirkende Steuerfreiheit nach § 3 Nr 26 EStG in Anspruch genommen". Die Steuerfreiheit dieser Einnahmen braucht nicht "in Anspruch genommen" zu werden; entweder sie besteht oder sie besteht nicht. Der Kläger hat lediglich die Berücksichtigung geltenden Rechts bei der Beitragsbemessung begehrt. Soweit das SG darauf abstellt, der Kläger habe zum Zeitpunkt der Entrichtung der Pauschalbeiträge von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die gezahlte Aufwandsentschädigung nach § 40a Abs 2 EStG pauschal zu besteuern, hat dies keine Auswirkungen auf Beitragspflicht oder -höhe, sondern lediglich auf die Art der Abführung und die Höhe der zu entrichtenden Lohnsteuer. Macht der Steuerschuldner von dieser Möglichkeit Gebrauch, so hat er (lediglich) eine einheitliche Pauschsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 2% zu erheben und abzuführen. Die Frage, wie hoch das zu versteuernde Einkommen (also auch, ob steuerfreie Einnahmen nach § 3 EStG vorliegen) ist, ist vorab zu klären und besteht unabhängig von der Steuererhebung und dem Steuersatz. 45Zwischen den Beteiligten steht aufgrund des rechtskräftigen Urteils des FG Köln vom 26.02.2015 fest, in welcher Höhe die streitigen Arbeitsentgelte der Regelung des § 3 Nr 26 EStG unterfallen und damit steuerfrei und gleichzeitig beitragsfrei sind, § 14 Abs 1 Satz 3 SGB IV aF. Zwar ist Gegenstand der materiellen Rechtskraft grundsätzlich nur die Urteilsformel; die sie tragenden Erwägungen (der Sachverhalt und dessen rechtliche Bewertung) nehmen jedoch an der Rechtskraftwirkung teil. Jedenfalls kommt die der Rechtskraft innewohnende Präklusionswirkung zum Tragen, die besagt, dass die Beklagte mit allem tatsächlichen Vorbringen ausgeschlossen ist, das in Widerspruch zu dem rechtskräftigen Urteil steht (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller /Leitherer. AaO, § 141 Rdnrn 6c, 7 mwN). Vor diesem Hintergrund kann dahin stehen, ob und in welchem Umfang Sozialleistungsträger (und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit) eine eigene Prüfung steuerrechtlicher Fragen auch dann vornehmen, wenn die zuständige Finanzbehörde (oder ein Finanzgericht) bereits bestandskräftig (rechtskräftig) entschieden hat (vgl dazu Werner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 14 SGB IV, Rdnrn 297ff mwN). Denn eine Bindungswirkung (mindestens aber eine Tatbestandswirkung, vgl Werner. AaO, Rdnr 297 aE) besteht jedenfalls dann, wenn die zuständige Einzugsstelle - wie hier - gleichzeitig zuständige Finanzbehörde ist. 46Diesem Ergebnis steht kein "das Sozialversicherungsrecht prägender Grundsatz der Unveränderlichkeit eines abgewickelten Versicherungsverhältnisses" entgegen. Dabei kann dahinstehen, ob das geltende Recht einen solchen Topos überhaupt kennt. Aus dem Gesetz ergibt er sich jedenfalls (unmittelbar) nicht. Soweit die Beklagte und das SG ihn aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung herleiten wollen, bliebe die genaue Reichweite eines solchen Rechtsgrundsatzes zu bestimmen. Dies ist hier jedoch nicht erforderlich. Denn die der höchstrichterlichen Rechtsprechung zugrunde liegenden Fallgestaltungen unterscheiden sich wesentlich von der vorliegenden. Im Gegenteil steht mit dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung in Einklang, dass Beiträge zu Unrecht entrichtet werden, wenn eine Beitragsschuld objektiv nicht besteht, (zB) weil § 14 Abs 1 Satz 3 SGB IV aF nicht beachtet wird (so im Ergebnis auch: LSG Rheinland-Pfalz, Urt v 27.9.2010, Az L 4 R 437/10 und Urt vom 13.11.2013, Az L 4 R 28/12, letzteres allerdings aufgehoben und zurückverwiesen durch BSG, Urt v 16.12.2015, Az B 12 R 11/14 R, das diese Frage - noch - offengelassen hat). 47Die höchstrichterliche Rechtsprechung besagt, dass Beitragserstattungen grundsätzlich nicht (mehr) verlangt werden können, wenn sich die Tatsachen- oder Rechtslage nachträglich - auch rückwirkend - ändert; dann nämlich sind die Beiträge ursprünglich zu Recht entrichtet worden (BSG, Urt vom 25.01.1995, Az 12 RK 51/93 = BSGE 75, 298, 301 = SozR 3-2400 § 26 Nr. 6; BSG, Urt vom 30.11.1978, Az 12 RK 26/78 = SozR 2200 § 160 Nr 7). Aus Gründen der Rechtssicherheit kann danach im Sozialversicherungsrecht grundsätzlich nicht hingenommen werden, dass nach Auszahlung des Arbeitsentgelts und dessen Nachweis gegenüber der Einzugsstelle die Bestimmung über die endgültige Höhe des Arbeitsentgelts und damit die Höhe der Beiträge von ungewissen, in der Zukunft liegenden Ereignissen abhängt. In der Sozialversicherung müssen die Versicherungsträger anhand von gemeldetem und gezahltem Arbeitsentgelt das versicherte Risiko zum Zeitpunkt der Beschäftigung bestimmen können. 48Eine rückwirkende Veränderung der Beitragslast kommt nach der Rechtsprechung des BSG allerdings in Betracht, wenn damit einer von Anfang an bestehenden, aber erst nachträglich erkannten Beitragspflicht oder Beitragsfreiheit Geltung verschafft wird (BSG, Urt vom 12.12.1990, Az 12 RK 35/89 = BSGE 68, 82 = SozR 3-2200 § 381 Nr. 1; BSG, Urt vom 17.12.1996, Az 12 RK 45/95 = BSGE 79, 302 = SozR 3-2500 § 251 Nr. 1 = SozR 3-2500 § 192 Nr 5). Danach löst (allein) der Zufluss des Arbeitsentgelts ausnahmsweise keinen Beitragsanspruch aus, soweit es sich um eine irrtümliche Zahlung handelt, zB auf Grund eines Bankirrtums oder eines Arbeitgeberversehens (vgl. BSG, Urt vom 07.02.2002, Az B 12 KR 13/01 R = SozR 3-2400 § 14 Nr. 24; BSG, Urt vom 16.12.2015, Az B 12 R 1/14 R, s. Terminbericht vom 16.12.2015). 49Um einen solchen Ausnahmefall handelt es sich hier. Anders als in dem Urteil des BSG vom 30.11.1978 (Az 12 RK 26/78 = SozR 2200 § 160 Nr 7), auf das sich die Beklagte beruft, waren die streitigen Beiträge nicht zunächst rechtmäßig gezahlt und erst im Nachhinein beitragsfrei gestellt worden. Tatsächlich sind die streitigen Arbeitsentgelte bereits nach dem im Zeitpunkt der Zahlung geltenden Recht von Anfang an (teilweise) beitragsfrei gewesen. Bereits zum Zeitpunkt der Beitragsentrichtung lagen objektiv alle für die Bestimmung der Beitragsschuld erheblichen Tatsachen vor. Bereits zum Zeitpunkt der Beschäftigung und Zahlung der streitigen Arbeitsentgelte konnte die zutreffende Beitragshöhe ohne Weiteres ermittelt werden. Die geschuldeten Arbeitsentgelte haben sich auch in der Folgezeit nicht (nachträglich) geändert. Des Eintritts weiterer Bedingungen (etwa Prüfung und Beanstandung im Rahmen einer Betriebsprüfung; Entscheidung einer Finanzbehörde) oder rechtsgestaltender Erklärungen, die eine endgültige Bestimmung der Beitragshöhe erst zu einem (ungewissen) späteren Zeitpunkt möglich machten, bedurfte es nicht. Auch hat sich für den streitigen Zeitraum von 2006 bis 2008 die Rechtslage nicht - rückwirkend - geändert. Der Kläger hat der Beklagten lediglich irrtümlich ein zu hohes (steuer- und beitragspflichtiges) Arbeitsentgelt gemeldet, weil er § 3 Nr 26 EStG übersehen und folglich der Beklagten irrtümlich ein zu hohes beitragspflichtiges Arbeitsentgelt gemeldet hat. Er hat damit (lediglich) das Berechnungselement "Arbeitsentgelt" falsch bestimmt. 50Die Erstattung scheitert nicht an den Verfallklauseln des § 26 Abs 2 Satz 1 Halbs 2 SGB IV. Danach ist eine Erstattung ausgeschlossen, wenn der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge (1. Alt) oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind (2. Alt), Leistungen erbracht oder zu erbringen hat. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die vom Kläger nach § 28i Satz 5 SGB IV iVm § 249b Satz 1 SGB V und § 172 Abs 3 Satz 1 SGB VI geleisteten Beiträge haben keine individuellen Auswirkungen auf die Beschäftigten, für die sie gezahlt werden. Leistungsansprüche, die der Versicherungsträger zu erfüllen hätte, können Versicherte daraus nicht herleiten. Diese genannten Normen regeln eine (einseitige) Pflicht des Arbeitgebers zur Beitragstragung, ohne dass eine leistungsbegründende Mitgliedschaft der Arbeitnehmer entsteht. § 26 Abs 1 Satz 2 SGB IV gilt ohnehin nicht, da § 26 Abs 1 SGB IV Beanstandungsschutz nur zugunsten Versicherter regelt (KomGKV. § 26 Rdnr 2 mwN); deshalb ist ohne Belang, dass anlässlich der Betriebsprüfung 2009 keine Beanstandung erfolgt ist. 51Es kann dahin stehen, ob sich die Beklagte (konkludent) auf Verjährung berufen hat und nach Treu und Glauben berufen darf. Der Erstattungsanspruch ist jedenfalls nicht verjährt. Nach § 27 Abs 2 Satz 1 SGB IV verjährt der sich aus § 26 Abs 2 SGB IV ergebende Anspruch auf Erstattung von zu Unrecht entrichteter Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Der streitige Erstattungsanspruch des Klägers für die 2006 bis 2008 entrichteten Beiträge konnte damit frühestens mit Ablauf des Jahres 2010 verjähren. Der Lauf der Verjährungsfrist wurde jedoch gehemmt durch den schriftlichen Erstattungsantrag des Klägers vom 18.12.2009, der am 23.12.2009 bei der Beklagten einging, bzw. sodann (erneut) durch die am 23.5.2012 erfolgte Klageerhebung, vgl. § 27 Abs 3 Satz 1 SGB IV iVm § 204 Abs 1 Nr 1 BGB. 52Der Erstattungsanspruch ist auch in der zuletzt noch geltend gemachten Höhe begründet. Die streitigen Arbeitsentgelte unterfallen bis zur Höhe von EUR 1.848 (bis 2006) bzw EUR 2.100 (2007 - 2008) der Regelung des § 3 Nr 26 EStG. Der ausgeurteilte Betrag ergibt sich aus den vom Kläger mit Schriftsatz vom 18.12.2015 für die Jahre 2006 bis 2008 vorgelegten zutreffenden Berechnungen. Dabei sind von den streitigen Arbeitsentgelten für die Zeit bis 30.6.2006 (in Höhe von EUR 2.110,01) 23%, für die restlichen Arbeitsentgelte bis zum 31.12.2008 (in Höhe von EUR 15.333,08; dabei ist berücksichtigt, dass im Jahr 2008 für die Beschäftigten Mohamad und Neuhaus die Arbeitsentgelte nur bis zum Grenzbetrag von EUR 2.100 steuer- und beitragsfrei waren) 28% zu erstatten. Die auf der entsprechenden Entscheidung des FG fußenden Berechnungen des Klägers, gegen die von der Beklagten keine Einwendungen vorgebracht worden sind, sind nicht zu beanstanden. 53B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Senat hat das Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens im Hinblick auf die teilweise Berufungsrücknahme berücksichtigt. 54C. Der Senat hat die Revision wegen der - durch den Terminbericht zur Entscheidung des 12. Senats vom 16.12.2015 ebenfalls nahe gelegten - grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG. 55D. Der Streitwert für die zweite Instanz wird für die Zeit bis zur teilweisen Zurücknahme der Berufung (17.12.2015) auf EUR 9.396,32, für die Zeit danach (ab dem 18.12.2015) auf EUR 4.778,64 festgesetzt (§ 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 52 Abs 3 Gerichtskostengesetz). Einer nochmaligen Staffelung für die Zeit vom 18. - 22.12.2015 (unter Einbeziehung auch des Jahres 2005) bedurfte es nicht, weil der Kläger mit der Klage von vornherein nur die ab 2006 überzahlten Beiträge begehrt hat und der Senat daher insoweit nicht von einer - unzulässigen - Klageänderung ausgeht.
auf die berufung des klägers wird das urteil des sozialgerichts köln vom 25.9.2013 geändert. die beklagte wird unter abänderung des bescheids vom 13.1.2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 24.4.2012 verurteilt, dem kläger überzahlte beiträge in höhe von eur 4.778,64 zu erstatten. der kläger und die beklagte tragen die kosten des verfahrens in beiden rechtszügen jeweils zur hälfte. die revision wird zugelassen. der streitwert für das zweitinstanzliche verfahren wird bis zum 17.12.2015 auf eur 9.396,32, ab dem 18.12.2015 auf eur 4.778,64 festgesetzt. 1
2streitig ist die erstattung von (arbeitgeber-)sozialversicherungsbeiträgen. 3der klagende verein (fortan: der kläger) ist durch bescheid des finanzamtes c-innenstadt nach § 5 abs 1 nr 9 körperschaftssteuergesetz von der körperschaftssteuer befreit, da er ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten, gemeinnützigen zwecken im sinne der §§ 51ff abgabenordnung (ao) dient. er ist (u.a.) träger der offenen ganztagsschule (ogs) der b-schule - gemeinschaftsgrundschule der bundesstadt c - und beschäftigt dort im rahmen geringfügiger beschäftigungsverhältnisse ergänzungskräfte, die nebenberuflich die dortigen erzieher und erzieherinnen erzieherisch, betreuend und teilweise auch unterrichtend unterstützen. für diese geringfügig beschäftigten zahlt der kläger an die beklagte pauschale lohnsteuer (in höhe von 2% des entgeltes) und pauschalbeiträge zur kranken- und rentenversicherung in höhe von 13% (bis 30.6.2006: 10%) bzw 15% (bis 30.6.2006: 13%) des entgelts. 4in den jahren 2006-2008 beschäftigte der kläger die folgenden nebenberuflich erzieherisch und betreuend tätigen ergänzungskräfte und zahlte ihnen die angegebenen jährlichen arbeitsentgelte (fortan: streitige arbeitsentgelte): 5jahr 206 beschäftigter - entgelt in eur 6b - 1.020,00 eur b1 - 525,00 eur c - 15,00 eur l - 560,00 eur t - 228,75 eur t1 - 1.627,50 eur summe = 3.976,25 eur 7jahr 2007 beschäftigter - entgelt in eur 8b - 1.158,75 eur b1 - 630,00 eur n - 453,75 eur n1 - 240,00 eur o - 510,00 eur t - 401,25 eur t1 - 1.456,85 eur t2 - 380,63 eur 9summe = 5.231,23 eur 10jahr 2008 beschäftigter - entgelt in eur 11b - 941,25 eur b1 - 318,75 eur i - 941,24 eur n - 3.563,74 eur o - 2.255,62 eur s - 241,88 eur t - 922,49 eur t1 - 670,00 eur 12summe = 9.854,97 eur 13gesamtsumme = 19.062,45 eur 14für 2006 entfielen auf die erste jahreshälfte eur 2.110,01, auf die zweite jahreshälfte eur 1.866,24 des entgelts. der kläger entrichtete auf die streitigen arbeitsentgelte pauschale steuern und sozialversicherungsbeiträge in höhe von 25% (bis 30.6.2006) bzw 30%, ohne eine (teilweise) steuerfreiheit nach § 3 nr 26 einkommenssteuergesetz (estg) zu berücksichtigen. 15die deutsche rentenversicherung bund führte in der zeit vom 27.4. bis 9.7.2009 beim kläger eine prüfung nach § 28p sgb iv durch (zeitraum vom 1.1.2005 bis 31.12.2008) und teilte ihm mit, die stichprobenweise durchgeführte prüfung habe keine feststellungen ergeben (schreiben vom 14.7.2009). 16im dezember 2009 bat der kläger die beklagte um rückwirkende berücksichtigung der sog. "übungsleiter-pauschale" nach § 3 nr 26 estg für die letzten fünf jahre; ein betriebsprüfer habe darauf hingewiesen, dass diese vorschrift anzuwenden sei (schreiben vom 18.12.2009). die beklagte riet dem kläger, sich wegen der anwendung des § 3 nr 26 estg "an das zuständige finanzamt" zu wenden. soweit dieses zu einer steuerfreiheit der einnahmen gelange, komme ggf. eine erstattung gezahlter beiträge, jedoch unter beachtung der verjährungsvorschriften sowie des betriebsprüfbescheides vom 20.9.2005 (prüfzeitraum 1.1.2001 bis 30.6.2005) in betracht. ferner sei seit mitte 2009 eine betriebsprüfung anberaumt bzw. laufe bereits. der geschilderte sachverhalt sei im rahmen dieser prüfung zu beanstanden (schreiben vom 27.1.2010). 17im november 2010 beantragte der kläger, bei der berechnung des beitragspflichtigen arbeitsentgelts für die jahre 2005-2008 § 3 nr 26 estg ivm § 14 sozialgesetzbuch viertes buch (sgb iv) rückwirkend zu berücksichtigen. der ihm zu erstattende betrag belaufe sich auf 10.071,19 eur (schreiben vom 10.11.2010). 18die beklagte erwiderte, die betriebsprüfung für die jahre 2005 bis 2008 sei ohne beanstandung abgeschlossen worden. es hätten keine anhaltspunkte für die anwendung des freibetrages nach § 3 nr 26 estg vorgelegen. darüber hinaus entstünden beitragsansprüche, sobald ihre voraussetzungen vorlägen. das "prinzip der vorausschauenden betrachtung von sozialversicherungsverhältnissen" und der "grundsatz, dass abgewickelte sozialversicherungsverhältnisse nachträglich in ihrem bestand nicht mehr verändert werden könnten" verhinderten eine nachträgliche minderung des ursprünglich entstandenen, bereits fällig gewordenen sozialversicherungsbeitrages. die "steuerliche rückrechnungsmöglichkeit" könne nicht auf das recht der sozialversicherung übertragen werden. mit dem beitragsabzug sei das sozialversicherungsrechtliche versicherungsverhältnis für den entsprechenden zeitraum abgewickelt. der eventuell steuerrechtlich zulässige wechsel habe damit sozialversicherungsrechtlich nachträglich keine minderung des beitragspflichtigen arbeitsentgelts zur folge. eine berücksichtigung komme nur für die zukunft in betracht. für die vergangenheit verbleibe es bei der bisherigen verfahrensweise (schreiben vom 13.1.2011 ohne rechtsbehelfsbelehrung). 19den widerspruch des klägers (vom 16.1.2012) wies die beklagte zurück: die anspruchsvoraussetzungen des § 26 abs 2 sgb iv seien nicht erfüllt, da die beiträge nicht zu unrecht entrichtet worden seien. zur beurteilung der rechtmäßigkeit der beitragsentrichtung sei auf den zeitpunkt der fälligkeit abzustellen. zum zeitpunkt der entrichtung der pauschalbeiträge seien die gezahlten aufwandsentschädigungen nach § 40a abs 2 estg pauschal besteuert worden und hätten daher auch der beitragspflicht in der sozialversicherung unterlegen. die zum zeitpunkt der fälligkeit zu recht entrichteten beiträge könnten somit nicht rückwirkend für zu unrecht entrichtet erklärt werden. bei anwendung des "grundsatzes der vorausschauenden beurteilung" führe die "rückwirkende inanspruchnahme der steuerfreiheit nach § 3 nr 26 estg" für gezahlte aufwandsentschädigungen nicht zu einer nachträglichen beitragsfreiheit in der sozialversicherung. ferner könne es im sozialversicherungsrecht aus gründen der rechtssicherheit grundsätzlich nicht hingenommen werden, dass nach auszahlung des arbeitsentgelts und dessen nachweis gegenüber der einzugsstelle die bestimmung über die endgültige höhe des arbeitsentgelts und damit die höhe der beträge von ungewissen, in der zukunft liegenden ereignissen abhänge. daher dürfe in abgewickelte vertragsverhältnisse grundsätzlich nicht mehr rückwirkend eingegriffen werden (widerspruchsbescheid vom 24.4.2012). 20mit seiner klage vom 23.5.2012 hat der kläger die erstattung der seit dem jahr 2006 zu hoch geleisteten pauschalen abgaben in höhe von eur 9.396,32 begehrt. die tatbestandlichen voraussetzungen des § 26 abs 2 sgb iv seien erfüllt. die gezahlten entgelte seien gemäß § 3 nr 26 estg (teilweise) steuerfrei gewesen, so dass die entgelte in diesem umfang kein arbeitsentgelt im sinne von § 14 abs 1 satz 3 sgb iv gewesen seien. es liege ein rechtsanwendungsfehler (nichtanwendung des § 3 nr 26 estg) vor. dies werde nachträglich geltend gemacht. weder sei eine verjährung noch eine verwirkung des erstattungsanspruchs eingetreten. 21das sg köln hat die deutsche rentenversicherung bund zum verfahren beigeladen (beschluss vom 7.12.2012), die sich dem vorbringen der beklagten angeschlossen hat, und den rechtsstreit in höhe der gezahlten pauschalsteuer abgetrennt und an das finanzgericht (fg) köln verwiesen (beschluss vom 20.12.2012). 22im übrigen hat das sg köln die klage abgewiesen: im zeitpunkt der fälligkeit seien die beiträge zu recht entrichtet worden, da der kläger in diesem zeitpunkt von der möglichkeit gebrauch gemacht habe, (auch) die gezahlte aufwandsentschädigung nach § 40a estg pauschal zu besteuern. damit hätten diese entgelte zu recht auch der beitragspflicht in der sozialversicherung unterlegen. der sodann vorgenommene wechsel in der beurteilung und die rückwirkende inanspruchnahme der steuerfreiheit nach § 3 nr 26 estg führten nicht zu einer nachträglichen beitragsfreiheit in der sozialversicherung (urteil vom 25.9.2013, dem kläger am 7.10.2013 zugestellt). 23gegen dieses urteil hat der kläger am 4.11.2013 berufung eingelegt: die beiträge seien von beginn an zu unrecht entrichtet worden, weil er bei der zahlung § 14 abs 1 satz 3 sgb iv ivm § 3 nr 26 estg unbewusst und irrtümlich nicht beachtet habe. die steuerfreiheit nach § 3 nr 26 estg greife zum zahlungszeitpunkt, ohne dass eine handlung oder antragstellung erforderlich gewesen seien. im zahlungszeitpunkt hätten die voraussetzungen des § 3 nr 26 estg vorgelegen. das besteuerungsverfahren nach § 40a abs 2 estg greife entgegen der auffassung des sg bei jeder geringfügigen beschäftigung, bei der keine individualbesteuerung vorgenommen werde. durch § 3 nr 26 estg werde lediglich die bemessungsgrundlage reduziert. ein "wechsel der beurteilung" habe nicht stattgefunden. er, der kläger, habe lediglich (verspätet) die zutreffende rechtslage erkannt und kein rechtsgestaltendes verhalten vorgenommen. 24der kläger hat zunächst auch in zweiter instanz die erstattung entrichteter arbeitgeberbeiträge von höhe von eur 9.329,32 begehrt, in der (letzten) mündlichen verhandlung aber nur noch beantragt, 25das urteil des sozialgerichts köln vom 25.9.2013 zu ändern und die beklagte unter abänderung des bescheides vom 13.1.2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 24.4.2012 zu verurteilen, ihm überzahlte beiträge in höhe von 4.778,64 eur zu erstatten. 26die beklagte beantragt, 27die berufung zurückzuweisen. 28sie nimmt bezug auf ihr erstinstanzliches vorbringen und die entscheidungsgründe des sg. der ausgang des verfahrens vor dem fg köln habe keine auswirkung auf das vorliegende verfahren. es sei der in der sozialversicherung geltende grundsatz zu beachten, wonach in abgewickelte versicherungsverhältnisse grundsätzlich nicht mehr rückwirkend eingegriffen werden dürfe. seien beiträge zum zeitpunkt ihrer fälligkeit zu recht entrichtet worden, so könnten sie nicht rückwirkend für zu unrecht entrichtet erklärt werden: 29der senat hat den beschluss des sg köln über die beiladung der deutschen rentenversicherung bund aufgehoben (beschluss vom 7.3.2014). 30das fg köln hat die beklagte - als zuständige finanzbehörde (§ 6 abs 2 nr 8 ao) - verpflichtet, die bescheide über die pauschale lohnsteuer gemäß § 40a estg für die jahre 2005 bis 2008 zu ändern und die festgesetzte lohnsteuer für die oben näher bezeichneten beschäftigten bis zum in § 3 nr 26 estg geregelten höchstbetrag von eur 1.848 (bis 30.6.2006) bzw. eur 2.100 um jeweils 2% zu reduzieren. die in streit stehenden arbeitsentgelte seien nach § 3 nr 26 estg steuerfreie einnahmen. sie zählten gemäß § 14 abs. 1 satz 3 sgb iv nicht zum arbeitsentgelt is des § 14 abs. 1 satz 1 sgb iv, das bemessungsgrundlage der pauschalen lohnsteuer gemäß § 40a abs 2 estg sei. 31wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts und des übrigen vorbringens der beteiligten wird auf den weiteren inhalt der gerichts-, verwaltungs- und der beigezogenen gerichtsakte des fg köln (aktenzeichen (az) 6 k 116/13) bezug genommen, die sämtlich gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen sind. 32
33a. die berufung ist - soweit der senat über sie noch zu entscheiden hat - begründet. entgegen der auffassung des sg hat der kläger gegen die beklagte einen erstattungsanspruch in höhe von eur 4.778,64. 34i. gegenstand des berufungsverfahrens ist ausweislich des in der (letzten) mündlichen verhandlung gestellten sachantrags nur noch ein anspruch des klägers auf erstattung überzahlter (arbeitgeber-)sozialversicherungsbeiträge in höhe von eur 4.778,64. soweit der kläger darüber hinaus zunächst einen anspruch auf erstattung weiterer eur 4.550,68 geltend gemacht hatte, hat er die berufung durch die beschränkung des sachantrags teilweise (konkludent) zurückgenommen. damit ist das angefochtene urteil insoweit rechtskräftig geworden und der rechtsstreit in der hauptsache erledigt. 35ii. die (rest-)klage ist zulässig und begründet. 361. die klage ist als kombinierte anfechtungs- und leistungsklage statthaft, § 54 abs 4 sgg. es kann dahin stehen, ob der kläger gegen die im schreiben der beklagten vom 13.1.2011 zum streitigen erstattungsanspruch getroffene regelung fristgerecht widerspruch eingelegt hat. die beklagte hat eine etwaige fristversäumnis geheilt, indem sie - zulässigerweise - den mit dem widerspruch weiter verfolgten erstattungsanspruch materiell geprüft und damit der materiellen gerechtigkeit den vorrang eingeräumt hat. daran ist das gericht gebunden (bsg sozr 1500 § 84 nr 3; leitherer in: meyer-ladewig/keller/leitherer. sgg. 11. aufl. 2014, § 84 rdnr 7 mwn; erkelenz in: jansen. kommentar zum sgg. 4. aufl. 2012, § 84 rdnr 6). 37eine beiladung dritter (fremdversicherungsträger; beschäftigter) ist nicht notwendig, § 75 abs 2 sgg. dies beruht darauf, dass solche dritte an dem streitigen rechtsverhältnis nicht in dem sinne beteiligt sind, dass die entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. die beschäftigten des klägers, für die die streitigen arbeitgeberbeiträge entrichtet worden sind, sind nicht selbst versicherte, die aus den beiträgen unmittelbar ansprüche erwerben, sondern nach §§ 7 abs 1 satz 1 sozialgesetzbuch fünftes buch (sgb v) bzw 5 abs 2 satz 1 nr 1 sozialgesetzbuch sechstes buch (sgb vi) in der bis zum 31.12.2012 geltenden fassung versicherungsfrei. daraus folgt, dass kein mitgliedschaftsverhältnis gegenüber fremdversicherern besteht. die beklagte verteilt die vereinnahmten arbeitgeberbeiträge vielmehr nach dem gesetzlich vorgegebenen schlüssel, § 28k sgb iv. 382. die (rest-)klage ist begründet. entgegen der auffassung des sg ist der kläger durch den bescheid vom 13.1.2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 24.4.2012 (§ 95 sozialgerichtsgesetz (sgg)) beschwert, weil dieser bescheid rechtswidrig ist, soweit die beklagte darin die erstattung überzahlter arbeitgeberbeiträge in höhe von eur 4.778,64 ablehnt, § 54 abs 2 s 1 sgg. der anspruch des klägers auf erstattung zu unrecht entrichteter beiträge in höhe von eur 4.778,64 folgt aus § 26 abs 2 ivm abs 3 s 1 sgb iv. 39nach § 26 abs 2 1. halbsatz, abs 3 satz 1 sgb iv sind zu unrecht entrichtete beiträge demjenigen zu erstatten, der die beiträge getragen hat. aktivlegitimiert ist danach hier (ausschließlich) der kläger. 40zu unrecht entrichtet sind beiträge, wenn und soweit sie zum zeitpunkt der beitragsentrichtung (vgl. zu diesem maßgeblichen zeitpunkt: bundessozialgericht ( bsg), urt vom 25.1.1995, az 12 rk 51/93 = sozr 3-2400 § 26 nr 6; bsg, urt vom 30.6.1997, az 8 rkn 3/96 = sozr 3-2400 § 26 nr 8; komgrv stand oktober 2015. § 26 sgb i rdnr 4, 4.1) ohne rechtsgrund gezahlt wurden. ohne rechtsgrund sind beiträge gezahlt, wenn für die zahlung weder ein formaler noch ein materieller rechtsgrund bestand. so liegt der fall hier. 41ein formeller rechtsgrund für die beitragszahlung fehlt. ein solcher liegt vor, wenn der beitragszahlung ein (bestandskräftiger) verwaltungsakt des sozialversicherungsträgers zugrunde liegt. die beklagte hat einen beitragsbescheid über die höhe der vom kläger 2006-2008 zu zahlenden beiträge indes nicht erlassen. 42der kläger war auch materiell-rechtlich nicht verpflichtet, für die jahre 2006-2008 sozialversicherungsbeiträge in höhe von eur 4.778,64 zu entrichten. soweit der kläger in dieser höhe für die jahre 2006-2008 pauschale sozialversicherungsbeiträge von 28% (bis 30.6.2006: 23%) der streitigen arbeitsentgelte an die beklagte als einzugsstelle (§ 28i satz 5 sgb iv) entrichtet hat, schuldete er diese beiträge bereits im zeitpunkt der entrichtung nicht, da es sich bei dem zugrunde gelegten entgelt nicht um (beitragspflichtiges) arbeitsentgelt handelt. 43der begriff des arbeitsentgelts ist geregelt in § 14 sgb iv (i.d. hier maßgeblichen, bis zum 21.4.2015 gültigen fassung, fortan: af). nach § 14 abs 1 satz 1 sgb iv af sind arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen einnahmen aus einer beschäftigung, gleichgültig, ob ein rechtsanspruch auf die einnahmen besteht, unter welcher bezeichnung oder in welcher form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der beschäftigung oder im zusammenhang mit ihr erzielt werden. kraft gesetzlicher fiktion gelten steuerfreie aufwandsentschädigungen und die in § 3 nrn 26 und 26a estg genannten steuerfreien einnahmen nicht als arbeitsentgelt, § 14 abs 1 satz 3 sgb iv af. 44bei den streitigen, vom kläger 2006 - 2008 der beitragsbemessung zugrunde gelegten entgelten handelt es sich um steuerfreie einnahmen nach § 3 nr 26 estg. nach dieser vorschrift sind steuerfrei u.a. einnahmen aus nebenberuflichen tätigkeiten als übungsleiter, ausbilder, erzieher, betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen tätigkeiten [ ...] im dienst oder im auftrag einer unter § 5 abs 1 nr 9 kstg fallenden einrichtung zur förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher zwecke (§§ 52 bis 54 abgabenordnung) bis zur höhe von jährlich eur 1.848 (bis 2006; § 3 estg in der fassung vom 22.12.2005) bzw. eur 2.100 (von 2007 bis 2012; § 3 estg in der fassung vom 10.10.2007). sind diese kriterien erfüllt, handelt es sich kraft gesetzes um steuerfreie einnahmen. eines rechtsgestaltenden aktes (antragstellung; ausdrückliche geltendmachung des arbeitgebers oder des arbeitnehmers) bedarf es nicht. die beitragspflicht entfällt (oder reduziert sich) kraft gesetzes. der kläger hat deshalb nicht - wie die beklagte und das sg meinen - "einen wechsel in der beurteilung vorgenommen und die rückwirkende steuerfreiheit nach § 3 nr 26 estg in anspruch genommen". die steuerfreiheit dieser einnahmen braucht nicht "in anspruch genommen" zu werden; entweder sie besteht oder sie besteht nicht. der kläger hat lediglich die berücksichtigung geltenden rechts bei der beitragsbemessung begehrt. soweit das sg darauf abstellt, der kläger habe zum zeitpunkt der entrichtung der pauschalbeiträge von der möglichkeit gebrauch gemacht, die gezahlte aufwandsentschädigung nach § 40a abs 2 estg pauschal zu besteuern, hat dies keine auswirkungen auf beitragspflicht oder -höhe, sondern lediglich auf die art der abführung und die höhe der zu entrichtenden lohnsteuer. macht der steuerschuldner von dieser möglichkeit gebrauch, so hat er (lediglich) eine einheitliche pauschsteuer mit einem pauschsteuersatz von 2% zu erheben und abzuführen. die frage, wie hoch das zu versteuernde einkommen (also auch, ob steuerfreie einnahmen nach § 3 estg vorliegen) ist, ist vorab zu klären und besteht unabhängig von der steuererhebung und dem steuersatz. 45zwischen den beteiligten steht aufgrund des rechtskräftigen urteils des fg köln vom 26.02.2015 fest, in welcher höhe die streitigen arbeitsentgelte der regelung des § 3 nr 26 estg unterfallen und damit steuerfrei und gleichzeitig beitragsfrei sind, § 14 abs 1 satz 3 sgb iv af. zwar ist gegenstand der materiellen rechtskraft grundsätzlich nur die urteilsformel; die sie tragenden erwägungen (der sachverhalt und dessen rechtliche bewertung) nehmen jedoch an der rechtskraftwirkung teil. jedenfalls kommt die der rechtskraft innewohnende präklusionswirkung zum tragen, die besagt, dass die beklagte mit allem tatsächlichen vorbringen ausgeschlossen ist, das in widerspruch zu dem rechtskräftigen urteil steht (keller in: meyer-ladewig/keller /leitherer. aao, § 141 rdnrn 6c, 7 mwn). vor diesem hintergrund kann dahin stehen, ob und in welchem umfang sozialleistungsträger (und die gerichte der sozialgerichtsbarkeit) eine eigene prüfung steuerrechtlicher fragen auch dann vornehmen, wenn die zuständige finanzbehörde (oder ein finanzgericht) bereits bestandskräftig (rechtskräftig) entschieden hat (vgl dazu werner in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb iv, 3. aufl. 2016, § 14 sgb iv, rdnrn 297ff mwn). denn eine bindungswirkung (mindestens aber eine tatbestandswirkung, vgl werner. aao, rdnr 297 ae) besteht jedenfalls dann, wenn die zuständige einzugsstelle - wie hier - gleichzeitig zuständige finanzbehörde ist. 46diesem ergebnis steht kein "das sozialversicherungsrecht prägender grundsatz der unveränderlichkeit eines abgewickelten versicherungsverhältnisses" entgegen. dabei kann dahinstehen, ob das geltende recht einen solchen topos überhaupt kennt. aus dem gesetz ergibt er sich jedenfalls (unmittelbar) nicht. soweit die beklagte und das sg ihn aus der höchstrichterlichen rechtsprechung herleiten wollen, bliebe die genaue reichweite eines solchen rechtsgrundsatzes zu bestimmen. dies ist hier jedoch nicht erforderlich. denn die der höchstrichterlichen rechtsprechung zugrunde liegenden fallgestaltungen unterscheiden sich wesentlich von der vorliegenden. im gegenteil steht mit dieser höchstrichterlichen rechtsprechung in einklang, dass beiträge zu unrecht entrichtet werden, wenn eine beitragsschuld objektiv nicht besteht, (zb) weil § 14 abs 1 satz 3 sgb iv af nicht beachtet wird (so im ergebnis auch: lsg rheinland-pfalz, urt v 27.9.2010, az l 4 r 437/10 und urt vom 13.11.2013, az l 4 r 28/12, letzteres allerdings aufgehoben und zurückverwiesen durch bsg, urt v 16.12.2015, az b 12 r 11/14 r, das diese frage - noch - offengelassen hat). 47die höchstrichterliche rechtsprechung besagt, dass beitragserstattungen grundsätzlich nicht (mehr) verlangt werden können, wenn sich die tatsachen- oder rechtslage nachträglich - auch rückwirkend - ändert; dann nämlich sind die beiträge ursprünglich zu recht entrichtet worden (bsg, urt vom 25.01.1995, az 12 rk 51/93 = bsge 75, 298, 301 = sozr 3-2400 § 26 nr. 6; bsg, urt vom 30.11.1978, az 12 rk 26/78 = sozr 2200 § 160 nr 7). aus gründen der rechtssicherheit kann danach im sozialversicherungsrecht grundsätzlich nicht hingenommen werden, dass nach auszahlung des arbeitsentgelts und dessen nachweis gegenüber der einzugsstelle die bestimmung über die endgültige höhe des arbeitsentgelts und damit die höhe der beiträge von ungewissen, in der zukunft liegenden ereignissen abhängt. in der sozialversicherung müssen die versicherungsträger anhand von gemeldetem und gezahltem arbeitsentgelt das versicherte risiko zum zeitpunkt der beschäftigung bestimmen können. 48eine rückwirkende veränderung der beitragslast kommt nach der rechtsprechung des bsg allerdings in betracht, wenn damit einer von anfang an bestehenden, aber erst nachträglich erkannten beitragspflicht oder beitragsfreiheit geltung verschafft wird (bsg, urt vom 12.12.1990, az 12 rk 35/89 = bsge 68, 82 = sozr 3-2200 § 381 nr. 1; bsg, urt vom 17.12.1996, az 12 rk 45/95 = bsge 79, 302 = sozr 3-2500 § 251 nr. 1 = sozr 3-2500 § 192 nr 5). danach löst (allein) der zufluss des arbeitsentgelts ausnahmsweise keinen beitragsanspruch aus, soweit es sich um eine irrtümliche zahlung handelt, zb auf grund eines bankirrtums oder eines arbeitgeberversehens (vgl. bsg, urt vom 07.02.2002, az b 12 kr 13/01 r = sozr 3-2400 § 14 nr. 24; bsg, urt vom 16.12.2015, az b 12 r 1/14 r, s. terminbericht vom 16.12.2015). 49um einen solchen ausnahmefall handelt es sich hier. anders als in dem urteil des bsg vom 30.11.1978 (az 12 rk 26/78 = sozr 2200 § 160 nr 7), auf das sich die beklagte beruft, waren die streitigen beiträge nicht zunächst rechtmäßig gezahlt und erst im nachhinein beitragsfrei gestellt worden. tatsächlich sind die streitigen arbeitsentgelte bereits nach dem im zeitpunkt der zahlung geltenden recht von anfang an (teilweise) beitragsfrei gewesen. bereits zum zeitpunkt der beitragsentrichtung lagen objektiv alle für die bestimmung der beitragsschuld erheblichen tatsachen vor. bereits zum zeitpunkt der beschäftigung und zahlung der streitigen arbeitsentgelte konnte die zutreffende beitragshöhe ohne weiteres ermittelt werden. die geschuldeten arbeitsentgelte haben sich auch in der folgezeit nicht (nachträglich) geändert. des eintritts weiterer bedingungen (etwa prüfung und beanstandung im rahmen einer betriebsprüfung; entscheidung einer finanzbehörde) oder rechtsgestaltender erklärungen, die eine endgültige bestimmung der beitragshöhe erst zu einem (ungewissen) späteren zeitpunkt möglich machten, bedurfte es nicht. auch hat sich für den streitigen zeitraum von 2006 bis 2008 die rechtslage nicht - rückwirkend - geändert. der kläger hat der beklagten lediglich irrtümlich ein zu hohes (steuer- und beitragspflichtiges) arbeitsentgelt gemeldet, weil er § 3 nr 26 estg übersehen und folglich der beklagten irrtümlich ein zu hohes beitragspflichtiges arbeitsentgelt gemeldet hat. er hat damit (lediglich) das berechnungselement "arbeitsentgelt" falsch bestimmt. 50die erstattung scheitert nicht an den verfallklauseln des § 26 abs 2 satz 1 halbs 2 sgb iv. danach ist eine erstattung ausgeschlossen, wenn der versicherungsträger bis zur geltendmachung des erstattungsanspruchs auf grund dieser beiträge (1. alt) oder für den zeitraum, für den die beiträge zu unrecht entrichtet worden sind (2. alt), leistungen erbracht oder zu erbringen hat. diese voraussetzungen liegen hier nicht vor. die vom kläger nach § 28i satz 5 sgb iv ivm § 249b satz 1 sgb v und § 172 abs 3 satz 1 sgb vi geleisteten beiträge haben keine individuellen auswirkungen auf die beschäftigten, für die sie gezahlt werden. leistungsansprüche, die der versicherungsträger zu erfüllen hätte, können versicherte daraus nicht herleiten. diese genannten normen regeln eine (einseitige) pflicht des arbeitgebers zur beitragstragung, ohne dass eine leistungsbegründende mitgliedschaft der arbeitnehmer entsteht. § 26 abs 1 satz 2 sgb iv gilt ohnehin nicht, da § 26 abs 1 sgb iv beanstandungsschutz nur zugunsten versicherter regelt (komgkv. § 26 rdnr 2 mwn); deshalb ist ohne belang, dass anlässlich der betriebsprüfung 2009 keine beanstandung erfolgt ist. 51es kann dahin stehen, ob sich die beklagte (konkludent) auf verjährung berufen hat und nach treu und glauben berufen darf. der erstattungsanspruch ist jedenfalls nicht verjährt. nach § 27 abs 2 satz 1 sgb iv verjährt der sich aus § 26 abs 2 sgb iv ergebende anspruch auf erstattung von zu unrecht entrichteter beiträge in vier jahren nach ablauf des kalenderjahres, in dem die beiträge entrichtet worden sind. der streitige erstattungsanspruch des klägers für die 2006 bis 2008 entrichteten beiträge konnte damit frühestens mit ablauf des jahres 2010 verjähren. der lauf der verjährungsfrist wurde jedoch gehemmt durch den schriftlichen erstattungsantrag des klägers vom 18.12.2009, der am 23.12.2009 bei der beklagten einging, bzw. sodann (erneut) durch die am 23.5.2012 erfolgte klageerhebung, vgl. § 27 abs 3 satz 1 sgb iv ivm § 204 abs 1 nr 1 bgb. 52der erstattungsanspruch ist auch in der zuletzt noch geltend gemachten höhe begründet. die streitigen arbeitsentgelte unterfallen bis zur höhe von eur 1.848 (bis 2006) bzw eur 2.100 (2007 - 2008) der regelung des § 3 nr 26 estg. der ausgeurteilte betrag ergibt sich aus den vom kläger mit schriftsatz vom 18.12.2015 für die jahre 2006 bis 2008 vorgelegten zutreffenden berechnungen. dabei sind von den streitigen arbeitsentgelten für die zeit bis 30.6.2006 (in höhe von eur 2.110,01) 23%, für die restlichen arbeitsentgelte bis zum 31.12.2008 (in höhe von eur 15.333,08; dabei ist berücksichtigt, dass im jahr 2008 für die beschäftigten mohamad und neuhaus die arbeitsentgelte nur bis zum grenzbetrag von eur 2.100 steuer- und beitragsfrei waren) 28% zu erstatten. die auf der entsprechenden entscheidung des fg fußenden berechnungen des klägers, gegen die von der beklagten keine einwendungen vorgebracht worden sind, sind nicht zu beanstanden. 53b. die kostenentscheidung beruht auf § 197a abs 1 satz 1 sgg ivm § 154 abs 1 und 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). der senat hat das verhältnis des obsiegens und unterliegens im hinblick auf die teilweise berufungsrücknahme berücksichtigt. 54c. der senat hat die revision wegen der - durch den terminbericht zur entscheidung des 12. senats vom 16.12.2015 ebenfalls nahe gelegten - grundsätzlichen bedeutung der rechtssache zugelassen, § 160 abs 2 nr 1 sgg. 55d. der streitwert für die zweite instanz wird für die zeit bis zur teilweisen zurücknahme der berufung (17.12.2015) auf eur 9.396,32, für die zeit danach (ab dem 18.12.2015) auf eur 4.778,64 festgesetzt (§ 197a abs 1 satz 1 sgg ivm § 52 abs 3 gerichtskostengesetz). einer nochmaligen staffelung für die zeit vom 18. - 22.12.2015 (unter einbeziehung auch des jahres 2005) bedurfte es nicht, weil der kläger mit der klage von vornherein nur die ab 2006 überzahlten beiträge begehrt hat und der senat daher insoweit nicht von einer - unzulässigen - klageänderung ausgeht.
Klaeger*in
1
190,098
S 8 SO 254/12
2013-08-27T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren um die Übernahme einer Heiz- und Nebenkostennachzahlung. 3Der Kläger wurde am 00.00.1955 geboren. Nach dem Tod seiner Lebensgefährtin V L am 00.00.2011 beantragte er am 20.09.2011 die Gewährung von Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII bei der Beklagten. Diese wurden ihm mit Bescheid vom 05.10.2011 und Änderungsbescheid vom 27.12.2011 für den Zeitraum von Oktober 2011 bis September 2012 gewährt. 4Am 30.01.2012 legte der Kläger die Nebenkostenabrechnung seiner Vermieterin für das Jahr 2011 vom 22.01.2012 bei der Beklagten vor. Hierin errechnete sie eine Nachforderung in Höhe von 7,26 EUR. Hinzu rechnete sie ein "Rest-Guthaben" in Höhe von 159,74 EUR. Insgesamt forderte sie von dem Kläger 167 EUR. Mit Schreiben an die Beklagte vom 19.02.2012 erläuterte die Vermieterin, dass es sich bei den 159,74 EUR um eine Restforderung aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2010 vom 20.03.2011 handele. Auf die damalige Gesamtnachforderung von 319,74 EUR seien lediglich 160 EUR gezahlt worden. So verbleibe der Restbetrag von 159,74 EUR. 5Mit Bescheid vom 29.02.2012 lehnte die Beklagte die Übernahme der Heiz- und Nebenkostennachzahlung für 2011 ab. Die Guthaben-Restforderung sei eine Forderung der Vermieterin aus 2009, die keine Berücksichtigung finden könne. Der Kläger habe seinerzeit mit seiner Lebensgefährtin zusammen gelebt und es habe kein Leistungsanspruch bestanden. Dies sei seinerzeit überprüft und beschieden worden. Zur Nachforderung der Neben- und Heizkosten in Höhe von 7,26 EUR komme es nur, weil nicht die gesamten Neben- und Heizkostenabschlagszahlungen für 2011 gezahlt worden seien. Ausweislich des Schreibens der Vermieterin habe der Kläger die Oktobermiete nicht gezahlt. Hätte der Kläger sämtliche Abschläge gezahlt, bestünde kein Rest. 6Hiergegen legte der Kläger am 19.03.2012 Widerspruch ein. Es gelte auch für die Forderung in Höhe von 159,74 EUR das Zuflussprinzip. Die Forderung sei somit ein gegenwärtiger Bedarf und als solcher zu berücksichtigen. Mit Widerspruchsbescheid vom 13.06.2012 wies der Kreis Minden-Lübbecke den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Nachzahlungsbetrag stelle grundsätzlich einen Bedarf im Fälligkeitsmonat dar. Die Fälligkeit führe aber nicht dazu, diesen Bedarf auch materiell diesem Monat zuzuordnen. Die Rechtslage beurteile sich nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Zeitraums, dem die Forderung nach ihrer Entstehung im tatsächlichen Sinne zuzuordnen sei. Die Forderung von 159,74 EUR resultiere aus der Nebenkostenabrechnung für 2010. Der Betrag sei bereits im April 2011 fällig gewesen. Es handele sich bei der Nachforderung um Schulden, die nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des § 36 SGB XII übernommen werden könnten. Diese lägen hier nicht vor. 7Hiergegen hat der Kläger am 08.10.2012 Klage erhoben. Es zählten auch solche Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis zu den Kosten der Unterkunft, die vor dem Leistungsbezug begründet worden seien. Lediglich wenn der Hilfebedürftige seinen fälligen Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis in Zeiträumen nicht nachkomme, in denen er keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bezogen habe, seien solche Belastungen als Schulden anzusehen und nur unter eingeschränkten Voraussetzungen zu übernehmen. Auf die Rechtsprechung des BSG zum SGB II werde verwiesen. Tatsächlich habe der Kläger die Nebenkostennachzahlung aus dem Jahr 2010 nicht in vollständiger Höhe beglichen, es sei jedoch seitens der Vermieterin erst mit Nebenkostenabrechnung vom 22.01.2012 die Restforderung fällig gestellt worden, sodass diese zum aktuellen Bedarf zähle. Auch sei die Ablehnung der Nebenkostennachforderung als Darlehen rechtswidrig. Die erforderliche Notlage bestehe. Der schwerbehinderte und schwer erkrankte Kläger habe nicht schon im Jahr 2009 einen Leistungsantrag gestellt, wenn es ihm möglich gewesen sei, die laufenden Verpflichtungen zu erfüllen. Der Antrag sei nur im Hinblick auf das Einkommen der Lebensgefährtin abgelehnt worden. Dies sei rechtswidrig gewesen. 8Der Kläger beantragt, 9die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 29.02.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2012, zugegangen am 11.09.2012, zu verurteilen, die Nebenkostennachforderung aus der Jahresrechnung 2010 über 159,74 EUR zu übernehmen. 10Die Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Zur Begründung wiederholt sie ihre Ausführungen aus dem Bescheid und Widerspruchsbescheid. 13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen. 14Entscheidungsgründe: 15Die zulässige Klage ist unbegründet. 16Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 29.02.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2012 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 SGG, da der Bescheid rechtsmäßig ist. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung höherer Unterkunftskosten in Form der Übernahme der Nebenkostennachforderung in Höhe von 159,74 EUR. 17Rechtsgrundlage für die Übernahme der Nebenkostennachforderung ist § 41 Abs. 1 S. 1, 42 S. 1 Nr. 4, 35 Abs. 1 SGB XII. Gemäß § 41 Abs. 1 S. 1 SGB XII ist älteren und dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 bestreiten können, auf Antrag Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu leisten. Gemäß § 42 S. 1 Nr. 4 SGB XII umfassen die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Vierten Abschnitt des Dritten Kapitels. Gemäß § 35 Abs. 1 S. 1 SGB XII werden Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. 18Zu den Kosten der Unterkunft zählen bei Mietwohnungen der mietvertraglich geschuldete Kaltmietzins sowie die Nebenkosten. Auch einmalig anfallende Bedarfe wie Nebenkostennachforderungen gehören grundsätzlich zu den übernahmefähigen Unterkunftskosten im Sinne des § 35 SGB XII. Das BSG hat hierzu für den Bereich des SGB II mehrfach entschieden, dass eine in einer Summe fällig werdende Nebenkostennachforderung als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Zeitpunkt der Fälligkeit zu berücksichtigen ist. Nachforderungen, die nach regelmäßiger Übernahme der Heizkostenvorauszahlungen bzw. -abschläge der jeweiligen Monate entstehen, gehören als einmalig geschuldete Zahlungen zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat (BSG, Urteil vom 02.07.2009, Az.: B 14 AS 36/08 R; BSG, Urteil vom 22.03.2010, Az.: B 4 AS 62/09 R m. w. N.). Diese Grundsätze hält die Kammer auch für den Bereich des SGB XII für anwendbar. Entscheidend ist damit der Zeitpunkt der Fälligkeit der fraglichen Forderung. 19Hiervon ausgehend hat der Kläger im vorliegenden Fall keinen Anspruch auf Gewährung des Betrages von 159,74 EUR als Kosten der Unterkunft, denn der Betrag ist nicht erst während der Bedarfszeit, sondern bereits vor Beginn des Leistungsbezuges des Klägers erstmalig fällig geworden. Es handelt sich bei dem Betrag um eine Restforderung aus der Nebenkostenabrechnung für 2010, die von der Vermieterin bereits am 20.03.2011 gestellt wurde und einen Gesamtbetrag von 319,74 EUR auswies. Die Fälligkeit einer gemäß § 556 BGB ordnungsgemäßen Nebenkostenabrechnung folgt aus § 271 BGB (vgl. Urteil des BGH v. 08.03.2006, VII ZR 78/05). Gemäß § 271 Abs. 1 BGB kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken, wenn eine Zeit für eine Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen ist. Gemäß § 271 Abs. 2 BGB ist, wenn eine Zeit bestimmt ist, im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner sie aber vorher bewirken kann. Hier ist in der Nebenkostenabrechnung vom 20.03.2011 bestimmt, dass die Zahlung der 319,74 EUR bis zum 01.04.2011 auf das Konto der Vermieterin überwiesen werden soll. Die Forderung war daher bereits jedenfalls zum 01.04.2011 fällig. Fällig war der Gesamtbetrag, zu dem auch der zunächst nicht gezahlte Restbetrag von 159,74 EUR gehört. Dass der Betrag zunächst nicht gezahlt wurde und die Vermieterin diesen in der Nebenkostenabrechnung vom 22.01.2012 für das Kalenderjahr 2011 erneut aufgeführt hat, ändert an der Fälligkeit des Betrages nichts. Gründe, die gegen die Ordnungsmäßigkeit der Nebenkostenabrechnung im Sinne des § 556 BGB sprechen, sind weder vom Kläger vorgetragen noch sonst für die Kammer ersichtlich. 20Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen in Höhe von 159,74 EUR unter dem Aspekt der Übernahme von Mietschulden gemäß § 36 SGB XII. Gemäß § 36 Abs. 1 S. 1 SGB XII können Schulden nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen gemäß § 36 Abs. 1 S. 2 SGB XII übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Gemäß § 36 Abs. 1 S. 3 SGB XII können Geldleistungen als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden. Hier ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger die Wohnungslosigkeit oder eine vergleichbare Notlage droht. Die Vermieterin hat eine Kündigung des Mietverhältnisses nicht ausgesprochen. Soweit der Kläger darauf verweist, dass die Ablehnung früherer Leistungen rechtswidrig gewesen sei, so ist dies nicht Regelungsgegenstand des angefochtenen Bescheides und damit nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. 21Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG. 22Die Berufung war gemäß § 144 Abs. 2 SGG nicht zuzulassen. Sie ist gemäß § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 EUR nicht übersteigt. Gründe für die Zulassung der Berufung lagen nicht vor.
die klage wird abgewiesen. kosten sind nicht zu erstatten. 1
2die beteiligten streiten im vorliegenden verfahren um die übernahme einer heiz- und nebenkostennachzahlung. 3der kläger wurde am 00.00.1955 geboren. nach dem tod seiner lebensgefährtin v l am 00.00.2011 beantragte er am 20.09.2011 die gewährung von leistungen nach dem 4. kapitel des sgb xii bei der beklagten. diese wurden ihm mit bescheid vom 05.10.2011 und änderungsbescheid vom 27.12.2011 für den zeitraum von oktober 2011 bis september 2012 gewährt. 4am 30.01.2012 legte der kläger die nebenkostenabrechnung seiner vermieterin für das jahr 2011 vom 22.01.2012 bei der beklagten vor. hierin errechnete sie eine nachforderung in höhe von 7,26 eur. hinzu rechnete sie ein "rest-guthaben" in höhe von 159,74 eur. insgesamt forderte sie von dem kläger 167 eur. mit schreiben an die beklagte vom 19.02.2012 erläuterte die vermieterin, dass es sich bei den 159,74 eur um eine restforderung aus der nebenkostenabrechnung für das jahr 2010 vom 20.03.2011 handele. auf die damalige gesamtnachforderung von 319,74 eur seien lediglich 160 eur gezahlt worden. so verbleibe der restbetrag von 159,74 eur. 5mit bescheid vom 29.02.2012 lehnte die beklagte die übernahme der heiz- und nebenkostennachzahlung für 2011 ab. die guthaben-restforderung sei eine forderung der vermieterin aus 2009, die keine berücksichtigung finden könne. der kläger habe seinerzeit mit seiner lebensgefährtin zusammen gelebt und es habe kein leistungsanspruch bestanden. dies sei seinerzeit überprüft und beschieden worden. zur nachforderung der neben- und heizkosten in höhe von 7,26 eur komme es nur, weil nicht die gesamten neben- und heizkostenabschlagszahlungen für 2011 gezahlt worden seien. ausweislich des schreibens der vermieterin habe der kläger die oktobermiete nicht gezahlt. hätte der kläger sämtliche abschläge gezahlt, bestünde kein rest. 6hiergegen legte der kläger am 19.03.2012 widerspruch ein. es gelte auch für die forderung in höhe von 159,74 eur das zuflussprinzip. die forderung sei somit ein gegenwärtiger bedarf und als solcher zu berücksichtigen. mit widerspruchsbescheid vom 13.06.2012 wies der kreis minden-lübbecke den widerspruch als unbegründet zurück. der nachzahlungsbetrag stelle grundsätzlich einen bedarf im fälligkeitsmonat dar. die fälligkeit führe aber nicht dazu, diesen bedarf auch materiell diesem monat zuzuordnen. die rechtslage beurteile sich nach den tatsächlichen und rechtlichen verhältnissen des zeitraums, dem die forderung nach ihrer entstehung im tatsächlichen sinne zuzuordnen sei. die forderung von 159,74 eur resultiere aus der nebenkostenabrechnung für 2010. der betrag sei bereits im april 2011 fällig gewesen. es handele sich bei der nachforderung um schulden, die nur unter den eingeschränkten voraussetzungen des § 36 sgb xii übernommen werden könnten. diese lägen hier nicht vor. 7hiergegen hat der kläger am 08.10.2012 klage erhoben. es zählten auch solche verpflichtungen aus dem mietverhältnis zu den kosten der unterkunft, die vor dem leistungsbezug begründet worden seien. lediglich wenn der hilfebedürftige seinen fälligen verpflichtungen aus dem mietverhältnis in zeiträumen nicht nachkomme, in denen er keine leistungen zur sicherung des lebensunterhalts bezogen habe, seien solche belastungen als schulden anzusehen und nur unter eingeschränkten voraussetzungen zu übernehmen. auf die rechtsprechung des bsg zum sgb ii werde verwiesen. tatsächlich habe der kläger die nebenkostennachzahlung aus dem jahr 2010 nicht in vollständiger höhe beglichen, es sei jedoch seitens der vermieterin erst mit nebenkostenabrechnung vom 22.01.2012 die restforderung fällig gestellt worden, sodass diese zum aktuellen bedarf zähle. auch sei die ablehnung der nebenkostennachforderung als darlehen rechtswidrig. die erforderliche notlage bestehe. der schwerbehinderte und schwer erkrankte kläger habe nicht schon im jahr 2009 einen leistungsantrag gestellt, wenn es ihm möglich gewesen sei, die laufenden verpflichtungen zu erfüllen. der antrag sei nur im hinblick auf das einkommen der lebensgefährtin abgelehnt worden. dies sei rechtswidrig gewesen. 8der kläger beantragt, 9die beklagte unter abänderung des bescheides vom 29.02.2012 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 13.06.2012, zugegangen am 11.09.2012, zu verurteilen, die nebenkostennachforderung aus der jahresrechnung 2010 über 159,74 eur zu übernehmen. 10die beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12zur begründung wiederholt sie ihre ausführungen aus dem bescheid und widerspruchsbescheid. 13wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsakte der beklagten, die gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen sind, bezug genommen. 14
15die zulässige klage ist unbegründet. 16der kläger ist durch den angefochtenen bescheid vom 29.02.2012 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 13.06.2012 nicht beschwert im sinne des § 54 abs. 2 s. 1 sgg, da der bescheid rechtsmäßig ist. der kläger hat gegen die beklagte keinen anspruch auf gewährung höherer unterkunftskosten in form der übernahme der nebenkostennachforderung in höhe von 159,74 eur. 17rechtsgrundlage für die übernahme der nebenkostennachforderung ist § 41 abs. 1 s. 1, 42 s. 1 nr. 4, 35 abs. 1 sgb xii. gemäß § 41 abs. 1 s. 1 sgb xii ist älteren und dauerhaft voll erwerbsgeminderten personen mit gewöhnlichem aufenthalt im inland, die ihren notwendigen lebensunterhalt nicht aus einkommen und vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 bestreiten können, auf antrag grundsicherung im alter und bei erwerbsminderung zu leisten. gemäß § 42 s. 1 nr. 4 sgb xii umfassen die leistungen der grundsicherung im alter und bei erwerbsminderung die aufwendungen für unterkunft und heizung nach dem vierten abschnitt des dritten kapitels. gemäß § 35 abs. 1 s. 1 sgb xii werden leistungen für die unterkunft in höhe der tatsächlichen aufwendungen erbracht. 18zu den kosten der unterkunft zählen bei mietwohnungen der mietvertraglich geschuldete kaltmietzins sowie die nebenkosten. auch einmalig anfallende bedarfe wie nebenkostennachforderungen gehören grundsätzlich zu den übernahmefähigen unterkunftskosten im sinne des § 35 sgb xii. das bsg hat hierzu für den bereich des sgb ii mehrfach entschieden, dass eine in einer summe fällig werdende nebenkostennachforderung als tatsächlicher, aktueller bedarf im zeitpunkt der fälligkeit zu berücksichtigen ist. nachforderungen, die nach regelmäßiger übernahme der heizkostenvorauszahlungen bzw. -abschläge der jeweiligen monate entstehen, gehören als einmalig geschuldete zahlungen zum aktuellen bedarf im fälligkeitsmonat (bsg, urteil vom 02.07.2009, az.: b 14 as 36/08 r; bsg, urteil vom 22.03.2010, az.: b 4 as 62/09 r m. w. n.). diese grundsätze hält die kammer auch für den bereich des sgb xii für anwendbar. entscheidend ist damit der zeitpunkt der fälligkeit der fraglichen forderung. 19hiervon ausgehend hat der kläger im vorliegenden fall keinen anspruch auf gewährung des betrages von 159,74 eur als kosten der unterkunft, denn der betrag ist nicht erst während der bedarfszeit, sondern bereits vor beginn des leistungsbezuges des klägers erstmalig fällig geworden. es handelt sich bei dem betrag um eine restforderung aus der nebenkostenabrechnung für 2010, die von der vermieterin bereits am 20.03.2011 gestellt wurde und einen gesamtbetrag von 319,74 eur auswies. die fälligkeit einer gemäß § 556 bgb ordnungsgemäßen nebenkostenabrechnung folgt aus § 271 bgb (vgl. urteil des bgh v. 08.03.2006, vii zr 78/05). gemäß § 271 abs. 1 bgb kann der gläubiger die leistung sofort verlangen, der schuldner sie sofort bewirken, wenn eine zeit für eine leistung weder bestimmt noch aus den umständen zu entnehmen ist. gemäß § 271 abs. 2 bgb ist, wenn eine zeit bestimmt ist, im zweifel anzunehmen, dass der gläubiger die leistung nicht vor dieser zeit verlangen, der schuldner sie aber vorher bewirken kann. hier ist in der nebenkostenabrechnung vom 20.03.2011 bestimmt, dass die zahlung der 319,74 eur bis zum 01.04.2011 auf das konto der vermieterin überwiesen werden soll. die forderung war daher bereits jedenfalls zum 01.04.2011 fällig. fällig war der gesamtbetrag, zu dem auch der zunächst nicht gezahlte restbetrag von 159,74 eur gehört. dass der betrag zunächst nicht gezahlt wurde und die vermieterin diesen in der nebenkostenabrechnung vom 22.01.2012 für das kalenderjahr 2011 erneut aufgeführt hat, ändert an der fälligkeit des betrages nichts. gründe, die gegen die ordnungsmäßigkeit der nebenkostenabrechnung im sinne des § 556 bgb sprechen, sind weder vom kläger vorgetragen noch sonst für die kammer ersichtlich. 20der kläger hat auch keinen anspruch auf gewährung von leistungen in höhe von 159,74 eur unter dem aspekt der übernahme von mietschulden gemäß § 36 sgb xii. gemäß § 36 abs. 1 s. 1 sgb xii können schulden nur übernommen werden, wenn dies zur sicherung der unterkunft oder zur behebung einer vergleichbaren notlage gerechtfertigt ist. sie sollen gemäß § 36 abs. 1 s. 2 sgb xii übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst wohnungslosigkeit einzutreten droht. gemäß § 36 abs. 1 s. 3 sgb xii können geldleistungen als beihilfe oder als darlehen erbracht werden. hier ist nicht ersichtlich, dass dem kläger die wohnungslosigkeit oder eine vergleichbare notlage droht. die vermieterin hat eine kündigung des mietverhältnisses nicht ausgesprochen. soweit der kläger darauf verweist, dass die ablehnung früherer leistungen rechtswidrig gewesen sei, so ist dies nicht regelungsgegenstand des angefochtenen bescheides und damit nicht streitgegenstand des vorliegenden verfahrens. 21die kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 sgg. 22die berufung war gemäß § 144 abs. 2 sgg nicht zuzulassen. sie ist gemäß § 144 abs. 1 s. 1 nr. 1 sgg zulassungsbedürftig, da der wert des beschwerdegegenstandes 750 eur nicht übersteigt. gründe für die zulassung der berufung lagen nicht vor.
Verklagte*r
0
126,411
20 O 155/13
2016-02-10T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin verlangt vollen Ersatz ihres Fahrzeugschadens, den sie am … in F auf der Ampelkreuzung H-Straße/H1-Straße bei einem Zusammenstoß mit dem für sie von links kommenden Pkw des Beklagten zu 3.) erlitten hat. Die Beklagte zu 1.) hat bislang 2/3 des Schadens ausgeglichen. 3Der Ehemann der Klägerin befuhr am Unfalltag mit dem Pkw der Klägerin, P mit dem amtlichen Kennzeichen …, die H-Straße aus Norden kommend in Richtung Innenstadt. Die Beklagte zu 2.) fuhr mit dem Fahrzeug L, amtliches Kennzeichen …, des Beklagten zu 3.), das bei der Beklagten zu 1.) haftpflichtversichert ist, die H1-Straße von Westen kommend in Richtung Osten. Die H1-Straße ist in beiden Fahrtrichtungen zweispurig ausgebaut, zwischen den Richtungsfahrbahnen befindet sich ein erhöhter und begrünter Mittelstreifen. Die H1-Straße wird von der H-Straße (B…) gekreuzt, der Kreuzungsbereich ist durch eine LZA gesichert. 4In entgegengesetzter Fahrtrichtung befinden sich auf der H1-Straße zwei Geradeaus- sowie zwei gesonderte Linksabbiegerfahrspuren. Die H-Straße ist ebenfalls in beiden Fahrtrichtungen zweispurig ausgebaut, im Kreuzungsbereich befinden sich in beiden Fahrtrichtungen jeweils gesonderte Linksabbiegerfahrspuren. Es handelt sich um einen weiträumigen Kreuzungsbereich. 5Im Kreuzungsbereich kam es zur Kollision der beiden Fahrzeuge. Das Fahrzeug der Klägerin wurde durch die Kollision erheblich beschädigt. Es erlitt einen wirtschaftlichen Totalschaden. Das vom Kläger in Auftrag gegebene Gutachten, gab den differenzbesteuerten Wiederbeschaffungswert mit 19.500,00 €, den Restwert mit 4.300,00 € und die Wiederbeschaffungsdauer mit 10 bis 12 Kalendertagen an. In diesem Zusammenhang vermittelte die Beklagte zu 1.) der Klägerin ein vom Gutachter abweichendes Restwertangebot i.H.v. 6.650,00 €. Das Fahrzeug wurde entsprechend veräußert. Erst am 16.05.2013 wurde ein neues Fahrzeug auf die Klägerin zugelassen. 6Die Klägerin beziffert ihren Sachschaden wie folgt: 71.) Wiederbeschaffungswert gemäß Gutachten 19.500,00 € 2.) abzügl. Restwert 6.650,00 € 3.) Wiederbeschaffungsaufwand 12.850,00 € 4.) Nebenkostenpauschale 25,00 € 5.) Sachverständigengebühren 1.470,84 € Gesamt 14.345,84 € 8Auf diesen Schaden zahlte die Beklagte zu 1.) unter Annahme einer Mithaftung der Klägerin von 1/3 und unter Zugrundelegung eines Nettowiederbeschaffungswertes von 19.024,39 € einen Betrag von 9.246,82 €. Den Restbetrag i.H.v. 5.099,02 € macht die Klägerin mit der Klage geltend. 9Das Fahrzeug der Klägerin war aufgrund des Unfalles nicht mehr fahrbereit und musste abgeschleppt werden. Dadurch fielen weitere Kosten in Höhe von insgesamt 427,95 € an. Darauf zahlte die Beklagte zu 1.) unter Berücksichtigung einer Mithaftung von 1/3 einen Betrag von 206,02 €. Den Restbetrag macht die Klägerin mit der Klage geltend. 10Darüber hinaus begehrt sie Nutzungsausfallentschädigung i.H.v. 2.107,00 € (49 Tage á 43,00 €). Die Beklagte zu 1.) erstattete insoweit 688,00 € (2/3 x ( 24 Tage á 43,00 €) ), so dass der Restbetrag noch eingeklagt ist. 11Die Klägerin behauptet, es sei zur Kollision gekommen, weil die Beklagte zu 2.) unter Missachtung des Rotlichtes in den Kreuzungsbereich eingefahren sei. Der Zeuge L1 sei bei Grünlicht in die Kreuzung hineingefahren und habe damit die H1-Straße vorfahrtsberechtigt passiert. De Beklagte zu 2.) habe den Unfall wegen Missachtung der Vorfahrt allein herbeigeführt. 12Die Beklagte zu 2.) habe sich vom Kreuzungskern soweit entfernt befunden, dass ihr Fahrzeug vom Querverkehr der H-Straße nicht habe gesehen werden können. Sie habe vor der Fluchtlinie der Querfahrbahn angehalten. Als die LZA der Querfahrbahnen auf Grünlicht umgesprungen sei, habe sich die Beklagte zu 2.) mit ihrem Fahrzeug nicht im Bereich des Kreuzungskerns befunden. Es sei aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht möglich, von der rechten Geradeausspur der H1-Straße in den inneren Kreuzungsbereich einzufahren, wenn sich stehender Verkehr auf der gegenüberliegenden Linksabbiegerfahrspur befunden habe. Die Beklagte zu 2.) sei daher ein nicht bevorrechtigter "Nachzügler" gewesen. Ein solcher Nachzügler, der zwar die Ampelanlage noch bei Grünlicht passiert habe, befinde sich aber nach Umschalten der Ampel noch vor der Fluchtlinie der Kreuzung und habe daher keinen Vorrang im Hinblick auf die Räumung der Kreuzung. 13Die Klägerin beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, 141.) 15an sie 5.099,02 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 02.07.2013 zu zahlen. 162.) 17an sie 1.046,93 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 24.08.2013 zu zahlen 183.) 19an sie außergerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 185,64 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 02.07.2013 zu zahlen. 20Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen. 21Sie behaupten, die Beklagte zu 2.) habe beabsichtigt, den Kreuzungsbereich H-Straße geradeaus zu durchfahren. Sie habe ihr Fahrzeug auf der rechten Geradeausspur als erstes Fahrzeug an der für sie Rotlicht zeigenden LZA zum Stehen gebracht. Als die LZA sodann auf links umgesprungen sei, habe sie ihr Fahrzeug in Bewegung gesetzt. Sie habe aber aufgrund eines kurzen Rückstaus auf der linken Linksabbiegerspur der H1-Straße in entgegengesetzter Richtung ihr Fahrzeug kurz vor der Kreuzungsmitte anhalten müssen, um diese Linksabbieger zunächst passieren zu lassen. Als dieser Linksabbieger seine Fahrt fortgesetzt habe, habe sie ihr Fahrzeug ebenfalls in Bewegung gesetzt. Als sie den Kreuzungsbereich nahezu vollständig durchfahren habe, sei das plötzlich und unerwartet von rechts kommende Auto der Klägerin im Bereich ihrer rechten Seite mit ihr kollidiert. Sie sind der Ansicht, die Beklagte zu 2.) habe sich als Kreuzungsräumerin im Kreuzungsbereich befunden, so dass der Zeuge L1 ihr trotz seines Grünlichtes zunächst habe Gelegenheit geben müssen, die Kreuzung zu räumen. Dies habe er nicht getan. 22Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen L1, N, X, T und B. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsprotokolle vom 19.03.2014 (Bl. 113 ff. d.A.) und vom 19.11.2014 (Bl. 180 ff d.A.). 23Die Kammer hat außerdem Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses wird insoweit Bezug genommen auf das schriftliche Gutachten vom 31.8.2015 sowie die Anhörung des Sachverständigen A vom 20.01.2016 ( Bl. 230 ff d.A.). 24Entscheidungsgründe: 25Die Klage ist unbegründet. 26Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung weiteren Schadensersatzes aus dem Unfall vom … in F, Kreuzung H-Straße / H1-Straße. 27Dem Kläger steht kein über die bereits erhaltenen Beträge hinausgehender Zahlungsanspruch zu. Denn ihm steht gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, § 823, 249 ff BGB bzw. § 115 Abs. 1 VVG gegen die Beklagten als Gesamtschuldner nur ein Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 2/3 der ihm durch den streitgegenständlichen Verkehrsunfall entstandenen Schäden zu (1). Den in diesem Umfang ersatzfähigen Schaden hat die Beklagte zu 3.) bereits in vollem Umfang ausgeglichen (2). 281.) 29Unzweifelhaft hat sich der Unfall beim Betrieb der beteiligten Kraftfahrzeuge ereignet, § 7 Abs. 1 StVG. Es kann nicht festgestellt werden, dass es sich bei dem Unfall für einen der beiden Kraftfahrzeugführer um ein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG handelte. Unabwendbar ist ein Ereignis, das durch äußerste mögliche Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Abzustellen ist insoweit auf das Verhalten des sog. „Idealfahrers“. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein solcher die Kollision verhindert hätte. 30Die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie deren Umfang hängen nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG bzw. nach § 254 Abs. 1 BGB von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Die danach gebotene Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge ist aufgrund aller festgestellten, d. h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung (ständige Rechtsprechung, zuletzt BGH, NJW 2012, 1953). 31Die vorzunehmende Abwägung nach §§ 17 Abs. 1 und 2 StVG führt vorliegend dazu, dass die Beklagten nicht zum Ersatz des dem Kläger entstandenen weiteren Schadens verpflichtet sind. Denn die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, dass der Beklagten zu 2) ein Verschulden am Zustandekommen der Kollision anzulasten ist, welches die von der Klägerin angestrebte vollständige Haftung der Beklagten rechtfertigen kann. 32Ein unfallursächlicher Rotlichtverstoß der Beklagten zu 2) kann nicht festgestellt werden. Denn nach dem Ergebnis der Parteianhörung und der Beweisaufnahme ist anzunehmen, dass die Beklagte zu 2.) bei Grünlicht in die Kreuzung hineingefahren ist. Nach den Angaben der Beklagten zu 2.) ist sie bei Grünlicht in die Kreuzung hineingefahren, konnte die Kreuzung aber nicht überqueren, weil sich bei dem Linksabbiegerverkehr ein Rückstau gebildet hatte. Diese Schilderung wird von der Zeugen B bestätigt, die in derselben Fahrtrichtung der Beklagten hinter ihr an der Ampel gestanden hat. Die Kammer hatte keine Anhaltspunkte an der Richtigkeit dieser Aussage zu zweifeln. Sie stimmte insbesondere mit ihren Angaben im Rahmen des Ermittlungsverfahrens überein. 33Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann auch nicht festgestellt werden, dass die Beklagte zu 2.) lediglich ein sog. unechter Nachzügler war. Nach den Aussagen der Zeugen X und T und auch des Sachverständigen A befand sich die Beklagte zu 2.) vielmehr bereits im inneren Kreuzungsbereich. So haben die Zeugen X und T insoweit übereinstimmend bekundet, die Beklagte zu 2.) habe mit ihrem Fahrzeug bereits die 2. gestrichelte Linie hinter dem Ampel- bzw. Fußgängerbereich passiert. Der Zeuge X hat zudem bekundet, dass der Geradeausverkehr aus der H-Straße Richtung Norden um das Beklagtenfahrzeug habe herumfahren müssen, um geradeaus weiterfahren zu können. Diese Schilderungen stehen im Einklang mit den Angaben des Sachverständigen A zu den Ampelphasen der Kreuzung und den von ihm im Rahmen der Anhörung vorgelegten maßstabgerechten Zeichnungen des Kreuzungsbereiches mit den möglichen Fahrzeugstellungen des Beklagtenfahrzeuges. Daraus ergibt sich nicht nur, dass sich das Fahrzeug mit seiner Stellung hinter der 2. gestrichelten Linie bereits im Kreuzungskern befand, sondern auch, dass dies – entgegen der Behauptung der Klägerin – auch durchaus trotz des Verkehrs auf der Linksabbiegerspur möglich war. 34Die Beklagte zu 2.) war damit zwar berechtigt und verpflichtet, die Kreuzung alsbald zu verlassen, und hatte dabei ein Vorrecht gegenüber dem anlaufenden Querverkehr. Das befreite sie aber nicht davon, die jedem Verkehrsteilnehmer nach § 1 StVO obliegende Sorgfalt zu beachten. Wer in der Kreuzung aufgehalten wird, muss damit rechnen, dass inzwischen der Querverkehr durch Grünlicht freigegeben wurde. Er darf daher nur vorsichtig einbiegen und nicht blindlings darauf vertrauen, dass er vorgelassen werde. Für die Beklagte zu 2.). bestand Anlass zu erhöhter Aufmerksamkeit und Vorsicht, weil es sich um eine große Kreuzung handelte und sie in einem Teilbereich der Kreuzung hielt, der durch die Unterbrechung mit einem Grünstreifen, auf dem sich ein Verkehrsschild befand nach rechts etwas abgeschirmt war. In dieser Lage musste sie das Ihrige tun, um zu verhindern, dass sie mit dem sich verkehrswidrig verhaltenden Fahrer des anderen Fahrzeugs zusammenstieß. Gegen diese Verpflichtung hat die Beklagte zu 1.) in erheblichem Maße verstoßen, indem sie losfuhr, ohne das herannahende klägerische Fahrzeug hinreichend zu beachten. 35Weitere erhebliche Umstände hat die Klägerin zur Rechtfertigung der mit der Klage verfolgten weitergehenden Haftung der Beklagten nicht vorgetragen. Dagegen fällt nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme den Fahrer des klägerischen Fahrzeuges, den Zeugen L1, ein Verstoß zur Last, weil er mit einem fliegenden Start in die Kreuzung eingefahren ist. 36Der Zeuge L1 hat gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot aus §§ 1 Abs. 2, 11 Abs. 3 StVO verstoßen, wonach derjenige, der Vorrang hat, auf sein Recht verzichten muss, wenn es die allgemeine Verkehrslage erfordert, und aus dem folgt, dass das grüne Lichtzeichen den Vorfahrberechtigten nicht von der Verpflichtung befreit, auf der Kreuzung verbliebene Nachzügler des Querverkehrs vorrangig räumen zu lassen. Das Hineinfahren in eine unübersichtliche Kreuzung mit fliegendem Start – also ohne ein vorheriges Anhalten vor dem Lichtzeichenwechsel – ist nur erlaubt, wenn sich der Einfahrende vorher davon überzeugt hat, dass die Kreuzung von bevorrechtigtem Querverkehr frei ist; dabei muss er vollen Überblick über die Kreuzung haben und diesen zuverlässig als frei erkennen. Ist dies nicht der Fall, kann er sich nicht darauf berufen, auf das Nichtvorhandensein von Nachzüglern vertraut zu haben; zwar muss er nicht mit verbotswidrigem Querverkehr rechnen, aber mit Nachzüglern. 37Der Zeuge L1 hat selbst bekundet, nur auf die Ampelschaltung und die Fahrzeuge vor sich geachtet zu haben und nicht auch auf den von links kommenden Verkehr. Dementsprechend war er auch nicht in der Lage zu schildern, wo sich das Bekklagenfahrzeug befand, als er in die Kreuzung hineinfuhr. Er hat aber auch bekundet, wahrgenommen zu haben, dass sich Linksabbieger vorher gestaut hatten. Dennoch ist er ohne die Geschwindigkeit zu verringern in die Kreuzung gefahren. Außerdem befand sich der Zeuge N hinter 2 weiteren Fahrzeugen neben dem Zeugen L1 auf der Linksabbiegerspur, so dass der Zeuge L1 nach links durch diese Fahrzeuge bereits kein freies Sichtfeld hatte. Hinzu kommt, dass die Sicht, wie der Sachverständige ausgeführt hat, durch ein Verkehrsschild auf der Verkehrsinsel zusätzlich beeinträchtigt war. 38Es fehlte dem Zeugen L1 daher die Übersicht, um darauf vertrauen zu dürfen, dass die Kreuzung vollständig geräumt war. Er hätte unter Herabsetzung seiner Geschwindigkeit und mit gesteigerter Sorgfalt in den Kreuzungsbereich einfahren müssen. Der Sachverhalt ist auch nicht deshalb anders zu bewerten, weil der Kläger aus einiger Entfernung auf den durch Grünlicht freigegebenen Kreuzungsbereich zu- und sodann in diesen eingefahren ist. Auch das Einfahren von weiter hinten ist als sog. "fliegender Start" zu qualifizieren. Einen solchen zeichnet aus, dass der Fahrer einen Lichtzeichenwechsel wahrnimmt und auf ihn reagiert, ohne anzuhalten. Für den Fahrenden ist auch aus etwas weiterer Entfernung, ebenso wie dem unmittelbarer vor der Kreuzung in Fahrt auf den Farbwechsel Reagierenden, erkennbar, dass es gerade erst zu einem Farbwechsel gekommen ist und die Kreuzung noch nicht vollständig geräumt sein könnte. 39Vor diesem Hintergrund ist bei Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge von der vorgenommenen Quotelung von 2/3 zu 1/3 zu Lasten der Beklagten nicht zugunsten der Klägerin abzuweichen. 402.) 41Auf der Grundlage dieser Quote hat die Beklagte zu 1.) bereits den Schaden der Klägerin reguliert. Weitere Ansprüche bestehen nicht. 42Zu Recht hat die Beklagte zu 1.) den Schaden der Klägerin auch unter Zugrundelegung eines Nettowiederbeschaffungswertes von 19.024,39 abgerechnet. 43Denn trotz der Ersatzbeschaffung rechnet die Klägerin (zulässig) fiktiv auf Gutachtenbasis ab. Dies bedeutet, dass sie aber nicht wegen der Ersatzbeschaffung auf Grundlage der BGH-Rechtsprechung (VersR 2006, 238; VersR 2009, 516) Anspruch auf Ersatz des Bruttowiederbeschaffungswertes hat. Der BGH (a.a.O.) hat ausgeführt, dass nur bei der hier nicht vorliegenden konkreten Schadensberechnung im Fall der Ersatzbeschaffung auf den im Gutachten ausgewiesenen Bruttowiederbeschaffungswert abzustellen ist. Nur für die konkrete Schadensberechnung hat der BGH (VersR 2009, 516) entschieden, dass ein vorsteuerabzugsberechtigter Geschädigter nicht verpflichtet ist, beim Erwerb eines Ersatzfahrzeuges ein regelbesteuertes Fahrzeug anzuschaffen. Wenn er ein nur differenzbesteuertes Fahrzeug anschaffe, sei er nicht vorsteuerabzugsberechtigt, so dass auf den Bruttowiederbeschaffungswert abzustellen sei (vgl. OLG Hamm Urteil vom 19.2.2010 AZ: 9 U 147/09 ). 44Da die Klägerin ihren Schaden fiktiv auf Gutachtenbasis berechnet, ist die Umsatzsteuer nicht i.S. von § 249 Abs. 2 S. 2 BGB tatsächlich angefallen und nicht ersatzfähig. 45Entgegen der Ansicht der Klägerin kann sie auch keine weitere Nutzungsausfallentschädigung verlangen. 46Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung besteht grundsätzlich für die Dauer einer notwendigen Reparatur bzw. - wie hier - Wiederbeschaffung zuzüglich der Zeit für die Schadensfeststellung und gegebenenfalls einer angemessenen Überlegungszeit (BGH, VersR 2013, 471). 47Danach kann die Klägerin hier auf der Grundlage der im vorprozessualen Sachverständigengutachten ausgewiesenen Dauer der Ersatzbeschaffung Nutzungsausfallentschädigung für maximal 12 Tage verlangen, wobei die in Ansatz gebrachte Höhe von 43 € pro Tag unstreitig ist. Die Beklagte zu 1.) hat aber sogar darüber hinaus 12 weitere Tage erstattet, so dass kein weiterer Anspruch besteht. 48Unabhängig davon, ob die Beklagten sich in Verzug befanden, hat die Klägerin gegen die Beklagten auch keinen Anspruch auf Erstattung weiterer vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Denn die Beklagte zu 1.) hat auch insoweit bereits vor Rechtshängigkeit den Schaden in Höhe von 2/3 ausgeglichen. 49Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 ZPO.
die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt die klägerin. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2die klägerin verlangt vollen ersatz ihres fahrzeugschadens, den sie am … in f auf der ampelkreuzung h-straße/h1-straße bei einem zusammenstoß mit dem für sie von links kommenden pkw des beklagten zu 3.) erlitten hat. die beklagte zu 1.) hat bislang 2/3 des schadens ausgeglichen. 3der ehemann der klägerin befuhr am unfalltag mit dem pkw der klägerin, p mit dem amtlichen kennzeichen …, die h-straße aus norden kommend in richtung innenstadt. die beklagte zu 2.) fuhr mit dem fahrzeug l, amtliches kennzeichen …, des beklagten zu 3.), das bei der beklagten zu 1.) haftpflichtversichert ist, die h1-straße von westen kommend in richtung osten. die h1-straße ist in beiden fahrtrichtungen zweispurig ausgebaut, zwischen den richtungsfahrbahnen befindet sich ein erhöhter und begrünter mittelstreifen. die h1-straße wird von der h-straße (b…) gekreuzt, der kreuzungsbereich ist durch eine lza gesichert. 4in entgegengesetzter fahrtrichtung befinden sich auf der h1-straße zwei geradeaus- sowie zwei gesonderte linksabbiegerfahrspuren. die h-straße ist ebenfalls in beiden fahrtrichtungen zweispurig ausgebaut, im kreuzungsbereich befinden sich in beiden fahrtrichtungen jeweils gesonderte linksabbiegerfahrspuren. es handelt sich um einen weiträumigen kreuzungsbereich. 5im kreuzungsbereich kam es zur kollision der beiden fahrzeuge. das fahrzeug der klägerin wurde durch die kollision erheblich beschädigt. es erlitt einen wirtschaftlichen totalschaden. das vom kläger in auftrag gegebene gutachten, gab den differenzbesteuerten wiederbeschaffungswert mit 19.500,00 €, den restwert mit 4.300,00 € und die wiederbeschaffungsdauer mit 10 bis 12 kalendertagen an. in diesem zusammenhang vermittelte die beklagte zu 1.) der klägerin ein vom gutachter abweichendes restwertangebot i.h.v. 6.650,00 €. das fahrzeug wurde entsprechend veräußert. erst am 16.05.2013 wurde ein neues fahrzeug auf die klägerin zugelassen. 6die klägerin beziffert ihren sachschaden wie folgt: 71.) wiederbeschaffungswert gemäß gutachten 19.500,00 € 2.) abzügl. restwert 6.650,00 € 3.) wiederbeschaffungsaufwand 12.850,00 € 4.) nebenkostenpauschale 25,00 € 5.) sachverständigengebühren 1.470,84 € gesamt 14.345,84 € 8auf diesen schaden zahlte die beklagte zu 1.) unter annahme einer mithaftung der klägerin von 1/3 und unter zugrundelegung eines nettowiederbeschaffungswertes von 19.024,39 € einen betrag von 9.246,82 €. den restbetrag i.h.v. 5.099,02 € macht die klägerin mit der klage geltend. 9das fahrzeug der klägerin war aufgrund des unfalles nicht mehr fahrbereit und musste abgeschleppt werden. dadurch fielen weitere kosten in höhe von insgesamt 427,95 € an. darauf zahlte die beklagte zu 1.) unter berücksichtigung einer mithaftung von 1/3 einen betrag von 206,02 €. den restbetrag macht die klägerin mit der klage geltend. 10darüber hinaus begehrt sie nutzungsausfallentschädigung i.h.v. 2.107,00 € (49 tage á 43,00 €). die beklagte zu 1.) erstattete insoweit 688,00 € (2/3 x ( 24 tage á 43,00 €) ), so dass der restbetrag noch eingeklagt ist. 11die klägerin behauptet, es sei zur kollision gekommen, weil die beklagte zu 2.) unter missachtung des rotlichtes in den kreuzungsbereich eingefahren sei. der zeuge l1 sei bei grünlicht in die kreuzung hineingefahren und habe damit die h1-straße vorfahrtsberechtigt passiert. de beklagte zu 2.) habe den unfall wegen missachtung der vorfahrt allein herbeigeführt. 12die beklagte zu 2.) habe sich vom kreuzungskern soweit entfernt befunden, dass ihr fahrzeug vom querverkehr der h-straße nicht habe gesehen werden können. sie habe vor der fluchtlinie der querfahrbahn angehalten. als die lza der querfahrbahnen auf grünlicht umgesprungen sei, habe sich die beklagte zu 2.) mit ihrem fahrzeug nicht im bereich des kreuzungskerns befunden. es sei aufgrund der örtlichen gegebenheiten nicht möglich, von der rechten geradeausspur der h1-straße in den inneren kreuzungsbereich einzufahren, wenn sich stehender verkehr auf der gegenüberliegenden linksabbiegerfahrspur befunden habe. die beklagte zu 2.) sei daher ein nicht bevorrechtigter "nachzügler" gewesen. ein solcher nachzügler, der zwar die ampelanlage noch bei grünlicht passiert habe, befinde sich aber nach umschalten der ampel noch vor der fluchtlinie der kreuzung und habe daher keinen vorrang im hinblick auf die räumung der kreuzung. 13die klägerin beantragt, die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, 141.) 15an sie 5.099,02 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweils gültigen basiszinssatz seit dem 02.07.2013 zu zahlen. 162.) 17an sie 1.046,93 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweils gültigen basiszinssatz seit dem 24.08.2013 zu zahlen 183.) 19an sie außergerichtliche anwaltskosten i.h.v. 185,64 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweils gültigen basiszinssatz seit dem 02.07.2013 zu zahlen. 20die beklagten beantragen, die klage abzuweisen. 21sie behaupten, die beklagte zu 2.) habe beabsichtigt, den kreuzungsbereich h-straße geradeaus zu durchfahren. sie habe ihr fahrzeug auf der rechten geradeausspur als erstes fahrzeug an der für sie rotlicht zeigenden lza zum stehen gebracht. als die lza sodann auf links umgesprungen sei, habe sie ihr fahrzeug in bewegung gesetzt. sie habe aber aufgrund eines kurzen rückstaus auf der linken linksabbiegerspur der h1-straße in entgegengesetzter richtung ihr fahrzeug kurz vor der kreuzungsmitte anhalten müssen, um diese linksabbieger zunächst passieren zu lassen. als dieser linksabbieger seine fahrt fortgesetzt habe, habe sie ihr fahrzeug ebenfalls in bewegung gesetzt. als sie den kreuzungsbereich nahezu vollständig durchfahren habe, sei das plötzlich und unerwartet von rechts kommende auto der klägerin im bereich ihrer rechten seite mit ihr kollidiert. sie sind der ansicht, die beklagte zu 2.) habe sich als kreuzungsräumerin im kreuzungsbereich befunden, so dass der zeuge l1 ihr trotz seines grünlichtes zunächst habe gelegenheit geben müssen, die kreuzung zu räumen. dies habe er nicht getan. 22die kammer hat beweis erhoben durch vernehmung der zeugen l1, n, x, t und b. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird bezug genommen auf die sitzungsprotokolle vom 19.03.2014 (bl. 113 ff. d.a.) und vom 19.11.2014 (bl. 180 ff d.a.). 23die kammer hat außerdem beweis erhoben durch einholung eines schriftlichen sachverständigengutachtens. wegen des ergebnisses wird insoweit bezug genommen auf das schriftliche gutachten vom 31.8.2015 sowie die anhörung des sachverständigen a vom 20.01.2016 ( bl. 230 ff d.a.). 24
25die klage ist unbegründet. 26der kläger hat gegen die beklagten keinen anspruch auf zahlung weiteren schadensersatzes aus dem unfall vom … in f, kreuzung h-straße / h1-straße. 27dem kläger steht kein über die bereits erhaltenen beträge hinausgehender zahlungsanspruch zu. denn ihm steht gemäß §§ 7, 17, 18 stvg, § 823, 249 ff bgb bzw. § 115 abs. 1 vvg gegen die beklagten als gesamtschuldner nur ein anspruch auf schadensersatz i.h.v. 2/3 der ihm durch den streitgegenständlichen verkehrsunfall entstandenen schäden zu (1). den in diesem umfang ersatzfähigen schaden hat die beklagte zu 3.) bereits in vollem umfang ausgeglichen (2). 281.) 29unzweifelhaft hat sich der unfall beim betrieb der beteiligten kraftfahrzeuge ereignet, § 7 abs. 1 stvg. es kann nicht festgestellt werden, dass es sich bei dem unfall für einen der beiden kraftfahrzeugführer um ein unabwendbares ereignis im sinne von § 17 abs. 3 stvg handelte. unabwendbar ist ein ereignis, das durch äußerste mögliche sorgfalt nicht abgewendet werden kann. abzustellen ist insoweit auf das verhalten des sog. „idealfahrers“. es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein solcher die kollision verhindert hätte. 30die verpflichtung zum schadensersatz sowie deren umfang hängen nach § 17 abs. 1 und 2 stvg bzw. nach § 254 abs. 1 bgb von den umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen teil verursacht worden ist. die danach gebotene abwägung der wechselseitigen verursachungsbeiträge ist aufgrund aller festgestellten, d. h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 zpo bewiesenen umstände des einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den unfall ausgewirkt haben; in erster linie ist hierbei das maß der verursachung von belang, in dem die beteiligten zur schadensentstehung beigetragen haben; das beiderseitige verschulden ist nur ein faktor der abwägung (ständige rechtsprechung, zuletzt bgh, njw 2012, 1953). 31die vorzunehmende abwägung nach §§ 17 abs. 1 und 2 stvg führt vorliegend dazu, dass die beklagten nicht zum ersatz des dem kläger entstandenen weiteren schadens verpflichtet sind. denn die beweisaufnahme hat nicht ergeben, dass der beklagten zu 2) ein verschulden am zustandekommen der kollision anzulasten ist, welches die von der klägerin angestrebte vollständige haftung der beklagten rechtfertigen kann. 32ein unfallursächlicher rotlichtverstoß der beklagten zu 2) kann nicht festgestellt werden. denn nach dem ergebnis der parteianhörung und der beweisaufnahme ist anzunehmen, dass die beklagte zu 2.) bei grünlicht in die kreuzung hineingefahren ist. nach den angaben der beklagten zu 2.) ist sie bei grünlicht in die kreuzung hineingefahren, konnte die kreuzung aber nicht überqueren, weil sich bei dem linksabbiegerverkehr ein rückstau gebildet hatte. diese schilderung wird von der zeugen b bestätigt, die in derselben fahrtrichtung der beklagten hinter ihr an der ampel gestanden hat. die kammer hatte keine anhaltspunkte an der richtigkeit dieser aussage zu zweifeln. sie stimmte insbesondere mit ihren angaben im rahmen des ermittlungsverfahrens überein. 33nach dem ergebnis der beweisaufnahme kann auch nicht festgestellt werden, dass die beklagte zu 2.) lediglich ein sog. unechter nachzügler war. nach den aussagen der zeugen x und t und auch des sachverständigen a befand sich die beklagte zu 2.) vielmehr bereits im inneren kreuzungsbereich. so haben die zeugen x und t insoweit übereinstimmend bekundet, die beklagte zu 2.) habe mit ihrem fahrzeug bereits die 2. gestrichelte linie hinter dem ampel- bzw. fußgängerbereich passiert. der zeuge x hat zudem bekundet, dass der geradeausverkehr aus der h-straße richtung norden um das beklagtenfahrzeug habe herumfahren müssen, um geradeaus weiterfahren zu können. diese schilderungen stehen im einklang mit den angaben des sachverständigen a zu den ampelphasen der kreuzung und den von ihm im rahmen der anhörung vorgelegten maßstabgerechten zeichnungen des kreuzungsbereiches mit den möglichen fahrzeugstellungen des beklagtenfahrzeuges. daraus ergibt sich nicht nur, dass sich das fahrzeug mit seiner stellung hinter der 2. gestrichelten linie bereits im kreuzungskern befand, sondern auch, dass dies – entgegen der behauptung der klägerin – auch durchaus trotz des verkehrs auf der linksabbiegerspur möglich war. 34die beklagte zu 2.) war damit zwar berechtigt und verpflichtet, die kreuzung alsbald zu verlassen, und hatte dabei ein vorrecht gegenüber dem anlaufenden querverkehr. das befreite sie aber nicht davon, die jedem verkehrsteilnehmer nach § 1 stvo obliegende sorgfalt zu beachten. wer in der kreuzung aufgehalten wird, muss damit rechnen, dass inzwischen der querverkehr durch grünlicht freigegeben wurde. er darf daher nur vorsichtig einbiegen und nicht blindlings darauf vertrauen, dass er vorgelassen werde. für die beklagte zu 2.). bestand anlass zu erhöhter aufmerksamkeit und vorsicht, weil es sich um eine große kreuzung handelte und sie in einem teilbereich der kreuzung hielt, der durch die unterbrechung mit einem grünstreifen, auf dem sich ein verkehrsschild befand nach rechts etwas abgeschirmt war. in dieser lage musste sie das ihrige tun, um zu verhindern, dass sie mit dem sich verkehrswidrig verhaltenden fahrer des anderen fahrzeugs zusammenstieß. gegen diese verpflichtung hat die beklagte zu 1.) in erheblichem maße verstoßen, indem sie losfuhr, ohne das herannahende klägerische fahrzeug hinreichend zu beachten. 35weitere erhebliche umstände hat die klägerin zur rechtfertigung der mit der klage verfolgten weitergehenden haftung der beklagten nicht vorgetragen. dagegen fällt nach dem ergebnis der beweisaufnahme den fahrer des klägerischen fahrzeuges, den zeugen l1, ein verstoß zur last, weil er mit einem fliegenden start in die kreuzung eingefahren ist. 36der zeuge l1 hat gegen das allgemeine rücksichtnahmegebot aus §§ 1 abs. 2, 11 abs. 3 stvo verstoßen, wonach derjenige, der vorrang hat, auf sein recht verzichten muss, wenn es die allgemeine verkehrslage erfordert, und aus dem folgt, dass das grüne lichtzeichen den vorfahrberechtigten nicht von der verpflichtung befreit, auf der kreuzung verbliebene nachzügler des querverkehrs vorrangig räumen zu lassen. das hineinfahren in eine unübersichtliche kreuzung mit fliegendem start – also ohne ein vorheriges anhalten vor dem lichtzeichenwechsel – ist nur erlaubt, wenn sich der einfahrende vorher davon überzeugt hat, dass die kreuzung von bevorrechtigtem querverkehr frei ist; dabei muss er vollen überblick über die kreuzung haben und diesen zuverlässig als frei erkennen. ist dies nicht der fall, kann er sich nicht darauf berufen, auf das nichtvorhandensein von nachzüglern vertraut zu haben; zwar muss er nicht mit verbotswidrigem querverkehr rechnen, aber mit nachzüglern. 37der zeuge l1 hat selbst bekundet, nur auf die ampelschaltung und die fahrzeuge vor sich geachtet zu haben und nicht auch auf den von links kommenden verkehr. dementsprechend war er auch nicht in der lage zu schildern, wo sich das bekklagenfahrzeug befand, als er in die kreuzung hineinfuhr. er hat aber auch bekundet, wahrgenommen zu haben, dass sich linksabbieger vorher gestaut hatten. dennoch ist er ohne die geschwindigkeit zu verringern in die kreuzung gefahren. außerdem befand sich der zeuge n hinter 2 weiteren fahrzeugen neben dem zeugen l1 auf der linksabbiegerspur, so dass der zeuge l1 nach links durch diese fahrzeuge bereits kein freies sichtfeld hatte. hinzu kommt, dass die sicht, wie der sachverständige ausgeführt hat, durch ein verkehrsschild auf der verkehrsinsel zusätzlich beeinträchtigt war. 38es fehlte dem zeugen l1 daher die übersicht, um darauf vertrauen zu dürfen, dass die kreuzung vollständig geräumt war. er hätte unter herabsetzung seiner geschwindigkeit und mit gesteigerter sorgfalt in den kreuzungsbereich einfahren müssen. der sachverhalt ist auch nicht deshalb anders zu bewerten, weil der kläger aus einiger entfernung auf den durch grünlicht freigegebenen kreuzungsbereich zu- und sodann in diesen eingefahren ist. auch das einfahren von weiter hinten ist als sog. "fliegender start" zu qualifizieren. einen solchen zeichnet aus, dass der fahrer einen lichtzeichenwechsel wahrnimmt und auf ihn reagiert, ohne anzuhalten. für den fahrenden ist auch aus etwas weiterer entfernung, ebenso wie dem unmittelbarer vor der kreuzung in fahrt auf den farbwechsel reagierenden, erkennbar, dass es gerade erst zu einem farbwechsel gekommen ist und die kreuzung noch nicht vollständig geräumt sein könnte. 39vor diesem hintergrund ist bei abwägung der beiderseitigen verursachungsbeiträge von der vorgenommenen quotelung von 2/3 zu 1/3 zu lasten der beklagten nicht zugunsten der klägerin abzuweichen. 402.) 41auf der grundlage dieser quote hat die beklagte zu 1.) bereits den schaden der klägerin reguliert. weitere ansprüche bestehen nicht. 42zu recht hat die beklagte zu 1.) den schaden der klägerin auch unter zugrundelegung eines nettowiederbeschaffungswertes von 19.024,39 abgerechnet. 43denn trotz der ersatzbeschaffung rechnet die klägerin (zulässig) fiktiv auf gutachtenbasis ab. dies bedeutet, dass sie aber nicht wegen der ersatzbeschaffung auf grundlage der bgh-rechtsprechung (versr 2006, 238; versr 2009, 516) anspruch auf ersatz des bruttowiederbeschaffungswertes hat. der bgh (a.a.o.) hat ausgeführt, dass nur bei der hier nicht vorliegenden konkreten schadensberechnung im fall der ersatzbeschaffung auf den im gutachten ausgewiesenen bruttowiederbeschaffungswert abzustellen ist. nur für die konkrete schadensberechnung hat der bgh (versr 2009, 516) entschieden, dass ein vorsteuerabzugsberechtigter geschädigter nicht verpflichtet ist, beim erwerb eines ersatzfahrzeuges ein regelbesteuertes fahrzeug anzuschaffen. wenn er ein nur differenzbesteuertes fahrzeug anschaffe, sei er nicht vorsteuerabzugsberechtigt, so dass auf den bruttowiederbeschaffungswert abzustellen sei (vgl. olg hamm urteil vom 19.2.2010 az: 9 u 147/09 ). 44da die klägerin ihren schaden fiktiv auf gutachtenbasis berechnet, ist die umsatzsteuer nicht i.s. von § 249 abs. 2 s. 2 bgb tatsächlich angefallen und nicht ersatzfähig. 45entgegen der ansicht der klägerin kann sie auch keine weitere nutzungsausfallentschädigung verlangen. 46anspruch auf nutzungsausfallentschädigung besteht grundsätzlich für die dauer einer notwendigen reparatur bzw. - wie hier - wiederbeschaffung zuzüglich der zeit für die schadensfeststellung und gegebenenfalls einer angemessenen überlegungszeit (bgh, versr 2013, 471). 47danach kann die klägerin hier auf der grundlage der im vorprozessualen sachverständigengutachten ausgewiesenen dauer der ersatzbeschaffung nutzungsausfallentschädigung für maximal 12 tage verlangen, wobei die in ansatz gebrachte höhe von 43 € pro tag unstreitig ist. die beklagte zu 1.) hat aber sogar darüber hinaus 12 weitere tage erstattet, so dass kein weiterer anspruch besteht. 48unabhängig davon, ob die beklagten sich in verzug befanden, hat die klägerin gegen die beklagten auch keinen anspruch auf erstattung weiterer vorgerichtlicher rechtsanwaltskosten. denn die beklagte zu 1.) hat auch insoweit bereits vor rechtshängigkeit den schaden in höhe von 2/3 ausgeglichen. 49die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 zpo.
Verklagte*r
0
126,358
S 29 AS 3545/15
2016-02-12T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Der Kläger wendet sich gegen eine Sanktion. 3Der Antragsteller steht im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II). 4Mit einem die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt (EGVA) vom 10.12.2014 wurde der Kläger verpflichtet, an einer Maßnahme vom 05.01.2015 bis zum 27.02.2015 teilzunehmen. Der Gültigkeitszeitraum wurde bestimmt auf den Zeitraum vom 10.12.2014 bis zum 09.06.2015. Der EGVA vom 10.12.2014 enthält u.a. folgende Passagen: 5"Die nachstehenden Festlegungen gelten für die Zeit vom 10.12.2014 bis zum 09.06.2015, soweit zwischenzeitlich nichts anderes geregelt wird. ( ...) Soweit eine Anpassung erforderlich ist, endet die Gültigkeit mit dem Abschluss der neuen Eingliederungsvereinbarung." 6Der Maßnahmeträger meldete am 07.01.2015 den Nichtantritt der Maßnahme. Der Kläger wolle die Schulungsvereinbarung nicht unterzeichnen. 7Der Beklagte händigte dem Kläger am 26.03.2015 einen Eingliederungsvereinbarungsvorschlag aus. Der Kläger solle an einer Maßnahme der D XBF GmbH im Zeitraum vom 07.04.2015 bis zum 29.05.2015 teilnehmen. 8Der Beklagte vermerkte am 26.03.2015, dass dem Kläger Unterlagen zur beabsichtigten Maßnahme ausgehändigt worden seien, damit er diese prüfen könne. Konkret vermerkte er die Aushändigung der Unterlagen "Anwesenheitsliste", "Kundenakte (mit Hausordnung und Datenschutzerklärung)" und "Einverständniserklärung". 9Am 01.04.2015 vermerkte der Beklagte, dass der Kläger mit der vorgeschlagenen Eingliederungsvereinbarung nicht einverstanden sei. Er denke nicht, dass das Problem seine Bewerbungsunterlagen seien, sondern die fehlende Berufserfahrung nach seiner Ausbildung. Eine Umschulung bzw. neue Ausbildung sei daher geeigneter, ihm zu einer Stelle zu verhelfen. Der Beklagte halte jedoch die Arbeitsfindung aktuell für vorrangig. 10Daraufhin erließ der Beklagte einen neuen EGVA mit Datum vom 01.04.2015. Der Gültigkeitszeitraum erstrecke sich vom 01.04.2015 bis zum 25.09.2015. Der Kläger sei verpflichtet, an einer Maßnahme der D XBF GmbH im Zeitraum vom 07.04.2015 bis zum 29.05.2015 teilzunehmen. 11Am 08.04.2015 vermerkte der Beklagte ein Gespräch vom 07.04.2015. Der Kläger habe vorgesprochen. Er habe an der Maßnahme teilgenommen, wolle jedoch die Unterlagen nicht unterzeichnen. Er wolle morgen mit unterschriebenen Unterlagen zum Maßnahmeträger gehen. 12Am 08.04.2015 vermerkte der Beklagte ein Telefongespräch mit dem Maßnahmeträger. Der Kläger sei erschienen, weigere sich jedoch, die Unterlagen zu unterzeichnen. Er könne sich erst in 10 Tagen mit einem Kumpel absprechen, ob er diese Unterschrift leisten müsse. Eine Aufnahme in die Maßnahme sei daher nicht möglich. 13Der Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 08.04.2015 zu einer beabsichtigten Sanktion an. 14Der Kläger legte mit Schreiben vom 26.04.2015 Widerspruch gegen den EGVA vom 01.04.2015 ein. Zur Sanktionsanhörung teilte der Kläger mit, dass fraglich sei, ob der EGVA gültig sei. Unabhängig davon sei er den Pflichten aus dem EGVA nachgekommen. Er sei vor Ort gewesen und habe Mitwirkungsbereitschaft signalisiert. Er habe sich lediglich geweigert, Verträge zu unterschreiben und um Prüfzeit gebeten. Zudem hätten nicht alle Unterlagen vorab zur Prüfung vorgelegen. Aus dem EGVA sei auch nicht ersichtlich gewesen, dass er überhaupt verpflichtet gewesen sei, Verträge zu unterschreiben. 15Der Beklagte stellte mit Sanktionsbescheid vom 22.05.2015 eine Minderung des Arbeitslosengeldes II um 119,70 EUR monatlich für den Zeitraum vom 01.06.2015 bis zum 31.08.2015 unter teilweiser Aufhebung der vorangegangen Bewilligung fest. Der Kläger habe sich geweigert, an der festgelegten Maßnahme teilzunehmen. Ein wichtiger Grund für die Weigerung sei nicht zu erkennen. 16Der Kläger legte mit Schreiben vom 29.05.2015 Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid ein. Er sei nicht an den EGVA gebunden gewesen, da bereits eine gültige Eingliederungsvereinbarung bestanden habe. Er habe Unterschriften nicht abgelehnt, sondern nur um Bedenkzeit gebeten. Es hätten nicht alle Unterlagen vorgelegen, wie behauptet. 17Der Beklagte wies die Widersprüche gegen den EGVA sowie die Sanktion mit Widerspruchsbescheiden vom 24.07.2015 zurück. 18Dagegen hat der Kläger am 24.08.2015 Klage erhoben. 19Der Kläger trägt vor, es habe bereits eine gültige Eingliederungsvereinbarung vom 10.12.2014 bis 09.06.2015 vorgelegen. Es hätte kein abändernder EGVA ergehen dürfen. Zudem hätte wenn, dann eine formale Aufhebungsverfügung nach § 48 SGB X erfolgen müssen, um die Bestandskraft des vorhergehenden EGVA zu beseitigen. Außerdem dürfe keine Sanktion verhängt werden bei Verweigerung von Unterschriften zu Vereinbarungen mit rechtswidrigen Inhalten. Ihm hätte entgegen des Vermerks des Beklagten die sogenannte Kundenakte nicht vorab vorgelegen. Der Maßnahmeträger habe ihm zunächst die Teilnahmebedingungen, die Datenschutzerklärung und die Hausordnung zum Lesen gegeben. Diesen seien als Seiten 1 und 2 geführt gewesen. Danach sei ihm die Kundenakte mit Seite 1 sowie die Einverständniserklärung mit Seite 5 übergeben worden. Es entstehe der Eindruck, dass die Teilnahmebedingungen, Datenschutz und Hausordnung nicht die Unterlagen seien, die er auf der Kundenakte als gelesen unterschreiben solle. Auf die Nachfrage, wo die Seiten 2, 3 und 4 seien, sei geantwortet worden, dass er nicht dem gesetzlichen Unfallschutz unterstehe, wenn er nicht unterschreibe. Dann dürfe er nicht an der Maßnahme teilnehmen. Weitere Nachfragen seien nicht beantwortet worden. Auf seine Mitteilung hin, dass alle nötigen versicherungstechnischen Angelegenheiten bereits durch den Gesetzgeber bei einer Zuweisung zur Maßnahme geregelt seien, sei dies verneint worden. Auch der Zusammenhang mit der Kenntnisnahme der Hausordnung und Datenschutzerklärung habe ihm nicht erklärt werden können. Diese Ungereimtheiten seien für ihn Anlass genug gewesen, alles prüfen zu wollen, bevor er eine Unterschrift leiste. Er habe dem Datenschutzbeauftragten schreiben wollen und eine ihm bekannte Anwältin fragen wollen. Er habe stets betont, bereit zu sein, ohne Unterschrift an der Maßnahme teilzunehmen. Die Teilnahme sei verweigert worden. Er sei durch den EGVA nicht verpflichtet gewesen, irgendwelche Unterschriften zu leisten. Es würde gegen die Vertragsfreiheit verstoßen. Der Wortlaut der ausgeteilten Hausordnung lasse darauf schließen, dass sehr wohl ein Vertrag geschlossen werden solle. Es sei von der Haftung für Schäden aus nicht vertragsgemäßem Gebrauch die Rede. Die Datenschutzerklärung genüge nicht den Anforderungen. Es sei nicht ersichtlich, welche Daten erhoben würden und wie lange die Daten gespeichert würden. Zudem seien Sanktionen grundsätzlich verfassungswidrig. 20Der Kläger beantragt, 21den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt vom 01.04.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.07.2015 sowie den Sanktionsbescheid vom 22.05.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.07.2015 aufzuheben. 22Der Beklagte beantragt, 23die Klage abzuweisen. 24Der Beklagte trägt vor, der EGVA vom 01.04.2015 sei nicht durch den vorherigen EGVA gesperrt gewesen. Ein EGVA dürfe nur dann nicht erlassen werden, wenn zuvor eine gültige Eingliederungsvereinbarung vorgelegen habe. Eine gültige Eingliederungsvereinbarung habe nicht vorgelegen, sondern ein ersetzender Verwaltungsakt. Dies sei erforderlich gewesen, weil die in der vorherigen EGVA festgelegte Maßnahme nicht angetreten worden sei. Der vorhergehende EGVA habe sich zudem auf sonstige Weise erledigt, so dass keine gesonderte Aufhebung notwendig gewesen sei. Hausordnung und Datenschutzerklärung würden nichts Ungewöhnliches enthalten. Zehn Tage zur Prüfung der Unterlagen seien nicht notwendig. Er zweifle daran, dass dies der maßgebliche Grund für das Verhalten des Klägers gewesen sei. 25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen. 26Entscheidungsgründe: 27Die Klage ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet. 28Soweit die Aufhebung des EGVA vom 01.04.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.07.2015 begehrt wird, ist die Klage unzulässig. Es fehlt an der notwendigen Klagebefugnis, das heißt, an der Möglichkeit einer Beschwer durch den EGVA. 29Der EGVA vom 01.04.2015 hat sich bereits durch Zeitablauf gem. § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz –(SGB X) erledigt. Der Gültigkeitszeitraum der EGVA war bis zum 25.09.2015 begrenzt. 30Die Erledigung tritt nicht bereits mit Abbruch der vereinbarten Maßnahme ein, sondern vielmehr erst mit Ablauf des vereinbarten Gültigkeitszeitraums. Nach Ablauf des Gültigkeitszeitraums entfaltet der EGVA keine belastende Wirkung mehr, da keine Verpflichtungen mehr bestehen. Eine Beschwer ist daher ausgeschlossen. 31Eine Umstellung der Klage in eine Fortsetzungsfeststellungsklage erfolgte nicht. Es würde auch an einem entsprechenden Fortsetzungsfeststellungsinteresse fehlen. Denn die auf eine Verletzung des EGVA gestützte Sanktion selbst ist bereits Klagegegenstand. Die Rechtswidrigkeit des EGVA ist inzidenter Gegenstand der Prüfung der Rechtsmäßigkeit der Sanktion. Ein berechtigtes Interesse an einer gesonderten Feststellung einer etwaigen Rechtswidrigkeit bestünde nicht. Andere Folgewirkungen hatte der EGVA nicht. Eine konkrete Widerholungsgefahr wäre nicht ersichtlich. 32Soweit der Sanktionsbescheid des Beklagten vom 22.05.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.07.2015 betroffen ist, ist die Klage zulässig, aber unbegründet. 33Der Kläger ist durch den Bescheid des Beklagten 22.05.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.07.2015 nicht gem. § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Denn der Bescheid ist rechtmäßig. Die Voraussetzungen einer Sanktion lagen vor. 34Ermächtigungsgrundlage der Sanktionsentscheidung ist §§ 31 Abs. 1 Nr. 1, 31a Abs. 1 Satz 1 SGB II. 35Die Ermächtigungsgrundlage verstößt nicht gegen verfassungsrechtliche Vorgaben. Aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) iVm Art. 20 Abs. 1 GG folgt die Verpflichtung des Staates, das Existenzminimum zu gewährleisten. Dabei gebietet das Grundgesetz grundsätzlich nicht das Gewähren von bedarfsunabhängigen, voraussetzungslosen Sozialleistungen (vgl. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 31 Rn. 7 m.w.N.). Es ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass die Gewährung zuschussweiser Leistungen in Höhe des vollen Regelbedarfs an die Erfüllung zumutbarer Mitwirkungsobliegenheiten des Leistungsempfängers geknüpft ist. Es handelt sich bei Sanktionen im Ergebnis nur um ein Differenzierungskriterium, nach dem sich Art und Umfang der zu erbringenden Leistungsgewährung an hilfebedürftige Menschen bestimmt. Dabei gehört es zum Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, wie er sein Ziel erreicht, die Selbsthilfe hilfebedürftiger Menschen zu aktivieren. Dabei kann er positive Anreize setzten (bspw. Erwerbstätigenfreibeträge) oder negative (Minderungen im Rahmen von Sanktionen). Entscheidend ist, dass dem Kläger selbst bei einer Sanktion keine Gefährdung seines Existenzminimums droht. Zwar droht auf der ersten Sanktionsstufe eine Minderung um 30 % des maßgeblichen Regelbedarfs. Der Regelbedarf nach dem SGB II dient grundsätzlich der Sicherstellung des soziokulturellen Existenzminimums. Dies schließt jedoch eine vorübergehende Absenkung schon deshalb nicht aus, weil in der Regelleistung auch Ansparbeträge für einmalige Bedarfe enthalten sind und damit nach den gesetzlichen Vorgaben nicht die gesamte Regelleistung zum aktuellen Verbrauch bestimmt ist. Das soziokulturelle Existenzminimum liegt nach Ansicht des Gesetzgebers erst bei 70 % der Regelleistung. Denn nach den Vorgaben des Gesetzes sind bei einer Minderung um mehr als 30 % auf Antrag in angemessenem Umfang ergänzend Sachleistungen oder geldwerte Leistungen zu erbringen (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW), Beschluss vom 30.11.2012, L 2 AS 2150/12 B ER). Dies ist nach Ansicht des Gerichts nicht zu beanstanden. Eine vorübergehende Minderung auf 70 % des Regelbedarfs ist nicht evident zu wenig, um das soziokulturelle Existenzminimum zu decken. Eine konkrete Gefährdung des soziokulturellen Existenzminimums des Klägers ist zudem nicht hinreichend dargelegt. Der Vorlagebeschluss des SG Gotha vom 26.05.2015, S 15 AS 5157/14, überzeugt die erkennende Kammer nicht von der Verfassungswidrigkeit der Sanktionsnorm. Jedenfalls reichen einfache Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer vom parlamentarischen Gesetzgeber erlassenen Norm nicht aus, diese nicht anzuwenden oder die Sache dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. 36Die formellen und materiellen Voraussetzungen einer Sanktionsentscheidung liegen vor. Insbesondere ist der Kläger vor Erlass des Sanktionsbescheids zu einer möglichen Sanktion gem. § 24 SGB X angehört worden. 37Voraussetzung einer Sanktion ist eine Pflichtverletzung. 38Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB II ihre Pflichten, wenn sie sich trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis weigern, in der Eingliederungsvereinbarung oder in dem diese ersetzenden Verwaltungsakt festgelegte Pflichten zu erfüllen. Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen. 39Der Kläger war verpflichtet, an der streitigen Maßnahme teilzunehmen. 40Der EGVA vom 01.04.2015 war rechtmäßig und hat diese Pflicht begründet. 41Ermächtigungsgrundlage für den Erlass eines EGVA ist § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II. Nach dieser Vorschrift kann der Leistungsträger, wenn eine Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 S. 2 SGB II nicht zu Stande kommt, die Regelungen durch Verwaltungsakt vornehmen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts liegt der Vorrang der konsensualen Lösung gegenüber dem hoheitlichen Handeln durch Verwaltungsakt nahe. Ein die Eingliederungsvereinbarung ersetzender Verwaltungsakt kommt nur in Betracht, wenn der Grundsicherungsträger zuvor den Versuch unternommen hat, mit dem Arbeitsuchenden eine Vereinbarung zu schließen oder im Einzelfall besondere Gründe vorliegen, die den Abschluss einer Vereinbarung als nicht sachgerecht erscheinen lassen, was im ersetzenden Verwaltungsakt im Einzelnen darzulegen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 14.02.2013, B 14 AS 195/11 R entgegen BSG, Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 13/09 R; vgl. auch LSG NRW, Beschluss vom 09.12.2013, L 2 AS 1956/13 B ER). Dabei reicht das Vorliegen einer der beiden Alternativen. Ein Verwaltungsakt i.S.v. § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II kann ergehen, wenn nach einer Verhandlungsphase keine Einigung über den Abschluss oder den Inhalt einer Eingliederungsvereinbarung zu Stande gekommen ist, wobei der Grund für das Scheitern der Vertragsverhandlungen unerheblich ist (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 31.03.2014, L 19 AS 404/14 B ER m.w.N). 42Die Vertragsverhandlungen waren gescheitert. Der Antragsteller hatte ausreichend Bedenkzeit und konnte seine Bedenken und Anregungen äußern. Eine Einigung wurde gleichwohl nicht erzielt. 43Der EGVA vom 10.12.2014 steht dem EGVA vom 01.04.2015 nicht entgegen. Zwar überschneiden sich die Gültigkeitszeiträume beider Bescheide. Eine Änderung des EGVA vom 10.12.2014 nach § 48 SGB X ist jedoch zulässig (vgl. Sonnhoff in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, Stand 10.03.2015, § 15 Rn. 143). Denn es wird keine vertragliche Eingliederungsvereinbarung geändert, sondern ein ersetzender Verwaltungsakt. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. 44Durch den Nichtantritt der Maßnahme, die durch EGVA vom 10.12.2014 vorgesehen war, ist eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten. Die EGVA vom 10.12.2014 ist nutzlos geworden. 45Einer ausdrücklichen Aufhebung des EGVA vom 10.12.2014 im Verfügungssatz des EGVA vom 01.04.2015 bedurfte es nicht. Der EGVA vom 10.12.2014 war mit einer auflösenden Bedingung versehen, die eingetreten ist. 46Gem. § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X darf ein Verwaltungsakt erlassen werden mit einer Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Bedingung). Eine auflösende Bedingung lässt die innere Wirksamkeit mit Eintritt der Bedingung entfallen, ohne dass es eines Aufhebungsbescheides bedürfte (Burkiczak in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 1. Auflage 2013, Stand 01.06.2015, § 32 SGB X, Rn. 48, m.w.N.). 47Der Wegfall der Belastung und Vergünstigung durch den EGVA wurde von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängig gemacht. Die auflösende Bedingung lag in der ungewissen zukünftigen Neuregelung durch eine neue Eingliederungsvereinbarung bzw. einen die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt. Dies ergibt sich aus den oben zitierten Passagen aus dem EGVA vom 10.12.2014. 48Die auflösende Bedingung ist durch die Neuregelung durch den EGVA vom 01.04.2015 eingetreten. 49Die inhaltlichen Regelungen des EGVA sind nicht zu beanstanden. 50Der zulässige Regelungsinhalt bestimmt sich nach § 15 Abs. 1 S. 2 SGB II. Danach soll die Eingliederungsvereinbarung, mit der die für die Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen erforderlichen Leistungen vereinbart werden, insbesondere bestimmen, 1. welche Leistungen der erwerbsfähige Hilfebedürftige zur Eingliederung in Arbeit erhält, 2. welche Bemühungen der erwerbsfähige Hilfebedürftige in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen muss und in welcher Form er die Bemühungen nachzuweisen hat, und 3. welche Leistungen Dritter, insbesondere Träger anderer Sozialleistungen, der erwerbsfähige Hilfebedürftige zu beantragen hat. Die Eingliederungsvereinbarung soll für sechs Monate geschlossen werden gem. § 15 Abs. 1 S. 3 SGB II. Eine Eingliederungsvereinbarung soll nach systematischer Stellung des § 15 SGB II insbesondere die in § 16 SGB II aufgeführten Eingliederungsleistungen möglichst verbindlich konkretisieren. 51Soweit der Gültigkeitszeitraum des EGVA vom 01.04.2015 die Soll-Gültigkeitsdauer um wenige Tage unterschreitet, bestehen hiergegen keine Bedenken. Durch die Verhandlungsphase hat sich der Beginn des Gültigkeitszeitraums um eine entsprechende Anzahl von Tagen reduziert. Es bestehen aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung keine Bedenken, dies so zu praktizieren, zumal der Tag der Bekanntgabe nach § 37 SGB X ohnehin nicht sicher prognostiziert werden kann und daher von Gesetzes wegen eine zutreffend taggenaue Festlegung des Gültigkeitszeitraums ohnehin nie sicher möglich ist. 52Die Verpflichtung zur Teilnahme an der Maßnahme ist nicht zu beanstanden. Das Ziel der Maßnahme ist hinreichend dargelegt. Zwar ist die Zuweisung zur Maßnahme recht oberflächlich begründet, gleichwohl erweist sich dieser Regelungsteil nach Ansicht der Kammer nicht als rechtswidrig. Insbesondere handelt es sich um eine Maßnahme, die u.a. intensives Bewerbungscoaching umfasst. Es liegt auf der Hand, dass der Beklagte aufgrund der bisher erfolglosen Bewerbungen ein Defizit bei dem Kläger sieht, das durch eine solche Maßnahme ausgeglichen werden soll. Besondere Anforderungen an die Begründungstiefe sind nicht erforderlich, wenn die Auffassung der Behörde zur Sach- und Rechtslage ohne weiteres erkennbar ist (vgl. § 35 Abs. 2 Nr. 2 SGB X). Seitens des Klägers sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die die Teilnahme an der Maßnahme unzumutbar oder ungeeignet erscheinen lassen. 53Mithin war der Kläger wirksam und rechtmäßig verpflichtet, an der Maßnahme bei der D XBF GmbH teilzunehmen und nach Kräften bei der Erreichung des Maßnahmeziels mitzuwirken. 54Diese Pflicht hat der Kläger durch die Verweigerung seiner Unterschriften nicht erfüllt. Darin ist eine Weigerung der Pflichterfüllung zu sehen. 55Weigern in diesem Sinne bedeutet regelmäßig die vorsätzliche, ausdrückliche oder stillschweigende, schriftlich, mündlich oder in anderer Weise zum Ausdruck gebrachte fehlende Bereitschaft, sich an die auferlegte Pflicht zu halten (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 15.12.2010, B 14 AS 92/09 R, Juris-Rn. 21). 56Durch die Weigerung, die Unterschriften bis zum 2. Maßnahmetag abzugeben, hat der Kläger billigend in Kauf genommen, von der Teilnahme an der Maßnahme ausgeschlossen zu werden und sich an seine Teilnahme- und Mitwirkungspflicht nicht zu halten. Er wurde vom Maßnahmeträger darauf hingewiesen, dass eine fehlende Einverständniserklärung und Kenntnisnahmeerklärung zum Abbruch der Maßnahme führt, so dass ihm die unmittelbare Folge seines Handelns bekannt war. Es war nicht notwendig, die Abgabe der Unterschriften gesondert und ausdrücklich in der Eingliederungsvereinbarung als Pflicht des Klägers festzulegen. Es ist nicht möglich, jede im Zusammenhang mit der Teilnahme und Mitwirkung notwendige Nebenpflicht des Klägers ausdrücklich niederzuschreiben. Die Verpflichtung zur Abgabe der Einverständniserklärung ergibt sich implizit aus der Verpflichtung zur Teilnahme und Mitwirkung im Rahmen der Eingliederungsvereinbarung. Inhalt der Maßnahme ist unter anderen auch die Vermittlung in Arbeit. Um den Erfolg der Vermittlung (und etwaiges Verdienen einer Vermittlungsgebühr) beurteilen zu können, ist es notwendig, die Mitteilung des etwaigen Arbeitgebers oder Ausbildungsbetriebs erhalten zu dürfen, dass nach 6 Wochen bzw. 6 Monaten ein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis zu Stande gekommen ist. Weiterhin ist es ohne Weiteres für den Maßnahmeträger notwendig, die Aushändigung der Hausordnung und Datenschutzerklärung nachweisbar dokumentieren zu können. 57Für die Weigerung des Klägers gab es keinen wichtigen Grund. 58Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn die Befolgung der dem Kläger auferlegten Pflicht unter Abwägung aller Gesamtumstände unzumutbar ist (vgl. Sonnhoff in jurisPK-SGB II, 3. Auflage 2012, Stand 05.05.2014, § 31 Rn. 100). 59Die Teilnahme an der Maßnahme unter Abgabe der konkreten Einverständniserklärung und Bestätigung des Erhalts der Hausordnung und Datenschutzerklärung gegenüber dem Maßnahmeträger war dem Kläger zumutbar. 60Das Prinzip des Forderns und Förderns geht von Selbsthilfe- und Mitwirkungspflichten des Leistungsempfängers aus. Der Kläger hat gem. §§ 2 Abs. 1, 10 SGB II alles Zumutbare zu tun, um seine Hilfebedürftigkeit zu beseitigen. Die Eingliederung in Arbeit erfordert stets die Offenbarung von Daten, in der Regel von Daten des Leistungsempfängers an Dritte, etwa Arbeitgeber, bei denen er sich zu bewerben hat. Es gibt keinen Rechtssatz, nach dem Datenschutzrechte grundsätzlich den Selbsthilfe- und Mitwirkungspflichten vorgehen. Gleichwohl ist das grundgesetzlich geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung bei der Bestimmung der zumutbaren Pflichten des Leistungsempfängers zu berücksichtigen. Demnach muss die Verpflichtung des Leistungsempfängers zur Offenbarung seiner Daten einer Verhältnismäßigkeitsprüfung unterzogen werden. Die Verpflichtung darf das Erforderliche nicht überschreiten. 61Die Forderung nach der Abgabe der Einverständniserklärung verfolgte den Zweck, den Erfolg der Arbeitsvermittlung prüfen zu können. Dieser Zweck ist legitim. Die Abgabe der Einverständniserklärung ist notwendiges Mittel, um diesen Zweck erreichen zu können. Aufgrund der datenschutzrechtlichen Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes bzw. des SGB X darf der Maßnahmeträger ohne Einverständnis die entsprechenden Daten nicht erheben. Ein milderes Mittel ist nicht ersichtlich. Die Abgabe der Einverständniserklärung war auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Es ist seitens des Klägers kein schutzwürdiger Nachteil erkennbar, der durch die Einverständniserklärung entstehen könnte. 62Die Forderung nach der Quittierung des Erhalts und der Kenntnisnahme der Hausordnung und der Datenschutzerklärung verfolgt den legitimen Zweck, eben diesen Erhalt nachweisbar zu dokumentieren, damit im Nachhinein niemand erfolgreich behaupten kann, entsprechendes nicht erhalten zu haben. Die Quittierung des Erhalts ist notwendig, um dieses Ziel erreichen zu können. Ein milderes Mittel ist nicht ersichtlich. Ein schutzwürdiger Nachteil ist nicht ersichtlich. Insbesondere beinhaltet die "Kundenakte" lediglich die Bestätigung der Kenntnisnahme der Hausordnung und Datenschutzerklärung. Es wird kein Vertrag geschlossen. Eine Verpflichtung für den Antragsteller wird offenkundig durch die Quittierung nicht begründet. Soweit die Hausordnung einen Passus zur Schadensersatzpflicht bei vertragswidrigem Gebrauch der Gegenstände erhält, handelt es sich lediglich um einen Hinweis auf allgemeine zivilrechtliche Haftungstatbestände, insbesondere die Rücksichtnahmepflicht bei ähnlichen geschäftlichen Kontakten gem. §§ 311 Abs. 2 Nr. 3, 241 Abs. 2 BGB. Es ist – auch ohne eine vertragliche Bindung - eine Selbstverständlichkeit, dass derjenige, der die Einrichtung eines anderen nutzt, für Schäden haftet, die er durch einen unsachgemäßen ("vertragswidrigen") Gebrauch verursacht. 63Durch die Kenntnisnahme der Datenschutzerklärung willigt der Betroffene nicht im Sinne der §§ 67a, 67b SGB X in die Datenerhebung, -speicherung und –verarbeitung ein. Eine Datenschutzerklärung ist keine Einwilligung und ersetzt auch keine Einwilligung des Betroffenen. Dem entspricht es auch, dass der Maßnahmeträger die ausdrückliche Einwilligung für die Erhebung der Daten beim potentiellen Arbeitgeber mit der Einverständniserklärung gefordert hat. Die Datenschutzerklärung verkürzt daher die Rechte des Klägers nicht. Der Maßnahmeträger wäre auch trotz Datenschutzerklärung weiterhin an die gesetzlichen Vorschriften zur Datenerhebung, -speicherung und –verarbeitung gebunden. 64Der Verweigerung der Unterschrift unter Verweis auf eine Prüfung der Unterlagen, die mehr als einen Tag dauert, ist nach den konkreten Umständen einer vollständigen Weigerung gleichzusetzen. Auch unter der Annahme, dass der Vermerk des Beklagten unzutreffend ist und die "Kundenakte" nicht vorab zur Prüfung vorgelegen hätte, wäre ein Tag zur Prüfung ausreichend gewesen. Es ist eine Prüfzeit zuzugestehen, da nicht erwartet werden kann, dass jedermann unter Zeitdruck und in Anwesenheit des Gegenübers in der Lage ist, in Ruhe ein Dokument zu lesen und etwaige Folgen abzuschätzen. Hier war auch für einen juristischen Laien ohne Weiteres erkennbar, dass die Kenntnisnahmebestätigung der Hausordnung und der Datenschutzerklärung keine Pflichten begründet und nur einen tatsächlichen Umstand (Kenntnisnahme) bestätigt. Eine weitergehende Prüfzeit von mehr als einem Tag ist nicht notwendig gewesen. Für die übrigen Unterlagen war eine längere Prüfzeit gegeben. Es war nicht notwendig, eine längere Prüfzeit zuzugestehen. Die abzugebenden Erklärungen waren nicht derart kompliziert, dass eine Abgabe nur nach anwaltlicher Rücksprache oder nach Abwarten einer Antwort des Datenschutzbeauftragten zumutbar gewesen wäre. Von einer volljährigen geschäftsfähigen Person kann in diesem konkreten Fall verlangt werden, dass diese nach Kenntnisnahme der vollständigen Dokumente ohne Zeitdruck und Anwesenheit des Gegenübers in der Lage ist, die Reichweite der abzugebenden Erklärungen zu begreifen und entsprechend eine Entscheidung zu treffen. 65Auch ein allgemeines Gefühl von Ungereimtheiten ist nicht geeignet, einen wichtigen Grund für die Verweigerung der Unterschrift oder für eine längerfristige Prüfzeit darzustellen. Es ist nicht notwendig, dass die abzugebenden Erklärungen auf fortlaufend nummerierten Seiten gedruckt sind. Die Erklärungen stellen für sich genommen vom Schriftbild und Erklärungsinhalt her jeweils abgeschlossenen Erklärungen dar, die keinen unmittelbaren Bezug auf vor- oder nachgehende Seiten nehmen. Etwaige fehlende Seiten können daher nicht dazu führen, dass dem Antragsteller eine Erklärung zugerechnet werden könnte, die er gar nicht abgegeben hat. Soweit die Kenntnisnahme der Hausordnung und der Datenschutzerklärung nicht auf dem jeweiligen Dokument selbst erfolgt, geht dieses Dokumentationsrisiko allein zu Lasten des Maßnahmeträgers. Er hätte im Streitfall nachzuweisen, welche Hausordnung/Datenschutzerklärung dem Betroffenen vorgezeigt worden ist. 66Auch die vorgetragene diffuse Antwort des Mitarbeiters des Maßnahmeträgers zum Unfallversicherungsschutz macht eine längere Prüfzeit als einen Tag nicht notwendig. Unabhängig von einer (fehlenden) Verbindung der Erklärungen zu Fragen der gesetzlichen Unfallversicherung war es dem Kläger zumutbar, den Inhalt der abzugebenden Erklärungen eigenständig zu prüfen. 67Die Rechtsfolgenbelehrung des EGVA vom 01.04.2015 ist nicht zu beanstanden. 68Die Folgen der Sanktion wurden zutreffend umgesetzt. 69Bei einer Pflichtverletzung mindert sich gem. § 31a Abs. 1 Satz 1 SGB II das Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30 Prozent des für die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs. Gem. § 31b Abs. 1 SGB II mindert sich der Auszahlungsanspruch mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt. Der Minderungszeitraum beträgt drei Monate. 70Die Bekanntgabe des Sanktionsbescheids vom 22.05.2015 erfolgte im Mai 2015, so dass der Sanktionszeitraum von Juni 2015 bis August 2015 reicht. 71Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. 72Hinsichtlich des EGVA ist kein Klagegegenstand betroffen, der eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt zum Gegenstand hat. Die Berufung bedarf insoweit nicht der Zulassung. 73Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt hinsichtlich der Sanktion 750,00 EUR nicht. Er betrifft keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr. Andere Klagen, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt nicht zum Gegenstand haben, können zur Berechnung des Beschwerdewerts nicht hinzugerechnet werden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.07.2015, L 8 U 633/15). Daher bedürfte die Berufung insoweit gem. § 144 SGG der Zulassung. Ein Zulassungsgrund war nicht ersichtlich.
die klage wird abgewiesen. kosten sind nicht zu erstatten. 1
2der kläger wendet sich gegen eine sanktion. 3der antragsteller steht im laufenden bezug von leistungen nach dem sozialgesetzbuch zweites buch – grundsicherung für arbeitssuchende (sgb ii). 4mit einem die eingliederungsvereinbarung ersetzenden verwaltungsakt (egva) vom 10.12.2014 wurde der kläger verpflichtet, an einer maßnahme vom 05.01.2015 bis zum 27.02.2015 teilzunehmen. der gültigkeitszeitraum wurde bestimmt auf den zeitraum vom 10.12.2014 bis zum 09.06.2015. der egva vom 10.12.2014 enthält u.a. folgende passagen: 5"die nachstehenden festlegungen gelten für die zeit vom 10.12.2014 bis zum 09.06.2015, soweit zwischenzeitlich nichts anderes geregelt wird. ( ...) soweit eine anpassung erforderlich ist, endet die gültigkeit mit dem abschluss der neuen eingliederungsvereinbarung." 6der maßnahmeträger meldete am 07.01.2015 den nichtantritt der maßnahme. der kläger wolle die schulungsvereinbarung nicht unterzeichnen. 7der beklagte händigte dem kläger am 26.03.2015 einen eingliederungsvereinbarungsvorschlag aus. der kläger solle an einer maßnahme der d xbf gmbh im zeitraum vom 07.04.2015 bis zum 29.05.2015 teilnehmen. 8der beklagte vermerkte am 26.03.2015, dass dem kläger unterlagen zur beabsichtigten maßnahme ausgehändigt worden seien, damit er diese prüfen könne. konkret vermerkte er die aushändigung der unterlagen "anwesenheitsliste", "kundenakte (mit hausordnung und datenschutzerklärung)" und "einverständniserklärung". 9am 01.04.2015 vermerkte der beklagte, dass der kläger mit der vorgeschlagenen eingliederungsvereinbarung nicht einverstanden sei. er denke nicht, dass das problem seine bewerbungsunterlagen seien, sondern die fehlende berufserfahrung nach seiner ausbildung. eine umschulung bzw. neue ausbildung sei daher geeigneter, ihm zu einer stelle zu verhelfen. der beklagte halte jedoch die arbeitsfindung aktuell für vorrangig. 10daraufhin erließ der beklagte einen neuen egva mit datum vom 01.04.2015. der gültigkeitszeitraum erstrecke sich vom 01.04.2015 bis zum 25.09.2015. der kläger sei verpflichtet, an einer maßnahme der d xbf gmbh im zeitraum vom 07.04.2015 bis zum 29.05.2015 teilzunehmen. 11am 08.04.2015 vermerkte der beklagte ein gespräch vom 07.04.2015. der kläger habe vorgesprochen. er habe an der maßnahme teilgenommen, wolle jedoch die unterlagen nicht unterzeichnen. er wolle morgen mit unterschriebenen unterlagen zum maßnahmeträger gehen. 12am 08.04.2015 vermerkte der beklagte ein telefongespräch mit dem maßnahmeträger. der kläger sei erschienen, weigere sich jedoch, die unterlagen zu unterzeichnen. er könne sich erst in 10 tagen mit einem kumpel absprechen, ob er diese unterschrift leisten müsse. eine aufnahme in die maßnahme sei daher nicht möglich. 13der beklagte hörte den kläger mit schreiben vom 08.04.2015 zu einer beabsichtigten sanktion an. 14der kläger legte mit schreiben vom 26.04.2015 widerspruch gegen den egva vom 01.04.2015 ein. zur sanktionsanhörung teilte der kläger mit, dass fraglich sei, ob der egva gültig sei. unabhängig davon sei er den pflichten aus dem egva nachgekommen. er sei vor ort gewesen und habe mitwirkungsbereitschaft signalisiert. er habe sich lediglich geweigert, verträge zu unterschreiben und um prüfzeit gebeten. zudem hätten nicht alle unterlagen vorab zur prüfung vorgelegen. aus dem egva sei auch nicht ersichtlich gewesen, dass er überhaupt verpflichtet gewesen sei, verträge zu unterschreiben. 15der beklagte stellte mit sanktionsbescheid vom 22.05.2015 eine minderung des arbeitslosengeldes ii um 119,70 eur monatlich für den zeitraum vom 01.06.2015 bis zum 31.08.2015 unter teilweiser aufhebung der vorangegangen bewilligung fest. der kläger habe sich geweigert, an der festgelegten maßnahme teilzunehmen. ein wichtiger grund für die weigerung sei nicht zu erkennen. 16der kläger legte mit schreiben vom 29.05.2015 widerspruch gegen den sanktionsbescheid ein. er sei nicht an den egva gebunden gewesen, da bereits eine gültige eingliederungsvereinbarung bestanden habe. er habe unterschriften nicht abgelehnt, sondern nur um bedenkzeit gebeten. es hätten nicht alle unterlagen vorgelegen, wie behauptet. 17der beklagte wies die widersprüche gegen den egva sowie die sanktion mit widerspruchsbescheiden vom 24.07.2015 zurück. 18dagegen hat der kläger am 24.08.2015 klage erhoben. 19der kläger trägt vor, es habe bereits eine gültige eingliederungsvereinbarung vom 10.12.2014 bis 09.06.2015 vorgelegen. es hätte kein abändernder egva ergehen dürfen. zudem hätte wenn, dann eine formale aufhebungsverfügung nach § 48 sgb x erfolgen müssen, um die bestandskraft des vorhergehenden egva zu beseitigen. außerdem dürfe keine sanktion verhängt werden bei verweigerung von unterschriften zu vereinbarungen mit rechtswidrigen inhalten. ihm hätte entgegen des vermerks des beklagten die sogenannte kundenakte nicht vorab vorgelegen. der maßnahmeträger habe ihm zunächst die teilnahmebedingungen, die datenschutzerklärung und die hausordnung zum lesen gegeben. diesen seien als seiten 1 und 2 geführt gewesen. danach sei ihm die kundenakte mit seite 1 sowie die einverständniserklärung mit seite 5 übergeben worden. es entstehe der eindruck, dass die teilnahmebedingungen, datenschutz und hausordnung nicht die unterlagen seien, die er auf der kundenakte als gelesen unterschreiben solle. auf die nachfrage, wo die seiten 2, 3 und 4 seien, sei geantwortet worden, dass er nicht dem gesetzlichen unfallschutz unterstehe, wenn er nicht unterschreibe. dann dürfe er nicht an der maßnahme teilnehmen. weitere nachfragen seien nicht beantwortet worden. auf seine mitteilung hin, dass alle nötigen versicherungstechnischen angelegenheiten bereits durch den gesetzgeber bei einer zuweisung zur maßnahme geregelt seien, sei dies verneint worden. auch der zusammenhang mit der kenntnisnahme der hausordnung und datenschutzerklärung habe ihm nicht erklärt werden können. diese ungereimtheiten seien für ihn anlass genug gewesen, alles prüfen zu wollen, bevor er eine unterschrift leiste. er habe dem datenschutzbeauftragten schreiben wollen und eine ihm bekannte anwältin fragen wollen. er habe stets betont, bereit zu sein, ohne unterschrift an der maßnahme teilzunehmen. die teilnahme sei verweigert worden. er sei durch den egva nicht verpflichtet gewesen, irgendwelche unterschriften zu leisten. es würde gegen die vertragsfreiheit verstoßen. der wortlaut der ausgeteilten hausordnung lasse darauf schließen, dass sehr wohl ein vertrag geschlossen werden solle. es sei von der haftung für schäden aus nicht vertragsgemäßem gebrauch die rede. die datenschutzerklärung genüge nicht den anforderungen. es sei nicht ersichtlich, welche daten erhoben würden und wie lange die daten gespeichert würden. zudem seien sanktionen grundsätzlich verfassungswidrig. 20der kläger beantragt, 21den die eingliederungsvereinbarung ersetzenden verwaltungsakt vom 01.04.2015 in gestalt des widerspruchsbescheids vom 24.07.2015 sowie den sanktionsbescheid vom 22.05.2015 in gestalt des widerspruchsbescheids vom 24.07.2015 aufzuheben. 22der beklagte beantragt, 23die klage abzuweisen. 24der beklagte trägt vor, der egva vom 01.04.2015 sei nicht durch den vorherigen egva gesperrt gewesen. ein egva dürfe nur dann nicht erlassen werden, wenn zuvor eine gültige eingliederungsvereinbarung vorgelegen habe. eine gültige eingliederungsvereinbarung habe nicht vorgelegen, sondern ein ersetzender verwaltungsakt. dies sei erforderlich gewesen, weil die in der vorherigen egva festgelegte maßnahme nicht angetreten worden sei. der vorhergehende egva habe sich zudem auf sonstige weise erledigt, so dass keine gesonderte aufhebung notwendig gewesen sei. hausordnung und datenschutzerklärung würden nichts ungewöhnliches enthalten. zehn tage zur prüfung der unterlagen seien nicht notwendig. er zweifle daran, dass dies der maßgebliche grund für das verhalten des klägers gewesen sei. 25wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und verwaltungsakte des beklagten bezug genommen. 26
27die klage ist teilweise unzulässig und im übrigen unbegründet. 28soweit die aufhebung des egva vom 01.04.2015 in gestalt des widerspruchsbescheids vom 24.07.2015 begehrt wird, ist die klage unzulässig. es fehlt an der notwendigen klagebefugnis, das heißt, an der möglichkeit einer beschwer durch den egva. 29der egva vom 01.04.2015 hat sich bereits durch zeitablauf gem. § 39 abs. 2 sozialgesetzbuch zehntes buch - sozialverwaltungsverfahren und sozialdatenschutz –(sgb x) erledigt. der gültigkeitszeitraum der egva war bis zum 25.09.2015 begrenzt. 30die erledigung tritt nicht bereits mit abbruch der vereinbarten maßnahme ein, sondern vielmehr erst mit ablauf des vereinbarten gültigkeitszeitraums. nach ablauf des gültigkeitszeitraums entfaltet der egva keine belastende wirkung mehr, da keine verpflichtungen mehr bestehen. eine beschwer ist daher ausgeschlossen. 31eine umstellung der klage in eine fortsetzungsfeststellungsklage erfolgte nicht. es würde auch an einem entsprechenden fortsetzungsfeststellungsinteresse fehlen. denn die auf eine verletzung des egva gestützte sanktion selbst ist bereits klagegegenstand. die rechtswidrigkeit des egva ist inzidenter gegenstand der prüfung der rechtsmäßigkeit der sanktion. ein berechtigtes interesse an einer gesonderten feststellung einer etwaigen rechtswidrigkeit bestünde nicht. andere folgewirkungen hatte der egva nicht. eine konkrete widerholungsgefahr wäre nicht ersichtlich. 32soweit der sanktionsbescheid des beklagten vom 22.05.2015 in gestalt des widerspruchsbescheids vom 24.07.2015 betroffen ist, ist die klage zulässig, aber unbegründet. 33der kläger ist durch den bescheid des beklagten 22.05.2015 in gestalt des widerspruchsbescheids vom 24.07.2015 nicht gem. § 54 abs. 2 satz 1 sozialgerichtsgesetz (sgg) beschwert. denn der bescheid ist rechtmäßig. die voraussetzungen einer sanktion lagen vor. 34ermächtigungsgrundlage der sanktionsentscheidung ist §§ 31 abs. 1 nr. 1, 31a abs. 1 satz 1 sgb ii. 35die ermächtigungsgrundlage verstößt nicht gegen verfassungsrechtliche vorgaben. aus art. 1 abs. 1 des grundgesetzes für die bundesrepublik deutschland (gg) ivm art. 20 abs. 1 gg folgt die verpflichtung des staates, das existenzminimum zu gewährleisten. dabei gebietet das grundgesetz grundsätzlich nicht das gewähren von bedarfsunabhängigen, voraussetzungslosen sozialleistungen (vgl. knickrehm/hahn in eicher, sgb ii, 3. auflage 2013, § 31 rn. 7 m.w.n.). es ist aus verfassungsrechtlicher sicht nicht zu beanstanden, dass die gewährung zuschussweiser leistungen in höhe des vollen regelbedarfs an die erfüllung zumutbarer mitwirkungsobliegenheiten des leistungsempfängers geknüpft ist. es handelt sich bei sanktionen im ergebnis nur um ein differenzierungskriterium, nach dem sich art und umfang der zu erbringenden leistungsgewährung an hilfebedürftige menschen bestimmt. dabei gehört es zum gestaltungsspielraum des gesetzgebers, wie er sein ziel erreicht, die selbsthilfe hilfebedürftiger menschen zu aktivieren. dabei kann er positive anreize setzten (bspw. erwerbstätigenfreibeträge) oder negative (minderungen im rahmen von sanktionen). entscheidend ist, dass dem kläger selbst bei einer sanktion keine gefährdung seines existenzminimums droht. zwar droht auf der ersten sanktionsstufe eine minderung um 30 % des maßgeblichen regelbedarfs. der regelbedarf nach dem sgb ii dient grundsätzlich der sicherstellung des soziokulturellen existenzminimums. dies schließt jedoch eine vorübergehende absenkung schon deshalb nicht aus, weil in der regelleistung auch ansparbeträge für einmalige bedarfe enthalten sind und damit nach den gesetzlichen vorgaben nicht die gesamte regelleistung zum aktuellen verbrauch bestimmt ist. das soziokulturelle existenzminimum liegt nach ansicht des gesetzgebers erst bei 70 % der regelleistung. denn nach den vorgaben des gesetzes sind bei einer minderung um mehr als 30 % auf antrag in angemessenem umfang ergänzend sachleistungen oder geldwerte leistungen zu erbringen (vgl. landessozialgericht nordrhein-westfalen (lsg nrw), beschluss vom 30.11.2012, l 2 as 2150/12 b er). dies ist nach ansicht des gerichts nicht zu beanstanden. eine vorübergehende minderung auf 70 % des regelbedarfs ist nicht evident zu wenig, um das soziokulturelle existenzminimum zu decken. eine konkrete gefährdung des soziokulturellen existenzminimums des klägers ist zudem nicht hinreichend dargelegt. der vorlagebeschluss des sg gotha vom 26.05.2015, s 15 as 5157/14, überzeugt die erkennende kammer nicht von der verfassungswidrigkeit der sanktionsnorm. jedenfalls reichen einfache zweifel an der verfassungsmäßigkeit einer vom parlamentarischen gesetzgeber erlassenen norm nicht aus, diese nicht anzuwenden oder die sache dem bundesverfassungsgericht vorzulegen. 36die formellen und materiellen voraussetzungen einer sanktionsentscheidung liegen vor. insbesondere ist der kläger vor erlass des sanktionsbescheids zu einer möglichen sanktion gem. § 24 sgb x angehört worden. 37voraussetzung einer sanktion ist eine pflichtverletzung. 38erwerbsfähige leistungsberechtigte verletzen gem. § 31 abs. 1 nr. 1 sgb ii ihre pflichten, wenn sie sich trotz schriftlicher belehrung über die rechtsfolgen oder deren kenntnis weigern, in der eingliederungsvereinbarung oder in dem diese ersetzenden verwaltungsakt festgelegte pflichten zu erfüllen. dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige leistungsberechtigte einen wichtigen grund für ihr verhalten darlegen und nachweisen. 39der kläger war verpflichtet, an der streitigen maßnahme teilzunehmen. 40der egva vom 01.04.2015 war rechtmäßig und hat diese pflicht begründet. 41ermächtigungsgrundlage für den erlass eines egva ist § 15 abs. 1 s. 6 sgb ii. nach dieser vorschrift kann der leistungsträger, wenn eine eingliederungsvereinbarung nach § 15 abs. 1 s. 2 sgb ii nicht zu stande kommt, die regelungen durch verwaltungsakt vornehmen. nach der rechtsprechung des bundessozialgerichts liegt der vorrang der konsensualen lösung gegenüber dem hoheitlichen handeln durch verwaltungsakt nahe. ein die eingliederungsvereinbarung ersetzender verwaltungsakt kommt nur in betracht, wenn der grundsicherungsträger zuvor den versuch unternommen hat, mit dem arbeitsuchenden eine vereinbarung zu schließen oder im einzelfall besondere gründe vorliegen, die den abschluss einer vereinbarung als nicht sachgerecht erscheinen lassen, was im ersetzenden verwaltungsakt im einzelnen darzulegen wäre (vgl. bsg, urteil vom 14.02.2013, b 14 as 195/11 r entgegen bsg, urteil vom 22.09.2009, b 4 as 13/09 r; vgl. auch lsg nrw, beschluss vom 09.12.2013, l 2 as 1956/13 b er). dabei reicht das vorliegen einer der beiden alternativen. ein verwaltungsakt i.s.v. § 15 abs. 1 s. 6 sgb ii kann ergehen, wenn nach einer verhandlungsphase keine einigung über den abschluss oder den inhalt einer eingliederungsvereinbarung zu stande gekommen ist, wobei der grund für das scheitern der vertragsverhandlungen unerheblich ist (vgl. lsg nrw, beschluss vom 31.03.2014, l 19 as 404/14 b er m.w.n). 42die vertragsverhandlungen waren gescheitert. der antragsteller hatte ausreichend bedenkzeit und konnte seine bedenken und anregungen äußern. eine einigung wurde gleichwohl nicht erzielt. 43der egva vom 10.12.2014 steht dem egva vom 01.04.2015 nicht entgegen. zwar überschneiden sich die gültigkeitszeiträume beider bescheide. eine änderung des egva vom 10.12.2014 nach § 48 sgb x ist jedoch zulässig (vgl. sonnhoff in schlegel/voelzke, jurispk-sgb ii, 4. aufl. 2015, stand 10.03.2015, § 15 rn. 143). denn es wird keine vertragliche eingliederungsvereinbarung geändert, sondern ein ersetzender verwaltungsakt. nach § 48 abs. 1 satz 1 sgb x ist ein verwaltungsakt mit dauerwirkung mit wirkung für die zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen verhältnissen, die bei seinem erlass vorgelegen haben, eine wesentliche änderung eingetreten ist. 44durch den nichtantritt der maßnahme, die durch egva vom 10.12.2014 vorgesehen war, ist eine wesentliche änderung der verhältnisse eingetreten. die egva vom 10.12.2014 ist nutzlos geworden. 45einer ausdrücklichen aufhebung des egva vom 10.12.2014 im verfügungssatz des egva vom 01.04.2015 bedurfte es nicht. der egva vom 10.12.2014 war mit einer auflösenden bedingung versehen, die eingetreten ist. 46gem. § 32 abs. 2 nr. 2 sgb x darf ein verwaltungsakt erlassen werden mit einer bestimmung, nach der der eintritt oder der wegfall einer vergünstigung oder einer belastung von dem ungewissen eintritt eines zukünftigen ereignisses abhängt (bedingung). eine auflösende bedingung lässt die innere wirksamkeit mit eintritt der bedingung entfallen, ohne dass es eines aufhebungsbescheides bedürfte (burkiczak in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb x, 1. auflage 2013, stand 01.06.2015, § 32 sgb x, rn. 48, m.w.n.). 47der wegfall der belastung und vergünstigung durch den egva wurde von dem ungewissen eintritt eines zukünftigen ereignisses abhängig gemacht. die auflösende bedingung lag in der ungewissen zukünftigen neuregelung durch eine neue eingliederungsvereinbarung bzw. einen die eingliederungsvereinbarung ersetzenden verwaltungsakt. dies ergibt sich aus den oben zitierten passagen aus dem egva vom 10.12.2014. 48die auflösende bedingung ist durch die neuregelung durch den egva vom 01.04.2015 eingetreten. 49die inhaltlichen regelungen des egva sind nicht zu beanstanden. 50der zulässige regelungsinhalt bestimmt sich nach § 15 abs. 1 s. 2 sgb ii. danach soll die eingliederungsvereinbarung, mit der die für die eingliederung des erwerbsfähigen hilfebedürftigen erforderlichen leistungen vereinbart werden, insbesondere bestimmen, 1. welche leistungen der erwerbsfähige hilfebedürftige zur eingliederung in arbeit erhält, 2. welche bemühungen der erwerbsfähige hilfebedürftige in welcher häufigkeit zur eingliederung in arbeit mindestens unternehmen muss und in welcher form er die bemühungen nachzuweisen hat, und 3. welche leistungen dritter, insbesondere träger anderer sozialleistungen, der erwerbsfähige hilfebedürftige zu beantragen hat. die eingliederungsvereinbarung soll für sechs monate geschlossen werden gem. § 15 abs. 1 s. 3 sgb ii. eine eingliederungsvereinbarung soll nach systematischer stellung des § 15 sgb ii insbesondere die in § 16 sgb ii aufgeführten eingliederungsleistungen möglichst verbindlich konkretisieren. 51soweit der gültigkeitszeitraum des egva vom 01.04.2015 die soll-gültigkeitsdauer um wenige tage unterschreitet, bestehen hiergegen keine bedenken. durch die verhandlungsphase hat sich der beginn des gültigkeitszeitraums um eine entsprechende anzahl von tagen reduziert. es bestehen aus gründen der verwaltungsvereinfachung keine bedenken, dies so zu praktizieren, zumal der tag der bekanntgabe nach § 37 sgb x ohnehin nicht sicher prognostiziert werden kann und daher von gesetzes wegen eine zutreffend taggenaue festlegung des gültigkeitszeitraums ohnehin nie sicher möglich ist. 52die verpflichtung zur teilnahme an der maßnahme ist nicht zu beanstanden. das ziel der maßnahme ist hinreichend dargelegt. zwar ist die zuweisung zur maßnahme recht oberflächlich begründet, gleichwohl erweist sich dieser regelungsteil nach ansicht der kammer nicht als rechtswidrig. insbesondere handelt es sich um eine maßnahme, die u.a. intensives bewerbungscoaching umfasst. es liegt auf der hand, dass der beklagte aufgrund der bisher erfolglosen bewerbungen ein defizit bei dem kläger sieht, das durch eine solche maßnahme ausgeglichen werden soll. besondere anforderungen an die begründungstiefe sind nicht erforderlich, wenn die auffassung der behörde zur sach- und rechtslage ohne weiteres erkennbar ist (vgl. § 35 abs. 2 nr. 2 sgb x). seitens des klägers sind keine gesichtspunkte erkennbar, die die teilnahme an der maßnahme unzumutbar oder ungeeignet erscheinen lassen. 53mithin war der kläger wirksam und rechtmäßig verpflichtet, an der maßnahme bei der d xbf gmbh teilzunehmen und nach kräften bei der erreichung des maßnahmeziels mitzuwirken. 54diese pflicht hat der kläger durch die verweigerung seiner unterschriften nicht erfüllt. darin ist eine weigerung der pflichterfüllung zu sehen. 55weigern in diesem sinne bedeutet regelmäßig die vorsätzliche, ausdrückliche oder stillschweigende, schriftlich, mündlich oder in anderer weise zum ausdruck gebrachte fehlende bereitschaft, sich an die auferlegte pflicht zu halten (bundessozialgericht (bsg), urteil vom 15.12.2010, b 14 as 92/09 r, juris-rn. 21). 56durch die weigerung, die unterschriften bis zum 2. maßnahmetag abzugeben, hat der kläger billigend in kauf genommen, von der teilnahme an der maßnahme ausgeschlossen zu werden und sich an seine teilnahme- und mitwirkungspflicht nicht zu halten. er wurde vom maßnahmeträger darauf hingewiesen, dass eine fehlende einverständniserklärung und kenntnisnahmeerklärung zum abbruch der maßnahme führt, so dass ihm die unmittelbare folge seines handelns bekannt war. es war nicht notwendig, die abgabe der unterschriften gesondert und ausdrücklich in der eingliederungsvereinbarung als pflicht des klägers festzulegen. es ist nicht möglich, jede im zusammenhang mit der teilnahme und mitwirkung notwendige nebenpflicht des klägers ausdrücklich niederzuschreiben. die verpflichtung zur abgabe der einverständniserklärung ergibt sich implizit aus der verpflichtung zur teilnahme und mitwirkung im rahmen der eingliederungsvereinbarung. inhalt der maßnahme ist unter anderen auch die vermittlung in arbeit. um den erfolg der vermittlung (und etwaiges verdienen einer vermittlungsgebühr) beurteilen zu können, ist es notwendig, die mitteilung des etwaigen arbeitgebers oder ausbildungsbetriebs erhalten zu dürfen, dass nach 6 wochen bzw. 6 monaten ein versicherungspflichtiges arbeitsverhältnis zu stande gekommen ist. weiterhin ist es ohne weiteres für den maßnahmeträger notwendig, die aushändigung der hausordnung und datenschutzerklärung nachweisbar dokumentieren zu können. 57für die weigerung des klägers gab es keinen wichtigen grund. 58ein wichtiger grund liegt vor, wenn die befolgung der dem kläger auferlegten pflicht unter abwägung aller gesamtumstände unzumutbar ist (vgl. sonnhoff in jurispk-sgb ii, 3. auflage 2012, stand 05.05.2014, § 31 rn. 100). 59die teilnahme an der maßnahme unter abgabe der konkreten einverständniserklärung und bestätigung des erhalts der hausordnung und datenschutzerklärung gegenüber dem maßnahmeträger war dem kläger zumutbar. 60das prinzip des forderns und förderns geht von selbsthilfe- und mitwirkungspflichten des leistungsempfängers aus. der kläger hat gem. §§ 2 abs. 1, 10 sgb ii alles zumutbare zu tun, um seine hilfebedürftigkeit zu beseitigen. die eingliederung in arbeit erfordert stets die offenbarung von daten, in der regel von daten des leistungsempfängers an dritte, etwa arbeitgeber, bei denen er sich zu bewerben hat. es gibt keinen rechtssatz, nach dem datenschutzrechte grundsätzlich den selbsthilfe- und mitwirkungspflichten vorgehen. gleichwohl ist das grundgesetzlich geschützte recht auf informationelle selbstbestimmung bei der bestimmung der zumutbaren pflichten des leistungsempfängers zu berücksichtigen. demnach muss die verpflichtung des leistungsempfängers zur offenbarung seiner daten einer verhältnismäßigkeitsprüfung unterzogen werden. die verpflichtung darf das erforderliche nicht überschreiten. 61die forderung nach der abgabe der einverständniserklärung verfolgte den zweck, den erfolg der arbeitsvermittlung prüfen zu können. dieser zweck ist legitim. die abgabe der einverständniserklärung ist notwendiges mittel, um diesen zweck erreichen zu können. aufgrund der datenschutzrechtlichen bestimmungen des bundesdatenschutzgesetzes bzw. des sgb x darf der maßnahmeträger ohne einverständnis die entsprechenden daten nicht erheben. ein milderes mittel ist nicht ersichtlich. die abgabe der einverständniserklärung war auch verhältnismäßig im engeren sinne. es ist seitens des klägers kein schutzwürdiger nachteil erkennbar, der durch die einverständniserklärung entstehen könnte. 62die forderung nach der quittierung des erhalts und der kenntnisnahme der hausordnung und der datenschutzerklärung verfolgt den legitimen zweck, eben diesen erhalt nachweisbar zu dokumentieren, damit im nachhinein niemand erfolgreich behaupten kann, entsprechendes nicht erhalten zu haben. die quittierung des erhalts ist notwendig, um dieses ziel erreichen zu können. ein milderes mittel ist nicht ersichtlich. ein schutzwürdiger nachteil ist nicht ersichtlich. insbesondere beinhaltet die "kundenakte" lediglich die bestätigung der kenntnisnahme der hausordnung und datenschutzerklärung. es wird kein vertrag geschlossen. eine verpflichtung für den antragsteller wird offenkundig durch die quittierung nicht begründet. soweit die hausordnung einen passus zur schadensersatzpflicht bei vertragswidrigem gebrauch der gegenstände erhält, handelt es sich lediglich um einen hinweis auf allgemeine zivilrechtliche haftungstatbestände, insbesondere die rücksichtnahmepflicht bei ähnlichen geschäftlichen kontakten gem. §§ 311 abs. 2 nr. 3, 241 abs. 2 bgb. es ist – auch ohne eine vertragliche bindung - eine selbstverständlichkeit, dass derjenige, der die einrichtung eines anderen nutzt, für schäden haftet, die er durch einen unsachgemäßen ("vertragswidrigen") gebrauch verursacht. 63durch die kenntnisnahme der datenschutzerklärung willigt der betroffene nicht im sinne der §§ 67a, 67b sgb x in die datenerhebung, -speicherung und –verarbeitung ein. eine datenschutzerklärung ist keine einwilligung und ersetzt auch keine einwilligung des betroffenen. dem entspricht es auch, dass der maßnahmeträger die ausdrückliche einwilligung für die erhebung der daten beim potentiellen arbeitgeber mit der einverständniserklärung gefordert hat. die datenschutzerklärung verkürzt daher die rechte des klägers nicht. der maßnahmeträger wäre auch trotz datenschutzerklärung weiterhin an die gesetzlichen vorschriften zur datenerhebung, -speicherung und –verarbeitung gebunden. 64der verweigerung der unterschrift unter verweis auf eine prüfung der unterlagen, die mehr als einen tag dauert, ist nach den konkreten umständen einer vollständigen weigerung gleichzusetzen. auch unter der annahme, dass der vermerk des beklagten unzutreffend ist und die "kundenakte" nicht vorab zur prüfung vorgelegen hätte, wäre ein tag zur prüfung ausreichend gewesen. es ist eine prüfzeit zuzugestehen, da nicht erwartet werden kann, dass jedermann unter zeitdruck und in anwesenheit des gegenübers in der lage ist, in ruhe ein dokument zu lesen und etwaige folgen abzuschätzen. hier war auch für einen juristischen laien ohne weiteres erkennbar, dass die kenntnisnahmebestätigung der hausordnung und der datenschutzerklärung keine pflichten begründet und nur einen tatsächlichen umstand (kenntnisnahme) bestätigt. eine weitergehende prüfzeit von mehr als einem tag ist nicht notwendig gewesen. für die übrigen unterlagen war eine längere prüfzeit gegeben. es war nicht notwendig, eine längere prüfzeit zuzugestehen. die abzugebenden erklärungen waren nicht derart kompliziert, dass eine abgabe nur nach anwaltlicher rücksprache oder nach abwarten einer antwort des datenschutzbeauftragten zumutbar gewesen wäre. von einer volljährigen geschäftsfähigen person kann in diesem konkreten fall verlangt werden, dass diese nach kenntnisnahme der vollständigen dokumente ohne zeitdruck und anwesenheit des gegenübers in der lage ist, die reichweite der abzugebenden erklärungen zu begreifen und entsprechend eine entscheidung zu treffen. 65auch ein allgemeines gefühl von ungereimtheiten ist nicht geeignet, einen wichtigen grund für die verweigerung der unterschrift oder für eine längerfristige prüfzeit darzustellen. es ist nicht notwendig, dass die abzugebenden erklärungen auf fortlaufend nummerierten seiten gedruckt sind. die erklärungen stellen für sich genommen vom schriftbild und erklärungsinhalt her jeweils abgeschlossenen erklärungen dar, die keinen unmittelbaren bezug auf vor- oder nachgehende seiten nehmen. etwaige fehlende seiten können daher nicht dazu führen, dass dem antragsteller eine erklärung zugerechnet werden könnte, die er gar nicht abgegeben hat. soweit die kenntnisnahme der hausordnung und der datenschutzerklärung nicht auf dem jeweiligen dokument selbst erfolgt, geht dieses dokumentationsrisiko allein zu lasten des maßnahmeträgers. er hätte im streitfall nachzuweisen, welche hausordnung/datenschutzerklärung dem betroffenen vorgezeigt worden ist. 66auch die vorgetragene diffuse antwort des mitarbeiters des maßnahmeträgers zum unfallversicherungsschutz macht eine längere prüfzeit als einen tag nicht notwendig. unabhängig von einer (fehlenden) verbindung der erklärungen zu fragen der gesetzlichen unfallversicherung war es dem kläger zumutbar, den inhalt der abzugebenden erklärungen eigenständig zu prüfen. 67die rechtsfolgenbelehrung des egva vom 01.04.2015 ist nicht zu beanstanden. 68die folgen der sanktion wurden zutreffend umgesetzt. 69bei einer pflichtverletzung mindert sich gem. § 31a abs. 1 satz 1 sgb ii das arbeitslosengeld ii in einer ersten stufe um 30 prozent des für die erwerbsfähige leistungsberechtigte person nach § 20 maßgebenden regelbedarfs. gem. § 31b abs. 1 sgb ii mindert sich der auszahlungsanspruch mit beginn des kalendermonats, der auf das wirksamwerden des verwaltungsaktes folgt, der die pflichtverletzung und den umfang der minderung der leistung feststellt. der minderungszeitraum beträgt drei monate. 70die bekanntgabe des sanktionsbescheids vom 22.05.2015 erfolgte im mai 2015, so dass der sanktionszeitraum von juni 2015 bis august 2015 reicht. 71die kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 sgg. 72hinsichtlich des egva ist kein klagegegenstand betroffen, der eine geld-, dienst- oder sachleistung oder einen hierauf gerichteten verwaltungsakt zum gegenstand hat. die berufung bedarf insoweit nicht der zulassung. 73der wert des beschwerdegegenstandes übersteigt hinsichtlich der sanktion 750,00 eur nicht. er betrifft keine wiederkehrenden oder laufenden leistungen für mehr als ein jahr. andere klagen, die eine geld-, dienst- oder sachleistung oder einen hierauf gerichteten verwaltungsakt nicht zum gegenstand haben, können zur berechnung des beschwerdewerts nicht hinzugerechnet werden (vgl. lsg baden-württemberg, urteil vom 24.07.2015, l 8 u 633/15). daher bedürfte die berufung insoweit gem. § 144 sgg der zulassung. ein zulassungsgrund war nicht ersichtlich.
Verklagte*r
0
116,388
7 K 2536/14
2016-11-07T00:00:00
Urteil
Tenor Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens hinsichtlich des für erledigt erklärten Teils. Im Übrigen trägt der Kläger die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger betreibt aufgrund der Erlaubnis des Regierungspräsidenten E. vom 23. Januar 1980 die „Q. -Apotheke“ in C. , F.---straße . 3Seit Dezember 2005 nimmt der Kläger mehrmals im Jahr als Reisebegleiter an sogenannten „Kundenreisen“ teil, die von dem Anbieter „X. X1. H. GmbH“ veranstaltet werden. Ob der Kläger diese Reisen auch vertreibt oder vermittelt, ist zwischen den Beteiligten streitig. 4Für die Kundenreisen warb der Kläger mithilfe von Informationsflyern, die auf einem Warenaufsteller vor dem Eingang zur Apotheke ausgelegt waren. Zudem stellte der Kläger dort einen sog. „Passantenstopper“ – einen großen Plakataufsteller – auf, der Werbeplakate für die Kundenreisen (etwa: „34. Kundenreise mit Ihrem Apotheker S. S1. “) enthielt. Der Kläger überreichte in der Apotheke zudem ausgewählten Kunden ein Exemplar der monatlich erscheinenden Publikation „1. C1. Gesundheitsmagazin“, dessen Inhalt der Kläger teilweise redaktionell gestaltet. Darin waren u.a. in den Ausgaben für Mai und September 2014 Werbeanzeigen für die 32. und 33. Kundenreisen enthalten, die jeweils den folgenden Hinweis enthielten: 5„INFORMATION & BUCHUNG : 6Q. -Apotheke S. S1. e.K.“ 7Darüber hinaus warb der Kläger für die Kundenreisen mit Anzeigen in regionalen Zeitungen sowie im Internet. Die dort veröffentlichten Werbeanzeigen enthielten entweder Hinweise darauf, dass Informationen zu den Kundenreisen in der Q. -Apotheke erhältlich seien, oder gaben an, dass die Buchung in der Q. -Apotheke erfolgen könne. In einer Werbeanzeige, die in der „P. -Zeitung“ vom 26. Januar 2014 erschien, heißt es etwa: 8„Reisen mit persönlicher Note – mit Apotheker S. S1. 9Begleiten Sie meine Frau und mich auf der 31. Kundenreise: […] 10Info: Q. -Apotheke, D. Q1. , C. […] 11Veranstalter: X. X1. H. GmbH“. 12Auf der Webseite .de, die der Kläger betreibt, sind unter der Überschrift „Apotheker S1. 's Kundenreisen“ Informationen zu bereits durchgeführten und zukünftig durchzuführenden Kundenreisen abrufbar. Zur 30. Kundenreise nach Berlin ist dort ein Dokument mit detaillierten Informationen zum Reiseprogramm veröffentlicht, das folgenden Hinweis enthält: 13„INFORMATION & BUCHUNG : 14Q. – Apotheke S. S1. e.K. 15F.---straße 42 / D. -Q1. / C. 16Telefon gebührenfrei: 17Im Internet unter 18Veranstalter : X. X1. H. GmbH“. 19Der Kläger beantwortete darüber hinaus in der Apotheke Nachfragen der Kunden zu den Reisen, füllte auf deren Wunsch ein vorgefertigtes Anmeldeformular aus und leitete dieses an den Veranstalter der Reisen weiter. Eine Vergütung erhielt der Kläger für seine Tätigkeit eigenen Angaben zufolge nicht. Er nahm allerdings mit seiner Ehefrau kostenlos an den Reisen teil. 20Der Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben 1. August 2014 mit, dass er der örtlichen Presse und verschiedenen Internetseiten entnommen habe, dass er – der Kläger – über seine Apotheke Kundenreisen vertreibe. Er wies darauf hin, dass die Apothekenbetriebsräume stets von anderweitig gewerblich oder beruflich genutzten Räumen durch Wände und Türen zu trennen seien und forderte den Kläger auf, seine nebenberuflichen Tätigkeiten nachvollziehbar unabhängig von den Apothekengeschäften zu führen. 21Mit anwaltlichem Schreiben vom 13. August 2014 gab der Kläger an, die Feststellung, dass er Kundenreisen vertreibe, sei falsch. Den Internetseiten und Presseartikeln sei zu entnehmen, dass Reiseveranstalter die Firma X. X1. H. GmbH sei. Er bediene sich auch nicht dieses Reiseveranstalters zur Durchführung der Reisen und initiiere sie auch nicht. Vielmehr sei mit der Durchführung der Reisen ausschließlich der Reiseveranstalter betraut. Die gesamte Reisebuchung, die finanzielle Abwicklung und sämtliche organisatorischen Maßnahmen erfolgten in unmittelbarem Kontakt zwischen den Reiseteilnehmern und dem Reiseveranstalter. Er fungiere lediglich als Reisebegleiter: Er nehme an den Reisen teil und betreue während der Durchführung der Reise seine Kunden unter dem Gesichtspunkt der Kundenpflege. Eine wie auch immer geartete gewerbliche Tätigkeit oder die erwähnte Vertriebstätigkeit sei damit nicht verbunden. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass in den öffentlichen Verlautbarungen ein Hinweis darauf enthalten sei, dass Informationen zur Reise bei ihm in der Apotheke erhältlich seien. 22Mit Ordnungsverfügung vom 22. September 2014 forderte der Beklagte den Kläger gemäß § 69 Abs. 1 Satz 1 Arzneimittelgesetz - AMG - in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Apothekenbetriebsordnung - ApBetrO - und § 4 Nr. 11 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG - auf, innerhalb von 6 Wochen nach Bestandskraft der Ordnungsverfügung 23„1. Die Bewerbung, Beratung und Vermittlung von Kundenreisen in den Apothekenbetriebsräumen der Q. -Apotheke, F.---straße 42 in C. zu unterlassen 242. Die Werbung für die Kundenreisen dahingehend umzugestalten, dass dem Gebot der Trennung der Apothekenräume von anderweitig genutzten Räumen Rechnung getragen wird.“ 25Zur Begründung führte er aus, die vom Kläger angebotenen Reisen wiesen keinen Gesundheitsbezug auf und stellten daher keine apothekenübliche Dienstleistung dar, die in den Apothekenbetriebsräumen erbracht werden dürfe. Die in verschiedenen Zeitschriften und im Internet veröffentlichen Werbeanzeigen und die Informationen auf der Webseite .de vermittelten den Eindruck, dass der Kläger nicht nur als Reisebegleiter fungiere, sondern dass auch die Information der Kunden über die Reisen und die Buchung der Reisen über die Apotheke erfolge. Damit fungiere der Kläger zumindest als gewerblicher Reisevermittler. Die Apothekenbetriebsordnung sehe aber vor, dass die Apothekenbetriebsräume durch Wände und Türen von anderweitig gewerblich genutzten Räumen abzutrennen seien. Die Anpassung der Werbung an die apothekenrechtlichen Vorschriften sei ebenfalls erforderlich. Die Bewerbung und Vermittlung der Kundenreisen dürfe insbesondere nicht auf den Internetseiten der Apotheke erfolgen. Durch die Vermittlung von Reisen in den Apothekenbetriebsräumen werde gegen das in § 4 Abs. 1 ApBetrO normierte Gebot der Trennung der Apothekenbetriebsräume von anderweitig genutzten Räumen verstoßen. Die Vorschrift solle den Apothekenkunden die Besonderheit der Ware Arzneimittel im Vergleich zu anderen Waren ins Bewusstsein bringen und diene damit der Gewährleistung einer Versorgung mit Arzneimitteln. Sie stelle damit eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dar. 26Am 24. Oktober 2014 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, der Beklagte habe seine Rechtsauffassung offenbar ausschließlich über die Inhalte von Zeitungsverlautbarungen und Internetseiten gebildet. Entscheidend sei für die Regelung in § 4 Abs. 1 ApBetrO jedoch nicht, ob irgendein Eindruck vermittelt werde, sondern ob die Apothekenräume tatsächlich anderweitig gewerblich oder beruflich genutzt würden. Das sei hier nicht der Fall. 27In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte Ziffer 2 der Ordnungsverfügung vom 22. September 2014 aufgehoben. Mit Blick darauf haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt, soweit sich die Klage zunächst auch gegen Ziffer 2 der Ordnungsverfügung gerichtet hat. 28Im Übrigen beantragt der Kläger, 29die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 22. September 2014 (Az.: 53.23.62) wird aufgehoben. 30Der Beklagte beantragt, 31 die Klage abzuweisen. 32Zur Begründung trägt er ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen vor, es könne dahingestellt bleiben, ob der Kläger tatsächlich die Kundenreisen vertreibe, da er jedenfalls als Reisevermittler tätig werde. Deshalb sei von einem eigenständigen Gewerbe auszugehen. Der Vortrag, dass der Kläger lediglich als Reisebegleiter fungiere, überzeuge angesichts der eigenen Feststellungen zur Tätigkeit des Klägers nicht. Entscheidend sei in diesem Zusammenhang auch, welcher Eindruck bei dem Reisenden entstehe. 33Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs. 34Entscheidungsgründe: 35Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. 36Im Übrigen ist die zulässige Klage unbegründet. Ziffer 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 22. September 2014, mit der dem Kläger aufgegeben wird, die Bewerbung und Vermittlung von Kundenreisen sowie die Beratung der Kunden hierzu in den Apothekenbetriebsräumen der Q. -Apotheke zu unterlassen, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 37Rechtsgrundlage für die angefochtene Untersagungsverfügung ist § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG. Danach treffen die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Die Ermächtigung erstreckt sich auch auf die Überwachung des ordnungsgemäßen Betriebs von Apotheken und ordnungsrechtliche Maßnahmen bei Verstößen gegen das Apothekenrecht. 38Ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. nur Urteil vom 18. Oktober 2012 - 3 C 25.11 -, juris Rn. 8 m.w.N. 39Die auf § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG gestützte Untersagungsverfügung ist formell und materiell rechtmäßig. Der gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 und 3 der Verordnung über Zuständigkeiten im Arzneimittelwesen und nach dem Medizinproduktegesetz vom 11. Dezember 1990 zuständige Beklagte hat die Verfügung nach vorheriger Anhörung des Klägers erlassen. Die ausgesprochene Untersagung ist auch eine zur Beseitigung festgestellter und zur Verhütung zukünftiger Verstöße notwendige Anordnung im Sinne des § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG. 40Es kann dahinstehen, ob – wie der Beklagte meint – ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 a) ApBetrO vorliegt, wonach die Apothekenbetriebsräume durch Wände oder Türen von anderweitig gewerblich oder beruflich genutzten Räumen abzutrennen sind. Eine gewerbliche Tätigkeit liegt nur dann vor, wenn sie mit einer Gewinnerzielungsabsicht einhergeht. Ob dies bei den beanstandeten Tätigkeiten des Klägers der Fall ist, weil er für seine Tätigkeit vom Reiseveranstalter zwar keine Vergütung erhält, dafür aber zusammen mit seiner Ehefrau kostenlos an den Reisen teilnehmen darf, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. 41Der Kläger hat jedenfalls gegen § 2 Abs. 4 i.V.m. § 1a Abs. 11 ApBetrO verstoßen, indem er nicht apothekenübliche Dienstleistungen in den Betriebsräumen der Q. -Apotheke erbracht hat. 42Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 ApBetrO darf der Apothekenleiter neben Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten die in § 1a Abs. 10 ApBetrO genannten Waren nur in einem Umfang anbieten oder feilhalten, der den ordnungsgemäßen Betrieb der Apotheke und den Vorrang des Arzneimittelversorgungsauftrags nicht beeinträchtigt. Dies gilt gemäß § 2 Abs. 4 Satz 2 für apothekenübliche Dienstleistungen im Sinne von § 1a Abs. 11 ApBetrO entsprechend. 43§ 2 Abs. 4 ApBetrO soll verhindern, dass ein Apothekenleiter durch ein umfangreiches Anbieten oder Feilhalten von apothekenüblichen Waren und Dienstleistungen in der Apotheke die gesetzliche Aufgabe der Apotheken, die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten sicherzustellen (vgl. § 1 Apothekengesetz - ApoG -), vernachlässigt und sich übermäßig seinem Nebensortiment bzw. Nebendienstleistungen widmet. Eine solche Geschäftsgestaltung ließe befürchten, dass sich die Apotheke zu einem „Drugstore“ entwickelt, was nicht im gesundheitspolitischen Interesse liegt. 44Cyran/Rotta, Apothekenbetriebsordnung - Kommentar, 5. Aufl. 2012, § 2 Rn. 67. 45Vor diesem Hintergrund ist der Regelungsgehalt des § 2 Abs. 4 ApoBetrO ein zweifacher. Aus § 2 Abs. 4 ApBetrO folgt unmittelbar, dass apothekenübliche Waren und Dienstleistungen nur in einem solchen Umfang angeboten und feilgehalten werden dürfen, dass der Vorrang des öffentlich-rechtlichen Auftrags, die Bevölkerung mit Arzneimitteln zu versorgen, nicht beeinträchtigt wird. Aus § 2 Abs. 4 ApBetrO folgt aber auch – mittelbar –, dass ein Anbieten und Feilhalten von apothekenunüblichen Waren und Dienstleistungen, also solchen, die nicht in § 1a Abs. 10 und Abs. 11 ApBetrO genannt bzw. sonst von diesen Normen erfasst sind, unzulässig ist. 46 Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 2013 - 3 C 15.12 -, juris Rn. 18; OVG NRW, Beschluss vom 25. September 2013 - 13 A 523/11 -, juris Rn. 29; Cyran/Rotta, Apothekenbetriebsordnung - Kommentar, 5. Aufl. 2012, § 2 Rn. 70-71. 47Vorliegend steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger jedenfalls bis zum Erlass der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung nichtapothekenübliche Dienstleistungen angeboten und erbracht hat, indem er in den Betriebsräumen der Q. -Apotheke Werbung für die sogenannten „Kundenreisen“ machte, Kunden zu den Reisen beriet, Anmeldeformulare ausfüllte, diese an den Reiseveranstalter weiterleitete und die Reisen hierdurch auch vermittelte. 48Dies ergibt sich bereits aus den eigenen Angaben des Klägers, der eingeräumt hat, Werbeflyer und Werbeplakate für die Kundenreisen unmittelbar vor dem Eingang der Apotheke ausgelegt bzw. aufgestellt, das „1. C1. Gesundheitsmagazin“ mit Werbeanzeigen für die Reisen in der Apotheke an Kunden ausgehändigt, Informationen zu den Reisen in der Apotheke an Kunden weitergegeben und Anmeldeformulare für diese ausgefüllt und an den Reiseveranstalter weitergeleitet zu haben. Mit Blick auf den Zweck des in § 2 Abs. 4 ApBetrO enthaltenen Verbots, den Vorrang der Arzneimittelversorgung in den Apotheken zu erhalten, macht es auch keinen Unterschied, ob die apotheken(un)üblichen Waren oder Dienstleistungen in den Apothekenbetriebsräumen selbst oder – wie hier im Falle der Werbeflyer und Werbeplakate im „Passantenstopper“ – unmittelbar vor dem Kundeneingang zu den Apothekenbetriebsräumen feilgehalten werden. Auch ein Angebot apotheken(un)üblicher Waren und Dienstleistungen unmittelbar vor dem Eingang zur Apotheke kann dazu führen, dass der Vorrang der Arzneimittelversorgung beeinträchtigt wird, und weist einen hinreichenden räumlichen Zusammenhang zu den Apothekenbetriebsräumen selbst auf. 49Bei der Bewerbung und Vermittlung der Kundenreisen sowie der Beratung hierzu handelt es sich auch nicht um apothekenübliche Dienstleistungen i.S.d. § 1a Abs. 11 ApBetrO. 50Der Begriff der Dienstleistung ist in der ApBetrO nicht definiert. Zu eng wäre es, den Begriff der Dienstleistung auf Dienste im Sinne eines Dienstvertrages nach § 611 BGB zu beschränken. Vielmehr kann die vereinbarte Leistung des Apothekers auch – wie das gesetzliche Beispiel des patientenindividuellen Anpassens von Medizinprodukten (§ 1a Abs. 11 Nr. 3 ApBetrO) verdeutlicht – auf die Erreichung eines Erfolges gerichtet sein. Der Begriff der Dienstleistung ist daher weit zu fassen. Er bezieht sich auf alle Leistungen, die neben den zum Hauptgeschäft gehörenden Leistungen angeboten werden und sich nicht auf den Verkauf apothekenüblicher Waren beschränken. Anders als bei den apothekenüblichen Waren ist für eine apothekenübliche Dienstleistung nicht kennzeichnend, dass sie gegen Entgelt erbracht wird. Insbesondere die in § 1a Abs. 11 Nr. 1 ApBetrO genannte Beratung wird nicht selten unentgeltlich erfolgen bzw. zusammen mit dem gleichzeitig erfolgenden Verkaufsgeschäft abgegolten sein. 51Cyran/Rotta, Apothekenbetriebsordnung - Kommentar, 5. Aufl. 2012, § 1a Rn. 247-249; vgl. auch Rixen/Krämer, Apothekengesetz mit Apothekenbetriebsordnung - Kommentar, 2014, § 1a Rn. 25. 52Die Bewerbung und Vermittlung der Kundenreisen sowie die Beratung hierzu stellen Dienstleistungen in diesem Sinne dar. Es handelt sich dabei um Leistungen, die der Kläger für die Kunden neben den zum Hauptgeschäft gehörenden Waren und Leistungen angeboten hat. Dabei kommt es – wie oben dargestellt – auch nicht darauf an, dass der Kläger für das Ausfüllen und die Weitergabe der Anmeldeformulare sowie für die Information und Beratung der Kunden über die Kundenreisen kein Entgelt verlangt haben mag. 53Apothekenüblich ist eine Dienstleistung i.S.d. § 1a Abs. 11 ApBetrO dann, wenn sie der Gesundheit von Menschen oder Tieren dient oder diese fördert. Dazu zählen insbesondere die Beratung in Gesundheits- und Ernährungsfragen, im Bereich Gesundheitserziehung und -aufklärung, zu Vorsorgemaßnahmen oder über Medizinprodukte, die Durchführung von einfachen Gesundheitstests, das patientenindividuelle Anpassen von Medizinprodukten sowie die Vermittlung von gesundheitsbezogenen Informationen. Apothekenübliche Dienstleistungen setzen demnach per Definition einen Gesundheitsbezug voraus, der im Fall der Kundenreisen allerdings nicht gegeben ist. Es handelt sich dabei bereits nach Angaben des Klägers um reine „Vergnügungsreisen“, die keinerlei besonderen Gesundheitsbezug aufweisen. Gegenteiliges hat auch der Kläger nicht behauptet. Vor diesem Hintergrund stellt auch die Bewerbung und Vermittlung der Kundenreisen sowie die Beratung hierzu eine nicht apothekenübliche Dienstleistung dar. 54Die vom Beklagten ausgesprochene Untersagung ist zur Beseitigung des vorliegenden Verstoßes gegen § 4 Abs. 2 ApBetrO auch geeignet und erforderlich. Geeignet ist ein Mittel regelmäßig dann, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Zur Verhinderung des Anbietens und Erbringens apothekenunüblicher Dienstleistungen in den Betriebsräumen einer Apotheke ist die Untersagung derartiger Dienstleistungen offensichtlich geeignet. Sie ist im konkreten Fall darüber hinaus auch erforderlich. Andere, ebenso effektive mildere Mittel sind in Ansehung des Umstandes, dass der Kläger die umstrittenen Tätigkeiten weiterhin in den Betriebsräumen seiner Apotheke vornehmen will, nicht erkennbar. 55Die Untersagungsanordnung verletzt den Kläger auch nicht in seiner Berufsausübungsfreiheit. In diesem Zusammenhang hat das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass das Verkaufsverbot für andere Waren als Arzneimittel, apothekenpflichtige Medizinprodukte und die in § 1a Abs. 10 ApBetrO genannten Erzeugnisse mit Art. 12 Abs. 1 GG in Einklang steht. Die Beschränkung des Warensortiments entspricht vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls und wahrt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Mit Rücksicht auf die Kernaufgabe der Apotheke, eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen (§ 1 Abs. 1 ApoG, § 2 Abs. 4 ApBetrO), ist es ein legitimes Ziel, eine Entwicklung der Apotheken zum „Drugstore“ zu verhindern und das Bild der Apotheke als Ort der Arzneimittelabgabe, der Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung zu bewahren. Damit wird nicht nur der Gefahr begegnet, dass sich die Geschäftstätigkeit zu Lasten des Arzneimittelversorgungsauftrages auf apothekenfremde Waren richtet. Es wird auch das Vertrauen der Kunden geschützt, in der Apotheke nur Erzeugnisse angeboten zu bekommen, denen ein nachvollziehbarer gesundheitlicher Nutzen zugeschrieben wird. Dem kaufmännischen Interesse des Apothekers an einer gewissen Ausweitung des Warensortiments über das Kerngeschäft hinaus trägt der Katalog des § 1a Abs. 10 ApBetrO angemessen Rechnung. 56Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 2013 - 3 C 15.12 -, juris Rn. 20. 57Nichts anderes gilt mit Blick auf das Verbot, nicht apothekenübliche Dienstleistungen i.S.d. § 1a Abs. 11 ApBetrO in den Apothekenbetriebsräumen anzubieten und zu erbringen und dadurch der Gefahr zu begegnen, dass sich die Apotheke zu einem „Drugstore“, einem Kosmetikstudio, 58 vgl. hierzu VG Minden, Urteil vom 26. Januar 2011 - 7 K 1647/10 -, juris, 59oder – wie hier – zu einem Reisebüro entwickelt. 60Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des streitig entschiedenen Teils der Klage auf § 154 Abs. 1 VwGO. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, folgt die Kostenentscheidung der Kostenübernahmeerklärung des Beklagten. 61Die Anordnungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergehen gemäß § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
soweit die beteiligten den rechtsstreit in der hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das verfahren eingestellt. im übrigen wird die klage abgewiesen. der beklagte trägt die kosten des verfahrens hinsichtlich des für erledigt erklärten teils. im übrigen trägt der kläger die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der jeweilige vollstreckungsschuldner darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils gegen ihn vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der kläger betreibt aufgrund der erlaubnis des regierungspräsidenten e. vom 23. januar 1980 die „q. -apotheke“ in c. , f.---straße . 3seit dezember 2005 nimmt der kläger mehrmals im jahr als reisebegleiter an sogenannten „kundenreisen“ teil, die von dem anbieter „x. x1. h. gmbh“ veranstaltet werden. ob der kläger diese reisen auch vertreibt oder vermittelt, ist zwischen den beteiligten streitig. 4für die kundenreisen warb der kläger mithilfe von informationsflyern, die auf einem warenaufsteller vor dem eingang zur apotheke ausgelegt waren. zudem stellte der kläger dort einen sog. „passantenstopper“ – einen großen plakataufsteller – auf, der werbeplakate für die kundenreisen (etwa: „34. kundenreise mit ihrem apotheker s. s1. “) enthielt. der kläger überreichte in der apotheke zudem ausgewählten kunden ein exemplar der monatlich erscheinenden publikation „1. c1. gesundheitsmagazin“, dessen inhalt der kläger teilweise redaktionell gestaltet. darin waren u.a. in den ausgaben für mai und september 2014 werbeanzeigen für die 32. und 33. kundenreisen enthalten, die jeweils den folgenden hinweis enthielten: 5„information & buchung : 6q. -apotheke s. s1. e.k.“ 7darüber hinaus warb der kläger für die kundenreisen mit anzeigen in regionalen zeitungen sowie im internet. die dort veröffentlichten werbeanzeigen enthielten entweder hinweise darauf, dass informationen zu den kundenreisen in der q. -apotheke erhältlich seien, oder gaben an, dass die buchung in der q. -apotheke erfolgen könne. in einer werbeanzeige, die in der „p. -zeitung“ vom 26. januar 2014 erschien, heißt es etwa: 8„reisen mit persönlicher note – mit apotheker s. s1. 9begleiten sie meine frau und mich auf der 31. kundenreise: […] 10info: q. -apotheke, d. q1. , c. […] 11veranstalter: x. x1. h. gmbh“. 12auf der webseite .de, die der kläger betreibt, sind unter der überschrift „apotheker s1. 's kundenreisen“ informationen zu bereits durchgeführten und zukünftig durchzuführenden kundenreisen abrufbar. zur 30. kundenreise nach berlin ist dort ein dokument mit detaillierten informationen zum reiseprogramm veröffentlicht, das folgenden hinweis enthält: 13„information & buchung : 14q. – apotheke s. s1. e.k. 15f.---straße 42 / d. -q1. / c. 16telefon gebührenfrei: 17im internet unter 18veranstalter : x. x1. h. gmbh“. 19der kläger beantwortete darüber hinaus in der apotheke nachfragen der kunden zu den reisen, füllte auf deren wunsch ein vorgefertigtes anmeldeformular aus und leitete dieses an den veranstalter der reisen weiter. eine vergütung erhielt der kläger für seine tätigkeit eigenen angaben zufolge nicht. er nahm allerdings mit seiner ehefrau kostenlos an den reisen teil. 20der beklagte teilte dem kläger mit schreiben 1. august 2014 mit, dass er der örtlichen presse und verschiedenen internetseiten entnommen habe, dass er – der kläger – über seine apotheke kundenreisen vertreibe. er wies darauf hin, dass die apothekenbetriebsräume stets von anderweitig gewerblich oder beruflich genutzten räumen durch wände und türen zu trennen seien und forderte den kläger auf, seine nebenberuflichen tätigkeiten nachvollziehbar unabhängig von den apothekengeschäften zu führen. 21mit anwaltlichem schreiben vom 13. august 2014 gab der kläger an, die feststellung, dass er kundenreisen vertreibe, sei falsch. den internetseiten und presseartikeln sei zu entnehmen, dass reiseveranstalter die firma x. x1. h. gmbh sei. er bediene sich auch nicht dieses reiseveranstalters zur durchführung der reisen und initiiere sie auch nicht. vielmehr sei mit der durchführung der reisen ausschließlich der reiseveranstalter betraut. die gesamte reisebuchung, die finanzielle abwicklung und sämtliche organisatorischen maßnahmen erfolgten in unmittelbarem kontakt zwischen den reiseteilnehmern und dem reiseveranstalter. er fungiere lediglich als reisebegleiter: er nehme an den reisen teil und betreue während der durchführung der reise seine kunden unter dem gesichtspunkt der kundenpflege. eine wie auch immer geartete gewerbliche tätigkeit oder die erwähnte vertriebstätigkeit sei damit nicht verbunden. daran ändere auch die tatsache nichts, dass in den öffentlichen verlautbarungen ein hinweis darauf enthalten sei, dass informationen zur reise bei ihm in der apotheke erhältlich seien. 22mit ordnungsverfügung vom 22. september 2014 forderte der beklagte den kläger gemäß § 69 abs. 1 satz 1 arzneimittelgesetz - amg - in verbindung mit § 4 abs. 1 apothekenbetriebsordnung - apbetro - und § 4 nr. 11 des gesetzes gegen den unlauteren wettbewerb - uwg - auf, innerhalb von 6 wochen nach bestandskraft der ordnungsverfügung 23„1. die bewerbung, beratung und vermittlung von kundenreisen in den apothekenbetriebsräumen der q. -apotheke, f.---straße 42 in c. zu unterlassen 242. die werbung für die kundenreisen dahingehend umzugestalten, dass dem gebot der trennung der apothekenräume von anderweitig genutzten räumen rechnung getragen wird.“ 25zur begründung führte er aus, die vom kläger angebotenen reisen wiesen keinen gesundheitsbezug auf und stellten daher keine apothekenübliche dienstleistung dar, die in den apothekenbetriebsräumen erbracht werden dürfe. die in verschiedenen zeitschriften und im internet veröffentlichen werbeanzeigen und die informationen auf der webseite .de vermittelten den eindruck, dass der kläger nicht nur als reisebegleiter fungiere, sondern dass auch die information der kunden über die reisen und die buchung der reisen über die apotheke erfolge. damit fungiere der kläger zumindest als gewerblicher reisevermittler. die apothekenbetriebsordnung sehe aber vor, dass die apothekenbetriebsräume durch wände und türen von anderweitig gewerblich genutzten räumen abzutrennen seien. die anpassung der werbung an die apothekenrechtlichen vorschriften sei ebenfalls erforderlich. die bewerbung und vermittlung der kundenreisen dürfe insbesondere nicht auf den internetseiten der apotheke erfolgen. durch die vermittlung von reisen in den apothekenbetriebsräumen werde gegen das in § 4 abs. 1 apbetro normierte gebot der trennung der apothekenbetriebsräume von anderweitig genutzten räumen verstoßen. die vorschrift solle den apothekenkunden die besonderheit der ware arzneimittel im vergleich zu anderen waren ins bewusstsein bringen und diene damit der gewährleistung einer versorgung mit arzneimitteln. sie stelle damit eine marktverhaltensregelung im sinne des § 4 nr. 11 uwg dar. 26am 24. oktober 2014 hat der kläger klage erhoben. zur begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges vorbringen und trägt ergänzend vor, der beklagte habe seine rechtsauffassung offenbar ausschließlich über die inhalte von zeitungsverlautbarungen und internetseiten gebildet. entscheidend sei für die regelung in § 4 abs. 1 apbetro jedoch nicht, ob irgendein eindruck vermittelt werde, sondern ob die apothekenräume tatsächlich anderweitig gewerblich oder beruflich genutzt würden. das sei hier nicht der fall. 27in der mündlichen verhandlung hat der beklagte ziffer 2 der ordnungsverfügung vom 22. september 2014 aufgehoben. mit blick darauf haben die beteiligten den rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt, soweit sich die klage zunächst auch gegen ziffer 2 der ordnungsverfügung gerichtet hat. 28im übrigen beantragt der kläger, 29die ordnungsverfügung des beklagten vom 22. september 2014 (az.: 53.23.62) wird aufgehoben. 30der beklagte beantragt, 31 die klage abzuweisen. 32zur begründung trägt er ergänzend zu seinem bisherigen vorbringen vor, es könne dahingestellt bleiben, ob der kläger tatsächlich die kundenreisen vertreibe, da er jedenfalls als reisevermittler tätig werde. deshalb sei von einem eigenständigen gewerbe auszugehen. der vortrag, dass der kläger lediglich als reisebegleiter fungiere, überzeuge angesichts der eigenen feststellungen zur tätigkeit des klägers nicht. entscheidend sei in diesem zusammenhang auch, welcher eindruck bei dem reisenden entstehe. 33wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte und des beigezogenen verwaltungsvorgangs. 34
35soweit die beteiligten den rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das verfahren in entsprechender anwendung des § 92 abs. 3 satz 1 vwgo einzustellen. 36im übrigen ist die zulässige klage unbegründet. ziffer 1 der ordnungsverfügung des beklagten vom 22. september 2014, mit der dem kläger aufgegeben wird, die bewerbung und vermittlung von kundenreisen sowie die beratung der kunden hierzu in den apothekenbetriebsräumen der q. -apotheke zu unterlassen, ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 37rechtsgrundlage für die angefochtene untersagungsverfügung ist § 69 abs. 1 satz 1 amg. danach treffen die zuständigen behörden die zur beseitigung festgestellter verstöße und zur verhütung künftiger verstöße notwendigen anordnungen. die ermächtigung erstreckt sich auch auf die überwachung des ordnungsgemäßen betriebs von apotheken und ordnungsrechtliche maßnahmen bei verstößen gegen das apothekenrecht. 38ständige rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, vgl. nur urteil vom 18. oktober 2012 - 3 c 25.11 -, juris rn. 8 m.w.n. 39die auf § 69 abs. 1 satz 1 amg gestützte untersagungsverfügung ist formell und materiell rechtmäßig. der gemäß § 1 abs. 1 nr. 2 und 3 der verordnung über zuständigkeiten im arzneimittelwesen und nach dem medizinproduktegesetz vom 11. dezember 1990 zuständige beklagte hat die verfügung nach vorheriger anhörung des klägers erlassen. die ausgesprochene untersagung ist auch eine zur beseitigung festgestellter und zur verhütung zukünftiger verstöße notwendige anordnung im sinne des § 69 abs. 1 satz 1 amg. 40es kann dahinstehen, ob – wie der beklagte meint – ein verstoß gegen § 4 abs. 1 satz 2 nr. 1 a) apbetro vorliegt, wonach die apothekenbetriebsräume durch wände oder türen von anderweitig gewerblich oder beruflich genutzten räumen abzutrennen sind. eine gewerbliche tätigkeit liegt nur dann vor, wenn sie mit einer gewinnerzielungsabsicht einhergeht. ob dies bei den beanstandeten tätigkeiten des klägers der fall ist, weil er für seine tätigkeit vom reiseveranstalter zwar keine vergütung erhält, dafür aber zusammen mit seiner ehefrau kostenlos an den reisen teilnehmen darf, bedarf vorliegend keiner entscheidung. 41der kläger hat jedenfalls gegen § 2 abs. 4 i.v.m. § 1a abs. 11 apbetro verstoßen, indem er nicht apothekenübliche dienstleistungen in den betriebsräumen der q. -apotheke erbracht hat. 42nach § 2 abs. 4 satz 1 apbetro darf der apothekenleiter neben arzneimitteln und apothekenpflichtigen medizinprodukten die in § 1a abs. 10 apbetro genannten waren nur in einem umfang anbieten oder feilhalten, der den ordnungsgemäßen betrieb der apotheke und den vorrang des arzneimittelversorgungsauftrags nicht beeinträchtigt. dies gilt gemäß § 2 abs. 4 satz 2 für apothekenübliche dienstleistungen im sinne von § 1a abs. 11 apbetro entsprechend. 43§ 2 abs. 4 apbetro soll verhindern, dass ein apothekenleiter durch ein umfangreiches anbieten oder feilhalten von apothekenüblichen waren und dienstleistungen in der apotheke die gesetzliche aufgabe der apotheken, die ordnungsgemäße versorgung der bevölkerung mit arzneimitteln und apothekenpflichtigen medizinprodukten sicherzustellen (vgl. § 1 apothekengesetz - apog -), vernachlässigt und sich übermäßig seinem nebensortiment bzw. nebendienstleistungen widmet. eine solche geschäftsgestaltung ließe befürchten, dass sich die apotheke zu einem „drugstore“ entwickelt, was nicht im gesundheitspolitischen interesse liegt. 44cyran/rotta, apothekenbetriebsordnung - kommentar, 5. aufl. 2012, § 2 rn. 67. 45vor diesem hintergrund ist der regelungsgehalt des § 2 abs. 4 apobetro ein zweifacher. aus § 2 abs. 4 apbetro folgt unmittelbar, dass apothekenübliche waren und dienstleistungen nur in einem solchen umfang angeboten und feilgehalten werden dürfen, dass der vorrang des öffentlich-rechtlichen auftrags, die bevölkerung mit arzneimitteln zu versorgen, nicht beeinträchtigt wird. aus § 2 abs. 4 apbetro folgt aber auch – mittelbar –, dass ein anbieten und feilhalten von apothekenunüblichen waren und dienstleistungen, also solchen, die nicht in § 1a abs. 10 und abs. 11 apbetro genannt bzw. sonst von diesen normen erfasst sind, unzulässig ist. 46 vgl. bverwg, urteil vom 19. september 2013 - 3 c 15.12 -, juris rn. 18; ovg nrw, beschluss vom 25. september 2013 - 13 a 523/11 -, juris rn. 29; cyran/rotta, apothekenbetriebsordnung - kommentar, 5. aufl. 2012, § 2 rn. 70-71. 47vorliegend steht zur überzeugung des gerichts fest, dass der kläger jedenfalls bis zum erlass der streitgegenständlichen ordnungsverfügung nichtapothekenübliche dienstleistungen angeboten und erbracht hat, indem er in den betriebsräumen der q. -apotheke werbung für die sogenannten „kundenreisen“ machte, kunden zu den reisen beriet, anmeldeformulare ausfüllte, diese an den reiseveranstalter weiterleitete und die reisen hierdurch auch vermittelte. 48dies ergibt sich bereits aus den eigenen angaben des klägers, der eingeräumt hat, werbeflyer und werbeplakate für die kundenreisen unmittelbar vor dem eingang der apotheke ausgelegt bzw. aufgestellt, das „1. c1. gesundheitsmagazin“ mit werbeanzeigen für die reisen in der apotheke an kunden ausgehändigt, informationen zu den reisen in der apotheke an kunden weitergegeben und anmeldeformulare für diese ausgefüllt und an den reiseveranstalter weitergeleitet zu haben. mit blick auf den zweck des in § 2 abs. 4 apbetro enthaltenen verbots, den vorrang der arzneimittelversorgung in den apotheken zu erhalten, macht es auch keinen unterschied, ob die apotheken(un)üblichen waren oder dienstleistungen in den apothekenbetriebsräumen selbst oder – wie hier im falle der werbeflyer und werbeplakate im „passantenstopper“ – unmittelbar vor dem kundeneingang zu den apothekenbetriebsräumen feilgehalten werden. auch ein angebot apotheken(un)üblicher waren und dienstleistungen unmittelbar vor dem eingang zur apotheke kann dazu führen, dass der vorrang der arzneimittelversorgung beeinträchtigt wird, und weist einen hinreichenden räumlichen zusammenhang zu den apothekenbetriebsräumen selbst auf. 49bei der bewerbung und vermittlung der kundenreisen sowie der beratung hierzu handelt es sich auch nicht um apothekenübliche dienstleistungen i.s.d. § 1a abs. 11 apbetro. 50der begriff der dienstleistung ist in der apbetro nicht definiert. zu eng wäre es, den begriff der dienstleistung auf dienste im sinne eines dienstvertrages nach § 611 bgb zu beschränken. vielmehr kann die vereinbarte leistung des apothekers auch – wie das gesetzliche beispiel des patientenindividuellen anpassens von medizinprodukten (§ 1a abs. 11 nr. 3 apbetro) verdeutlicht – auf die erreichung eines erfolges gerichtet sein. der begriff der dienstleistung ist daher weit zu fassen. er bezieht sich auf alle leistungen, die neben den zum hauptgeschäft gehörenden leistungen angeboten werden und sich nicht auf den verkauf apothekenüblicher waren beschränken. anders als bei den apothekenüblichen waren ist für eine apothekenübliche dienstleistung nicht kennzeichnend, dass sie gegen entgelt erbracht wird. insbesondere die in § 1a abs. 11 nr. 1 apbetro genannte beratung wird nicht selten unentgeltlich erfolgen bzw. zusammen mit dem gleichzeitig erfolgenden verkaufsgeschäft abgegolten sein. 51cyran/rotta, apothekenbetriebsordnung - kommentar, 5. aufl. 2012, § 1a rn. 247-249; vgl. auch rixen/krämer, apothekengesetz mit apothekenbetriebsordnung - kommentar, 2014, § 1a rn. 25. 52die bewerbung und vermittlung der kundenreisen sowie die beratung hierzu stellen dienstleistungen in diesem sinne dar. es handelt sich dabei um leistungen, die der kläger für die kunden neben den zum hauptgeschäft gehörenden waren und leistungen angeboten hat. dabei kommt es – wie oben dargestellt – auch nicht darauf an, dass der kläger für das ausfüllen und die weitergabe der anmeldeformulare sowie für die information und beratung der kunden über die kundenreisen kein entgelt verlangt haben mag. 53apothekenüblich ist eine dienstleistung i.s.d. § 1a abs. 11 apbetro dann, wenn sie der gesundheit von menschen oder tieren dient oder diese fördert. dazu zählen insbesondere die beratung in gesundheits- und ernährungsfragen, im bereich gesundheitserziehung und -aufklärung, zu vorsorgemaßnahmen oder über medizinprodukte, die durchführung von einfachen gesundheitstests, das patientenindividuelle anpassen von medizinprodukten sowie die vermittlung von gesundheitsbezogenen informationen. apothekenübliche dienstleistungen setzen demnach per definition einen gesundheitsbezug voraus, der im fall der kundenreisen allerdings nicht gegeben ist. es handelt sich dabei bereits nach angaben des klägers um reine „vergnügungsreisen“, die keinerlei besonderen gesundheitsbezug aufweisen. gegenteiliges hat auch der kläger nicht behauptet. vor diesem hintergrund stellt auch die bewerbung und vermittlung der kundenreisen sowie die beratung hierzu eine nicht apothekenübliche dienstleistung dar. 54die vom beklagten ausgesprochene untersagung ist zur beseitigung des vorliegenden verstoßes gegen § 4 abs. 2 apbetro auch geeignet und erforderlich. geeignet ist ein mittel regelmäßig dann, wenn mit seiner hilfe der gewünschte erfolg gefördert werden kann. zur verhinderung des anbietens und erbringens apothekenunüblicher dienstleistungen in den betriebsräumen einer apotheke ist die untersagung derartiger dienstleistungen offensichtlich geeignet. sie ist im konkreten fall darüber hinaus auch erforderlich. andere, ebenso effektive mildere mittel sind in ansehung des umstandes, dass der kläger die umstrittenen tätigkeiten weiterhin in den betriebsräumen seiner apotheke vornehmen will, nicht erkennbar. 55die untersagungsanordnung verletzt den kläger auch nicht in seiner berufsausübungsfreiheit. in diesem zusammenhang hat das bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass das verkaufsverbot für andere waren als arzneimittel, apothekenpflichtige medizinprodukte und die in § 1a abs. 10 apbetro genannten erzeugnisse mit art. 12 abs. 1 gg in einklang steht. die beschränkung des warensortiments entspricht vernünftigen erwägungen des gemeinwohls und wahrt den grundsatz der verhältnismäßigkeit. mit rücksicht auf die kernaufgabe der apotheke, eine ordnungsgemäße arzneimittelversorgung der bevölkerung sicherzustellen (§ 1 abs. 1 apog, § 2 abs. 4 apbetro), ist es ein legitimes ziel, eine entwicklung der apotheken zum „drugstore“ zu verhindern und das bild der apotheke als ort der arzneimittelabgabe, der krankheitsprävention und gesundheitsförderung zu bewahren. damit wird nicht nur der gefahr begegnet, dass sich die geschäftstätigkeit zu lasten des arzneimittelversorgungsauftrages auf apothekenfremde waren richtet. es wird auch das vertrauen der kunden geschützt, in der apotheke nur erzeugnisse angeboten zu bekommen, denen ein nachvollziehbarer gesundheitlicher nutzen zugeschrieben wird. dem kaufmännischen interesse des apothekers an einer gewissen ausweitung des warensortiments über das kerngeschäft hinaus trägt der katalog des § 1a abs. 10 apbetro angemessen rechnung. 56vgl. bverwg, urteil vom 19. september 2013 - 3 c 15.12 -, juris rn. 20. 57nichts anderes gilt mit blick auf das verbot, nicht apothekenübliche dienstleistungen i.s.d. § 1a abs. 11 apbetro in den apothekenbetriebsräumen anzubieten und zu erbringen und dadurch der gefahr zu begegnen, dass sich die apotheke zu einem „drugstore“, einem kosmetikstudio, 58 vgl. hierzu vg minden, urteil vom 26. januar 2011 - 7 k 1647/10 -, juris, 59oder – wie hier – zu einem reisebüro entwickelt. 60die kostenentscheidung beruht hinsichtlich des streitig entschiedenen teils der klage auf § 154 abs. 1 vwgo. soweit die beteiligten den rechtsstreit in der hauptsache für erledigt erklärt haben, folgt die kostenentscheidung der kostenübernahmeerklärung des beklagten. 61die anordnungen über die vorläufige vollstreckbarkeit ergehen gemäß § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo.
Verklagte*r
0
320,033
26 K 11556/17
2019-05-24T00:00:00
Urteil
Tenor Der Bescheid der Bürgermeisterin der Stadt W. vom 22. Juli 2016 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist Städtischer Verwaltungsdirektor (Besoldungsgruppe A 15) und steht im Dienst der beklagten Stadt. Dort ist er als Leiter der Abteilung X. (Fachbereich 00) eingesetzt. 3Im Zeitraum von Januar 2007 bis Juni 2012 war der Kläger im Rahmen einer genehmigten Nebentätigkeit als Prokurist bei der H. -N. -Gesellschaft der Stadt W. mbH (H1. GmbH) tätig. Für diese Nebentätigkeit erhielt er eine monatliche Vergütung von 400,00 €. Mit Verfügung vom 16. Juli 2012 wies die Beklagte den Kläger mit Wirkung vom 1. Juli 2012 gemäß § 20 Abs. 1 BeamtStG mit der Hälfte seiner regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der H1. GmbH zu, seitdem war er dort als Geschäftsführer tätig. Bereits am 3. Juli 2012 hatte die Beklagte mit der H1. GmbH einen Vertrag über die Zuweisung des Klägers abgeschlossen und darin vereinbart, dass die H1. GmbH der Beklagten die Personalkosten für den Kläger in Höhe von 50 % erstattet. Mit Beschluss des Beirates der H1. GmbH vom 14. April 2014 wurde dem Kläger die Funktion des Hauptgeschäftsführers übertragen. 4Für seine Tätigkeit bei der H1. GmbH hat der Kläger im Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 29. Februar 2016 insgesamt 216.145,41 € erhalten, nämlich vom 1. Januar 2013 bis 30. April 2014 eine monatliche Vergütung in Höhe von 1.250,00 €, im Zeitraum vom 1. Mai 2014 bis 29. Februar 2016 eine monatliche Vergütung von 3.000,00 € sowie Tantieme in Höhe von 50.515,41 € im Jahr 2014 und in Höhe von 79.630,00 im Jahr 2015. 5Seit Mai 2014 wurden bei der Beklagten gemeinsam mit dem Kläger Überlegungen dazu angestellt, ob der Kläger die ihm durch die H1. GmbH für seine zugewiesene Tätigkeit gewährte Vergütung behalten dürfte und welche rechtlichen Möglichkeiten ggf. bestehen, um dieses Ziel zu erreichen. Hierzu holte die Beklagte eine rechtliche Stellungnahme ein, die zu dem Ergebnis kam, dass Bezüge eines Beamten aus einer zugewiesenen Tätigkeit grundsätzlich gemäß § 9a Abs. 2 Satz 1 des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (ÜBesG NRW) auf die Besoldung des Beamten angerechnet werden müssten, in besonderen Fällen aber eine „Behaltensentscheidung“ nach § 9a Abs. 2 Satz 2 ÜBesG NRW von der obersten Dienstbehörde im Einvernehmen mit den zuständigen Ministerien getroffen werden könne. 6Nachdem der Rat der Beklagten als oberste Dienstbehörde des Klägers in seiner Sitzung vom 29. September 2015 den Beschluss über eine mögliche Behaltensentscheidung zwecks Aufklärung der genauen Höhe der dem Kläger von der H1. GmbH gewährten Vergütung zunächst vertagt hatte, hat er nach Offenlegung der Vergütung in seiner Sitzung vom 29. Februar 2016 keine Behaltensentscheidung getroffen. 7Mit Bescheid vom 21. März 2016 hat die Beklagte daraufhin festgestellt, dass die Bruttovergütung des Klägers in Höhe von 3.000,00 Euro ab April 2016 in voller Höhe auf dessen Besoldung angerechnet werde. 8Unter dem 26. April 2016 hörte die Beklagte den Kläger zum beabsichtigten Erlass eines Leistungsbescheides über 216.155,41 € an und führte aus, wegen der fehlenden Behaltensentscheidung liege kein Ausnahmetatbestand vor, die Vergütung der H1. GmbH sei abzuführen. 9Mit Bescheid vom 22. Juli 2016 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger zur Abführung von Vergütung in Höhe von 216.155,41 Euro, die er als Geschäftsführer der H1. GmbH im Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 29. Februar 2016 erhalten habe, verpflichtet sei, forderte den Kläger zur Zahlung des Gesamtbetrages innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheides auf und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung führte sie aus: Der Kläger sei seit Juli 2012 mit der Hälfte seiner Arbeitszeit gemäß § 20 BeamtStG der H1. GmbH zugewiesen worden. Mit dieser Zuweisung sei ihm vorübergehend teilweise eine seinem Amt entsprechende Tätigkeit bei einer anderen Einrichtung zugewiesen worden, seine Rechtsstellung als Beamter der Beklagten sei hiervon unberührt geblieben und seine Tätigkeit bei der H1. GmbH gehöre seit der Zuweisung zu seinem dienstlichen Hauptamt. Seine Besoldung sei ebenfalls unberührt geblieben. Nach § 58 LBG NRW sei ein Beamter verpflichtet, die Vergütung für eine Tätigkeit, die zu seinen dienstlichen Aufgaben gehöre, abzuführen. Dies beinhalte inzident auch eine Meldepflicht. Dieser sei der Kläger nicht nachgekommen und habe hierdurch die Anrechnung der Vergütung auf seine Besoldung verhindert. Die Tätigkeit bei der H1. GmbH könne nicht als Nebentätigkeit im Sinne der Nebentätigkeitsverordnung qualifiziert werden, etwas anderes ergäbe sich nur, wenn ein gesetzlich vorgesehener Ausnahmetatbestand geschaffen worden wäre oder geschaffen würde. Ein solcher Ausnahmetatbestand sei in § 9a Abs. 2 Satz 1 ÜBesG NRW i.V.m. § 8 Abs. 3 LBesG NRW a.F. normiert. Danach könne die oberste Dienstbehörde in besonderen Fällen im Einvernehmen mit dem Finanzministerium und dem für Inneres zuständigen Ministerium von der Anrechnung ganz oder teilweise absehen. Eine solche Behaltensentscheidung sei hier nicht getroffen worden. Damit sei zwingende Rechtsfolge des § 58 LBG NRW, dass die Vergütung an den Dienstherrn abzuführen sei. – In der Rechtsbehelfsbelehrung hat die Beklagte auf den Widerspruch als zulässigen Rechtsbehelf hingewiesen. 10Der Kläger hat am 5. August 2016 Widerspruch gegen den vorgenannten Leistungsbescheid erhoben, zu dessen Begründung er ausführt, der Leistungsbescheid erweise sich bereits deshalb als rechtswidrig, weil allen Beteiligten von Anfang an bewusst gewesen sei, dass er die ihm von der H1. GmbH über die Besoldung hinaus gewährte Vergütung behalten sollte. Dies sei die bewusste und gewollte Entscheidung der Politik gewesen. Die Absicht sei gewesen, ihn an die Beklagte zu binden und seine Arbeitsleistung von ca. 50 bis 60 Stunden/Woche angemessen zu vergüten. Gleichzeitig habe die Beklagte bezweckt, durch die Personalkostenerstattung durch die H1. GmbH den eigenen Haushalt zu sanieren. Die Zuweisung sei damit auch im Interesse der Beklagten erfolgt. Dass es der Beklagten nicht gelungen sei, das Gewollte in ein korrektes beamtenrechtliches Konstrukt zu überführen, könne ihm nicht vorgeworfen werden. Er habe auch keine Nebenbeschäftigung gegen Vergütung ausgeführt und sei deshalb nicht verpflichtet gewesen, die Vergütung an seinen Dienstherrn abzuführen. Es existiere keine „selbständige Offenbarungspflicht“ des gemäß § 20 BeamtStG zugewiesenen Beamten, dann könne auch keine Abführungspflicht nach § 58 LBG NRW bestehen. Außerdem stelle die Vorschrift des § 12 Abs. 2 LBesG NRW eine Spezialregelung bzgl. der Anrechnung bei Zuweisung dar. 11Die Beklagte hat über den Widerspruch des Klägers bislang nicht entschieden. 12Der Kläger hat am 21. Juni 2017 die vorliegende Klage erhoben, mit der er die Aufhebung des Bescheides vom 22. Juli 2016 begehrt. Nachdem die Beklagte bislang nicht über seinen Widerspruch gegen den Bescheid entschieden habe, sei die Klage als Untätigkeitsklage zulässig. In rechtlicher Hinsicht wiederholt der Kläger seine Ausführungen aus der Widerspruchsbegründung und ergänzt: Der Rückforderung stünde das Gebot von Treu und Glauben entgegen. Entscheidend sei, dass sämtliche Entscheidungsbefugten der Beklagten eine Konstruktion hätten finden wollen, nach der ihm die Vergütung hätte gezahlt werden und diese auch bei ihm verbleiben können. Dabei sei bewusst das Konstrukt der Zuweisung gewählt worden, um ihm die Vergütung zu belassen. Er habe keine Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Nichtabführung gehabt, er habe dem Konstrukt der Zuweisung ebenso vertraut wie der Aussage sämtlicher Entscheidungsträger, dass er die Vergütung behalten dürfe. 13Der Kläger beantragt, 14den Bescheid der Bürgermeisterin der Stadt W. vom 22. Juli 2016 aufzuheben. 15Die Beklagte beantragt, 16 die Klage abzuweisen. 17Sie wendet ein: Rechtsgrundlage für ihr Zahlungsverlangen sei das zwischen den Parteien bestehende Beamtenverhältnis. Die Zuweisung des Klägers habe zur Folge, dass der Kläger im Rahmen der Zuweisung sein Hauptamt ausgeführt habe. Daher sei § 58 LBG NRW taugliche Anspruchsgrundlage für die Abführung der Geschäftsführervergütung. Der Anspruch sei von Gesetzes wegen entstanden. Es sei weder eine Verrechnung mit der Besoldung noch mit Zahlungen Dritter vorgesehen. Mithin sei die Vergütung in voller Höhe abzuführen. Auch eine Billigkeitsprüfung sei nicht durchzuführen. § 15 Abs. 2 LBesG NRW komme in Fällen des § 58 LBG NRW nicht zum Tragen. Der Forderung stünden weder Verwirkung noch Treu und Glauben oder die Fürsorgepflicht entgegen. Das Disziplinarverfahren habe deutlich gemacht, dass es bei den politisch Mitwirkenden ein abstraktes Wissen über die Geschäftsführervergütung gegeben habe, die Höhe und die Zahlungsmodalitäten seien ihr bis zum Ausgangsverfahren aber unbekannt gewesen. Die Verwirkung scheitere am schutzwürdigen Vertrauen des Klägers. Als Städtischer Verwaltungsdirektor mit Master-Abschluss hätten ihm die Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen des Beamtenrechts gegenwärtig sein müssen. Die Zuordnung der Geschäftsführertätigkeit zu seinem Hauptamt sei dem Kläger aufgrund der eindeutigen Formulierung in der Zuweisungsverfügung möglich. Damit sei erkennbar gewesen, dass die Zahlung eine unzulässige Vergütung neben der Besoldung darstelle. Dem Abführungsverlangen stünden auch nicht das Verbot widersprüchlichen Verhaltens oder Gesichtspunkte aus Treu und Glauben entgegen, da es an einem schutzwürdigen Vertrauen des Klägers fehle. Ein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht sei nicht gegeben, da diese nicht vor der Herausgabe von rechtswidrig Erlangtem schütze und der Kläger eine wirtschaftliche Härte nicht substantiiert dargelegt habe. 18Wegen des weiteren Vorbringens der Verfahrensbeteiligten und des Sachverhaltes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren und im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes - 26 L 2804/16 - sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Bürgermeisterin der Beklagten Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Die Klage ist zulässig. 21Ein Vorverfahren ist gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 103 Abs. 1 Beamtengesetz für das Land NRW (LBG NRW) entbehrlich, weil die Beklagte den streitgegenständlichen Bescheid auf § 58 LBG NRW – Abführung einer Vergütung – und damit gerade nicht auf eine besoldungsrechtliche Vorschrift gestützt hat. Damit kommt die Ausnahmeregelung in § 103 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW, wonach u.a. bei Maßnahmen in besoldungsrechtlichen Angelegenheiten ein Vorverfahren durchzuführen ist, nicht zur Anwendung. 22Die Klage vom 21. Juni 2017 ist fristgerecht erhoben worden. Nachdem die Beklagte in der Rechtsbehelfsbelehrung ihres Bescheides vom 22. Juli 2016 fehlerhaft auf den Widerspruch als Rechtsbehelf hingewiesen hat, konnte der Kläger gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO innerhalb eines Jahres seit Zustellung des Bescheides Klage erheben. 23Die Klage ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 24Die Beklagte hat ihren Bescheid vom 22. Juli 2016, mit dem sie feststellt, dass der Kläger zur Abführung von 216.155,41 € verpflichtet ist und ihn zur Zahlung innerhalb eines Monats ab Zustellung des Bescheides aufgefordert hat, zu Unrecht auf § 58 LBG NRW gestützt. Die Voraussetzungen dieser Regelung liegen nicht vor. 25§ 58 LBG NRW bestimmt, dass eine Beamtin oder ein Beamter, der oder die eine Tätigkeit, die zu seinen oder ihren dienstlichen Aufgaben (Hauptamt, Nebenamt) gehört, wie eine Nebentätigkeit gegen Vergütung ausübt, die Vergütung an den Dienstherrn abzuführen hat. 26Die Norm konkretisiert das allgemeine Verbot, Belohnungen für eine zum Hauptamt gehörende Tätigkeit anzunehmen. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass der Beamte für die Ausübung seines Amtes angemessen bereits durch seine gesetzlich festgesetzte Besoldung alimentiert wird und stellt sicher, dass der Beamte für die Wahrnehmung der Aufgaben seines Dienstpostens nicht dadurch ein gesetzlich nicht vorgesehenes Entgelt erhält, dass Teile seines Pflichtenkreises unter Umgehung der strikten Gesetzesbindung des Besoldungsrechts als Nebenbeschäftigung behandelt werden. 27BVerwG, Urteil vom 31. März 2011 – 2 C 12/09 – juris Rn. 17. 28Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 58 LBG NRW sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Tätigkeiten des Klägers als Geschäftsführer der H1. GmbH, für die er die streitgegenständliche Vergütung erhalten hat, gehören nicht zu den Aufgaben seines Hauptamtes als Städtischer Verwaltungsdirektor bei der Beklagten, sondern sind dem Kläger vielmehr als eigenes Hauptamt übertragen worden. Dieser Fall ist nicht von § 58 LBG NRW erfasst. 29§ 58 LBG NRW regelt die Konstellation, dass ein Beamter ein Hauptamt ausübt und neben diesem Hauptamt einer weiteren Tätigkeit „wie eine Nebenbeschäftigung“ nachgeht, obwohl diese Tätigkeit den Aufgaben seines Hauptamtes zuzurechnen ist. Die Tätigkeit, für die eine Vergütung gewährt wird, muss daher zum bisherigen Hauptamt des jeweiligen Beamten gehören. Sind einem Beamten hingegen zwei Hauptämter nebeneinander übertragen worden, handelt es sich nicht um einen Fall des § 58 LBG NRW. 30Was zum Hauptamt eines Beamten gehört, bestimmt der Dienstherr kraft seiner Organisationsgewalt. 31Vgl. BVerwG, Urteile vom 31. März 2011 – 2 C 12/09 – juris Rn. 18 und vom 23. April 1998 – 2 C 19.97 – juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 21. März 2012 – 1 A 2332/09 – juris Rn. 30. 32Vorliegend hat sich die Beklagte als Dienstherr des Klägers entschieden, diesen ab dem 1. Juli 2012 mit der Hälfte seiner Arbeitszeit der H1. GmbH zuzuweisen, damit er dort als Geschäftsführer tätig ist. Dabei ist die Tätigkeit des Klägers bei der H1. GmbH weder seinem bisherigen Hauptamt zuzurechnen, noch ließ der Umfang der Zuweisung erwarten, dass der Kläger die Geschäftsführertätigkeit „neben“ seinem Hauptamt ausübt. Denn die Zuweisung mit der hälftigen Arbeitszeit des Klägers lässt erkennen, dass es sich bei der Geschäftsführertätigkeit nicht lediglich um eine untergeordnete Tätigkeit handelte. Daneben verdeutlicht insbesondere die Absicht der Beklagten, Synergien aus der Tätigkeit des Klägers als Fachbereichsleiter 00 – X. – und als Geschäftsführer der H1. GmbH zu schaffen und zu nutzen, ihre eigene Einschätzung, dass sich die Tätigkeiten des Geschäftsführers der H1. GmbH von den Aufgaben als Fachbereichsleiter 00 unterscheiden, es aber Vorteile hat, die verschiedenen Tätigkeiten in eine Hand zu legen. Damit gehörte die Geschäftsführertätigkeit des Klägers bei der H1. GmbH aber nicht zu den Aufgaben des bisherigen Hauptamtes des Klägers, sondern stellte ein weiteres Hauptamt dar. 33Liegen nach dem Vorgesagten bereits die Voraussetzungen des § 58 LBG NRW nicht vor, erweist sich der Bescheid der Beklagten schon aus diesem Grund als rechtswidrig. Denn eine anderweitige Ermächtigungsgrundlage für die mit dem Bescheid festgestellte Pflicht zur Abführung der Vergütung ist nicht ersichtlich. 34Selbst wenn man entgegen dem Vorgesagten aber davon ausginge, dass auch in der vorliegenden Konstellation die Voraussetzungen des § 58 LBG NRW zu bejahen wären, erweist sich der Bescheid der Beklagten vom 22. Juli 2016 als rechtswidrig. Denn § 58 LBG NRW wird, wenn ein Beamter im Rahmen einer ihm zugewiesenen Tätigkeit Vergütung erhält, von der spezielleren Regelung in § 12 Abs. 2 des Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LBesG NRW) – früher § 9a Abs. 2 ÜBesG NRW – verdrängt. Insoweit hält die Kammer nicht an ihrer Entscheidung vom 21. August 2015 – 26 K 9086/13 – fest. 35Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 LBesG NRW werden anderweitige Bezüge von Beamtinnen und Beamten aus einer Verwendung nach § 20 BeamtStG auf die Besoldung angerechnet. § 12 Abs. 2 Satz 2 LBesG NRW regelt, dass in besonderen Fällen die oberste Dienstbehörde im Einvernehmen mit dem Finanzministerium und dem für Inneres zuständigen Ministerium von der Anrechnung ganz oder teilweise absehen kann. Damit beinhaltet § 12 Abs. 2 LBesG NRW eine spezielle Regelung für den Umgang mit der Vergütung aus einer zugewiesenen Tätigkeit. 36Der Gesetzgeber hat das Institut der Zuweisung geschaffen, um einen Einsatz von Beamten außerhalb des Geltungsbereichs des Dienstherrn in abordnungsähnlicher Weise zu ermöglichen und um die Distanz, die eine Beurlaubung für eine solche Tätigkeit mit sich bringt, zu vermeiden. Da bei einer zugewiesenen Tätigkeit aber eigene Vergütungsansprüche des Beamten entstehen können, sollte mit der Anrechnungsregelung eine vergütungsmäßige Gleichstellung zwischen Abordnung und Zuweisung erreicht werden. Zugleich hat der Gesetzgeber mit der Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 2 LBesG NRW bezweckt, über eine dem Beamten entgegenkommende Gestaltung der Einkünfteanrechnung einen Anreiz zu schaffen, die im Rahmen der Zuweisung angetragene Tätigkeit zu übernehmen. § 12 Abs. 2 Satz 2 LBesG NRW soll eine Besserstellung des Beamten gegenüber seiner bisherigen Tätigkeit ermöglichen. 37Vgl. Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, 78. Update 12/18, § 9a BBesG Rn. 42 ff. 38Während § 58 LBG NRW also von einer ausnahmslosen und vollständigen gesetzlichen Pflicht zur Abführung jeglicher Vergütung ausgeht, eröffnet § 12 Abs. 2 Satz 2 LBesG NRW der obersten Dienstbehörde „in besonderen Fällen“ die Möglichkeit, von der Anrechnung der im Rahmen der Zuweisung erlangten Vergütung auf die Besoldung des Beamten abzusehen und hierdurch einen finanziellen Vorteil für den jeweiligen Beamten zu schaffen. Dieser gesetzgeberische Zweck würde unterlaufen, wenn man § 58 LBG NRW und § 12 Abs. 2 LBesG NRW im Rahmen von Zuweisungen nebeneinander zur Anwendung gelangen ließe. Denn dann bliebe für § 12 Abs. 2 LBesG NRW und den mit dieser Regelung verfolgten Zweck kein Anwendungsbereich, da es sich bei § 58 LBG NRW um eine zwingende gesetzliche Vorschrift handelt, die nicht zur Disposition des Dienstherrn steht. 39Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Dezember 2008 – 1 A 2938/07 – juris Rn. 47. 40Darüber hinaus könnte die parallele Anwendung von § 12 Abs. 2 LBesG NRW und § 58 LBG NRW zu dem widersinnigen Ergebnis führen, dass die Vergütung, die ein Beamter für eine zugewiesene Tätigkeit erhält, gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 LBesG NRW auf seine Besoldung angerechnet wird – es insoweit also zu einer Kürzung der Besoldung kommt –, die Vergütung aber gleichzeitig über § 58 LBG NRW vollständig an den Dienstherrn abgeführt werden müsste. Hierdurch würde der Beamte im Ergebnis weder eine Vergütung für die zugewiesene Tätigkeit erhalten noch seine Besoldung in gesetzlicher Höhe. Dass dieses Ergebnis nicht richtig sein kann, liegt auf der Hand. 41Schließlich eröffnet die Regelung in § 12 Abs. 2 LBesG NRW dem Dienstherrn auch bei etwaigen Abwicklungsfehlern einen größeren Gestaltungsspielraum: Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 LBesG NRW wird die Vergütung aus einer zugewiesenen Tätigkeit nämlich auf die Besoldung angerechnet. Wird trotz einer solchen Anrechnungsentscheidung die volle Besoldung ausgezahlt oder wird die Anrechnungsentscheidung erst nachträglich getroffen, handelt es sich um einen Fall zu viel gezahlter Bezüge, die nach § 15 Abs. 2 LBesG NRW zurückgefordert werden können. Im Rahmen dieser Rückforderungsentscheidung kann sich der betroffene Beamte unter Umständen auf Entreicherung berufen und der jeweilige Dienstherr kann aus Billigkeit von einer Rückforderung ganz oder teilweise absehen. Demgegenüber regelt § 58 LBG NRW eine unumstößliche, gesetzliche Pflicht zur Abführung der Vergütung, die dem Dienstherrn keinerlei Ermessensspielräume belässt. Auch diese unterschiedliche rechtliche Ausgestaltung käme nicht zur Anwendung, wenn § 58 LBG NRW nicht von § 12 Abs. 2 LBesG NRW verdrängt würde. 42Im Ergebnis hat auch die Beklagte zutreffend erkannt, dass es sich in der vorliegenden Konstellation um einen Fall des § 12 Abs. 2 LBesG NRW handelt und ihrem Rat die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob von einer Anrechnung der Vergütung des Klägers aus der Tätigkeit bei der H1. GmbH (teilweise) abgesehen werden kann. Nachdem der Rat diese Entscheidung nicht getroffen hat, hat die Beklagte allerdings den fehlerhaften Schluss gezogen, eine Entscheidung nach § 58 LBG treffen zu müssen. Insoweit hat sie von einer „zwingenden Rechtsfolge“ gesprochen. Dies ist nach dem Vorgesagten gerade nicht der Fall. Die Beklagte wäre vielmehr – nach einer Anrechnungsentscheidung –, 43vgl. zu diesem Erfordernis Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, 78. Update 12/18, § 9a BBesG Rn. 43, 44gehalten gewesen, eine Rückforderungsentscheidung nach § 15 Abs. 2 LBesG NRW zu treffen. 45Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 46Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO. 47Rechtsmittelbelehrung: 48Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 49Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 50Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 51Die Berufung ist nur zuzulassen, 521. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 532. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 543. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 554. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 565. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 57Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 58Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 59Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). 60Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 61Beschluss 62Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG auf 216.155,91 € festgesetzt. 63Rechtsmittelbelehrung: 64Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 65Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 66Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 67Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 68Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 69War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von 70dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
der bescheid der bürgermeisterin der stadt w. vom 22. juli 2016 wird aufgehoben. die beklagte trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die vollstreckung des klägers gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrages abwenden. 1
2der kläger ist städtischer verwaltungsdirektor (besoldungsgruppe a 15) und steht im dienst der beklagten stadt. dort ist er als leiter der abteilung x. (fachbereich 00) eingesetzt. 3im zeitraum von januar 2007 bis juni 2012 war der kläger im rahmen einer genehmigten nebentätigkeit als prokurist bei der h. -n. -gesellschaft der stadt w. mbh (h1. gmbh) tätig. für diese nebentätigkeit erhielt er eine monatliche vergütung von 400,00 €. mit verfügung vom 16. juli 2012 wies die beklagte den kläger mit wirkung vom 1. juli 2012 gemäß § 20 abs. 1 beamtstg mit der hälfte seiner regelmäßigen wöchentlichen arbeitszeit der h1. gmbh zu, seitdem war er dort als geschäftsführer tätig. bereits am 3. juli 2012 hatte die beklagte mit der h1. gmbh einen vertrag über die zuweisung des klägers abgeschlossen und darin vereinbart, dass die h1. gmbh der beklagten die personalkosten für den kläger in höhe von 50 % erstattet. mit beschluss des beirates der h1. gmbh vom 14. april 2014 wurde dem kläger die funktion des hauptgeschäftsführers übertragen. 4für seine tätigkeit bei der h1. gmbh hat der kläger im zeitraum vom 1. januar 2013 bis 29. februar 2016 insgesamt 216.145,41 € erhalten, nämlich vom 1. januar 2013 bis 30. april 2014 eine monatliche vergütung in höhe von 1.250,00 €, im zeitraum vom 1. mai 2014 bis 29. februar 2016 eine monatliche vergütung von 3.000,00 € sowie tantieme in höhe von 50.515,41 € im jahr 2014 und in höhe von 79.630,00 im jahr 2015. 5seit mai 2014 wurden bei der beklagten gemeinsam mit dem kläger überlegungen dazu angestellt, ob der kläger die ihm durch die h1. gmbh für seine zugewiesene tätigkeit gewährte vergütung behalten dürfte und welche rechtlichen möglichkeiten ggf. bestehen, um dieses ziel zu erreichen. hierzu holte die beklagte eine rechtliche stellungnahme ein, die zu dem ergebnis kam, dass bezüge eines beamten aus einer zugewiesenen tätigkeit grundsätzlich gemäß § 9a abs. 2 satz 1 des übergeleiteten besoldungsgesetzes für das land nordrhein-westfalen (übesg nrw) auf die besoldung des beamten angerechnet werden müssten, in besonderen fällen aber eine „behaltensentscheidung“ nach § 9a abs. 2 satz 2 übesg nrw von der obersten dienstbehörde im einvernehmen mit den zuständigen ministerien getroffen werden könne. 6nachdem der rat der beklagten als oberste dienstbehörde des klägers in seiner sitzung vom 29. september 2015 den beschluss über eine mögliche behaltensentscheidung zwecks aufklärung der genauen höhe der dem kläger von der h1. gmbh gewährten vergütung zunächst vertagt hatte, hat er nach offenlegung der vergütung in seiner sitzung vom 29. februar 2016 keine behaltensentscheidung getroffen. 7mit bescheid vom 21. märz 2016 hat die beklagte daraufhin festgestellt, dass die bruttovergütung des klägers in höhe von 3.000,00 euro ab april 2016 in voller höhe auf dessen besoldung angerechnet werde. 8unter dem 26. april 2016 hörte die beklagte den kläger zum beabsichtigten erlass eines leistungsbescheides über 216.155,41 € an und führte aus, wegen der fehlenden behaltensentscheidung liege kein ausnahmetatbestand vor, die vergütung der h1. gmbh sei abzuführen. 9mit bescheid vom 22. juli 2016 stellte die beklagte fest, dass der kläger zur abführung von vergütung in höhe von 216.155,41 euro, die er als geschäftsführer der h1. gmbh im zeitraum vom 1. januar 2013 bis 29. februar 2016 erhalten habe, verpflichtet sei, forderte den kläger zur zahlung des gesamtbetrages innerhalb eines monats nach zustellung des bescheides auf und ordnete die sofortige vollziehung an. zur begründung führte sie aus: der kläger sei seit juli 2012 mit der hälfte seiner arbeitszeit gemäß § 20 beamtstg der h1. gmbh zugewiesen worden. mit dieser zuweisung sei ihm vorübergehend teilweise eine seinem amt entsprechende tätigkeit bei einer anderen einrichtung zugewiesen worden, seine rechtsstellung als beamter der beklagten sei hiervon unberührt geblieben und seine tätigkeit bei der h1. gmbh gehöre seit der zuweisung zu seinem dienstlichen hauptamt. seine besoldung sei ebenfalls unberührt geblieben. nach § 58 lbg nrw sei ein beamter verpflichtet, die vergütung für eine tätigkeit, die zu seinen dienstlichen aufgaben gehöre, abzuführen. dies beinhalte inzident auch eine meldepflicht. dieser sei der kläger nicht nachgekommen und habe hierdurch die anrechnung der vergütung auf seine besoldung verhindert. die tätigkeit bei der h1. gmbh könne nicht als nebentätigkeit im sinne der nebentätigkeitsverordnung qualifiziert werden, etwas anderes ergäbe sich nur, wenn ein gesetzlich vorgesehener ausnahmetatbestand geschaffen worden wäre oder geschaffen würde. ein solcher ausnahmetatbestand sei in § 9a abs. 2 satz 1 übesg nrw i.v.m. § 8 abs. 3 lbesg nrw a.f. normiert. danach könne die oberste dienstbehörde in besonderen fällen im einvernehmen mit dem finanzministerium und dem für inneres zuständigen ministerium von der anrechnung ganz oder teilweise absehen. eine solche behaltensentscheidung sei hier nicht getroffen worden. damit sei zwingende rechtsfolge des § 58 lbg nrw, dass die vergütung an den dienstherrn abzuführen sei. – in der rechtsbehelfsbelehrung hat die beklagte auf den widerspruch als zulässigen rechtsbehelf hingewiesen. 10der kläger hat am 5. august 2016 widerspruch gegen den vorgenannten leistungsbescheid erhoben, zu dessen begründung er ausführt, der leistungsbescheid erweise sich bereits deshalb als rechtswidrig, weil allen beteiligten von anfang an bewusst gewesen sei, dass er die ihm von der h1. gmbh über die besoldung hinaus gewährte vergütung behalten sollte. dies sei die bewusste und gewollte entscheidung der politik gewesen. die absicht sei gewesen, ihn an die beklagte zu binden und seine arbeitsleistung von ca. 50 bis 60 stunden/woche angemessen zu vergüten. gleichzeitig habe die beklagte bezweckt, durch die personalkostenerstattung durch die h1. gmbh den eigenen haushalt zu sanieren. die zuweisung sei damit auch im interesse der beklagten erfolgt. dass es der beklagten nicht gelungen sei, das gewollte in ein korrektes beamtenrechtliches konstrukt zu überführen, könne ihm nicht vorgeworfen werden. er habe auch keine nebenbeschäftigung gegen vergütung ausgeführt und sei deshalb nicht verpflichtet gewesen, die vergütung an seinen dienstherrn abzuführen. es existiere keine „selbständige offenbarungspflicht“ des gemäß § 20 beamtstg zugewiesenen beamten, dann könne auch keine abführungspflicht nach § 58 lbg nrw bestehen. außerdem stelle die vorschrift des § 12 abs. 2 lbesg nrw eine spezialregelung bzgl. der anrechnung bei zuweisung dar. 11die beklagte hat über den widerspruch des klägers bislang nicht entschieden. 12der kläger hat am 21. juni 2017 die vorliegende klage erhoben, mit der er die aufhebung des bescheides vom 22. juli 2016 begehrt. nachdem die beklagte bislang nicht über seinen widerspruch gegen den bescheid entschieden habe, sei die klage als untätigkeitsklage zulässig. in rechtlicher hinsicht wiederholt der kläger seine ausführungen aus der widerspruchsbegründung und ergänzt: der rückforderung stünde das gebot von treu und glauben entgegen. entscheidend sei, dass sämtliche entscheidungsbefugten der beklagten eine konstruktion hätten finden wollen, nach der ihm die vergütung hätte gezahlt werden und diese auch bei ihm verbleiben können. dabei sei bewusst das konstrukt der zuweisung gewählt worden, um ihm die vergütung zu belassen. er habe keine kenntnis von der rechtswidrigkeit der nichtabführung gehabt, er habe dem konstrukt der zuweisung ebenso vertraut wie der aussage sämtlicher entscheidungsträger, dass er die vergütung behalten dürfe. 13der kläger beantragt, 14den bescheid der bürgermeisterin der stadt w. vom 22. juli 2016 aufzuheben. 15die beklagte beantragt, 16 die klage abzuweisen. 17sie wendet ein: rechtsgrundlage für ihr zahlungsverlangen sei das zwischen den parteien bestehende beamtenverhältnis. die zuweisung des klägers habe zur folge, dass der kläger im rahmen der zuweisung sein hauptamt ausgeführt habe. daher sei § 58 lbg nrw taugliche anspruchsgrundlage für die abführung der geschäftsführervergütung. der anspruch sei von gesetzes wegen entstanden. es sei weder eine verrechnung mit der besoldung noch mit zahlungen dritter vorgesehen. mithin sei die vergütung in voller höhe abzuführen. auch eine billigkeitsprüfung sei nicht durchzuführen. § 15 abs. 2 lbesg nrw komme in fällen des § 58 lbg nrw nicht zum tragen. der forderung stünden weder verwirkung noch treu und glauben oder die fürsorgepflicht entgegen. das disziplinarverfahren habe deutlich gemacht, dass es bei den politisch mitwirkenden ein abstraktes wissen über die geschäftsführervergütung gegeben habe, die höhe und die zahlungsmodalitäten seien ihr bis zum ausgangsverfahren aber unbekannt gewesen. die verwirkung scheitere am schutzwürdigen vertrauen des klägers. als städtischer verwaltungsdirektor mit master-abschluss hätten ihm die bedingungen der einschlägigen bestimmungen des beamtenrechts gegenwärtig sein müssen. die zuordnung der geschäftsführertätigkeit zu seinem hauptamt sei dem kläger aufgrund der eindeutigen formulierung in der zuweisungsverfügung möglich. damit sei erkennbar gewesen, dass die zahlung eine unzulässige vergütung neben der besoldung darstelle. dem abführungsverlangen stünden auch nicht das verbot widersprüchlichen verhaltens oder gesichtspunkte aus treu und glauben entgegen, da es an einem schutzwürdigen vertrauen des klägers fehle. ein verstoß gegen die fürsorgepflicht sei nicht gegeben, da diese nicht vor der herausgabe von rechtswidrig erlangtem schütze und der kläger eine wirtschaftliche härte nicht substantiiert dargelegt habe. 18wegen des weiteren vorbringens der verfahrensbeteiligten und des sachverhaltes im übrigen wird auf den inhalt der gerichtsakte im vorliegenden verfahren und im verfahren des einstweiligen rechtsschutzes - 26 l 2804/16 - sowie auf den beigezogenen verwaltungsvorgang der bürgermeisterin der beklagten bezug genommen. 19
20die klage ist zulässig. 21ein vorverfahren ist gemäß § 68 abs. 1 satz 2 vwgo i.v.m. § 103 abs. 1 beamtengesetz für das land nrw (lbg nrw) entbehrlich, weil die beklagte den streitgegenständlichen bescheid auf § 58 lbg nrw – abführung einer vergütung – und damit gerade nicht auf eine besoldungsrechtliche vorschrift gestützt hat. damit kommt die ausnahmeregelung in § 103 abs. 1 satz 2 lbg nrw, wonach u.a. bei maßnahmen in besoldungsrechtlichen angelegenheiten ein vorverfahren durchzuführen ist, nicht zur anwendung. 22die klage vom 21. juni 2017 ist fristgerecht erhoben worden. nachdem die beklagte in der rechtsbehelfsbelehrung ihres bescheides vom 22. juli 2016 fehlerhaft auf den widerspruch als rechtsbehelf hingewiesen hat, konnte der kläger gemäß § 58 abs. 2 satz 1 vwgo innerhalb eines jahres seit zustellung des bescheides klage erheben. 23die klage ist auch begründet. der angefochtene bescheid der beklagten ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 24die beklagte hat ihren bescheid vom 22. juli 2016, mit dem sie feststellt, dass der kläger zur abführung von 216.155,41 € verpflichtet ist und ihn zur zahlung innerhalb eines monats ab zustellung des bescheides aufgefordert hat, zu unrecht auf § 58 lbg nrw gestützt. die voraussetzungen dieser regelung liegen nicht vor. 25§ 58 lbg nrw bestimmt, dass eine beamtin oder ein beamter, der oder die eine tätigkeit, die zu seinen oder ihren dienstlichen aufgaben (hauptamt, nebenamt) gehört, wie eine nebentätigkeit gegen vergütung ausübt, die vergütung an den dienstherrn abzuführen hat. 26die norm konkretisiert das allgemeine verbot, belohnungen für eine zum hauptamt gehörende tätigkeit anzunehmen. sie trägt dem umstand rechnung, dass der beamte für die ausübung seines amtes angemessen bereits durch seine gesetzlich festgesetzte besoldung alimentiert wird und stellt sicher, dass der beamte für die wahrnehmung der aufgaben seines dienstpostens nicht dadurch ein gesetzlich nicht vorgesehenes entgelt erhält, dass teile seines pflichtenkreises unter umgehung der strikten gesetzesbindung des besoldungsrechts als nebenbeschäftigung behandelt werden. 27bverwg, urteil vom 31. märz 2011 – 2 c 12/09 – juris rn. 17. 28die voraussetzungen für die anwendung des § 58 lbg nrw sind im vorliegenden fall nicht gegeben. die tätigkeiten des klägers als geschäftsführer der h1. gmbh, für die er die streitgegenständliche vergütung erhalten hat, gehören nicht zu den aufgaben seines hauptamtes als städtischer verwaltungsdirektor bei der beklagten, sondern sind dem kläger vielmehr als eigenes hauptamt übertragen worden. dieser fall ist nicht von § 58 lbg nrw erfasst. 29§ 58 lbg nrw regelt die konstellation, dass ein beamter ein hauptamt ausübt und neben diesem hauptamt einer weiteren tätigkeit „wie eine nebenbeschäftigung“ nachgeht, obwohl diese tätigkeit den aufgaben seines hauptamtes zuzurechnen ist. die tätigkeit, für die eine vergütung gewährt wird, muss daher zum bisherigen hauptamt des jeweiligen beamten gehören. sind einem beamten hingegen zwei hauptämter nebeneinander übertragen worden, handelt es sich nicht um einen fall des § 58 lbg nrw. 30was zum hauptamt eines beamten gehört, bestimmt der dienstherr kraft seiner organisationsgewalt. 31vgl. bverwg, urteile vom 31. märz 2011 – 2 c 12/09 – juris rn. 18 und vom 23. april 1998 – 2 c 19.97 – juris rn. 18; ovg nrw, urteil vom 21. märz 2012 – 1 a 2332/09 – juris rn. 30. 32vorliegend hat sich die beklagte als dienstherr des klägers entschieden, diesen ab dem 1. juli 2012 mit der hälfte seiner arbeitszeit der h1. gmbh zuzuweisen, damit er dort als geschäftsführer tätig ist. dabei ist die tätigkeit des klägers bei der h1. gmbh weder seinem bisherigen hauptamt zuzurechnen, noch ließ der umfang der zuweisung erwarten, dass der kläger die geschäftsführertätigkeit „neben“ seinem hauptamt ausübt. denn die zuweisung mit der hälftigen arbeitszeit des klägers lässt erkennen, dass es sich bei der geschäftsführertätigkeit nicht lediglich um eine untergeordnete tätigkeit handelte. daneben verdeutlicht insbesondere die absicht der beklagten, synergien aus der tätigkeit des klägers als fachbereichsleiter 00 – x. – und als geschäftsführer der h1. gmbh zu schaffen und zu nutzen, ihre eigene einschätzung, dass sich die tätigkeiten des geschäftsführers der h1. gmbh von den aufgaben als fachbereichsleiter 00 unterscheiden, es aber vorteile hat, die verschiedenen tätigkeiten in eine hand zu legen. damit gehörte die geschäftsführertätigkeit des klägers bei der h1. gmbh aber nicht zu den aufgaben des bisherigen hauptamtes des klägers, sondern stellte ein weiteres hauptamt dar. 33liegen nach dem vorgesagten bereits die voraussetzungen des § 58 lbg nrw nicht vor, erweist sich der bescheid der beklagten schon aus diesem grund als rechtswidrig. denn eine anderweitige ermächtigungsgrundlage für die mit dem bescheid festgestellte pflicht zur abführung der vergütung ist nicht ersichtlich. 34selbst wenn man entgegen dem vorgesagten aber davon ausginge, dass auch in der vorliegenden konstellation die voraussetzungen des § 58 lbg nrw zu bejahen wären, erweist sich der bescheid der beklagten vom 22. juli 2016 als rechtswidrig. denn § 58 lbg nrw wird, wenn ein beamter im rahmen einer ihm zugewiesenen tätigkeit vergütung erhält, von der spezielleren regelung in § 12 abs. 2 des besoldungsgesetzes für das land nordrhein-westfalen (lbesg nrw) – früher § 9a abs. 2 übesg nrw – verdrängt. insoweit hält die kammer nicht an ihrer entscheidung vom 21. august 2015 – 26 k 9086/13 – fest. 35nach § 12 abs. 2 satz 1 lbesg nrw werden anderweitige bezüge von beamtinnen und beamten aus einer verwendung nach § 20 beamtstg auf die besoldung angerechnet. § 12 abs. 2 satz 2 lbesg nrw regelt, dass in besonderen fällen die oberste dienstbehörde im einvernehmen mit dem finanzministerium und dem für inneres zuständigen ministerium von der anrechnung ganz oder teilweise absehen kann. damit beinhaltet § 12 abs. 2 lbesg nrw eine spezielle regelung für den umgang mit der vergütung aus einer zugewiesenen tätigkeit. 36der gesetzgeber hat das institut der zuweisung geschaffen, um einen einsatz von beamten außerhalb des geltungsbereichs des dienstherrn in abordnungsähnlicher weise zu ermöglichen und um die distanz, die eine beurlaubung für eine solche tätigkeit mit sich bringt, zu vermeiden. da bei einer zugewiesenen tätigkeit aber eigene vergütungsansprüche des beamten entstehen können, sollte mit der anrechnungsregelung eine vergütungsmäßige gleichstellung zwischen abordnung und zuweisung erreicht werden. zugleich hat der gesetzgeber mit der regelung in § 12 abs. 2 satz 2 lbesg nrw bezweckt, über eine dem beamten entgegenkommende gestaltung der einkünfteanrechnung einen anreiz zu schaffen, die im rahmen der zuweisung angetragene tätigkeit zu übernehmen. § 12 abs. 2 satz 2 lbesg nrw soll eine besserstellung des beamten gegenüber seiner bisherigen tätigkeit ermöglichen. 37vgl. schwegmann/summer, besoldungsrecht des bundes und der länder, 78. update 12/18, § 9a bbesg rn. 42 ff. 38während § 58 lbg nrw also von einer ausnahmslosen und vollständigen gesetzlichen pflicht zur abführung jeglicher vergütung ausgeht, eröffnet § 12 abs. 2 satz 2 lbesg nrw der obersten dienstbehörde „in besonderen fällen“ die möglichkeit, von der anrechnung der im rahmen der zuweisung erlangten vergütung auf die besoldung des beamten abzusehen und hierdurch einen finanziellen vorteil für den jeweiligen beamten zu schaffen. dieser gesetzgeberische zweck würde unterlaufen, wenn man § 58 lbg nrw und § 12 abs. 2 lbesg nrw im rahmen von zuweisungen nebeneinander zur anwendung gelangen ließe. denn dann bliebe für § 12 abs. 2 lbesg nrw und den mit dieser regelung verfolgten zweck kein anwendungsbereich, da es sich bei § 58 lbg nrw um eine zwingende gesetzliche vorschrift handelt, die nicht zur disposition des dienstherrn steht. 39vgl. ovg nrw, urteil vom 17. dezember 2008 – 1 a 2938/07 – juris rn. 47. 40darüber hinaus könnte die parallele anwendung von § 12 abs. 2 lbesg nrw und § 58 lbg nrw zu dem widersinnigen ergebnis führen, dass die vergütung, die ein beamter für eine zugewiesene tätigkeit erhält, gemäß § 12 abs. 2 satz 1 lbesg nrw auf seine besoldung angerechnet wird – es insoweit also zu einer kürzung der besoldung kommt –, die vergütung aber gleichzeitig über § 58 lbg nrw vollständig an den dienstherrn abgeführt werden müsste. hierdurch würde der beamte im ergebnis weder eine vergütung für die zugewiesene tätigkeit erhalten noch seine besoldung in gesetzlicher höhe. dass dieses ergebnis nicht richtig sein kann, liegt auf der hand. 41schließlich eröffnet die regelung in § 12 abs. 2 lbesg nrw dem dienstherrn auch bei etwaigen abwicklungsfehlern einen größeren gestaltungsspielraum: nach § 12 abs. 2 satz 1 lbesg nrw wird die vergütung aus einer zugewiesenen tätigkeit nämlich auf die besoldung angerechnet. wird trotz einer solchen anrechnungsentscheidung die volle besoldung ausgezahlt oder wird die anrechnungsentscheidung erst nachträglich getroffen, handelt es sich um einen fall zu viel gezahlter bezüge, die nach § 15 abs. 2 lbesg nrw zurückgefordert werden können. im rahmen dieser rückforderungsentscheidung kann sich der betroffene beamte unter umständen auf entreicherung berufen und der jeweilige dienstherr kann aus billigkeit von einer rückforderung ganz oder teilweise absehen. demgegenüber regelt § 58 lbg nrw eine unumstößliche, gesetzliche pflicht zur abführung der vergütung, die dem dienstherrn keinerlei ermessensspielräume belässt. auch diese unterschiedliche rechtliche ausgestaltung käme nicht zur anwendung, wenn § 58 lbg nrw nicht von § 12 abs. 2 lbesg nrw verdrängt würde. 42im ergebnis hat auch die beklagte zutreffend erkannt, dass es sich in der vorliegenden konstellation um einen fall des § 12 abs. 2 lbesg nrw handelt und ihrem rat die frage zur entscheidung vorgelegt, ob von einer anrechnung der vergütung des klägers aus der tätigkeit bei der h1. gmbh (teilweise) abgesehen werden kann. nachdem der rat diese entscheidung nicht getroffen hat, hat die beklagte allerdings den fehlerhaften schluss gezogen, eine entscheidung nach § 58 lbg treffen zu müssen. insoweit hat sie von einer „zwingenden rechtsfolge“ gesprochen. dies ist nach dem vorgesagten gerade nicht der fall. die beklagte wäre vielmehr – nach einer anrechnungsentscheidung –, 43vgl. zu diesem erfordernis schwegmann/summer, besoldungsrecht des bundes und der länder, 78. update 12/18, § 9a bbesg rn. 43, 44gehalten gewesen, eine rückforderungsentscheidung nach § 15 abs. 2 lbesg nrw zu treffen. 45die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 46die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. § 709 zpo. 47rechtsmittelbelehrung: 48gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 49der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 50innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 51die berufung ist nur zuzulassen, 521. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 532. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 543. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 554. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 565. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 57die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 58über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 59im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). 60die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 61beschluss 62der wert des streitgegenstandes wird gemäß § 52 abs. 3 satz 1 gkg auf 216.155,91 € festgesetzt. 63rechtsmittelbelehrung: 64gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 65die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 66die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 67die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 68die beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 69war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von 70dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
Klaeger*in
1
333,936
20 O 206/20
2020-12-09T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. 1Tatbestand: 2Die Klägerin betreibt ein Hotel in Köln. Für dieses unterhält sie bei der Beklagten eine Firmenversicherung, die auch das Betriebsschließungsrisiko erfasst. Der Nachtrag zum Versicherungsschein vom 22.03.2016 enthält auf Seite 14 folgende Regelung: 3„Der Versicherer leistet Entschädigung für den Fall, dass von der zuständigen Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) gemäß Teil B II 4 § 1 4- der Versicherte Betrieb geschlossen wird gemäß B II 4 § 1 Nr. 1 (….) 5Vereinbarte Tagesentschädigung: 75,00 % des Tagesumsatzes des dem Schließungszeitraum entsprechenden Zeitraum des Vorjahres“. 6Unter Versicherungsleistungen heißt es im Versicherungsschein: 7„- Schließungsschaden gemäß B II 4 § 3 Nr. 1.1a - 30 Schließungstage (…) 8Zur näheren Ausgestaltung des Versicherungsscheines insoweit wie auch im Übrigen wird auf diesen (Anlage RSG 1, Anlagenheft Kläger) Bezug genommen. 9In dem dem Versicherungsschein beigefügten Bedingungswerk heißt es unter B II. (Anlage RSG 2, Anlagenheft Kläger): 10II.4 Betriebsschließungsversicherung 11§ 1 Versicherungsumfang 12Der Versicherer leistet – soweit dies im Versicherungsschein oder den gültigen Nachträgen zum Versicherungsschein dokumentiert ist – Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe § 2) 131. den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte des versicherten Betriebes zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserreger bei Menschen schließt; Tätigkeitsverbot gegen sämtliche Betriebsangehöriger eines Betriebes oder einer Betriebsstätte werden eine Betriebsschließung gleichgestellt; 14(…) 15§ 2 Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger 16Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im IfSG in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger; 171. Krankheiten 18[es folgt eine Aufzählung verschiedener Krankheiten, COVID 19 ist nicht genannt] 192. Krankheitserreger 20[es folgt eine Aufzählung verschiedener Krankheitserreger, SARS-Cov-2 ist nicht genannt] 21§ 3 Umfang der Entschädigung 221. Entschädigungsberechnung 231..1 Der Versicherer ersetzt im Falle 24a) einer Schließung gemäß § 1 Nr. 1 den Schaden in Höhe der vereinbarten Tagesentschädigung für jeden Tag der Betriebsschließung bis zur vereinbarten Dauer. Tage, an denen der Betrieb auch ohne die behördliche Schließung geschlossen wäre, zählen nicht als Schließungstage. 25(…) 26§ 4 Ausschlüsse 271. Allgemein 28Nicht versichert sind ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen Schäden durch Überschwemmung, Rückstau, Erdbeben, Erdfall, Erdrutsch, Schneedruck, Lawinen, Vulkanausbruch, Grundwasser, Ableitung von Betriebsabwässern, nukleare Strahlungen, radioaktiven Substanzen. Weiterhin nicht versichert sind Schäden einschließlich daraus resultierende Folgeschäden durch Terrorakte. 29(…) 304. Krankheiten und Krankheitserreger 31Der Versicherer haftet nicht bei Prionenerkrankungen oder dem Verdacht hierauf. 32(…) 33§ 10 Wegfall der Entschädigungspflicht aus besonderen Gründen 341. Ein Anspruch auf Entschädigung besteht insoweit nicht, als Schadensersatz aufgrund öffentlich-rechtlichen Entschädigungsrechts beansprucht werden kann (zum Beispiel nach den Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes, den Vorschriften über Amtshaftung oder Aufopferung oder EU Vorschriften). Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, unverzüglich entsprechende Anträge zu stellen. 35Der Versicherungsnehmer kann jedoch verlangen, dass in der Versicherer insoweit ein zinsloses Darlehen bis zur Höhe einer nach §§ 2 bis 9 berechneten Versicherungsleistung zur Verfügung stellt. 36(…)“ 37Mit Allgemeinverfügung der Stadt Köln vom 19.03.2020 wurde der Betrieb von Hotels oder sonstigen Beherbergungsstädten aufgrund der Corona Pandemie mit näheren Regelungen untersagt. Ausgenommen hiervon blieben Übernachtungen und Unterbringungen von sogenannten Schlüsselpersonen sowie sonstige Unterbringung auf gesonderte behördliche Anordnung. Auf die Allgemeinverfügung der Stadt Köln vom 19.03.2020 (Anlage RSG 3, Anlagenheft Kläger) wird insoweit Bezug genommen. 38Mit Corona-Schutzverordnung vom 22.03.2020 untersagte das Land NRW Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken und zu Reisebusreisen. Aus diesem Anlass verkündete die Stadt Köln am 03.04.2020 die Aufhebung der Allgemeinverfügung unter anderem vom 19.03.2020. 39Das Hotel der Klägerin war – in streitigem Umfang - aus diesem Anlass geschlossen vom 20.03.2020 bis 31.03.2020. Daraufhin wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 08.04.2020 (Anlage RSG 5, Anlagenheft Kläger) an die Beklagte und forderte diese auf, für die Schließungszeit den entgangenen Betriebsumsatz i.H.v. 42.073,48 € bedingungsgemäß, nämlich zu 75 % zu erstatten. Die Beklagte teilte daraufhin per E-Mail ihres Vertreters mit, dass sie vergleichsweise einen Betrag von 11.250,00 € anbiete. 40Die Klägerin macht geltend, dass sie ihren Betrieb für zwölf Tage beginnend ab dem 20.03.2020 habe schließen müssen. Ihr Nettoumsatz, so behauptet die Klägerin weiter, habe sich in der Zeit vom 20.03.2019 bis zum 31.3.2019 auf 42.073,48 € und für den gesamten März 2019 auf 149.704,48 € netto belaufen. Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe ihr bedingungsgemäß 75 % des Vorjahresumsatzes zu erstatten. Der Versicherungsfall sei eingetreten. Covid 19 sei in § 6 Abs. 1 Nr. 1t IfSG ausdrücklich erwähnt, sodass aufgrund einer dynamischen Verweisung der Versicherungsbedingungen auf die jeweils gültige Fassung des Infektionsschutzgesetzes die Beklagte Versicherungsschutz zu gewähren habe. 41Die Klägerin beantragt, 42die Beklagte zu verurteilen, an sie 31.555,11 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 4 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vom 9.4. bis zum 14.04.2020 und i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 15.04.2020 und Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 1.474,98 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 43Die Beklagte beantragt, 44die Klage abzuweisen. 45Die Beklagte macht geltend, das Corona Virus sei keine unter den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag zu subsumierende versicherte Gefahr. Bei den von der Klägerin ins Feld geführten allgemeingültigen Maßnahmen handele es sich lediglich um solche zur Regulierung des gesellschaftlichen Zusammenlebens als Teil der weltweiten Reaktion auf das Corona-Virus, nicht aber um solche zur Schließung des versicherten Betriebes. Die Beklagte verweist darauf, dass im Katalog der im Versicherungsvertrag aufgeführten meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger sich weder Covid 19 noch das Corona Virus finden lassen. Sie verweist ferner darauf, dass das Infektionsschutzgesetz erst seit dem 23.05.2020 entsprechend ergänzt worden ist. Der Versicherungsvertrag lasse keine ergänzende Auslegung im Sinne der Klägerin zu. Es sei für den Versicherungsnehmer ohne weiteres erkennbar, dass das Pandemierisiko nicht gesichert sei. Die Klauseln des Versicherungsvertrages hielten einer AGB-rechtlichen Kontrolle stand. 46Die Beklagte verweist im Übrigen darauf, dass lediglich eine Einschränkung des Hotelbetriebs noch keine Schließung desselben begründe. Unter Darlegung der Rechtslage weist sie darauf hin, dass es Hotels in Köln durchgehend erlaubt war, Personen zu beherbergen. Die Beklagte ist der Auffassung, dass eine vollständige Schließung erforderlich sei, um Versicherungsschutz einfordern zu können. Im Übrigen liege keine betriebsbedingte Schließung vor. Sie ist der Auffassung, dass schlüssiger Vortrag zur Anspruchshöhe fehle, wobei die Beklagte die Kausalität zwischen vermeintlicher Betriebsschließung und dem behaupteten Umsatzausfall bestreitet. Schließlich verweist die Beklagte darauf, dass staatliche Ersatzleistungen anzurechnen seien. 47Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 48Entscheidungsgründe: 49Die Klage ist unbegründet. 50Der Klägerin steht kein Entschädigungsanspruch wegen der coronabedingten Betriebsschließung aus dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag zu. 51Die streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen sehen einen Deckungsschutz nur bei Betriebsschließungen aufgrund der unter B.II.4 § 2 im Einzelnen aufgelisteten Krankheiten und Krankheitserreger vor. Covid 19/SARS-Cov-2 sind dort nicht mitaufgeführt. Covid 19/SARS-Cov-2 waren zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrages noch nicht bekannt. 52Die streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen sind klar und eindeutig gefasst. Sie halten auch einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle stand. 53Allgemeine Versicherungsbedingungen sind – wie allgemein anerkannt (vgl. Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., Einleitung Rn. 258 ff mit zahlreichen Nachw. aus der Rspr.) – aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers auszulegen. Maßgeblich ist die Verständnismöglichkeit eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse, der die Allgemeinen Versicherungsbedingungen aufmerksam liest und verständig - unter Abwägung der Interessen der beteiligten Kreise und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs - würdigt. Maßgeblich ist in erster Linie der Klauselwortlaut. Vom Versicherer verfolgte Zwecke sind nur insoweit maßgeblich, sofern sie in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen Ausdruck gefunden haben, so dass sie dem aufmerksamen und verständigen Versicherungsnehmer erkennbar sind oder ihm zumindest Anlass zu einer Nachfrage geben. Risikoausschlüsse dürfen dabei nicht weiter ausgelegt werden, als ihr Zweck es erfordert. Der Versicherungsnehmer muss nicht mit Deckungslücken rechnen, die ihm die Klausel nicht hinreichend verdeutlicht. Auf die – dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer in der Regel unbekannte – Entstehungsgeschichte der Allgemeinen Versicherungsbedingungen und auf den Vergleich mit anderen – dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer in der Regel ebenfalls unbekannten – Bedingungswerken kommt es nicht an. Maßgeblich sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. 54Legt man diese Auslegungsgrundsätze zugrunde, so kann es keinem Zweifel unterliegen, dass Betriebsschließungen aufgrund von Covid 19/SARS-Cov-2 beim vorliegenden Vertragswerk nicht in der Deckung sind. 55Die Fassung des Leistungsversprechens in B.II.4 § 1 in Verbindung mit B.II.4 § 2 ist eindeutig: Die Versicherungsbedingungen versprechen eine Entschädigungsleistung nur für den Fall, dass eine der in den Versicherungsbedingungen namentlich aufgeführten Krankheiten oder Krankheitserregern, zu denen Covid 19/SARS-CoV-2 nicht gehören, der Betriebsschließung zugrunde liegen und es deshalb zur Betriebsschließung aufgrund des Infektionsschutzgesetzes kommt. B.II.4 § 1 verweist ausdrücklich auf B.II.4 § 2; dieser listet ausdrücklich meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger „im Sinne dieser Bedingungen“ auf. Der Zusatz, dass es sich um in §§ 6 und 7 IfSG namentlich genannte Krankheiten handelt, ändert hieran nichts. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer hat keinen Anlass anzunehmen, eine Entschädigungspflicht entstehe auch, wenn nach Abschluss des Versicherungsvertrages weitere Krankheiten oder Krankheitserreger im IfSG (oder in einer aufgrund des IfSG ergangenen Rechtsverordnung) namentlich genannt werden. Einen Verweis auf die Rechtsgrundlage, auch für nicht in §§ 6 und 7 IfSG mit Namen – wird „namentlich“ wie hier als Adjektiv gebraucht, hat es diese Bedeutung (und nur bei Gebrauch als Adverb die von „insbesondere“) - genannte Krankheiten und Krankheitserreger eine Meldepflicht zu statuieren (§§ 6 Abs. 1 Nr. 5, 7 Abs. 2 IfSG), enthält die Klausel gerade nicht. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird die sprachlich eindeutige Aufzählung vielmehr als abschließend ansehen und auch nicht auf den Gedanken kommen, die Aufzählung unter B.II.4 § 2 beinhalte nur eine nachrichtliche Mitteilung, welche Krankheiten und Krankheitserreger zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrages in §§ 6, 7 IfSG namentlich aufgelistet sind. Der Wortlaut der Klausel und dabei die Formulierung, dass es um Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen geht, lässt das nicht erkennen. Er wird vom Regelfall ausgehen und im Regelfall beinhalten Versicherungsbedingungen Regelungen und keine bloßen Mitteilungen ohne Regelungscharakter. Auch der durchschnittliche Versicherungsnehmer weiß, dass der Versicherer grundsätzlich bestrebt ist, keine Deckung für Fälle zu versprechen, die er nicht kennt, wie etwa vorliegend das Auftreten neuer Krankheiten und Krankheitserreger, die ebenfalls meldepflichtig werden können nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 5, 7 Abs. 2 IfSG. 56Der durchschnittliche Versicherungsnehmer hat auch keine Veranlassung, aus dem Deckungsausschluss in B.II.§ 4 Nr. 4 betreffend Prionenerkrankungen zu schließen, entgegen dem klaren Wortlaut unter Ziffer B.II.4 § 2 handele es sich doch nicht um eine abschließende Regelung. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer hat nicht nur auf juristischem Gebiet keine Spezialkenntnisse sondern auch nicht auf medizinischem Gebiet. Er weiß nicht, dass und ob die Krankheiten und Krankheitserreger, die in B.II.4 § 2 aufgelistet sind, nie in einem Zusammenhang mit Prionenerkrankungen stehen. Er wird den Deckungsausschluss vielmehr dahingehend verstehen, dass der Versicherer kein Leistungsversprechen in den Fällen abgibt, in denen die in B.II.4 § 2 aufgezählten Krankheiten aufgrund (neuerer) medizinischer Erkenntnisse ihren Grund in einer sogenannten Prionenerkrankung haben. Dafür streitet schon die Wortwahl „Erkrankungen“ im Zusammenhang mit dem Ausschluss und „Krankheiten“ im Zusammenhang mit den Leistungsversprechen. 57Ob qualifizierte Juristen Bedenken wegen des Umfangs des Deckungsschutzes entwickeln, ist für die Auslegung nicht maßgeblich. 58Es handelt sich bei der Aufzählung der Krankheiten und Krankheitserreger in B.II.4 § 2 auch nicht um eine Deckungseinschränkung, sondern um eine primäre Beschreibung des Leistungsversprechens. Weder der Versicherungsschein, der ausdrücklich auf die entsprechenden Bedingungen Bezug nimmt, noch die Bedingungen selbst stellen den Satz auf, dass grundsätzlich Deckungsschutz für alle Betriebsschließungen aufgrund des IfSG gewährt wird, denn B.II.4 § 1 nimmt durch den Klammerzusatz „siehe § 2“ wiederum ausdrücklich Bezug auf die Aufzählung in B.II.4 § 2. Selbst wenn man B.II.4 § 2 als Deckungseinschränkung auffassen wollte, nähme dies der Regelung nicht ihre Eindeutigkeit. 59Da die Klauseln in B.II.4 § 1 und B.II.4 § 2 eindeutig sind, ist auch für die Anwendung der AGB-rechtlichen Unklarheitenregel (§ 305c Abs. 2 BGB) eben so wenig Raum wie für die Annahme eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB). 60Die Klausel stellt in Bezug auf die Formulierung ihres abschließenden Charakters auch keine unangemessene Benachteiligung i.S. des § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB dar. Es ist bereits fraglich, ob eine Inhaltskontrolle nach der vorbezeichneten Vorschrift überhaupt zulässig ist, denn primäre Leistungsbeschreibungen sind grundsätzlich nicht auf ihre Angemessenheit AGB-rechtlich überprüfbar (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 79. Aufl., § 307 Rn. 44 ff). Selbst wenn man von der Zulässigkeit der Inhaltskontrolle ausgeht, bestehen insoweit auch keine Bedenken. Kein Versicherungsnehmer kann davon ausgehen, dass grundsätzlich alle Risiken auf einem bestimmten Gebiet in der Deckung sind, sofern sich dies nicht aus den Versicherungsbedingungen ergibt. Gegen eine solche Erwartung spricht auch der Umstand, dass der Versicherungsnehmer auf ein umfangreiches Bedingungswerk hingewiesen wird, das in dieser Ausführlichkeit nicht erforderlich wäre, wenn alles und jedes in der Deckung wäre. Der Vertragszweck des vorliegenden Betriebsschließungsvertrages besteht darin, Deckungsschutz zu gewähren bei Betriebsschließungen aus Anlass des Auftretens der im Einzelnen aufgelisteten Krankheiten und Krankheitserreger. Das Erreichen dieses Vertragszwecks wird durch die Beschränkung der Einstandspflicht auf Betriebsschließungen aufgrund von Krankheiten oder Krankheitserregern, die im Einzelnen benannt werden, in keiner Weise gefährdet. Den Gerichten ist es über § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht gestattet, das Leistungsversprechen über den eindeutigen Wortlaut und Sinn hinaus auszudehnen, weil sie der Ansicht sind, eine andere - aber eben nicht vereinbarte - Regelung, die weitergehenden oder gar „besseren“ Deckungsschutz gewähren würde, sei angemessener. 61Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 709 ZPO 62Streitwert: 31.555,11 €
die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt die klägerin. das urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen sicherheitsleistung in höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden betrages. 1
2die klägerin betreibt ein hotel in köln. für dieses unterhält sie bei der beklagten eine firmenversicherung, die auch das betriebsschließungsrisiko erfasst. der nachtrag zum versicherungsschein vom 22.03.2016 enthält auf seite 14 folgende regelung: 3„der versicherer leistet entschädigung für den fall, dass von der zuständigen behörde aufgrund des gesetzes zur verhütung von infektionskrankheiten beim menschen (infektionsschutzgesetz – ifsg) gemäß teil b ii 4 § 1 4- der versicherte betrieb geschlossen wird gemäß b ii 4 § 1 nr. 1 (….) 5vereinbarte tagesentschädigung: 75,00 % des tagesumsatzes des dem schließungszeitraum entsprechenden zeitraum des vorjahres“. 6unter versicherungsleistungen heißt es im versicherungsschein: 7„- schließungsschaden gemäß b ii 4 § 3 nr. 1.1a - 30 schließungstage (…) 8zur näheren ausgestaltung des versicherungsscheines insoweit wie auch im übrigen wird auf diesen (anlage rsg 1, anlagenheft kläger) bezug genommen. 9in dem dem versicherungsschein beigefügten bedingungswerk heißt es unter b ii. (anlage rsg 2, anlagenheft kläger): 10ii.4 betriebsschließungsversicherung 11§ 1 versicherungsumfang 12der versicherer leistet – soweit dies im versicherungsschein oder den gültigen nachträgen zum versicherungsschein dokumentiert ist – entschädigung, wenn die zuständige behörde aufgrund des gesetzes zur verhütung und bekämpfung von infektionskrankheiten beim menschen (infektionsschutzgesetz) beim auftreten meldepflichtiger krankheiten oder krankheitserreger (siehe § 2) 131. den versicherten betrieb oder eine versicherte betriebsstätte des versicherten betriebes zur verhinderung der verbreitung von meldepflichtigen krankheiten oder krankheitserreger bei menschen schließt; tätigkeitsverbot gegen sämtliche betriebsangehöriger eines betriebes oder einer betriebsstätte werden eine betriebsschließung gleichgestellt; 14(…) 15§ 2 meldepflichtige krankheiten und krankheitserreger 16meldepflichtige krankheiten und krankheitserreger im sinne dieser bedingungen sind die folgenden, im ifsg in den §§ 6 und 7 namentlich genannten krankheiten und krankheitserreger; 171. krankheiten 18[es folgt eine aufzählung verschiedener krankheiten, covid 19 ist nicht genannt] 192. krankheitserreger 20[es folgt eine aufzählung verschiedener krankheitserreger, sars-cov-2 ist nicht genannt] 21§ 3 umfang der entschädigung 221. entschädigungsberechnung 231..1 der versicherer ersetzt im falle 24a) einer schließung gemäß § 1 nr. 1 den schaden in höhe der vereinbarten tagesentschädigung für jeden tag der betriebsschließung bis zur vereinbarten dauer. tage, an denen der betrieb auch ohne die behördliche schließung geschlossen wäre, zählen nicht als schließungstage. 25(…) 26§ 4 ausschlüsse 271. allgemein 28nicht versichert sind ohne rücksicht auf mitwirkende ursachen schäden durch überschwemmung, rückstau, erdbeben, erdfall, erdrutsch, schneedruck, lawinen, vulkanausbruch, grundwasser, ableitung von betriebsabwässern, nukleare strahlungen, radioaktiven substanzen. weiterhin nicht versichert sind schäden einschließlich daraus resultierende folgeschäden durch terrorakte. 29(…) 304. krankheiten und krankheitserreger 31der versicherer haftet nicht bei prionenerkrankungen oder dem verdacht hierauf. 32(…) 33§ 10 wegfall der entschädigungspflicht aus besonderen gründen 341. ein anspruch auf entschädigung besteht insoweit nicht, als schadensersatz aufgrund öffentlich-rechtlichen entschädigungsrechts beansprucht werden kann (zum beispiel nach den bestimmungen des infektionsschutzgesetzes, den vorschriften über amtshaftung oder aufopferung oder eu vorschriften). der versicherungsnehmer ist verpflichtet, unverzüglich entsprechende anträge zu stellen. 35der versicherungsnehmer kann jedoch verlangen, dass in der versicherer insoweit ein zinsloses darlehen bis zur höhe einer nach §§ 2 bis 9 berechneten versicherungsleistung zur verfügung stellt. 36(…)“ 37mit allgemeinverfügung der stadt köln vom 19.03.2020 wurde der betrieb von hotels oder sonstigen beherbergungsstädten aufgrund der corona pandemie mit näheren regelungen untersagt. ausgenommen hiervon blieben übernachtungen und unterbringungen von sogenannten schlüsselpersonen sowie sonstige unterbringung auf gesonderte behördliche anordnung. auf die allgemeinverfügung der stadt köln vom 19.03.2020 (anlage rsg 3, anlagenheft kläger) wird insoweit bezug genommen. 38mit corona-schutzverordnung vom 22.03.2020 untersagte das land nrw übernachtungsangebote zu touristischen zwecken und zu reisebusreisen. aus diesem anlass verkündete die stadt köln am 03.04.2020 die aufhebung der allgemeinverfügung unter anderem vom 19.03.2020. 39das hotel der klägerin war – in streitigem umfang - aus diesem anlass geschlossen vom 20.03.2020 bis 31.03.2020. daraufhin wandte sich die klägerin mit schreiben vom 08.04.2020 (anlage rsg 5, anlagenheft kläger) an die beklagte und forderte diese auf, für die schließungszeit den entgangenen betriebsumsatz i.h.v. 42.073,48 € bedingungsgemäß, nämlich zu 75 % zu erstatten. die beklagte teilte daraufhin per e-mail ihres vertreters mit, dass sie vergleichsweise einen betrag von 11.250,00 € anbiete. 40die klägerin macht geltend, dass sie ihren betrieb für zwölf tage beginnend ab dem 20.03.2020 habe schließen müssen. ihr nettoumsatz, so behauptet die klägerin weiter, habe sich in der zeit vom 20.03.2019 bis zum 31.3.2019 auf 42.073,48 € und für den gesamten märz 2019 auf 149.704,48 € netto belaufen. die klägerin ist der auffassung, die beklagte habe ihr bedingungsgemäß 75 % des vorjahresumsatzes zu erstatten. der versicherungsfall sei eingetreten. covid 19 sei in § 6 abs. 1 nr. 1t ifsg ausdrücklich erwähnt, sodass aufgrund einer dynamischen verweisung der versicherungsbedingungen auf die jeweils gültige fassung des infektionsschutzgesetzes die beklagte versicherungsschutz zu gewähren habe. 41die klägerin beantragt, 42die beklagte zu verurteilen, an sie 31.555,11 € zuzüglich zinsen i.h.v. 4 prozentpunkten über dem basiszinssatz vom 9.4. bis zum 14.04.2020 und i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz ab dem 15.04.2020 und rechtsverfolgungskosten i.h.v. 1.474,98 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten seit rechtshängigkeit zu zahlen. 43die beklagte beantragt, 44die klage abzuweisen. 45die beklagte macht geltend, das corona virus sei keine unter den streitgegenständlichen versicherungsvertrag zu subsumierende versicherte gefahr. bei den von der klägerin ins feld geführten allgemeingültigen maßnahmen handele es sich lediglich um solche zur regulierung des gesellschaftlichen zusammenlebens als teil der weltweiten reaktion auf das corona-virus, nicht aber um solche zur schließung des versicherten betriebes. die beklagte verweist darauf, dass im katalog der im versicherungsvertrag aufgeführten meldepflichtigen krankheiten und krankheitserreger sich weder covid 19 noch das corona virus finden lassen. sie verweist ferner darauf, dass das infektionsschutzgesetz erst seit dem 23.05.2020 entsprechend ergänzt worden ist. der versicherungsvertrag lasse keine ergänzende auslegung im sinne der klägerin zu. es sei für den versicherungsnehmer ohne weiteres erkennbar, dass das pandemierisiko nicht gesichert sei. die klauseln des versicherungsvertrages hielten einer agb-rechtlichen kontrolle stand. 46die beklagte verweist im übrigen darauf, dass lediglich eine einschränkung des hotelbetriebs noch keine schließung desselben begründe. unter darlegung der rechtslage weist sie darauf hin, dass es hotels in köln durchgehend erlaubt war, personen zu beherbergen. die beklagte ist der auffassung, dass eine vollständige schließung erforderlich sei, um versicherungsschutz einfordern zu können. im übrigen liege keine betriebsbedingte schließung vor. sie ist der auffassung, dass schlüssiger vortrag zur anspruchshöhe fehle, wobei die beklagte die kausalität zwischen vermeintlicher betriebsschließung und dem behaupteten umsatzausfall bestreitet. schließlich verweist die beklagte darauf, dass staatliche ersatzleistungen anzurechnen seien. 47wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gewechselten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 48
49die klage ist unbegründet. 50der klägerin steht kein entschädigungsanspruch wegen der coronabedingten betriebsschließung aus dem zwischen den parteien bestehenden versicherungsvertrag zu. 51die streitgegenständlichen versicherungsbedingungen sehen einen deckungsschutz nur bei betriebsschließungen aufgrund der unter b.ii.4 § 2 im einzelnen aufgelisteten krankheiten und krankheitserreger vor. covid 19/sars-cov-2 sind dort nicht mitaufgeführt. covid 19/sars-cov-2 waren zum zeitpunkt des abschlusses des versicherungsvertrages noch nicht bekannt. 52die streitgegenständlichen versicherungsbedingungen sind klar und eindeutig gefasst. sie halten auch einer agb-rechtlichen inhaltskontrolle stand. 53allgemeine versicherungsbedingungen sind – wie allgemein anerkannt (vgl. armbrüster in prölss/martin, vvg, 30. aufl., einleitung rn. 258 ff mit zahlreichen nachw. aus der rspr.) – aus der sicht eines durchschnittlichen versicherungsnehmers auszulegen. maßgeblich ist die verständnismöglichkeit eines durchschnittlichen versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche spezialkenntnisse, der die allgemeinen versicherungsbedingungen aufmerksam liest und verständig - unter abwägung der interessen der beteiligten kreise und unter berücksichtigung des erkennbaren sinnzusammenhangs - würdigt. maßgeblich ist in erster linie der klauselwortlaut. vom versicherer verfolgte zwecke sind nur insoweit maßgeblich, sofern sie in den allgemeinen versicherungsbedingungen ausdruck gefunden haben, so dass sie dem aufmerksamen und verständigen versicherungsnehmer erkennbar sind oder ihm zumindest anlass zu einer nachfrage geben. risikoausschlüsse dürfen dabei nicht weiter ausgelegt werden, als ihr zweck es erfordert. der versicherungsnehmer muss nicht mit deckungslücken rechnen, die ihm die klausel nicht hinreichend verdeutlicht. auf die – dem durchschnittlichen versicherungsnehmer in der regel unbekannte – entstehungsgeschichte der allgemeinen versicherungsbedingungen und auf den vergleich mit anderen – dem durchschnittlichen versicherungsnehmer in der regel ebenfalls unbekannten – bedingungswerken kommt es nicht an. maßgeblich sind die verhältnisse zum zeitpunkt des vertragsschlusses. 54legt man diese auslegungsgrundsätze zugrunde, so kann es keinem zweifel unterliegen, dass betriebsschließungen aufgrund von covid 19/sars-cov-2 beim vorliegenden vertragswerk nicht in der deckung sind. 55die fassung des leistungsversprechens in b.ii.4 § 1 in verbindung mit b.ii.4 § 2 ist eindeutig: die versicherungsbedingungen versprechen eine entschädigungsleistung nur für den fall, dass eine der in den versicherungsbedingungen namentlich aufgeführten krankheiten oder krankheitserregern, zu denen covid 19/sars-cov-2 nicht gehören, der betriebsschließung zugrunde liegen und es deshalb zur betriebsschließung aufgrund des infektionsschutzgesetzes kommt. b.ii.4 § 1 verweist ausdrücklich auf b.ii.4 § 2; dieser listet ausdrücklich meldepflichtige krankheiten und krankheitserreger „im sinne dieser bedingungen“ auf. der zusatz, dass es sich um in §§ 6 und 7 ifsg namentlich genannte krankheiten handelt, ändert hieran nichts. der durchschnittliche versicherungsnehmer hat keinen anlass anzunehmen, eine entschädigungspflicht entstehe auch, wenn nach abschluss des versicherungsvertrages weitere krankheiten oder krankheitserreger im ifsg (oder in einer aufgrund des ifsg ergangenen rechtsverordnung) namentlich genannt werden. einen verweis auf die rechtsgrundlage, auch für nicht in §§ 6 und 7 ifsg mit namen – wird „namentlich“ wie hier als adjektiv gebraucht, hat es diese bedeutung (und nur bei gebrauch als adverb die von „insbesondere“) - genannte krankheiten und krankheitserreger eine meldepflicht zu statuieren (§§ 6 abs. 1 nr. 5, 7 abs. 2 ifsg), enthält die klausel gerade nicht. der durchschnittliche versicherungsnehmer wird die sprachlich eindeutige aufzählung vielmehr als abschließend ansehen und auch nicht auf den gedanken kommen, die aufzählung unter b.ii.4 § 2 beinhalte nur eine nachrichtliche mitteilung, welche krankheiten und krankheitserreger zum zeitpunkt des abschlusses des versicherungsvertrages in §§ 6, 7 ifsg namentlich aufgelistet sind. der wortlaut der klausel und dabei die formulierung, dass es um krankheiten und krankheitserreger im sinne dieser bedingungen geht, lässt das nicht erkennen. er wird vom regelfall ausgehen und im regelfall beinhalten versicherungsbedingungen regelungen und keine bloßen mitteilungen ohne regelungscharakter. auch der durchschnittliche versicherungsnehmer weiß, dass der versicherer grundsätzlich bestrebt ist, keine deckung für fälle zu versprechen, die er nicht kennt, wie etwa vorliegend das auftreten neuer krankheiten und krankheitserreger, die ebenfalls meldepflichtig werden können nach §§ 6 abs. 1 nr. 5, 7 abs. 2 ifsg. 56der durchschnittliche versicherungsnehmer hat auch keine veranlassung, aus dem deckungsausschluss in b.ii.§ 4 nr. 4 betreffend prionenerkrankungen zu schließen, entgegen dem klaren wortlaut unter ziffer b.ii.4 § 2 handele es sich doch nicht um eine abschließende regelung. der durchschnittliche versicherungsnehmer hat nicht nur auf juristischem gebiet keine spezialkenntnisse sondern auch nicht auf medizinischem gebiet. er weiß nicht, dass und ob die krankheiten und krankheitserreger, die in b.ii.4 § 2 aufgelistet sind, nie in einem zusammenhang mit prionenerkrankungen stehen. er wird den deckungsausschluss vielmehr dahingehend verstehen, dass der versicherer kein leistungsversprechen in den fällen abgibt, in denen die in b.ii.4 § 2 aufgezählten krankheiten aufgrund (neuerer) medizinischer erkenntnisse ihren grund in einer sogenannten prionenerkrankung haben. dafür streitet schon die wortwahl „erkrankungen“ im zusammenhang mit dem ausschluss und „krankheiten“ im zusammenhang mit den leistungsversprechen. 57ob qualifizierte juristen bedenken wegen des umfangs des deckungsschutzes entwickeln, ist für die auslegung nicht maßgeblich. 58es handelt sich bei der aufzählung der krankheiten und krankheitserreger in b.ii.4 § 2 auch nicht um eine deckungseinschränkung, sondern um eine primäre beschreibung des leistungsversprechens. weder der versicherungsschein, der ausdrücklich auf die entsprechenden bedingungen bezug nimmt, noch die bedingungen selbst stellen den satz auf, dass grundsätzlich deckungsschutz für alle betriebsschließungen aufgrund des ifsg gewährt wird, denn b.ii.4 § 1 nimmt durch den klammerzusatz „siehe § 2“ wiederum ausdrücklich bezug auf die aufzählung in b.ii.4 § 2. selbst wenn man b.ii.4 § 2 als deckungseinschränkung auffassen wollte, nähme dies der regelung nicht ihre eindeutigkeit. 59da die klauseln in b.ii.4 § 1 und b.ii.4 § 2 eindeutig sind, ist auch für die anwendung der agb-rechtlichen unklarheitenregel (§ 305c abs. 2 bgb) eben so wenig raum wie für die annahme eines verstoßes gegen das transparenzgebot (§ 307 abs. 1 s. 2 bgb). 60die klausel stellt in bezug auf die formulierung ihres abschließenden charakters auch keine unangemessene benachteiligung i.s. des § 307 abs. 1 s. 1, abs. 2 nr. 2 bgb dar. es ist bereits fraglich, ob eine inhaltskontrolle nach der vorbezeichneten vorschrift überhaupt zulässig ist, denn primäre leistungsbeschreibungen sind grundsätzlich nicht auf ihre angemessenheit agb-rechtlich überprüfbar (vgl. palandt-grüneberg, bgb, 79. aufl., § 307 rn. 44 ff). selbst wenn man von der zulässigkeit der inhaltskontrolle ausgeht, bestehen insoweit auch keine bedenken. kein versicherungsnehmer kann davon ausgehen, dass grundsätzlich alle risiken auf einem bestimmten gebiet in der deckung sind, sofern sich dies nicht aus den versicherungsbedingungen ergibt. gegen eine solche erwartung spricht auch der umstand, dass der versicherungsnehmer auf ein umfangreiches bedingungswerk hingewiesen wird, das in dieser ausführlichkeit nicht erforderlich wäre, wenn alles und jedes in der deckung wäre. der vertragszweck des vorliegenden betriebsschließungsvertrages besteht darin, deckungsschutz zu gewähren bei betriebsschließungen aus anlass des auftretens der im einzelnen aufgelisteten krankheiten und krankheitserreger. das erreichen dieses vertragszwecks wird durch die beschränkung der einstandspflicht auf betriebsschließungen aufgrund von krankheiten oder krankheitserregern, die im einzelnen benannt werden, in keiner weise gefährdet. den gerichten ist es über § 307 abs. 1 s. 1, abs. 2 nr. 2 bgb nicht gestattet, das leistungsversprechen über den eindeutigen wortlaut und sinn hinaus auszudehnen, weil sie der ansicht sind, eine andere - aber eben nicht vereinbarte - regelung, die weitergehenden oder gar „besseren“ deckungsschutz gewähren würde, sei angemessener. 61die prozessualen nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 709 zpo 62streitwert: 31.555,11 €
Verklagte*r
0
188,868
558 C 56/13
2013-10-17T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.711,15 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.01.2013 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beklagten fallen die Kosten des Rechtsstreits zur Last. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Parteien schlossen am 23.06.2009 einen Leasingvertrag über einen PKW Opel Astra Twin Top Endless Summer, 1.9 CDTI für eine Gesamtlaufzeit von 36 Monaten. Die Beklagte zahlte eine monatliche Leasingrate in Höhe von brutto 340,22 EUR. In dem Leasingantrag heißt es: 3„Abrechnung der Restzahlung/ Vergütung nach regulärem Vertragsende bzw. bei vorzeitiger Vertragsbeendigung: 4RESTWERTABRECHNUNG … 5kalkulierter Netto-Rücknahmewert zum regulären Vertragsende: 6wichtiger Hinweis: der Leasingnehmer garantiert die Erreichung des Restwertes, vgl. Ziff. XVI.2 AGB. 7Netto: 14.764,29 EUR 8MwSt.: 2.805,22 EUR 9Brutto: 17.569,51 EUR“ 10In den AGB der Klägerin heißt es: 11„XVI. Nr.2: Bei Beendigung von Verträgen mit Restwertabrechnung durch Ablauf der vereinbarten Leasingzeit ist die Differenz zu ermitteln zwischen dem kalkulierten Nettorücknahmewert (vom Leasingnehmer garantierte Erreichung des Restwerts) und dem bei Rückgabe vereinbarten Netto-Restwert des Fahrzeuges. Übersteigt der bei Rückgabe vereinbarte Netto-Restwert den kalkulierten Nettorücknahmewert, so erhält der LN 75% des Mehrbetrages erstattet. Ist der bei Rückgabe vereinbarte Netto-Restwert geringer als der kalkulierte Rücknahmewert, so hat der LN den entsprechenden Minderbetrag an den LG zu zahlen. …“ 12In XVII. der AGB heißt es: 13„Können sich die Vertragspartner über einen vom LN auszugleichenden Minderwert oder – bei Verträgen mit Restwertabrechnung – über den Wert des Fahrzeugs (bei Rückgabe zu vereinbarender Restwert) nicht einigen, werden Minderwert bzw. Wert des Fahrzeuges auf Veranlassung des LG mit Zustimmung des LN durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen oder ein unabhängiges Sachverständigenunternehmen ermittelt. Die Kosten tragen die Vertragspartner je zur Hälfte. Durch das Sachverständigengutachten wird der Rechtsweg nicht ausgeschlossen. 14… 15Kann bei einem Vertrag mit Restwertabrechnung keine Einigung über den Wert des Fahrzeuges erzielt werden, wird dem LN die Möglichkeit eingeräumt innerhalb von zwei Wochen ab Zugang des Sachverständigengutachtens einen Kaufinteressenten zu benennen, der innerhalb dieser Frist das Fahrzeug zu einem über den Wert zzgl. Umsatzsteuer liegenden Kaufpreis bar bezahlt und abnimmt. Bis zum Abschluss des Kaufvertrags bleibt es dem LG unbenommen, das Fahrzeug zu einem höheren als dem vom Kaufinteressenten gebotenen Kaufpreis anderweitig zu veräußern.“ 16Die Beklagte hatte unter dem 23.06.2009 eine Selbstauskunft erteilt (Bl. 54 GA), in der es heißt: 17„Abrechnung : Restwertabrechnung 18Vereinbarte Fahrleistung: 60000 km 19Leasingzeit: 36 Monate“ 20Nach Ablauf der vereinbarten Leasingzeit gab die Beklagte das Fahrzeug an die Klägerin zurück. Da keine Einigung über den der Schlussabrechnung zugrundezulegenden Rücknahmewert des Fahrzeuges erzielt wurde, beauftragte die Klägerin einen Sachverständigen mit der Begutachtung des Fahrzeuges zur Ermittlung des der Restwertabrechnung zugrundeliegenden Fahrzeugwertes. Dies teilte die Klägerin der Beklagten unter dem 22.06.2012 mit. Mit seinem Gutachten vom 28.06.2012 ermittelte der Sachverständige einen Händlereinkaufswert von 10.825 EUR ohne Umsatzsteuer. Dies teilte die Klägerin der Beklagten unter dem 11.07.2012 mit und berechnete, wie die Schlussabrechnung aussehen würde, wenn das Fahrzeug lediglich zum Schätzpreis veräußert werden könnte. Zugleich wurde der Beklagten die Möglichkeit eingeräumt, einen Käufer für das Fahrzeug zu benennen, um durch Erzielung eines höheren Kaufpreises die Restforderung zu reduzieren. Die Beklagte machte hiervon keinen Gebrauch. 21Die Klägerin veräußerte das Fahrzeug am 01.10.2012 für 10.840,34 EUR zzgl. Umsatzsteuer. Unter dem 09.10.2012 erstellte die Klägerin der Beklagten die Schlussabrechnung, wonach sich eine Restforderung zu Gunsten der Klägerin in Höhe von 4.711,15 EUR ergab (vgl. im Einzelnen Bl. 43 GA), und in der der Beklagten eine Zahlungsfrist bis zum 23.10.2012 gesetzt worden war. 22Nach fruchtloser Zahlungsaufforderung vom 29.01.2013 beantragt die Klägerin nunmehr, 23die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.711,15 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.10.2011 zu zahlen. 24Die Beklagte bittet um 25Klageabweisung. 26Sie stellt zunächst die von der Klägerin genannten Werte in Abrede und betont, das Fahrzeug habe bei Beendigung des Leasingvertrages noch einen Händlereinkaufswert von 15.000 EUR gehabt. Das drei Jahre alte Fahrzeug (Neupreis 35.245 EUR brutto) habe sich insgesamt in einem sehr guten Zustand befunden; mit einer Laufleistung von 51.859 km habe die Klägerin den Händlereinkaufswert zum 27.06.2012 deutlich zu niedrig angesetzt. Bei Abschluss des Vertrags sei ihr vom Verkäufer des Fahrzeuges ausdrücklich zugesichert worden, dass der genannte Wert von 14.764,29 EUR erreicht werde, wenn keine Besonderheiten wir übermäßige Fahrleistung oder außerordentliche Schäden aufträten. 27Ohnehin seien die vertraglichen Regelungen zwischen den Parteien unwirksam. Dadurch, dass in der Selbstauskunft unter dem Wort „Restwertabrechnung“ eine „vereinbarte Fahrleistung: 60.000 km“ genannt sei, seien die der Beklagten vorliegenden vertraglichen Vorgaben widersprüchlich, da der Eindruck entstehen könne, dass nur bei Überschreitung der angegebenen Gesamtfahrleistung eine Pflicht zum Restwertausgleich bestehe. Grundsätzlich sei aber die Angabe einer Gesamtfahrleistung bei einem Kraftfahrzeugleasingvertrag mit Restwertabrechnung entbehrlich. Ihr komme nur für den Kraftfahrzeugleasingvertrag mit Kilometerbegrenzung bzw. –abrechnung Bedeutung zu, bei dem kein Restwertausgleich erfolge. Wenn in der Selbstauskunft die Restwertabrechnung mit der Angabe der Fahrleistung des Fahrzeuges verbunden sei, liege die Auslegung, dass ein Restwertausgleich nur bei Überschreitung der angegebenen Fahrleistung erfolge, bei deren Einhaltung dagegen entfalle, nicht fern. Diese Unklarheit gehe zu Lasten des Verwenders, also der Klägerin. Ziff. XVI Nr. 2 der AGB der Klägerin sei überraschend und deshalb nicht wirksam vereinbart. 28Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 29Entscheidungsgründe: 30Die Klage ist begründet. 31Die Klägerin kann von der Beklagten aus XVI Nr. 2 ihrer AGB die Zahlung des verlangten Betrages verlangen. 32Gem. (6) des Leasingvertrages haben die Parteien eine Restwertabrechnung und einen kalkulierten Rücknahmewert bei regulärer Vertragsbeendigung vereinbart. Hierbei handelt es sich nicht um eine überraschende oder unangemessen benachteiligende Klausel im Sinne des § 305 c bzw. 307 Abs. 1 BGB. 33AGB sind nach der ständigen Rechtsprechung des BGH gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden können (BGHZ 102, 384, 389 ff.). 34Danach spricht vorliegend für eine Verpflichtung der Beklagten zum Restwertausgleich, dass das Antragsformular ausdrücklich eine Restwertabrechnung vorsieht und einen kalkulierten Restwert ausweist. Zwar hat der BGH (Urteil vom 09.05.2001, VIII ZR 208/00) einen Widerspruch gesehen, wenn in dem Vertragsformular unmittelbar im Zusammenhang mit den Angaben zu der Vertragsdauer, den vom Beklagten zu leistenden Zahlungen und dem kalkulierten Restwert eine „Gesamtfahrleistung“ aufgeführt ist. Denn die Angabe einer Gesamtfahrleistung sei beim Kraftfahrzeugleasingvertrag mit Restwertabrechnung entbehrlich, weil die tatsächliche Fahrleistung des Fahrzeuges über dem Verkaufserlös in den Restwertausgleich einfließe: ihr komme nur für den Kraftfahrzeugleasingvertrag mit Kilometerbegrenzung bzw. –abrechnung Bedeutung zu, bei dem kein Restwert erfolge. Es könne auch nicht angenommen werden, dass die Angabe der Gesamtfahrleistung ohne jede Bedeutung für die vertraglichen Verpflichtungen des Leasingnehmers ist, sondern lediglich seiner Unterrichtung über die interne Kalkulation des Leasinggebers. Vielmehr erscheine die Auslegung zumindest nicht fernliegend, dass die durch das Antragsformular vorgegebene Vertragsgestaltung Elemente des Kraftfahrzeugleasingvertrages mit Restwertabrechnung und des Kraftfahrzeugleasingvertrages mit Kilometerbegrenzung in der Weise verbindet, dass ein Restwertausgleich erst bei Überschreitung der angegebenen Gesamtfahrleistung erfolgt, bei deren Einhaltung dagegen entfällt, weil in diesem Fall der kalkulierte Restwert (noch) erreicht wird. Einer abschließenden Klärung bedürfe das indes nicht, da etwaige Zweifel an der Auslegung jedenfalls nach der Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders gehen. 35Vorliegend ist jedoch – anders als in dem vom BGH entschiedenen Fall – an einer vereinbarten Fahrleistung im Leasingvertrag bzw. –Antrag selbst gar nicht die Rede. Allein im Selbstauskunftsformular – wo es unter der Überschrift „Abrechnung“ zunächst ebenfalls ausdrücklich „Restwertabrechnung“ heißt – wird in unmittelbarem Zusammenhang damit eine vereinbarte Fahrleistung von 60.000 km genannt. Zwar können auch einseitige Erklärungen, die auf einer Vorformulierung des Verwenders beruhen, AGB im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB sein, etwa auch dann, wenn sie nicht unmittelbar den Vertrag betreffen, sondern nur im Zusammenhang mit den vertraglichen Beziehungen stehen, sodass grundsätzlich auch das Selbstauskunftsformular der Inhaltskontrolle der §§ 305 ff. BGB unterliegt. Den objektiven Inhalt und Sinn der Selbstauskunft in Verbindung mit dem Leasingantrag kann ein verständiger und redlicher Vertragspartner unter Abwägung aller Interessen jedoch nur so auffassen, dass ein Kraftfahrzeug–Leasingvertrag mit Restwertabrechnung geschlossen werden soll, da auf diesen Abrechnungsmodus in beiden Formularen ausdrücklich und in erster Linie verwiesen wird, im Leasingantrag sogar optisch hervorgehoben und unter Angabe der konkreten kalkulierten Netto- und Brutto-Restwertbeträge. Die bloße Erwähnung einer vereinbarten Fahrleistung in dem Formular Selbstauskunft soll dem gegenüber offensichtlich als rein informatorisch und nicht vertragsrelevant zurückstehen. Das Gericht ist somit nicht der Ansicht, dass eine Unklarheit vorliegt, die zu Lasten des Verwenders gehen könnte. 36Jedenfalls ergibt sich hier in Verbindung mit Nr. XVI der allgemeinen Leasingbedingungen der Klägerin eine Verpflichtung der Beklagten zum Restwertausgleich: Denn selbst wenn für sie aufgrund des Antragsformulars in Verbindung mit der Selbstauskunft zunächst der Eindruck entstanden wäre, dass sie nur bei Überschreitung der dort angegebenen Gesamtfahrleistung zum Restwertausgleich verpflichtet ist, wird diese durch die Angabe der Gesamtfahrleistung hervorgerufene Unklarheit durch die Klausel XVI der allgemeinen Leasingbedingungen beseitigt. Sie enthält nämlich nur zwei Abrechnungsmodalitäten, eine Regelung für Verträge mit Kilometerabrechnung und eine solche für Verträge mit Restwertabrechnung; eine Mischform aus Kilometer- und Restwertabrechnung ist nirgends vorgesehen. Für den verständigen und redlichen Vertragspartner ergibt sich somit, dass entweder nur die eine oder nur die andere Abrechnung zum Tragen kommen kann. Dass dies vorliegend nicht die Kilometer-, sondern die Restwertabrechnung ist, lässt sich unschwer aus Nr. XVI Nr. 2 der AGB in Verbindung mit dem Leasingantrag entnehmen. In Nr. XVI Nr. 2 der AGB heißt es nämlich, dass bei Beendigung von Verträgen mit Restwertabrechnung durch Ablauf der vereinbarten Leasingzeit die Differenz zu ermitteln ist zwischen dem bei Rückgabe vereinbarten Netto-Restwert des Fahrzeugs und dem kalkulierten Rücknahmewert, d.h. dem vom Leasingnehmer garantierten Restwert. Gerade auf diese „Garantie“ nimmt der Leasingantrag ausdrücklich in Fettdruck unter „Wichtiger Hinweis“ Bezug. Da der garantiere Wert dann im Leasingantrag auch noch aufgeschlüsselt wird in Netto- bzw. Bruttobetrag unter gesonderter Angabe der Mehrwertsteuer, kann kein Zweifel mehr daran bestehen, dass von den beiden möglichen Abrechnungsmodi vorliegend die Alternative Restwertabrechnung gelten sollte. 37Die Behauptung der Beklagten, der vertraglich festgeschriebene Restwert sei überhöht bzw. der von der Klägerin erzielte Kaufpreis zu niedrig, ist deshalb nicht berücksichtigungsfähig, da die Beklagte ausweislich der vertraglichen Vorgaben hinreichend Gelegenheit hatte, Einfluss auf die gegen sie gerichteten Ansprüche zu nehmen. Diese ihr eingeräumte Gelegenheit hat die Beklagte ungenutzt verstreichen lassen. Die Klägerin hat ein Protokoll zur Gebrauchtfahrzeugbewertung vorgelegt. Es ist nicht ersichtlich, was konkret an diesem Protokoll unrichtig sein soll. 38Die Beklagte schuldet der Klägerin auch die Hälfte der Schätzkosten. Dies ergibt sich aus XVII Nr. 1 der AGB. Danach wird auf Veranlassung des Leasinggebers mit Zustimmung des Leasingnehmers ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger beauftragt, wenn die Vertragspartner sich über einen vom Leasingnehmer auszugleichenden Minderwert bzw. den Rückgabewert des Fahrzeugs nicht einigen können, wobei die Kosten die Vertragspartner je zur Hälfte tragen. Zwar ist hierfür nach der AGB-Regelung grundsätzlich die Zustimmung des Leasingnehmers vorgesehen. Dieser handelt jedoch mindestens treuwidrig im Sinne des § 242 BGB, wenn er einerseits keine einvernehmliche Verständigung über den Wert des Fahrzeugs bei Rückgabe ermöglicht, aber andererseits einer Beurteilung durch einen neutralen Gutachter nicht zustimmt und damit die allfällige Differenzberechnung verhindert. 39Dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch steht die von der Beklagten nur unsubstantiiert behauptete Äußerung des Fahrzeugverkäufers nicht entgegen. Die Beklagte hat insoweit nur vorgetragen, ihr sei von dem Verkäufer ausdrücklich zugesichert worden, dass der genannte Wert erreicht wird. Der Verkäufer stand, ersichtlich für die Beklagte, nicht im „Lager“ der Klägerin, sondern ist aus eigenem Interesse hinsichtlich des Verkaufs des Fahrzeugs tätig geworden; inwiefern eine solche Zusage des Verkäufers eine rechtliche Verbindlichkeit im Verhältnis zur Klägerin entfalten kann, ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten nicht. 40Die Klage unterlag insoweit der Abweisung, als die Klägerin Zinsen ab dem 11.10.2011 verlangt. Der Leasingvertrag lief bis Juni 2012. Das Abrechnungsschreiben der Klägerin ist datiert vom 09.10.2012. Fasst man den Antrag der Klägerin (11.10.2011) als Schreibfehler auf, so ergibt sich jedoch auch kein Zinsanspruch ab dem 11.10.2012. Denn die Beklagte ist durch die einseitige Fristsetzung im Schreiben der Klägerin vom 09.10.2012 nicht zum 11.10.2012 in Verzug geraten. Der Verzug trat ein durch Mahnung der Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 29.01.2013. Das Gericht legt deshalb den Beginn des Zinslaufs auf den 30.01.2013 fest. Der Zinsanspruch i. Ü. ergibt sich aus den §§ 288 Abs. 1, 286 BGB. 41Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2, 709 S. 1 u. 2 ZPO.
die beklagte wird verurteilt, an die klägerin 4.711,15 eur nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 30.01.2013 zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. der beklagten fallen die kosten des rechtsstreits zur last. das urteil ist für die klägerin gegen sicherheitsleistung in höhe von 120% des zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2die parteien schlossen am 23.06.2009 einen leasingvertrag über einen pkw opel astra twin top endless summer, 1.9 cdti für eine gesamtlaufzeit von 36 monaten. die beklagte zahlte eine monatliche leasingrate in höhe von brutto 340,22 eur. in dem leasingantrag heißt es: 3„abrechnung der restzahlung/ vergütung nach regulärem vertragsende bzw. bei vorzeitiger vertragsbeendigung: 4restwertabrechnung … 5kalkulierter netto-rücknahmewert zum regulären vertragsende: 6wichtiger hinweis: der leasingnehmer garantiert die erreichung des restwertes, vgl. ziff. xvi.2 agb. 7netto: 14.764,29 eur 8mwst.: 2.805,22 eur 9brutto: 17.569,51 eur“ 10in den agb der klägerin heißt es: 11„xvi. nr.2: bei beendigung von verträgen mit restwertabrechnung durch ablauf der vereinbarten leasingzeit ist die differenz zu ermitteln zwischen dem kalkulierten nettorücknahmewert (vom leasingnehmer garantierte erreichung des restwerts) und dem bei rückgabe vereinbarten netto-restwert des fahrzeuges. übersteigt der bei rückgabe vereinbarte netto-restwert den kalkulierten nettorücknahmewert, so erhält der ln 75% des mehrbetrages erstattet. ist der bei rückgabe vereinbarte netto-restwert geringer als der kalkulierte rücknahmewert, so hat der ln den entsprechenden minderbetrag an den lg zu zahlen. …“ 12in xvii. der agb heißt es: 13„können sich die vertragspartner über einen vom ln auszugleichenden minderwert oder – bei verträgen mit restwertabrechnung – über den wert des fahrzeugs (bei rückgabe zu vereinbarender restwert) nicht einigen, werden minderwert bzw. wert des fahrzeuges auf veranlassung des lg mit zustimmung des ln durch einen öffentlich bestellten und vereidigten sachverständigen oder ein unabhängiges sachverständigenunternehmen ermittelt. die kosten tragen die vertragspartner je zur hälfte. durch das sachverständigengutachten wird der rechtsweg nicht ausgeschlossen. 14… 15kann bei einem vertrag mit restwertabrechnung keine einigung über den wert des fahrzeuges erzielt werden, wird dem ln die möglichkeit eingeräumt innerhalb von zwei wochen ab zugang des sachverständigengutachtens einen kaufinteressenten zu benennen, der innerhalb dieser frist das fahrzeug zu einem über den wert zzgl. umsatzsteuer liegenden kaufpreis bar bezahlt und abnimmt. bis zum abschluss des kaufvertrags bleibt es dem lg unbenommen, das fahrzeug zu einem höheren als dem vom kaufinteressenten gebotenen kaufpreis anderweitig zu veräußern.“ 16die beklagte hatte unter dem 23.06.2009 eine selbstauskunft erteilt (bl. 54 ga), in der es heißt: 17„abrechnung : restwertabrechnung 18vereinbarte fahrleistung: 60000 km 19leasingzeit: 36 monate“ 20nach ablauf der vereinbarten leasingzeit gab die beklagte das fahrzeug an die klägerin zurück. da keine einigung über den der schlussabrechnung zugrundezulegenden rücknahmewert des fahrzeuges erzielt wurde, beauftragte die klägerin einen sachverständigen mit der begutachtung des fahrzeuges zur ermittlung des der restwertabrechnung zugrundeliegenden fahrzeugwertes. dies teilte die klägerin der beklagten unter dem 22.06.2012 mit. mit seinem gutachten vom 28.06.2012 ermittelte der sachverständige einen händlereinkaufswert von 10.825 eur ohne umsatzsteuer. dies teilte die klägerin der beklagten unter dem 11.07.2012 mit und berechnete, wie die schlussabrechnung aussehen würde, wenn das fahrzeug lediglich zum schätzpreis veräußert werden könnte. zugleich wurde der beklagten die möglichkeit eingeräumt, einen käufer für das fahrzeug zu benennen, um durch erzielung eines höheren kaufpreises die restforderung zu reduzieren. die beklagte machte hiervon keinen gebrauch. 21die klägerin veräußerte das fahrzeug am 01.10.2012 für 10.840,34 eur zzgl. umsatzsteuer. unter dem 09.10.2012 erstellte die klägerin der beklagten die schlussabrechnung, wonach sich eine restforderung zu gunsten der klägerin in höhe von 4.711,15 eur ergab (vgl. im einzelnen bl. 43 ga), und in der der beklagten eine zahlungsfrist bis zum 23.10.2012 gesetzt worden war. 22nach fruchtloser zahlungsaufforderung vom 29.01.2013 beantragt die klägerin nunmehr, 23die beklagte zu verurteilen, an sie 4.711,15 eur nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 11.10.2011 zu zahlen. 24die beklagte bittet um 25klageabweisung. 26sie stellt zunächst die von der klägerin genannten werte in abrede und betont, das fahrzeug habe bei beendigung des leasingvertrages noch einen händlereinkaufswert von 15.000 eur gehabt. das drei jahre alte fahrzeug (neupreis 35.245 eur brutto) habe sich insgesamt in einem sehr guten zustand befunden; mit einer laufleistung von 51.859 km habe die klägerin den händlereinkaufswert zum 27.06.2012 deutlich zu niedrig angesetzt. bei abschluss des vertrags sei ihr vom verkäufer des fahrzeuges ausdrücklich zugesichert worden, dass der genannte wert von 14.764,29 eur erreicht werde, wenn keine besonderheiten wir übermäßige fahrleistung oder außerordentliche schäden aufträten. 27ohnehin seien die vertraglichen regelungen zwischen den parteien unwirksam. dadurch, dass in der selbstauskunft unter dem wort „restwertabrechnung“ eine „vereinbarte fahrleistung: 60.000 km“ genannt sei, seien die der beklagten vorliegenden vertraglichen vorgaben widersprüchlich, da der eindruck entstehen könne, dass nur bei überschreitung der angegebenen gesamtfahrleistung eine pflicht zum restwertausgleich bestehe. grundsätzlich sei aber die angabe einer gesamtfahrleistung bei einem kraftfahrzeugleasingvertrag mit restwertabrechnung entbehrlich. ihr komme nur für den kraftfahrzeugleasingvertrag mit kilometerbegrenzung bzw. –abrechnung bedeutung zu, bei dem kein restwertausgleich erfolge. wenn in der selbstauskunft die restwertabrechnung mit der angabe der fahrleistung des fahrzeuges verbunden sei, liege die auslegung, dass ein restwertausgleich nur bei überschreitung der angegebenen fahrleistung erfolge, bei deren einhaltung dagegen entfalle, nicht fern. diese unklarheit gehe zu lasten des verwenders, also der klägerin. ziff. xvi nr. 2 der agb der klägerin sei überraschend und deshalb nicht wirksam vereinbart. 28wegen der weiteren einzelheiten des vortrags der parteien wird auf die gewechselten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 29
30die klage ist begründet. 31die klägerin kann von der beklagten aus xvi nr. 2 ihrer agb die zahlung des verlangten betrages verlangen. 32gem. (6) des leasingvertrages haben die parteien eine restwertabrechnung und einen kalkulierten rücknahmewert bei regulärer vertragsbeendigung vereinbart. hierbei handelt es sich nicht um eine überraschende oder unangemessen benachteiligende klausel im sinne des § 305 c bzw. 307 abs. 1 bgb. 33agb sind nach der ständigen rechtsprechung des bgh gemäß ihrem objektiven inhalt und typischen sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen vertragspartnern unter abwägung der interessen der normalerweise beteiligten kreise verstanden werden können (bghz 102, 384, 389 ff.). 34danach spricht vorliegend für eine verpflichtung der beklagten zum restwertausgleich, dass das antragsformular ausdrücklich eine restwertabrechnung vorsieht und einen kalkulierten restwert ausweist. zwar hat der bgh (urteil vom 09.05.2001, viii zr 208/00) einen widerspruch gesehen, wenn in dem vertragsformular unmittelbar im zusammenhang mit den angaben zu der vertragsdauer, den vom beklagten zu leistenden zahlungen und dem kalkulierten restwert eine „gesamtfahrleistung“ aufgeführt ist. denn die angabe einer gesamtfahrleistung sei beim kraftfahrzeugleasingvertrag mit restwertabrechnung entbehrlich, weil die tatsächliche fahrleistung des fahrzeuges über dem verkaufserlös in den restwertausgleich einfließe: ihr komme nur für den kraftfahrzeugleasingvertrag mit kilometerbegrenzung bzw. –abrechnung bedeutung zu, bei dem kein restwert erfolge. es könne auch nicht angenommen werden, dass die angabe der gesamtfahrleistung ohne jede bedeutung für die vertraglichen verpflichtungen des leasingnehmers ist, sondern lediglich seiner unterrichtung über die interne kalkulation des leasinggebers. vielmehr erscheine die auslegung zumindest nicht fernliegend, dass die durch das antragsformular vorgegebene vertragsgestaltung elemente des kraftfahrzeugleasingvertrages mit restwertabrechnung und des kraftfahrzeugleasingvertrages mit kilometerbegrenzung in der weise verbindet, dass ein restwertausgleich erst bei überschreitung der angegebenen gesamtfahrleistung erfolgt, bei deren einhaltung dagegen entfällt, weil in diesem fall der kalkulierte restwert (noch) erreicht wird. einer abschließenden klärung bedürfe das indes nicht, da etwaige zweifel an der auslegung jedenfalls nach der unklarheitenregel des § 305 c abs. 2 bgb zu lasten des verwenders gehen. 35vorliegend ist jedoch – anders als in dem vom bgh entschiedenen fall – an einer vereinbarten fahrleistung im leasingvertrag bzw. –antrag selbst gar nicht die rede. allein im selbstauskunftsformular – wo es unter der überschrift „abrechnung“ zunächst ebenfalls ausdrücklich „restwertabrechnung“ heißt – wird in unmittelbarem zusammenhang damit eine vereinbarte fahrleistung von 60.000 km genannt. zwar können auch einseitige erklärungen, die auf einer vorformulierung des verwenders beruhen, agb im sinne des § 305 abs. 1 bgb sein, etwa auch dann, wenn sie nicht unmittelbar den vertrag betreffen, sondern nur im zusammenhang mit den vertraglichen beziehungen stehen, sodass grundsätzlich auch das selbstauskunftsformular der inhaltskontrolle der §§ 305 ff. bgb unterliegt. den objektiven inhalt und sinn der selbstauskunft in verbindung mit dem leasingantrag kann ein verständiger und redlicher vertragspartner unter abwägung aller interessen jedoch nur so auffassen, dass ein kraftfahrzeug–leasingvertrag mit restwertabrechnung geschlossen werden soll, da auf diesen abrechnungsmodus in beiden formularen ausdrücklich und in erster linie verwiesen wird, im leasingantrag sogar optisch hervorgehoben und unter angabe der konkreten kalkulierten netto- und brutto-restwertbeträge. die bloße erwähnung einer vereinbarten fahrleistung in dem formular selbstauskunft soll dem gegenüber offensichtlich als rein informatorisch und nicht vertragsrelevant zurückstehen. das gericht ist somit nicht der ansicht, dass eine unklarheit vorliegt, die zu lasten des verwenders gehen könnte. 36jedenfalls ergibt sich hier in verbindung mit nr. xvi der allgemeinen leasingbedingungen der klägerin eine verpflichtung der beklagten zum restwertausgleich: denn selbst wenn für sie aufgrund des antragsformulars in verbindung mit der selbstauskunft zunächst der eindruck entstanden wäre, dass sie nur bei überschreitung der dort angegebenen gesamtfahrleistung zum restwertausgleich verpflichtet ist, wird diese durch die angabe der gesamtfahrleistung hervorgerufene unklarheit durch die klausel xvi der allgemeinen leasingbedingungen beseitigt. sie enthält nämlich nur zwei abrechnungsmodalitäten, eine regelung für verträge mit kilometerabrechnung und eine solche für verträge mit restwertabrechnung; eine mischform aus kilometer- und restwertabrechnung ist nirgends vorgesehen. für den verständigen und redlichen vertragspartner ergibt sich somit, dass entweder nur die eine oder nur die andere abrechnung zum tragen kommen kann. dass dies vorliegend nicht die kilometer-, sondern die restwertabrechnung ist, lässt sich unschwer aus nr. xvi nr. 2 der agb in verbindung mit dem leasingantrag entnehmen. in nr. xvi nr. 2 der agb heißt es nämlich, dass bei beendigung von verträgen mit restwertabrechnung durch ablauf der vereinbarten leasingzeit die differenz zu ermitteln ist zwischen dem bei rückgabe vereinbarten netto-restwert des fahrzeugs und dem kalkulierten rücknahmewert, d.h. dem vom leasingnehmer garantierten restwert. gerade auf diese „garantie“ nimmt der leasingantrag ausdrücklich in fettdruck unter „wichtiger hinweis“ bezug. da der garantiere wert dann im leasingantrag auch noch aufgeschlüsselt wird in netto- bzw. bruttobetrag unter gesonderter angabe der mehrwertsteuer, kann kein zweifel mehr daran bestehen, dass von den beiden möglichen abrechnungsmodi vorliegend die alternative restwertabrechnung gelten sollte. 37die behauptung der beklagten, der vertraglich festgeschriebene restwert sei überhöht bzw. der von der klägerin erzielte kaufpreis zu niedrig, ist deshalb nicht berücksichtigungsfähig, da die beklagte ausweislich der vertraglichen vorgaben hinreichend gelegenheit hatte, einfluss auf die gegen sie gerichteten ansprüche zu nehmen. diese ihr eingeräumte gelegenheit hat die beklagte ungenutzt verstreichen lassen. die klägerin hat ein protokoll zur gebrauchtfahrzeugbewertung vorgelegt. es ist nicht ersichtlich, was konkret an diesem protokoll unrichtig sein soll. 38die beklagte schuldet der klägerin auch die hälfte der schätzkosten. dies ergibt sich aus xvii nr. 1 der agb. danach wird auf veranlassung des leasinggebers mit zustimmung des leasingnehmers ein öffentlich bestellter und vereidigter sachverständiger beauftragt, wenn die vertragspartner sich über einen vom leasingnehmer auszugleichenden minderwert bzw. den rückgabewert des fahrzeugs nicht einigen können, wobei die kosten die vertragspartner je zur hälfte tragen. zwar ist hierfür nach der agb-regelung grundsätzlich die zustimmung des leasingnehmers vorgesehen. dieser handelt jedoch mindestens treuwidrig im sinne des § 242 bgb, wenn er einerseits keine einvernehmliche verständigung über den wert des fahrzeugs bei rückgabe ermöglicht, aber andererseits einer beurteilung durch einen neutralen gutachter nicht zustimmt und damit die allfällige differenzberechnung verhindert. 39dem von der klägerin geltend gemachten anspruch steht die von der beklagten nur unsubstantiiert behauptete äußerung des fahrzeugverkäufers nicht entgegen. die beklagte hat insoweit nur vorgetragen, ihr sei von dem verkäufer ausdrücklich zugesichert worden, dass der genannte wert erreicht wird. der verkäufer stand, ersichtlich für die beklagte, nicht im „lager“ der klägerin, sondern ist aus eigenem interesse hinsichtlich des verkaufs des fahrzeugs tätig geworden; inwiefern eine solche zusage des verkäufers eine rechtliche verbindlichkeit im verhältnis zur klägerin entfalten kann, ergibt sich aus dem vortrag der beklagten nicht. 40die klage unterlag insoweit der abweisung, als die klägerin zinsen ab dem 11.10.2011 verlangt. der leasingvertrag lief bis juni 2012. das abrechnungsschreiben der klägerin ist datiert vom 09.10.2012. fasst man den antrag der klägerin (11.10.2011) als schreibfehler auf, so ergibt sich jedoch auch kein zinsanspruch ab dem 11.10.2012. denn die beklagte ist durch die einseitige fristsetzung im schreiben der klägerin vom 09.10.2012 nicht zum 11.10.2012 in verzug geraten. der verzug trat ein durch mahnung der klägerin mit anwaltlichem schreiben vom 29.01.2013. das gericht legt deshalb den beginn des zinslaufs auf den 30.01.2013 fest. der zinsanspruch i. ü. ergibt sich aus den §§ 288 abs. 1, 286 bgb. 41die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 abs. 1, 92 abs. 2, 709 s. 1 u. 2 zpo.
Klaeger*in
1
334,017
15 K 6075/20.A
2020-11-20T00:00:00
Urteil
Tenor Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 22. September 2020 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet 1Tatbestand: 2Der Kläger ist am 00.00.1978 in L. S. geboren und kirgisischer Staatsangehöriger. 3Er stellte am 1. September 2020 beim Bundesamt einen Asylerstantrag. 4Unter Hinweis auf einen Treffer im VIS-Informationssystem, wonach dem Kläger unter der Nummer LTU000000000 ein vom 16. Februar 2020 bis zum 31. März 2020 gültiges Visum für die Schengen-Staaten ausgestellt worden war, ersuchte das Bundesamt Litauen am 9. September 2020 um die Aufnahme des Klägers. Dem Gesuch stimmte die litauische Dublin-Einheit mit Schreiben vom 17. September 2020 zu. 5Zwecks Anhörung erhielt der Kläger vom Bundesamt am 11. September 2020 – unter anderem – den „Fragebogen zur Bestimmung des für die Prüfung des Antrages zuständigen Mitgliedstaates (Erstbefragung)“, den „Fragebogen zur Prüfung von Abschiebungshindernissen im Dublin-Verfahren (Ergänzende Befragung)“ und das „Merkblatt Dublinverfahren Russisch“ D1271 jeweils in deutscher und russischer Sprache. Die Fragebögen schickte der Kläger ausgefüllt an das Bundesamt zurück. 6Mit Bescheid vom 22. September 2020, dem Kläger am 5. Oktober 2020 gegen eine Empfangsbestätigung ausgehändigt, lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab (Ziff. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Ziff. 2), ordnete die Abschiebung des Klägers nach Litauen an (Ziff. 3) und ordnete das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes an und befristete es auf 12 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziff. 4). Zur Begründung verwies es darauf, dass für die Bearbeitung des Asylantrags des Klägers Litauen zuständig sei und seiner Überstellung dorthin rechtlich nichts entgegenstehe. 7Am 28. September 2020 wurde der Kläger in N. nach § 25 AsylG zu seinen Asylgründen angehört. Für die Einzelheiten der Anhörung wird auf die betreffende Niederschrift auf Bl. 133 ff. der Verwaltungsvorgänge verwiesen. 8Der Kläger hat am 12. Oktober 2020 Klage erhoben. Zur Begründung macht er geltend, die Bedingungen für Asylsuchende in Litauen seien menschenunwürdig. Sie würden in Sammellagern eingesperrt, vom Wachpersonal misshandelt und nicht hinreichend versorgt. 9Der Kläger beantragt sinngemäß, 10den Bescheid des Bundesamtes vom 22. September 2020 aufzuheben, 11Die Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Sie ist der Auffassung, der angegriffene Bundesamtsbescheid sei aus den dort genannten Gründen rechtmäßig. 14Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 20. November 2020 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Die Beklagte hat dem erkennenden Gericht gegenüber eine entsprechende Verzichtserklärung allgemein abgegeben. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten ebenso Bezug genommen wie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes. 16Entscheidungsgründe: 17Über das Klagebegehren kann im erklärten Einverständnis der Beteiligten ohne die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO). 18Die Klage hat Erfolg. 19Die vorliegend statthafte, 20vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Mai 2016 – 1 C 15.15 –, juris, Rdnr. 10, vom 14. Dezember 2016 – 1 C 4.16 –, juris, Rdnr. 14 ff., vom 1. Juni 2017 – 1 C 9.17 –, juris, Rdnr. 14 f. und vom 25. Juli 2017 – 1 C 13/17 – juris, Rdnr. 17, 21Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere innerhalb der Frist der §§ 74 Abs. 1 Hs. 2, 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG gestellt. 22Ferner ist sie begründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 23Entgegen der dem Bescheid zu Grunde liegenden Rechtsauffassung lässt sich die Zulässigkeit des Asylantrags des Klägers nach der Sach‑ und Rechtslage im hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG mit der Begründung verneinen, dass Litauen für die Prüfung seines Schutzgesuchs zuständig sei. 24Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, (Dublin III‑VO) für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. 25Dass Litauen danach den von dem Kläger am 1. September 2020 im Bundesgebiet gestellten Asylantrag zu prüfen hat, hat das Bundesamt nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. 26Die Unzulässigkeitsentscheidung ist mangels Durchführung eines persönlichen Gesprächs mit dem Kläger, das Art. 5 Dublin III-VO verpflichtend vorschreibt, formell rechtswidrig. 27Vgl. hierzu Urteile der erkennenden Kammer vom 17. September 2020 – 15 K 3663/20.A –, und vom 8. Oktober 2020 – 15 K 4208/20.A –, jeweils n. v., und Beschlüsse der erkennenden Kammer vom 13. August 2020 – 15 L 1533/20.A –, und vom 27. August 2020 – 15 L 1383/20.A –, jeweils n. v. 28Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO führt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, um das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zu erleichtern, ein persönliches Gespräch mit dem Antragsteller. 29Diesen Anforderungen genügt die dem Kläger seitens des Bundesamtes eingeräumte Gelegenheit, durch Ausfüllen der ihm übermittelten Fragebögen schriftlich zu seinem Asylgesuch Stellung zu nehmen, nicht. Denn die ausschließlich schriftliche Beantwortung von Fragen unterfällt bereits nicht der Bedeutung des Wortes „Gespräch“ als „mündlicher Gedankenaustausch in Rede und Gegenrede über ein bestimmtes Thema“. 30So die Definition auf der Website des Duden, abrufbar unter: https://www.duden.de/rechtschreibung/Gespraech (zuletzt abgerufen am 20. November 2020). Auch die englische und die französische Sprachfassung der Dublin III-VO fordern mit den Begriffen „interview“ und „entretien“ eine mündliche Konversation. 31Dass das persönliche Gespräch nach Art. 5 Dublin III-VO eine mündliche Unterhaltung erfordert, ergibt sich insbesondere auch aus der Vorschrift des Art. 5 Abs. 4 Satz 2 Dublin III-VO, wonach die Mitgliedstaaten erforderlichenfalls einen Dolmetscher hinzuziehen, der eine angemessene Verständigung zwischen dem Antragsteller und der das persönliche Gespräch führenden Person gewährleisten kann. Diese Gelegenheit besteht in dem vorliegend durchgeführten schriftlichen Verfahren ersichtlich nicht. 32Soweit das Bundesamt den Kläger zusätzlich am 28. September 2020 zu seinen Asylgründen angehört hat, genügt dies ebenfalls nicht den Anforderungen des Art. 5 Dublin III-VO. Denn ausweislich der Niederschrift wurden in dem betreffenden Gespräch keine Fragen gestellt oder Angaben gemacht, die für die Bestimmung des nach der Dublin III-VO zuständigen Mitgliedstaates dienlich sind. 33Auch war ein Verzicht auf das persönliche Gespräch vorliegend nicht zulässig. 34Gemäß Art. 5 Abs. 2 Dublin III-VO darf auf das persönliche Gespräch verzichtet werden, wenn der Antragsteller flüchtig ist (Buchst. a) oder der Antragsteller, nachdem er die in Art. 4 genannten Informationen erhalten hat, bereits die sachdienlichen Angaben gemacht hat, so dass der zuständige Mitgliedstaat auf andere Weise bestimmt werden kann (Buchst. b Satz 1). 35Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. 36Der Kläger war nicht flüchtig. Eine Entbehrlichkeit des persönlichen Gesprächs nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. b Dublin III-VO scheitert wiederum jedenfalls daran, dass der Kläger nicht die in Art. 4 Dublin III-VO genannten Informationen erhalten hat. Denn ihm ist entgegen Art. 4 Abs. 2 UAbs. 1 Satz 2, Abs. 3 Dublin III-VO nicht das gemeinsame Merkblatt der Anlage X der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 der Kommission vom 30. Januar 2014 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedsstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (gemeinsames Merkblatt), sondern das vom Bundesamt selbst erstellte Merkblatt Dublin D 1271 ausgehändigt worden. 37Die Entbehrlichkeit des persönlichen Gesprächs folgt – ungeachtet der Frage, ob diese Vorschrift vorliegend neben Art. 5 Abs. 2 Dublin III-VO anwendbar ist – auch nicht aus Art. 14 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Verfahrensrichtlinie). Hiernach kann auf die persönliche Anhörung zum Inhalt des Antrags verzichtet werden, wenn die Asylbehörde der Auffassung ist, dass der Antragsteller aufgrund dauerhafter Umstände, die sich seinem Einfluss entziehen, nicht zu einer Anhörung in der Lage ist. 38Dass dies hier der Fall wäre, ist weder dargetan noch ersichtlich. Insbesondere kann ein Verzicht auf das persönliche Gespräch unter diesem Gesichtspunkt nicht mit der Corona-Pandemie begründet werden, da die betreffenden Umstände in der Person des Antragstellers liegen müssen. Denn Art. 14 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b der Verfahrensrichtlinie bestimmt weiter, dass die Asylbehörde im Zweifelsfall medizinisches Fachpersonal konsultiert, um festzustellen, ob es sich bei dem Umstand, der dazu führt, dass der Antragsteller nicht zu einer Anhörung in der Lage ist, um einen vorübergehenden oder dauerhaften Zustand handelt. 39Da es sich bei dem Asylgesuch des Klägers nicht um einen Folgeantrag handelt, ist auch die Ausnahmeregelung des Art. 34 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 3 der Verfahrensrichtlinie nicht einschlägig. 40Einer Aufhebung des Bundesamtsbescheides steht auch nicht die Vorschrift des § 46 VwVfG entgegen; die Verletzung des Rechts auf die Durchführung eines persönlichen Gesprächs nach Art. 5 Dublin III-VO führt zwingend zur Aufhebung der Unzulässigkeitsentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Asylbehörde. 41Für die Unzulässigkeitsentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie EuGH, Urteil vom 16. Juli 2020 – C-517/17 –, juris, Rdnr. 56 ff. Anders – vor der Entscheidung des Gerichtshofs vom 16. Juli 2020 – noch OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 2016 – 13 A 1490/13.A –, juris, Rdnr. 36, und Beschluss vom 22. Mai 2019 – 11 A 330/19.A –, juris, Rdnr. 30, m. w. N., insbesondere unter Berufung auf EuGH, Urteile vom 15. Oktober 2015 – C-137/14 –, juris, Rdnr. 60, und vom 7. November 2013 – C-72/12 –, juris, Rdnr. 51 ff. 42Da die Dublin III-VO die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Pflicht zur Durchführung eines persönlichen Gesprächs nicht ausdrücklich regelt, richten sich diese nach nationalem Recht, sofern die einschlägigen nationalen Bestimmungen denen entsprechen, die für den Einzelnen in vergleichbaren unter das nationale Recht fallenden Situationen gelten (Äquivalenzgrundsatz), und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz). 43Vgl. nur EuGH, Urteile vom 10. September 2013 – C-383/13 PPU –, juris, Rdnr. 35, und vom 16. Juli 2020 – C-517/17 –, juris, Rdnr. 57. 44Vorliegend verstieße die Anwendung des § 46 VwVfG gegen den Effektivitätsgrundsatz. 45In diesem Zusammenhang hat der EuGH zwar bereits entschieden, dass eine Verletzung der Verteidigungsrechte nur dann zur Aufhebung der am Ende des fraglichen Verwaltungsverfahrens erlassenen Entscheidung führt, wenn das Verfahren ohne diese Regelwidrigkeit zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. 46Vgl. etwa EuGH, Urteil vom 10. September 2013 – C-383/13 PPU –, juris, Rdnr. 38, m. w. N. 47Diese Erwägung kann jedoch – ebenso wie im Fall einer Verletzung des Rechts auf eine persönliche Anhörung nach Art. 14 f. und 34 der Verfahrensrichtlinie –, 48vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 16. Juli 2020 – C-517/17 –, juris, Rdnr. 59 ff., 49nicht auf einen Verstoß gegen die Vorgaben des Art. 5 Dublin III-VO übertragen werden. 50Es spricht bereits Vieles dafür, dass sich dies unmittelbar aus der Entscheidung des Gerichtshofs vom 16. Juli 2020 – C-517/17 – ergibt, da die Pflicht zur persönlichen Anhörung gemäß Art. 14, 34 der Verfahrensrichtlinie grundsätzlich auch für Fälle gilt, in denen nach Maßgabe der Dublin III-VO ein Antrag nicht geprüft wird. 51Nach Art. 34 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 1 der Verfahrensrichtlinie geben die Mitgliedstaaten den Antragstellern Gelegenheit, sich zu der Anwendung der Gründe nach Artikel 33 in ihrem besonderen Fall zu äußern, bevor die Asylbehörde über die Zulässigkeit eines Antrags auf internationalen Schutz entscheidet. Hierzu führen die Mitgliedstaaten im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung eine persönliche Anhörung durch (Art. 34 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 der Verfahrensrichtlinie). 52Die Regelung zur Anhörungspflicht in Art. 34 Abs. 1 UAbs. 1 der Verfahrensrichtlinie verweist mithin nicht lediglich auf Unzulässigkeitsentscheidungen im Sinne des Art. 33 Abs. 2 der Richtlinie, sondern auf die gesamte Vorschrift des Art. 33 der Verfahrensrichtlinie, die in Abs. 1 Hs. 1 auch Entscheidungen nach der Dublin III-VO in Bezug nimmt. 53Ferner gilt nach Art. 34 Abs. 1 UAbs. 2 der Verfahrensrichtlinie Art. 34 Abs. 1 UAbs. 1 der Richtlinie unbeschadet des Art. 4 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie und des Art. 5 der Dublin III-VO. „Unbeschadet“ bedeutet dabei „vorbehaltlich“, 54vgl. zu dieser Terminologie in anderen Bereichen des Unionsrechts EuGH, Urteile vom 14. Juli 1977 – C-8/77 –, juris, Rdnr. 11, und vom 15. Januar 2002 – C-55/00 –, juris, Rdnr. 21, 55Art. 34 Abs. 1 UAbs. 2 der Verfahrensrichtlinie regelt mithin die Konkretisierung des allgemeinen Anhörungserfordernisses für besondere Anwendungsfälle. Soweit sich aus Art. 5 Dublin III-VO keine Abweichung ergibt, sind deshalb auch im Anwendungsbereich der Dublin III-VO die Regelungen zur persönlichen Anhörung nach der Verfahrensrichtlinie anwendbar. 56Jedenfalls verbietet hier der Effektivitätsgrundsatz die Anwendung des § 46 VwVfG aber deshalb, da ohne die Durchführung eines persönlichen Gesprächs nach Art. 5 Dublin III-VO eine vom Unionsgesetzgeber als für das Asylverfahren von grundlegender Bedeutung angesehene Schutzmaßnahme außer Kraft gesetzt würde; dies wäre mit der praktischen Wirksamkeit des Art. 5 Dublin III-VO nicht vereinbar. 57Vgl. für die persönliche Anhörung nach Art. 34 der Verfahrensrichtlinie EuGH, Urteil vom 16. Juli 2020 – C-517/17 –, juris, Rdnr. 59, 66 ff. 58Von der grundlegenden Bedeutung, die der Unionsgesetzgeber dem persönlichen Gespräch für das Asylverfahren beimisst, zeugt der Umstand, dass er im Rahmen des Art. 5 Dublin III-VO zum einen den Mitgliedstaaten eine klare und ausdrückliche Pflicht auferlegt hat, Personen, die internationalen Schutz beantragen, die Gelegenheit zu einem persönlichen Gespräch zu geben, bevor über ihren Antrag entschieden wird, und zum anderen einen abschließenden Katalog von Ausnahmen von dieser Pflicht vorgesehen hat. Dass der Unionsgesetzgeber ferner nicht nur dem Abhalten des persönlichen Gesprächs als solchem diese Bedeutung beimisst, sondern auch den Bedingungen, unter denen dieses stattzufinden hat und deren Einhaltung eine Voraussetzung für die Gültigkeit einer über den Asylantrag erlassenen Unzulässigkeitsentscheidung ist, zeigt ferner die Tatsache, dass er sich in Art. 5 Dublin III-VO nicht auf die Pflicht zur Durchführung des Gesprächs beschränkt hat, sondern für die Mitgliedstaaten überdies konkrete und detaillierte Regeln für die Durchführung dieses persönlichen Gesprächs aufgestellt hat. 59Vgl. zum Ganzen für die persönliche Anhörung nach Art. 34 der Verfahrensrichtlinie EuGH, Urteil vom 16. Juli 2020 – C-517/17 –, juris, Rdnr. 59, 66 ff., unter Verweis auf EuGH, Urteil vom 14. Mai 2020 – C-607/18 –, WuW 2020, 475, 476, Rdnr. 57. 60So wird das persönliche Gespräch zeitnah geführt, in jedem Fall aber, bevor über die Überstellung des Antragstellers in den zuständigen Mitgliedstaat entschieden wird (Art. 5 Abs. 3 Dublin III-VO). Es wird in einer Sprache geführt, die der Antragsteller versteht oder von der vernünftigerweise angenommen werden darf, dass er sie versteht und in der er sich verständigen kann (Art. 5 Abs. 4 Satz 1 Dublin III-VO). Gemäß Art. 5 Abs. 5 Satz 1 Dublin III-VO erfolgt das persönliche Gespräch unter Bedingungen, die eine angemessene Vertraulichkeit gewährleisten. Es wird von einer dafür qualifizierten Person gemäß dem innerstaatlichen Recht durchgeführt (Art. 5 Abs. 5 Satz 2 Dublin III-VO); zudem erstellt der Mitgliedstaat, der das persönliche Gespräch führt, eine schriftliche Zusammenfassung, die zumindest die wesentlichen Angaben des Antragstellers aus dem Gespräch enthält (Art. 5 Abs. 6 Satz 1 Dublin III-VO). Ferner soll dieses Gespräch auch das richtige Verständnis der dem Antragsteller gemäß Artikel 4 bereitgestellten Informationen ermöglichen (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO). 61Zudem ist das in Art. 5 Dublin III-VO vorgesehene persönliche Gespräch von grundlegender Bedeutung, um zu gewährleisten, dass Art. 4 EU-Charta bei der Anwendung der Vorgaben der Dublin III-VO auf den Sachverhalt vollumfänglich gewahrt wird. 62Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO verbietet es einem Mitgliedstaat, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen. 63Verfügen die Behörden eines Mitgliedstaats über Angaben, die der Antragsteller vorgelegt hat, um das Vorliegen einer solchen Gefahr in dem Mitgliedstaat, der bereits internationalen Schutz zuerkannt hat, nachzuweisen, sind sie daher verpflichtet, auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben und im Hinblick auf den durch das Unionsrecht gewährleisteten Schutzstandard der Grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorliegen. 64Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019, C-163/17, juris, Rdnr. 90. 65Im Übrigen ist nicht völlig auszuschließen, dass eine Person, die internationalen Schutz beantragt hat, außergewöhnliche Umstände nachweisen kann, die ihr eigen sind und im Fall ihrer Überstellung in den nach der Dublin III-VO zuständigen Mitgliedstaat bedeuten würden, dass sie aufgrund ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit der Gefahr einer gegen Art. 4 EU-Charta verstoßenden Behandlung ausgesetzt wäre. 66Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019, C-163/17, juris, Rdnr. 95. 67Daraus folgt, dass die Beurteilung einer solchen Gefahr zu erfolgen hat, nachdem dem Antragsteller Gelegenheit gegeben wurde, alle Umstände, insbesondere persönlicher Art, vorzutragen, die das Vorliegen der Gefahr bestätigen können. Mit dem persönlichen Gespräch kann die Asylbehörde die spezifische Situation des Antragstellers und den Grad seiner Schutzbedürftigkeit beurteilen und sich vergewissern, dass der Antragsteller aufgefordert wurde, alle Umstände vorzubringen, mit denen nachgewiesen werden könnte, dass ihn eine Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat der Gefahr einer gegen Art. 4 EU-Charta verstoßenden Behandlung aussetzen würde. 68Vgl. für die Entscheidung über die Unzulässigkeit des Asylantrags nach Art. 33 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie EuGH, Urteil vom 16. Juli 2020 – C-517/17 –, juris, Rdnr. 53 f. 69Auch kann die fehlende Anhörung vorliegend weder durch die Möglichkeit des Klägers, in seinem Rechtsbehelf schriftlich die Umstände darzulegen, die die Gültigkeit der über seinen Schutzantrag erlassenen Unzulässigkeitsentscheidung in Frage stellen, noch durch die nach nationalem Recht bestehende Pflicht der Asylbehörde und des mit dem Rechtsbehelf befassten Gerichts, alle relevanten Tatsachen von Amts wegen zu ermitteln, geheilt werden. Dem Antragsteller darf die Wahrnehmung des Rechts auf die Durchführung eines persönlichen Gesprächs in der durch die Dublin III-VO und die Verfahrensrichtlinie ausgestalteten Form und unter Einhaltung aller dort festgelegten Bedingungen nicht verwehrt werden. 70EuGH, Urteil vom 16. Juli 2020 – C-517/17 –, juris, Rdnr. 71. 71Liegen danach die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. Buchst. a AsylG nicht vor, fehlt es sowohl dem Erlass der Abschiebungsanordnung (§ 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG) als auch den Feststellungen zu Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG) und der Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (§ 11 AufenthG) an der erforderlichen Rechtsgrundlage. 72Die Kostenentscheidung beruht auf den § 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylG. 73Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 74Der Wert des Verfahrensgegenstandes ergibt sich aus § 30 RVG. 75Rechtsmittelbelehrung: 76Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beantragt werden. Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster. 77Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 781. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 792. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 803. ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 81Der Antrag ist schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 82Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 83In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. 84Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 85Die Antragsschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
der bescheid des bundesamtes für migration und flüchtlinge (bundesamt) vom 22. september 2020 wird aufgehoben. die beklagte trägt die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet 1
2der kläger ist am 00.00.1978 in l. s. geboren und kirgisischer staatsangehöriger. 3er stellte am 1. september 2020 beim bundesamt einen asylerstantrag. 4unter hinweis auf einen treffer im vis-informationssystem, wonach dem kläger unter der nummer ltu000000000 ein vom 16. februar 2020 bis zum 31. märz 2020 gültiges visum für die schengen-staaten ausgestellt worden war, ersuchte das bundesamt litauen am 9. september 2020 um die aufnahme des klägers. dem gesuch stimmte die litauische dublin-einheit mit schreiben vom 17. september 2020 zu. 5zwecks anhörung erhielt der kläger vom bundesamt am 11. september 2020 – unter anderem – den „fragebogen zur bestimmung des für die prüfung des antrages zuständigen mitgliedstaates (erstbefragung)“, den „fragebogen zur prüfung von abschiebungshindernissen im dublin-verfahren (ergänzende befragung)“ und das „merkblatt dublinverfahren russisch“ d1271 jeweils in deutscher und russischer sprache. die fragebögen schickte der kläger ausgefüllt an das bundesamt zurück. 6mit bescheid vom 22. september 2020, dem kläger am 5. oktober 2020 gegen eine empfangsbestätigung ausgehändigt, lehnte das bundesamt den asylantrag des klägers als unzulässig ab (ziff. 1), stellte fest, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und 7 satz 1 des aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (ziff. 2), ordnete die abschiebung des klägers nach litauen an (ziff. 3) und ordnete das einreise- und aufenthaltsverbot gemäß § 11 abs. 1 des aufenthaltsgesetzes an und befristete es auf 12 monate ab dem tag der abschiebung (ziff. 4). zur begründung verwies es darauf, dass für die bearbeitung des asylantrags des klägers litauen zuständig sei und seiner überstellung dorthin rechtlich nichts entgegenstehe. 7am 28. september 2020 wurde der kläger in n. nach § 25 asylg zu seinen asylgründen angehört. für die einzelheiten der anhörung wird auf die betreffende niederschrift auf bl. 133 ff. der verwaltungsvorgänge verwiesen. 8der kläger hat am 12. oktober 2020 klage erhoben. zur begründung macht er geltend, die bedingungen für asylsuchende in litauen seien menschenunwürdig. sie würden in sammellagern eingesperrt, vom wachpersonal misshandelt und nicht hinreichend versorgt. 9der kläger beantragt sinngemäß, 10den bescheid des bundesamtes vom 22. september 2020 aufzuheben, 11die beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13sie ist der auffassung, der angegriffene bundesamtsbescheid sei aus den dort genannten gründen rechtmäßig. 14der kläger hat mit schriftsatz vom 20. november 2020 auf die durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet. die beklagte hat dem erkennenden gericht gegenüber eine entsprechende verzichtserklärung allgemein abgegeben. 15wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten ebenso bezug genommen wie auf den inhalt der beigezogenen verwaltungsvorgänge des bundesamtes. 16
17über das klagebegehren kann im erklärten einverständnis der beteiligten ohne die durchführung einer mündlichen verhandlung entschieden werden (vgl. § 101 abs. 2 vwgo). 18die klage hat erfolg. 19die vorliegend statthafte, 20vgl. bverwg, urteile vom 26. mai 2016 – 1 c 15.15 –, juris, rdnr. 10, vom 14. dezember 2016 – 1 c 4.16 –, juris, rdnr. 14 ff., vom 1. juni 2017 – 1 c 9.17 –, juris, rdnr. 14 f. und vom 25. juli 2017 – 1 c 13/17 – juris, rdnr. 17, 21anfechtungsklage (§ 42 abs. 1 alt. 1 vwgo) ist auch im übrigen zulässig, insbesondere innerhalb der frist der §§ 74 abs. 1 hs. 2, 34a abs. 2 satz 1 asylg gestellt. 22ferner ist sie begründet. der angefochtene bescheid des bundesamtes ist rechtswidrig und verletzt den kläger in eigenen rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 23entgegen der dem bescheid zu grunde liegenden rechtsauffassung lässt sich die zulässigkeit des asylantrags des klägers nach der sach‑ und rechtslage im hier maßgeblichen zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung (§ 77 abs. 1 asylg) nicht gemäß § 29 abs. 1 nr. 1 buchst. a asylg mit der begründung verneinen, dass litauen für die prüfung seines schutzgesuchs zuständig sei. 24nach § 29 abs. 1 nr. 1 buchst. a asylg ist ein asylantrag unzulässig, wenn ein anderer staat nach maßgabe der verordnung (eu) nr. 604/2013 des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 zur festlegung der kriterien und verfahren zur bestimmung des mitgliedstaats, der für die prüfung eines von einem drittstaatsangehörigen oder staatenlosen in einem mitgliedstaat gestellten antrags auf internationalen schutz zuständig ist, (dublin iii‑vo) für die durchführung des asylverfahrens zuständig ist. 25dass litauen danach den von dem kläger am 1. september 2020 im bundesgebiet gestellten asylantrag zu prüfen hat, hat das bundesamt nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. 26die unzulässigkeitsentscheidung ist mangels durchführung eines persönlichen gesprächs mit dem kläger, das art. 5 dublin iii-vo verpflichtend vorschreibt, formell rechtswidrig. 27vgl. hierzu urteile der erkennenden kammer vom 17. september 2020 – 15 k 3663/20.a –, und vom 8. oktober 2020 – 15 k 4208/20.a –, jeweils n. v., und beschlüsse der erkennenden kammer vom 13. august 2020 – 15 l 1533/20.a –, und vom 27. august 2020 – 15 l 1383/20.a –, jeweils n. v. 28nach art. 5 abs. 1 satz 1 dublin iii-vo führt der die zuständigkeit prüfende mitgliedstaat, um das verfahren zur bestimmung des zuständigen mitgliedstaats zu erleichtern, ein persönliches gespräch mit dem antragsteller. 29diesen anforderungen genügt die dem kläger seitens des bundesamtes eingeräumte gelegenheit, durch ausfüllen der ihm übermittelten fragebögen schriftlich zu seinem asylgesuch stellung zu nehmen, nicht. denn die ausschließlich schriftliche beantwortung von fragen unterfällt bereits nicht der bedeutung des wortes „gespräch“ als „mündlicher gedankenaustausch in rede und gegenrede über ein bestimmtes thema“. 30so die definition auf der website des duden, abrufbar unter: https://www.duden.de/rechtschreibung/gespraech (zuletzt abgerufen am 20. november 2020). auch die englische und die französische sprachfassung der dublin iii-vo fordern mit den begriffen „interview“ und „entretien“ eine mündliche konversation. 31dass das persönliche gespräch nach art. 5 dublin iii-vo eine mündliche unterhaltung erfordert, ergibt sich insbesondere auch aus der vorschrift des art. 5 abs. 4 satz 2 dublin iii-vo, wonach die mitgliedstaaten erforderlichenfalls einen dolmetscher hinzuziehen, der eine angemessene verständigung zwischen dem antragsteller und der das persönliche gespräch führenden person gewährleisten kann. diese gelegenheit besteht in dem vorliegend durchgeführten schriftlichen verfahren ersichtlich nicht. 32soweit das bundesamt den kläger zusätzlich am 28. september 2020 zu seinen asylgründen angehört hat, genügt dies ebenfalls nicht den anforderungen des art. 5 dublin iii-vo. denn ausweislich der niederschrift wurden in dem betreffenden gespräch keine fragen gestellt oder angaben gemacht, die für die bestimmung des nach der dublin iii-vo zuständigen mitgliedstaates dienlich sind. 33auch war ein verzicht auf das persönliche gespräch vorliegend nicht zulässig. 34gemäß art. 5 abs. 2 dublin iii-vo darf auf das persönliche gespräch verzichtet werden, wenn der antragsteller flüchtig ist (buchst. a) oder der antragsteller, nachdem er die in art. 4 genannten informationen erhalten hat, bereits die sachdienlichen angaben gemacht hat, so dass der zuständige mitgliedstaat auf andere weise bestimmt werden kann (buchst. b satz 1). 35diese voraussetzungen liegen nicht vor. 36der kläger war nicht flüchtig. eine entbehrlichkeit des persönlichen gesprächs nach art. 5 abs. 2 buchst. b dublin iii-vo scheitert wiederum jedenfalls daran, dass der kläger nicht die in art. 4 dublin iii-vo genannten informationen erhalten hat. denn ihm ist entgegen art. 4 abs. 2 uabs. 1 satz 2, abs. 3 dublin iii-vo nicht das gemeinsame merkblatt der anlage x der durchführungsverordnung (eu) nr. 118/2014 der kommission vom 30. januar 2014 zur änderung der verordnung (eg) nr. 1560/2003 mit durchführungsbestimmungen zur verordnung (eg) nr. 343/2003 des rates zur festlegung der kriterien und verfahren zur bestimmung des mitgliedsstaats, der für die prüfung eines von einem drittstaatsangehörigen in einem mitgliedsstaat gestellten asylantrags zuständig ist (gemeinsames merkblatt), sondern das vom bundesamt selbst erstellte merkblatt dublin d 1271 ausgehändigt worden. 37die entbehrlichkeit des persönlichen gesprächs folgt – ungeachtet der frage, ob diese vorschrift vorliegend neben art. 5 abs. 2 dublin iii-vo anwendbar ist – auch nicht aus art. 14 abs. 2 satz 1 buchst. b der richtlinie 2013/32/eu des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 zu gemeinsamen verfahren für die zuerkennung und aberkennung des internationalen schutzes (verfahrensrichtlinie). hiernach kann auf die persönliche anhörung zum inhalt des antrags verzichtet werden, wenn die asylbehörde der auffassung ist, dass der antragsteller aufgrund dauerhafter umstände, die sich seinem einfluss entziehen, nicht zu einer anhörung in der lage ist. 38dass dies hier der fall wäre, ist weder dargetan noch ersichtlich. insbesondere kann ein verzicht auf das persönliche gespräch unter diesem gesichtspunkt nicht mit der corona-pandemie begründet werden, da die betreffenden umstände in der person des antragstellers liegen müssen. denn art. 14 abs. 2 satz 1 buchst. b der verfahrensrichtlinie bestimmt weiter, dass die asylbehörde im zweifelsfall medizinisches fachpersonal konsultiert, um festzustellen, ob es sich bei dem umstand, der dazu führt, dass der antragsteller nicht zu einer anhörung in der lage ist, um einen vorübergehenden oder dauerhaften zustand handelt. 39da es sich bei dem asylgesuch des klägers nicht um einen folgeantrag handelt, ist auch die ausnahmeregelung des art. 34 abs. 1 uabs. 1 satz 3 der verfahrensrichtlinie nicht einschlägig. 40einer aufhebung des bundesamtsbescheides steht auch nicht die vorschrift des § 46 vwvfg entgegen; die verletzung des rechts auf die durchführung eines persönlichen gesprächs nach art. 5 dublin iii-vo führt zwingend zur aufhebung der unzulässigkeitsentscheidung und zur zurückverweisung der sache an die asylbehörde. 41für die unzulässigkeitsentscheidung nach art. 33 abs. 2 der verfahrensrichtlinie eugh, urteil vom 16. juli 2020 – c-517/17 –, juris, rdnr. 56 ff. anders – vor der entscheidung des gerichtshofs vom 16. juli 2020 – noch ovg nrw, urteil vom 19. mai 2016 – 13 a 1490/13.a –, juris, rdnr. 36, und beschluss vom 22. mai 2019 – 11 a 330/19.a –, juris, rdnr. 30, m. w. n., insbesondere unter berufung auf eugh, urteile vom 15. oktober 2015 – c-137/14 –, juris, rdnr. 60, und vom 7. november 2013 – c-72/12 –, juris, rdnr. 51 ff. 42da die dublin iii-vo die rechtsfolgen eines verstoßes gegen die pflicht zur durchführung eines persönlichen gesprächs nicht ausdrücklich regelt, richten sich diese nach nationalem recht, sofern die einschlägigen nationalen bestimmungen denen entsprechen, die für den einzelnen in vergleichbaren unter das nationale recht fallenden situationen gelten (äquivalenzgrundsatz), und die ausübung der durch die unionsrechtsordnung verliehenen rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (effektivitätsgrundsatz). 43vgl. nur eugh, urteile vom 10. september 2013 – c-383/13 ppu –, juris, rdnr. 35, und vom 16. juli 2020 – c-517/17 –, juris, rdnr. 57. 44vorliegend verstieße die anwendung des § 46 vwvfg gegen den effektivitätsgrundsatz. 45in diesem zusammenhang hat der eugh zwar bereits entschieden, dass eine verletzung der verteidigungsrechte nur dann zur aufhebung der am ende des fraglichen verwaltungsverfahrens erlassenen entscheidung führt, wenn das verfahren ohne diese regelwidrigkeit zu einem anderen ergebnis hätte führen können. 46vgl. etwa eugh, urteil vom 10. september 2013 – c-383/13 ppu –, juris, rdnr. 38, m. w. n. 47diese erwägung kann jedoch – ebenso wie im fall einer verletzung des rechts auf eine persönliche anhörung nach art. 14 f. und 34 der verfahrensrichtlinie –, 48vgl. hierzu eugh, urteil vom 16. juli 2020 – c-517/17 –, juris, rdnr. 59 ff., 49nicht auf einen verstoß gegen die vorgaben des art. 5 dublin iii-vo übertragen werden. 50es spricht bereits vieles dafür, dass sich dies unmittelbar aus der entscheidung des gerichtshofs vom 16. juli 2020 – c-517/17 – ergibt, da die pflicht zur persönlichen anhörung gemäß art. 14, 34 der verfahrensrichtlinie grundsätzlich auch für fälle gilt, in denen nach maßgabe der dublin iii-vo ein antrag nicht geprüft wird. 51nach art. 34 abs. 1 uabs. 1 satz 1 der verfahrensrichtlinie geben die mitgliedstaaten den antragstellern gelegenheit, sich zu der anwendung der gründe nach artikel 33 in ihrem besonderen fall zu äußern, bevor die asylbehörde über die zulässigkeit eines antrags auf internationalen schutz entscheidet. hierzu führen die mitgliedstaaten im rahmen der zulässigkeitsprüfung eine persönliche anhörung durch (art. 34 abs. 1 uabs. 2 satz 2 der verfahrensrichtlinie). 52die regelung zur anhörungspflicht in art. 34 abs. 1 uabs. 1 der verfahrensrichtlinie verweist mithin nicht lediglich auf unzulässigkeitsentscheidungen im sinne des art. 33 abs. 2 der richtlinie, sondern auf die gesamte vorschrift des art. 33 der verfahrensrichtlinie, die in abs. 1 hs. 1 auch entscheidungen nach der dublin iii-vo in bezug nimmt. 53ferner gilt nach art. 34 abs. 1 uabs. 2 der verfahrensrichtlinie art. 34 abs. 1 uabs. 1 der richtlinie unbeschadet des art. 4 abs. 2 buchst. a der richtlinie und des art. 5 der dublin iii-vo. „unbeschadet“ bedeutet dabei „vorbehaltlich“, 54vgl. zu dieser terminologie in anderen bereichen des unionsrechts eugh, urteile vom 14. juli 1977 – c-8/77 –, juris, rdnr. 11, und vom 15. januar 2002 – c-55/00 –, juris, rdnr. 21, 55art. 34 abs. 1 uabs. 2 der verfahrensrichtlinie regelt mithin die konkretisierung des allgemeinen anhörungserfordernisses für besondere anwendungsfälle. soweit sich aus art. 5 dublin iii-vo keine abweichung ergibt, sind deshalb auch im anwendungsbereich der dublin iii-vo die regelungen zur persönlichen anhörung nach der verfahrensrichtlinie anwendbar. 56jedenfalls verbietet hier der effektivitätsgrundsatz die anwendung des § 46 vwvfg aber deshalb, da ohne die durchführung eines persönlichen gesprächs nach art. 5 dublin iii-vo eine vom unionsgesetzgeber als für das asylverfahren von grundlegender bedeutung angesehene schutzmaßnahme außer kraft gesetzt würde; dies wäre mit der praktischen wirksamkeit des art. 5 dublin iii-vo nicht vereinbar. 57vgl. für die persönliche anhörung nach art. 34 der verfahrensrichtlinie eugh, urteil vom 16. juli 2020 – c-517/17 –, juris, rdnr. 59, 66 ff. 58von der grundlegenden bedeutung, die der unionsgesetzgeber dem persönlichen gespräch für das asylverfahren beimisst, zeugt der umstand, dass er im rahmen des art. 5 dublin iii-vo zum einen den mitgliedstaaten eine klare und ausdrückliche pflicht auferlegt hat, personen, die internationalen schutz beantragen, die gelegenheit zu einem persönlichen gespräch zu geben, bevor über ihren antrag entschieden wird, und zum anderen einen abschließenden katalog von ausnahmen von dieser pflicht vorgesehen hat. dass der unionsgesetzgeber ferner nicht nur dem abhalten des persönlichen gesprächs als solchem diese bedeutung beimisst, sondern auch den bedingungen, unter denen dieses stattzufinden hat und deren einhaltung eine voraussetzung für die gültigkeit einer über den asylantrag erlassenen unzulässigkeitsentscheidung ist, zeigt ferner die tatsache, dass er sich in art. 5 dublin iii-vo nicht auf die pflicht zur durchführung des gesprächs beschränkt hat, sondern für die mitgliedstaaten überdies konkrete und detaillierte regeln für die durchführung dieses persönlichen gesprächs aufgestellt hat. 59vgl. zum ganzen für die persönliche anhörung nach art. 34 der verfahrensrichtlinie eugh, urteil vom 16. juli 2020 – c-517/17 –, juris, rdnr. 59, 66 ff., unter verweis auf eugh, urteil vom 14. mai 2020 – c-607/18 –, wuw 2020, 475, 476, rdnr. 57. 60so wird das persönliche gespräch zeitnah geführt, in jedem fall aber, bevor über die überstellung des antragstellers in den zuständigen mitgliedstaat entschieden wird (art. 5 abs. 3 dublin iii-vo). es wird in einer sprache geführt, die der antragsteller versteht oder von der vernünftigerweise angenommen werden darf, dass er sie versteht und in der er sich verständigen kann (art. 5 abs. 4 satz 1 dublin iii-vo). gemäß art. 5 abs. 5 satz 1 dublin iii-vo erfolgt das persönliche gespräch unter bedingungen, die eine angemessene vertraulichkeit gewährleisten. es wird von einer dafür qualifizierten person gemäß dem innerstaatlichen recht durchgeführt (art. 5 abs. 5 satz 2 dublin iii-vo); zudem erstellt der mitgliedstaat, der das persönliche gespräch führt, eine schriftliche zusammenfassung, die zumindest die wesentlichen angaben des antragstellers aus dem gespräch enthält (art. 5 abs. 6 satz 1 dublin iii-vo). ferner soll dieses gespräch auch das richtige verständnis der dem antragsteller gemäß artikel 4 bereitgestellten informationen ermöglichen (art. 5 abs. 1 satz 2 dublin iii-vo). 61zudem ist das in art. 5 dublin iii-vo vorgesehene persönliche gespräch von grundlegender bedeutung, um zu gewährleisten, dass art. 4 eu-charta bei der anwendung der vorgaben der dublin iii-vo auf den sachverhalt vollumfänglich gewahrt wird. 62art. 3 abs. 2 uabs. 2 dublin iii-vo verbietet es einem mitgliedstaat, einen antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten mitgliedstaat zu überstellen, wenn es wesentliche gründe für die annahme gibt, dass das asylverfahren und die aufnahmebedingungen für antragsteller in diesem mitgliedstaat systemische schwachstellen aufweisen, die eine gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden behandlung im sinne des artikels 4 der eu-grundrechtecharta mit sich bringen. 63verfügen die behörden eines mitgliedstaats über angaben, die der antragsteller vorgelegt hat, um das vorliegen einer solchen gefahr in dem mitgliedstaat, der bereits internationalen schutz zuerkannt hat, nachzuweisen, sind sie daher verpflichtet, auf der grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter angaben und im hinblick auf den durch das unionsrecht gewährleisteten schutzstandard der grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte personengruppen betreffende schwachstellen vorliegen. 64vgl. eugh, urteil vom 19. märz 2019, c-163/17, juris, rdnr. 90. 65im übrigen ist nicht völlig auszuschließen, dass eine person, die internationalen schutz beantragt hat, außergewöhnliche umstände nachweisen kann, die ihr eigen sind und im fall ihrer überstellung in den nach der dublin iii-vo zuständigen mitgliedstaat bedeuten würden, dass sie aufgrund ihrer besonderen schutzbedürftigkeit der gefahr einer gegen art. 4 eu-charta verstoßenden behandlung ausgesetzt wäre. 66vgl. eugh, urteil vom 19. märz 2019, c-163/17, juris, rdnr. 95. 67daraus folgt, dass die beurteilung einer solchen gefahr zu erfolgen hat, nachdem dem antragsteller gelegenheit gegeben wurde, alle umstände, insbesondere persönlicher art, vorzutragen, die das vorliegen der gefahr bestätigen können. mit dem persönlichen gespräch kann die asylbehörde die spezifische situation des antragstellers und den grad seiner schutzbedürftigkeit beurteilen und sich vergewissern, dass der antragsteller aufgefordert wurde, alle umstände vorzubringen, mit denen nachgewiesen werden könnte, dass ihn eine überstellung in den zuständigen mitgliedstaat der gefahr einer gegen art. 4 eu-charta verstoßenden behandlung aussetzen würde. 68vgl. für die entscheidung über die unzulässigkeit des asylantrags nach art. 33 abs. 2 der verfahrensrichtlinie eugh, urteil vom 16. juli 2020 – c-517/17 –, juris, rdnr. 53 f. 69auch kann die fehlende anhörung vorliegend weder durch die möglichkeit des klägers, in seinem rechtsbehelf schriftlich die umstände darzulegen, die die gültigkeit der über seinen schutzantrag erlassenen unzulässigkeitsentscheidung in frage stellen, noch durch die nach nationalem recht bestehende pflicht der asylbehörde und des mit dem rechtsbehelf befassten gerichts, alle relevanten tatsachen von amts wegen zu ermitteln, geheilt werden. dem antragsteller darf die wahrnehmung des rechts auf die durchführung eines persönlichen gesprächs in der durch die dublin iii-vo und die verfahrensrichtlinie ausgestalteten form und unter einhaltung aller dort festgelegten bedingungen nicht verwehrt werden. 70eugh, urteil vom 16. juli 2020 – c-517/17 –, juris, rdnr. 71. 71liegen danach die voraussetzungen des § 29 abs. 1 nr. buchst. a asylg nicht vor, fehlt es sowohl dem erlass der abschiebungsanordnung (§ 34a abs. 1 satz 1 asylg) als auch den feststellungen zu abschiebungsverboten (§ 60 abs. 5 und 7 satz 1 aufenthg) und der anordnung und befristung des einreise- und aufenthaltsverbots (§ 11 aufenthg) an der erforderlichen rechtsgrundlage. 72die kostenentscheidung beruht auf den § 154 abs. 1 vwgo, 83 b asylg. 73der ausspruch zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 abs. 1 vwgo, 708 nr. 11, 711 zpo. 74der wert des verfahrensgegenstandes ergibt sich aus § 30 rvg. 75rechtsmittelbelehrung: 76gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung die zulassung der berufung beantragt werden. über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster. 77die berufung ist nur zuzulassen, wenn 781. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat oder 792. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 803. ein in § 138 der verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 81der antrag ist schriftlich bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) zu stellen. er muss das angefochtene urteil bezeichnen. 82der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 83in dem antrag sind die gründe, aus denen die berufung zuzulassen ist, darzulegen. 84im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 85die antragsschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften.
Klaeger*in
1
173,232
86 O 4/14
2014-07-23T00:00:00
Anerkenntnisurteil
Tenor Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Restdarlehen in Höhe von € 1.500,00 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 2013 zurückzuzahlen, an die Klägerin offene Lieferantenforderungen in Höhe von € 16.031,85 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen, und zwar  seit dem 13. Juli 2012 aus € 5.292,60,  seit dem 27. Juli 2012 aus weiteren € 6.920,40 sowie  seit dem 18. August 2012 aus weiteren € 3.818,85, sowie gegenüber der anonym.at GmbH in die Übertragung der Domain www.anonym.de einzuwilligen. Die Kosten des Rechtsstreites trägt der Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: (gem. § 313b Abs. 1, 3 ZPO) 2Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Rückzahlung eines Darlehensbetrages i.H.v. 1500 € und auf Kaufpreiszahlung in Höhe von 16.031,85 € sowie auf Einwilligung in die Übertragung eines Domainnamens in Anspruch. 3Die Klägerin stellt Autopflegeprodukte der Marke F her, die sie im Ausland über so genannte Importeure vertreibt. Die Zusammenarbeit zunächst mit dem Vater des Beklagten und sodann mit dem Beklagten erfolgte in der Weise, dass der Beklagte die Autopflegeprodukte bei der Klägerin bestellte und in Österreich unter Einsatz eigener Vertreter vertrieb. In den letzten zehn Jahren ging der Umsatz des Beklagten erheblich zurück, da er infolge der Konzentration der Mineralölketten und der Einbindung der Tankstellen in die Vertriebsorganisation der Mineralölkonzerne erhebliche Marktanteile verlor. 4Mit als Schuldanerkenntnis und Stundungsabrede überschriebener Vereinbarung vom 22.4.2013 gewährte die Klägerin dem Beklagten ein Darlehen i.H.v. 6.750 € sowie einen Warenkredit von bis zu 123.250,01 € . 5Der Beklagte hatte die Domain der Klägerin www.anonym.de für Österreich in seinem Namen registriert. 6Mit Schreiben vom 4.9.2013 kündigte die Klägerin die Zusammenarbeit mit dem Beklagten und forderte ihn auf, noch offene Forderungen zu regulieren. Mit Schreiben vom 26.9.2014 untersagte die Klägerin dem Beklagten, u.a. das Zeichen F einzusetzen. 7Der Beklagte hat die beiden letzten monatlichen Raten von je 750 € aus der Darlehensvereinbarung vom 22.4.2013 nicht gezahlt. Für gelieferte Produkte gemäß Rechnungen vom 13.6.2012, 27.6.2012 und 18.7.2012 ist ein Kaufpreis i.H.v. 16.031,85 € offen. 8Die Klägerin begehrt die Zustimmung des Beklagten in die Übertragung der Domaine www.anonym.de auf die Klägerin, da der Beklagte mit dem Widerruf der Einwilligung den Markennamen der Klägerin nicht mehr nutzen dürfe. 9Die Klägerin beantragt, 10den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin ein Restdarlehen i.H.v. 1500 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.11.2013 zu zahlen, 11den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin offene Lieferantenforderungen i.H.v. 16.031,85 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen, und zwar seit dem 13.7.2012 aus 5.292,60 €, seit dem 27.7.2012 aus weiteren 6.920,40 € sowie seit dem 18.8.2012 aus weiteren 3.818,85 €, 12sowie schließlich den Beklagten zu verurteilen, gegenüber der anonym.at GmbH in die Übertragung der Domain www.anonym.de einzuwilligen. 13Der Beklagte hat zunächst beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15Mit Schriftsatz vom 22.7.2014 hat er schließlich 16 die gesamte Klageforderung vollumfänglich anerkannt. 17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 18Entscheidungsgründe: 19Die Klage ist zulässig. 20Nachdem der Beklagte mit Schriftsatz vom 22.7.2013 die gesamte Klageforderung vollumfänglich anerkannt hat, war auf Antrag der Klägerin ein Anerkenntnisurteil zu erlassen. 21Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 1 ZPO. 22Streitwert: 18.531,85 €
der beklagte wird verurteilt, an die klägerin ein restdarlehen in höhe von € 1.500,00 nebst zinsen in höhe von 8 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 1. november 2013 zurückzuzahlen, an die klägerin offene lieferantenforderungen in höhe von € 16.031,85 nebst zinsen in höhe von 8 prozentpunkten über dem basiszinssatz zu zahlen, und zwar  seit dem 13. juli 2012 aus € 5.292,60,  seit dem 27. juli 2012 aus weiteren € 6.920,40 sowie  seit dem 18. august 2012 aus weiteren € 3.818,85, sowie gegenüber der anonym.at gmbh in die übertragung der domain www.anonym.de einzuwilligen. die kosten des rechtsstreites trägt der beklagte. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. 1
(gem. § 313b abs. 1, 3 zpo) 2die klägerin nimmt den beklagten auf rückzahlung eines darlehensbetrages i.h.v. 1500 € und auf kaufpreiszahlung in höhe von 16.031,85 € sowie auf einwilligung in die übertragung eines domainnamens in anspruch. 3die klägerin stellt autopflegeprodukte der marke f her, die sie im ausland über so genannte importeure vertreibt. die zusammenarbeit zunächst mit dem vater des beklagten und sodann mit dem beklagten erfolgte in der weise, dass der beklagte die autopflegeprodukte bei der klägerin bestellte und in österreich unter einsatz eigener vertreter vertrieb. in den letzten zehn jahren ging der umsatz des beklagten erheblich zurück, da er infolge der konzentration der mineralölketten und der einbindung der tankstellen in die vertriebsorganisation der mineralölkonzerne erhebliche marktanteile verlor. 4mit als schuldanerkenntnis und stundungsabrede überschriebener vereinbarung vom 22.4.2013 gewährte die klägerin dem beklagten ein darlehen i.h.v. 6.750 € sowie einen warenkredit von bis zu 123.250,01 € . 5der beklagte hatte die domain der klägerin www.anonym.de für österreich in seinem namen registriert. 6mit schreiben vom 4.9.2013 kündigte die klägerin die zusammenarbeit mit dem beklagten und forderte ihn auf, noch offene forderungen zu regulieren. mit schreiben vom 26.9.2014 untersagte die klägerin dem beklagten, u.a. das zeichen f einzusetzen. 7der beklagte hat die beiden letzten monatlichen raten von je 750 € aus der darlehensvereinbarung vom 22.4.2013 nicht gezahlt. für gelieferte produkte gemäß rechnungen vom 13.6.2012, 27.6.2012 und 18.7.2012 ist ein kaufpreis i.h.v. 16.031,85 € offen. 8die klägerin begehrt die zustimmung des beklagten in die übertragung der domaine www.anonym.de auf die klägerin, da der beklagte mit dem widerruf der einwilligung den markennamen der klägerin nicht mehr nutzen dürfe. 9die klägerin beantragt, 10den beklagten zu verurteilen, an die klägerin ein restdarlehen i.h.v. 1500 € nebst zinsen i.h.v. 8 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 1.11.2013 zu zahlen, 11den beklagten zu verurteilen, an die klägerin offene lieferantenforderungen i.h.v. 16.031,85 € nebst zinsen i.h.v. 8 prozentpunkten über dem basiszinssatz zu zahlen, und zwar seit dem 13.7.2012 aus 5.292,60 €, seit dem 27.7.2012 aus weiteren 6.920,40 € sowie seit dem 18.8.2012 aus weiteren 3.818,85 €, 12sowie schließlich den beklagten zu verurteilen, gegenüber der anonym.at gmbh in die übertragung der domain www.anonym.de einzuwilligen. 13der beklagte hat zunächst beantragt, 14die klage abzuweisen. 15mit schriftsatz vom 22.7.2014 hat er schließlich 16 die gesamte klageforderung vollumfänglich anerkannt. 17wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gewechselten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 18
19die klage ist zulässig. 20nachdem der beklagte mit schriftsatz vom 22.7.2013 die gesamte klageforderung vollumfänglich anerkannt hat, war auf antrag der klägerin ein anerkenntnisurteil zu erlassen. 21die prozessualen nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 nr. 1 zpo. 22streitwert: 18.531,85 €
Klaeger*in
1
164,971
13 K 692/14.O
2015-06-09T00:00:00
Urteil
Tenor Der Beklagte wird wegen Dienstvergehens in das Amt eines Polizeiobermeisters (Besoldungsgruppe A 8) zurückgestuft. Der Kläger trägt ¼ und der Beklagte ¾ der Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der am 00.00.0000 in E. geborene Beklagte verließ im Juli 0000 die Realschule mit dem Realschulabschluss. 3Am 00.00.0000 trat der Beklagte in den Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen ein. Am 00.00.0000 erfolgte seine Ernennung zum Polizeioberwachtmeister auf Probe und am 00.00.0000 zum Polizeimeister. Seine Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit erfolgte im 00.00.0000. Am 00.00.0000 erfolgte seine Ernennung zum Polizeihauptmeister. Zuletzt wurde er am 00.00.0000 zum Polizeikommissar ernannt. In seiner letzten, den Zeitraum von Januar 0000 bis Januar 0000 umfassenden dienstlichen Beurteilung wurden die Leistungen mit „entspricht voll den Anforderungen“ bewertet. An den nachfolgenden Regelbeurteilungsverfahren nahm der Beklagte wegen anhängiger Disziplinarverfahren nicht teil. 4Der Beklagte ist zum vierten Mal verheiratet und kinderlos. 5Mit Ausnahme des hier zu beurteilenden Sachverhalts ist der Beklagte disziplinarrechtlich bereits einmal in Erscheinung getreten. Wegen Ausübens einer nicht genehmigten Nebentätigkeit (Handel mit importierten Heizungsanlagen seit 0000) wurde in einem ab dem Jahr 0000 gegen den Beklagten geführten und am 00.00.0000 abgeschlossenen Disziplinarverfahren mit Disziplinarverfügung vom 15. Januar 2008 eine Kürzung der Dienstbezüge um 2 % für die Dauer von 18 Monaten verhängt. Dem Beklagten wurde vorgeworfen, seit 0000 bis in das Jahr 0000 hinein dem Handel nachgegangen zu sein. In diesem Disziplinarverfahrens hatte der Beklagte erklärt, dass er seine gewerbliche Tätigkeit beendet habe, und legte als Beleg hierzu eine Kopie seiner Gewerbeabmeldung zum 00.00.0000 vor. Zudem hatte er am 00.00.0000 im Rahmen einer eidesstattlichen Versicherung erklärt, dass er sein Gewerbe am 00.00.0000 abgemeldet habe. 6Mit Verfügung vom 00.00.0000 leitete das Polizeipräsidium gegen den Beklagten das Disziplinarverfahren ein, weil dieser im Verdacht stand, einen Betrug zum Nachteil des K. O. im Rahmen der Ausübung seiner Nebentätigkeit begangen zu haben, eine genehmigungsbedürftige Nebentätigkeit ohne Genehmigung ausgeübt zu haben und in dem abgeschlossenen Disziplinarverfahren falsche Angaben gemacht zu haben, indem er erklärte, die Nebentätigkeit nicht länger ausüben zu wollen. Das Disziplinarverfahren wurde gleichzeitig für die Dauer des wegen des Verdachts des Betruges anhängigen Strafverfahrens ausgesetzt. Mit Verfügung vom 00.00.0000 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben. Seit dem 00.00.0000 behielt das Polizeipräsidium zunächst für den Monat Dezember eines jeden Jahres 1 % der Dienstbezüge ein und schloss den Beklagten für die Dauer der vorläufigen Dienstenthebung von der jährlichen Sonderzuwendung aus. 7Mit Urteil des Amtsgerichts E. vom 00.00.0000, rechtskräftig seit dem 00.00.0000, wurde der Beklagte wegen eines am 00.00.0000 zum Nachteil des K. O. begangenen Betruges schuldig gesprochen und verwarnt. Eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 40 Euro wurde unter Strafvorbehalt gestellt, und es wurde eine Bewährungszeit von 2 Jahren festgesetzt. 8Das Amtsgericht traf folgende Feststellungen: 9„Am 00.00.0000 unterbreitete der Beklagte dem Geschädigten O. ein Angebot für die Installation von zwei Gasheizanlagen in Höhe von 4.850 Euro, wobei er sich hierbei als „K1. . T. “, einem Mitarbeiter der Fa. „N. -Haus-E1. “, ausgab, um durch Verschleierung seiner Identität etwaige Rückforderungsansprüche zu verhindern. Unter dem 00.00.0000 übergab der Geschädigte O. dem Beklagten einen Vorschuss in Höhe von 1000 Euro, wofür ihm der Beklagte eine Quittung überreichte, die er wiederum mit „K2. T. “ zeichnete. Wie von vornherein geplant führte der Beklagte in der Folgezeit weder Installationsmaßnahmen durch, noch zahlte er den Vorschuss zurück, sondern verwandte die 1.000 Euro für eigene Zwecke.“ 10In dem oben genannten Strafverfahren wurden aufgrund eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts E. vom 00.00.0000 am 00.00.0000 eine Hausdurchsuchung und Beschlagnahmen bezüglich geschäftlicher Unterlagen des Beklagten durchgeführt. Nachdem dem Beklagten in dem Strafverfahren nur der Betrug zum Nachteil des Geschädigten O. nachzuweisen war, wurden die beschlagnahmten Unterlagen durch das Kriminalkommissariat (KK) 00 des Polizeipräsidiums E. asserviert. Da der Verteidiger des Beklagten in der strafrechtlichen mündlichen Verhandlung die Herausgabe der im KK 00 befindlichen Unterlagen wünschte, beantragte das Polizeipräsidium bei dem Verwaltungsgericht Münster mit Antrag vom 00.00.0000 die Anordnung der Beschlagnahme der sich im Gewahrsam des KK 00 befindlichen Unterlagen des Beklagten zwecks Nachweis über Dauer und Umfang seiner Nebentätigkeit. Am 00.00.0000 erging ein Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster, mit dem die Beschlagnahme der in dem Ermittlungsverfahren anlässlich der Durchsuchung am 00.00.0000 sichergestellten und in den fünf Sicherstellungsprotokollen aufgeführten Gegenstände und Geschäftsunterlagen angeordnet wurde, „soweit diese sich noch im Gewahrsam des Antragsgegners befinden“. In seiner Begründung führt das Verwaltungsgericht u.a. aus, „dass bei einer Herausgabe der Unterlagen an den Beamten eine nachfolgende Vernichtung der einschlägigen Beweismaterialien zu besorgen“ sei. 11Durch Strafbefehl des Amtsgerichts E. vom 00.00.0000, rechtskräftig seit dem 00.00.0000, wurde gegen den Beklagten sodann wegen in der Zeit vom 00.00.0000 bis 00.00.0000 begangener Steuerhinterziehung in sieben Fällen und in Höhe von 106.351 Euro eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 30 Euro festgesetzt. Das Amtsgericht traf in diesem folgende Feststellungen: 12„Sie betrieben seit 0000 ein Einzelunternehmen unter der Bezeichnung „F. “, mit Sitz in E. , I.-------straße 24. Unternehmensgegenstand war die Beratung und Vermittlung von technischen Geräten und deren Verkauf. Hierbei handelte es sich im Wesentlichen um den Reimport von Gasthermen pp. aus benachbarten EU-Ländern und deren Verkauf bzw. Einbau zumeist in Deutschland. 131. 14Im Jahre 0000 erzielten Sie mit dem Gewerbe Nettoumsätze in Höhe von 185.000 Euro, erklärten diese gegenüber dem Finanzamt jedoch nicht. 152.- 4. 16Obwohl sie mit Ihrer gewerblichen Tätigkeit im Jahre 0000 Nettoumsätze in Höhe von 258.221,46 Euro und einen Gewinn i.H.v. 85.597 Euro erzielten, gaben Sie für dieses Jahr weder eine Umsatz- noch eine Einkommensteuer- und Gewerbesteuererklärung gegenüber dem Finanzamt E. -Hörde ab. Zwar reichten Sie noch eine Einkommenssteuererklärung für 2006 ein, jedoch erst nach dem Zeitpunkt, an dem 95 % der Veranlagungsarbeiten für das Jahr 0000 bereits abgeschlossen waren. In dieser erklärten Sie einen Gewinn aus dem Betrieb F. in Höhe von 0,00 Euro, obwohl Sie mit dieser einen Gewinn von 85.597,00 Euro erwirtschaftet hatten. 175. - 7. 18Zum 00.00.0000 meldeten Sie Ihr Gewerbe F. offiziell ab, führten es aber tatsächlich auch im Jahr 0000 unter gleicher Anschrift weiter. Um Ihre gewerbliche Tätigkeit zu verschleiern, rechneten Sie Ihre erzielten Umsätze i. H. v. 128.278,15 Euro netto unter dem Briefkopf eines anderen Einzelunternehmers „N. -Haus-E. “. Inhaber F1. I1. , ab. So erklärten Sie für das Jahr 0000 weder Ihre tatsächlich erzielten gewerblichen Umsätze noch den daraus erzielten Gewinn i. H. v. 35.000 Euro. Ebenso gaben Sie weder eine Einkommen- noch eine Gewerbesteuererklärung ab. 19Durch die Nichtabgabe der Steuererklärungen gegenüber dem zuständigen Finanzamt E. -I2. haben Sie im Tatzeitraum ( 00.00.0000 bis zum 00.00.00) Umsatzsteuern in Höhe von 51.345 €, Gewerbesteuern in Höhe von 8.797 € und Einkommenssteuern in Höhe von 46.209 €, somit Steuern in Höhe von insgesamt 106.351 € verkürzt.“ 20Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Strafbefehls Bezug genommen. 21Mit Verfügung vom 00.00.0000 setzte das Polizeipräsidium das Disziplinarverfahren fort und dehnte es auf den Vorwurf der Steuerhinterziehung sowie den Vorwurf, eine Nebentätigkeit auch während krankheitsbedingter Dienstabwesenheit begangen zu haben, aus. Im Zuge der Erweiterung des Disziplinarverfahrens erhöhte das Polizeipräsidium mit Verfügung vom 00.00.0000 den Einbehaltungssatz für die Dienstbezüge auf 50 %. 22Mit Schreiben vom 00.00.0000 ersuchte der Beklagte um Genehmigung einer Nebentätigkeit als Aushilfe auf 450-Euro-Basis bei der Firma U. GmbH, die ihm am 00.00.0000 versagt wurde. 23Am 00.00.0000 erfolgte die mündliche Anhörung des Beklagten. 24Mit der am 20. März 2014 bei Gericht eingegangenen Disziplinarklage wird dem Beklagten vorgeworfen, eine nicht genehmigte und nicht genehmigungsfähige Nebentätigkeit (gewerbsmäßiger Handel mit Brennwertthermen) auszuüben und damit gegen geltende Nebentätigkeitsbestimmungen verstoßen zu haben, sowie schuldhaft seine Pflicht zum achtungs- und vertrauensvollen Verhalten verletzt zu haben, da er in Ausübung der Nebentätigkeit Straftaten begangen habe. Da der Beklagte die Nebentätigkeit z.T. während Krankheitszeiten ausgeübt habe, wird ihm zudem ein Verstoß gegen seine aus der Pflicht zum vollen persönlichen Einsatz abzuleitende Einzelpflicht zur Gesunderhaltung vorgeworfen. Dadurch habe er seine Dienstpflichten aus den §§ 57 Satz 3, 68 Absatz 1 i. V. m. § 83 Absatz 1 Satz 1 LBG NRW a.F. bzw. § 24 Satz 1 und Satz 3 Beamtenstatusgesetz, § 49 LBG i. V .m. § 47 BeamtStG verstoßen. 25Im Einzelnen wirft der Kläger dem Beklagten Folgendes vor: 261. 27Aufgrund der am 00.00.0000 begangenen Straftat des Betruges, die in dem Urteil des Amtsgerichts E. vom 00.00.0000 - gemäß § 23 Abs. 1 LDG NRW bindend - festgestellt worden sei, habe der Beklagte gegen die Pflicht zum Wohlverhalten gem. § 57 Satz 3 LBG NRW a.F. bzw. § 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen. 282. 29Obwohl gegen den Beklagten bereits wegen der Nichtanzeige einer Nebentätigkeit ab dem Jahr 0000 ein Disziplinarverfahren geführt worden sei und mit Disziplinarverfügung vom 00.00.0000 seine Dienstbezüge zu kürzen gewesen seien, sei er dennoch weiter ohne Genehmigung seiner Nebentätigkeit, dem gewerblichen Vertrieb von Brennwertthermen nachgegangen. Dabei habe er zu keiner Zeit über die erforderliche Nebentätigkeitsgenehmigung verfügt. 30Das ergebe sich zum einen aus dem dargelegten Urteil, wonach der Beklagte am 00.00.0000 unter Nutzung der Alias-Identität „K2. T. “ einen Betrug im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Brennwerttherme begangen habe. 31Weiter sei im Rahmen von Steuerhinterziehungsermittlungen durch die Steuerfahndung festgestellt worden, dass der Beklagte im Jahre 0000 unter dem Firmennamen “N. -I3. -E1. “ und dem Alias-Namen „K2. T. “ der Nebentätigkeit eines gewerblichen Verkaufs von Heizthermen nachgegangen sei, ohne Steuern abzuführen. Dabei sei der Zahlungsverkehr über die Konten von I4. C. und F1. I1. , worüber der Beklagte mit Vollmacht habe verfügen können, geführt worden. Das Firmenlogo der Firma „N. -C1. -E1. “ sei auf dem PC des Beklagten erstellt worden. 32Zudem ergebe sich aus den in dem Ermittlungsverfahren wegen Betruges sichergestellten Schriftstücken, dass der Beklagte in den Jahren 0000 und 0000 dem gewerblichen Handel mit Brennwertthermen nachgegangen sei. Unter anderen befänden sich dort: 33(1) ein schriftliches Angebot vom 00.00.0000 an „L. “ über eine Brennwerttherme 34(2) vom 00.00.0000 und 35(3) vom 00.00.0000 an Herrn P. für zwei Gasheizungen bzw. eine Brennwerttherme, sowie am 36(4) 00.00.0000 an Herrn C2. der Fa. F. , welche per elektronischer Unterschrift mit dem Namen des Beklagten ("G. C. ") unterzeichnet wurden. 37(5) Ein schriftlichen Angebot der Fa. F. , ohne Datum, für einen Herrn T1. , in Höhe von 6.000,00 Euro bzw. 5.150,00 Euro. Dieses Angebot enthält den Eintrag, Kontoinhaber: C. , T2. Bank West und Geschäftsführerin N1. N2. . 38(6) Ein Antwortschreiben vom 00.00.0000 an den Bezirksschornsteinfeger G1. , G2. und vom 39(7) 00.00.0000 an einen Herrn L1. über die Frage, ob eine Junkers-Therme in Deutschland betrieben werden darf. Unterschrieben jeweils mit "i.A. C. ". 40(8) Eine Email eines Herrn G3. v. 00.00.0000, F2. -Solartechnik, X. an "F3. @E2. .net", eingeleitet mit den Worten: "Hallo Herr C. , wie soeben telefonisch vereinbart […]" über die Lieferung einer Gaskombitherme im Wert von 1.600,00 Euro an eine Baustelle in T3. . 41(9) Emailverkehr vom 00.00., 00./00.00., zwischen dem Beklagten als Vertreter der Fa. "N. -I3. -E1. " und Herrn T4. über die Lieferung von vier Wolf Brennwertkombithermen CGB-K 20 und der Erstattung eines Restbetrages. 42(10) Am 00.00.0000 verkaufte die N. -I3. -E1. , Geschäftsführer: F1. I1. über die Internet Plattform "F4. " eine Wolf-Kombitherme zu einem Preis von 1.800,00 Euro an J. T5. , A.---------straße 18, 18356 Q. . 43(11) Am 00.00.0000 verkaufte die N. -I3. -E1. , Geschäftsführer: F1. I1. , über die Internet Plattform F5. eine Wolf-Kombitherme zu einem Preis von 1.890,00 Euro an einen B. M. . 44(12) Mit Datum vom 00.00.0000 wurde von "N. -I3. -E1. " per E-Mail eine Aufstellung zugeschickt an "F7. @E3. .net", in der "Löhne und Gehälter K." aufgelistet sind. 45(13) Der angebliche "K1. . T. , Fa. N. -I3. -E1. ", erstellt am 00.00.0000 ein angefragtes Angebot für einen Herrn H1. in Höhe von 4.049,00 Euro u.a. für eine Brennwerttherme und einen Solarspeicher. Er weist in diesem Angebot darauf hin, dass der Kundenstamm der Firma F. "treu sorgend" in die Hände der Firma "N. -I3. -E1. ", Anschrift: T6.----------straße 8 in 00000 E. mit der Telefonnummer 0000/0000000 (hierbei handelt es sich um die Telefonnummer der Firma U2. ) übergeben wurde. 46(14) Fax vom 00.00.0000 des Herrn T4. an Herrn C. , Adresse I.-------straße 22, 00000 E. , mit dem Betreff: "Unser Telefonat am 00.00.0000". In diesem Fax legt Herr T4. dar, dass er die telefonische Erreichbarkeit des Beamten erfahren möchte, um "den Umweg über die Dienststelle zu vermeiden". Das Fax betrifft die Lieferung von bereits gezahlten Gasthermen zum Preis von 10.740,00 Euro und um die Fristsetzung des Einbaus in T7. . 47(15) Mit Datum vom 00.00.0000 und vom 48(16) 00.00.0000 bestellte PK C. in drei gesonderten Bestellungen bei Herrn J1. Wolf Kombithermen mit Zubehör und bittet um "gesonderte Faktura pro Forma". Alle Bestellungen haben den Absender N. -I3. -E1. , i. A. G. C. , Geschäftsführer: F1. I1. . 49(17) Ebenfalls am 00.00.0000 wurde ein Schreiben an Herrn E4. T4. erstellt, in dem der Beklagte sich auf seine Telefonate vom 00.00. und 00.00.0000 bezieht. Er bittet um neue Terminsetzungen für die 44. KW, um ein Gerät zu liefern, welches er als Privatkunde bei einem Händler bestellt und bezahlt habe und kündigt die Lieferung von 1-2 weiteren Geräten an. Seine telefonische Erreichbarkeit gibt er an mit Tel. 0000/0000000. In diesem Schreiben wurde durch Herrn C. ergänzt, dass er hier nur vermittelnd tätig werde, da er seinen ehemaligen Kundenstamm an die Firma N. -I3. -E1. zur weiteren Betreuung abgegeben habe. 50(18) Durch den E-Mail-Absender FH.C. @H2. .de wurde am 00.00.0000 eine E-Mail mit dem Betreff Verpflichtungserklärung an Herrn T4. versandt. 51(19) Am 00.00.0000 wurde durch "K1. . T. , Ihr N. -I3. -E1. Team" ein Angebot für Z. B2. , Q1. -M2. -Weg 24 b, 00000 I5. , erstellt. 52(20) Am 00.00.0000 wurde von der Firma N. -I3. -E1. , I.-------straße 24, 00000 E. , Tel. 0000/0000000, für Herrn Dr. N3. T8. , S.----straße 41, 00000 N4. eine Rechnung mit der Rechnungsnummer 50 erstellt in Höhe von 2.110,00 Euro für eine Wolf Kombitherme. 53(21) Eine E-Mail vom 00.00.0000 von dem Absender "[email protected]" an Herrn C. , Adresse ebenfalls I.-------straße , Fax-Nr. 0000-0000000 mit dem Hinweis auf Einleitung eines Mahnverfahrens, falls die angekündigte Therme nicht bis zum 00.00.0000 geliefert wird, 54(22) sowie weitere vom 00.00.0000, in der sich Herr T4. für die Übersendung einer Verpflichtungserklärung bedankt, und vom 00.00.0000 mit dem Betreff: "Anlieferung Therme". 55(23) Eine E-Mail von "P1. @Z1. .de" v. 00.00.0000 an Herrn C. ("FH.C. @H3. .de") mit dem Hinweis, dass "alles angekommen" sei, 56(24) sowie eine Weitere vom 00.00.0000 an "F8. @E5. .net", in der der Verfasser sich bei Empfänger G. nach dem Verbleib von Thermen an den Kunden E4. T4. erkundigt. Der Kunde T4. habe mit Anzeige bei Ausbleiben der Lieferung gedroht. 57(25) Am 00.00.0000 wurde durch "K1. . T. " (Unterschrift unleserlich), Firma N. -I3. -E1. , I.-------straße 24, 00000 E. , Tel. 0000/0000000, in einem Schreiben an Herrn B3. T9. mitgeteilt, dass "aus den an uns übergebenen Daten der Fa. F. " die Lieferung der Gerätetypen, 4 x Wolf Brennwertkombithermen, Typ CGB-K 20, 10 x Wolf Kombitherme, Typ TGG-K 18 erfolgte. 58 Weiter finden sich folgende Schriftstücke, die auch eine spätere Nebentätigkeit im Jahr 0000 belegen: 59(26) Eine Rechnung vom 00.00.0000 an Herrn P. , X1. über eine Höhe von 5.200,00 Euro. Als Zahlungsempfänger ist angegeben: "C. , Spardabank West […]". 60(27) Ein Angebot vom 00.00.0000 der Fa. I KG für T10. T. über einen Gesamtwert von 2.964,74 Euro. Als Abholer für den 00.00.0000 ist Herr C. eingetragen. 61(28) Am 00.00.0000 wurde durch Herrn C4. von der C5. , C6. Straße 112 c, 00000 S1. bei der Firma "U. , I.-------straße 24, 00000 E. " eine "Eco Therm WSC 20 (Brötje) mit einem Umrüstsatz zum Preis von 1.500,00 Euro" bestellt. Diese Bestellung wird mit "Sehr geehrter Herr T. …" begonnen. Es wird Barzahlung bei Lieferung vereinbart. 62 Am 00.00.0000 wurde an den Kunden C4. von der C5. , T11.---------straße 2, 00000 X2. diese genannte Kombitherme mit der Lieferschein Nr. 00 geliefert. 63 Demnach liegt der Verdacht nahe, dass der Beklagte nach der Bestellung der Therme durch den Kunden von der C5. diese auch für ihn geordert hat. 64 Diese Order ist entweder am 00.00.0000 oder in den zwei Tagen danach erfolgt, da die Auslieferung an den Kunden von der C5. offensichtlich laut Lieferschein am 00.00.0000 erfolgte. 65 Ermittlungen durch KHK'in D. , KK 23, PP E. , vom 00.00.0000 haben ergeben, dass Herrn von der C5. der Vorfall in der Form erinnerbar war, dass er die 1.500,00 Euro in bar bei der Bank abheben musste und das Geld an einen männlichen Auslieferungsfahrer bei Lieferung übergeben hatte. 66(29) Ein F4. -Angebot vom 00.00.0000 über eine Kombitherme Wolf CGB‑K 202 eines "K1. . T. , Fa. U. , sowie darauf bezogener E‑Mail-Verkehr vom 00.00.0000 zwischen "T12. " und "K1. . T. ". 67(30) Am 00.00.0000 um 15.10 Uhr erfolgte über das F9. -Auktionshaus eine Anfrage des Mitgliedes "T13. " an "N1. N2. (U3. T)" für eine vom Anbieter "U4. " bei "F10. " eingestellte Außenwand Kombitherme Wolf GG-2EK-S18. Am 00.00.0000 um 15.14 Uhr antwortete "K1. . T. , U. " mit der Bitte um Rückruf zwecks Absprache unter der Rufnummer 0000/0000000. 68Aus der Vernehmungen der Zeugin N2. vom 00.00.0000 und 00.00.0000 in dem wegen Betruges geführten Ermittlungsverfahren ergebe sich zudem, was diese unternommen habe, um ein Gewerbe zu beantragen, damit sie als scheinbare Geschäftsführerin für den Handel mit Brennwertthermen bei der Firma „U2. “ bzw. „F. “ für den Beklagten eingesetzt werde. 69Im Rahmen der durchgeführten Ermittlungen zu den Firmen „F. “, „N. -I3. -E1. “ und „U. “ sei als angeblicher Geschäftsführer Herr F1. I1. festgestellt worden. Tatsächlich habe der Beklagte die Geschäfte weiter ausgeführt. 70Der Beklagte habe damit gegen seine Pflicht aus §§ 68 Abs. 1 LBG NRW a.F. (jetzt § 49 Abs.1 Satz 1 Nr. 3 LBG NRW), Nebentätigkeiten nur nach Genehmigung auszuüben, verstoßen. 713. 72Der Beklagte habe die Nebentätigkeit auch fortgeführt, obwohl er zugesagt habe, dass er diese ab Ende Dezember 0000 nicht mehr fortführen werde. 73In seiner Vernehmung vom 00.00.0000, die Rahmen des bereits abgeschlossenen Disziplinarverfahrens wegen des Ausübens einer unerlaubten Tätigkeit durchgeführt worden sei, habe der Beklagte mitgeteilt, dass er sich konkret darum bemühe, sein Geschäft zu veräußern. Telefonisch habe er dem damaligen Ermittlungsführer mitgeteilt, dass er die Nebentätigkeit nicht länger ausübe, und habe per Fax eine Gewerbeabmeldung übermittelt. In seiner Vernehmung vom 00.00.0000 habe der Beklagte mitgeteilt, dass es ihm gelungen sei, das Geschäft an Frau N1. N2. als Geschäftsführerin zu übergeben. Am 00.00.0000 habe er eine eidesstattliche Versicherung abgegeben, dass er sein Gewerbe am 00.00.0000 abgemeldet habe. 74Am 00.00.0000 habe er jedoch sodann die F. Ltd (die sich seit dem 00.00.0000 in Liquidation befinde) gegründet und weiter über diese den Verkauf von Heizungsthermen im Jahre 0000 abgerechnet. Bei einer Besprechung des Finanzamtes am 00.00.0000 habe der Beklagte seine Taten - entsprechend den Feststellungen der Steuerfahndung - auch eingeräumt. 75Auch wenn die Wahrheitspflicht im Pflichtenkatalog des BeamtStG nicht ausdrücklich genannt sei, folge sie aus dem Wesen des Beamtenverhältnisses als gegenseitigem Dienst- und Treueverhältnis, aus der Beratungs- und Unterstützungspflicht des Beamten gegenüber seinen Vorgesetzten sowie aus der Pflicht des Beamten zu achtungs- und vertrauensgerechten Verhalten. Trotz der grundsätzlichen Befugnis zur Abgabe einer Schutzbehauptung im Rahmen eines Disziplinarverfahrens habe der Beklagte durch die wahrheitswidrigen Angaben einen Pflichtverstoß begangen, da ihm zuzumuten gewesen wäre, wahrheitsgemäße Angaben zu machen bzw. die von ihm getätigte wahrheitswidrige Zusage komplett zu unterlassen. 764. 77Aus dem Steuerstrafverfahren ergebe sich entsprechend den gemäß § 23 Abs. 2 LDG NRW zugrunde zu legenden Feststellungen des rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts E. vom 00.00.0000, dass der Beklagte in der Zeit vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000 keine Steuererklärung abgegeben und dadurch Steuern in Höhe von 106.351 Euro verkürzt habe. Auch mit diesem Verhalten habe der Beklagte gegen die Pflicht zum Wohlverhalten gem. § 57 Satz 3 LBG NRW a.F. bzw. § 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen. 785. 79Weiter sei der Beklagte auch während Zeiten seiner Krankmeldung seiner Nebentätigkeit nachgegangen. Ausweislich der Personalakte ergäben sich folgende Zeiten der Krankmeldung: 80vom 00.00. bis 00.00.0000, vom 00.00. bis 00.00.0000, 00.00.0000, 00.00.0000, vom 00.00. bis 00.00.0000, vom 00.00. bis 00.00.0000, 00.00.0000, vom 00.00. bis 00.00.0000, 00.00.0000 und vom 00.00. bis 00.00.0000. 81Gleichwohl habe der Beklagte an folgenden Tagen - wie bereits unter dem Vorwurf zu Ziffer 2) dargestellt - Kontakt mit Geschäftskunden gehabt: 8200.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 44.KW 00, 00.00.00 und 00.00.00 (vgl. Schriftstücke (2),(3),(10)-(25),(28),(30)). 83Damit habe der Beklagte gegen die ihm obliegende Pflicht zum vollen persönlichen Einsatz gemäß § 34 S. 1 BeamtStG verstoßen. 84Der Beklagte habe auch bewusst und gewollt gegen seine beamtenrechtlichen Pflichten verstoßen, lediglich die Steuerhinterziehung dürfte fahrlässig, aber gleichwohl schuldhaft, begangen worden sein. 85Der Kläger beantragt, 86den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. 87Der Beklagte beantragt, 88die Klage abzuweisen, 89Er führt im Wesentlichen aus: 90Er räume zwar ein, eine nicht genehmigte Nebentätigkeit ausgeübt und die Straftaten begangen zu haben. Auch räume er ein, dem Dienstherrn gegenüber im Rahmen des abgeschlossenen Disziplinarverfahrens zugesichert zu haben, die Nebentätigkeit unverzüglich zu beenden. 91Es werde jedoch bestritten, dass die Nebentätigkeit während Krankheitszeiten durchgeführt worden sei. Soweit der Kläger behaupte, er habe während Krankheitszeiten gearbeitet, sei kein entsprechender Beweis geführt. Er sei nicht selbst tätig geworden. In den von dem Kläger aufgeführten Zeiträumen seien mehrere Personen über seinen Computer zugriffsberechtigt gewesen. Beispielsweise sei auch die damalige Ehefrau, Frau I4. U1. , erheblich in den Handel mit den Brennwertgeräten eingebunden gewesen. Die Emailadresse „fh.C3. @H. .de“ sei die von ihm selbst - G. (f) - und seiner damaligen Ehefrau I4. (h). 92Auch bestreite er die Erzielung von Einnahmen aus der Ausübung eines gewerbsmäßigen Handels mit Brennwertthermen und dass er die Nebentätigkeit bis heute ausübe. Er habe sich außerdienstlich kein zweites Standbein aufgebaut. Zu Art und Umfang seiner Arbeitsleistung sei nichts Konkretes vorgetragen. Die im Steuerstrafverfahren ermittelten Einkommensschulden beruhten lediglich auf Schätzungen. 93In seiner persönlichen Anhörung hat der Beklagte vorgetragen, dass er höchstens eine Stunde täglich im Rahmen seiner Nebentätigkeit gearbeitet habe. Es könnten auch mal zwei Stunden gewesen sein, dann habe er aber auch mal zwei bis drei Tage gar nicht gearbeitet. Auf Vorhalt der Umsatzzahlen, die im Steuerstrafverfahren zugrunde gelegt wurden, hat er angegeben, dass er in 0000 und in 0000 jeweils circa 50 Thermen verkauft haben müsste. Einige habe er auch Anfang 0000 verkauft. Danach habe er seine Tätigkeit eingestellt. Die von ihm gegründete Firma „U. “ sei im Oktober 0000 von seiner jetzigen Ehefrau O1. C. übernommen worden. In früheren Zeiten habe auch seine damalige Ehefrau I4. C. gelegentlich einfache Tätigkeiten, wie das Schreiben bzw. die Beantwortung von Emails, erledigt. Ansonsten sei überwiegend er selbst tätig gewesen. 94Zudem ist er der Auffassung, die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis sei nicht verhältnismäßig. 95Das Urteil des Amtsgerichts E. , in dem lediglich eine Verwarnung mit Strafvorbehalt ausgesprochen worden sei, sowie der Umstand, dass das Steuerstrafverfahren mit dem Erlass eines Strafbefehls, in dem nur eine Geld-, und keine Freiheitsstrafe festgesetzt worden sei, zeige, dass seine Schuld als gering anzusehen sei und ihm disziplinarrechtlich der Weg „nicht verbaut“ werden sollte. Durch die Verhängung eines Strafbefehls trete zudem auch keine Bindungswirkung im Disziplinarverfahren ein. Ihm sei im Hinblick auf Steuerhinterziehung lediglich ein fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Letztlich habe er den Überblick verloren. 96Grund für sein Fehlverhalten der Ausübung der nicht genehmigten Nebentätigkeit sei ausschließlich seine wirtschaftliche Notlage gewesen, keineswegs das unangemessene Streben nach Wohlstand. 97Obwohl dem Dienstherrn seine schwierige finanzielle Situation bekannt gewesen sei, habe er mit der Kürzung der Dienstbezüge und der unberechtigten Ablehnung der Genehmigung der Nebentätigkeit die Situation noch verschlechtert. Auch habe der Kläger ihn durch die Rückforderung von Zulagen, die ihm wegen der Suspendierung nicht mehr zugestanden hätten, und die gleichzeitige Verrechnung der Rückforderungsbetrages mit den Dienstbezügen eines gesamten Monats, zusätzlich in Bedrängnis gebracht. Denn durch die zuvor erfolgte monatliche Überzahlung hätten seine Gläubiger auch mehr pfänden können. 98Zudem läge ein Verstoß gegen das Beschleunigungsverbot vor. Man hätte die Suspendierung unmittelbar nach Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts E. am 00.00.0000 wieder aufheben müssen. In der Zeit von 0000 bis zu dem Beginn der Ermittlungen in dem Steuerstrafverfahren sei das Disziplinarverfahren nicht vorangetrieben worden. Insgesamt betrachtet sei die Gesamtdauer des Disziplinarverfahrens seit dem Jahr 0000 bis heute, mithin über 6 Jahre, nicht zu erklären. 99Der Beklagte ist der Auffassung, es bestünde ein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der beschlagnahmten Unterlagen. Daran ändere auch der Beschluss des Verwaltungsgerichts nichts, da sich dieser ausschließlich auf Unterlagen beziehe, die sich noch im Gewahrsam des Antragsgegners, also in seinem Gewahrsam, befänden. Sämtliche Unterlagen hätten sich zum Zeitpunkt des Beschlusses jedoch im Gewahrsam des Antragstellers, also des Klägers, befunden. 100Unter Bezugnahme auf sein Vorbringen im Disziplinarverfahren führt der Beklagte aus, dass er unverschuldet in eine wirtschaftliche Notsituation geraten sei. Ein großer Gasgerätehersteller habe ihn im Jahre 0000 im Rahmen eines wettbewerbsrechtlichen Rechtsstreit vor dem Landgericht M1. (Az.: 5 O 00/00) verklagt. In diesem Verfahren habe ihm untersagt werden sollen, auf dem deutschen Markt reimportierte Geräte zu verkaufen. Erstinstanzlich sei er unterlegen gewesen. Im Rahmen der Berufung vor dem Oberlandesgericht G4. (Az.: 6 U 000/00) habe er in wesentlichen Punkten obsiegt. Das Urteil sei wegen der Revision des Gasgeräteherstellers zum Bundesgerichtshof erst im Jahr 2010 rechtskräftig geworden. Die gesamte Entwicklung habe ihn wirtschaftlich ruiniert. Als er im Rahmen seiner Anhörung mitgeteilt habe, dass er das Gewerbe abmelden und die Nebentätigkeit einstellen werde, so habe er dies zu dem Zeitpunkt ernst gemeint. Aufgrund der finanziellen Notsituation habe er nach der Abmeldung gleichwohl versucht, den Handel unter anderer Firmenbezeichnung fortzuführen. 101Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Personalakte, der Disziplinarakten, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie der beigezogenen Strafakten Bezug genommen. 102Entscheidungsgründe: 103Der Beklagte ist in das Amt eines Polizeiobermeisters zurückzustufen. 104I. 105Aufgrund seiner überwiegend geständigen Einlassung sowie der sich aus den Akten ergebenden Beweislage geht die Kammer in tatsächlicher Hinsicht von folgendem Sachverhalt aus: 1061. Straftat des Betruges 107Mit Urteil des Amtsgerichts E. vom 00.00.0000, rechtskräftig seit dem 00.00.0000, wurde der Beklagte - wie ausgeführt - verurteilt und verwarnt, weil er am 00.00.0000 unter Nutzung der Alias-Identität „K2. T. “ einen Betrug zum Nachteil des Geschädigten O. im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Brennwerttherme begangen hat. 108Die Feststellungen aus dem Urteil des Amtsgericht E. sind für das Gericht bindend gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW. Der Umfang der Bindungswirkung erstreckt sich auf alle den inneren und äußeren Tatbestand der Straftat betreffenden Feststellungen des Strafurteils. Angesichts des sowohl im Straf- als auch im Disziplinarverfahrens abgegebenen Geständnisses des Beklagten besteht keine Veranlassung, die Richtigkeit dieser Feststellungen zu bezweifeln. 1092. Straftat der Steuerhinterziehung 110Weiter geht das Gericht in tatsächlicher Hinsicht von den in dem seit dem 00.00.0000 rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts E. vom 00.00.0000 wiedergegebenen Feststellungen aus. Ein Strafbefehl entfaltet zwar nicht die einem Strafurteil innewohnende Bindungswirkung nach § 56 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW. Die dort getroffenen Feststellungen können aber gemäß § 56 Abs. 2 LDG NRW der Entscheidung des Gerichts ohne erneute Prüfung zugrunde gelegt werden, da es sich bei dem staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren um ein gesetzlich geordnetes Verfahren handelt. Hiervon macht das Gericht Gebrauch, weil der Beklagte dem Strafbefehl nicht entgegen getreten ist, sondern die ihm im Strafverfahren zur Last gelegten Taten uneingeschränkt eingestanden hat. Anlass zu einem Lösungsbeschluss im Sinne des § 56 Abs.1 Satz 2 LDG NRW hat das Gericht nicht. 111Nach den getroffenen Feststellungen betrieb der Beklagte seit 0000 ein Einzelunternehmen unter der Bezeichnung „F. “, mit Sitz in E. , I.-------straße 24. Unternehmensgegenstand war die Beratung und Vermittlung von technischen Geräten und deren Verkauf. Hierbei handelte es sich im Wesentlichen um den Reimport von Gasthermen aus benachbarten EU-Ländern und deren Verkauf bzw. Einbau zumeist in Deutschland. Zum 00.00.0000 meldete der Beklagte sein Gewerbe offiziell ab, führte es aber tatsächlich auch im Jahr 0000 unter gleicher Anschrift weiter. Um seine gewerbliche Tätigkeit zu verschleiern, rechnete er unter dem Briefkopf eines anderen Einzelhandelsunternehmens namens „N. -I3. -E. “, Inhaber F1. I1. , ab. Teilweise wurde dabei der Alias-Name „K2. T. “ verwandt. Dabei wurde der Zahlungsverkehr über die Konten von I4. C. und F1. I1. , worüber der Beklagte mit Vollmacht verfügen konnte, geführt. Das Firmenlogo der Firma „N. -C1. -E1. “ wurde auf dem PC des Beklagten erstellt. Am 00.00.0000 gründete der Beklagte zudem die F. Ltd und wickelte über diese weiter den Einkauf von Heizungsthermen im Jahre 0000 ab. Dabei erzielte er mit dem Gewerbe im Jahre 0000 Nettoumsätze in Höhe von 185.000 Euro, im Jahre 0000 Nettoumsätze in Höhe von 258.221,46 Euro und im Jahre 0000 Nettoumsätze in Höhe von 128.278,15 Euro. Durch die Nichtabgabe der Steuererklärungen gegenüber dem zuständigen Finanzamt E. -I2. verkürzte der Beklagte im Tatzeitraum ( 00.00.0000 bis 00.00.0000) Umsatzsteuern in Höhe von 51.345 €, Gewerbesteuern in Höhe von 8.797 € und Einkommensteuern in Höhe von 46.209 €, somit Steuern in Höhe von insgesamt 106.351 €. 1123. Ausübung der Nebentätigkeit ohne Genehmigung 113Obwohl gegen den Beklagten bereits wegen der Nichtanzeige einer Nebentätigkeit ab dem Jahr 0000 ein Disziplinarverfahren geführt wurde und mit Disziplinarverfügung vom 00.00.0000 seine Dienstbezüge gekürzt wurden, ging er dennoch weiter ohne Genehmigung seiner Nebentätigkeit, dem gewerblichen Vertrieb von Brennwertthermen nach. Dabei verfügte er zu keiner Zeit über die erforderliche Nebentätigkeitsgenehmigung. 114a. Nebentätigkeit 115Der Beklagte hat eingeräumt, eine nicht genehmigte Nebentätigkeit ausgeübt zu haben. Im Hinblick auf die Art und Dauer der Ausübung der Nebentätigkeit wird zunächst auf die Feststellungen in den oben genannten Strafverfahren verwiesen, woraus sich ergibt, dass der Beklagte seit 0000 und auch über den 00.00.0000 hinaus bis in das Jahr 0000 (Betrugsstraftat im Zusammenhang mit dem Handel am 00.0000 /00.00.0000) hinein zum Teil mit erheblichen Nettoumsätzen dem Handel mit Brennwertthermen nachging. Der Beklagte hat auch eingeräumt, jedenfalls bis B1. 0000 die Nebentätigkeit ausgeübt zu haben. 116Aus den polizeilichen Vernehmungen der Zeugin N2. vom 00.00.0000 und insbesondere vom 00.00.0000 in dem wegen Betruges geführten Ermittlungsverfahren ergibt sich zudem, dass diese als scheinbare Geschäftsführerin für den Handel mit Brennwertthermen bei der Firma „U. “ bzw. „F. “ für den Beklagten eingesetzt wurde, tatsächlich aber der Beklagte die Geschäfte tätigte. Die Zeugin N2. hat bekundet, dass der Beklagte ihr gegenüber erklärt habe, dass er die Firma nicht auf seinen Namen kaufen lassen könne, weil das Schwierigkeiten mit seinem Vorgesetzten geben würde. Er habe - so die Zeugin - gesagt, dass er eigentlich nur ihren Namen brauchen würde, sie mit der Firma sonst nichts zu tun haben und er sich um alles kümmern würde. 117Auch ergibt sich aus den in dem Ermittlungsverfahren wegen Betruges sichergestellten Schriftstücken, dass der Beklagte in den Jahren 0000 und 0000, zuletzt ausweislich der Schriftstücke am 00.00.0000, dem gewerblichen Handel mit Brennwertthermen nachgegangen ist. 118Die von dem Kläger in Bezug genommenen Schriftstücke, die anlässlich der Durchsuchung der Wohnung des Beklagten am 00.00.0000 sichergestellt und beschlagnahmt werden konnten, sind verwertbar. Gründe, die der Verwertbarkeit der beschlagnahmten Asservate bzw. Unterlagen entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist bei der Erlangung der Beweise nicht gegen Beweiserhebungsverbote verstoßen worden. Im Rahmen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens war die Durchsuchung und Beschlagnahme von dem amtsrichterlichen Durchsuchungsbeschluss gedeckt. Im Anschluss wurde die weitere Beschlagnahme durch verwaltungsgerichtlichen Beschluss angeordnet. Soweit es in dem Tenor des Beschlusses heißt, „Die Beschlagnahme der … Geschäftsunterlagen wird angeordnet, soweit sich diese noch im Gewahrsam des Antragsgegners befinden“, handelt es sich um eine offensichtliche Unrichtigkeit. Richtigerweise muss es heißen „…des Antragstellers…“. Das ergibt sich unzweifelhaft schon aus der weiteren Begründung des verwaltungsrechtlichen Beschlusses, worin es heißt, „dass bei einer Herausgabe der Unterlagen an den Beamten eine nachfolgende Vernichtung der einschlägigen Beweismaterialien zu besorgen“ sei. Insoweit ist ein eindeutiger Bezug zu Unterlagen gegeben, die sich noch im Gewahrsam des Antragstellers - und nicht des Antragsgegners - befinden. Gleiches gilt im Zusammenhang mit der Antragsschrift, mit der die Beschlagnahme der Unterlagen beantragt wird, die sich noch in dem Kriminalkommissariat 00 - und nicht etwa bei dem Beklagten - befinden. 119b. Genehmigungsbedürftigkeit 120Unabhängig von der noch zu erörternden Frage, ob die Nebentätigkeit überhaupt genehmigungsfähig gewesen wäre, verfügte der Beklagte nicht über die für die von ihm ausgeübte Nebentätigkeit gemäß § 68 Abs. 1 Nr. 3 LBG NRW a.F. erforderliche Genehmigung. Danach ist eine vorherige Genehmigung erforderlich, wenn es sich um eine gewerbliche Tätigkeit handelt. Unter gewerbliche Tätigkeit fällt nicht nur der mit Gewinn und Verlust für eigene Rechnung laufende Gewerbebetrieb, sondern auch jede sonstige gelegentlich oder dauernd ausgeübte auf Gewinn ausgerichtete Tätigkeit. 121Vgl. Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, § 68 Rn. 17, 18. 122Der Beklagte ging unzweifelhaft einer gewerblichen Tätigkeit nach. Dahinstehen kann, ob der Beklagte aus seinen gewerblichen Verkaufstätigkeiten tatsächlich einen erheblichen Gewinn erzielt hat. Für die dienstrechtliche Beurteilung der Nebentätigkeit eines Beamten ist nur maßgeblich, ob diese mit der Absicht der Gewinnerzielung erfolgt. Unerheblich ist dagegen, ob der erstrebte Gewinn tatsächlich realisiert worden ist. 123Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. April 2008 - 3 A 11334/07 -, juris, Rn. 31. 1244. Fortsetzen der Nebentätigkeit entgegen Zusage 125Der Beklagte hat die Nebentätigkeit auch fortgeführt, obwohl er zugesagt hatte, dass er diese ab Ende Dezember nicht mehr fortführen werde. In seiner Vernehmung vom 00.00.0000, die im Rahmen des bereits abgeschlossenen Disziplinarverfahrens wegen des Ausübens einer unerlaubten Tätigkeit durchgeführt wurde, hat der Beklagte mitgeteilt, dass er sich konkret darum bemühe, sein Geschäft zu veräußern. Telefonisch teilte er dem damaligen Ermittlungsführer mit, dass er die Nebentätigkeit nicht länger ausübe und übermittelte per Fax eine Gewerbeabmeldung. In seiner Vernehmung vom 00.00.0000 teilte der Beklagte mit, dass es ihm gelungen sei, das Geschäft an Frau N1. N2. als Geschäftsführerin zu übergeben. Am 00.00.0000 gab er eine eidesstattliche Versicherung ab, dass er sein Gewerbe am 00.00.0000 abgemeldet habe. Am 00.00.0000 gründete er jedoch sodann die Fa. F. Ltd. und rechnete zunächst über diese und später über die Firma „N. -I3. -E. “ bzw. „U. “ weiter den Verkauf von Heizungsthermen im Jahre 0000 ab. 1265. Nebentätigkeit während Krankheitszeiten 127Weiter ist der Beklagte während Zeiten seiner Krankmeldung seiner Nebentätigkeit nachgegangen. Ausweislich der Personalakte ergeben sich folgende Zeiten der Krankmeldung: 12800.00. bis 00.00.0000, 12900.00. bis 00.00.0000, 13000.00.0000, 13100.00.0000, 13200.00. bis 00.00.0000, 13300.00.0000, 13400.00. bis 00.00.0000, 13500.00.0000 und 13600.00. bis 00.00.0000. 137Gleichwohl hat der Beklagte ausweislich der von dem Kläger in Bezug genommenen beschlagnahmten Schriftstücken an folgenden Tagen Tätigkeiten ausgeübt. 138Er hat auf den 00.00.00und den 00.00.00 datierte Angebote (Schriftstücke (2) und (3)) über Heizungsanlagen mit seinem Namen unterschrieben. Weitere mit dem Alias-Namen K1. . T. unterschriebene Angebote datieren vom 00.00.00 und 00.00.00 (Schriftstücke (13) und (19). Ausweislich der Schriftstücke (14) und (17) erfolgten geschäftliche Telefonate am 00.00., 00.00. und 00.00.00. Am 00.00. und 00.00.00 erfolgten zudem zwei mit seinem Namen unterschriebene Bestellungen für die Firma N. -I3. -E. (Schriftstücke (16) und (17) sowie eine Email (Schriftstück (18)). Unter dem 00.00.00 beantwortete er eine Anfrage eines Interessenten im Rahmen eines F6. -Angebots (Schriftstück (30)). 139Die übrigen Unterlagen reichen nicht aus, um eine konkrete Tätigkeit des Beklagten an den entsprechenden Tagen nachzuweisen. Das gilt für die Verkäufe über die Internetplattform F4. , da der dort aufgeführte Tag nur den der Beendigung der Versteigerung darstellt. Die Einstellung des Angebots erfolgt regelmäßig zeitlich davor. Weitere Schriftstücke belegen lediglich, dass der Beklage Emails oder Bestellungen empfangen, nicht aber eine eigene Tätigkeit entfaltet hat. Teilweise ist auch nicht ausreichend erkennbar, wer die entsprechenden Schriftstücke erstellt hat, auch wenn es nahe liegen mag, dass sie von dem Beklagten stammen. 140II. 141Die disziplinarrechtliche Würdigung des unter I. festgestellten Sachverhalts ergibt, dass sich der Beklagte eines schwerwiegenden - einheitlichen - Dienstvergehens schuldig gemacht hat. 142Nach § 83 Abs.1 Landesbeamtengesetz (LBG NRW a.F.) bzw. § 47 Abs. 1 S. 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) begeht ein Beamter ein Dienstvergehen, wenn er die ihm obliegenden Pflichten schuldhaft verletzt. Diese Pflichten sind in Bezug auf den hier in Rede stehenden Zeitraum dem LBG NRW in der bis zum 31. März 2009 geltenden Fassung (im Folgenden: LBG a.F.) zu entnehmen. Sie finden ihre Entsprechung in den Bestimmungen des zum 1. April 2009 in Kraft getretenen Beamtenstatusgesetzes. 143Gemäß § 57 Satz 3 LBG NRW a.F. muss das Verhalten des Beamten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert. Der Beamte ist gemäß § 58 Satz 2 LBG NRW a.F. verpflichtet, die von seinen Vorgesetzten erlassenen Anordnungen auszuführen und ihre allgemeinen Richtlinien zu befolgen. Ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes ist gemäß § 83 Absatz 1 Satz 2 LBG NRW a.F. dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in eine für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. 144Durch das festgestellte Handeln hat der Beklagte ein einheitliches - soweit es um den Betrug und die Steuerhinterziehung geht, außer-, soweit es um die Ausübung der Nebentätigkeiten geht, innerdienstliches - Dienstvergehen begangen, weil er schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt hat. Das teils inner-, teils außerdienstliche Fehlverhalten des Beklagten steht in einem inneren sachlichen wie zeitlichen Zusammenhang, da der Beklagte ohne die Ausübung der Nebentätigkeit nicht die Umsätze getätigt hatte, derer er die gesetzlich vorgeschriebenen Steuern hinterzogen hat und auch den Betrug im Zusammenhang mit der Nebentätigkeit nicht begangen hätte. 1451. Vorwürfe der Steuerhinterziehung und des Betruges (Vorwürfe Ziffer 1) und 4)) 146Durch den Betrug und die Steuerhinterziehung hat der Beklagte eine außerdienstliche Pflichtverletzung begangen. Er hat gegen die Pflicht zum Wohlverhalten gem. § 57 Satz 3 LBG NRW a.F. bzw. § 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen. 147Die Missachtung gesetzlicher Vorschriften gehört zu denjenigen Verhaltensweisen eines Beamten, die seinem Ansehen und dem des Staates in erheblichem Maße abträglich sind. Denn der Staat kann den Anspruch an den Bürger auf Beachtung der Gesetze umso weniger glaubhaft erheben, je mehr seine eigenen Verwaltungsangehörigen sich nicht gesetzestreu verhalten. Durch die Begehung der Straftaten hat der Beklagte sich eines Verhaltens schuldig gemacht, das mit dem schärfsten Unwerturteil belegt ist, das der Rechtsordnung zur Verfügung steht. Den Beklagten belastet insoweit zunächst der enge dienstliche Bezug dieser Dienstpflichtverletzungen. Es gehört gerade zu den wesentlichen Aufgaben von Polizeibeamten, Straftaten zu verhindern bzw. aufzuklären sowie Straftäter zu verfolgen. Ein Polizeibeamter erschüttert daher prinzipiell durch die eigene Begehung von Straftaten das Vertrauen der Verwaltung und der Allgemeinheit in seine Integrität nachhaltig und stellt so die Grundlagen des Beamtenverhältnisses in Frage. Denn die Polizeibehörden können ihre Pflichten gegenüber der Allgemeinheit nicht sachgerecht und ordnungsgemäß erfüllen, wenn ihre Polizeibeamten sich im Hinblick auf die zu schützenden Werte nicht selbst als zuverlässig erweisen oder nur als unzuverlässig von der Allgemeinheit angesehen werden. Nach wie vor ist die Erwartung der Allgemeinheit, dass ein Polizeibeamter nicht selbst Straftaten begeht, deutlich größer als entsprechende Erwartungen gegenüber anderen. 148Vgl. VG Münster, Urteil vom 21. Juni 2013 - 13 K 1442/11.O -, juris, Rn. 116. 149Die Begehung einer Steuerhinterziehung im Sinne des § 370 Abgabenordnung (AO), mit welcher der Anspruch des Staates auf den vollen und rechtzeitigen Ertrag aus jeder einzelnen Steuer verkürzt wird, ist im Hinblick auf den dem Staat verursachten Schaden ein schweres Wirtschaftsdelikt. Dies zeigt sich auch an dem vorgeschriebenen Strafrahmen, der die Steuerhinterziehung gem. § 370 AO mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bedroht. Gleiches gilt für den Betrug. Mit den Straftaten sind hier daher auch die besonderen Voraussetzungen des § 83 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW a.F. erfüllt. Der Unrechtsgehalt seines strafbaren Verhaltens der Steuerhinterziehung wiegt schwer, weil der Beklagte über mehrere Jahre hinweg verschiedene Steuern hinterzogen hat und die Höhe der hinterzogenen Steuern erheblich ist. 1502. Vorwurf der ungenehmigten Nebentätigkeit (Vorwurf Ziffer 2) 151Durch die Ausübung der Nebentätigkeiten ohne vorherige Anzeige und Genehmigung hat der Beklagte in äußerst beharrlicher Weise vorsätzlich gegen die Vorschrift des § 68 Abs.1 Nr. 3 LBG NRW a.F. (jetzt § 49 Abs.1 Satz 1 Nr. 3 LBG NRW), Nebentätigkeiten nur nach Genehmigung auszuüben, verstoßen. 152Nach ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 153vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 1990 - 1 D 63.89 -, juris, Rn. 25, 154der sich die Kammer anschließt, hat der Beamte auf Grund seiner vollen Hingabepflicht an den Beruf seine Arbeitskraft grundsätzlich voll dem Dienstherrn und der Allgemeinheit zu widmen; der Dienstherr seinerseits hat in Form von Dienstbezügen und Alters- wie Hinterbliebenenversorgung für angemessenen Lebensunterhalt des Beamten (und dessen Familie) zu sorgen. Angesichts dieser korrespondierenden Pflichten liegt das Interesse des Dienstherrn auf der Hand, ihm eine Prüfungs- und Entscheidungsmöglichkeit einzuräumen, wenn der Beamte durch eine nicht dienstlich veranlasste Nebentätigkeit seine geistigen und körperlichen Kräfte außerhalb seiner beruflichen Pflichten nutzbar machen will. Dem tragen die Vorschriften der §§ 68 ff. LBG NRW a.F. Rechnung. Die danach begründete Zustimmungs- oder Anzeigepflicht soll sicherstellen, dass die Behörde schon vor Aufnahme einer Nebentätigkeit hiervon Kenntnis erhält, damit sie rechtzeitig prüfen kann, ob sich die Ausübung der beabsichtigten Nebentätigkeit mit dem Amt des Beamten vereinbaren lässt. Die Prüfung erstreckt sich dabei nicht nur auf die dienstlichen Belastungen des Beamten, sondern auch darauf, wie sich die Nebentätigkeit auf das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Unbefangenheit des Beamten und damit auf seine dienstliche Verwendbarkeit auswirken wird. Schließlich wird durch die Genehmigungs- oder Anzeigepflicht die Behörde auch in die Lage versetzt, auf Anzeigen oder gar Anfeindungen sachgerecht und wirkungsvoll zu reagieren. Das ist vor allem deshalb notwendig, weil die Öffentlichkeit gegenüber der Nebentätigkeit von Verwaltungsbediensteten ohnehin meist sehr kritisch eingestellt ist. 155Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 1990 - 1 D 63.89 -, juris, Rn. 25. 156Der Beklagte wäre verpflichtet gewesen, vor der Aufnahme der Nebentätigkeit eine Genehmigung zu beantragen und mit dieser Nebentätigkeit nicht zu beginnen, bis ihm die Genehmigung erteilt war. Der Beklagte handelte auch vorsätzlich. Spätestens seit der Einleitung des ersten Disziplinarverfahrens war ihm bewusst, dass er für seine Nebentätigkeit einer Genehmigung bedurfte. 157Die Nebentätigkeit des Beklagten stellt sich jedoch als - in dubio pro reo - genehmigungsfähig dar. Nach § 68 Abs. 2 LBG NRW a.F. ist die Nebentätigkeit zu versagen, wenn die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigen kann. Ein solcher Versagungsgrund liegt insbesondere vor, wenn die Nebentätigkeit (§ 69 Abs. 2 Nr. 1 LBG NRW a.F.) nach Art und Umfang die Arbeitskraft des Beamten so stark in Anspruch nimmt, dass die ordnungsgemäße Erfüllung seiner dienstlichen Pflichten behindert werden kann oder (§ 69 Abs. 2 Nr. 6 LBG NRW a.F.) dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein kann. Die Voraussetzungen des § 69 Abs. 2 Nr. 1 LBG NRW a.F. gilt in der Regel als erfüllt, wenn die zeitliche Beanspruchung durch die Nebentätigkeit in der Woche ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit überschreitet (§ 69 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 LBG NRW a.F.). 158Zwar sind die im Anschuldigungsschriftsatz dargelegten Umstände durchaus geeignet einen Verdacht dahingehend zu begründen, dass die Nebentätigkeit nach Art und Umfang die Arbeitskraft des Beklagten so stark in Anspruch nimmt, dass die ordnungsgemäße Erfüllung seiner dienstlichen Pflichten behindert werden kann. Der Verdacht reicht aber nicht aus, um dem Gericht die für eine disziplinarrechtliche Beurteilung hinreichend sichere Überzeugungsgrundlage zu verschaffen, welchen Umfang die Tätigkeit des Beklagten tatsächlich hatte, insbesondere ob sie über eine zeitliche Dauer von 8 Stunden wöchentlich (ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit) hinaus ging. Die in dem Steuerstrafverfahren ermittelten Umsätze stellen zwar ein Indiz für eine umfangreiche Tätigkeit dar. Sie lassen jedoch keine sicheren Rückschlüsse auf den tatsächlichen wöchentlichen Arbeitsumfang des Beklagten zu. Das gilt insbesondere deshalb, weil im Steuerstrafverfahren für das Jahr 0000 lediglich Beträge von 47.751,86 Euro, 17.320 Euro und 3.200 Euro konkret aus den Verkäufen von Heizthermen resultierten. Einen Teilbetrag von 60.580 Euro stellen Bareinzahlungen auf dem Konto der Frau I4. C. dar, die lediglich im Rahmen der Schätzung als Einnahmen bzw. Bruttoumsätze der F. angesetzt wurden. 159Selbst wenn man einen Umsatz im Jahr 0000 von 128.278 Euro zugrunde legen würde, müssten - davon ausgehend, dass eine Therme durchschnittlich jeweils ca. 2.500 Euro kostet - im Jahr rund 50 Thermen verkauft werden, um zu einen Umsatz von in dieser Größenordnung zu gelangen. Dazu müsste im Schnitt ca. 1 Therme wöchentlich verkauft werden. Dass für den Verkauf einer Therme mehr als 8 Stunden Zeitaufwand benötigt würden, ist nicht dargetan und auch nicht ersichtlich. 160Es liegt auf der Hand, dass der Zeitaufwand je nach Art des abgeschlossenen Vertrages und je nach Informationsbedürfnis des jeweiligen Vertragspartners unterschiedlich ausfällt. Eine nachträgliche Ermittlung des Zeitaufwandes anhand der Umsatzzahlen oder geschätzten Anzahl der Verträge kann daher im Wesentlichen nur im spekulativen Bereich bleiben. Auch aus den in der Anschuldigungsschrift in Bezug genommenen Geschäftsunterlagen ergeben sich keine sicheren Anhaltspunkte für eine umfangreiche Tätigkeit. 161Der Umstand, dass der Beklagte bis zu seiner Enthebung aus dem Dienst seiner dienstlichen Tätigkeit beanstandungsfrei und ordnungsgemäß nachgekommen ist, stellt ein Indiz dafür da, dass die zeitliche Beanspruchung durch die Nebentätigkeit eher unterhalb der Erheblichkeitsschwelle lag. Letztlich waren keine weiteren Umstände ersichtlich, denen im Rahmen der gerichtlichen Aufklärungspflicht hätte nachgegangen werden müssen, um die Frage des zeitlichen Umfangs der ausgeübten Tätigkeit zu klären. 162Nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ ist daher nicht von einem genehmigungsfähigen Umfang der Tätigkeit auszugehen. 1633. Verstoß gegen Gesunderhaltungspflicht (Vorwurf Ziffer 5) 164Dem Beklagten kann nicht nachgewiesen werden, gegen die Gesunderhaltungspflicht als Ausfluss der Pflicht zum vollen persönlichen Einsatz verstoßen zu haben. 165Zu den Dienstpflichten des Beamten gehört es, sich mit vollem persönlichen Einsatz seinem Beruf zu widmen. Ein Beamter, der während der Krankschreibung Nebentätigkeiten ausübt, verstößt gegen die Pflicht zum vollen beruflichen Einsatz, wenn die Nebentätigkeit nach Art und Umfang generell geeignet ist, die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit zumindest zu verzögern. Eines konkreten medizinischen Nachweises bedarf es nicht. 166Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. November 2001 - 1 D 60.00 -, juris, Rn. 20 m.w.N. 167Ob derartiges angenommen werden kann, ist nach den jeweiligen Einzelfallumständen zu beantworten und einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich. 168Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2013 - 2 B 27.12 -, juris, Rn. 8. 169Nach diesen Maßstäben kann dem Beklagten nicht nachgewiesen werden, dass die Tätigkeiten, die er in Zeiten der Krankheit begangen hat, generell geeignet waren, den Gesundungsprozess zu behindern oder zu verlangsamen. Zunächst sind die Tätigkeiten im Verhältnis zu dem jeweiligen Zeitraum der Krankheit nicht als übermäßig zu betrachten. Das Schreiben von Angeboten, Bestellungen oder die Telefonate im nachgewiesenen Umfang erfordern weder eine besondere zeitliche noch körperliche Anstrengung. Sie stellen keine übertriebenen, kräftezehrenden oder anstrengenden Betätigungen dar, die der alsbaldigen und nachhaltigen Genesung offensichtlich schädlich sein können. Es ist durchaus vorstellbar, dass einem krankgeschriebenen Beamten leichte Schreibtischtätigkeit trotz einer Erkrankung möglich ist, welche insoweit seine körperliche und geistige Leistungsfähigkeit nicht beeinträchtigt bzw. die entsprechende Genesung nicht verzögert. Eine generelle Eignung zur Beeinträchtigung der Genesung kann den dem Beklagten in Zeiten der Krankheit nachgewiesenen Tätigkeiten jedenfalls in dem hier festgestellten Umfang nicht zugesprochen werden. Mangels weiterer Erkenntnisse ist der dem Beklagten gemachte Vorwurf genesungsgefährdenden Verhaltens demnach nicht erwiesen. 1704. Fortsetzung der Nebentätigkeit entgegen Zusage (Vorwurf Nr. 4 ) 171Soweit die Disziplinarklage zudem auf den Vorwurf gestützt wird, der Beklagte habe die Tätigkeit entgegen seiner ausdrücklichen Zusage, er werde und habe diese letztlich auch beendet, fortgeführt, folgt die Kammer dem nicht. Die Kammer sieht darin keinen gesonderten Pflichtverstoß. Die ungenehmigte Ausübung einer - nicht angezeigten - Nebentätigkeit und die Zusage, diese zu beenden und gleichwohl im Weiteren fortzuführen, beschreiben letztlich ein und dasselbe pflichtwidrige Verhalten. Dass damit zugleich eine Täuschung des Dienstherrn verbunden ist, sagt etwas über die Qualität des in subjektiver Hinsicht verwirklichten Pflichtverstoßes aus. Dieser Gesichtspunkt ist bei der Schwere des Dienstvergehens zu berücksichtigen, bildet jedoch keinen eigenständigen Pflichtenverstoß. 172Außerdem können im Regelfall falsche Angaben zur Verteidigung in einem Disziplinarverfahren einem Beamten nicht mehr als zusätzliche weitere Pflichtenverletzung vorgeworfen werden. Zwar gehört die Wahrheitspflicht zum innerdienstlichen Pflichtenkreis eines jeden Beamten. Dies ergibt sich aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums und der gegenseitigen Treuepflicht. In früheren Entscheidungen wurde unter Berufung auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Dezember 1980 - 1 D 89.79 - (Rn. 29, zit. n. juris) die Auffassung vertreten, dies gelte auch im Rahmen eines Disziplinarverfahrens. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 62.11 - (Rn. 51, zit. n. juris) diese Rechtsauffassung jedoch aufgegeben und nunmehr entschieden, dass sich die Grenze der dienstrechtlichen Wahrheitspflicht eines Beamten im Disziplinarverfahren an den Grenzen des zulässigen Verteidigungsverhaltens im Strafverfahren orientiert. Das Verhalten des betroffenen Beamten im Disziplinarverfahren stellt danach nur dann eine weitere Dienstpflichtverletzung dar, wenn der Beamte im Disziplinarverfahren wider besseres Wissen Dritte diffamiert oder sonst vorsätzlich gegen Strafbestimmungen verstößt. Das Gericht schließt sich dieser Auffassung an. Eine Diffamierung wider besseres Wissens oder ein vorsätzlicher Verstoß gegen Strafbestimmungen durch den Beklagten liegt nicht vor, jedenfalls nicht durch seine Zusicherung, er habe das Gewerbe abgemeldet, zumal in dem Zeitpunkt der Zusage eine Abmeldung tatsächlich erfolgt ist. 173III. 174Für das festgestellte Dienstvergehen hält die Kammer eine Zurückstufung um zwei Stufen für geboten und unvermeidlich. 175Ausgangspunkt für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des nachgewiesenen Dienstvergehens. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in den Beamten beeinträchtigt worden ist (§ 13 Abs.2 Satz 1 bis 3 LDG NRW). Ein Beamter, der durch ein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW). Ein endgültiger Vertrauensverlust ist eingetreten, wenn die Prognose ergibt, dass der Beamte auch künftig seinen Dienstpflichten nicht nachkommen werde oder die Ansehensschädigung nicht wieder gut zu machen ist. 176Vgl. OVG NRW, Urteil vom 31. August 2011 - 3d A 711/10 -, m.w.N. 177Aufgrund der Einheitlichkeit des Dienstvergehens müssen die dem Beklagten vorgeworfenen disziplinarrechtlichen Verstöße unter Beachtung seiner Gesamtpersönlichkeit insgesamt bewertet werden. Setzt sich ein Dienstvergehen ‑ wie vorliegend - aus mehreren Dienstpflichtverletzungen zusammen, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach den schwersten Verfehlungen. 178Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. September 2004 - 1 D 18.03 -, juris. 179Zu berücksichtigen ist, dass dem Beklagten im Hinblick auf den Vorwurf der Ausübung der nicht genehmigten Nebentätigkeit kein weiterer Verstoß gegen die Gesunderhaltungspflicht nachzuweisen ist und auch nicht festgestellt werden konnte, dass die Ausübung der Nebentätigkeit materiell rechtswidrig ist. Daher sieht die Kammer trotz der einschlägigen Vorbelastung des Beklagten den Schwerpunkt der Dienstpflichtverletzung in der Straftat der Steuerhinterziehung in sieben Fällen mit einem Gesamtumfang der hinterzogenen Steuern in Höhe von 106.351 Euro. 180Das festgestellte Dienstvergehen der außerdienstlichen Steuerhinterziehung ist von erheblichem disziplinarischem Gewicht. Eine Steuerhinterziehung stellt im Hinblick auf den dem Staat verursachten Schaden ein schweres Wirtschaftsdelikt dar. 181Vgl. BVerwG Urteil vom 9. November 1994 - 1 D 57.93 -, juris, Rn. 13. 182Deshalb handelt es sich aus disziplinarischer Sicht bei einer Steuerhinterziehung nicht um ein „Kavaliersdelikt“, sondern um eine regelmäßig schwerwiegende Verfehlung. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Beamte durch strafbares Verhalten unter Schädigung des Staates - und damit in der Regel auch des eigenen Dienstherrn - persönlich unberechtigt hohe Steuervorteile verschafft, obwohl er öffentliche Aufgaben wahrzunehmen hat und durch Steuermittel alimentiert wird. 183Vgl. BVerwG Urteil vom 8. September 2004 - 1 D 18.03 -, juris, Rn. 47. 184Ähnlich wie bei einem betrügerisch handelnden Beamten führt ein solches Fehlverhalten auch zu erheblichen Zweifeln an seiner Vertrauenswürdigkeit. 185BVerwG Urteil vom 9. November 1994 - 1 D 57.93 -, juris, Rn. 14. 186Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 187zuletzt Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - juris, Rn. 34, 188der sich die Kammer anschließt, ist die Disziplinarmaßnahme für außerdienstliche Steuerhinterziehungen ohne dienstlichen Bezug wegen der Variationsbreite der möglichen Verfehlungen, insbesondere wegen der sehr unterschiedlichen Hinterziehungsbeträge, grundsätzlich nach den Umständen des jeweiligen Falles festzulegen. Ist der Umfang der hinterzogenen Steuern besonders hoch oder sind mit der Steuerhinterziehung zusätzliche Straftatbestände oder andere nachteilige Umstände mit erheblichem Eigengewicht verbunden, so soll eine Zurückstufung angemessen sein. Während der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts hierbei von einem fünf- oder sechsstelligen Betragsbereich ausgeht, 189vgl. Urteile vom 21. Juni 2011 - 2 WD 10.10 -, juris, Rn. 41, und vom 11. Januar 2012 - 2 WD 40.10 -, juris, Rn. 37, 190nimmt der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts eine außergewöhnliche Höhe des Hinterziehungsbetrags nunmehr bei einem sechsstelligen DM-Betrag an, 191vgl. Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 -, juris, 192was einem Betrag von 51.129,19 € entspricht. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts kommt in Betracht, wenn der Hinterziehungsbetrag einen siebenstelligen Euro-Betrag erreicht. 193Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 -, juris. 194Der Beklagte hat vorliegend zwischen dem 00.00.0000 und dem 00.00.0000 Umsatz- und Einkommensteuern verkürzt und dadurch Steuern in Höhe von insgesamt 106.351,- € hinterzogen. Damit liegt schon eine außergewöhnliche Höhe des Hinterziehungsbetrages vor, die eine Zurückstufung des Beklagten allein schon deshalb angezeigt erscheinen lässt. 195Mit der Steuerhinterziehung sind zudem noch andere nachteilige Umstände mit erheblichem Eigengewicht verbunden. Der Beklagte hat die Steuerhinterziehungen im Zusammenhang mit der Ausübung einer ungenehmigten Nebentätigkeit begangen, da er ohne die Ausübung der ungenehmigten Nebentätigkeit nicht die Umsätze getätigt bzw. die Gewinne erzielt hätte, hinsichtlich derer er Steuern hinterzogen hat. Diese innerdienstliche Pflichtverletzung ist gleichfalls von so erheblichem Eigengewicht, dass sie zusammen mit der Steuerhinterziehung eine Zurückstufung des Beklagten um zwei Stufen indiziert. 196Für die Ahndung ungenehmigter Nebentätigkeiten steht wegen der Vielfalt der möglichen Pflichtverstöße grundsätzlich der gesamte disziplinarrechtliche Maßnahmenkatalog zur Verfügung. Es kommt auf Dauer, Häufigkeit und Umfang der Nebentätigkeit an. Weiterhin muss berücksichtigt werden, ob der Ausübung der Nebentätigkeiten gesetzliche Versagungsgründe entgegenstehen, d.h. die Betätigungen auch materiell rechtswidrig sind und ob sich das Verhalten des Beamten nachteilig auf die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben ausgewirkt hat. Erschwerend wirkt sich aus, wenn ein Beamter ungenehmigte Nebentätigkeiten in Zeiten der Krankschreibung wahrnimmt. 197Vgl. BVerwG Urteil vom 11. Januar 2007 - 1 D 16.05 - , juris, Rn. 59. 198Unter Zugrundelegung der vorgenannten Kriterien ist von einem schwerwiegenden Dienstvergehen auszugehen. 199Danach ist zunächst von erheblichen Belang, dass der Beklagte über einen längeren Zeitraum, nämlich von 0000 an über die Einleitung des ersten im Jahre 0000 eingeleiteten Disziplinarverfahrens hinaus auch in den Folgejahren 0000 und 0000 bis zuletzt im B1. 0000 dem Handel mit Brennwertthermen nachgegangen ist. 200Den Beklagten belastet massiv, dass er selbst nach Einleitung des ersten Disziplinarverfahrens seine Tätigkeit unverändert fortgesetzt hat Es hat über Jahre keinen Antrag auf Erteilung einer Nebentätigkeit gestellt und setzte seine gewerbliche Tätigkeit unverändert fort. Dies zeugt von erheblicher Dreistigkeit und Unbelehrbarkeit. Offenkundig hat weder die Einleitung des ersten Disziplinarverfahrens noch die mit Verfügung vom 00.00.0000 ausgesprochene erste Kürzung der Dienstbezüge um 2 % für die Dauer von 18 Monaten den Beklagten nachhaltig beeindruckt. Sein insgesamt über einen langen Zeitraum gezeigtes Verhalten macht in eindrucksvoller Weise deutlich, dass der disziplinarrechtlich einschlägig vorbelastete Beklagte nicht gewillt ist, die ihn obliegenden Dienstpflichten zu beachten. 201Darüber hinaus hat der Beklagte im Zusammenhang mit der Ausübung der Nebentätigkeit nicht nur die Steuerhinterziehungen begangen, sondern sich zudem wegen Betruges schuldig gemacht. 202Hinzu kommt, dass sein Verhalten von Verschleierungsstrategien geprägt war. So hat er am 00.00.0000 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben, dass er sein Gewerbe zum 00.00.0000 abgemeldet hat. Tatsächlich hat er aber bereits am 00.00.0000 die F. Ltd. gegründet und ist zunächst über diese dem Handel weiter nachgegangen. Zudem hat er unter den Alias-Personalien „K2. T. “ gehandelt. Um seine gewerbliche Tätigkeit zu verschleiern, rechnete er unter dem Briefkopf eines anderen Einzelhandelsunternehmens namens „N. -I3. -E. “, Inhaber F1. I1. , ab. Dabei wurde der Zahlungsverkehr über die Konten von I4. C. und F1. I1. abgerechnet, worüber der Beklagte mit Vollmacht verfügen konnte. Daraus ist zu folgern, dass der Beklagte seine fortgesetzten Pflichtverstöße durch bewusste Täuschung seines Dienstherrn verschleiern wollte. Seine bewusste Täuschung über seine Identität als Unternehmer, um die von ihm ausgeübte Nebentätigkeit zu verschleiern, zeugt von einer ganz besonderen Pflichtvergessenheit. 203Gleichwohl handelt es sich bei dieser Pflichtverletzung nicht um die Verletzung einer Kernpflicht. Denn das Fehlverhalten des Beklagten hat sich nicht nachweislich nachteilig auf die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben ausgewirkt. 204Es kann ihm nicht vorgeworfen werden, dass ihn die Einleitung des hiesigen Disziplinarverfahrens am 00.00.0000 und die nachfolgende Enthebung vom Dienst am 00.00.0000 nicht beeindruckt hätten, denn beide Maßnahmen erfolgten nach dem ihm mit der Disziplinarklage vorgeworfenen Zeitraum der Pflichtverletzung, die im 00.0000 endet. Dass er bis heute einer ungenehmigten Nebentätigkeit nachgeht, ist nicht dargetan. Zudem hat er durch die Stellung seines Antrags auf Genehmigung einer Nebentätigkeit am 00.00.0000 gezeigt, dass er - wenn auch spät - gewillt ist, „den rechten Weg“ einzuschlagen. Auch befand er sich - wie er in seiner Vernehmung am 00.00.0000 selbst schilderte - in einer wirtschaftlichen Konfliktsituation, weil ihn - jedenfalls subjektiv nach seiner Auffassung - eine sofortige Einstellung seiner Geschäftstätigkeit in den wirtschaftlichen Ruin getrieben hätte. 205Bei einer Gesamtwürdigung aller belastenden und entlastenden Gesichtspunkte sieht die Kammer eine Zurückstufung des Beklagten um zwei Stufen in das Amt eines Polizeiobermeisters als ausreichend, aber auch erforderlich an. 206Das einheitliche Dienstvergehen ist geeignet, das Vertrauensverhältnis zwischen dem Beklagten und seinem Dienstherrn bzw. der Allgemeinheit nachhaltig zu erschüttern. Da der Beklagte jedoch nicht im Kernbereich seiner Pflichten als Polizeibeamter versagt hat, 207vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Februar 2003 - 2 BvR 1413/01 -, juris, Rn. 38. 208er im Hinblick auf die Nebentätigkeit von einem Verstoß gegen die Gesunderhaltungspflicht freizustellen und die Nebentätigkeit genehmigungsfähig gewesen war, erscheint das Vertrauensverhältnis zwischen dem Kläger bzw. der Allgemeinheit und dem Beklagten noch nicht endgültig zerstört. Eine Entfernung aus dem Dienst wäre daher zur Überzeugung der Kammer unangemessen. Unter Berücksichtigung des Umfangs der Pflichtverletzungen und des entstandenen Vertrauensschadens sowie des Persönlichkeitsbildes des Beamten ist jedoch eine Dienstgradherabsetzung um zwei Stufen erforderlich. 209Als Milderungsgründe können in erster Linie nur die bisher guten und zuletzt als „entspricht voll den Anforderungen“ beurteilten dienstlichen Leistungen und die lange Verfahrensdauer anerkannt werden. Allein diese geben angesichts der Schwere des Dienstvergehens keine Veranlassung, von der Zurückstufung zugunsten einer (noch) milderen Maßnahme abzusehen. Das Disziplinarverfahren hat mit insgesamt mehr als sechs Jahren relativ lange gedauert. Dabei beruhte die Verfahrensdauer nicht auf einem verfahrensverzögernden Verhalten des überwiegend geständigen Beklagten, sondern auf der Behandlung des Verfahrens durch die Ermittlungsbehörden und die Gerichte. Es waren jedoch auch die gebotenen Aussetzungszwänge zu beachten. Soweit der Beklagte der Auffassung ist, das Disziplinarverfahren sei in der Zeit von 2010 bis zu dem Beginn der Ermittlungen in dem Steuerstrafverfahren nicht vorangetrieben worden, ist darauf hinzuweisen, dass bereits mit bei dem Finanzamt am 00.00.0000 eingegangenen Schreiben die Meldung gemäß § 116 AO durch die Polizeibehörde wegen des Verdachts einer Steuerstraftat erfolgte. Daraufhin wurde am 00.00.0000 das Steuerstrafverfahren gegen den Beklagten eingeleitet. 210Soweit der Beklagte meint, nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens, welches wegen Betruges geführt wurde, habe es der Aufhebung der vorläufigen Enthebung vom Dienst bedurft, greift dies nicht durch. Aufgrund der Bindungswirkung des Strafurteils gemäß § 23 Abs. 1 LDG NRW wurde der Vorwurf des Betruges erhärtet. Zudem gaben die Inhalte der Strafakte, namentlich die in dem Strafverfahren beschlagnahmten Asservate, Anlass für die Ausdehnung des Disziplinarverfahrens auf weitere schwerwiegende Pflichtverstöße. Die vorläufige Enthebung vom Dienst ist genauso wie die Bezügekürzung eine in das Ermessen des Dienstherrn gestellte Maßnahme, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird. Zudem hatte der Beklagte die Möglichkeit, gemäß § 63 LDG NRW die Aussetzung der vorläufigen Enthebung zu beantragen. 211Die Ausführungen der Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation durch die Maßnahmen des Klägers führen zu keinem anderen Ergebnis. Der Dienstherr, der seinen Beamten einen angemessenen Lebensunterhalt zahlt, hat das wirtschaftliche Risiko, das ein Beamter eingeht, wenn er eine Nebentätigkeit ausübt, nicht zu vertreten. 212Der Zurückstufung um zwei Stufen steht auch nicht die in dem Strafbefehl verhängte Geldstrafe - statt einer Freiheitsstrafe - entgegen. Vom im Urteil verhängten Strafmaß kann nicht auf ein geringes Gewicht des Disziplinarvergehens geschlossen werden. Strafrecht und Disziplinarrecht unterscheiden sich nach Rechtsgrund und Zweckbestimmung grundsätzlich. Das Strafrecht ist u.a. vom Vergeltungsprinzip mit dem Ziel der individuellen Sühne durch ein Unwerturteil über gemeinschaftswidriges Verhalten und strafrechtliche Sanktionen geprägt. Demgegenüber ist es ausschließlich Zweck des Disziplinarrechts, das Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit des Beamten und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu sichern. Deshalb ist die Höhe der Kriminalstrafe für die Gewichtung des Dienstvergehens grundsätzlich nicht von ausschlaggebender Bedeutung, da die Vertrauensbeeinträchtigung in erster Linie von der Straftat selbst und ihren Umständen abhängt. Die Eigenständigkeit des Disziplinarrechts ermöglicht es, dass ein Beamter trotz relativ hoher Kriminalstrafe im Beamtenverhältnis verbleiben kann, während ein strafrechtlich gar nicht oder nur gering bestrafter Beamter mit dem Ausspruch der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechnen muss. 213Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juni 2008, - 1 D 2.07 -, juris, Rn. 70, m.w.N. 214Das Verhalten des Beklagten stellt sich schließlich auch nicht als persönlichkeitsfremde Augenblickstat dar; hiervon kann schon angesichts der Zeitdauer des Pflichtverstoßes und der Verschleierungsstrategien des Beklagten keine Rede sein. 215Insgesamt sind die für den Beklagten anzuführenden Milderungsgründe nicht geeignet, die oben genannten erheblichen Erschwerungsgründe auszugleichen, so dass eine Zurückstufung unerlässlich ist. Das gilt insbesondere aufgrund der Hartnäckigkeit, der besonderen Pflichtvergessenheit und der von Verschleierungsstrategien geprägten Ausübung der Nebentätigkeit trotz einschlägiger Vorbelastung. Insoweit kam eine Gehaltskürzung als mildere Maßnahme auch im Hinblick auf die überlange Verfahrensdauer nicht in Betracht. Dem Beklagten muss vielmehr bewusst sein, dass sein Dienstvergehen sehr schwer wiegt, das Vertrauen des Dienstherrn erheblich beeinträchtigt ist und letztlich nur aufgrund der Nichterweislichkeit des genauen zeitlichen Umfangs seiner Nebentätigkeit eine Entfernung nicht angezeigt war.
der beklagte wird wegen dienstvergehens in das amt eines polizeiobermeisters (besoldungsgruppe a 8) zurückgestuft. der kläger trägt ¼ und der beklagte ¾ der kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der jeweilige vollstreckungsschuldner kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 prozent des aus dem urteil zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 prozent des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der am 00.00.0000 in e. geborene beklagte verließ im juli 0000 die realschule mit dem realschulabschluss. 3am 00.00.0000 trat der beklagte in den polizeivollzugsdienst des landes nordrhein-westfalen ein. am 00.00.0000 erfolgte seine ernennung zum polizeioberwachtmeister auf probe und am 00.00.0000 zum polizeimeister. seine ernennung zum beamten auf lebenszeit erfolgte im 00.00.0000. am 00.00.0000 erfolgte seine ernennung zum polizeihauptmeister. zuletzt wurde er am 00.00.0000 zum polizeikommissar ernannt. in seiner letzten, den zeitraum von januar 0000 bis januar 0000 umfassenden dienstlichen beurteilung wurden die leistungen mit „entspricht voll den anforderungen“ bewertet. an den nachfolgenden regelbeurteilungsverfahren nahm der beklagte wegen anhängiger disziplinarverfahren nicht teil. 4der beklagte ist zum vierten mal verheiratet und kinderlos. 5mit ausnahme des hier zu beurteilenden sachverhalts ist der beklagte disziplinarrechtlich bereits einmal in erscheinung getreten. wegen ausübens einer nicht genehmigten nebentätigkeit (handel mit importierten heizungsanlagen seit 0000) wurde in einem ab dem jahr 0000 gegen den beklagten geführten und am 00.00.0000 abgeschlossenen disziplinarverfahren mit disziplinarverfügung vom 15. januar 2008 eine kürzung der dienstbezüge um 2 % für die dauer von 18 monaten verhängt. dem beklagten wurde vorgeworfen, seit 0000 bis in das jahr 0000 hinein dem handel nachgegangen zu sein. in diesem disziplinarverfahrens hatte der beklagte erklärt, dass er seine gewerbliche tätigkeit beendet habe, und legte als beleg hierzu eine kopie seiner gewerbeabmeldung zum 00.00.0000 vor. zudem hatte er am 00.00.0000 im rahmen einer eidesstattlichen versicherung erklärt, dass er sein gewerbe am 00.00.0000 abgemeldet habe. 6mit verfügung vom 00.00.0000 leitete das polizeipräsidium gegen den beklagten das disziplinarverfahren ein, weil dieser im verdacht stand, einen betrug zum nachteil des k. o. im rahmen der ausübung seiner nebentätigkeit begangen zu haben, eine genehmigungsbedürftige nebentätigkeit ohne genehmigung ausgeübt zu haben und in dem abgeschlossenen disziplinarverfahren falsche angaben gemacht zu haben, indem er erklärte, die nebentätigkeit nicht länger ausüben zu wollen. das disziplinarverfahren wurde gleichzeitig für die dauer des wegen des verdachts des betruges anhängigen strafverfahrens ausgesetzt. mit verfügung vom 00.00.0000 wurde der beklagte vorläufig des dienstes enthoben. seit dem 00.00.0000 behielt das polizeipräsidium zunächst für den monat dezember eines jeden jahres 1 % der dienstbezüge ein und schloss den beklagten für die dauer der vorläufigen dienstenthebung von der jährlichen sonderzuwendung aus. 7mit urteil des amtsgerichts e. vom 00.00.0000, rechtskräftig seit dem 00.00.0000, wurde der beklagte wegen eines am 00.00.0000 zum nachteil des k. o. begangenen betruges schuldig gesprochen und verwarnt. eine geldstrafe von 30 tagessätzen zu je 40 euro wurde unter strafvorbehalt gestellt, und es wurde eine bewährungszeit von 2 jahren festgesetzt. 8das amtsgericht traf folgende feststellungen: 9„am 00.00.0000 unterbreitete der beklagte dem geschädigten o. ein angebot für die installation von zwei gasheizanlagen in höhe von 4.850 euro, wobei er sich hierbei als „k1. . t. “, einem mitarbeiter der fa. „n. -haus-e1. “, ausgab, um durch verschleierung seiner identität etwaige rückforderungsansprüche zu verhindern. unter dem 00.00.0000 übergab der geschädigte o. dem beklagten einen vorschuss in höhe von 1000 euro, wofür ihm der beklagte eine quittung überreichte, die er wiederum mit „k2. t. “ zeichnete. wie von vornherein geplant führte der beklagte in der folgezeit weder installationsmaßnahmen durch, noch zahlte er den vorschuss zurück, sondern verwandte die 1.000 euro für eigene zwecke.“ 10in dem oben genannten strafverfahren wurden aufgrund eines durchsuchungsbeschlusses des amtsgerichts e. vom 00.00.0000 am 00.00.0000 eine hausdurchsuchung und beschlagnahmen bezüglich geschäftlicher unterlagen des beklagten durchgeführt. nachdem dem beklagten in dem strafverfahren nur der betrug zum nachteil des geschädigten o. nachzuweisen war, wurden die beschlagnahmten unterlagen durch das kriminalkommissariat (kk) 00 des polizeipräsidiums e. asserviert. da der verteidiger des beklagten in der strafrechtlichen mündlichen verhandlung die herausgabe der im kk 00 befindlichen unterlagen wünschte, beantragte das polizeipräsidium bei dem verwaltungsgericht münster mit antrag vom 00.00.0000 die anordnung der beschlagnahme der sich im gewahrsam des kk 00 befindlichen unterlagen des beklagten zwecks nachweis über dauer und umfang seiner nebentätigkeit. am 00.00.0000 erging ein beschluss des verwaltungsgerichts münster, mit dem die beschlagnahme der in dem ermittlungsverfahren anlässlich der durchsuchung am 00.00.0000 sichergestellten und in den fünf sicherstellungsprotokollen aufgeführten gegenstände und geschäftsunterlagen angeordnet wurde, „soweit diese sich noch im gewahrsam des antragsgegners befinden“. in seiner begründung führt das verwaltungsgericht u.a. aus, „dass bei einer herausgabe der unterlagen an den beamten eine nachfolgende vernichtung der einschlägigen beweismaterialien zu besorgen“ sei. 11durch strafbefehl des amtsgerichts e. vom 00.00.0000, rechtskräftig seit dem 00.00.0000, wurde gegen den beklagten sodann wegen in der zeit vom 00.00.0000 bis 00.00.0000 begangener steuerhinterziehung in sieben fällen und in höhe von 106.351 euro eine geldstrafe von 360 tagessätzen zu je 30 euro festgesetzt. das amtsgericht traf in diesem folgende feststellungen: 12„sie betrieben seit 0000 ein einzelunternehmen unter der bezeichnung „f. “, mit sitz in e. , i.-------straße 24. unternehmensgegenstand war die beratung und vermittlung von technischen geräten und deren verkauf. hierbei handelte es sich im wesentlichen um den reimport von gasthermen pp. aus benachbarten eu-ländern und deren verkauf bzw. einbau zumeist in deutschland. 131. 14im jahre 0000 erzielten sie mit dem gewerbe nettoumsätze in höhe von 185.000 euro, erklärten diese gegenüber dem finanzamt jedoch nicht. 152.- 4. 16obwohl sie mit ihrer gewerblichen tätigkeit im jahre 0000 nettoumsätze in höhe von 258.221,46 euro und einen gewinn i.h.v. 85.597 euro erzielten, gaben sie für dieses jahr weder eine umsatz- noch eine einkommensteuer- und gewerbesteuererklärung gegenüber dem finanzamt e. -hörde ab. zwar reichten sie noch eine einkommenssteuererklärung für 2006 ein, jedoch erst nach dem zeitpunkt, an dem 95 % der veranlagungsarbeiten für das jahr 0000 bereits abgeschlossen waren. in dieser erklärten sie einen gewinn aus dem betrieb f. in höhe von 0,00 euro, obwohl sie mit dieser einen gewinn von 85.597,00 euro erwirtschaftet hatten. 175. - 7. 18zum 00.00.0000 meldeten sie ihr gewerbe f. offiziell ab, führten es aber tatsächlich auch im jahr 0000 unter gleicher anschrift weiter. um ihre gewerbliche tätigkeit zu verschleiern, rechneten sie ihre erzielten umsätze i. h. v. 128.278,15 euro netto unter dem briefkopf eines anderen einzelunternehmers „n. -haus-e. “. inhaber f1. i1. , ab. so erklärten sie für das jahr 0000 weder ihre tatsächlich erzielten gewerblichen umsätze noch den daraus erzielten gewinn i. h. v. 35.000 euro. ebenso gaben sie weder eine einkommen- noch eine gewerbesteuererklärung ab. 19durch die nichtabgabe der steuererklärungen gegenüber dem zuständigen finanzamt e. -i2. haben sie im tatzeitraum ( 00.00.0000 bis zum 00.00.00) umsatzsteuern in höhe von 51.345 €, gewerbesteuern in höhe von 8.797 € und einkommenssteuern in höhe von 46.209 €, somit steuern in höhe von insgesamt 106.351 € verkürzt.“ 20wegen der weiteren einzelheiten wird auf den inhalt des strafbefehls bezug genommen. 21mit verfügung vom 00.00.0000 setzte das polizeipräsidium das disziplinarverfahren fort und dehnte es auf den vorwurf der steuerhinterziehung sowie den vorwurf, eine nebentätigkeit auch während krankheitsbedingter dienstabwesenheit begangen zu haben, aus. im zuge der erweiterung des disziplinarverfahrens erhöhte das polizeipräsidium mit verfügung vom 00.00.0000 den einbehaltungssatz für die dienstbezüge auf 50 %. 22mit schreiben vom 00.00.0000 ersuchte der beklagte um genehmigung einer nebentätigkeit als aushilfe auf 450-euro-basis bei der firma u. gmbh, die ihm am 00.00.0000 versagt wurde. 23am 00.00.0000 erfolgte die mündliche anhörung des beklagten. 24mit der am 20. märz 2014 bei gericht eingegangenen disziplinarklage wird dem beklagten vorgeworfen, eine nicht genehmigte und nicht genehmigungsfähige nebentätigkeit (gewerbsmäßiger handel mit brennwertthermen) auszuüben und damit gegen geltende nebentätigkeitsbestimmungen verstoßen zu haben, sowie schuldhaft seine pflicht zum achtungs- und vertrauensvollen verhalten verletzt zu haben, da er in ausübung der nebentätigkeit straftaten begangen habe. da der beklagte die nebentätigkeit z.t. während krankheitszeiten ausgeübt habe, wird ihm zudem ein verstoß gegen seine aus der pflicht zum vollen persönlichen einsatz abzuleitende einzelpflicht zur gesunderhaltung vorgeworfen. dadurch habe er seine dienstpflichten aus den §§ 57 satz 3, 68 absatz 1 i. v. m. § 83 absatz 1 satz 1 lbg nrw a.f. bzw. § 24 satz 1 und satz 3 beamtenstatusgesetz, § 49 lbg i. v .m. § 47 beamtstg verstoßen. 25im einzelnen wirft der kläger dem beklagten folgendes vor: 261. 27aufgrund der am 00.00.0000 begangenen straftat des betruges, die in dem urteil des amtsgerichts e. vom 00.00.0000 - gemäß § 23 abs. 1 ldg nrw bindend - festgestellt worden sei, habe der beklagte gegen die pflicht zum wohlverhalten gem. § 57 satz 3 lbg nrw a.f. bzw. § 34 satz 3 beamtstg verstoßen. 282. 29obwohl gegen den beklagten bereits wegen der nichtanzeige einer nebentätigkeit ab dem jahr 0000 ein disziplinarverfahren geführt worden sei und mit disziplinarverfügung vom 00.00.0000 seine dienstbezüge zu kürzen gewesen seien, sei er dennoch weiter ohne genehmigung seiner nebentätigkeit, dem gewerblichen vertrieb von brennwertthermen nachgegangen. dabei habe er zu keiner zeit über die erforderliche nebentätigkeitsgenehmigung verfügt. 30das ergebe sich zum einen aus dem dargelegten urteil, wonach der beklagte am 00.00.0000 unter nutzung der alias-identität „k2. t. “ einen betrug im zusammenhang mit dem verkauf einer brennwerttherme begangen habe. 31weiter sei im rahmen von steuerhinterziehungsermittlungen durch die steuerfahndung festgestellt worden, dass der beklagte im jahre 0000 unter dem firmennamen “n. -i3. -e1. “ und dem alias-namen „k2. t. “ der nebentätigkeit eines gewerblichen verkaufs von heizthermen nachgegangen sei, ohne steuern abzuführen. dabei sei der zahlungsverkehr über die konten von i4. c. und f1. i1. , worüber der beklagte mit vollmacht habe verfügen können, geführt worden. das firmenlogo der firma „n. -c1. -e1. “ sei auf dem pc des beklagten erstellt worden. 32zudem ergebe sich aus den in dem ermittlungsverfahren wegen betruges sichergestellten schriftstücken, dass der beklagte in den jahren 0000 und 0000 dem gewerblichen handel mit brennwertthermen nachgegangen sei. unter anderen befänden sich dort: 33(1) ein schriftliches angebot vom 00.00.0000 an „l. “ über eine brennwerttherme 34(2) vom 00.00.0000 und 35(3) vom 00.00.0000 an herrn p. für zwei gasheizungen bzw. eine brennwerttherme, sowie am 36(4) 00.00.0000 an herrn c2. der fa. f. , welche per elektronischer unterschrift mit dem namen des beklagten ("g. c. ") unterzeichnet wurden. 37(5) ein schriftlichen angebot der fa. f. , ohne datum, für einen herrn t1. , in höhe von 6.000,00 euro bzw. 5.150,00 euro. dieses angebot enthält den eintrag, kontoinhaber: c. , t2. bank west und geschäftsführerin n1. n2. . 38(6) ein antwortschreiben vom 00.00.0000 an den bezirksschornsteinfeger g1. , g2. und vom 39(7) 00.00.0000 an einen herrn l1. über die frage, ob eine junkers-therme in deutschland betrieben werden darf. unterschrieben jeweils mit "i.a. c. ". 40(8) eine email eines herrn g3. v. 00.00.0000, f2. -solartechnik, x. an "f3. @e2. .net", eingeleitet mit den worten: "hallo herr c. , wie soeben telefonisch vereinbart […]" über die lieferung einer gaskombitherme im wert von 1.600,00 euro an eine baustelle in t3. . 41(9) emailverkehr vom 00.00., 00./00.00., zwischen dem beklagten als vertreter der fa. "n. -i3. -e1. " und herrn t4. über die lieferung von vier wolf brennwertkombithermen cgb-k 20 und der erstattung eines restbetrages. 42(10) am 00.00.0000 verkaufte die n. -i3. -e1. , geschäftsführer: f1. i1. über die internet plattform "f4. " eine wolf-kombitherme zu einem preis von 1.800,00 euro an j. t5. , a.---------straße 18, 18356 q. . 43(11) am 00.00.0000 verkaufte die n. -i3. -e1. , geschäftsführer: f1. i1. , über die internet plattform f5. eine wolf-kombitherme zu einem preis von 1.890,00 euro an einen b. m. . 44(12) mit datum vom 00.00.0000 wurde von "n. -i3. -e1. " per e-mail eine aufstellung zugeschickt an "f7. @e3. .net", in der "löhne und gehälter k." aufgelistet sind. 45(13) der angebliche "k1. . t. , fa. n. -i3. -e1. ", erstellt am 00.00.0000 ein angefragtes angebot für einen herrn h1. in höhe von 4.049,00 euro u.a. für eine brennwerttherme und einen solarspeicher. er weist in diesem angebot darauf hin, dass der kundenstamm der firma f. "treu sorgend" in die hände der firma "n. -i3. -e1. ", anschrift: t6.----------straße 8 in 00000 e. mit der telefonnummer 0000/0000000 (hierbei handelt es sich um die telefonnummer der firma u2. ) übergeben wurde. 46(14) fax vom 00.00.0000 des herrn t4. an herrn c. , adresse i.-------straße 22, 00000 e. , mit dem betreff: "unser telefonat am 00.00.0000". in diesem fax legt herr t4. dar, dass er die telefonische erreichbarkeit des beamten erfahren möchte, um "den umweg über die dienststelle zu vermeiden". das fax betrifft die lieferung von bereits gezahlten gasthermen zum preis von 10.740,00 euro und um die fristsetzung des einbaus in t7. . 47(15) mit datum vom 00.00.0000 und vom 48(16) 00.00.0000 bestellte pk c. in drei gesonderten bestellungen bei herrn j1. wolf kombithermen mit zubehör und bittet um "gesonderte faktura pro forma". alle bestellungen haben den absender n. -i3. -e1. , i. a. g. c. , geschäftsführer: f1. i1. . 49(17) ebenfalls am 00.00.0000 wurde ein schreiben an herrn e4. t4. erstellt, in dem der beklagte sich auf seine telefonate vom 00.00. und 00.00.0000 bezieht. er bittet um neue terminsetzungen für die 44. kw, um ein gerät zu liefern, welches er als privatkunde bei einem händler bestellt und bezahlt habe und kündigt die lieferung von 1-2 weiteren geräten an. seine telefonische erreichbarkeit gibt er an mit tel. 0000/0000000. in diesem schreiben wurde durch herrn c. ergänzt, dass er hier nur vermittelnd tätig werde, da er seinen ehemaligen kundenstamm an die firma n. -i3. -e1. zur weiteren betreuung abgegeben habe. 50(18) durch den e-mail-absender fh.c. @h2. .de wurde am 00.00.0000 eine e-mail mit dem betreff verpflichtungserklärung an herrn t4. versandt. 51(19) am 00.00.0000 wurde durch "k1. . t. , ihr n. -i3. -e1. team" ein angebot für z. b2. , q1. -m2. -weg 24 b, 00000 i5. , erstellt. 52(20) am 00.00.0000 wurde von der firma n. -i3. -e1. , i.-------straße 24, 00000 e. , tel. 0000/0000000, für herrn dr. n3. t8. , s.----straße 41, 00000 n4. eine rechnung mit der rechnungsnummer 50 erstellt in höhe von 2.110,00 euro für eine wolf kombitherme. 53(21) eine e-mail vom 00.00.0000 von dem absender "[email protected]" an herrn c. , adresse ebenfalls i.-------straße , fax-nr. 0000-0000000 mit dem hinweis auf einleitung eines mahnverfahrens, falls die angekündigte therme nicht bis zum 00.00.0000 geliefert wird, 54(22) sowie weitere vom 00.00.0000, in der sich herr t4. für die übersendung einer verpflichtungserklärung bedankt, und vom 00.00.0000 mit dem betreff: "anlieferung therme". 55(23) eine e-mail von "p1. @z1. .de" v. 00.00.0000 an herrn c. ("fh.c. @h3. .de") mit dem hinweis, dass "alles angekommen" sei, 56(24) sowie eine weitere vom 00.00.0000 an "f8. @e5. .net", in der der verfasser sich bei empfänger g. nach dem verbleib von thermen an den kunden e4. t4. erkundigt. der kunde t4. habe mit anzeige bei ausbleiben der lieferung gedroht. 57(25) am 00.00.0000 wurde durch "k1. . t. " (unterschrift unleserlich), firma n. -i3. -e1. , i.-------straße 24, 00000 e. , tel. 0000/0000000, in einem schreiben an herrn b3. t9. mitgeteilt, dass "aus den an uns übergebenen daten der fa. f. " die lieferung der gerätetypen, 4 x wolf brennwertkombithermen, typ cgb-k 20, 10 x wolf kombitherme, typ tgg-k 18 erfolgte. 58 weiter finden sich folgende schriftstücke, die auch eine spätere nebentätigkeit im jahr 0000 belegen: 59(26) eine rechnung vom 00.00.0000 an herrn p. , x1. über eine höhe von 5.200,00 euro. als zahlungsempfänger ist angegeben: "c. , spardabank west […]". 60(27) ein angebot vom 00.00.0000 der fa. i kg für t10. t. über einen gesamtwert von 2.964,74 euro. als abholer für den 00.00.0000 ist herr c. eingetragen. 61(28) am 00.00.0000 wurde durch herrn c4. von der c5. , c6. straße 112 c, 00000 s1. bei der firma "u. , i.-------straße 24, 00000 e. " eine "eco therm wsc 20 (brötje) mit einem umrüstsatz zum preis von 1.500,00 euro" bestellt. diese bestellung wird mit "sehr geehrter herr t. …" begonnen. es wird barzahlung bei lieferung vereinbart. 62 am 00.00.0000 wurde an den kunden c4. von der c5. , t11.---------straße 2, 00000 x2. diese genannte kombitherme mit der lieferschein nr. 00 geliefert. 63 demnach liegt der verdacht nahe, dass der beklagte nach der bestellung der therme durch den kunden von der c5. diese auch für ihn geordert hat. 64 diese order ist entweder am 00.00.0000 oder in den zwei tagen danach erfolgt, da die auslieferung an den kunden von der c5. offensichtlich laut lieferschein am 00.00.0000 erfolgte. 65 ermittlungen durch khk'in d. , kk 23, pp e. , vom 00.00.0000 haben ergeben, dass herrn von der c5. der vorfall in der form erinnerbar war, dass er die 1.500,00 euro in bar bei der bank abheben musste und das geld an einen männlichen auslieferungsfahrer bei lieferung übergeben hatte. 66(29) ein f4. -angebot vom 00.00.0000 über eine kombitherme wolf cgb‑k 202 eines "k1. . t. , fa. u. , sowie darauf bezogener e‑mail-verkehr vom 00.00.0000 zwischen "t12. " und "k1. . t. ". 67(30) am 00.00.0000 um 15.10 uhr erfolgte über das f9. -auktionshaus eine anfrage des mitgliedes "t13. " an "n1. n2. (u3. t)" für eine vom anbieter "u4. " bei "f10. " eingestellte außenwand kombitherme wolf gg-2ek-s18. am 00.00.0000 um 15.14 uhr antwortete "k1. . t. , u. " mit der bitte um rückruf zwecks absprache unter der rufnummer 0000/0000000. 68aus der vernehmungen der zeugin n2. vom 00.00.0000 und 00.00.0000 in dem wegen betruges geführten ermittlungsverfahren ergebe sich zudem, was diese unternommen habe, um ein gewerbe zu beantragen, damit sie als scheinbare geschäftsführerin für den handel mit brennwertthermen bei der firma „u2. “ bzw. „f. “ für den beklagten eingesetzt werde. 69im rahmen der durchgeführten ermittlungen zu den firmen „f. “, „n. -i3. -e1. “ und „u. “ sei als angeblicher geschäftsführer herr f1. i1. festgestellt worden. tatsächlich habe der beklagte die geschäfte weiter ausgeführt. 70der beklagte habe damit gegen seine pflicht aus §§ 68 abs. 1 lbg nrw a.f. (jetzt § 49 abs.1 satz 1 nr. 3 lbg nrw), nebentätigkeiten nur nach genehmigung auszuüben, verstoßen. 713. 72der beklagte habe die nebentätigkeit auch fortgeführt, obwohl er zugesagt habe, dass er diese ab ende dezember 0000 nicht mehr fortführen werde. 73in seiner vernehmung vom 00.00.0000, die rahmen des bereits abgeschlossenen disziplinarverfahrens wegen des ausübens einer unerlaubten tätigkeit durchgeführt worden sei, habe der beklagte mitgeteilt, dass er sich konkret darum bemühe, sein geschäft zu veräußern. telefonisch habe er dem damaligen ermittlungsführer mitgeteilt, dass er die nebentätigkeit nicht länger ausübe, und habe per fax eine gewerbeabmeldung übermittelt. in seiner vernehmung vom 00.00.0000 habe der beklagte mitgeteilt, dass es ihm gelungen sei, das geschäft an frau n1. n2. als geschäftsführerin zu übergeben. am 00.00.0000 habe er eine eidesstattliche versicherung abgegeben, dass er sein gewerbe am 00.00.0000 abgemeldet habe. 74am 00.00.0000 habe er jedoch sodann die f. ltd (die sich seit dem 00.00.0000 in liquidation befinde) gegründet und weiter über diese den verkauf von heizungsthermen im jahre 0000 abgerechnet. bei einer besprechung des finanzamtes am 00.00.0000 habe der beklagte seine taten - entsprechend den feststellungen der steuerfahndung - auch eingeräumt. 75auch wenn die wahrheitspflicht im pflichtenkatalog des beamtstg nicht ausdrücklich genannt sei, folge sie aus dem wesen des beamtenverhältnisses als gegenseitigem dienst- und treueverhältnis, aus der beratungs- und unterstützungspflicht des beamten gegenüber seinen vorgesetzten sowie aus der pflicht des beamten zu achtungs- und vertrauensgerechten verhalten. trotz der grundsätzlichen befugnis zur abgabe einer schutzbehauptung im rahmen eines disziplinarverfahrens habe der beklagte durch die wahrheitswidrigen angaben einen pflichtverstoß begangen, da ihm zuzumuten gewesen wäre, wahrheitsgemäße angaben zu machen bzw. die von ihm getätigte wahrheitswidrige zusage komplett zu unterlassen. 764. 77aus dem steuerstrafverfahren ergebe sich entsprechend den gemäß § 23 abs. 2 ldg nrw zugrunde zu legenden feststellungen des rechtskräftigen strafbefehl des amtsgerichts e. vom 00.00.0000, dass der beklagte in der zeit vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000 keine steuererklärung abgegeben und dadurch steuern in höhe von 106.351 euro verkürzt habe. auch mit diesem verhalten habe der beklagte gegen die pflicht zum wohlverhalten gem. § 57 satz 3 lbg nrw a.f. bzw. § 34 satz 3 beamtstg verstoßen. 785. 79weiter sei der beklagte auch während zeiten seiner krankmeldung seiner nebentätigkeit nachgegangen. ausweislich der personalakte ergäben sich folgende zeiten der krankmeldung: 80vom 00.00. bis 00.00.0000, vom 00.00. bis 00.00.0000, 00.00.0000, 00.00.0000, vom 00.00. bis 00.00.0000, vom 00.00. bis 00.00.0000, 00.00.0000, vom 00.00. bis 00.00.0000, 00.00.0000 und vom 00.00. bis 00.00.0000. 81gleichwohl habe der beklagte an folgenden tagen - wie bereits unter dem vorwurf zu ziffer 2) dargestellt - kontakt mit geschäftskunden gehabt: 8200.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 44.kw 00, 00.00.00 und 00.00.00 (vgl. schriftstücke (2),(3),(10)-(25),(28),(30)). 83damit habe der beklagte gegen die ihm obliegende pflicht zum vollen persönlichen einsatz gemäß § 34 s. 1 beamtstg verstoßen. 84der beklagte habe auch bewusst und gewollt gegen seine beamtenrechtlichen pflichten verstoßen, lediglich die steuerhinterziehung dürfte fahrlässig, aber gleichwohl schuldhaft, begangen worden sein. 85der kläger beantragt, 86den beklagten aus dem beamtenverhältnis zu entfernen. 87der beklagte beantragt, 88die klage abzuweisen, 89er führt im wesentlichen aus: 90er räume zwar ein, eine nicht genehmigte nebentätigkeit ausgeübt und die straftaten begangen zu haben. auch räume er ein, dem dienstherrn gegenüber im rahmen des abgeschlossenen disziplinarverfahrens zugesichert zu haben, die nebentätigkeit unverzüglich zu beenden. 91es werde jedoch bestritten, dass die nebentätigkeit während krankheitszeiten durchgeführt worden sei. soweit der kläger behaupte, er habe während krankheitszeiten gearbeitet, sei kein entsprechender beweis geführt. er sei nicht selbst tätig geworden. in den von dem kläger aufgeführten zeiträumen seien mehrere personen über seinen computer zugriffsberechtigt gewesen. beispielsweise sei auch die damalige ehefrau, frau i4. u1. , erheblich in den handel mit den brennwertgeräten eingebunden gewesen. die emailadresse „fh.c3. @h. .de“ sei die von ihm selbst - g. (f) - und seiner damaligen ehefrau i4. (h). 92auch bestreite er die erzielung von einnahmen aus der ausübung eines gewerbsmäßigen handels mit brennwertthermen und dass er die nebentätigkeit bis heute ausübe. er habe sich außerdienstlich kein zweites standbein aufgebaut. zu art und umfang seiner arbeitsleistung sei nichts konkretes vorgetragen. die im steuerstrafverfahren ermittelten einkommensschulden beruhten lediglich auf schätzungen. 93in seiner persönlichen anhörung hat der beklagte vorgetragen, dass er höchstens eine stunde täglich im rahmen seiner nebentätigkeit gearbeitet habe. es könnten auch mal zwei stunden gewesen sein, dann habe er aber auch mal zwei bis drei tage gar nicht gearbeitet. auf vorhalt der umsatzzahlen, die im steuerstrafverfahren zugrunde gelegt wurden, hat er angegeben, dass er in 0000 und in 0000 jeweils circa 50 thermen verkauft haben müsste. einige habe er auch anfang 0000 verkauft. danach habe er seine tätigkeit eingestellt. die von ihm gegründete firma „u. “ sei im oktober 0000 von seiner jetzigen ehefrau o1. c. übernommen worden. in früheren zeiten habe auch seine damalige ehefrau i4. c. gelegentlich einfache tätigkeiten, wie das schreiben bzw. die beantwortung von emails, erledigt. ansonsten sei überwiegend er selbst tätig gewesen. 94zudem ist er der auffassung, die entfernung aus dem beamtenverhältnis sei nicht verhältnismäßig. 95das urteil des amtsgerichts e. , in dem lediglich eine verwarnung mit strafvorbehalt ausgesprochen worden sei, sowie der umstand, dass das steuerstrafverfahren mit dem erlass eines strafbefehls, in dem nur eine geld-, und keine freiheitsstrafe festgesetzt worden sei, zeige, dass seine schuld als gering anzusehen sei und ihm disziplinarrechtlich der weg „nicht verbaut“ werden sollte. durch die verhängung eines strafbefehls trete zudem auch keine bindungswirkung im disziplinarverfahren ein. ihm sei im hinblick auf steuerhinterziehung lediglich ein fahrlässiges verhalten vorzuwerfen. letztlich habe er den überblick verloren. 96grund für sein fehlverhalten der ausübung der nicht genehmigten nebentätigkeit sei ausschließlich seine wirtschaftliche notlage gewesen, keineswegs das unangemessene streben nach wohlstand. 97obwohl dem dienstherrn seine schwierige finanzielle situation bekannt gewesen sei, habe er mit der kürzung der dienstbezüge und der unberechtigten ablehnung der genehmigung der nebentätigkeit die situation noch verschlechtert. auch habe der kläger ihn durch die rückforderung von zulagen, die ihm wegen der suspendierung nicht mehr zugestanden hätten, und die gleichzeitige verrechnung der rückforderungsbetrages mit den dienstbezügen eines gesamten monats, zusätzlich in bedrängnis gebracht. denn durch die zuvor erfolgte monatliche überzahlung hätten seine gläubiger auch mehr pfänden können. 98zudem läge ein verstoß gegen das beschleunigungsverbot vor. man hätte die suspendierung unmittelbar nach rechtskraft des urteils des amtsgerichts e. am 00.00.0000 wieder aufheben müssen. in der zeit von 0000 bis zu dem beginn der ermittlungen in dem steuerstrafverfahren sei das disziplinarverfahren nicht vorangetrieben worden. insgesamt betrachtet sei die gesamtdauer des disziplinarverfahrens seit dem jahr 0000 bis heute, mithin über 6 jahre, nicht zu erklären. 99der beklagte ist der auffassung, es bestünde ein beweisverwertungsverbot hinsichtlich der beschlagnahmten unterlagen. daran ändere auch der beschluss des verwaltungsgerichts nichts, da sich dieser ausschließlich auf unterlagen beziehe, die sich noch im gewahrsam des antragsgegners, also in seinem gewahrsam, befänden. sämtliche unterlagen hätten sich zum zeitpunkt des beschlusses jedoch im gewahrsam des antragstellers, also des klägers, befunden. 100unter bezugnahme auf sein vorbringen im disziplinarverfahren führt der beklagte aus, dass er unverschuldet in eine wirtschaftliche notsituation geraten sei. ein großer gasgerätehersteller habe ihn im jahre 0000 im rahmen eines wettbewerbsrechtlichen rechtsstreit vor dem landgericht m1. (az.: 5 o 00/00) verklagt. in diesem verfahren habe ihm untersagt werden sollen, auf dem deutschen markt reimportierte geräte zu verkaufen. erstinstanzlich sei er unterlegen gewesen. im rahmen der berufung vor dem oberlandesgericht g4. (az.: 6 u 000/00) habe er in wesentlichen punkten obsiegt. das urteil sei wegen der revision des gasgeräteherstellers zum bundesgerichtshof erst im jahr 2010 rechtskräftig geworden. die gesamte entwicklung habe ihn wirtschaftlich ruiniert. als er im rahmen seiner anhörung mitgeteilt habe, dass er das gewerbe abmelden und die nebentätigkeit einstellen werde, so habe er dies zu dem zeitpunkt ernst gemeint. aufgrund der finanziellen notsituation habe er nach der abmeldung gleichwohl versucht, den handel unter anderer firmenbezeichnung fortzuführen. 101wegen der weiteren einzelheiten des sach-und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte, der personalakte, der disziplinarakten, der beigezogenen verwaltungsvorgänge sowie der beigezogenen strafakten bezug genommen. 102
103der beklagte ist in das amt eines polizeiobermeisters zurückzustufen. 104i. 105aufgrund seiner überwiegend geständigen einlassung sowie der sich aus den akten ergebenden beweislage geht die kammer in tatsächlicher hinsicht von folgendem sachverhalt aus: 1061. straftat des betruges 107mit urteil des amtsgerichts e. vom 00.00.0000, rechtskräftig seit dem 00.00.0000, wurde der beklagte - wie ausgeführt - verurteilt und verwarnt, weil er am 00.00.0000 unter nutzung der alias-identität „k2. t. “ einen betrug zum nachteil des geschädigten o. im zusammenhang mit dem verkauf einer brennwerttherme begangen hat. 108die feststellungen aus dem urteil des amtsgericht e. sind für das gericht bindend gemäß § 56 abs. 1 satz 1 ldg nrw. der umfang der bindungswirkung erstreckt sich auf alle den inneren und äußeren tatbestand der straftat betreffenden feststellungen des strafurteils. angesichts des sowohl im straf- als auch im disziplinarverfahrens abgegebenen geständnisses des beklagten besteht keine veranlassung, die richtigkeit dieser feststellungen zu bezweifeln. 1092. straftat der steuerhinterziehung 110weiter geht das gericht in tatsächlicher hinsicht von den in dem seit dem 00.00.0000 rechtskräftigen strafbefehl des amtsgerichts e. vom 00.00.0000 wiedergegebenen feststellungen aus. ein strafbefehl entfaltet zwar nicht die einem strafurteil innewohnende bindungswirkung nach § 56 abs. 1 satz 1 ldg nrw. die dort getroffenen feststellungen können aber gemäß § 56 abs. 2 ldg nrw der entscheidung des gerichts ohne erneute prüfung zugrunde gelegt werden, da es sich bei dem staatsanwaltlichen ermittlungsverfahren um ein gesetzlich geordnetes verfahren handelt. hiervon macht das gericht gebrauch, weil der beklagte dem strafbefehl nicht entgegen getreten ist, sondern die ihm im strafverfahren zur last gelegten taten uneingeschränkt eingestanden hat. anlass zu einem lösungsbeschluss im sinne des § 56 abs.1 satz 2 ldg nrw hat das gericht nicht. 111nach den getroffenen feststellungen betrieb der beklagte seit 0000 ein einzelunternehmen unter der bezeichnung „f. “, mit sitz in e. , i.-------straße 24. unternehmensgegenstand war die beratung und vermittlung von technischen geräten und deren verkauf. hierbei handelte es sich im wesentlichen um den reimport von gasthermen aus benachbarten eu-ländern und deren verkauf bzw. einbau zumeist in deutschland. zum 00.00.0000 meldete der beklagte sein gewerbe offiziell ab, führte es aber tatsächlich auch im jahr 0000 unter gleicher anschrift weiter. um seine gewerbliche tätigkeit zu verschleiern, rechnete er unter dem briefkopf eines anderen einzelhandelsunternehmens namens „n. -i3. -e. “, inhaber f1. i1. , ab. teilweise wurde dabei der alias-name „k2. t. “ verwandt. dabei wurde der zahlungsverkehr über die konten von i4. c. und f1. i1. , worüber der beklagte mit vollmacht verfügen konnte, geführt. das firmenlogo der firma „n. -c1. -e1. “ wurde auf dem pc des beklagten erstellt. am 00.00.0000 gründete der beklagte zudem die f. ltd und wickelte über diese weiter den einkauf von heizungsthermen im jahre 0000 ab. dabei erzielte er mit dem gewerbe im jahre 0000 nettoumsätze in höhe von 185.000 euro, im jahre 0000 nettoumsätze in höhe von 258.221,46 euro und im jahre 0000 nettoumsätze in höhe von 128.278,15 euro. durch die nichtabgabe der steuererklärungen gegenüber dem zuständigen finanzamt e. -i2. verkürzte der beklagte im tatzeitraum ( 00.00.0000 bis 00.00.0000) umsatzsteuern in höhe von 51.345 €, gewerbesteuern in höhe von 8.797 € und einkommensteuern in höhe von 46.209 €, somit steuern in höhe von insgesamt 106.351 €. 1123. ausübung der nebentätigkeit ohne genehmigung 113obwohl gegen den beklagten bereits wegen der nichtanzeige einer nebentätigkeit ab dem jahr 0000 ein disziplinarverfahren geführt wurde und mit disziplinarverfügung vom 00.00.0000 seine dienstbezüge gekürzt wurden, ging er dennoch weiter ohne genehmigung seiner nebentätigkeit, dem gewerblichen vertrieb von brennwertthermen nach. dabei verfügte er zu keiner zeit über die erforderliche nebentätigkeitsgenehmigung. 114a. nebentätigkeit 115der beklagte hat eingeräumt, eine nicht genehmigte nebentätigkeit ausgeübt zu haben. im hinblick auf die art und dauer der ausübung der nebentätigkeit wird zunächst auf die feststellungen in den oben genannten strafverfahren verwiesen, woraus sich ergibt, dass der beklagte seit 0000 und auch über den 00.00.0000 hinaus bis in das jahr 0000 (betrugsstraftat im zusammenhang mit dem handel am 00.0000 /00.00.0000) hinein zum teil mit erheblichen nettoumsätzen dem handel mit brennwertthermen nachging. der beklagte hat auch eingeräumt, jedenfalls bis b1. 0000 die nebentätigkeit ausgeübt zu haben. 116aus den polizeilichen vernehmungen der zeugin n2. vom 00.00.0000 und insbesondere vom 00.00.0000 in dem wegen betruges geführten ermittlungsverfahren ergibt sich zudem, dass diese als scheinbare geschäftsführerin für den handel mit brennwertthermen bei der firma „u. “ bzw. „f. “ für den beklagten eingesetzt wurde, tatsächlich aber der beklagte die geschäfte tätigte. die zeugin n2. hat bekundet, dass der beklagte ihr gegenüber erklärt habe, dass er die firma nicht auf seinen namen kaufen lassen könne, weil das schwierigkeiten mit seinem vorgesetzten geben würde. er habe - so die zeugin - gesagt, dass er eigentlich nur ihren namen brauchen würde, sie mit der firma sonst nichts zu tun haben und er sich um alles kümmern würde. 117auch ergibt sich aus den in dem ermittlungsverfahren wegen betruges sichergestellten schriftstücken, dass der beklagte in den jahren 0000 und 0000, zuletzt ausweislich der schriftstücke am 00.00.0000, dem gewerblichen handel mit brennwertthermen nachgegangen ist. 118die von dem kläger in bezug genommenen schriftstücke, die anlässlich der durchsuchung der wohnung des beklagten am 00.00.0000 sichergestellt und beschlagnahmt werden konnten, sind verwertbar. gründe, die der verwertbarkeit der beschlagnahmten asservate bzw. unterlagen entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. insbesondere ist bei der erlangung der beweise nicht gegen beweiserhebungsverbote verstoßen worden. im rahmen des strafrechtlichen ermittlungsverfahrens war die durchsuchung und beschlagnahme von dem amtsrichterlichen durchsuchungsbeschluss gedeckt. im anschluss wurde die weitere beschlagnahme durch verwaltungsgerichtlichen beschluss angeordnet. soweit es in dem tenor des beschlusses heißt, „die beschlagnahme der … geschäftsunterlagen wird angeordnet, soweit sich diese noch im gewahrsam des antragsgegners befinden“, handelt es sich um eine offensichtliche unrichtigkeit. richtigerweise muss es heißen „…des antragstellers…“. das ergibt sich unzweifelhaft schon aus der weiteren begründung des verwaltungsrechtlichen beschlusses, worin es heißt, „dass bei einer herausgabe der unterlagen an den beamten eine nachfolgende vernichtung der einschlägigen beweismaterialien zu besorgen“ sei. insoweit ist ein eindeutiger bezug zu unterlagen gegeben, die sich noch im gewahrsam des antragstellers - und nicht des antragsgegners - befinden. gleiches gilt im zusammenhang mit der antragsschrift, mit der die beschlagnahme der unterlagen beantragt wird, die sich noch in dem kriminalkommissariat 00 - und nicht etwa bei dem beklagten - befinden. 119b. genehmigungsbedürftigkeit 120unabhängig von der noch zu erörternden frage, ob die nebentätigkeit überhaupt genehmigungsfähig gewesen wäre, verfügte der beklagte nicht über die für die von ihm ausgeübte nebentätigkeit gemäß § 68 abs. 1 nr. 3 lbg nrw a.f. erforderliche genehmigung. danach ist eine vorherige genehmigung erforderlich, wenn es sich um eine gewerbliche tätigkeit handelt. unter gewerbliche tätigkeit fällt nicht nur der mit gewinn und verlust für eigene rechnung laufende gewerbebetrieb, sondern auch jede sonstige gelegentlich oder dauernd ausgeübte auf gewinn ausgerichtete tätigkeit. 121vgl. schütz/maiwald, beamtenrecht des bundes und der länder, § 68 rn. 17, 18. 122der beklagte ging unzweifelhaft einer gewerblichen tätigkeit nach. dahinstehen kann, ob der beklagte aus seinen gewerblichen verkaufstätigkeiten tatsächlich einen erheblichen gewinn erzielt hat. für die dienstrechtliche beurteilung der nebentätigkeit eines beamten ist nur maßgeblich, ob diese mit der absicht der gewinnerzielung erfolgt. unerheblich ist dagegen, ob der erstrebte gewinn tatsächlich realisiert worden ist. 123vgl. ovg rheinland-pfalz, urteil vom 28. april 2008 - 3 a 11334/07 -, juris, rn. 31. 1244. fortsetzen der nebentätigkeit entgegen zusage 125der beklagte hat die nebentätigkeit auch fortgeführt, obwohl er zugesagt hatte, dass er diese ab ende dezember nicht mehr fortführen werde. in seiner vernehmung vom 00.00.0000, die im rahmen des bereits abgeschlossenen disziplinarverfahrens wegen des ausübens einer unerlaubten tätigkeit durchgeführt wurde, hat der beklagte mitgeteilt, dass er sich konkret darum bemühe, sein geschäft zu veräußern. telefonisch teilte er dem damaligen ermittlungsführer mit, dass er die nebentätigkeit nicht länger ausübe und übermittelte per fax eine gewerbeabmeldung. in seiner vernehmung vom 00.00.0000 teilte der beklagte mit, dass es ihm gelungen sei, das geschäft an frau n1. n2. als geschäftsführerin zu übergeben. am 00.00.0000 gab er eine eidesstattliche versicherung ab, dass er sein gewerbe am 00.00.0000 abgemeldet habe. am 00.00.0000 gründete er jedoch sodann die fa. f. ltd. und rechnete zunächst über diese und später über die firma „n. -i3. -e. “ bzw. „u. “ weiter den verkauf von heizungsthermen im jahre 0000 ab. 1265. nebentätigkeit während krankheitszeiten 127weiter ist der beklagte während zeiten seiner krankmeldung seiner nebentätigkeit nachgegangen. ausweislich der personalakte ergeben sich folgende zeiten der krankmeldung: 12800.00. bis 00.00.0000, 12900.00. bis 00.00.0000, 13000.00.0000, 13100.00.0000, 13200.00. bis 00.00.0000, 13300.00.0000, 13400.00. bis 00.00.0000, 13500.00.0000 und 13600.00. bis 00.00.0000. 137gleichwohl hat der beklagte ausweislich der von dem kläger in bezug genommenen beschlagnahmten schriftstücken an folgenden tagen tätigkeiten ausgeübt. 138er hat auf den 00.00.00und den 00.00.00 datierte angebote (schriftstücke (2) und (3)) über heizungsanlagen mit seinem namen unterschrieben. weitere mit dem alias-namen k1. . t. unterschriebene angebote datieren vom 00.00.00 und 00.00.00 (schriftstücke (13) und (19). ausweislich der schriftstücke (14) und (17) erfolgten geschäftliche telefonate am 00.00., 00.00. und 00.00.00. am 00.00. und 00.00.00 erfolgten zudem zwei mit seinem namen unterschriebene bestellungen für die firma n. -i3. -e. (schriftstücke (16) und (17) sowie eine email (schriftstück (18)). unter dem 00.00.00 beantwortete er eine anfrage eines interessenten im rahmen eines f6. -angebots (schriftstück (30)). 139die übrigen unterlagen reichen nicht aus, um eine konkrete tätigkeit des beklagten an den entsprechenden tagen nachzuweisen. das gilt für die verkäufe über die internetplattform f4. , da der dort aufgeführte tag nur den der beendigung der versteigerung darstellt. die einstellung des angebots erfolgt regelmäßig zeitlich davor. weitere schriftstücke belegen lediglich, dass der beklage emails oder bestellungen empfangen, nicht aber eine eigene tätigkeit entfaltet hat. teilweise ist auch nicht ausreichend erkennbar, wer die entsprechenden schriftstücke erstellt hat, auch wenn es nahe liegen mag, dass sie von dem beklagten stammen. 140ii. 141die disziplinarrechtliche würdigung des unter i. festgestellten sachverhalts ergibt, dass sich der beklagte eines schwerwiegenden - einheitlichen - dienstvergehens schuldig gemacht hat. 142nach § 83 abs.1 landesbeamtengesetz (lbg nrw a.f.) bzw. § 47 abs. 1 s. 1 beamtenstatusgesetz (beamtstg) begeht ein beamter ein dienstvergehen, wenn er die ihm obliegenden pflichten schuldhaft verletzt. diese pflichten sind in bezug auf den hier in rede stehenden zeitraum dem lbg nrw in der bis zum 31. märz 2009 geltenden fassung (im folgenden: lbg a.f.) zu entnehmen. sie finden ihre entsprechung in den bestimmungen des zum 1. april 2009 in kraft getretenen beamtenstatusgesetzes. 143gemäß § 57 satz 3 lbg nrw a.f. muss das verhalten des beamten innerhalb und außerhalb des dienstes der achtung und dem vertrauen gerecht werden, die sein beruf erfordert. der beamte ist gemäß § 58 satz 2 lbg nrw a.f. verpflichtet, die von seinen vorgesetzten erlassenen anordnungen auszuführen und ihre allgemeinen richtlinien zu befolgen. ein verhalten des beamten außerhalb des dienstes ist gemäß § 83 absatz 1 satz 2 lbg nrw a.f. dann ein dienstvergehen, wenn es nach den umständen des einzelfalls in besonderem maße geeignet ist, das vertrauen in eine für sein amt bedeutsamen weise zu beeinträchtigen. 144durch das festgestellte handeln hat der beklagte ein einheitliches - soweit es um den betrug und die steuerhinterziehung geht, außer-, soweit es um die ausübung der nebentätigkeiten geht, innerdienstliches - dienstvergehen begangen, weil er schuldhaft die ihm obliegenden dienstpflichten verletzt hat. das teils inner-, teils außerdienstliche fehlverhalten des beklagten steht in einem inneren sachlichen wie zeitlichen zusammenhang, da der beklagte ohne die ausübung der nebentätigkeit nicht die umsätze getätigt hatte, derer er die gesetzlich vorgeschriebenen steuern hinterzogen hat und auch den betrug im zusammenhang mit der nebentätigkeit nicht begangen hätte. 1451. vorwürfe der steuerhinterziehung und des betruges (vorwürfe ziffer 1) und 4)) 146durch den betrug und die steuerhinterziehung hat der beklagte eine außerdienstliche pflichtverletzung begangen. er hat gegen die pflicht zum wohlverhalten gem. § 57 satz 3 lbg nrw a.f. bzw. § 34 satz 3 beamtstg verstoßen. 147die missachtung gesetzlicher vorschriften gehört zu denjenigen verhaltensweisen eines beamten, die seinem ansehen und dem des staates in erheblichem maße abträglich sind. denn der staat kann den anspruch an den bürger auf beachtung der gesetze umso weniger glaubhaft erheben, je mehr seine eigenen verwaltungsangehörigen sich nicht gesetzestreu verhalten. durch die begehung der straftaten hat der beklagte sich eines verhaltens schuldig gemacht, das mit dem schärfsten unwerturteil belegt ist, das der rechtsordnung zur verfügung steht. den beklagten belastet insoweit zunächst der enge dienstliche bezug dieser dienstpflichtverletzungen. es gehört gerade zu den wesentlichen aufgaben von polizeibeamten, straftaten zu verhindern bzw. aufzuklären sowie straftäter zu verfolgen. ein polizeibeamter erschüttert daher prinzipiell durch die eigene begehung von straftaten das vertrauen der verwaltung und der allgemeinheit in seine integrität nachhaltig und stellt so die grundlagen des beamtenverhältnisses in frage. denn die polizeibehörden können ihre pflichten gegenüber der allgemeinheit nicht sachgerecht und ordnungsgemäß erfüllen, wenn ihre polizeibeamten sich im hinblick auf die zu schützenden werte nicht selbst als zuverlässig erweisen oder nur als unzuverlässig von der allgemeinheit angesehen werden. nach wie vor ist die erwartung der allgemeinheit, dass ein polizeibeamter nicht selbst straftaten begeht, deutlich größer als entsprechende erwartungen gegenüber anderen. 148vgl. vg münster, urteil vom 21. juni 2013 - 13 k 1442/11.o -, juris, rn. 116. 149die begehung einer steuerhinterziehung im sinne des § 370 abgabenordnung (ao), mit welcher der anspruch des staates auf den vollen und rechtzeitigen ertrag aus jeder einzelnen steuer verkürzt wird, ist im hinblick auf den dem staat verursachten schaden ein schweres wirtschaftsdelikt. dies zeigt sich auch an dem vorgeschriebenen strafrahmen, der die steuerhinterziehung gem. § 370 ao mit freiheitsstrafe bis zu 5 jahren bedroht. gleiches gilt für den betrug. mit den straftaten sind hier daher auch die besonderen voraussetzungen des § 83 abs. 1 satz 2 lbg nrw a.f. erfüllt. der unrechtsgehalt seines strafbaren verhaltens der steuerhinterziehung wiegt schwer, weil der beklagte über mehrere jahre hinweg verschiedene steuern hinterzogen hat und die höhe der hinterzogenen steuern erheblich ist. 1502. vorwurf der ungenehmigten nebentätigkeit (vorwurf ziffer 2) 151durch die ausübung der nebentätigkeiten ohne vorherige anzeige und genehmigung hat der beklagte in äußerst beharrlicher weise vorsätzlich gegen die vorschrift des § 68 abs.1 nr. 3 lbg nrw a.f. (jetzt § 49 abs.1 satz 1 nr. 3 lbg nrw), nebentätigkeiten nur nach genehmigung auszuüben, verstoßen. 152nach ständigen rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, 153vgl. bverwg, urteil vom 11. dezember 1990 - 1 d 63.89 -, juris, rn. 25, 154der sich die kammer anschließt, hat der beamte auf grund seiner vollen hingabepflicht an den beruf seine arbeitskraft grundsätzlich voll dem dienstherrn und der allgemeinheit zu widmen; der dienstherr seinerseits hat in form von dienstbezügen und alters- wie hinterbliebenenversorgung für angemessenen lebensunterhalt des beamten (und dessen familie) zu sorgen. angesichts dieser korrespondierenden pflichten liegt das interesse des dienstherrn auf der hand, ihm eine prüfungs- und entscheidungsmöglichkeit einzuräumen, wenn der beamte durch eine nicht dienstlich veranlasste nebentätigkeit seine geistigen und körperlichen kräfte außerhalb seiner beruflichen pflichten nutzbar machen will. dem tragen die vorschriften der §§ 68 ff. lbg nrw a.f. rechnung. die danach begründete zustimmungs- oder anzeigepflicht soll sicherstellen, dass die behörde schon vor aufnahme einer nebentätigkeit hiervon kenntnis erhält, damit sie rechtzeitig prüfen kann, ob sich die ausübung der beabsichtigten nebentätigkeit mit dem amt des beamten vereinbaren lässt. die prüfung erstreckt sich dabei nicht nur auf die dienstlichen belastungen des beamten, sondern auch darauf, wie sich die nebentätigkeit auf das vertrauen der öffentlichkeit in die unparteilichkeit und unbefangenheit des beamten und damit auf seine dienstliche verwendbarkeit auswirken wird. schließlich wird durch die genehmigungs- oder anzeigepflicht die behörde auch in die lage versetzt, auf anzeigen oder gar anfeindungen sachgerecht und wirkungsvoll zu reagieren. das ist vor allem deshalb notwendig, weil die öffentlichkeit gegenüber der nebentätigkeit von verwaltungsbediensteten ohnehin meist sehr kritisch eingestellt ist. 155vgl. bverwg, urteil vom 11. dezember 1990 - 1 d 63.89 -, juris, rn. 25. 156der beklagte wäre verpflichtet gewesen, vor der aufnahme der nebentätigkeit eine genehmigung zu beantragen und mit dieser nebentätigkeit nicht zu beginnen, bis ihm die genehmigung erteilt war. der beklagte handelte auch vorsätzlich. spätestens seit der einleitung des ersten disziplinarverfahrens war ihm bewusst, dass er für seine nebentätigkeit einer genehmigung bedurfte. 157die nebentätigkeit des beklagten stellt sich jedoch als - in dubio pro reo - genehmigungsfähig dar. nach § 68 abs. 2 lbg nrw a.f. ist die nebentätigkeit zu versagen, wenn die nebentätigkeit dienstliche interessen beeinträchtigen kann. ein solcher versagungsgrund liegt insbesondere vor, wenn die nebentätigkeit (§ 69 abs. 2 nr. 1 lbg nrw a.f.) nach art und umfang die arbeitskraft des beamten so stark in anspruch nimmt, dass die ordnungsgemäße erfüllung seiner dienstlichen pflichten behindert werden kann oder (§ 69 abs. 2 nr. 6 lbg nrw a.f.) dem ansehen der öffentlichen verwaltung abträglich sein kann. die voraussetzungen des § 69 abs. 2 nr. 1 lbg nrw a.f. gilt in der regel als erfüllt, wenn die zeitliche beanspruchung durch die nebentätigkeit in der woche ein fünftel der regelmäßigen wöchentlichen arbeitszeit überschreitet (§ 69 abs. 2 nr. 1 satz 2 lbg nrw a.f.). 158zwar sind die im anschuldigungsschriftsatz dargelegten umstände durchaus geeignet einen verdacht dahingehend zu begründen, dass die nebentätigkeit nach art und umfang die arbeitskraft des beklagten so stark in anspruch nimmt, dass die ordnungsgemäße erfüllung seiner dienstlichen pflichten behindert werden kann. der verdacht reicht aber nicht aus, um dem gericht die für eine disziplinarrechtliche beurteilung hinreichend sichere überzeugungsgrundlage zu verschaffen, welchen umfang die tätigkeit des beklagten tatsächlich hatte, insbesondere ob sie über eine zeitliche dauer von 8 stunden wöchentlich (ein fünftel der regelmäßigen wöchentlichen arbeitszeit) hinaus ging. die in dem steuerstrafverfahren ermittelten umsätze stellen zwar ein indiz für eine umfangreiche tätigkeit dar. sie lassen jedoch keine sicheren rückschlüsse auf den tatsächlichen wöchentlichen arbeitsumfang des beklagten zu. das gilt insbesondere deshalb, weil im steuerstrafverfahren für das jahr 0000 lediglich beträge von 47.751,86 euro, 17.320 euro und 3.200 euro konkret aus den verkäufen von heizthermen resultierten. einen teilbetrag von 60.580 euro stellen bareinzahlungen auf dem konto der frau i4. c. dar, die lediglich im rahmen der schätzung als einnahmen bzw. bruttoumsätze der f. angesetzt wurden. 159selbst wenn man einen umsatz im jahr 0000 von 128.278 euro zugrunde legen würde, müssten - davon ausgehend, dass eine therme durchschnittlich jeweils ca. 2.500 euro kostet - im jahr rund 50 thermen verkauft werden, um zu einen umsatz von in dieser größenordnung zu gelangen. dazu müsste im schnitt ca. 1 therme wöchentlich verkauft werden. dass für den verkauf einer therme mehr als 8 stunden zeitaufwand benötigt würden, ist nicht dargetan und auch nicht ersichtlich. 160es liegt auf der hand, dass der zeitaufwand je nach art des abgeschlossenen vertrages und je nach informationsbedürfnis des jeweiligen vertragspartners unterschiedlich ausfällt. eine nachträgliche ermittlung des zeitaufwandes anhand der umsatzzahlen oder geschätzten anzahl der verträge kann daher im wesentlichen nur im spekulativen bereich bleiben. auch aus den in der anschuldigungsschrift in bezug genommenen geschäftsunterlagen ergeben sich keine sicheren anhaltspunkte für eine umfangreiche tätigkeit. 161der umstand, dass der beklagte bis zu seiner enthebung aus dem dienst seiner dienstlichen tätigkeit beanstandungsfrei und ordnungsgemäß nachgekommen ist, stellt ein indiz dafür da, dass die zeitliche beanspruchung durch die nebentätigkeit eher unterhalb der erheblichkeitsschwelle lag. letztlich waren keine weiteren umstände ersichtlich, denen im rahmen der gerichtlichen aufklärungspflicht hätte nachgegangen werden müssen, um die frage des zeitlichen umfangs der ausgeübten tätigkeit zu klären. 162nach dem grundsatz „in dubio pro reo“ ist daher nicht von einem genehmigungsfähigen umfang der tätigkeit auszugehen. 1633. verstoß gegen gesunderhaltungspflicht (vorwurf ziffer 5) 164dem beklagten kann nicht nachgewiesen werden, gegen die gesunderhaltungspflicht als ausfluss der pflicht zum vollen persönlichen einsatz verstoßen zu haben. 165zu den dienstpflichten des beamten gehört es, sich mit vollem persönlichen einsatz seinem beruf zu widmen. ein beamter, der während der krankschreibung nebentätigkeiten ausübt, verstößt gegen die pflicht zum vollen beruflichen einsatz, wenn die nebentätigkeit nach art und umfang generell geeignet ist, die wiederherstellung der dienstfähigkeit zumindest zu verzögern. eines konkreten medizinischen nachweises bedarf es nicht. 166vgl. bverwg, urteil vom 14. november 2001 - 1 d 60.00 -, juris, rn. 20 m.w.n. 167ob derartiges angenommen werden kann, ist nach den jeweiligen einzelfallumständen zu beantworten und einer grundsätzlichen klärung nicht zugänglich. 168vgl. bverwg, beschluss vom 17. juli 2013 - 2 b 27.12 -, juris, rn. 8. 169nach diesen maßstäben kann dem beklagten nicht nachgewiesen werden, dass die tätigkeiten, die er in zeiten der krankheit begangen hat, generell geeignet waren, den gesundungsprozess zu behindern oder zu verlangsamen. zunächst sind die tätigkeiten im verhältnis zu dem jeweiligen zeitraum der krankheit nicht als übermäßig zu betrachten. das schreiben von angeboten, bestellungen oder die telefonate im nachgewiesenen umfang erfordern weder eine besondere zeitliche noch körperliche anstrengung. sie stellen keine übertriebenen, kräftezehrenden oder anstrengenden betätigungen dar, die der alsbaldigen und nachhaltigen genesung offensichtlich schädlich sein können. es ist durchaus vorstellbar, dass einem krankgeschriebenen beamten leichte schreibtischtätigkeit trotz einer erkrankung möglich ist, welche insoweit seine körperliche und geistige leistungsfähigkeit nicht beeinträchtigt bzw. die entsprechende genesung nicht verzögert. eine generelle eignung zur beeinträchtigung der genesung kann den dem beklagten in zeiten der krankheit nachgewiesenen tätigkeiten jedenfalls in dem hier festgestellten umfang nicht zugesprochen werden. mangels weiterer erkenntnisse ist der dem beklagten gemachte vorwurf genesungsgefährdenden verhaltens demnach nicht erwiesen. 1704. fortsetzung der nebentätigkeit entgegen zusage (vorwurf nr. 4 ) 171soweit die disziplinarklage zudem auf den vorwurf gestützt wird, der beklagte habe die tätigkeit entgegen seiner ausdrücklichen zusage, er werde und habe diese letztlich auch beendet, fortgeführt, folgt die kammer dem nicht. die kammer sieht darin keinen gesonderten pflichtverstoß. die ungenehmigte ausübung einer - nicht angezeigten - nebentätigkeit und die zusage, diese zu beenden und gleichwohl im weiteren fortzuführen, beschreiben letztlich ein und dasselbe pflichtwidrige verhalten. dass damit zugleich eine täuschung des dienstherrn verbunden ist, sagt etwas über die qualität des in subjektiver hinsicht verwirklichten pflichtverstoßes aus. dieser gesichtspunkt ist bei der schwere des dienstvergehens zu berücksichtigen, bildet jedoch keinen eigenständigen pflichtenverstoß. 172außerdem können im regelfall falsche angaben zur verteidigung in einem disziplinarverfahren einem beamten nicht mehr als zusätzliche weitere pflichtenverletzung vorgeworfen werden. zwar gehört die wahrheitspflicht zum innerdienstlichen pflichtenkreis eines jeden beamten. dies ergibt sich aus den hergebrachten grundsätzen des berufsbeamtentums und der gegenseitigen treuepflicht. in früheren entscheidungen wurde unter berufung auf das urteil des bundesverwaltungsgerichts vom 18. dezember 1980 - 1 d 89.79 - (rn. 29, zit. n. juris) die auffassung vertreten, dies gelte auch im rahmen eines disziplinarverfahrens. das bundesverwaltungsgericht hat in seinem urteil vom 28. februar 2013 - 2 c 62.11 - (rn. 51, zit. n. juris) diese rechtsauffassung jedoch aufgegeben und nunmehr entschieden, dass sich die grenze der dienstrechtlichen wahrheitspflicht eines beamten im disziplinarverfahren an den grenzen des zulässigen verteidigungsverhaltens im strafverfahren orientiert. das verhalten des betroffenen beamten im disziplinarverfahren stellt danach nur dann eine weitere dienstpflichtverletzung dar, wenn der beamte im disziplinarverfahren wider besseres wissen dritte diffamiert oder sonst vorsätzlich gegen strafbestimmungen verstößt. das gericht schließt sich dieser auffassung an. eine diffamierung wider besseres wissens oder ein vorsätzlicher verstoß gegen strafbestimmungen durch den beklagten liegt nicht vor, jedenfalls nicht durch seine zusicherung, er habe das gewerbe abgemeldet, zumal in dem zeitpunkt der zusage eine abmeldung tatsächlich erfolgt ist. 173iii. 174für das festgestellte dienstvergehen hält die kammer eine zurückstufung um zwei stufen für geboten und unvermeidlich. 175ausgangspunkt für die bemessung der disziplinarmaßnahme ist die schwere des nachgewiesenen dienstvergehens. das persönlichkeitsbild des beamten ist angemessen zu berücksichtigen. ferner soll berücksichtigt werden, in welchem umfang das vertrauen des dienstherrn oder der allgemeinheit in den beamten beeinträchtigt worden ist (§ 13 abs.2 satz 1 bis 3 ldg nrw). ein beamter, der durch ein dienstvergehen das vertrauen des dienstherrn oder der allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem beamtenverhältnis zu entfernen (§ 13 abs. 3 satz 1 ldg nrw). ein endgültiger vertrauensverlust ist eingetreten, wenn die prognose ergibt, dass der beamte auch künftig seinen dienstpflichten nicht nachkommen werde oder die ansehensschädigung nicht wieder gut zu machen ist. 176vgl. ovg nrw, urteil vom 31. august 2011 - 3d a 711/10 -, m.w.n. 177aufgrund der einheitlichkeit des dienstvergehens müssen die dem beklagten vorgeworfenen disziplinarrechtlichen verstöße unter beachtung seiner gesamtpersönlichkeit insgesamt bewertet werden. setzt sich ein dienstvergehen ‑ wie vorliegend - aus mehreren dienstpflichtverletzungen zusammen, so bestimmt sich die zu verhängende disziplinarmaßnahme in erster linie nach den schwersten verfehlungen. 178vgl. bverwg, urteil vom 8. september 2004 - 1 d 18.03 -, juris. 179zu berücksichtigen ist, dass dem beklagten im hinblick auf den vorwurf der ausübung der nicht genehmigten nebentätigkeit kein weiterer verstoß gegen die gesunderhaltungspflicht nachzuweisen ist und auch nicht festgestellt werden konnte, dass die ausübung der nebentätigkeit materiell rechtswidrig ist. daher sieht die kammer trotz der einschlägigen vorbelastung des beklagten den schwerpunkt der dienstpflichtverletzung in der straftat der steuerhinterziehung in sieben fällen mit einem gesamtumfang der hinterzogenen steuern in höhe von 106.351 euro. 180das festgestellte dienstvergehen der außerdienstlichen steuerhinterziehung ist von erheblichem disziplinarischem gewicht. eine steuerhinterziehung stellt im hinblick auf den dem staat verursachten schaden ein schweres wirtschaftsdelikt dar. 181vgl. bverwg urteil vom 9. november 1994 - 1 d 57.93 -, juris, rn. 13. 182deshalb handelt es sich aus disziplinarischer sicht bei einer steuerhinterziehung nicht um ein „kavaliersdelikt“, sondern um eine regelmäßig schwerwiegende verfehlung. sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der beamte durch strafbares verhalten unter schädigung des staates - und damit in der regel auch des eigenen dienstherrn - persönlich unberechtigt hohe steuervorteile verschafft, obwohl er öffentliche aufgaben wahrzunehmen hat und durch steuermittel alimentiert wird. 183vgl. bverwg urteil vom 8. september 2004 - 1 d 18.03 -, juris, rn. 47. 184ähnlich wie bei einem betrügerisch handelnden beamten führt ein solches fehlverhalten auch zu erheblichen zweifeln an seiner vertrauenswürdigkeit. 185bverwg urteil vom 9. november 1994 - 1 d 57.93 -, juris, rn. 14. 186nach der ständigen rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, 187zuletzt urteil vom 28. juli 2011 - 2 c 16.10 - juris, rn. 34, 188der sich die kammer anschließt, ist die disziplinarmaßnahme für außerdienstliche steuerhinterziehungen ohne dienstlichen bezug wegen der variationsbreite der möglichen verfehlungen, insbesondere wegen der sehr unterschiedlichen hinterziehungsbeträge, grundsätzlich nach den umständen des jeweiligen falles festzulegen. ist der umfang der hinterzogenen steuern besonders hoch oder sind mit der steuerhinterziehung zusätzliche straftatbestände oder andere nachteilige umstände mit erheblichem eigengewicht verbunden, so soll eine zurückstufung angemessen sein. während der 2. wehrdienstsenat des bundesverwaltungsgerichts hierbei von einem fünf- oder sechsstelligen betragsbereich ausgeht, 189vgl. urteile vom 21. juni 2011 - 2 wd 10.10 -, juris, rn. 41, und vom 11. januar 2012 - 2 wd 40.10 -, juris, rn. 37, 190nimmt der 2. senat des bundesverwaltungsgerichts eine außergewöhnliche höhe des hinterziehungsbetrags nunmehr bei einem sechsstelligen dm-betrag an, 191vgl. urteil vom 28. juli 2011 - 2 c 16.10 -, juris, 192was einem betrag von 51.129,19 € entspricht. die entfernung aus dem beamtenverhältnis bzw. die aberkennung des ruhegehalts kommt in betracht, wenn der hinterziehungsbetrag einen siebenstelligen euro-betrag erreicht. 193vgl. bverwg, urteil vom 28. juli 2011 - 2 c 16.10 -, juris. 194der beklagte hat vorliegend zwischen dem 00.00.0000 und dem 00.00.0000 umsatz- und einkommensteuern verkürzt und dadurch steuern in höhe von insgesamt 106.351,- € hinterzogen. damit liegt schon eine außergewöhnliche höhe des hinterziehungsbetrages vor, die eine zurückstufung des beklagten allein schon deshalb angezeigt erscheinen lässt. 195mit der steuerhinterziehung sind zudem noch andere nachteilige umstände mit erheblichem eigengewicht verbunden. der beklagte hat die steuerhinterziehungen im zusammenhang mit der ausübung einer ungenehmigten nebentätigkeit begangen, da er ohne die ausübung der ungenehmigten nebentätigkeit nicht die umsätze getätigt bzw. die gewinne erzielt hätte, hinsichtlich derer er steuern hinterzogen hat. diese innerdienstliche pflichtverletzung ist gleichfalls von so erheblichem eigengewicht, dass sie zusammen mit der steuerhinterziehung eine zurückstufung des beklagten um zwei stufen indiziert. 196für die ahndung ungenehmigter nebentätigkeiten steht wegen der vielfalt der möglichen pflichtverstöße grundsätzlich der gesamte disziplinarrechtliche maßnahmenkatalog zur verfügung. es kommt auf dauer, häufigkeit und umfang der nebentätigkeit an. weiterhin muss berücksichtigt werden, ob der ausübung der nebentätigkeiten gesetzliche versagungsgründe entgegenstehen, d.h. die betätigungen auch materiell rechtswidrig sind und ob sich das verhalten des beamten nachteilig auf die erfüllung seiner dienstlichen aufgaben ausgewirkt hat. erschwerend wirkt sich aus, wenn ein beamter ungenehmigte nebentätigkeiten in zeiten der krankschreibung wahrnimmt. 197vgl. bverwg urteil vom 11. januar 2007 - 1 d 16.05 - , juris, rn. 59. 198unter zugrundelegung der vorgenannten kriterien ist von einem schwerwiegenden dienstvergehen auszugehen. 199danach ist zunächst von erheblichen belang, dass der beklagte über einen längeren zeitraum, nämlich von 0000 an über die einleitung des ersten im jahre 0000 eingeleiteten disziplinarverfahrens hinaus auch in den folgejahren 0000 und 0000 bis zuletzt im b1. 0000 dem handel mit brennwertthermen nachgegangen ist. 200den beklagten belastet massiv, dass er selbst nach einleitung des ersten disziplinarverfahrens seine tätigkeit unverändert fortgesetzt hat es hat über jahre keinen antrag auf erteilung einer nebentätigkeit gestellt und setzte seine gewerbliche tätigkeit unverändert fort. dies zeugt von erheblicher dreistigkeit und unbelehrbarkeit. offenkundig hat weder die einleitung des ersten disziplinarverfahrens noch die mit verfügung vom 00.00.0000 ausgesprochene erste kürzung der dienstbezüge um 2 % für die dauer von 18 monaten den beklagten nachhaltig beeindruckt. sein insgesamt über einen langen zeitraum gezeigtes verhalten macht in eindrucksvoller weise deutlich, dass der disziplinarrechtlich einschlägig vorbelastete beklagte nicht gewillt ist, die ihn obliegenden dienstpflichten zu beachten. 201darüber hinaus hat der beklagte im zusammenhang mit der ausübung der nebentätigkeit nicht nur die steuerhinterziehungen begangen, sondern sich zudem wegen betruges schuldig gemacht. 202hinzu kommt, dass sein verhalten von verschleierungsstrategien geprägt war. so hat er am 00.00.0000 eine eidesstattliche versicherung abgegeben, dass er sein gewerbe zum 00.00.0000 abgemeldet hat. tatsächlich hat er aber bereits am 00.00.0000 die f. ltd. gegründet und ist zunächst über diese dem handel weiter nachgegangen. zudem hat er unter den alias-personalien „k2. t. “ gehandelt. um seine gewerbliche tätigkeit zu verschleiern, rechnete er unter dem briefkopf eines anderen einzelhandelsunternehmens namens „n. -i3. -e. “, inhaber f1. i1. , ab. dabei wurde der zahlungsverkehr über die konten von i4. c. und f1. i1. abgerechnet, worüber der beklagte mit vollmacht verfügen konnte. daraus ist zu folgern, dass der beklagte seine fortgesetzten pflichtverstöße durch bewusste täuschung seines dienstherrn verschleiern wollte. seine bewusste täuschung über seine identität als unternehmer, um die von ihm ausgeübte nebentätigkeit zu verschleiern, zeugt von einer ganz besonderen pflichtvergessenheit. 203gleichwohl handelt es sich bei dieser pflichtverletzung nicht um die verletzung einer kernpflicht. denn das fehlverhalten des beklagten hat sich nicht nachweislich nachteilig auf die erfüllung seiner dienstlichen aufgaben ausgewirkt. 204es kann ihm nicht vorgeworfen werden, dass ihn die einleitung des hiesigen disziplinarverfahrens am 00.00.0000 und die nachfolgende enthebung vom dienst am 00.00.0000 nicht beeindruckt hätten, denn beide maßnahmen erfolgten nach dem ihm mit der disziplinarklage vorgeworfenen zeitraum der pflichtverletzung, die im 00.0000 endet. dass er bis heute einer ungenehmigten nebentätigkeit nachgeht, ist nicht dargetan. zudem hat er durch die stellung seines antrags auf genehmigung einer nebentätigkeit am 00.00.0000 gezeigt, dass er - wenn auch spät - gewillt ist, „den rechten weg“ einzuschlagen. auch befand er sich - wie er in seiner vernehmung am 00.00.0000 selbst schilderte - in einer wirtschaftlichen konfliktsituation, weil ihn - jedenfalls subjektiv nach seiner auffassung - eine sofortige einstellung seiner geschäftstätigkeit in den wirtschaftlichen ruin getrieben hätte. 205bei einer gesamtwürdigung aller belastenden und entlastenden gesichtspunkte sieht die kammer eine zurückstufung des beklagten um zwei stufen in das amt eines polizeiobermeisters als ausreichend, aber auch erforderlich an. 206das einheitliche dienstvergehen ist geeignet, das vertrauensverhältnis zwischen dem beklagten und seinem dienstherrn bzw. der allgemeinheit nachhaltig zu erschüttern. da der beklagte jedoch nicht im kernbereich seiner pflichten als polizeibeamter versagt hat, 207vgl. bverfg, beschluss vom 19. februar 2003 - 2 bvr 1413/01 -, juris, rn. 38. 208er im hinblick auf die nebentätigkeit von einem verstoß gegen die gesunderhaltungspflicht freizustellen und die nebentätigkeit genehmigungsfähig gewesen war, erscheint das vertrauensverhältnis zwischen dem kläger bzw. der allgemeinheit und dem beklagten noch nicht endgültig zerstört. eine entfernung aus dem dienst wäre daher zur überzeugung der kammer unangemessen. unter berücksichtigung des umfangs der pflichtverletzungen und des entstandenen vertrauensschadens sowie des persönlichkeitsbildes des beamten ist jedoch eine dienstgradherabsetzung um zwei stufen erforderlich. 209als milderungsgründe können in erster linie nur die bisher guten und zuletzt als „entspricht voll den anforderungen“ beurteilten dienstlichen leistungen und die lange verfahrensdauer anerkannt werden. allein diese geben angesichts der schwere des dienstvergehens keine veranlassung, von der zurückstufung zugunsten einer (noch) milderen maßnahme abzusehen. das disziplinarverfahren hat mit insgesamt mehr als sechs jahren relativ lange gedauert. dabei beruhte die verfahrensdauer nicht auf einem verfahrensverzögernden verhalten des überwiegend geständigen beklagten, sondern auf der behandlung des verfahrens durch die ermittlungsbehörden und die gerichte. es waren jedoch auch die gebotenen aussetzungszwänge zu beachten. soweit der beklagte der auffassung ist, das disziplinarverfahren sei in der zeit von 2010 bis zu dem beginn der ermittlungen in dem steuerstrafverfahren nicht vorangetrieben worden, ist darauf hinzuweisen, dass bereits mit bei dem finanzamt am 00.00.0000 eingegangenen schreiben die meldung gemäß § 116 ao durch die polizeibehörde wegen des verdachts einer steuerstraftat erfolgte. daraufhin wurde am 00.00.0000 das steuerstrafverfahren gegen den beklagten eingeleitet. 210soweit der beklagte meint, nach rechtskräftigem abschluss des strafverfahrens, welches wegen betruges geführt wurde, habe es der aufhebung der vorläufigen enthebung vom dienst bedurft, greift dies nicht durch. aufgrund der bindungswirkung des strafurteils gemäß § 23 abs. 1 ldg nrw wurde der vorwurf des betruges erhärtet. zudem gaben die inhalte der strafakte, namentlich die in dem strafverfahren beschlagnahmten asservate, anlass für die ausdehnung des disziplinarverfahrens auf weitere schwerwiegende pflichtverstöße. die vorläufige enthebung vom dienst ist genauso wie die bezügekürzung eine in das ermessen des dienstherrn gestellte maßnahme, wenn im disziplinarverfahren voraussichtlich auf entfernung aus dem beamtenverhältnis erkannt werden wird. zudem hatte der beklagte die möglichkeit, gemäß § 63 ldg nrw die aussetzung der vorläufigen enthebung zu beantragen. 211die ausführungen der verschlechterung der wirtschaftlichen situation durch die maßnahmen des klägers führen zu keinem anderen ergebnis. der dienstherr, der seinen beamten einen angemessenen lebensunterhalt zahlt, hat das wirtschaftliche risiko, das ein beamter eingeht, wenn er eine nebentätigkeit ausübt, nicht zu vertreten. 212der zurückstufung um zwei stufen steht auch nicht die in dem strafbefehl verhängte geldstrafe - statt einer freiheitsstrafe - entgegen. vom im urteil verhängten strafmaß kann nicht auf ein geringes gewicht des disziplinarvergehens geschlossen werden. strafrecht und disziplinarrecht unterscheiden sich nach rechtsgrund und zweckbestimmung grundsätzlich. das strafrecht ist u.a. vom vergeltungsprinzip mit dem ziel der individuellen sühne durch ein unwerturteil über gemeinschaftswidriges verhalten und strafrechtliche sanktionen geprägt. demgegenüber ist es ausschließlich zweck des disziplinarrechts, das vertrauen in die ehrlichkeit und zuverlässigkeit des beamten und damit die funktionsfähigkeit des öffentlichen dienstes zu sichern. deshalb ist die höhe der kriminalstrafe für die gewichtung des dienstvergehens grundsätzlich nicht von ausschlaggebender bedeutung, da die vertrauensbeeinträchtigung in erster linie von der straftat selbst und ihren umständen abhängt. die eigenständigkeit des disziplinarrechts ermöglicht es, dass ein beamter trotz relativ hoher kriminalstrafe im beamtenverhältnis verbleiben kann, während ein strafrechtlich gar nicht oder nur gering bestrafter beamter mit dem ausspruch der disziplinarischen höchstmaßnahme rechnen muss. 213vgl. bverwg, urteil vom 19. juni 2008, - 1 d 2.07 -, juris, rn. 70, m.w.n. 214das verhalten des beklagten stellt sich schließlich auch nicht als persönlichkeitsfremde augenblickstat dar; hiervon kann schon angesichts der zeitdauer des pflichtverstoßes und der verschleierungsstrategien des beklagten keine rede sein. 215insgesamt sind die für den beklagten anzuführenden milderungsgründe nicht geeignet, die oben genannten erheblichen erschwerungsgründe auszugleichen, so dass eine zurückstufung unerlässlich ist. das gilt insbesondere aufgrund der hartnäckigkeit, der besonderen pflichtvergessenheit und der von verschleierungsstrategien geprägten ausübung der nebentätigkeit trotz einschlägiger vorbelastung. insoweit kam eine gehaltskürzung als mildere maßnahme auch im hinblick auf die überlange verfahrensdauer nicht in betracht. dem beklagten muss vielmehr bewusst sein, dass sein dienstvergehen sehr schwer wiegt, das vertrauen des dienstherrn erheblich beeinträchtigt ist und letztlich nur aufgrund der nichterweislichkeit des genauen zeitlichen umfangs seiner nebentätigkeit eine entfernung nicht angezeigt war.
Klaeger*in
1
179,525
14 K 7673/13.A
2014-04-29T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der am 19.01.1961 geborene Kläger ist pakistanischer Staatsangehöriger punjabischer Volkszugehörigkeit und schiitischer Religionszugehörigkeit. Er reiste nach eigenen Angaben am 02.07.2013 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 04.07.2013 seine Anerkennung als Asylberechtigter. 3Bei der am 16.07.2013 durchgeführten Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gab der Kläger im Wesentlichen folgende Begründung für seinen Asylantrag: 4Er habe Pakistan verlassen, weil er Schiit sei. In seiner Heimat habe er ein Geschäft betrieben, in dem er Fahrräder repariert habe. Aufgrund seiner Religion habe er in Pakistan Probleme gehabt. Er und seine Kinder seien von den Sunniten geschlagen worden. Er habe Schmerzen am rechten Arm und am Rücken, weil er bei einer schiitischen Versammlung von Sunniten geschlagen worden sei. Die Sunniten von der Organisation „Sipah-E-Sahaba Laskahr-E-Taliban“ hätten verlangt, dass er zur sunnitischen Religion übertrete. Dies habe er aber nicht machen können. Anfangs sei er nur beleidigt worden, zum Schluss hätten sie aber ihn und seine Kinder geschlagen und bedroht. Selbst zuhause sei er von diesen Leuten belästigt worden. Auch nachdem er zur Polizei gegangen sei und Anzeige erstattet habe, habe sich nichts geändert. Andere Schiiten in seiner Stadt, die in größeren geschlossenen Siedlungen gewohnt hätten, hätten weniger Probleme gehabt. Er habe indes am Rande der Stadt gelebt. Die geschilderten Probleme bestünden für Schiiten überall in Pakistan. 5Mit Bescheid vom 11.09.2013, mittels Postzustellungsurkunde zugestellt am 24.09.2013, lehnte das Bundesamt den Asylantrag ab (Ziffer 1), stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht vorliegen (Ziffer 2) und Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG a.F. nicht bestehen (Ziffer 3). Außerdem forderte es den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen. Für den Fall der Nichteinhaltung der Ausreisefrist kündigte das Bundesamt die Abschiebung nach Pakistan bzw. den Staat an, in den der Kläger einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist (Ziffer 4). 6Der Kläger hat am 01.10.2013 Klage erhoben. 7Zur Begründung bezieht er sich auf sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren. Ergänzend führt er aus, wegen der durch die Übergriffe der Sunniten erlittenen Verletzungen am Arm und am Rücken befinde er sich in ärztlicher Behandlung. Es sei ihm nunmehr gelungen Protokolle über die von ihm bei der Polizei in Pakistan erstatteten Anzeigen zu erhalten. Aus der vom Kläger im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Anzeige (first information report) geht hervor, dass er am 16.05.2012 gegen 11:00 Uhr von vier bis fünf Personen mit Schusswaffen bedroht worden sei. Diese Personen hätten auf ihn geschossen. Er habe sich in einem Haus versteckt, um sein Leben zu retten. 8Der Kläger beantragt, 9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 11.09.2013 zu verpflichten, ihn gemäß Art. 16a Abs. 1 GG als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen, 10hilfsweise, 11die Beklagte zu verpflichten, ihm subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylVfG zuzuerkennen und festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG bestehen. 12Die Beklagte beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Zur Begründung nimmt sie Bezug auf den angefochtenen Bescheid. 15In der mündlichen Verhandlung ist der Kläger ergänzend angehört worden. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift verwiesen. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie auf die Auskünfte und sonstigen Erkenntnisse ergänzend Bezug genommen, auf die der Kläger hingewiesen worden ist. 17Entscheidungsgründe: 18Das Gericht kann trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil die Beklagte mit der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde, § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 19Die Klage bleibt sowohl mit dem Hauptantrag, als auch mit dem Hilfsantrag ohne Erfolg. 20Die zulässige Klage ist unbegründet. 21Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 11.09.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO. 22Der Kläger hat in dem nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz (GG) und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG (vormals § 3 Abs. 1 AsylVfG a.F. i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG a.F.). Darüber hinaus besteht auch kein Anspruch auf Zuerkennung gemeinschaftsrechtlichen subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylVfG sowie auf die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) (vormals § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG a.F.). 231.) 24Die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Abs. 1 GG liegen schon deshalb nicht vor, weil der Kläger nach seinen Angaben zu Fuß und mit dem Lkw auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. Da die Bundesrepublik Deutschland ausschließlich von sicheren Drittstaaten, nämlich den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, der Schweiz und Norwegen umgeben ist (vgl. § 26a Abs. 2 AsylVfG i.V.m. Anlage I zu § 26a AsylVfG), ist die Asylanerkennung bei einer Einreise über den Landweg gemäß Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. § 26a Abs. 1 AsylVfG von vornherein ausgeschlossen. 252.) 26Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG. 27Gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG ist einem Ausländer dann internationaler Schutz im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG in Form der Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 lit. a AsylVfG) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 lit. b AsylVfG). 28Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG gelten zunächst Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG), ferner Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG). § 3a Abs. 2 AsylVfG nennt als mögliche Verfolgungshandlungen beispielhaft u.a. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden sowie unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung. 29Dabei muss gemäß § 3a Abs. 3 AsylVfG zwischen den Verfolgungsgründen im Sinne von § 3 Abs. 1, § 3b AsylVfG und der Verfolgungshandlung bzw. den Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen. 30Nach § 3c AsylVfG kann die Verfolgung ausgehen von (1.) dem Staat, (2.) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, oder (3.) von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. 31Gemäß § 3e Abs. 1 AsylVfG wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er (1.) in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylVfG hat und (2.) sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (interner Schutz). 32Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. 33Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 – 10 C 23.12 –, Rn. 19, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.01.2014 – 9 A 2561/10.A –, Rn. 37, juris. 34Wenn der Antragsteller frühere Verfolgungshandlungen oder Bedrohungen mit Verfolgung als Anhaltspunkt für die Begründetheit seiner Furcht geltend macht, dass sich die Verfolgung im Falle der Rückkehr in das Heimatland wiederholen werde, kommt ihm – auch wenn dies anders als nach bisheriger Gesetzeslage (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG a.F. i.V.m. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG) nicht mehr ausdrücklich geregelt ist – die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU (Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Neufassung), ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9) zugute. Die solchen früheren Handlungen oder Bedrohungen nach dieser Vorschrift zukommende Beweiskraft ist von den zuständigen Behörden unter der sich aus Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2011/95/EU ergebenden Voraussetzung zu berücksichtigen, dass diese Handlungen oder Bedrohungen eine Verknüpfung mit dem Verfolgungsgrund aufweisen, den der Betreffende für seinen Antrag auf Schutz geltend macht. 35Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.01.2014 – 9 A 2561/10.A –, Rn. 39, juris, m.w.N.. 36Es obliegt dem Antragsteller, die Gründe für das Verlassen seiner Heimat schlüssig darzulegen. Er muss unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass er bei verständiger Würdigung asylerheblicher bzw. flüchtlingsrechtlich beachtlicher Verfolgung unterliegt. Hierzu gehört, dass er zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinem persönlichen Schicksal eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Unauflösbare Widersprüche und erhebliche Steigerungen des Vorbringens sind hiermit nicht vereinbar und können dazu führen, dass dem Vortrag im Ganzen nicht geglaubt werden kann. 37Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.10.1989 – 9 B 405.89 –, Rn. 8, juris; OVG Sachsen, Urteil vom 22.03.2012 – A 3 A 428/11 –, Rn. 24, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.08.2010– 8 A 4063/06.A –, Rn. 33, juris. 38Das Asylanerkennungsverfahren bildet eine Einheit, so dass ein gegenüber den Angaben vor der Verwaltungsbehörde völlig neuer Sachvortrag im gerichtlichen Verfahren regelmäßig Zweifel an der Richtigkeit dieses Vorbringens wecken wird. 39Vgl. BVerwG, Urteil vom 12.11.1985 – 9 C 27.85 –, Rn. 17, juris. 40Nach Maßgabe dieser Kriterien sind die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht gegeben. 41Ungeachtet der vom Bundesamt dargelegten Zweifel an der Glaubhaftigkeit des dargelegten Verfolgungsschicksals sind die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft allein deshalb nicht erfüllt, weil der Kläger sich selbst bei Wahrunterstellung seines Vorbringens hinsichtlich der von ihm behaupteten Nachstellungen durch Angehörige der sunnitischen Organisation „Sipah-E-Sahaba Laskahr-E-Taliban“ gemäß § 3e AsylVfG auf die bestehende Möglichkeit der Inanspruchnahme internen Schutzes verweisen lassen muss. Denn es ist ihm zuzumuten sich etwaigen Bedrohungen durch eine Flucht innerhalb Pakistans zu entziehen. Der Kläger hat den Lebensunterhalt für sich und seine Familie in Pakistan durch den Betrieb eines Fahrradreparaturgeschäftes sichergestellt. Es ist folglich davon auszugehen, dass der körperlich gesunde Kläger durch die Aufnahme einer ähnlichen oder sonstigen Arbeit bei entsprechendem Einsatz seiner Arbeitskraft in der Lage ist, sich in einem anderen Landesteil Pakistans eine wirtschaftliche Existenzgrundlage aufzubauen und seinen Lebensunterhalt sicherzustellen. 42Vgl. VG Aachen, Urteil vom 21.06.2013 – 6 K 1151/12.A –, Rn. 50, juris; VG Ansbach, Urteil vom 13.12.2007 – AN 3 K 07.30689 –, Rn. 24, juris. 43Es steht auch nicht zu befürchten, dass die vom Kläger benannten privaten Akteure ihn in anderen Landesteilen Pakistans aufspüren könnten. Denn nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes können potentiell verfolgte Personen vor allem in den pakistanischen Großstädten wegen der dort vorherrschenden Anonymität in aller Regel unbehelligt leben, selbst wenn sie – was hier nicht der Fall ist – von der Polizei wegen Mordes gesucht werden. 44Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Pakistan, Stand: September 2012, S. 20; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 15.01.2014 an das VG Leipzig. 45Dies ist nicht zuletzt dadurch bedingt, dass in Pakistan kein funktionierendes Meldewesen existiert, so dass die Übersiedlung in einen anderen Landesteil die Möglichkeit bietet, unerkannt und unbehelligt zu bleiben. 46Vgl. VG Aachen, Urteil vom 21.06.2013 – 6 K 1151/12.A –, Rn. 50, juris; VG Sigmaringen, Urteil vom 24.01.2004 – A 6 K 10917/02 –, juris; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 15.01.2014 an das VG Leipzig. 47Hinzu kommt, dass – soweit sinngemäß auch Bedrohungen seitens der Taliban geltend gemacht werden – die Macht der Taliban sich nicht auf sämtliche Landesteile Pakistans erstreckt. Die terroristische Bedrohung durch die Taliban konzentriert sich im Wesentlichen auf Teile der sog. „Stammesgebiete“ in den FATA (Federally Administered Tribal Areas) und in der Provinz Khyber-Pakhtunkhwa. 48Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Pakistan, Stand: September 2012, S. 21 f.. 49Von einer generellen landesweiten Gefährdung der pakistanischen Bevölkerung durch terroristische Anschläge der Taliban kann demnach nicht ausgegangen werden. 50Vgl. VG Aachen, Urteil vom 21.06.2013 – 6 K 1151/12.A –, Rn. 58, juris. 513.) 52Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylVfG. Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass dem Kläger in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 AsylVfG, mithin die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3) drohen könnte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Im Übrigen müsste sich der Kläger gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3e AsylVfG auch insoweit auf die bestehende Möglichkeit der Inanspruchnahme internen Schutzes verweisen lassen. 534.) 54Darüber hinaus bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass nationale Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG einschlägig sein könnten. Soweit der Kläger sinngemäß geltend macht, dass ihm im Falle der Rückkehr nach Pakistan durch Angehörige der sunnitischen Organisation „Sipah-E-Sahaba Laskahr-E-Taliban“ erhebliche konkrete Gefahren für Leib und Leben im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG drohen, muss er sich auch insoweit auf die bestehende Möglichkeit der Inanspruchnahme internen Schutzes (innerstaatliche Fluchtalternative) verweisen lassen. 55Der Umstand, dass der Kläger an nicht näher substantiierten Schmerzen im Bereich des Armes und des Rückens leidet, führt ebenfalls nicht zur Annahme eines Abschiebungshindernisses gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Denn es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Pakistan infolge der von ihm behaupteten Schmerzen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib und Leben droht. Im Übrigen geht das Gericht geht davon aus, dass etwaige verletzungsbedingt bestehende Erkrankungen im orthopädischen Bereich auch in Pakistan erfolgreich behandelt werden können. Nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes zur medizinischen Versorgung erreichen die staatlichen Krankenhäuser in Pakistan zwar in der Regel nicht die europäischen Leistungsstandards. Allerdings kann man sich dort bei Bedürftigkeit kostenlos behandeln lassen. Da Bedürftigkeit offiziell nicht definiert ist, reicht die Erklärung aus, dass die Behandlung nicht bezahlt werden kann. Zudem ist die Grundversorgung mit nahezu allen gängigen Medikamenten sichergestellt. Für ärztliche Versorgung und Medikamente muss in Pakistan nur ein Bruchteil der in Deutschland hierfür anfallenden Kosten aufgewendet werden, so dass sie für weite Teile der Bevölkerung erschwinglich sind. Auch die meisten Medikamente, wie z.B. Insulin, können in den Apotheken in ausreichender Menge und Qualität erworben werden. 56Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Pakistan, Stand: September 2012, S. 28; VG Ansbach, Urteil vom 26.02.2010 – AN 3 K 09.30090 –, juris, Rn. 22; Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan 2013 des Bundesasylamtes der Republik Österreich, Stand: Juni 2013, S. 59 ff., abrufbar unter: http://www.ecoi.net. 57Es ist daher weder ersichtlich noch dargetan, weshalb dem Kläger eine möglicherweise erforderliche medizinische Behandlung in Pakistan nicht zuteilwerden könnte. 585.) 59Nach alledem liegen auch die gesetzlichen Voraussetzungen für die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung vor, §§ 34, 38 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 59 AufenthG. 60Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. 61Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der kläger. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils beizutreibenden betrages abwenden, soweit nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der am 19.01.1961 geborene kläger ist pakistanischer staatsangehöriger punjabischer volkszugehörigkeit und schiitischer religionszugehörigkeit. er reiste nach eigenen angaben am 02.07.2013 auf dem landweg in die bundesrepublik deutschland ein und beantragte am 04.07.2013 seine anerkennung als asylberechtigter. 3bei der am 16.07.2013 durchgeführten anhörung durch das bundesamt für migration und flüchtlinge (bundesamt) gab der kläger im wesentlichen folgende begründung für seinen asylantrag: 4er habe pakistan verlassen, weil er schiit sei. in seiner heimat habe er ein geschäft betrieben, in dem er fahrräder repariert habe. aufgrund seiner religion habe er in pakistan probleme gehabt. er und seine kinder seien von den sunniten geschlagen worden. er habe schmerzen am rechten arm und am rücken, weil er bei einer schiitischen versammlung von sunniten geschlagen worden sei. die sunniten von der organisation „sipah-e-sahaba laskahr-e-taliban“ hätten verlangt, dass er zur sunnitischen religion übertrete. dies habe er aber nicht machen können. anfangs sei er nur beleidigt worden, zum schluss hätten sie aber ihn und seine kinder geschlagen und bedroht. selbst zuhause sei er von diesen leuten belästigt worden. auch nachdem er zur polizei gegangen sei und anzeige erstattet habe, habe sich nichts geändert. andere schiiten in seiner stadt, die in größeren geschlossenen siedlungen gewohnt hätten, hätten weniger probleme gehabt. er habe indes am rande der stadt gelebt. die geschilderten probleme bestünden für schiiten überall in pakistan. 5mit bescheid vom 11.09.2013, mittels postzustellungsurkunde zugestellt am 24.09.2013, lehnte das bundesamt den asylantrag ab (ziffer 1), stellte fest, dass die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nicht vorliegen (ziffer 2) und abschiebungsverbote gemäß § 60 abs. 2 bis 7 aufenthg a.f. nicht bestehen (ziffer 3). außerdem forderte es den kläger auf, die bundesrepublik deutschland innerhalb von 30 tagen nach bekanntgabe des bescheides zu verlassen. für den fall der nichteinhaltung der ausreisefrist kündigte das bundesamt die abschiebung nach pakistan bzw. den staat an, in den der kläger einreisen darf oder der zu seiner rückübernahme verpflichtet ist (ziffer 4). 6der kläger hat am 01.10.2013 klage erhoben. 7zur begründung bezieht er sich auf sein vorbringen im verwaltungsverfahren. ergänzend führt er aus, wegen der durch die übergriffe der sunniten erlittenen verletzungen am arm und am rücken befinde er sich in ärztlicher behandlung. es sei ihm nunmehr gelungen protokolle über die von ihm bei der polizei in pakistan erstatteten anzeigen zu erhalten. aus der vom kläger im gerichtlichen verfahren vorgelegten anzeige (first information report) geht hervor, dass er am 16.05.2012 gegen 11:00 uhr von vier bis fünf personen mit schusswaffen bedroht worden sei. diese personen hätten auf ihn geschossen. er habe sich in einem haus versteckt, um sein leben zu retten. 8der kläger beantragt, 9die beklagte unter aufhebung des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 11.09.2013 zu verpflichten, ihn gemäß art. 16a abs. 1 gg als asylberechtigten anzuerkennen und ihm die flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 abs. 1 asylvfg zuzuerkennen, 10hilfsweise, 11die beklagte zu verpflichten, ihm subsidiären schutz gemäß § 4 asylvfg zuzuerkennen und festzustellen, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und 7 satz 1 aufenthg bestehen. 12die beklagte beantragt, 13die klage abzuweisen. 14zur begründung nimmt sie bezug auf den angefochtenen bescheid. 15in der mündlichen verhandlung ist der kläger ergänzend angehört worden. wegen der diesbezüglichen einzelheiten wird auf den inhalt der sitzungsniederschrift verwiesen. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge sowie auf die auskünfte und sonstigen erkenntnisse ergänzend bezug genommen, auf die der kläger hingewiesen worden ist. 17
18das gericht kann trotz ausbleibens eines vertreters der beklagten in der mündlichen verhandlung entscheiden, weil die beklagte mit der ladung auf diese rechtsfolge hingewiesen wurde, § 102 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 19die klage bleibt sowohl mit dem hauptantrag, als auch mit dem hilfsantrag ohne erfolg. 20die zulässige klage ist unbegründet. 21der bescheid des bundesamtes für migration und flüchtlinge (bundesamt) vom 11.09.2013 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 113 abs. 1 satz 1 und abs. 5 satz 1 vwgo. 22der kläger hat in dem nach § 77 abs. 1 satz 1 asylverfahrensgesetz (asylvfg) maßgeblichen zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung keinen anspruch auf anerkennung als asylberechtigter gemäß art. 16a abs. 1 grundgesetz (gg) und auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 abs. 1 asylvfg (vormals § 3 abs. 1 asylvfg a.f. i.v.m. § 60 abs. 1 aufenthg a.f.). darüber hinaus besteht auch kein anspruch auf zuerkennung gemeinschaftsrechtlichen subsidiären schutzes gemäß § 4 asylvfg sowie auf die feststellung nationaler abschiebungsverbote gemäß § 60 abs. 5 und 7 satz 1 aufenthaltsgesetz (aufenthg) (vormals § 60 abs. 2 bis 7 aufenthg a.f.). 231.) 24die voraussetzungen für eine anerkennung als asylberechtigter gemäß art. 16a abs. 1 gg liegen schon deshalb nicht vor, weil der kläger nach seinen angaben zu fuß und mit dem lkw auf dem landweg in die bundesrepublik deutschland eingereist ist. da die bundesrepublik deutschland ausschließlich von sicheren drittstaaten, nämlich den mitgliedsstaaten der europäischen union, der schweiz und norwegen umgeben ist (vgl. § 26a abs. 2 asylvfg i.v.m. anlage i zu § 26a asylvfg), ist die asylanerkennung bei einer einreise über den landweg gemäß art. 16a abs. 2 satz 1 gg i.v.m. § 26a abs. 1 asylvfg von vornherein ausgeschlossen. 252.) 26der kläger hat keinen anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 abs. 1 asylvfg. 27gemäß § 3 abs. 1 asylvfg ist einem ausländer dann internationaler schutz im sinne von § 1 abs. 1 nr. 2 asylvfg in form der flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter furcht vor verfolgung wegen seiner rasse, religion, nationalität, politischen überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe (§ 3 abs. 1 nr. 1 asylvfg) außerhalb des landes (herkunftsland) befindet dessen staatsangehörigkeit er besitzt und dessen schutz er nicht in anspruch nehmen kann oder wegen dieser furcht nicht in anspruch nehmen will (§ 3 abs. 1 nr. 2 lit. a asylvfg) oder in dem er als staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser furcht nicht zurückkehren will (§ 3 abs. 1 nr. 2 lit. b asylvfg). 28als verfolgung im sinne des § 3 abs. 1 asylvfg gelten zunächst handlungen, die auf grund ihrer art oder wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende verletzung der grundlegenden menschenrechte darstellen, insbesondere der rechte, von denen nach art. 15 abs. 2 der konvention vom 4. november 1950 zum schutze der menschenrechte und grundfreiheiten (emrk) keine abweichung zulässig ist (§ 3a abs. 1 nr. 1 asylvfg), ferner handlungen, die in einer kumulierung unterschiedlicher maßnahmen, einschließlich einer verletzung der menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine person davon in ähnlicher wie der in nr. 1 beschriebenen weise betroffen ist (§ 3a abs. 1 nr. 2 asylvfg). § 3a abs. 2 asylvfg nennt als mögliche verfolgungshandlungen beispielhaft u.a. die anwendung physischer oder psychischer gewalt, einschließlich sexueller gewalt, gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender weise angewandt werden sowie unverhältnismäßige oder diskriminierende strafverfolgung oder bestrafung. 29dabei muss gemäß § 3a abs. 3 asylvfg zwischen den verfolgungsgründen im sinne von § 3 abs. 1, § 3b asylvfg und der verfolgungshandlung bzw. den verfolgungshandlungen oder dem fehlen von schutz vor solchen handlungen eine verknüpfung bestehen. 30nach § 3c asylvfg kann die verfolgung ausgehen von (1.) dem staat, (2.) parteien oder organisationen, die den staat oder einen wesentlichen teil des staatsgebietes beherrschen, oder (3.) von nichtstaatlichen akteuren, sofern die in den nummern 1 und 2 genannten akteure einschließlich internationaler organisationen erwiesenermaßen nicht in der lage oder nicht willens sind, schutz vor verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem land eine staatliche herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. 31gemäß § 3e abs. 1 asylvfg wird einem ausländer die flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er (1.) in einem teil seines herkunftslandes keine begründete furcht vor verfolgung oder zugang zu schutz vor verfolgung nach § 3d asylvfg hat und (2.) sicher und legal in diesen landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (interner schutz). 32die furcht vor verfolgung ist begründet, wenn dem ausländer die genannten gefahren aufgrund der in seinem herkunftsland gegebenen umstände in anbetracht seiner individuellen lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher wahrscheinlichkeit drohen. 33vgl. bverwg, urteil vom 20.02.2013 – 10 c 23.12 –, rn. 19, juris; ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 22.01.2014 – 9 a 2561/10.a –, rn. 37, juris. 34wenn der antragsteller frühere verfolgungshandlungen oder bedrohungen mit verfolgung als anhaltspunkt für die begründetheit seiner furcht geltend macht, dass sich die verfolgung im falle der rückkehr in das heimatland wiederholen werde, kommt ihm – auch wenn dies anders als nach bisheriger gesetzeslage (vgl. § 60 abs. 1 satz 5 aufenthg a.f. i.v.m. art. 4 abs. 4 der richtlinie 2004/83/eg) nicht mehr ausdrücklich geregelt ist – die beweiserleichterung des art. 4 abs. 4 der richtlinie 2011/95/eu (richtlinie 2011/95/eu des europäischen parlaments und des rates vom 13.12.2011 über normen für die anerkennung von drittstaatsangehörigen oder staatenlosen als personen mit anspruch auf internationalen schutz, für einen einheitlichen status für flüchtlinge oder für personen mit anrecht auf subsidiären schutz und für den inhalt des zu gewährenden schutzes (neufassung), abl. l 337 vom 20.12.2011, s. 9) zugute. die solchen früheren handlungen oder bedrohungen nach dieser vorschrift zukommende beweiskraft ist von den zuständigen behörden unter der sich aus art. 9 abs. 3 der richtlinie 2011/95/eu ergebenden voraussetzung zu berücksichtigen, dass diese handlungen oder bedrohungen eine verknüpfung mit dem verfolgungsgrund aufweisen, den der betreffende für seinen antrag auf schutz geltend macht. 35vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 22.01.2014 – 9 a 2561/10.a –, rn. 39, juris, m.w.n.. 36es obliegt dem antragsteller, die gründe für das verlassen seiner heimat schlüssig darzulegen. er muss unter angabe genauer einzelheiten einen in sich stimmigen sachverhalt schildern, aus dem sich bei wahrunterstellung ergibt, dass er bei verständiger würdigung asylerheblicher bzw. flüchtlingsrechtlich beachtlicher verfolgung unterliegt. hierzu gehört, dass er zu den in seine sphäre fallenden ereignissen, insbesondere zu seinem persönlichen schicksal eine schilderung gibt, die geeignet ist, den geltend gemachten anspruch lückenlos zu tragen. unauflösbare widersprüche und erhebliche steigerungen des vorbringens sind hiermit nicht vereinbar und können dazu führen, dass dem vortrag im ganzen nicht geglaubt werden kann. 37vgl. bverwg, beschluss vom 26.10.1989 – 9 b 405.89 –, rn. 8, juris; ovg sachsen, urteil vom 22.03.2012 – a 3 a 428/11 –, rn. 24, juris; ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 17.08.2010– 8 a 4063/06.a –, rn. 33, juris. 38das asylanerkennungsverfahren bildet eine einheit, so dass ein gegenüber den angaben vor der verwaltungsbehörde völlig neuer sachvortrag im gerichtlichen verfahren regelmäßig zweifel an der richtigkeit dieses vorbringens wecken wird. 39vgl. bverwg, urteil vom 12.11.1985 – 9 c 27.85 –, rn. 17, juris. 40nach maßgabe dieser kriterien sind die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nicht gegeben. 41ungeachtet der vom bundesamt dargelegten zweifel an der glaubhaftigkeit des dargelegten verfolgungsschicksals sind die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft allein deshalb nicht erfüllt, weil der kläger sich selbst bei wahrunterstellung seines vorbringens hinsichtlich der von ihm behaupteten nachstellungen durch angehörige der sunnitischen organisation „sipah-e-sahaba laskahr-e-taliban“ gemäß § 3e asylvfg auf die bestehende möglichkeit der inanspruchnahme internen schutzes verweisen lassen muss. denn es ist ihm zuzumuten sich etwaigen bedrohungen durch eine flucht innerhalb pakistans zu entziehen. der kläger hat den lebensunterhalt für sich und seine familie in pakistan durch den betrieb eines fahrradreparaturgeschäftes sichergestellt. es ist folglich davon auszugehen, dass der körperlich gesunde kläger durch die aufnahme einer ähnlichen oder sonstigen arbeit bei entsprechendem einsatz seiner arbeitskraft in der lage ist, sich in einem anderen landesteil pakistans eine wirtschaftliche existenzgrundlage aufzubauen und seinen lebensunterhalt sicherzustellen. 42vgl. vg aachen, urteil vom 21.06.2013 – 6 k 1151/12.a –, rn. 50, juris; vg ansbach, urteil vom 13.12.2007 – an 3 k 07.30689 –, rn. 24, juris. 43es steht auch nicht zu befürchten, dass die vom kläger benannten privaten akteure ihn in anderen landesteilen pakistans aufspüren könnten. denn nach dem aktuellen lagebericht des auswärtigen amtes können potentiell verfolgte personen vor allem in den pakistanischen großstädten wegen der dort vorherrschenden anonymität in aller regel unbehelligt leben, selbst wenn sie – was hier nicht der fall ist – von der polizei wegen mordes gesucht werden. 44vgl. auswärtiges amt, lagebericht pakistan, stand: september 2012, s. 20; auskunft des auswärtigen amtes vom 15.01.2014 an das vg leipzig. 45dies ist nicht zuletzt dadurch bedingt, dass in pakistan kein funktionierendes meldewesen existiert, so dass die übersiedlung in einen anderen landesteil die möglichkeit bietet, unerkannt und unbehelligt zu bleiben. 46vgl. vg aachen, urteil vom 21.06.2013 – 6 k 1151/12.a –, rn. 50, juris; vg sigmaringen, urteil vom 24.01.2004 – a 6 k 10917/02 –, juris; auskunft des auswärtigen amtes vom 15.01.2014 an das vg leipzig. 47hinzu kommt, dass – soweit sinngemäß auch bedrohungen seitens der taliban geltend gemacht werden – die macht der taliban sich nicht auf sämtliche landesteile pakistans erstreckt. die terroristische bedrohung durch die taliban konzentriert sich im wesentlichen auf teile der sog. „stammesgebiete“ in den fata (federally administered tribal areas) und in der provinz khyber-pakhtunkhwa. 48vgl. auswärtiges amt, lagebericht pakistan, stand: september 2012, s. 21 f.. 49von einer generellen landesweiten gefährdung der pakistanischen bevölkerung durch terroristische anschläge der taliban kann demnach nicht ausgegangen werden. 50vgl. vg aachen, urteil vom 21.06.2013 – 6 k 1151/12.a –, rn. 58, juris. 513.) 52der kläger hat auch keinen anspruch auf zuerkennung subsidiären schutzes gemäß § 4 asylvfg. stichhaltige gründe für die annahme, dass dem kläger in seinem herkunftsland ein ernsthafter schaden im sinne von § 4 abs. 1 satz 2 nr. 1 bis 3 asylvfg, mithin die verhängung oder vollstreckung der todesstrafe (nr. 1), folter oder unmenschliche oder erniedrigende behandlung oder bestrafung (nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle bedrohung des lebens oder der unversehrtheit einer zivilperson infolge willkürlicher gewalt im rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten konflikts (nr. 3) drohen könnte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. im übrigen müsste sich der kläger gemäß § 4 abs. 3 satz 1 i.v.m. § 3e asylvfg auch insoweit auf die bestehende möglichkeit der inanspruchnahme internen schutzes verweisen lassen. 534.) 54darüber hinaus bestehen auch keine anhaltspunkte dafür, dass nationale abschiebungsverbote gemäß § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthg einschlägig sein könnten. soweit der kläger sinngemäß geltend macht, dass ihm im falle der rückkehr nach pakistan durch angehörige der sunnitischen organisation „sipah-e-sahaba laskahr-e-taliban“ erhebliche konkrete gefahren für leib und leben im sinne von § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg drohen, muss er sich auch insoweit auf die bestehende möglichkeit der inanspruchnahme internen schutzes (innerstaatliche fluchtalternative) verweisen lassen. 55der umstand, dass der kläger an nicht näher substantiierten schmerzen im bereich des armes und des rückens leidet, führt ebenfalls nicht zur annahme eines abschiebungshindernisses gemäß § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg. denn es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass dem kläger bei einer rückkehr nach pakistan infolge der von ihm behaupteten schmerzen eine erhebliche konkrete gefahr für leib und leben droht. im übrigen geht das gericht geht davon aus, dass etwaige verletzungsbedingt bestehende erkrankungen im orthopädischen bereich auch in pakistan erfolgreich behandelt werden können. nach den erkenntnissen des auswärtigen amtes zur medizinischen versorgung erreichen die staatlichen krankenhäuser in pakistan zwar in der regel nicht die europäischen leistungsstandards. allerdings kann man sich dort bei bedürftigkeit kostenlos behandeln lassen. da bedürftigkeit offiziell nicht definiert ist, reicht die erklärung aus, dass die behandlung nicht bezahlt werden kann. zudem ist die grundversorgung mit nahezu allen gängigen medikamenten sichergestellt. für ärztliche versorgung und medikamente muss in pakistan nur ein bruchteil der in deutschland hierfür anfallenden kosten aufgewendet werden, so dass sie für weite teile der bevölkerung erschwinglich sind. auch die meisten medikamente, wie z.b. insulin, können in den apotheken in ausreichender menge und qualität erworben werden. 56vgl. auswärtiges amt, lagebericht pakistan, stand: september 2012, s. 28; vg ansbach, urteil vom 26.02.2010 – an 3 k 09.30090 –, juris, rn. 22; bericht zur fact finding mission pakistan 2013 des bundesasylamtes der republik österreich, stand: juni 2013, s. 59 ff., abrufbar unter: http://www.ecoi.net. 57es ist daher weder ersichtlich noch dargetan, weshalb dem kläger eine möglicherweise erforderliche medizinische behandlung in pakistan nicht zuteilwerden könnte. 585.) 59nach alledem liegen auch die gesetzlichen voraussetzungen für die im angefochtenen bescheid enthaltene ausreiseaufforderung und abschiebungsandrohung vor, §§ 34, 38 abs. 1 asylvfg i.v.m. § 59 aufenthg. 60die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. gerichtskosten werden gemäß § 83b asylvfg nicht erhoben. 61die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zivilprozessordnung (zpo).
Verklagte*r
0
331,798
66 C 95/20
2020-10-05T00:00:00
Urteil
Tenor Das Versäumnisurteil vom 14.06.2019 wird aufrechterhalten. Die Beklagte trägt auch die Kosten des weiteren Rechtsstreits. Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden/zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Der Kläger buchte über die Firma Q- Reisen GmbH eine Flussreise mit der MS Prinzessin J für sich und seine Ehefrau. Die Reise sollte am 15.09.2018 stattfinden. 3Der Kläger schloss im Zusammenhang mit der Buchung bei der Beklagten eine Versicherung ab. Unter anderem wurde eine Reiserücktrittssschutzversicherung bis 5.000 € abgeschlossen. Versicherte Personen waren der Kläger sowie seine Ehefrau. 4In den besonderen Bestimmungen der Premium Reiseversicherung hieß es u.a.: 5§ 6 Was muss ich im Schadensfall beachten? 6Um Ihren Anspruch auf Leistungen nicht zu gefährden, müssen Sie dazu beitragen, dass ein Schadensfall möglichst vermieden wird. Wenn der Schadensfall eingetreten ist, müssen Sie dazu beitragen, dass der Schaden so gering wie möglich bleibt. (…) 71. Bei einem versicherten Ereignis vor der Reise müssen Sie diese unverzüglich stornieren bzw. umbuchen. 8Am 29.07.2018 stürzte die Ehefrau des Klägers mit dem Fahrrad und prallte mit ihrem behelmten Kopf bei diesem Sturz leicht gegen eine Betonwand. Am 15.08.2018 wurde sie in den GFO Kliniken Rhein-Berg behandelt. Dort wurde festgestellt, dass sie ein chronisches subdurales Hämatom (cSDH)/Hygrom rechts temporoparietal (maximal 7 mm breit) hatte. Typisch hierfür ist, dass Symptome nicht unmittelbar auftreten, sondern erst nach einigen Tagen. 9Am 18.08.2018 wurde die Ehefrau des Klägers aus dem Krankenhaus entlassen. 10Anlässlich einer Kontrolluntersuchung am 12.09.2018 stellte sich heraus, dass sich das Hämatom auf 2,1 cm vergrößert hatte und frischblutige Anteile zu erkennen waren. Am darauffolgenden Tag stornierte der Kläger die Reise. Am 14.09.2018 wurde die Ehefrau des Klägers operiert. 11Von dem ursprünglichen Reisepreis in Höhe von 4.198,00 € wurden von der Firma Phoenix Q GmbH 15 % in Abzug gebracht, sodass der Kläger 3.569,00 € für die Reise bezahlen musste. 12Der Beklagten wurde die Anmeldung des Versicherungsfalls nebst den entsprechenden ärztlichen Bescheinigungen übersandt. Hieraufhin zahlte die Beklagte 839,60 €. Mit seiner Klage begehrt der Kläger Zahlung des verbleibenden Betrags. 13Die Klage wurde dem Beklagten unter Setzen einer Notfrist zur Verteidigungsanzeige innerhalb von zwei Wochen ausweislich der Postzustellungsurkunde vom 17.05.2019 am selbigen Tage zugestellt. Das Gericht hat am 14.06.2019 nach Antrag des Klägers Versäumnisurteil, dem Beklagten zugestellt am 18.06.2019, erlassen. Hierauf hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 19.06.2019 bei Gericht eingegangen am selben Tage Einspruch erhoben. 14Der Kläger behauptet, seine Frau habe unmittelbar nach dem Sturz keine nennenswerten Symptome gehabt. Erst einige Zeit später habe sich ein Schwindelgefühl eingestellt, weshalb sie dann einen Arzt aufsuchte, der sie in die Klinik überwies. Darüber hinaus behauptet er, ihm und seiner Frau sei von Frau Dr. med. S im Krankenhaus im August explizit die Auskunft erteilt worden, dass sie die Reise werden antreten können. 15Der Kläger beantragt, das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten. 16Die Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. 17Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe gegen eine Obliegenheit aus dem Versicherungsverhältnis verstoßen. Hierzu behauptet sie, die Tatsache, dass die Reise nicht angetreten werden kann, sei ihm schon früher bekannt gewesen oder hätte ihm bekannt sein sollen. Sie ist deshalb der Ansicht, der Kläger hätte die Reise schon am Tag des Unfalls stornieren müssen, spätestens aber beim ersten Klinikaufenthalt. 18Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin Ruth Kern. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 14.10.2019 sowie vom 14.09.2020 sowie auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen. 19Entscheidungsgründe: 20Der Einspruch ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die zulässige Klage ist begründet. 21Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagten auf den verbleibenden Ersatz der Stornokosten für die nicht durchgeführte Reise. Dieser Anspruch ergibt sich aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Reiserücktrittsversicherungsvertrag. 221. Es liegt hier ein Versicherungsfall im Sinne des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags unstreitig vor. 232. Der Kläger hat auch nicht gegen seine Obliegenheit aus § 6 der besonderen Bestimmungen zu dem Versicherungsvertrag verstoßen. Denn die Reise wurde unverzüglich im Sinne der Vertragsbedingungen storniert. Dies folgt aus der Auslegung der Vertragsbestimmung gem. §§ 133, 157 BGB. 24a) Es handelt sich hier um eine vertragliche Ausgestaltung, die die Verhaltensmaßstäbe, die aus § 254 BGB allgemein entspringen, präzisiert. Zur Ermittlung der Obliegenheiten eines Versicherungsnehmers bei einer Reiserücktrittversicherung sind also die Maßstäbe des § 254 BGB, der seinerseits auf dem Gebot von Treu und Glauben fußt (§ 242 BGB) anzuwenden. Hieraus folgt, dass das Verhalten des Versicherungsnehmers nicht in einer solchen Weise ursächlich für den Schadensfall oder die Schadenshöhe sein darf, dass sich seine uneingeschränkte Inanspruchnahme der Versicherung als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt. 25b) Für den Reiserücktritt bedeutet das, dass sich einerseits der Versicherungsfall selbst und das sich daran anschließende Verhalten nicht als ungebührliches, schadensförderndes Verhalten darstellen darf. Für die hier einzig maßgebliche Frage, ab wann ein Versicherungsnehmer verpflichtet ist, die von ihm gebuchte Reise zu stornieren oder umzubuchen, mithin wie das Merkmal der Unverzüglichkeit in den Versicherungsbedingungen auszulegen ist, ist zu beachten, dass hier das Prognoserisiko Teil des abgesicherten Schadensszenarios ist. Einer beinahe jeden Reisestornierungsfrage wohnt ein mitunter sogar großer prognostischer Teil inne: Dass ein Reiseantritt völlig ausgeschlossen ist, mag im Einzelfall zutreffen. Oftmals lassen sich aber Heilungsverlauf, -geschwindigkeit und -wahrscheinlichkeit nur mit Wahrscheinlichkeiten für die Zukunft beurteilen und nicht abschließend sicher für die Zukunft feststellen. Ist dies der Fall, so ist dem Versicherungsnehmer ein erheblicher Ermessensspielraum zuzugestehen. 26Jedenfalls kann es nicht als Obliegenheitsverletzung gesehen werden, wenn der Versicherungsnehmer nicht beim ersten Anzeichen der Möglichkeit des Versicherungsfall storniert. Dies zeigt schon die einfache Kontrollüberlegung: Storniert der Versicherungsnehmer und realisiert sich das Krankheitsrisiko hinterher nicht, könnte die Versicherung möglicherweise berechtigterweise die Leistung unter Verweis auf den fehlenden Schadensfall verweigern. In der Folge muss es dem Versicherungsnehmer freigestellt sein, eine Reise erst dann zu Stornieren wenn der Versicherungsfall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststeht. 27c) Nach all dem, kann dem Kläger hier seine Stornierung erst kurz vor dem beabsichtigten Reiseantritt nicht entgegengehalten werden. 28Der Kläger musste die Reise nicht anlässlich des Sturzes stornieren. Denn es konnten die Ehefrau des Klägers und somit der Kläger selbst zum Zeitpunkt nach dem Sturz noch nicht von einem Versicherungsfall ausgehen. Denn unstreitig hat die Ehefrau des Klägers, die Zeugin, bei ihrem Sturz ein chronisches subdurales Hämatom (c SDH) erlitten. Dieser Verletzung ist es allgemeinbekannt eigentümlich, dass Symptome in der Regel erst verspätet auftreten. Dies folgt aus der nur langsam einfließenden Flüssigkeitsmenge. Diese Tatsache deckt sich auch mit den glaubhaften Angaben der Zeugin in ihrer Vernehmung, die insbesondere ausführlich und in angemessener Detaildichte ihre Befindlichkeit nach dem Sturz und in den darauffolgenden Wochen erklären konnte. Die Zeugin hat Ungenauigkeiten in ihrer Aussage – etwa dem medizinischen Befund über die Größe des SDH bei der Erstuntersuchung – dem Laienverständnis entsprechend gezeigt, konnte aber nachvollziehbar die Entwicklung in Ihrem Entschluss zum Arztbesuch in Parallele zu der Entwicklung ihrer körperlichen und neurologischen Befindlichkeit setzen. 29Auch kann dem Kläger nicht entgegengehalten werden, dass er nicht im August anlässlich der ersten Untersuchung die Reise stornierte. Es kommt letztlich nicht darauf an, ob - wie der Kläger behauptet und die ärztliche Stellungnahme (Bl. 29 d.A.) nahelegt - dem Kläger und seiner Frau bei der Entlassung die Reisemöglichkeit zugesagt wurde. Denn schon aus der Tatsache, dass die Zeugin aus der Klinik entlassen wurde, folgt zwingend, dass einem durchschnittlich ruhigen Tagesablauf keinerlei medizinische Gründe entgegenstehen. Vielmehr ist dem vorläufigen Arztbrief aus August (Bl. 27 d.A.) zu entnehmen, dass die Beklagte Fahrten mit dem Kfz beschreiten darf und dieses sogar führen kann, sobald die Schwindelsymptomatik mittels Lagerungsübungen beseitigt wurde. 30Nun sind für das Gericht keinerlei Gründe denkbar, weshalb die Fortbewegung im Straßenverkehr sowie ein durchschnittlich ruhiger Tagesablauf für die Zeugin bedenkenlos möglich gewesen ist - eine Flussreise auf einem 125 m langen Kreuzfahrtschiff aber für den Kläger erkennbar ausscheiden sollte. Letztlich hat der Kläger auch nicht wegen der Symptomatik und dem Gesundheitszustand im August die Reise storniert, sondern wegen der Notwendigkeit der Operation aufgrund der Vergrößerung des cSDH. Dass diese für den Kläger im August erkennbar war, ist aber weder vorgetragen noch einleuchtend. Denn dem cSDH ist eigentümlich, dass eine Operation entweder unnötig ist, da von einer unkomplizierten Heilung ausgegangen wird - oder eine Operation unverzüglich nötig ist. 31Die Begründung der Nebenforderungen folgt aus §§ 280 I, II, 286, 288 BGB. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709, 344 ZPO. 32Der Streitwert wird auf 2.729,40 EUR festgesetzt.
das versäumnisurteil vom 14.06.2019 wird aufrechterhalten. die beklagte trägt auch die kosten des weiteren rechtsstreits. dieses urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden/zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2der kläger buchte über die firma q- reisen gmbh eine flussreise mit der ms prinzessin j für sich und seine ehefrau. die reise sollte am 15.09.2018 stattfinden. 3der kläger schloss im zusammenhang mit der buchung bei der beklagten eine versicherung ab. unter anderem wurde eine reiserücktrittssschutzversicherung bis 5.000 € abgeschlossen. versicherte personen waren der kläger sowie seine ehefrau. 4in den besonderen bestimmungen der premium reiseversicherung hieß es u.a.: 5§ 6 was muss ich im schadensfall beachten? 6um ihren anspruch auf leistungen nicht zu gefährden, müssen sie dazu beitragen, dass ein schadensfall möglichst vermieden wird. wenn der schadensfall eingetreten ist, müssen sie dazu beitragen, dass der schaden so gering wie möglich bleibt. (…) 71. bei einem versicherten ereignis vor der reise müssen sie diese unverzüglich stornieren bzw. umbuchen. 8am 29.07.2018 stürzte die ehefrau des klägers mit dem fahrrad und prallte mit ihrem behelmten kopf bei diesem sturz leicht gegen eine betonwand. am 15.08.2018 wurde sie in den gfo kliniken rhein-berg behandelt. dort wurde festgestellt, dass sie ein chronisches subdurales hämatom (csdh)/hygrom rechts temporoparietal (maximal 7 mm breit) hatte. typisch hierfür ist, dass symptome nicht unmittelbar auftreten, sondern erst nach einigen tagen. 9am 18.08.2018 wurde die ehefrau des klägers aus dem krankenhaus entlassen. 10anlässlich einer kontrolluntersuchung am 12.09.2018 stellte sich heraus, dass sich das hämatom auf 2,1 cm vergrößert hatte und frischblutige anteile zu erkennen waren. am darauffolgenden tag stornierte der kläger die reise. am 14.09.2018 wurde die ehefrau des klägers operiert. 11von dem ursprünglichen reisepreis in höhe von 4.198,00 € wurden von der firma phoenix q gmbh 15 % in abzug gebracht, sodass der kläger 3.569,00 € für die reise bezahlen musste. 12der beklagten wurde die anmeldung des versicherungsfalls nebst den entsprechenden ärztlichen bescheinigungen übersandt. hieraufhin zahlte die beklagte 839,60 €. mit seiner klage begehrt der kläger zahlung des verbleibenden betrags. 13die klage wurde dem beklagten unter setzen einer notfrist zur verteidigungsanzeige innerhalb von zwei wochen ausweislich der postzustellungsurkunde vom 17.05.2019 am selbigen tage zugestellt. das gericht hat am 14.06.2019 nach antrag des klägers versäumnisurteil, dem beklagten zugestellt am 18.06.2019, erlassen. hierauf hat der beklagte mit schriftsatz vom 19.06.2019 bei gericht eingegangen am selben tage einspruch erhoben. 14der kläger behauptet, seine frau habe unmittelbar nach dem sturz keine nennenswerten symptome gehabt. erst einige zeit später habe sich ein schwindelgefühl eingestellt, weshalb sie dann einen arzt aufsuchte, der sie in die klinik überwies. darüber hinaus behauptet er, ihm und seiner frau sei von frau dr. med. s im krankenhaus im august explizit die auskunft erteilt worden, dass sie die reise werden antreten können. 15der kläger beantragt, das versäumnisurteil aufrechtzuerhalten. 16die beklagte beantragt, das versäumnisurteil aufzuheben und die klage abzuweisen. 17die beklagte ist der ansicht, der kläger habe gegen eine obliegenheit aus dem versicherungsverhältnis verstoßen. hierzu behauptet sie, die tatsache, dass die reise nicht angetreten werden kann, sei ihm schon früher bekannt gewesen oder hätte ihm bekannt sein sollen. sie ist deshalb der ansicht, der kläger hätte die reise schon am tag des unfalls stornieren müssen, spätestens aber beim ersten klinikaufenthalt. 18das gericht hat beweis erhoben durch vernehmung der zeugin ruth kern. hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die protokolle der mündlichen verhandlungen vom 14.10.2019 sowie vom 14.09.2020 sowie auf die wechselseitigen schriftsätze nebst deren anlagen verwiesen. 19
20der einspruch ist zulässig, hat in der sache aber keinen erfolg. die zulässige klage ist begründet. 21der kläger hat einen anspruch gegen die beklagten auf den verbleibenden ersatz der stornokosten für die nicht durchgeführte reise. dieser anspruch ergibt sich aus dem zwischen den parteien abgeschlossenen reiserücktrittsversicherungsvertrag. 221. es liegt hier ein versicherungsfall im sinne des zwischen den parteien geschlossenen vertrags unstreitig vor. 232. der kläger hat auch nicht gegen seine obliegenheit aus § 6 der besonderen bestimmungen zu dem versicherungsvertrag verstoßen. denn die reise wurde unverzüglich im sinne der vertragsbedingungen storniert. dies folgt aus der auslegung der vertragsbestimmung gem. §§ 133, 157 bgb. 24a) es handelt sich hier um eine vertragliche ausgestaltung, die die verhaltensmaßstäbe, die aus § 254 bgb allgemein entspringen, präzisiert. zur ermittlung der obliegenheiten eines versicherungsnehmers bei einer reiserücktrittversicherung sind also die maßstäbe des § 254 bgb, der seinerseits auf dem gebot von treu und glauben fußt (§ 242 bgb) anzuwenden. hieraus folgt, dass das verhalten des versicherungsnehmers nicht in einer solchen weise ursächlich für den schadensfall oder die schadenshöhe sein darf, dass sich seine uneingeschränkte inanspruchnahme der versicherung als verstoß gegen treu und glauben darstellt. 25b) für den reiserücktritt bedeutet das, dass sich einerseits der versicherungsfall selbst und das sich daran anschließende verhalten nicht als ungebührliches, schadensförderndes verhalten darstellen darf. für die hier einzig maßgebliche frage, ab wann ein versicherungsnehmer verpflichtet ist, die von ihm gebuchte reise zu stornieren oder umzubuchen, mithin wie das merkmal der unverzüglichkeit in den versicherungsbedingungen auszulegen ist, ist zu beachten, dass hier das prognoserisiko teil des abgesicherten schadensszenarios ist. einer beinahe jeden reisestornierungsfrage wohnt ein mitunter sogar großer prognostischer teil inne: dass ein reiseantritt völlig ausgeschlossen ist, mag im einzelfall zutreffen. oftmals lassen sich aber heilungsverlauf, -geschwindigkeit und -wahrscheinlichkeit nur mit wahrscheinlichkeiten für die zukunft beurteilen und nicht abschließend sicher für die zukunft feststellen. ist dies der fall, so ist dem versicherungsnehmer ein erheblicher ermessensspielraum zuzugestehen. 26jedenfalls kann es nicht als obliegenheitsverletzung gesehen werden, wenn der versicherungsnehmer nicht beim ersten anzeichen der möglichkeit des versicherungsfall storniert. dies zeigt schon die einfache kontrollüberlegung: storniert der versicherungsnehmer und realisiert sich das krankheitsrisiko hinterher nicht, könnte die versicherung möglicherweise berechtigterweise die leistung unter verweis auf den fehlenden schadensfall verweigern. in der folge muss es dem versicherungsnehmer freigestellt sein, eine reise erst dann zu stornieren wenn der versicherungsfall mit hinreichender wahrscheinlichkeit feststeht. 27c) nach all dem, kann dem kläger hier seine stornierung erst kurz vor dem beabsichtigten reiseantritt nicht entgegengehalten werden. 28der kläger musste die reise nicht anlässlich des sturzes stornieren. denn es konnten die ehefrau des klägers und somit der kläger selbst zum zeitpunkt nach dem sturz noch nicht von einem versicherungsfall ausgehen. denn unstreitig hat die ehefrau des klägers, die zeugin, bei ihrem sturz ein chronisches subdurales hämatom (c sdh) erlitten. dieser verletzung ist es allgemeinbekannt eigentümlich, dass symptome in der regel erst verspätet auftreten. dies folgt aus der nur langsam einfließenden flüssigkeitsmenge. diese tatsache deckt sich auch mit den glaubhaften angaben der zeugin in ihrer vernehmung, die insbesondere ausführlich und in angemessener detaildichte ihre befindlichkeit nach dem sturz und in den darauffolgenden wochen erklären konnte. die zeugin hat ungenauigkeiten in ihrer aussage – etwa dem medizinischen befund über die größe des sdh bei der erstuntersuchung – dem laienverständnis entsprechend gezeigt, konnte aber nachvollziehbar die entwicklung in ihrem entschluss zum arztbesuch in parallele zu der entwicklung ihrer körperlichen und neurologischen befindlichkeit setzen. 29auch kann dem kläger nicht entgegengehalten werden, dass er nicht im august anlässlich der ersten untersuchung die reise stornierte. es kommt letztlich nicht darauf an, ob - wie der kläger behauptet und die ärztliche stellungnahme (bl. 29 d.a.) nahelegt - dem kläger und seiner frau bei der entlassung die reisemöglichkeit zugesagt wurde. denn schon aus der tatsache, dass die zeugin aus der klinik entlassen wurde, folgt zwingend, dass einem durchschnittlich ruhigen tagesablauf keinerlei medizinische gründe entgegenstehen. vielmehr ist dem vorläufigen arztbrief aus august (bl. 27 d.a.) zu entnehmen, dass die beklagte fahrten mit dem kfz beschreiten darf und dieses sogar führen kann, sobald die schwindelsymptomatik mittels lagerungsübungen beseitigt wurde. 30nun sind für das gericht keinerlei gründe denkbar, weshalb die fortbewegung im straßenverkehr sowie ein durchschnittlich ruhiger tagesablauf für die zeugin bedenkenlos möglich gewesen ist - eine flussreise auf einem 125 m langen kreuzfahrtschiff aber für den kläger erkennbar ausscheiden sollte. letztlich hat der kläger auch nicht wegen der symptomatik und dem gesundheitszustand im august die reise storniert, sondern wegen der notwendigkeit der operation aufgrund der vergrößerung des csdh. dass diese für den kläger im august erkennbar war, ist aber weder vorgetragen noch einleuchtend. denn dem csdh ist eigentümlich, dass eine operation entweder unnötig ist, da von einer unkomplizierten heilung ausgegangen wird - oder eine operation unverzüglich nötig ist. 31die begründung der nebenforderungen folgt aus §§ 280 i, ii, 286, 288 bgb. die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709, 344 zpo. 32der streitwert wird auf 2.729,40 eur festgesetzt.
Klaeger*in
1
165,221
4 K 4032/13 VE
2015-05-27T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich des vorangegangenen Revisionsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. 1 Tatbestand: 2Die Klägerin betrieb in ihrer Betriebsstätte in A-Stadt eine Kraft-Wärme-Kopplungsanlage (KWK-Anlage), die über eine Zusatzfeuerung im Abhitzekessel verfügte. Die Beteiligten streiten im zweiten Rechtszug darüber, ob für das in der Zusatzfeuerung verwendete Erdgas eine Entlastung nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) gewährt werden kann. 3Die 1989 gebaute Anlage bestand aus einem Gasturbinengeneratorsatz und einem Abhitzekessel mit Zusatzfeuerung. Der Anlage waren zudem noch zwei Spitzenlast-Dampferzeuger für die weitere Prozessdampferzeugung angegliedert. 4Die Gasturbine, die über das in der Brennkammer erzeugte Heißgas angetrieben wurde, trieb mit ihrer Turbinenwelle nicht nur über ein Getriebe den Generator für die Stromerzeugung, sondern auch noch einen Kompressor an, der Umgebungsluft verdichtete. Die verdichtete Luft wurde in die Brennkammer geleitet. Dort wurde der Luftsauerstoff zu ca. 1/3 verbrannt und die so verbleibende Luft als Heißgas der Turbine zugeführt. Mit der nur teilweisen ‑ an Stelle einer vollständigen ‑ Verbrennung des Sauerstoffs konnten Spitzentemperaturen in der Gasturbine vermieden werden. 5Nachdem das Heißgas die Gasturbine angetrieben hatte, wurde es der Zusatzfeuerung im Kesselgebäude zugeführt, in der weiterer Sauerstoff verbrannt wurde. Danach gelangte das heiße Rauchgas zu den Wärmetauschern des Abhitzekessels, mit dem der im Betrieb der Klägerin benötigte Prozessdampf erzeugt wurde. 6Das Ausströmen von Heißgas mit einem erheblichen Sauerstoffanteil am Austritt der Gasturbine bot drei Vorteile: (1) Das Heißgas war wegen seiner hohen Temperatur gut technisch verwertbar. (2) Es musste nicht noch angesaugt werden, sondern strömte mit einem – wenn auch geringen – Betriebsdruck und (3) eignete es sich wegen seines noch hohen Sauerstoffgehalts für die anschließende Erdgasverbrennung in der Zusatzfeuerung. 7Die installierte Brutto-Nennleistung der Gasturbine (mechanische Leistung) betrug 4,247 MW. Bei einer Feuerungswärmeleistung von 13,816 MW betrug die thermische Leistung der Gasturbine 7,120 MW. Bei Vollastbetrieb der Gasturbine und der maximalen Wärmeleistung für die Zusatzfeuerung von 14,433 MW erzeugte der Abhitzekessel eine thermische Leistung von 21,144 MW. 8Die Anlagensteuerung war so geschaltet, dass Gasturbine und Abhitzekessel mit Zusatzfeuerung nur gemeinsam betrieben werden konnten. Selbst im Gefahren- und Störungsfall mussten beide Anlagenteile zusammen abgeschaltet werden. 9Die Zufuhr von Erdgas in die Brennkammer und in die Zusatzfeuerung war auf eine optimale Erzeugung von Strom und Wärme ausgerichtet. Mit der Zusatzfeuerung erreichten die Gasturbine und der Abhitzekessel mit Zusatzfeuerung theoretisch einen durchschnittlich um 5,8 % höheren Wirkungsgrad als ohne Zusatzfeuerung. 10Am 22.12.2008 beantragte die Klägerin beim Beklagten für 2007 die Steuerentlastung nach § 53 EnergieStG auch für das in der Zusatzfeuerung eingesetzte Erdgas (30.022,932 MWh) in Höhe von 165.126,13 €. 11Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 06.03.2009 ab, da der Erdgaseinsatz bei der Zusatzfeuerung nicht im Rahmen des KWK-Prozesses stattfinde. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wies das Finanzgericht Düsseldorf die erhobene Klage mit Urteil vom 04.04.2012, 4 K 135/11 VE ab. Auf die Revision der Klägerin hob der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 08.10.2013, VII R 19/12 das finanzgerichtliche Urteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht Düsseldorf zurück. 12Dazu führte der BFH aus, nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EnergieStG werde unter weiteren Voraussetzungen eine Steuerentlastung gewährt, wenn u.a. Erdgas zur gekoppelten Erzeugung von Kraft und Wärme verwendet worden sei. Dazu müsse das Erdgas im eigentlichen KWK-Prozess verwendet werden. Insoweit komme die steuerliche Entlastung aller Energieerzeugnisse, die im Zusammenhang mit dem Betrieb einer KWK-Anlage eingesetzt würden, nicht in Betracht. Vielmehr sei auf den konkreten Verwendungszweck abzustellen. Hinsichtlich des Streitfalls komme es auf die Frage an, ob die Zusatzfeuerung als unverzichtbarer Bestandteil des KWK-Prozesses ‑ und damit auch der Stromerzeugung ‑ angesehen werden könne. Dies habe das Finanzgericht weiter aufzuklären. 13Zur Begründung ihrer Klage im zweiten Rechtszug trägt die Klägerin vor, auch unter Berücksichtigung der vom BFH im Urteil vom 08.10.2013 aufgestellten Voraussetzungen sei der Erdgaseinsatz für die Zusatzfeuerung unverzichtbarer Bestandteil des KWK-Prozesses. 14Nach der Rechtsprechung des BFH im zurückweisenden Urteil, aber auch in den Urteilen vom 11.11.2008, VII R 33/07, 01.04.2008, VII R 26/06 und vom 16.04.2013, VII R 59/11 seien nur mittelbar verwendete Energieerzeugnisse entlastungsfähig, wenn die in ihnen enthaltene Energie zwar nicht in Wärme und Kraft, sondern innerhalb eines einheitlichen, wenn auch aus verschiedenen, aufeinander bezogenen physikalischen Prozeduren bestehenden Prozesses verwendet werde, der nicht auf das Geschehen in der Kesselanlage beschränkt sei. Dieser Prozess müsse aus technischen oder rechtlichen Gründen für die KWK-Anlage erforderlich sein. Insoweit sei auf den Verwendungszweck des Energieerzeugnisses in der konkreten KWK-Anlage und deren technische Gegebenheiten abzustellen. 15Der Abhitzekessel mit Zusatzfeuerung werde im Rahmen eines einheitlichen KWK-Prozesses eingesetzt. Die Anlagenteile ihrer KWK-Anlage seien so eng miteinander verknüpft, dass ein getrennter Betrieb nicht möglich sei. Der Abhitzekessel mit Zusatzfeuerung sei von Anfang an in seiner konkreten Auslegung für deren bestimmungsgemäße Verwendung erforderlich. Die gesamte KWK-Anlage werde einheitlich mit Erdgas und Sauerstoff versorgt. Alle Anlagenbestandteile würden einheitlich gesteuert. Die Gasturbine sei von Anfang an auf die Produktion zweier Produkte, Strom und Heißgas ausgelegt. 16Insoweit verweise sie auf das Gutachten des Instituts für Energietechnik an der Ost-bayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden vom 21.01.2014. Insbesondere sei die Wärme des Heißgases nicht nur physikalisch, sondern auch noch durch die Verbrennung des Restsauerstoffs chemisch genutzt worden. 17Zudem sei die Anlage auf ihren Bedarf ausgerichtet gewesen, weil sie 3,4 MW Strom und 18 t/h Heißdampf benötigt habe. 18Das von ihr vertretene Verständnis der KWK-Anlagen entspreche auch Abs. 17 Buchst. a, b, i und j der DV Energieerzeugung VSF V 82 45-3. 19Die Klägerin beantragt, 20den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 06.03.2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.12.2010 zu verpflichten, ihr entsprechend ihrem Antrag vom 22.12.2008 für 2007 nach § 53 EnergieStG 165.126,12 € Energiesteuer zu vergüten. 21Der Beklagte beantragt, 22die Klage abzuweisen, 23da mit dem zum Betrieb der Zusatzfeuerung verwendeten Erdgas kein Strom erzeugt werde. Insoweit liege auch kein einheitlicher Prozess vor. Der Betrieb des Abhitzekessels mit Zusatzfeuerung sei nicht auf den KWK-Prozess bezogen. Er bewirke nur ein für die begehrte Vergütung unerhebliches Verheizen mit hohem Wirkungsgrad. 24Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung A, einen der Verfasser des von der Klägerin vorgelegten Gutachtens des Instituts für Energietechnik vom 21.01.2014 angehört. Wegen des Ergebnisses dieser Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. 25Entscheidungsgründe: 26Die Klage ist unbegründet. 27Der Beklagte hat zu Recht im angefochtenen Bescheid vom 06.03.2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.12.2010 die beantragte Vergütung der Energiesteuer abgelehnt. Die Klägerin wird dadurch nicht in ihren Rechten verletzt, § 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). 28Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 EnergieStG durfte die Klägerin Erdgas zum Steuersatz dieser Vorschrift einsetzen, wenn es nicht nur verheizt, sondern auch zum Antrieb von Gasturbinen in begünstigten Anlagen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EnergieStG verwendet wurde. Dabei sind im hier interessierenden Zusammenhang nur ortsfeste Anlagen, die ausschließlich der gekoppelten Erzeugung von Kraft und Wärme dienen, begünstigt. 29§ 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EnergieStG erweitert diese Steuerbegünstigung um die Steuerentlastung in Höhe von 5,50 € für 1 MWh Erdgas bei einer gekoppelten Erzeugung von Kraft und Wärme in ortsfesten Anlagen mit einem Monats- oder Jahresnutzungsgrad von mindestens 70 Prozent. 30Auch wenn die Anlage der Klägerin den erforderlichen Jahresnutzungsgrad im Jahr 2007 überschritten hat, sind die Entlastungsvoraussetzungen im Streitfall nicht gegeben. Entscheidendes Kriterium für die Entlastung ist die gleichzeitige Erzeugung von Strom und Wärme, also die gekoppelte und möglichst effiziente Nutzung des Energiegehalts des eingesetzten Energieerzeugnisses. Infolgedessen kommt die steuerliche Entlastung aller Energieerzeugnisse, die im Zusammenhang mit dem Betrieb einer KWK-Anlage eingesetzt werden, nicht in Betracht. Abzustellen ist vielmehr auf den konkreten Verwendungszweck (BFH Urteil vom 08.10.2013 VII R 19/12, Seite 8). Insoweit genügt es, wenn die im Erdgas enthaltene Energie zwar nicht in Kraft und Wärme umgewandelt, aber innerhalb eines einheitlichen, wenn auch aus verschiedenen, aufeinander bezogenen physikalischen Prozeduren bestehenden Prozesses verwendet wird, welcher nicht auf das Geschehen im Kessel beschränkt werden kann (BFH v. 11.11.2008 VII R 33/07 BFH/NV 2009/ 610 Rz. 24). Dann nämlich ist die Verwendung des Erdgases unverzichtbarer Bestandteil des eigentlichen, begünstigten Prozesses (BFH Urteil vom 08.10.2013 VII R 19/12, Seite 8 f.). 31Im Streitfall ist die Zusatzfeuerung nicht unverzichtbarer Bestandteil des KWK-Prozesses. Zwar hat die Klägerin mit dem von ihr vorgelegten Gutachten des Instituts für Energietechnik vom 21.01.2014 vorgetragen, dass unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte im vorliegenden Fall die Zusatzfeuerung sowohl aus anlagetechnischer als auch aus prozesstechnischer Sicht als wesentlicher Bestandteil des KWK-Prozesses zu werten sei. 32Dies ist allerdings nur dahin zu verstehen, wie A in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, dass die Zusatzfeuerung als Hauptbestandteil der Kesselanlage einen unverzichtbaren Bestandteil der KWK-Anlage darstellte, um die in der Auslegung der Anlage geforderte Wärme- bzw. Dampfleistung von 18 t/h zu erreichen. 33Tatsächlich konnte die KWK-Anlage auch ohne die Zusatzfeuerung betrieben werden. Sie hätte dann nur, wie A angab, nicht die vom Betreiber erwartete Leistung sowohl in der Stromerzeugung als auch in der Wärmeproduktion zur Dampferzeugung. 34Insoweit stellt die Zusatzfeuerung nur einen Bestandteil der Anlage dar, der unter Ausnutzung der im Tatbestand näher dargestellten Vorteile des am Turbinenaustritt ausströmenden Heißgases den Wirkungsgrad der KWK-Anlage verbesserte. Dies reicht zur Erfüllung des Entlastungstatbestands nicht aus (BFH Urteil vom 08.10.2013 VII R 19/12, Seite 11). Das in ihr verbrannte Erdgas wird nur zur Wärmeerzeugung genutzt und gerade nicht im eigentlichen KWK-Prozess, der mit Streitfall die Stromerzeugung einschließt, verwendet. 35Aus dem gleichen Grund wird die Zusatzfeuerung nicht zu einem unverzichtbaren Bestandteil des KWK-Prozesses, weil die Gasturbine und die Zusatzfeuerung nur gemeinsam gesteuert werden. Die Zusatzfeuerung hängt nur konstruktionsbedingt mit dem aus der Gasturbine bestehenden Anlagenteil zusammen, in dem der von Gesetzes wegen begünstigte Prozess abläuft. 36Ebenso ist unerheblich, dass die klägerische Anlage einheitlich mit Erdgas und Luftsauerstoff versorgt wird. Dieser Umstand bewirkt nicht, die Zusatzfeuerung zum unverzichtbaren Bestandteil der KWK-Anlage zu machen. 37In der klägerischen KWK-Anlage finden zwei Prozesse statt, die Stromerzeugung mit Zurverfügungstellung des Heißgases und das anschließende Verheizen zur Erzeugung einer Prozessdampfmenge, die die Menge, die allein als Nebenprodukt der Stromerzeugung möglich wäre, deutlich übersteigt und nur mit der Zusatzfeuerung erreichbar ist. Dies zeigt sich ganz deutlich daran, dass die Zusatzfeuerung für sich allein eine höhere Wärmeleistung aufwies als der aus der Gasturbine bestehende Anlagenteil. 38Auch daher sind beide Prozesse getrennt voneinander zu beurteilen. 39Etwas anderes ergibt auch nicht aus Abs. 17 Buchst. a, b, i und j der DV Energieerzeugung VSF V 82 45-3. Diese Bestimmungen dienen nur der genaueren Definition des Anlagenbegriffs, nicht aber der Darstellung des begünstigten KWK-Prozesses. 40Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 und 2 FGO, die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision aus § 115 Abs. 2 FGO.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens einschließlich des vorangegangenen revisionsverfahrens. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die klägerin betrieb in ihrer betriebsstätte in a-stadt eine kraft-wärme-kopplungsanlage (kwk-anlage), die über eine zusatzfeuerung im abhitzekessel verfügte. die beteiligten streiten im zweiten rechtszug darüber, ob für das in der zusatzfeuerung verwendete erdgas eine entlastung nach § 53 abs. 1 satz 1 nr. 2 des energiesteuergesetzes (energiestg) gewährt werden kann. 3die 1989 gebaute anlage bestand aus einem gasturbinengeneratorsatz und einem abhitzekessel mit zusatzfeuerung. der anlage waren zudem noch zwei spitzenlast-dampferzeuger für die weitere prozessdampferzeugung angegliedert. 4die gasturbine, die über das in der brennkammer erzeugte heißgas angetrieben wurde, trieb mit ihrer turbinenwelle nicht nur über ein getriebe den generator für die stromerzeugung, sondern auch noch einen kompressor an, der umgebungsluft verdichtete. die verdichtete luft wurde in die brennkammer geleitet. dort wurde der luftsauerstoff zu ca. 1/3 verbrannt und die so verbleibende luft als heißgas der turbine zugeführt. mit der nur teilweisen ‑ an stelle einer vollständigen ‑ verbrennung des sauerstoffs konnten spitzentemperaturen in der gasturbine vermieden werden. 5nachdem das heißgas die gasturbine angetrieben hatte, wurde es der zusatzfeuerung im kesselgebäude zugeführt, in der weiterer sauerstoff verbrannt wurde. danach gelangte das heiße rauchgas zu den wärmetauschern des abhitzekessels, mit dem der im betrieb der klägerin benötigte prozessdampf erzeugt wurde. 6das ausströmen von heißgas mit einem erheblichen sauerstoffanteil am austritt der gasturbine bot drei vorteile: (1) das heißgas war wegen seiner hohen temperatur gut technisch verwertbar. (2) es musste nicht noch angesaugt werden, sondern strömte mit einem – wenn auch geringen – betriebsdruck und (3) eignete es sich wegen seines noch hohen sauerstoffgehalts für die anschließende erdgasverbrennung in der zusatzfeuerung. 7die installierte brutto-nennleistung der gasturbine (mechanische leistung) betrug 4,247 mw. bei einer feuerungswärmeleistung von 13,816 mw betrug die thermische leistung der gasturbine 7,120 mw. bei vollastbetrieb der gasturbine und der maximalen wärmeleistung für die zusatzfeuerung von 14,433 mw erzeugte der abhitzekessel eine thermische leistung von 21,144 mw. 8die anlagensteuerung war so geschaltet, dass gasturbine und abhitzekessel mit zusatzfeuerung nur gemeinsam betrieben werden konnten. selbst im gefahren- und störungsfall mussten beide anlagenteile zusammen abgeschaltet werden. 9die zufuhr von erdgas in die brennkammer und in die zusatzfeuerung war auf eine optimale erzeugung von strom und wärme ausgerichtet. mit der zusatzfeuerung erreichten die gasturbine und der abhitzekessel mit zusatzfeuerung theoretisch einen durchschnittlich um 5,8 % höheren wirkungsgrad als ohne zusatzfeuerung. 10am 22.12.2008 beantragte die klägerin beim beklagten für 2007 die steuerentlastung nach § 53 energiestg auch für das in der zusatzfeuerung eingesetzte erdgas (30.022,932 mwh) in höhe von 165.126,13 €. 11diesen antrag lehnte der beklagte mit bescheid vom 06.03.2009 ab, da der erdgaseinsatz bei der zusatzfeuerung nicht im rahmen des kwk-prozesses stattfinde. nach erfolglosem einspruchsverfahren wies das finanzgericht düsseldorf die erhobene klage mit urteil vom 04.04.2012, 4 k 135/11 ve ab. auf die revision der klägerin hob der bundesfinanzhof (bfh) mit urteil vom 08.10.2013, vii r 19/12 das finanzgerichtliche urteil auf und verwies die sache an das finanzgericht düsseldorf zurück. 12dazu führte der bfh aus, nach § 53 abs. 1 satz 1 nr. 2 energiestg werde unter weiteren voraussetzungen eine steuerentlastung gewährt, wenn u.a. erdgas zur gekoppelten erzeugung von kraft und wärme verwendet worden sei. dazu müsse das erdgas im eigentlichen kwk-prozess verwendet werden. insoweit komme die steuerliche entlastung aller energieerzeugnisse, die im zusammenhang mit dem betrieb einer kwk-anlage eingesetzt würden, nicht in betracht. vielmehr sei auf den konkreten verwendungszweck abzustellen. hinsichtlich des streitfalls komme es auf die frage an, ob die zusatzfeuerung als unverzichtbarer bestandteil des kwk-prozesses ‑ und damit auch der stromerzeugung ‑ angesehen werden könne. dies habe das finanzgericht weiter aufzuklären. 13zur begründung ihrer klage im zweiten rechtszug trägt die klägerin vor, auch unter berücksichtigung der vom bfh im urteil vom 08.10.2013 aufgestellten voraussetzungen sei der erdgaseinsatz für die zusatzfeuerung unverzichtbarer bestandteil des kwk-prozesses. 14nach der rechtsprechung des bfh im zurückweisenden urteil, aber auch in den urteilen vom 11.11.2008, vii r 33/07, 01.04.2008, vii r 26/06 und vom 16.04.2013, vii r 59/11 seien nur mittelbar verwendete energieerzeugnisse entlastungsfähig, wenn die in ihnen enthaltene energie zwar nicht in wärme und kraft, sondern innerhalb eines einheitlichen, wenn auch aus verschiedenen, aufeinander bezogenen physikalischen prozeduren bestehenden prozesses verwendet werde, der nicht auf das geschehen in der kesselanlage beschränkt sei. dieser prozess müsse aus technischen oder rechtlichen gründen für die kwk-anlage erforderlich sein. insoweit sei auf den verwendungszweck des energieerzeugnisses in der konkreten kwk-anlage und deren technische gegebenheiten abzustellen. 15der abhitzekessel mit zusatzfeuerung werde im rahmen eines einheitlichen kwk-prozesses eingesetzt. die anlagenteile ihrer kwk-anlage seien so eng miteinander verknüpft, dass ein getrennter betrieb nicht möglich sei. der abhitzekessel mit zusatzfeuerung sei von anfang an in seiner konkreten auslegung für deren bestimmungsgemäße verwendung erforderlich. die gesamte kwk-anlage werde einheitlich mit erdgas und sauerstoff versorgt. alle anlagenbestandteile würden einheitlich gesteuert. die gasturbine sei von anfang an auf die produktion zweier produkte, strom und heißgas ausgelegt. 16insoweit verweise sie auf das gutachten des instituts für energietechnik an der ost-bayerischen technischen hochschule amberg-weiden vom 21.01.2014. insbesondere sei die wärme des heißgases nicht nur physikalisch, sondern auch noch durch die verbrennung des restsauerstoffs chemisch genutzt worden. 17zudem sei die anlage auf ihren bedarf ausgerichtet gewesen, weil sie 3,4 mw strom und 18 t/h heißdampf benötigt habe. 18das von ihr vertretene verständnis der kwk-anlagen entspreche auch abs. 17 buchst. a, b, i und j der dv energieerzeugung vsf v 82 45-3. 19die klägerin beantragt, 20den beklagten unter aufhebung seines bescheids vom 06.03.2009 in der gestalt der einspruchsentscheidung vom 30.12.2010 zu verpflichten, ihr entsprechend ihrem antrag vom 22.12.2008 für 2007 nach § 53 energiestg 165.126,12 € energiesteuer zu vergüten. 21der beklagte beantragt, 22die klage abzuweisen, 23da mit dem zum betrieb der zusatzfeuerung verwendeten erdgas kein strom erzeugt werde. insoweit liege auch kein einheitlicher prozess vor. der betrieb des abhitzekessels mit zusatzfeuerung sei nicht auf den kwk-prozess bezogen. er bewirke nur ein für die begehrte vergütung unerhebliches verheizen mit hohem wirkungsgrad. 24das gericht hat in der mündlichen verhandlung a, einen der verfasser des von der klägerin vorgelegten gutachtens des instituts für energietechnik vom 21.01.2014 angehört. wegen des ergebnisses dieser anhörung wird auf das sitzungsprotokoll verwiesen. 25
26die klage ist unbegründet. 27der beklagte hat zu recht im angefochtenen bescheid vom 06.03.2009 in der gestalt der einspruchsentscheidung vom 30.12.2010 die beantragte vergütung der energiesteuer abgelehnt. die klägerin wird dadurch nicht in ihren rechten verletzt, § 101 satz 1 der finanzgerichtsordnung (fgo). 28nach § 2 abs. 3 satz 1 nr. 4 energiestg durfte die klägerin erdgas zum steuersatz dieser vorschrift einsetzen, wenn es nicht nur verheizt, sondern auch zum antrieb von gasturbinen in begünstigten anlagen nach § 3 abs. 1 satz 1 nr. 2 energiestg verwendet wurde. dabei sind im hier interessierenden zusammenhang nur ortsfeste anlagen, die ausschließlich der gekoppelten erzeugung von kraft und wärme dienen, begünstigt. 29§ 53 abs. 1 satz 1 nr. 2 energiestg erweitert diese steuerbegünstigung um die steuerentlastung in höhe von 5,50 € für 1 mwh erdgas bei einer gekoppelten erzeugung von kraft und wärme in ortsfesten anlagen mit einem monats- oder jahresnutzungsgrad von mindestens 70 prozent. 30auch wenn die anlage der klägerin den erforderlichen jahresnutzungsgrad im jahr 2007 überschritten hat, sind die entlastungsvoraussetzungen im streitfall nicht gegeben. entscheidendes kriterium für die entlastung ist die gleichzeitige erzeugung von strom und wärme, also die gekoppelte und möglichst effiziente nutzung des energiegehalts des eingesetzten energieerzeugnisses. infolgedessen kommt die steuerliche entlastung aller energieerzeugnisse, die im zusammenhang mit dem betrieb einer kwk-anlage eingesetzt werden, nicht in betracht. abzustellen ist vielmehr auf den konkreten verwendungszweck (bfh urteil vom 08.10.2013 vii r 19/12, seite 8). insoweit genügt es, wenn die im erdgas enthaltene energie zwar nicht in kraft und wärme umgewandelt, aber innerhalb eines einheitlichen, wenn auch aus verschiedenen, aufeinander bezogenen physikalischen prozeduren bestehenden prozesses verwendet wird, welcher nicht auf das geschehen im kessel beschränkt werden kann (bfh v. 11.11.2008 vii r 33/07 bfh/nv 2009/ 610 rz. 24). dann nämlich ist die verwendung des erdgases unverzichtbarer bestandteil des eigentlichen, begünstigten prozesses (bfh urteil vom 08.10.2013 vii r 19/12, seite 8 f.). 31im streitfall ist die zusatzfeuerung nicht unverzichtbarer bestandteil des kwk-prozesses. zwar hat die klägerin mit dem von ihr vorgelegten gutachten des instituts für energietechnik vom 21.01.2014 vorgetragen, dass unter berücksichtigung aller gesichtspunkte im vorliegenden fall die zusatzfeuerung sowohl aus anlagetechnischer als auch aus prozesstechnischer sicht als wesentlicher bestandteil des kwk-prozesses zu werten sei. 32dies ist allerdings nur dahin zu verstehen, wie a in der mündlichen verhandlung ausgeführt hat, dass die zusatzfeuerung als hauptbestandteil der kesselanlage einen unverzichtbaren bestandteil der kwk-anlage darstellte, um die in der auslegung der anlage geforderte wärme- bzw. dampfleistung von 18 t/h zu erreichen. 33tatsächlich konnte die kwk-anlage auch ohne die zusatzfeuerung betrieben werden. sie hätte dann nur, wie a angab, nicht die vom betreiber erwartete leistung sowohl in der stromerzeugung als auch in der wärmeproduktion zur dampferzeugung. 34insoweit stellt die zusatzfeuerung nur einen bestandteil der anlage dar, der unter ausnutzung der im tatbestand näher dargestellten vorteile des am turbinenaustritt ausströmenden heißgases den wirkungsgrad der kwk-anlage verbesserte. dies reicht zur erfüllung des entlastungstatbestands nicht aus (bfh urteil vom 08.10.2013 vii r 19/12, seite 11). das in ihr verbrannte erdgas wird nur zur wärmeerzeugung genutzt und gerade nicht im eigentlichen kwk-prozess, der mit streitfall die stromerzeugung einschließt, verwendet. 35aus dem gleichen grund wird die zusatzfeuerung nicht zu einem unverzichtbaren bestandteil des kwk-prozesses, weil die gasturbine und die zusatzfeuerung nur gemeinsam gesteuert werden. die zusatzfeuerung hängt nur konstruktionsbedingt mit dem aus der gasturbine bestehenden anlagenteil zusammen, in dem der von gesetzes wegen begünstigte prozess abläuft. 36ebenso ist unerheblich, dass die klägerische anlage einheitlich mit erdgas und luftsauerstoff versorgt wird. dieser umstand bewirkt nicht, die zusatzfeuerung zum unverzichtbaren bestandteil der kwk-anlage zu machen. 37in der klägerischen kwk-anlage finden zwei prozesse statt, die stromerzeugung mit zurverfügungstellung des heißgases und das anschließende verheizen zur erzeugung einer prozessdampfmenge, die die menge, die allein als nebenprodukt der stromerzeugung möglich wäre, deutlich übersteigt und nur mit der zusatzfeuerung erreichbar ist. dies zeigt sich ganz deutlich daran, dass die zusatzfeuerung für sich allein eine höhere wärmeleistung aufwies als der aus der gasturbine bestehende anlagenteil. 38auch daher sind beide prozesse getrennt voneinander zu beurteilen. 39etwas anderes ergibt auch nicht aus abs. 17 buchst. a, b, i und j der dv energieerzeugung vsf v 82 45-3. diese bestimmungen dienen nur der genaueren definition des anlagenbegriffs, nicht aber der darstellung des begünstigten kwk-prozesses. 40die kostenentscheidung folgt aus § 135 abs. 1 und 2 fgo, die entscheidung über die nichtzulassung der revision aus § 115 abs. 2 fgo.
Verklagte*r
0
346,659
9 A 1027/22
2022-08-30T00:00:00
Urteil
Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Angaben „Ohne Alkohol (Ethanol)/Ohne Zuckerzusatz“ auf der äußeren Umhüllung (Faltschachtel) und dem Etikett von „B. Hustentropfen“ sowie die Angaben “frei von Alkohol (Ethanol)“, “enthalten kein Alkohol (Ethanol)“, „enthalten kein Ethanol“ in der Gebrauchs- und Fachinformation. 3Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erteilte der Firma L. N. GmbH - der vormaligen Klägerin - am 22. Januar 2008 die Zulassung für das Fertigarzneimittel „B. forte Hustentropfen“ (Zulassungsnummer 65616.00.00). Zwischenzeitlich wurde die Bezeichnung in „B. Hustentropfen“ geändert. Diese Zulassung wurde im November 2020 an die jetzige Klägerin übertragen. Mit Schriftsatz vom 23. März 2022 teilte diese mit, sie führe als Rechtsnachfolgerin der vorherigen Zulassungsinhaberin und Klägerin das Verfahren fort. Am 20. Mai 2022 stimmte die Beklagte dem zu. 4Das Arzneimittel enthält als Wirkstoff einen Dickextrakt aus Thymiankraut (1,7-2,5:1), Auszugsmittel: Ammoniaklösung 10 % (m/m), Glycerol 85 % (m/m), Ethanol 90 % (V/V), Wasser (1:20:70:109). Das im Auszugsmittel für den Thymiankrautextrakt enthaltene Ethanol wird im Herstellungsverfahren fast vollständig wieder entfernt. In der Extraktzubereitung befindet sich laut Spezifikation Ethanol nur noch in einer Menge von unter 0,10 %. In einer maximalen Einzeldosis des Fertigarzneimittels von 2,3 ml Hustentropfen sind maximal 2,16 mg Ethanol enthalten. Das Arzneimittel enthält nicht mehr natürlichen Zucker als der Ausgangsstoff Thymian; während des Herstellungsverfahrens wird kein Zucker zugesetzt. 5Das Arzneimittel wird angewendet „zur Besserung der Beschwerden bei Erkältungskrankheiten der Atemwege mit zähflüssigem Schleim, zur Besserung der Beschwerden bei akuter Bronchitis“. Es ist auch zur Anwendung bei Kindern ab 1 Jahr zugelassen und nicht verschreibungspflichtig. 6In dem durch den Zulassungsbescheid vom 22. Januar 2008 zugelassenen Text für die äußere Umhüllung (Faltschachtel) und das Etikett befand sich der Hinweis „Ohne Alkohol (Ethanol)/Ohne Zuckerzusatz“. In der Gebrauchsinformation war unter Ziffer 6 - nach der Angabe der sonstigen Bestandteile - der Hinweis enthalten: „B. forte Hustentropfen enthalten kein Alkohol (Ethanol)“. Im Abschnitt „Weitere Hinweise“ der Gebrauchsinformation war der folgende Text aufgeführt: „B. forte Hustentropfen sind frei von Alkohol (Ethanol) und daher auch für Patienten geeignet, die Alkohol (Ethanol) vermeiden müssen.“ In der Fachinformation hieß es unter Ziffer 6.1 nach der Liste der sonstigen Bestandteile: „Hinweis: B. forte Hustentropfen enthalten kein Ethanol.“ 7Mit fristgerechtem Verlängerungsantrag vom 18. Juli 2012 legte die vormalige Klägerin gleichlautende Informationstexte und Texte für äußere Umhüllung und Etikett vor. Dem nach vorheriger Anhörung ergangenen Verlängerungsbescheid vom 3. Juni 2015, zugestellt am 9. Juni 2015, waren u. a. die folgenden Auflagen beigefügt: 8F1.: Die Angaben „Ohne Alkohol (Ethanol)/Ohne Zuckerzusatz“ sind auf der äußeren Umhüllung und dem Etikett zu streichen. 9F3.: In den Texten für die Packungsbeilage und die Fachinformation sind die Hinweise „…enthält keinen Alkohol“ zu streichen und können durch den Hinweis „Das Ethanol des Auszugsmittels wurde weitestgehend entfernt.“ ersetzt werden. 10F4.: In der Packungsbeilage ist unter weitere Hinweise der Satz: „ ... ist ohne Alkohol (Ethanol) und daher auch für Patienten geeignet, die Alkohol (Ethanol) vermeiden müssen“ zu streichen. 11In der Begründung zu Auflage F1. wurde ausgeführt, der Hinweis zur Alkohol- und Zuckerfreiheit sei nach § 10 Abs. 1 Satz 4 AMG nicht als „weitere Angabe“ zulässig, weil sie in der EU-„Guideline on the excipients in the label and package leaflet of medicinal products for human use“ (CPMP/463/00) nicht vorgesehen und bei dem apothekenpflichtigen Arzneimittel auch nicht notwendig sei. Die Angaben seien auch geeignet, das Produkt gegenüber vergleichbaren Arzneimitteln hervorzuheben, und daher werbewirksame Aussagen. Zur Begründung der in den Auflagen F3. und F4. vorgesehenen Streichungen wurde ausgeführt, auch wenn das Ethanol aus dem Auszugsmittel wieder entfernt werde, blieben immer kleine Restmengen zurück. Außerdem zähle auch das enthaltene Propylenglykol zu den Alkoholen. 12Den dagegen eingelegten Widerspruch wies das BfArM durch Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2016 zurück. 13Am 27. Januar 2016 hat die vormalige Klägerin beim Verwaltungsgericht Köln Klage erhoben (7 K 433/16). Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt: Die Auflagen F1., F3. und F4. seien rechtswidrig. Die Beklagte habe die beanstandeten Hinweise in der erstmaligen Zulassung genehmigt. Eine Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebung eines genehmigten Textes sei nicht ersichtlich. Es sei auch fraglich, ob im Hinblick auf „Entwarnungshinweise“ eine Auflagenbefugnis nach § 28 Abs. 2 AMG bestehe, denn durch die Entwarnung bestehe keine Gefahr für die Qualität und Unbedenklichkeit von Arzneimitteln. Es sei weiter fraglich, ob die Beklagte das ihr durch § 28 Abs. 2 AMG eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt, insbesondere die atypischen Besonderheiten des vorliegenden Falles hinreichend beachtet habe. Die Beklagte orientiere sich an abstrakten Guidelines oder Äußerungen von Expertengremien sowie einer möglichen Vorbildwirkung für andere Verfahren statt den konkreten Einzelfall zu prüfen. Die Auflagen seien unverhältnismäßig. Eine Änderung der im Rahmen der Erstzulassung für rechtmäßig gehaltenen Texte, ohne dass sich die Sach- oder Rechtslage geändert habe, verwirre die Patienten und Vertreter der Fachkreise und führe zu einer unnötigen wirtschaftlichen Belastung der Klägerin. 14Die beanstandeten Hinweise seien als sonstige Angaben nach § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG, § 11 Abs. 1 Satz 7 AMG und § 11a Abs. 1 Satz 6 AMG zulässig. Sie stünden mit der Anwendung des Arzneimittels in Zusammenhang und seien für die gesundheitliche Aufklärung wichtig. Hierzu genüge es, dass die Angaben der gesundheitlichen Aufklärung dienlich seien. Dies sei bei allen Angaben der Fall, die das Einnahmeverhalten, die Compliance, verbesserten. Insbesondere sei die Angabe „Ohne Alkohol (Ethanol)“ geboten, weil sie die aus der Sicht eines durchschnittlich informierten, verständigen Patienten verwirrende Pflichtangabe zum Extraktionsmittel „Ethanol“ klarstelle. Der Unsicherheit könne auch nicht durch die Abgabe in der Apotheke hinreichend begegnet werden. Der Entwarnungspflicht könne der pharmazeutische Unternehmer nur dadurch nachkommen, dass er auf der Faltschachtel einen kurzen und prägnanten Hinweis anbringe, wie es „ohne Alkohol“ sei. Dies werde vom Verbraucher dahingehend verstanden, dass der etwa noch vorhandene Alkohol keinen nennenswerten Effekt entfalte, und sei daher auch inhaltlich zutreffend. Die Excipients-Guideline schreibe nur Warnungen vor und enthalte daher keine abschließende Regelung im Hinblick auf Entwarnungshinweise. Auch der Hinweis „ohne Zuckerzusatz“ sei zulässig. Die Angabe enthalte eine für alle Verbrauchergruppen, insbesondere aber für Diabetiker, wichtige und verständliche Mitteilung und verbessere das Einnahmeverhalten. 15Es handele sich auch nicht um unzulässige werbliche Aussagen. Das Merkmal des werbewirksamen Effekts dürfe nicht in die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes zur Zulässigkeit von weiteren Angaben hineingelesen werden, weil dies vorliegend keine Grundlage in Art. 62 der Richtlinie 2001/83/EG finde. Schließlich sei die zurückhaltende Präsentation des Arzneimittels von der Beklagten im Rahmen der Ermessensentscheidung überhaupt nicht berücksichtigt worden. Der Hinweis auf die Alkohol- und Zuckerfreiheit befinde sich auf der Rückseite der Verpackung unter den Einnahmehinweisen und sei damit für den Patienten auch bei der Platzierung im Sichtwahlbereich der Apotheken nicht erkennbar. 16Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat das Verwaltungsgericht dieses Verfahren mit dem Verfahren 7 K 324/16 („B. Hustensaft“) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und diese Verfahren unter dem Aktenzeichen 7 K 324/16 fortgeführt. 17Die vormalige Klägerin hat beantragt, 18die Auflagen F1., F3. und F4. im Verlängerungsbescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 3. Juni 2015 für das Fertigarzneimittel „B. Hustentropfen“ in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2016 aufzuheben. 19Die Beklagte hat beantragt, 20die Klage abzuweisen. 21Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen: Die Auflagenbefugnis ergebe sich aus § 28 Abs. 2 AMG. Die Feststellung einer konkreten Gefährdung sei bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 und Abs. 2 AMG nicht erforderlich. Der Umstand, dass die beanstandeten Hinweise zuvor genehmigt worden seien, sei nicht bedeutsam. Die Verlängerung nach § 31 AMG diene auch der Kontrolle der Zulassungsentscheidung, soweit es nicht um die Beurteilung der Wirksamkeit gehe. 22Die Texte seien unzulässig. Der Gesetzgeber habe sich dafür entschieden, das Vorhandensein von potentiell gesundheitsschädlichen Zusatzstoffen in Fertigarzneimitteln, also auch von Alkohol und Zucker, ausschließlich positiv zu normieren. Falls derartige Stoffe in einer gesundheitsrelevanten Menge beigefügt seien, müsse nach § 10 Abs. 2 AMG, § 11 Abs. 2 AMG ein Warnhinweis aufgenommen werden. Die Arzneimittelwarnhinweisverordnung sowie die europäische Excipients-Guideline bestimmten abschließend, für welche Art und Menge von Stoffen ein Warnhinweis verpflichtend sei. 23Der Hinweis auf das Fehlen von Alkohol auf Etikett und Faltschachtel sei nicht als „weitere Angabe“ zulässig, weil die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG nicht erfüllt seien. Er sei schon unrichtig, weil das Arzneimittel Alkohol in sehr geringer Menge enthalte. Ein Stoff, der in einer nicht gesundheitsgefährdenden Menge enthalten sei, könne auch nicht für die Anwendung eines Arzneimittels von Bedeutung sein. Eine „Risikokommunikation“ müsse daher nicht stattfinden. Die Verbesserung der Compliance könne durch solche Hinweise nicht erreicht werden. Eine Angabe, die auf das Fehlen eines bestimmten Stoffes hinweise, sei zudem grundsätzlich werblich. Diese Auffassung werde auf europäischer Ebene geteilt, etwa im Hinblick auf „Gluten“. Der Hinweis befinde sich zwar auf der Rückseite der Faltschachtel, sei aber durch Schrift und Form deutlich von dem übrigen Text abgehoben und habe damit auch durch die Gestaltung einen werbenden Charakter. Im vorliegenden Fall bestehe zwar die Besonderheit, dass für die Herstellung des Wirkstoffs Ethanol als Auszugsmittel verwendet werde und daher auch auf der äußeren Umhüllung genannt werden müsse, und zwar ungeachtet der im Endprodukt noch enthaltenen Restmengen von Ethanol. Die hierdurch möglicherweise entstehenden Fragen würden seitens der Klägerin jedoch in einer völlig unrealistischen und überzogenen Weise dargestellt. Auch die Angabe „ohne Zuckerzusatz“ auf dem Etikett sei nicht als „weitere Angabe“ zulässig. Da Zucker nicht in einer warnhinweispflichtigen Menge enthalten sei, sei der Hinweis nicht für die gesundheitliche Aufklärung der Verbraucher wichtig. Die Regelungen zur Kennzeichnung von diätetischen Lebensmitteln seien aufgehoben worden. Lediglich der Zusatz „zuckerfrei“ werde in den europäischen Arbeitsgruppen zur Formulierung der Informationstexte bei zentral zugelassenen Arzneimitteln diskutiert und im Einzelfall als zulässig erachtet. Die Angabe „ohne Zuckerzusatz“ sei ebenfalls als werbliche Aussage einzuordnen. 24Aus denselben Gründen sei auch der Hinweis auf das Fehlen von Alkohol in der Packungsbeilage sowie der Fachinformation unzulässig. Er sei nicht zutreffend. Da der Alkoholgehalt unterhalb der Schwelle für einen Warnhinweis liege, gebe es auch keine Rechtsgrundlage für diese Angabe. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 d AMG dürften unter Ziffer 6 der Gebrauchsinformation nur im Arzneimittel aufzulistende Bestandteile genannt werden. Eine Negativangabe sei nicht vorgesehen. Im Feld „Weitere Hinweise“ sei nur die Aussage zulässig, wonach Alkohol im Arzneimittel nur noch in einer sehr geringen Menge vorhanden sei. Auch in der Fachinformation könne das Fehlen von Alkohol keinesfalls unter Ziffer 6.1 „Liste der sonstigen Bestandteile“ aufgeführt werden, da die Menge des noch enthaltenen Alkohols nicht als sonstiger Bestandteil zu nennen sei. 25Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 27. November 2018 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte sei gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 in Verbindung mit § 28 Abs. 2 Nr. 1 AMG berechtigt gewesen, der Klägerin durch die Auflage F1. die Streichung des Hinweises „Ohne Alkohol (Ethanol)/Ohne Zuckerzusatz“ auf der äußeren Umhüllung und dem Etikett des Behältnisses aufzugeben, weil dieser nicht nach § 10 AMG zulässig sei. Zulässig seien weitere Angaben nach § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG, wenn sie einen Bezug zur Anwendung des konkreten Arzneimittels und damit in erster Linie gebrauchssichernde Funktion hätten. Fehlende Bestandteile, wie z.B. Alkohol oder Zucker, hätten keine Auswirkung auf die Gesundheit des Patienten und entsprechende Hinweise seien daher für die Anwendung des Arzneimittels nicht relevant. Darüber hinaus ergebe sich aus der Zweckbestimmung der verschiedenen Informationstexte und der Konzeption der gesetzlichen Regelungen in §§ 10 ff. AMG, die in Übereinstimmung mit den Art. 54 ff. Richtlinie 2001/83/EG auszulegen seien, eine abschließende Regelung zur Angabe der sonstigen Bestandteile eines Arzneimittels auf der äußeren Umhüllung oder dem Etikett. Die Angabe „ohne Alkohol“ sei zudem irreführend, weil das Endprodukt geringe Restmengen Ethanol aus der Arzneimittelherstellung enthalte. Auch die Angabe „ohne Zuckerzusatz“ sei mit § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG nicht vereinbar. Zwar bestehe im Hinblick auf die Zahngesundheit sowie für Diabetiker ein anerkennenswertes Informationsinteresse von Patienten. Der Hinweis auf den fehlenden Zuckerzusatz könne jedoch in der Packungsbeilage gegeben werden. Wegen der fehlenden Vereinbarkeit mit § 10 AMG habe das BfArM nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 AMG die Streichung anordnen dürfen. Einer zusätzlichen konkreten Gefahr für die Arzneimittelsicherheit bedürfe es bei der Anwendung der Auflagenermächtigung nicht. Auch die Ermessensentscheidung sei rechtlich nicht zu beanstanden, die Auflage F1. sei nicht unverhältnismäßig. 26Die Auflagen F3. und F4. seien ebenfalls rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Regelungen sei § 28 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 i. V .m. § 28 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 2a AMG. Die Klägerin verwende auch in der Packungsbeilage und der Fachinformation die pharmazeutisch unzutreffende und irreführende Formulierung „ohne Alkohol“. Der Begriff „ohne Alkohol“ könne in der Packungsbeilage nur dann synonym mit einer irrelevanten Restmenge benutzt werden, wenn insofern eine einheitliche Definition durch die hierfür zuständige Europäische Kommission im Rahmen der Excipients-Guideline vorliegen würde. Dies sei jedoch bislang nicht der Fall. 27Dagegen hat die Klägerin die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und ergänzt sie ihr erstinstanzliches Vorbringen und führt im Wesentlichen aus: Die ursprünglich genehmigten Angaben klärten über unverständliche Pflichttexte und irrige Verbrauchererwartungen, auch aufgrund der Produktkategorie, auf, es seien beträchtliche Mengen Alkohol und Zucker im Produkt enthalten. Die Pflichtangabe „Ethanol 90 % (V/V)“ auf der Umverpackung werde vom Verbraucher teilweise mit Alkohol in Verbindung gebracht, was auch durch den kräftigen Kräutergeschmack unterstützt werde. Die Angabe „ohne Alkohol (ohne Ethanol)/ohne Zuckerzusatz“ habe einen gebrauchssichernden Bezug zur Anwendung des konkreten Arzneimittels durch den Kranken, weil damit ungewöhnlichem Einnahmeverhalten (z.B. Einnahme von zu geringen Mengen oder Nichteinnahme zur Nacht) vorgebeugt werde. Das Informationsbedürfnis erkenne auch das Verwaltungsgericht an. Die Vermittlung der sachlichen und inhaltlich zutreffenden Informationen sei auch keine Werbung. Die Information „ohne Alkohol“ sei aus Sicht eines Patienten zutreffend, der daraufhin davon ausgehe, dass das Produkt keinen negativen gesundheitlichen Effekt auf ihn haben könne und auch für Patienten geeignet sei, die Alkohol vermeiden müssten. Dass einige Moleküle Alkohol im Produkt enthalten sein möchten, im Übrigen weniger als in vielen Lebensmitteln, sei für ihn vollkommen irrelevant. Die hier gewählte Art und Weise der Risikokommunikation über Entwarnungen sei marktüblich und funktioniere, d. h. sie werde vom Verbraucher verstanden, und besonders für vulnerable Patientengruppen von Bedeutung. 28Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, Entwarnungshinweise seien grundsätzlich nach § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG nicht zulässig, sei vom Wortlaut sowie vom Sinn und Zweck der Vorschrift nicht gedeckt. Hier werde offenbar ein zusätzliches Kriterium der Notwendigkeit in die Vorschrift hineingelesen. Art. 62 der Richtlinie 2001/83/EG in seiner nationalen Umsetzung sei keine Ausnahmevorschrift zu Pflichtangaben, sondern eine selbständige Regelung zur Zulässigkeit freiwilliger zusätzlicher Angaben. Aus der englischen und französischen Fassung ergebe sich der Sinn und Zweck der Vorschrift, ergänzende freiwillige Angaben zu erlauben, die für den Patienten nützlich seien („useful“, „utiles“). Eine einengende Auslegung der Bestimmung sei auch nach Art. 60 der Richtlinie 2001/83/EG nicht zulässig. Die Angaben „ohne Alkohol“ und „ohne Zuckerzusatz“ wiesen darauf hin, dass das Produkt keine relevanten, wahrnehmbaren Mengen an Alkohol enthalte und ihm kein Zucker zugesetzt worden sei, was für Patienten, Eltern und Fachkreise eine nützliche Information sei. Die kurze Botschaft sei auf das Wesentliche begrenzt, daher auch keine Werbung, und habe sich bewährt. 29Mit dem Hinweis „ohne Alkohol“ werde die auch in der aktuellen Excipients-Guideline vorgesehene Information transportiert, dass die geringe Alkoholmenge im Arzneimittel keine wahrnehmbaren Auswirkungen habe. Im Übrigen konkretisiere die Guideline lediglich Pflichtangaben (Mindestangaben) zu Arzneiträgerstoffen - soweit diese gezielt und funktionsmäßig im Endprodukt eingesetzt und nicht nur als Extraktionsmittel verwendet und verdampft würden - und enthalte keine abschließende, bindende Konkretisierung zu freiwilligen zusätzlichen Angaben nach Art. 62 der Richtlinie 2001/83/EG. Sogar im Hinblick auf Pflichtangaben zu Ethanol als Auszugsmittel stehe sie nur gleichberechtigt neben anderen Guidelines (z.B. zur Herbal Declaration Guideline). Umgekehrt lasse sich aus den Vorgaben der Guideline zu Gluten, Kalium und Natrium ableiten, dass Informationen über das Fehlen von Stoffen (Entwarnungen), auch und gerade wenn unbedenkliche Molekülmengen noch im Produkt enthalten seien, wichtig sein könnten. Es liege auch keine Irreführung vor, da die verbleibenden Moleküle für den Patienten irrelevant seien. 30Ferner dürften die gleichlautenden Tatbestandsmerkmale in § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG (Umverpackung) und § 11 Abs. 1 Satz 7 AMG (Packungsbeilage) nicht unterschiedlich ausgelegt werden. Wegen des Pflichthinweises zu Ethanol auf der Umverpackung müsse auch die Information über den fehlenden Alkoholgehalt dort erfolgen dürfen. Für den befürchteten „Dammbruch“ sei nichts erkennbar, zumal es um Besonderheiten von Phytopharmaka gehe, nicht aber um Angaben wie halal und koscher oder Biosiegel. Schließlich sei § 28 AMG bei reinen Zweckmäßigkeitserwägungen unanwendbar und die Auflage unverhältnismäßig. 31Mit Trennungsbeschluss vom 20. Mai 2022 hat der Senat das Verfahren hinsichtlich der „B. Hustentropfen“ abgetrennt und mit dem neuen Aktenzeichen 9 A 1027/22 und der neuen Klägerin fortgeführt. 32Die Klägerin beantragt, 33das angefochtene Urteil zu ändern und die Auflagen F1., F3. und F4. im Verlängerungsbescheid des BfArM vom 3. Juni 2015 für das Fertigarzneimittel „B. Hustentropfen“ in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2016 aufzuheben, 34hilfsweise, 35Beweis zu erheben über die Frage, dass nach dem jeweils bestehenden medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstand die Angaben „ohne Alkohol (Ethanol)/ohne Zuckerzusatz“ mit der Anwendung des streitgegenständlichen Produkts im Zusammenhang stehen und für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten wichtig sind und insbesondere keine medizinisch-pharmazeutisch fehlerhafte Information vermitteln. 36Die Beklagte beantragt, 37die Berufung zurückzuweisen. 38Zur Begründung verweist sie auf das erstinstanzliche Verfahren, das rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 28. September 2021 - 7 K 5222/18 - zu Gluten und trägt ergänzend vor: Seit der Urteilsverkündung habe das BfArM eine nennenswerte Anzahl von pharmazeutischen Unternehmen abschließend davon überzeugen können, ihre vergleichbaren „frei von“-Kennzeichnungen auf äußeren Umhüllungen ihrer Arzneimittel auch durchaus bekannter Marken zu entfernen. Bei Zulassungs- und Verlängerungsanträgen oder Änderungsanzeigen würden entsprechende Beanstandungen ausgesprochen. Damit werde dem Gleichheitssatz genügt. Für die Verständlichkeit von Wirkstoffangaben sei es nicht erforderlich, dass Verbraucher diese im Einzelnen zutreffend einordnen könnten. Das streitgegenständliche Arzneimittel sei nicht zuckerfrei; dass kein Zucker zugesetzt werde, sei für den Ist-Zustand des Arzneimittels irrelevant. Ein Informationsbedürfnis bestimmter Adressaten werde nicht bestritten. Der Klägerin gehe es aber um die Platzierung der Angabe „ohne Alkohol (Ethanol)/ohne Zuckerzusatz“ auf der äußeren Umhüllung bzw. dem Etikett. Mit anderen Worten und damit in einer sowohl verständlichen als auch zutreffenden Art und Weise seien diese Informationen an anderer Stelle der informativen Texte möglich. Die Guidelines seien als Auslegungshilfe beachtlich. Es streite für die Auffassung der Beklagten, dass für die Angaben „ohne Alkohol“ und “ohne Zuckerzusatz“ keine Regelungen seitens der Gremien getroffen worden seien. Das Verwaltungsgericht Köln habe in der Gluten-Entscheidung bekräftigt, dass § 10 Abs. 1 Satz 5 und § 11 Abs. 1 Satz 7 AMG als Ausnahmebestimmung eng zu interpretieren seien und die weiteren Angaben einen besonderen Bezug zur genehmigten Anwendung des Arzneimittels, insbesondere zum Anwendungsgebiet und den Modalitäten der Einnahme des Präparats, haben müssten. 39Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 40Entscheidungsgründe: 41Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. 42A. Die Klage ist gem. § 42 Abs. 1 VwGO als Anfechtungsklage gegen die dem Verlängerungsbescheid beigefügten Auflagen statthaft, 43vgl. nur BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2010 - 3 C 25.09 -, A&R 2010, 186 = juris Rn. 12, m. w. N., 44und auch im Übrigen zulässig. 45B. Die Klage ist aber unbegründet. 46Die Auflagen F1., F3. und F4. im Verlängerungsbescheid des BfArM vom 3. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2016 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 47I. Rechtsgrundlage für die Auflagen ist § 28 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 2a AMG. 481. Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 AMG kann die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung mit Auflagen verbinden. Auflagen können angeordnet werden, um sicherzustellen, dass die Kennzeichnung der Behältnisse und äußeren Umhüllungen den Vorschriften des § 10 AMG (§ 28 Abs. 2 Nr. 1 AMG), die Packungsbeilage den Vorschriften des § 11 AMG (§ 28 Abs. 2 Nr. 2 AMG) und die Fachinformation den Vorschriften des § 11a AMG entspricht (§ 28 Abs. 2 Nr. 2a AMG). 49Die Regelungen in § 28 Abs. 2 Nr. 1 bis 2a AMG erfassen nicht nur die Pflichtangaben, sondern ermöglichen Auflagen auch bezüglich der weiteren Angaben, die - wenn der pharmazeutische Unternehmer hiervon Gebrauch macht - den Zulässigkeitsvoraussetzungen in § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG, § 11 Abs. 1 Satz 7 AMG, § 11a Abs. 1 Satz 6 AMG entsprechen müssen. 50Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. November 2013 ‑ 13 A 2895/11 -, MedR 2015, 203 = juris Rn. 47. 51Die Auflagenbefugnis gilt ferner nicht nur bei erstmaliger Zulassung, sondern auch für die - hier erfolgte - Verlängerung der Zulassung nach § 31 Abs. 3 AMG. 52Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. April 2020 - 3 C 22.18 -, NWVBl. 2020, 460 = juris Rn. 25 ff. 532. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, steht der Anwendbarkeit des § 28 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 2a AMG als Rechtsgrundlage für die Auflagen F1., F3. und F4. nicht entgegen, dass das BfArM die beanstandeten Angaben, die teilweise auf eine vergleichsweise Einigung im Klageverfahren VG Köln 7 K 705/05 zurückgehen, ursprünglich mit der Zulassung vom 22. Januar 2008 akzeptiert hat. Einer Ermächtigung zu einem Teilwiderruf oder einer Teilrücknahme eines Verwaltungsakts bedarf es insoweit entgegen der Auffassung der Klägerin nicht. 54Im Verfahren der Verlängerung der Zulassung ist zu prüfen, ob die gesetzlichen Vorgaben der §§ 10, 11 und 11a AMG eingehalten werden. Das Arzneimittelgesetz hat dies allerdings nicht als Versagungsgrund für die Zulassungsverlängerung eines Arzneimittels ausgestaltet, sondern hierfür das mildere Mittel der Auflagenbefugnis vorgesehen. 55Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. April 2020 - 3 C 22.18 -, a. a. O., juris Rn. 26. 56Eine Änderung der Sach- oder Rechtslage ist dementsprechend keine Voraussetzung für den Erlass einer solchen Auflage. Mit der Zulassung eines Arzneimittels wird insoweit kein Vertrauenstatbestand geschaffen. Dies zeigt auch die nicht durch weitere Voraussetzungen eingeschränkte Befugnis nach § 28 Abs. 1 Satz 4 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 bis 2a AMG, jederzeit nach der Erteilung einer arzneimittelrechtlichen Zulassung Auflagen anordnen zu können, also auch nachträgliche Auflagen im Hinblick auf die Kennzeichnung und die Informationstexte, wenn diese nicht mit den Vorschriften der §§ 10 bis 11a AMG übereinstimmen. 573. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Auflagen ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, hier bei Erlass des Widerspruchsbescheids. 58Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. April 2020 - 3 C 22.18 -, a. a. O., juris Rn. 11. 59Dies entspricht allgemeinen Grundsätzen bei Anfechtungsklagen, wenn sich aus dem maßgebenden materiellen Recht - wie hier - für die Zeitpunktfrage nichts anderes ergibt. Damit ist im vorliegenden Verfahren zu klären, ob bei Erlass des Widerspruchsbescheids die beanstandeten Hinweise unzulässig und die Auflagen rechtmäßig waren. Dies bedeutet zugleich, dass die Beklagte die Auflagen nicht von sich aus unter Kontrolle halten und fortdauernd überprüfen muss. 60Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17. September 2021 - 3 C 20.20 -, juris Rn. 13 (für einen Feststellungsbescheid nach § 21 Abs. 4 Satz 1 AMG). 61II. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung von Auflagen nach § 28 Abs. 2 AMG sind sowohl hinsichtlich der Auflage F1. (dazu 1.) als auch der Auflagen F3. und F4. (dazu 2.) gegeben. 621. Die Auflage F1., wonach die Angaben „Ohne Alkohol (Ethanol)/Ohne Zuckerzusatz“ auf der äußeren Umhüllung und dem Etikett zu streichen sind, stellt im Sinne von § 28 Abs. 2 Nr. 1 AMG sicher, dass die Kennzeichnung der Behältnisse und äußeren Umhüllungen den Vorschriften des § 10 AMG entspricht. Die Angabe „ohne Alkohol (Ethanol)“ ist ebenso gemäß § 10 AMG unzulässig (dazu a.) wie die Angabe „ohne Zuckerzusatz“ (dazu b.). 63a. Die Angabe „ohne Alkohol (Ethanol)“ auf der äußeren Umhüllung und dem Etikett entspricht nicht den Vorgaben des § 10 AMG. 64Sie ist - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - keine arzneimittelrechtliche Pflichtangabe im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 8 oder § 10 Abs. 2 AMG. Warnhinweise im Sinne der letztgenannten Vorschrift forderte die bei Erlass des Widerspruchsbescheids geltende Arzneimittelwarnhinweisverordnung (vom 21. Dezember 1984 in der vom 29. September 1990 bis zum 31. Mai 2022 geltenden Fassung) erst ab 0,05 g Ethanol in der maximalen Einzelgabe nach der Dosierungsanleitung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a, § 2 Abs. 1 Nr. 1). Hier beträgt der Gehalt aber lediglich 2,16 mg in der maximalen Einzeldosis von 2,3 ml Hustentropfen, also rund 0,002 g. Zudem geht es nicht um einen Hinweis auf Ethanol, sondern auf das Fehlen des Stoffes. 65Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Angabe „ohne Alkohol (Ethanol)“ auch nicht als weitere Angabe nach § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG zulässig. 66Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG sind weitere Angaben, die - wie hier - nicht durch eine Verordnung der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union vorgeschrieben oder bereits nach einer solchen Verordnung zulässig sind, zulässig, soweit sie mit der Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang stehen, für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten wichtig sind und den Angaben nach § 11a AMG nicht widersprechen. 67Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. 68Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Januar 2016 - 13 A 2552/13 -, juris Rn. 26; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 131. Lief. 2016, § 10 Anm. 74. 69Wegen des Zusammenhangs mit der Anwendung des Arzneimittels sind nur solche Informationen wichtig für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten, die eine gebrauchssichernde Funktion haben. 70Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2013 ‑ 13 A 2862/12 -, juris Rn. 5; Pannenbecker, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 3. Auflage 2022, § 10 Rn. 48; Zimmermann, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 3. Auflage 2020, § 28 Rn. 37. 71Mit der restriktiven Zulassung weiterer Angaben soll verhindert werden, dass die Patienten von den Pflichtinformationen abgelenkt werden, mit denen die ordnungsgemäße Anwendung des Arzneimittels erreicht werden soll. 72Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. April 2020 - 3 C 22.18 -, a. a. O., juris Rn. 13, sowie Vorlagebeschluss vom 8. November 2018 - 3 C 2.17 -, juris Rn. 22; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. Oktober 2015 - 13 A 2598/14 -, A&R 2015, 277 = juris Rn. 17, und vom 14. Januar 2016 - 13 A 2552/13 -, juris Rn. 37; BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 - I ZR 161/11 -, PharmR 2013, 491 = juris Rn. 15. 73Die Kennzeichnung des Behältnisses und der äußeren Umhüllung bestimmt die Identität des Arzneimittels nach seiner stofflichen Zusammensetzung und Herkunft. Zu Deklarationsangaben zur stofflichen Zusammensetzung treten Angaben hinzu, die grundlegende Informationen für die Anwendung des Arzneimittels liefern. 74Vgl. Fuhrmann, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, a. a. O., § 8 Rn. 9; Kloesel/Cyran, a. a. O., § 10 Anm. 1. 75Die Anforderungen an zulässige ergänzende Angaben sind daher streng. 76Vgl. OLG München, Beschluss vom 9. April 2020 - 29 U 5126/19 -, PharmR 2020, 406 = juris Rn. 3; OLG Frankfurt, Urteil vom 24. Mai 2018 - 6 U 46/17 -, A&R 2018, 185 = juris Rn. 21. 77Für die gesundheitliche Aufklärung wichtig im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG sind allerdings nicht nur Informationen, die unverzichtbar sind. Denn Informationen, die für eine sichere Anwendung des Arzneimittels erforderlich sind, gehören bereits zu den Pflichtangaben. Ausreichend ist vielmehr, dass die Angaben zur sachgerechten Anwendung des Arzneimittels förderlich sind und ihnen damit eine gebrauchssichernde Funktion zukommt. Dies wird umso eher anzunehmen sein, je dichter der Zusammenhang der freiwilligen Angabe zu den gesetzlich angeordneten Pflichtinformationen ist. Grundsätzlich zulässig sind daher Erläuterungen zu den Wirkungszusammenhängen sowie Anwendungshinweise zur Herbeiführung des gewünschten Behandlungserfolgs. 78Vgl. BVerwG, Vorlagebeschluss vom 8. November 2018 - 3 C 2.17 -, juris Rn. 22 f. 79Bei der Bestimmung der Anforderungen an die Zulässigkeit weiterer Angaben ist Art. 62 Richtlinie 2001/83/EG zu berücksichtigen. § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG dient der Umsetzung dieser Bestimmung und ist deshalb richtlinienkonform auszulegen. 80Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. August 2013 - 13 A 2862/12 -, PharmR 2013, 463 = juris Rn. 5, und vom 14. Januar 2016 - 13 A 2552/13 -, juris Rn. 13, 20. 81Nach Art. 60 Richtlinie 2001/83/EG vom 6. November 2001 (ABl. L 311 vom 28. November 2001, S. 67) dürfen die Mitgliedstaaten das Inverkehrbringen von Arzneimitteln in ihrem Hoheitsgebiet nicht aus Gründen, die mit der Etikettierung oder der Packungsbeilage zusammenhängen, untersagen oder verhindern, sofern diese mit den Vorschriften dieses Titels übereinstimmen. Nach Art. 62 Richtlinie 2001/83/EG in der Fassung der Richtlinie 2004/27/EG vom 31. März 2004 (ABl. L 136 vom 30. April 2004, S. 34) können die äußere Umhüllung und die Packungsbeilage zur Veranschaulichung einiger der in den Artikeln 54 und 59 Absatz 1 genannten Informationen Zeichen oder Piktogramme sowie weitere mit der Zusammenfassung der Merkmale des Erzeugnisses zu vereinbarende Informationen enthalten, die für den Patienten wichtig sind; nicht zulässig sind Angaben, die Werbecharakter haben können. 82Die letztgenannte Vorschrift verlangt keine unionsrechtskonforme Auslegung des § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG dahingehend, dass aus Gründen des Unionsrechts weniger strenge Anforderungen an weitere Hinweise bei der Kennzeichnung von Arzneimitteln als die vorstehend beschriebenen zu stellen sind. 83Offen gelassen von OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2013 - 13 A 2862/12, a. a. O., juris Rn. 5. 84Wichtig für den Patienten im Sinne von Art. 62 Richtlinie 2001/83/EG sind nur solche Informationen, die einen Bezug zur Anwendung des konkreten Arzneimittels durch den Kranken und damit in erster Linie eine gebrauchssichernde Funktion haben. Dass die Informationen auch unionsrechtlich der gesundheitlichen Aufklärung in Bezug auf die Anwendung des konkreten Arzneimittels dienen müssen, folgt schon aus der Verwendung des Worts „Patienten“ statt des Begriffs „Verbraucher“. Ferner ergibt sich dieses Verständnis aus Sinn und Zweck der Kennzeichnungsbestimmungen, im Interesse der Gesundheitsvorsorge und Arzneimittelsicherheit die Patienten zu unterrichten, damit sie das Arzneimittel auf der Grundlage vollständiger und verständlicher Informationen ordnungsgemäß anwenden können. 85Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. August 2013 - 13 A 2862/12 -, a. a. O., juris Rn. 5 ff., und vom 14. Januar 2016 - 13 A 2552/13 -, juris Rn. 21; BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 - I ZR 161/11 -, a. a. O., juris Rn. 10; Kloesel/Cyran, a. a. O., § 10 AMG Anm. 1; Pannenbecker, in: Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O., § 10 Rn. 3 und 47 ff.; kritisch Rehmann, Arzneimittelgesetz, 5. Auflage 2020, § 10 Rn. 3. 86Diese Zielrichtung lässt sich auch aus den Erwägungsgründen der Richtlinie 2001/83/EG in ihrer ursprünglichen Fassung ableiten, deren Erwägungsgrund 2 zunächst den allgemeinen Gesetzeszweck des wirksamen Schutzes der öffentlichen Gesundheit betont. Nach Erwägungsgrund 40 müssen die Bestimmungen über die Unterrichtung der Patienten ein hohes Verbraucherschutzniveau gewährleisten, so dass die Arzneimittel auf der Grundlage vollständiger und verständlicher Informationen ordnungsgemäß angewandt werden können. 87Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der ursprüngliche Wortlaut des Art. 62 Richtlinie 2001/83/EG, wonach die Angaben „für die gesundheitliche Aufklärung wichtig“ sein mussten, durch die Richtlinie 2004/27/EG in „für den Patienten wichtig“ geändert worden ist. Dass damit eine sachliche Änderung, insbesondere eine weitergehende Zulassung von freiwilligen Angaben gewollt war, lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Für den Patienten ist das wichtig, was seiner gesundheitlichen Aufklärung in Bezug auf die Anwendung des konkreten Arzneimittels dient. Aus den Erwägungsgründen und sonstigen Materialien ergibt sich ebenfalls nichts dafür, dass eine gebrauchssichernde Funktion nicht mehr verlangt oder anderweitig die Anforderungen an weitere Angaben gelockert werden sollten. Dem Erwägungsgrund 16 des Kommissionsentwurfs zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG (KOM(2001) 404 endg., ABl. C 75 E vom 26. März 2002, S. 216) lässt sich zwar das Anliegen der EU-Kommission entnehmen, den Informationsbedürfnissen und Erwartungen von Patienten nachzukommen, zugleich wird aber auch hier der Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Verwendung des Arzneimittels betont und ist von strengen Bedingungen die Rede. In den verabschiedeten Erwägungsgründen der Richtlinie 2004/27/EG heißt es zudem lediglich, im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Verwendung des Arzneimittels sollten die Rechtsvorschriften über die Verpackung auf der Grundlage der gewonnenen Erfahrungen angepasst werden (Erwägungsgrund 21). Daraus lässt sich insgesamt nicht ableiten, dass in Bezug auf weitere Angaben nun großzügigere Maßstäbe gelten sollten, zumal mit der Richtlinie 2004/27/EG umfangreiche Änderungen der Art. 54 ff. Richtlinie 2001/83/EG verabschiedet worden sind. 88Von einer inhaltlichen Änderung ist auch der nationale Gesetzgeber offenbar nicht ausgegangen, der die Änderung des Art. 62 durch die Richtlinie 2004/27/EG in § 10 Abs. 1 AMG dahingehend in nationales Recht umgesetzt hat, dass aus der Formulierung „für die gesundheitliche Aufklärung wichtig“ im damaligen § 10 Abs. 1 Satz 3 AMG „für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten wichtig“ im neuen § 10 Abs. 1 Satz 4 AMG wurde. 89§ 10 AMG in der ab dem 6. September 2005 gültigen Fassung des 14. Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 29. August 2005; dazu BT-Drs. 15/5316, S. 7, 31 und 34; vgl. auch Pannenbecker, in: Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O., § 10 Rn. 47. 90Die vorstehenden Ausführungen zum Verständnis des Art. 62 Richtlinie 2001/83/EG zugrunde gelegt, lässt sich schließlich entgegen der Auffassung der Klägerin ein gegenüber § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG weiteres Verständnis der Richtlinienvorgabe auch nicht daraus entnehmen, dass andere Sprachfassungen des Art. 62 Richtlinie 2001/83/EG, etwa die englische und französische, formulieren, dass die Informationen für den Patienten „nützlich“ („useful“, „utiles“) sein müssen. 91Den so verstandenen Anforderungen an weitere Angaben genügt die Angabe „ohne Alkohol (Ethanol)“ auf der Faltschachtel und dem Etikett der Hustentropfen nicht. 92Diese Information ist schon deshalb für den Patienten weder wichtig noch nützlich, weil sie nicht zutrifft. Denn es ist unstreitig noch eine geringe Menge Alkohol (Ethanol) im Endprodukt enthalten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht haben die Beteiligten sich anhand einer Berechnung des BfArM darauf verständigt, dass bei den Hustentropfen maximal 2,16 mg Ethanol in einer Einzeldosis von 2,3 ml enthalten ist. Ob dies, wie die Klägerin im Berufungsverfahren betont, nur wenige Moleküle sind, kann dahinstehen. Dass die Menge gering ist und - wovon die Beteiligten übereinstimmend ausgehen - keine gesundheitlichen Auswirkungen hat, vermag nichts daran zu ändern, dass der Hinweis pharmazeutisch nicht korrekt ist. 93Darüber hinaus steht die Angabe „ohne Alkohol (Ethanol)“ nicht mit der Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang und hat keine Bedeutung für die Gesundheit des Patienten. Es fehlt die gebrauchssichernde Funktion. 94So auch Pannenbecker, in: Kügel/Müller/ Hofmann, a. a. O., § 10 Rn. 48. 95Die Anwendung der Hustentropfen hängt nicht davon ab, dass ein bestimmter Stoff in ihnen nicht bzw. nur in einer äußerst geringen, gesundheitlich unbedenklichen Menge enthalten ist. Ein nicht enthaltener Stoff hat naturgemäß auch keine Auswirkungen auf die Gesundheit des Patienten. Für Patienten und deren gesundheitliche Aufklärung wichtig wäre nur die Information, dass Alkohol/Ethanol in einer Menge enthalten ist, die gesundheitliche Auswirkungen haben bzw. etwa für Kinder oder Alkoholiker von Bedeutung sein kann. Gebrauchssichernd ist dementsprechend der in der Arzneimittelwarnhinweisverordnung - in der im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung mit Gültigkeit bis zum 31. Mai 2022 - auf der Grundlage von § 10 Abs. 2 AMG vorgesehene Warnhinweis auf Alkohol ab 0,05 g pro maximaler Einzeldosis. Demgegenüber betrifft es grundsätzlich nicht die korrekte Anwendung eines Arzneimittels oder die Aufklärung über bestehende Risiken, dass ein bestimmter Stoff darin nicht enthalten ist. 96Anders als von der Klägerin angenommen, ist für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG auch nicht jeder Hinweis wichtig, der die Compliance erhöht, also den Fehlgebrauch oder einen Verzicht auf die notwendige Einnahme des Arzneimittels verhindert, und insoweit der gesundheitlichen Aufklärung dienlich ist. 97So aber auch Kloesel/Cyran, a. a. O., § 10 Anm. 74, § 11 Anm. 82. 98Die Angabe muss vielmehr, wie ausgeführt, mit der konkreten Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang stehen; für die Anwendung ist aber die Kenntnis über den fehlenden Alkoholgehalt nicht erforderlich. Ließe man jeden Hinweis zu, der das Einnahmeverhalten verbessern könnte, führte dies auch dazu, dass die Aufmerksamkeit des Patienten nicht hinreichend auf die Pflichtangaben gerichtet wäre. Ihnen kommt primär die Aufgabe zu, eine korrekte, der Dosierungsanleitung entsprechende Einnahme zu sichern. 99Aus diesem Grund ist auch nicht ausreichend, dass es sich um eine nützliche Information handeln mag, die für den Anwender der Hustentropfen von Interesse ist. Ein Informationswunsch von Verbrauchern ist nicht gleichzusetzen mit dem Erfordernis, für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten im Zusammenhang mit der Anwendung des Arzneimittels wichtig zu sein. 100Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Januar 2016 - 13 A 2552/13 -, juris Rn. 36. 101Der Hinweis „ohne Alkohol“ ist auch nicht aus dem von der Klägerin angeführten Grund für die gesundheitliche Aufklärung wichtig, dass Patienten bzw. Mütter von Patienten im Kindesalter durch den Pflichthinweis zu Ethanol auf der Verpackung verunsichert seien. Ob tatsächlich in einem beachtlichen Maße diese Verunsicherung bei einem bloßen Hinweis auf ein Extraktionsmittel besteht, zumal bei einem Arzneimittel, das für Kinder ab einem Jahr zugelassen ist, bedarf keiner Aufklärung. Es ist jedenfalls nicht davon auszugehen, dass die im von der Klägerin geschilderten Maße verunsicherten Personen durch den Hinweis „ohne Alkohol“ aufgeklärt und damit zur (korrekten, der Dosierungsanleitung entsprechenden) Einnahme veranlasst würden. Denn es bleibt für diesen durch den Pflichthinweis zu Ethanol verunsicherten Personenkreis unklar und widersprüchlich, warum einerseits Ethanol aufgeführt wird und andererseits kein Alkohol enthalten sein soll. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angeführt hat, wird dies bestätigt durch die bei der Klägerin nach ihren Angaben eingegangenen Rückfragen aus einer Zeit, als das Arzneimittel mit den hier streitgegenständlichen „ohne“-Angaben im Verkehr war. Die Verunsicherung könnte zur Überzeugung des Senats allenfalls durch eine Erklärung der Art beseitigt werden, dass Ethanol ein Auszugsmittel im Herstellungsprozess ist, das Endprodukt aber nur noch eine geringe Restmenge enthält, die keine wahrnehmbaren oder jedenfalls keine gesundheitlichen Auswirkungen hat. Diese Aufklärung vermag der bloße Hinweis „ohne Alkohol“ nicht zu leisten. Die Kritik der Klägerin an der Pflichtangabe zu Ethanol als Auszugsmittel ist im Übrigen hier unbeachtlich, denn diese Angabe ist nicht streitgegenständlich. 102Aus der von den Beteiligten angeführten Excipients-Guideline „Excipients in the label and package leaflet of medicinal products for human use“ der EU-Kommission ergibt sich nichts zur Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des weiteren Hinweises „ohne Alkohol (Ethanol)“. Die auf Art. 65 Richtlinie 2001/83/EG gestützte Leitlinie in der bei Erlass des Widerspruchsbescheids geltenden, bis zum 1. März 2018 gültigen Fassung aus Juli 2003 (CPMP/463/00) nebst Annex, 103abrufbar von: https://www.ema.europa.eu/en/annex-european-commission-guideline-excipients-labelling-package-leaflet-medicinal-products-human, 104sieht lediglich Warnungen in Bezug auf bestimmte Stoffe, unter anderem auch Ethanol, vor. Sie war überdies in Deutschland insoweit schon deshalb nicht rechtsverbindlich, als sich die Verpflichtung zu Warnungen bei rein national zugelassenen Arzneimitteln bis zum 31. Mai 2022 aus der Arzneimittelwarnhinweisverordnung ergab. Zu „ohne..“- oder „frei von…“-Angaben verhält sich die Leitlinie nicht, die auch bei der Nennung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen in der Einleitung (Introduction, Seite 1) Art. 62 Richtlinie 2001/83/EG nicht erwähnt. Nur wenn Stoffe wahrnehmbare Auswirkungen haben und im Annex gelistet sind, sind sie auf dem Etikett zu deklarieren (Seite 2 unten). Zudem findet die Guideline keine Anwendung auf Rückstände von Stoffen, die aus dem Herstellungsprozess resultieren oder als Extraktionsmittel verwendet werden (Seite 2 oben). 105Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Annex der Leitlinie bei anderen Stoffen (etwa Kalium oder Natrium) unterhalb bestimmter Schwellenwerte die Angabe vorsieht, das Arzneimittel sei „nahezu“ (Englisch: „essentially“) kaliumfrei/natriumfrei. Der Auffassung der Klägerin, das belege, dass bei nur geringen Molekülmengen an Ethanol ohne wahrnehmbare Auswirkungen „frei von…“-Informationen wichtig seien, folgt der Senat nicht. Denn eine Angabe wie bei Kalium oder Natrium ist für Ethanol gerade nicht vorgesehen. Darüber hinaus sind die für die Packungsbeilage vorgegebenen Hinweise mit der hier streitgegenständlichen „ohne…“-Angabe auf Verpackung und Etikett auch inhaltlich nicht vergleichbar. Denn ihnen voranzustellen ist laut Annex der Guideline jeweils die Aussage, das Arzneimittel enthalte Kalium/Natrium in einer Menge von weniger als … pro Dosiereinheit. Zudem macht es einen Unterschied, ob ein Arzneimittel als „nahezu“ frei von einem bestimmten Stoff bezeichnet oder die Formulierung „ohne“ verwendet wird. 106Die Neufassung der Guideline „Excipients in the labelling and package leaflet of medicinal products for human use“ aus März 2022 (SANTE-2017-11668), 107https://health.ec.europa.eu/system/files/2018-03/guidelines_excipients_march2018_en_0.pdf, 108nebst Annex vom 22. November 2019, Revision 2 (Stand 22. Juli 2022, EMA/CHMP/302620/2017), 109https://www.ema.europa.eu/en/documents/scientific-guideline/annex-european-commission-guideline-excipients-labelling-package-leaflet-medicinal-products-human_en-1.pdf, 110ist zwar nach der Änderung der Arzneimittelwarnhinweisverordnung zum 1. Juni 2022 und der nachfolgend erlassenen Gemeinsamen Bekanntmachung des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts über Warnhinweise zu Bestandteilen von Arzneimitteln vom 31. Mai 2022 verbindlich umzusetzen. 111Vgl. dazu auch den Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit zu einer Verordnung zur Aufhebung der Arzneimittel-Warnhinweisverordnung und zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung vom 2. Juli 2021, S. 1, 5 und 7. 112Die Excipients-Guideline in ihrer aktuellen Fassung ist aber nach Auffassung des Senats wegen des hier maßgeblichen Zeitpunkts der letzten Behördenentscheidung schon nicht berücksichtigungsfähig. 113Selbst wenn man aber mit der Klägerin der Auffassung wäre, sie könne herangezogen werden, weil es sich um Wissen handele, das auch bereits im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung vorgelegen habe, 114vgl. in diese Richtung auch OVG NRW, Urteil vom 28. Oktober 2021 - 13 A 1376/17 -, PharmR 2022, 112 = juris Rn. 27, 115führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Zu freiwilligen Angaben im Sinne von Art. 62 Richtlinie 2001/83/EG verhält auch sie sich nicht, sondern sieht, wie die Klägerin zu Recht betont, weiterhin lediglich (warnende) Pflichtangaben vor. Bei Ethanol ist im Annex im Bereich von 0 bis zu 15 mg/kg pro Dosis der Hinweis in der Packungsbeilage vorgegeben, welche Menge Ethanol pro Dosiereinheit enthalten ist. Anschließend ist dies in vergleichbaren Verzehrmengen (in ml) von Bier oder Wein anzugeben und schließlich der Satz anzufügen: „Die geringe Alkoholmenge in diesem Arzneimittel hat keine wahrnehmbaren Auswirkungen“. Für die Zulässigkeit des streitgegenständlichen Hinweises „ohne Alkohol (Ethanol)“ lässt sich daraus nichts ableiten. Ferner gilt weiterhin, dass bei der Verwendung von Ethanol im Herstellungsprozess (z. B. bei der Beschichtung von Tabletten) oder als Extraktionsmittel, das verdampft wird, keine Notwendigkeit besteht, Ethanol in der Packungsbeilage zu erwähnen (S. 2 sowie Kommentar im Annex zu Ethanol). 116Vgl. dazu auch die Besonderheitenliste des BfArM, Stand 1. Juni 2022, Zusatzinformationen. 117Auch aus den Änderungen im Annex zu anderen Stoffen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die freiwillige Angabe „ohne Alkohol (Ethanol)“ zulässig wäre. So ist für Gluten aus Weizenstärke nun die Angabe in der Packungsbeilage vorgesehen, das Arzneimittel enthalte nur sehr geringe Mengen Gluten und es gelte als „glutenfrei“. Daraus lässt sich nichts für die generelle Zulässigkeit von „ohne..“-Angaben, erst recht nicht für die Zulässigkeit des „ohne Alkohol (Ethanol)“-Hinweises auf der Faltschachtel und dem Etikett im Streitfall ableiten. 118Auch die weiter im Verfahren von den Beteiligten angeführten Dokumente der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) rechtfertigen keine andere Betrachtung. Sie sind rechtlich unverbindlich und darüber hinaus für den vorliegenden Streitfall ganz überwiegend inhaltlich ohne Aussagekraft. Die Empfehlungen der Working Group on Quality Review of Documents (QRD) „Recommendations on pack design and labelling for centrally authorised non-prescription human medicinal products“ (vom 10. März 2011, EMA/275297/2010) beziehen sich auf zentral durch die EMA zugelassene Arzneimittel. Die Fragen und Antworten zu Gluten („Questions and answers on wheat starch containing gluten in the context of the revision of the guideline on Excipients in the label and package leaflet of medicinal products for human use“, EMA/CHMP/704219/2013) betreffen schon einen nicht vergleichbaren Stoff, zu dem inzwischen auch die Excipients-Guideline die oben wiedergegebene Empfehlung enthält. Die Fragen und Antworten zu Ethanol („Questions and answers on Ethanol in the context of the revision of the guideline on Excipients in the label and package leaflet of medicinal products for human use“ vom 23. Januar 2014, CPMP/463/00), 119https://www.ema.europa.eu/en/documents/scientific-guideline/questions-answers-ethanol-context-revision-guideline-excipients-label-package-leaflet-medicinal_en.pdf, 120enthalten Vorschläge für die Überarbeitung des Annexes der Excipients-Guideline, der aus den vorstehend angeführten Gründen für die hier streitige Frage unergiebig ist; zur Zulässigkeit von Hinweisen wie „ohne Alkohol (Ethanol)“ verhalten sie sich ebenfalls nicht. Entsprechendes gilt für das Dokument des CHMP zum wissenschaftlichen Hintergrund „Information for the package leaflet regarding ethanol used as an excipient in medicinal products for human use“ (vom 20. September 2018, EMA/CHMP/43486/2018), 121https://www.ema.europa.eu/en/documents/scientific-guideline/information-package-leaflet-regarding-ethanol-used-excipient-medicinal-products-human-use_en.pdf. 122Die Arbeitsgruppe QRD hat sich zwar in der Sitzung vom 2. März 2016 (EMA, Minutes of the eighty-seventh meeting of the „Working group on Quality Review of Documents“, EMA/189974/2016) dahingehend geäußert, dass Hinweise wie gluten-/alkohol-/zuckerfrei als Werbung eingestuft würden und von keinem zusätzlichen Wert seien. Diese Einschätzung ist allerdings nicht nur unverbindlich, sondern zudem durch die Überarbeitung der Excipients-Guideline überholt. 123Ist die Angabe danach schon aus diesen Gründen gemäß § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG unzulässig, kommt es nicht darauf an, ob sie auch als Werbeaussage im Sinne von Art. 62 Richtlinie 2001/83/EG - in richtlinienkonformer Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG - unzulässig ist. 124b. Auch die Angabe „ohne Zuckerzusatz“ auf der Faltschachtel und dem Etikett ist arzneimittelrechtlich unzulässig. 125Sie ist zwar - anders als der Hinweis „ohne Alkohol (Ethanol)“ - zutreffend, da dem Produkt im Herstellungsverfahren unstreitig kein Zucker zugesetzt wird. Der Senat geht auch nicht davon aus, dass die Angabe den falschen Eindruck vermittelt, die Hustentropfen enthielten kaum oder keinen Zucker. Die Information ist aber schon deshalb nicht für den Patienten und dessen gesundheitliche Aufklärung wichtig, weil sie nichts über den tatsächlichen Zuckergehalt des Produkts aussagt. Die streitgegenständlichen Hustentropfen enthalten natürlichen Zucker aufgrund des Wirkstoffs Thymian. Der Umstand, dass im Herstellungsverfahren kein Zucker zugesetzt wurde, ist auch für die Anwendung des Arzneimittels nicht von Bedeutung. Er hat keine gebrauchssichernde Funktion. 126Selbst wenn man davon ausgeht, der Zuckergehalt der Hustentropfen sei so gering, dass er keine negativen gesundheitlichen Effekte habe, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Auch hier gilt die obige Erwägung zum Hinweis „ohne Alkohol (Ethanol)“, dass ein nicht enthaltener Stoff auch keine Auswirkungen auf die Gesundheit des Patienten hat. 127Nichts anderes ergibt sich aus dem von der Klägerin angeführten Gesichtspunkt der Zahngesundheit, wobei schon zweifelhaft erscheint, dass dieser Aspekt auch für Hustentropfen in Betracht kommt, die im Unterschied zu Hustensaft keine sirupartige Konsistenz aufweisen. Ob Patienten oder ihre Eltern bei Hustentropfen davon ausgehen, dass diese Zucker enthalten, kann dahinstehen. Es ist für die Frage der Zulässigkeit des Hinweises auf den fehlenden Zuckerzusatz nicht relevant. Die Angabe eines beachtlichen Zuckergehalts (und der daraus folgenden Konsequenzen für die Zahnpflege) stünde im Zusammenhang mit der Anwendung des Arzneimittels und diente der Aufklärung über dessen Risiken. Umgekehrt gilt dies hingegen nicht. Enthält ein Arzneimittel keinen zahnschädigenden Zucker, ist hinsichtlich der Zahnhygiene auch nichts zu beachten und der Patient über kein Risiko aufzuklären. Dass der Hinweis auf die Zuckerfreiheit die Compliance erhöhen mag, genügt ebenfalls aus den bereits zum Ethanol ausgeführten Gründen nicht den tatbestandlichen Anforderungen des § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG. 128c. Dem in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Beweisantrag der Klägerin, „Beweis zu erheben über die Frage, dass nach dem jeweils bestehenden medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstand die Angaben „ohne Alkohol (Ethanol)/ohne Zuckerzusatz“ mit der Anwendung des streitgegenständlichen Produkts im Zusammenhang stehen und für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten wichtig sind und insbesondere keine medizinisch-pharmazeutisch fehlerhafte Information vermitteln“, musste der Senat nicht nachkommen. 129Der Beweisantrag ist bereits wegen mangelnder Substantiierung unzulässig. Unsubstantiierten Beweisanträgen muss das Gericht nicht nachgehen. Die gebotene Substantiierung besteht in der Nennung eines bestimmten Beweismittels und in der Behauptung einer bestimmten Tatsache. Unsubstantiiert sind aber nicht nur Beweisanträge, die das Beweisthema nicht hinreichend konkretisieren, sondern auch Beweisanträge, die dazu dienen sollen, unsubstantiierte Behauptungen zu stützen, etwa solche, die erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage erhoben worden sind. Das Substantiierungsgebot verlangt, dass die Tatsache vom Antragsteller mit einem gewissen Maß an Bestimmtheit als wahr und mit dem angegebenen Beweismittel beweisbar behauptet wird. Finden sich im gesamten Prozessstoff keine tatsächlichen Anhaltspunkte für die aufgestellte Behauptung und gibt der Antragsteller für eine von ihm angestellte Vermutung nicht die geringste tatsächliche Grundlage an, darf das Gericht den Schluss ziehen, die Behauptung sei „aus der Luft gegriffen“ oder „ins Blaue hinein“ aufgestellt worden. In einem derartigen Fall geht es dem Antragsteller nur darum, ermitteln zu lassen, ob seine auf keine Anhaltspunkte gestützte Behauptung nicht vielleicht doch wahr ist. 130Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. September 2012 - 5 B 30.12 -, juris Rn. 9, vom 2. November 2007 - 7 BN 3.07 -, juris Rn. 5, und vom 29. März 1996 - 11 B 21.95 -, juris Rn. 4. 131Hier hat die Klägerin mit der Formulierung ihres Beweisantrags entgegen § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO in entsprechender Anwendung schon kein bestimmtes Beweismittel bezeichnet. Es ist auch nicht ohne weiteres erkennbar, mit welchem Beweismittel die von ihr mit dem Beweisantrag aufgestellte Behauptung verifiziert werden könnte. Zwar dürfte es der Klägerin um die Einholung eines Sachverständigengutachtens gehen und ist ferner die namentliche Benennung eines Sachverständigen nicht geboten. Auch spricht einiges dafür, dass hinsichtlich des mit „insbesondere“ eingeleiteten Teilaspekts der Beweisfrage die Einholung eines medizinischen und/oder pharmazeutischen Sachverständigengutachtens begehrt wird. Allerdings ist gänzlich unklar und von der Klägerin auch nicht weiter in der mündlichen Verhandlung thematisiert worden, welche weiteren Aspekte sie mit der umfassender formulierten Beweisfrage geklärt haben möchte und welche Einrichtungen, Institutionen oder Wissenschaftler welcher Fachrichtung insoweit über Erkenntnisse verfügen könnten. 132Ferner handelt es sich bei der Tatsache, dass die Angabe „ohne Alkohol (Ethanol)“ keine medizinisch-pharmazeutisch fehlerhafte Information (zu dem streitgegenständlichen Produkt) vermittelt, um eine unsubstantiierte, ohne tatsächliche Anhaltspunkte aufgestellte Behauptung. Denn die Beteiligten haben sich im erstinstanzlichen Verfahren darauf verständigt, dass in einer maximalen Einzeldosis von 2,3 ml Hustentropfen maximal 2,16 mg Ethanol enthalten sind, weshalb - wie oben ausgeführt - die Angabe „ohne Alkohol (Ethanol)“ pharmazeutisch unzutreffend ist. Die bloße Behauptung, es handle sich lediglich um wenige Moleküle an Ethanol, bietet keine tatsächliche Grundlage dafür, dass entgegen den erstinstanzlichen Erklärungen die Hustentropfen kein Ethanol mehr enthalten. 133Was die Angabe „ohne Zuckerzusatz“ angeht, ist die Beweistatsache als erwiesen und damit nicht mehr beweisbedürftig anzusehen, § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 StPO analog. Dass dieser Hinweis inhaltlich zutrifft und damit keine medizinisch-pharmazeutisch fehlerhafte Information vermittelt, steht nicht im Streit und hat der Senat auch angenommen. 134Abgesehen davon ist der Beweisantrag deshalb abzulehnen, weil er hinsichtlich des Beweisthemas unzulässig ist. Er ist nicht auf die Ermittlung einer Tatsache, sondern auf die Beantwortung einer Rechtsfrage gerichtet, die einer Beweiserhebung nicht zugänglich, sondern durch das Gericht zu beantworten ist (vgl. § 244 Abs. 3 Satz 1 und 2 StPO analog). 135Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 1988 ‑ 2 BvR 1324/87 -, BayVBl. 1988, 268 = juris Rn. 14; OVG NRW, Beschluss vom 23. September 2009 - 13 A 987/09 -, juris Rn. 15; Julius, in: Gercke/ Julius/ Temming/Zöller, Strafprozessordnung, 6. Auflage 2019, § 244 Rn. 28 und 45. 136Mit dem benannten Beweisthema, ob die Angaben „ohne Alkohol (Ethanol)/ohne Zuckerzusatz“ mit der Anwendung des streitgegenständlichen Produkts im Zusammenhang stehen und für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten wichtig sind, werden exakt die in § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG genannten Tatbestandsvoraussetzungen wiedergegeben. Ob die Angaben „ohne Alkohol (Ethanol)/ohne Zuckerzusatz“ diese im Streitfall erfüllen, ist nicht durch eine Beweiserhebung zu ermitteln, sondern durch das Gericht zu entscheiden. 1372. Die Auflagen F3. und F4., wonach in den Texten für die Packungsbeilage und die Fachinformation die Hinweise zum fehlenden Alkohol/Ethanol zu streichen sind, stellen sicher, dass die Packungsbeilage den Vorschriften des § 11 AMG (§ 28 Abs. 2 Nr. 2 AMG) und die Fachinformation den Vorschriften des § 11a AMG entspricht (§ 28 Abs. 2 Nr. 2a AMG). 138Dass die Auflage F3. in den Texten für die Packungsbeilage und die Fachinformation die Streichung des Hinweises „…enthält keinen Alkohol“ fordert, der Wortlaut der eingereichten Texte aber „enthalten kein Alkohol (Ethanol)“ in der Gebrauchsinformation und „enthalten kein Ethanol“ in der Fachinformation lautet, ist unerheblich. Dass die Beklagte die Streichung dieser Texte fordert, lässt sich dem Bescheid zweifelsfrei entnehmen. 139Die beanstandeten Hinweise, bei denen es sich nicht um Pflichtangaben handelt, sind unzulässig. Weitere Angaben in der Packungsbeilage (§ 11 Abs. 1 Satz 7 AMG) und der Fachinformation (§ 11a Abs. 1 Satz 6 AMG) sind - soweit sie nicht (wie hier) durch eine Verordnung der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union vorgeschrieben oder bereits nach einer solchen Verordnung zulässig sind - zulässig, soweit sie mit der Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang stehen, für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten wichtig sind und den Angaben nach § 11a AMG nicht widersprechen. 140Die tatbestandlichen Voraussetzungen entsprechen damit denen des § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG. Zulässig sind nur gebrauchssichernde Informationen. 141Vgl. Pannenbecker, in: Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O., § 11 Rn. 52, § 11a Rn. 21. 142Bei der an die Patienten gerichteten Packungsbeilage ergibt sich dies auch daraus, dass ihr der Zweck zukommt, eine sachgerechte Anwendung des Arzneimittels zu gewährleisten. Sie soll dem Patienten alle Informationen geben, die für eine ordnungsgemäße Anwendung des Arzneimittels und die mit der Anwendung verbundenen Risiken von Bedeutung sind. 143Vgl. Kloesel/Cyran, a. a. O., § 11 Anm. 1 und 82; Fuhrmann, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, a. a. O., § 8 Rn. 9. 144In ähnlicher Weise kommt der an das heilberuflich tätige Fachpublikum adressierten Fachinformation die Funktion zu, den Fachkreisen die für eine sichere Anwendung des Arzneimittels notwendigen wissenschaftlichen Informationen zu geben. 145Vgl. Kloesel/Cyran, a. a. O., § 11a Anm. 2. 146Die restriktive Zulassung weiterer Angaben soll auch bei der Gebrauchs- und Fachinformation verhindern, dass die Verwender von den Pflichtinformationen abgelenkt werden. Dies gilt nicht nur für die Packungsbeilage, sondern auch für die Fachinformation. Auch sie ist auf die Anwendung des Arzneimittels bezogen. Zulässig sind etwa solche Angaben, mit denen die Wirkungsweise des Arzneimittels nachvollzogen werden kann. Angaben, die keinen Zusammenhang mit dem therapeutischen Einsatz des Arzneimittels aufweisen, gehören hingegen nicht in die Fachinformation. 147Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. April 2020 ‑ 3 C 22.18 -, a. a. O., juris Rn. 13 ff. 148Hiervon ausgehend sind die Hinweise in der Gebrauchs- und Fachinformation nicht nach § 11 Abs. 1 Satz 7 AMG und § 11a Abs. 1 Satz 6 AMG als weitere Angaben zulässig. Es gelten die Ausführungen zu § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG entsprechend, auf die Bezug genommen wird (siehe Ziff. II.1.a). 149Bei der Fachinformation fällt zudem besonders ins Gewicht, dass der Hinweis, es sei kein Ethanol enthalten, pharmazeutisch unzutreffend ist. Denn für die entsprechend vorgebildeten Fachkreise ist die Information, es sei kein Ethanol enthalten, für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten nicht hilfreich, wenn gleichzeitig erkennbar ist, dass Ethanol als Auszugsmittel verwendet wurde. Auch hier gilt, dass wichtig für die Anwendung des Arzneimittels nur die Angabe sein kann, dass die im Arzneimittel enthaltene Restmenge an Ethanol so gering ist, dass sie keine wahrnehmbaren und damit auch keine gesundheitlichen Auswirkungen hat. 150Sollte der Hilfsbeweisantrag auch auf die beanstandeten Angaben in der Gebrauchs- und Fachinformation zielen, gelten die obigen Ausführungen hier entsprechend. 151III. Die angefochtenen Auflagen sind auch frei von Ermessensfehlern. Nach § 28 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 2a AMG „kann“ das BfArM bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen Auflagen erteilen. 152Ein Entschließungsermessen kommt der Behörde insoweit aber schon nicht zu. Ist die Auflage - wie hier - erforderlich, um die Übereinstimmung der Kennzeichnung, der Packungsbeilage und der Fachinformation mit den gesetzlichen Vorgaben sicherzustellen, besteht die Verpflichtung zur Anordnung einer Auflage. 153Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. April 2020 - 3 C 22.18 -, a. a. O., juris Rn. 27 f., vorausgehend ausführlich dazu OVG NRW, Urteil vom 7. November 2018 - 13 A 3140/17 -, juris Rn. 64 ff. 154Auf die Feststellung einer konkreten Gefährdung kommt es nicht an. Ebenso wenig bedarf es einer Verhältnismäßigkeitsprüfung, die etwa die wirtschaftlichen Auswirkungen der Maßnahme für den pharmazeutischen Unternehmer in den Blick nimmt. 155Es ist deshalb auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung zu prüfen, ob das BfArM die Streichung vergleichbarer Hinweise auch gegenüber anderen pharmazeutischen Unternehmen angeordnet hat bzw. dies beabsichtigt. Ob auch eine Verpflichtung der Beklagten zur Anordnung nachträglicher Auflagen gem. § 28 Abs. 1 Satz 4 AMG in Altfällen besteht, die nicht aus Anlass eines Verlängerungsantrags oder im Rahmen einer Änderungsanzeige zur Prüfung stehen, ist daher ebenfalls unerheblich. 156Vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 23. April 2020 - 3 C 22.18 -, a. a. O., juris Rn. 30 f. 157Davon abgesehen hat die Beklagte im Berufungsverfahren mitgeteilt, dass sie in Zulassungs- oder Verlängerungsverfahren oder bei Änderungsanzeigen entsprechende „frei von“-Hinweise im Rahmen von Anhörungen oder Widerspruchsverfahren beanstande und dies von der pharmazeutischen Industrie ganz überwiegend akzeptiert werde. Für eine Ungleichbehandlung ist damit auch nichts ersichtlich. 158Die Ausübung des Auswahlermessens ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Es ist nicht ersichtlich, wie den Verstößen gegen die Vorgaben der §§ 10, 11 und 11a AMG anders abgeholfen werden könnte als durch eine Streichung der Hinweise. Ermessensfehler sind auch nicht erkennbar, soweit nach der Auflage F3. der Hinweis in den Texten für die Packungsbeilage und die Fachinformation durch den Hinweis „Das Ethanol des Auszugsmittels wurde weitestgehend entfernt.“ ersetzt werden kann. Die Klägerin wird zur Aufnahme dieses Hinweises nicht verpflichtet („kann“). Vielmehr ist er als bloßer Formulierungsvorschlag zu verstehen, der dem Anliegen der Klägerin Rechnung tragen soll, etwaigen Fehlvorstellungen von Patienten und Fachpersonal infolge der Pflichtangaben zum Ethanol entgegenzuwirken. Dies wird bestätigt durch die Ausführungen im Widerspruchsbescheid, wonach es sich um einen „Textvorschlag“ handele, der im Rahmen der weiteren Angaben unterhalb der Pflichtangaben „aufgeführt werden könnte“. 159Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. 160Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 161Die Revision ist zuzulassen, da die Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO grundsätzliche Bedeutung hat. Die Zulässigkeit von „ohne Alkohol“- und „ohne Zuckerzusatz“-Hinweisen sowie vergleichbaren weiteren Angaben, dabei vorgelagert insbesondere die Frage nach dem Verständnis des Art. 62 Richtlinie 2001/83/EG und ggf. einer unionsrechtskonformen erweiternden Auslegung der §§ 10 Abs. 1 Satz 5, 11 Abs. 1 Satz 7, 11a Abs. 1 Satz 6 AMG, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher nicht geklärt und voraussichtlich für eine Vielzahl von Fällen von Bedeutung.
die berufung wird zurückgewiesen. die klägerin trägt die kosten des berufungsverfahrens. die entscheidung ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird zugelassen. 1
2die beteiligten streiten um die angaben „ohne alkohol (ethanol)/ohne zuckerzusatz“ auf der äußeren umhüllung (faltschachtel) und dem etikett von „b. hustentropfen“ sowie die angaben “frei von alkohol (ethanol)“, “enthalten kein alkohol (ethanol)“, „enthalten kein ethanol“ in der gebrauchs- und fachinformation. 3das bundesinstitut für arzneimittel und medizinprodukte (bfarm) erteilte der firma l. n. gmbh - der vormaligen klägerin - am 22. januar 2008 die zulassung für das fertigarzneimittel „b. forte hustentropfen“ (zulassungsnummer 65616.00.00). zwischenzeitlich wurde die bezeichnung in „b. hustentropfen“ geändert. diese zulassung wurde im november 2020 an die jetzige klägerin übertragen. mit schriftsatz vom 23. märz 2022 teilte diese mit, sie führe als rechtsnachfolgerin der vorherigen zulassungsinhaberin und klägerin das verfahren fort. am 20. mai 2022 stimmte die beklagte dem zu. 4das arzneimittel enthält als wirkstoff einen dickextrakt aus thymiankraut (1,7-2,5:1), auszugsmittel: ammoniaklösung 10 % (m/m), glycerol 85 % (m/m), ethanol 90 % (v/v), wasser (1:20:70:109). das im auszugsmittel für den thymiankrautextrakt enthaltene ethanol wird im herstellungsverfahren fast vollständig wieder entfernt. in der extraktzubereitung befindet sich laut spezifikation ethanol nur noch in einer menge von unter 0,10 %. in einer maximalen einzeldosis des fertigarzneimittels von 2,3 ml hustentropfen sind maximal 2,16 mg ethanol enthalten. das arzneimittel enthält nicht mehr natürlichen zucker als der ausgangsstoff thymian; während des herstellungsverfahrens wird kein zucker zugesetzt. 5das arzneimittel wird angewendet „zur besserung der beschwerden bei erkältungskrankheiten der atemwege mit zähflüssigem schleim, zur besserung der beschwerden bei akuter bronchitis“. es ist auch zur anwendung bei kindern ab 1 jahr zugelassen und nicht verschreibungspflichtig. 6in dem durch den zulassungsbescheid vom 22. januar 2008 zugelassenen text für die äußere umhüllung (faltschachtel) und das etikett befand sich der hinweis „ohne alkohol (ethanol)/ohne zuckerzusatz“. in der gebrauchsinformation war unter ziffer 6 - nach der angabe der sonstigen bestandteile - der hinweis enthalten: „b. forte hustentropfen enthalten kein alkohol (ethanol)“. im abschnitt „weitere hinweise“ der gebrauchsinformation war der folgende text aufgeführt: „b. forte hustentropfen sind frei von alkohol (ethanol) und daher auch für patienten geeignet, die alkohol (ethanol) vermeiden müssen.“ in der fachinformation hieß es unter ziffer 6.1 nach der liste der sonstigen bestandteile: „hinweis: b. forte hustentropfen enthalten kein ethanol.“ 7mit fristgerechtem verlängerungsantrag vom 18. juli 2012 legte die vormalige klägerin gleichlautende informationstexte und texte für äußere umhüllung und etikett vor. dem nach vorheriger anhörung ergangenen verlängerungsbescheid vom 3. juni 2015, zugestellt am 9. juni 2015, waren u. a. die folgenden auflagen beigefügt: 8f1.: die angaben „ohne alkohol (ethanol)/ohne zuckerzusatz“ sind auf der äußeren umhüllung und dem etikett zu streichen. 9f3.: in den texten für die packungsbeilage und die fachinformation sind die hinweise „…enthält keinen alkohol“ zu streichen und können durch den hinweis „das ethanol des auszugsmittels wurde weitestgehend entfernt.“ ersetzt werden. 10f4.: in der packungsbeilage ist unter weitere hinweise der satz: „ ... ist ohne alkohol (ethanol) und daher auch für patienten geeignet, die alkohol (ethanol) vermeiden müssen“ zu streichen. 11in der begründung zu auflage f1. wurde ausgeführt, der hinweis zur alkohol- und zuckerfreiheit sei nach § 10 abs. 1 satz 4 amg nicht als „weitere angabe“ zulässig, weil sie in der eu-„guideline on the excipients in the label and package leaflet of medicinal products for human use“ (cpmp/463/00) nicht vorgesehen und bei dem apothekenpflichtigen arzneimittel auch nicht notwendig sei. die angaben seien auch geeignet, das produkt gegenüber vergleichbaren arzneimitteln hervorzuheben, und daher werbewirksame aussagen. zur begründung der in den auflagen f3. und f4. vorgesehenen streichungen wurde ausgeführt, auch wenn das ethanol aus dem auszugsmittel wieder entfernt werde, blieben immer kleine restmengen zurück. außerdem zähle auch das enthaltene propylenglykol zu den alkoholen. 12den dagegen eingelegten widerspruch wies das bfarm durch widerspruchsbescheid vom 21. januar 2016 zurück. 13am 27. januar 2016 hat die vormalige klägerin beim verwaltungsgericht köln klage erhoben (7 k 433/16). zur begründung hat sie im wesentlichen ausgeführt: die auflagen f1., f3. und f4. seien rechtswidrig. die beklagte habe die beanstandeten hinweise in der erstmaligen zulassung genehmigt. eine ermächtigungsgrundlage für die aufhebung eines genehmigten textes sei nicht ersichtlich. es sei auch fraglich, ob im hinblick auf „entwarnungshinweise“ eine auflagenbefugnis nach § 28 abs. 2 amg bestehe, denn durch die entwarnung bestehe keine gefahr für die qualität und unbedenklichkeit von arzneimitteln. es sei weiter fraglich, ob die beklagte das ihr durch § 28 abs. 2 amg eingeräumte ermessen fehlerfrei ausgeübt, insbesondere die atypischen besonderheiten des vorliegenden falles hinreichend beachtet habe. die beklagte orientiere sich an abstrakten guidelines oder äußerungen von expertengremien sowie einer möglichen vorbildwirkung für andere verfahren statt den konkreten einzelfall zu prüfen. die auflagen seien unverhältnismäßig. eine änderung der im rahmen der erstzulassung für rechtmäßig gehaltenen texte, ohne dass sich die sach- oder rechtslage geändert habe, verwirre die patienten und vertreter der fachkreise und führe zu einer unnötigen wirtschaftlichen belastung der klägerin. 14die beanstandeten hinweise seien als sonstige angaben nach § 10 abs. 1 satz 5 amg, § 11 abs. 1 satz 7 amg und § 11a abs. 1 satz 6 amg zulässig. sie stünden mit der anwendung des arzneimittels in zusammenhang und seien für die gesundheitliche aufklärung wichtig. hierzu genüge es, dass die angaben der gesundheitlichen aufklärung dienlich seien. dies sei bei allen angaben der fall, die das einnahmeverhalten, die compliance, verbesserten. insbesondere sei die angabe „ohne alkohol (ethanol)“ geboten, weil sie die aus der sicht eines durchschnittlich informierten, verständigen patienten verwirrende pflichtangabe zum extraktionsmittel „ethanol“ klarstelle. der unsicherheit könne auch nicht durch die abgabe in der apotheke hinreichend begegnet werden. der entwarnungspflicht könne der pharmazeutische unternehmer nur dadurch nachkommen, dass er auf der faltschachtel einen kurzen und prägnanten hinweis anbringe, wie es „ohne alkohol“ sei. dies werde vom verbraucher dahingehend verstanden, dass der etwa noch vorhandene alkohol keinen nennenswerten effekt entfalte, und sei daher auch inhaltlich zutreffend. die excipients-guideline schreibe nur warnungen vor und enthalte daher keine abschließende regelung im hinblick auf entwarnungshinweise. auch der hinweis „ohne zuckerzusatz“ sei zulässig. die angabe enthalte eine für alle verbrauchergruppen, insbesondere aber für diabetiker, wichtige und verständliche mitteilung und verbessere das einnahmeverhalten. 15es handele sich auch nicht um unzulässige werbliche aussagen. das merkmal des werbewirksamen effekts dürfe nicht in die vorschriften des arzneimittelgesetzes zur zulässigkeit von weiteren angaben hineingelesen werden, weil dies vorliegend keine grundlage in art. 62 der richtlinie 2001/83/eg finde. schließlich sei die zurückhaltende präsentation des arzneimittels von der beklagten im rahmen der ermessensentscheidung überhaupt nicht berücksichtigt worden. der hinweis auf die alkohol- und zuckerfreiheit befinde sich auf der rückseite der verpackung unter den einnahmehinweisen und sei damit für den patienten auch bei der platzierung im sichtwahlbereich der apotheken nicht erkennbar. 16im termin zur mündlichen verhandlung hat das verwaltungsgericht dieses verfahren mit dem verfahren 7 k 324/16 („b. hustensaft“) zur gemeinsamen verhandlung und entscheidung verbunden und diese verfahren unter dem aktenzeichen 7 k 324/16 fortgeführt. 17die vormalige klägerin hat beantragt, 18die auflagen f1., f3. und f4. im verlängerungsbescheid des bundesinstituts für arzneimittel und medizinprodukte vom 3. juni 2015 für das fertigarzneimittel „b. hustentropfen“ in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 21. januar 2016 aufzuheben. 19die beklagte hat beantragt, 20die klage abzuweisen. 21zur begründung hat sie im wesentlichen vorgetragen: die auflagenbefugnis ergebe sich aus § 28 abs. 2 amg. die feststellung einer konkreten gefährdung sei bei vorliegen der voraussetzungen des § 28 abs. 1 und abs. 2 amg nicht erforderlich. der umstand, dass die beanstandeten hinweise zuvor genehmigt worden seien, sei nicht bedeutsam. die verlängerung nach § 31 amg diene auch der kontrolle der zulassungsentscheidung, soweit es nicht um die beurteilung der wirksamkeit gehe. 22die texte seien unzulässig. der gesetzgeber habe sich dafür entschieden, das vorhandensein von potentiell gesundheitsschädlichen zusatzstoffen in fertigarzneimitteln, also auch von alkohol und zucker, ausschließlich positiv zu normieren. falls derartige stoffe in einer gesundheitsrelevanten menge beigefügt seien, müsse nach § 10 abs. 2 amg, § 11 abs. 2 amg ein warnhinweis aufgenommen werden. die arzneimittelwarnhinweisverordnung sowie die europäische excipients-guideline bestimmten abschließend, für welche art und menge von stoffen ein warnhinweis verpflichtend sei. 23der hinweis auf das fehlen von alkohol auf etikett und faltschachtel sei nicht als „weitere angabe“ zulässig, weil die voraussetzungen des § 10 abs. 1 satz 5 amg nicht erfüllt seien. er sei schon unrichtig, weil das arzneimittel alkohol in sehr geringer menge enthalte. ein stoff, der in einer nicht gesundheitsgefährdenden menge enthalten sei, könne auch nicht für die anwendung eines arzneimittels von bedeutung sein. eine „risikokommunikation“ müsse daher nicht stattfinden. die verbesserung der compliance könne durch solche hinweise nicht erreicht werden. eine angabe, die auf das fehlen eines bestimmten stoffes hinweise, sei zudem grundsätzlich werblich. diese auffassung werde auf europäischer ebene geteilt, etwa im hinblick auf „gluten“. der hinweis befinde sich zwar auf der rückseite der faltschachtel, sei aber durch schrift und form deutlich von dem übrigen text abgehoben und habe damit auch durch die gestaltung einen werbenden charakter. im vorliegenden fall bestehe zwar die besonderheit, dass für die herstellung des wirkstoffs ethanol als auszugsmittel verwendet werde und daher auch auf der äußeren umhüllung genannt werden müsse, und zwar ungeachtet der im endprodukt noch enthaltenen restmengen von ethanol. die hierdurch möglicherweise entstehenden fragen würden seitens der klägerin jedoch in einer völlig unrealistischen und überzogenen weise dargestellt. auch die angabe „ohne zuckerzusatz“ auf dem etikett sei nicht als „weitere angabe“ zulässig. da zucker nicht in einer warnhinweispflichtigen menge enthalten sei, sei der hinweis nicht für die gesundheitliche aufklärung der verbraucher wichtig. die regelungen zur kennzeichnung von diätetischen lebensmitteln seien aufgehoben worden. lediglich der zusatz „zuckerfrei“ werde in den europäischen arbeitsgruppen zur formulierung der informationstexte bei zentral zugelassenen arzneimitteln diskutiert und im einzelfall als zulässig erachtet. die angabe „ohne zuckerzusatz“ sei ebenfalls als werbliche aussage einzuordnen. 24aus denselben gründen sei auch der hinweis auf das fehlen von alkohol in der packungsbeilage sowie der fachinformation unzulässig. er sei nicht zutreffend. da der alkoholgehalt unterhalb der schwelle für einen warnhinweis liege, gebe es auch keine rechtsgrundlage für diese angabe. gemäß § 11 abs. 1 satz 1 nr. 6 d amg dürften unter ziffer 6 der gebrauchsinformation nur im arzneimittel aufzulistende bestandteile genannt werden. eine negativangabe sei nicht vorgesehen. im feld „weitere hinweise“ sei nur die aussage zulässig, wonach alkohol im arzneimittel nur noch in einer sehr geringen menge vorhanden sei. auch in der fachinformation könne das fehlen von alkohol keinesfalls unter ziffer 6.1 „liste der sonstigen bestandteile“ aufgeführt werden, da die menge des noch enthaltenen alkohols nicht als sonstiger bestandteil zu nennen sei. 25das verwaltungsgericht hat die klage durch urteil vom 27. november 2018 abgewiesen. zur begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: die beklagte sei gemäß § 28 abs. 1 satz 1 und satz 4 in verbindung mit § 28 abs. 2 nr. 1 amg berechtigt gewesen, der klägerin durch die auflage f1. die streichung des hinweises „ohne alkohol (ethanol)/ohne zuckerzusatz“ auf der äußeren umhüllung und dem etikett des behältnisses aufzugeben, weil dieser nicht nach § 10 amg zulässig sei. zulässig seien weitere angaben nach § 10 abs. 1 satz 5 amg, wenn sie einen bezug zur anwendung des konkreten arzneimittels und damit in erster linie gebrauchssichernde funktion hätten. fehlende bestandteile, wie z.b. alkohol oder zucker, hätten keine auswirkung auf die gesundheit des patienten und entsprechende hinweise seien daher für die anwendung des arzneimittels nicht relevant. darüber hinaus ergebe sich aus der zweckbestimmung der verschiedenen informationstexte und der konzeption der gesetzlichen regelungen in §§ 10 ff. amg, die in übereinstimmung mit den art. 54 ff. richtlinie 2001/83/eg auszulegen seien, eine abschließende regelung zur angabe der sonstigen bestandteile eines arzneimittels auf der äußeren umhüllung oder dem etikett. die angabe „ohne alkohol“ sei zudem irreführend, weil das endprodukt geringe restmengen ethanol aus der arzneimittelherstellung enthalte. auch die angabe „ohne zuckerzusatz“ sei mit § 10 abs. 1 satz 5 amg nicht vereinbar. zwar bestehe im hinblick auf die zahngesundheit sowie für diabetiker ein anerkennenswertes informationsinteresse von patienten. der hinweis auf den fehlenden zuckerzusatz könne jedoch in der packungsbeilage gegeben werden. wegen der fehlenden vereinbarkeit mit § 10 amg habe das bfarm nach § 28 abs. 2 nr. 1 amg die streichung anordnen dürfen. einer zusätzlichen konkreten gefahr für die arzneimittelsicherheit bedürfe es bei der anwendung der auflagenermächtigung nicht. auch die ermessensentscheidung sei rechtlich nicht zu beanstanden, die auflage f1. sei nicht unverhältnismäßig. 26die auflagen f3. und f4. seien ebenfalls rechtmäßig. rechtsgrundlage für die regelungen sei § 28 abs. 1 satz 1 und satz 4 i. v .m. § 28 abs. 2 nr. 2 und nr. 2a amg. die klägerin verwende auch in der packungsbeilage und der fachinformation die pharmazeutisch unzutreffende und irreführende formulierung „ohne alkohol“. der begriff „ohne alkohol“ könne in der packungsbeilage nur dann synonym mit einer irrelevanten restmenge benutzt werden, wenn insofern eine einheitliche definition durch die hierfür zuständige europäische kommission im rahmen der excipients-guideline vorliegen würde. dies sei jedoch bislang nicht der fall. 27dagegen hat die klägerin die vom verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher bedeutung zugelassene berufung eingelegt. zur begründung wiederholt und ergänzt sie ihr erstinstanzliches vorbringen und führt im wesentlichen aus: die ursprünglich genehmigten angaben klärten über unverständliche pflichttexte und irrige verbrauchererwartungen, auch aufgrund der produktkategorie, auf, es seien beträchtliche mengen alkohol und zucker im produkt enthalten. die pflichtangabe „ethanol 90 % (v/v)“ auf der umverpackung werde vom verbraucher teilweise mit alkohol in verbindung gebracht, was auch durch den kräftigen kräutergeschmack unterstützt werde. die angabe „ohne alkohol (ohne ethanol)/ohne zuckerzusatz“ habe einen gebrauchssichernden bezug zur anwendung des konkreten arzneimittels durch den kranken, weil damit ungewöhnlichem einnahmeverhalten (z.b. einnahme von zu geringen mengen oder nichteinnahme zur nacht) vorgebeugt werde. das informationsbedürfnis erkenne auch das verwaltungsgericht an. die vermittlung der sachlichen und inhaltlich zutreffenden informationen sei auch keine werbung. die information „ohne alkohol“ sei aus sicht eines patienten zutreffend, der daraufhin davon ausgehe, dass das produkt keinen negativen gesundheitlichen effekt auf ihn haben könne und auch für patienten geeignet sei, die alkohol vermeiden müssten. dass einige moleküle alkohol im produkt enthalten sein möchten, im übrigen weniger als in vielen lebensmitteln, sei für ihn vollkommen irrelevant. die hier gewählte art und weise der risikokommunikation über entwarnungen sei marktüblich und funktioniere, d. h. sie werde vom verbraucher verstanden, und besonders für vulnerable patientengruppen von bedeutung. 28die auffassung des verwaltungsgerichts, entwarnungshinweise seien grundsätzlich nach § 10 abs. 1 satz 5 amg nicht zulässig, sei vom wortlaut sowie vom sinn und zweck der vorschrift nicht gedeckt. hier werde offenbar ein zusätzliches kriterium der notwendigkeit in die vorschrift hineingelesen. art. 62 der richtlinie 2001/83/eg in seiner nationalen umsetzung sei keine ausnahmevorschrift zu pflichtangaben, sondern eine selbständige regelung zur zulässigkeit freiwilliger zusätzlicher angaben. aus der englischen und französischen fassung ergebe sich der sinn und zweck der vorschrift, ergänzende freiwillige angaben zu erlauben, die für den patienten nützlich seien („useful“, „utiles“). eine einengende auslegung der bestimmung sei auch nach art. 60 der richtlinie 2001/83/eg nicht zulässig. die angaben „ohne alkohol“ und „ohne zuckerzusatz“ wiesen darauf hin, dass das produkt keine relevanten, wahrnehmbaren mengen an alkohol enthalte und ihm kein zucker zugesetzt worden sei, was für patienten, eltern und fachkreise eine nützliche information sei. die kurze botschaft sei auf das wesentliche begrenzt, daher auch keine werbung, und habe sich bewährt. 29mit dem hinweis „ohne alkohol“ werde die auch in der aktuellen excipients-guideline vorgesehene information transportiert, dass die geringe alkoholmenge im arzneimittel keine wahrnehmbaren auswirkungen habe. im übrigen konkretisiere die guideline lediglich pflichtangaben (mindestangaben) zu arzneiträgerstoffen - soweit diese gezielt und funktionsmäßig im endprodukt eingesetzt und nicht nur als extraktionsmittel verwendet und verdampft würden - und enthalte keine abschließende, bindende konkretisierung zu freiwilligen zusätzlichen angaben nach art. 62 der richtlinie 2001/83/eg. sogar im hinblick auf pflichtangaben zu ethanol als auszugsmittel stehe sie nur gleichberechtigt neben anderen guidelines (z.b. zur herbal declaration guideline). umgekehrt lasse sich aus den vorgaben der guideline zu gluten, kalium und natrium ableiten, dass informationen über das fehlen von stoffen (entwarnungen), auch und gerade wenn unbedenkliche molekülmengen noch im produkt enthalten seien, wichtig sein könnten. es liege auch keine irreführung vor, da die verbleibenden moleküle für den patienten irrelevant seien. 30ferner dürften die gleichlautenden tatbestandsmerkmale in § 10 abs. 1 satz 5 amg (umverpackung) und § 11 abs. 1 satz 7 amg (packungsbeilage) nicht unterschiedlich ausgelegt werden. wegen des pflichthinweises zu ethanol auf der umverpackung müsse auch die information über den fehlenden alkoholgehalt dort erfolgen dürfen. für den befürchteten „dammbruch“ sei nichts erkennbar, zumal es um besonderheiten von phytopharmaka gehe, nicht aber um angaben wie halal und koscher oder biosiegel. schließlich sei § 28 amg bei reinen zweckmäßigkeitserwägungen unanwendbar und die auflage unverhältnismäßig. 31mit trennungsbeschluss vom 20. mai 2022 hat der senat das verfahren hinsichtlich der „b. hustentropfen“ abgetrennt und mit dem neuen aktenzeichen 9 a 1027/22 und der neuen klägerin fortgeführt. 32die klägerin beantragt, 33das angefochtene urteil zu ändern und die auflagen f1., f3. und f4. im verlängerungsbescheid des bfarm vom 3. juni 2015 für das fertigarzneimittel „b. hustentropfen“ in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 21. januar 2016 aufzuheben, 34hilfsweise, 35beweis zu erheben über die frage, dass nach dem jeweils bestehenden medizinisch-wissenschaftlichen erkenntnisstand die angaben „ohne alkohol (ethanol)/ohne zuckerzusatz“ mit der anwendung des streitgegenständlichen produkts im zusammenhang stehen und für die gesundheitliche aufklärung der patienten wichtig sind und insbesondere keine medizinisch-pharmazeutisch fehlerhafte information vermitteln. 36die beklagte beantragt, 37die berufung zurückzuweisen. 38zur begründung verweist sie auf das erstinstanzliche verfahren, das rechtskräftige urteil des verwaltungsgerichts köln vom 28. september 2021 - 7 k 5222/18 - zu gluten und trägt ergänzend vor: seit der urteilsverkündung habe das bfarm eine nennenswerte anzahl von pharmazeutischen unternehmen abschließend davon überzeugen können, ihre vergleichbaren „frei von“-kennzeichnungen auf äußeren umhüllungen ihrer arzneimittel auch durchaus bekannter marken zu entfernen. bei zulassungs- und verlängerungsanträgen oder änderungsanzeigen würden entsprechende beanstandungen ausgesprochen. damit werde dem gleichheitssatz genügt. für die verständlichkeit von wirkstoffangaben sei es nicht erforderlich, dass verbraucher diese im einzelnen zutreffend einordnen könnten. das streitgegenständliche arzneimittel sei nicht zuckerfrei; dass kein zucker zugesetzt werde, sei für den ist-zustand des arzneimittels irrelevant. ein informationsbedürfnis bestimmter adressaten werde nicht bestritten. der klägerin gehe es aber um die platzierung der angabe „ohne alkohol (ethanol)/ohne zuckerzusatz“ auf der äußeren umhüllung bzw. dem etikett. mit anderen worten und damit in einer sowohl verständlichen als auch zutreffenden art und weise seien diese informationen an anderer stelle der informativen texte möglich. die guidelines seien als auslegungshilfe beachtlich. es streite für die auffassung der beklagten, dass für die angaben „ohne alkohol“ und “ohne zuckerzusatz“ keine regelungen seitens der gremien getroffen worden seien. das verwaltungsgericht köln habe in der gluten-entscheidung bekräftigt, dass § 10 abs. 1 satz 5 und § 11 abs. 1 satz 7 amg als ausnahmebestimmung eng zu interpretieren seien und die weiteren angaben einen besonderen bezug zur genehmigten anwendung des arzneimittels, insbesondere zum anwendungsgebiet und den modalitäten der einnahme des präparats, haben müssten. 39wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte und die beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 40
41die zulässige berufung ist unbegründet. das verwaltungsgericht hat die klage zu recht abgewiesen. 42a. die klage ist gem. § 42 abs. 1 vwgo als anfechtungsklage gegen die dem verlängerungsbescheid beigefügten auflagen statthaft, 43vgl. nur bverwg, urteil vom 18. mai 2010 - 3 c 25.09 -, a&r 2010, 186 = juris rn. 12, m. w. n., 44und auch im übrigen zulässig. 45b. die klage ist aber unbegründet. 46die auflagen f1., f3. und f4. im verlängerungsbescheid des bfarm vom 3. juni 2015 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 21. januar 2016 sind rechtmäßig und verletzen die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 47i. rechtsgrundlage für die auflagen ist § 28 abs. 1 satz 1 i. v. m. § 28 abs. 2 nr. 1, 2 und 2a amg. 481. gemäß § 28 abs. 1 satz 1 amg kann die zuständige bundesoberbehörde die zulassung mit auflagen verbinden. auflagen können angeordnet werden, um sicherzustellen, dass die kennzeichnung der behältnisse und äußeren umhüllungen den vorschriften des § 10 amg (§ 28 abs. 2 nr. 1 amg), die packungsbeilage den vorschriften des § 11 amg (§ 28 abs. 2 nr. 2 amg) und die fachinformation den vorschriften des § 11a amg entspricht (§ 28 abs. 2 nr. 2a amg). 49die regelungen in § 28 abs. 2 nr. 1 bis 2a amg erfassen nicht nur die pflichtangaben, sondern ermöglichen auflagen auch bezüglich der weiteren angaben, die - wenn der pharmazeutische unternehmer hiervon gebrauch macht - den zulässigkeitsvoraussetzungen in § 10 abs. 1 satz 5 amg, § 11 abs. 1 satz 7 amg, § 11a abs. 1 satz 6 amg entsprechen müssen. 50vgl. ovg nrw, urteil vom 22. november 2013 ‑ 13 a 2895/11 -, medr 2015, 203 = juris rn. 47. 51die auflagenbefugnis gilt ferner nicht nur bei erstmaliger zulassung, sondern auch für die - hier erfolgte - verlängerung der zulassung nach § 31 abs. 3 amg. 52vgl. bverwg, urteil vom 23. april 2020 - 3 c 22.18 -, nwvbl. 2020, 460 = juris rn. 25 ff. 532. wie das verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, steht der anwendbarkeit des § 28 abs. 1 satz 1 i. v. m. § 28 abs. 2 nr. 1, 2 und 2a amg als rechtsgrundlage für die auflagen f1., f3. und f4. nicht entgegen, dass das bfarm die beanstandeten angaben, die teilweise auf eine vergleichsweise einigung im klageverfahren vg köln 7 k 705/05 zurückgehen, ursprünglich mit der zulassung vom 22. januar 2008 akzeptiert hat. einer ermächtigung zu einem teilwiderruf oder einer teilrücknahme eines verwaltungsakts bedarf es insoweit entgegen der auffassung der klägerin nicht. 54im verfahren der verlängerung der zulassung ist zu prüfen, ob die gesetzlichen vorgaben der §§ 10, 11 und 11a amg eingehalten werden. das arzneimittelgesetz hat dies allerdings nicht als versagungsgrund für die zulassungsverlängerung eines arzneimittels ausgestaltet, sondern hierfür das mildere mittel der auflagenbefugnis vorgesehen. 55vgl. bverwg, urteil vom 23. april 2020 - 3 c 22.18 -, a. a. o., juris rn. 26. 56eine änderung der sach- oder rechtslage ist dementsprechend keine voraussetzung für den erlass einer solchen auflage. mit der zulassung eines arzneimittels wird insoweit kein vertrauenstatbestand geschaffen. dies zeigt auch die nicht durch weitere voraussetzungen eingeschränkte befugnis nach § 28 abs. 1 satz 4 i. v. m. abs. 2 nr. 1 bis 2a amg, jederzeit nach der erteilung einer arzneimittelrechtlichen zulassung auflagen anordnen zu können, also auch nachträgliche auflagen im hinblick auf die kennzeichnung und die informationstexte, wenn diese nicht mit den vorschriften der §§ 10 bis 11a amg übereinstimmen. 573. maßgeblich für die beurteilung der rechtmäßigkeit der auflagen ist die sach- und rechtslage im zeitpunkt der letzten verwaltungsentscheidung, hier bei erlass des widerspruchsbescheids. 58vgl. bverwg, urteil vom 23. april 2020 - 3 c 22.18 -, a. a. o., juris rn. 11. 59dies entspricht allgemeinen grundsätzen bei anfechtungsklagen, wenn sich aus dem maßgebenden materiellen recht - wie hier - für die zeitpunktfrage nichts anderes ergibt. damit ist im vorliegenden verfahren zu klären, ob bei erlass des widerspruchsbescheids die beanstandeten hinweise unzulässig und die auflagen rechtmäßig waren. dies bedeutet zugleich, dass die beklagte die auflagen nicht von sich aus unter kontrolle halten und fortdauernd überprüfen muss. 60vgl. dazu bverwg, urteil vom 17. september 2021 - 3 c 20.20 -, juris rn. 13 (für einen feststellungsbescheid nach § 21 abs. 4 satz 1 amg). 61ii. die tatbestandlichen voraussetzungen für die erteilung von auflagen nach § 28 abs. 2 amg sind sowohl hinsichtlich der auflage f1. (dazu 1.) als auch der auflagen f3. und f4. (dazu 2.) gegeben. 621. die auflage f1., wonach die angaben „ohne alkohol (ethanol)/ohne zuckerzusatz“ auf der äußeren umhüllung und dem etikett zu streichen sind, stellt im sinne von § 28 abs. 2 nr. 1 amg sicher, dass die kennzeichnung der behältnisse und äußeren umhüllungen den vorschriften des § 10 amg entspricht. die angabe „ohne alkohol (ethanol)“ ist ebenso gemäß § 10 amg unzulässig (dazu a.) wie die angabe „ohne zuckerzusatz“ (dazu b.). 63a. die angabe „ohne alkohol (ethanol)“ auf der äußeren umhüllung und dem etikett entspricht nicht den vorgaben des § 10 amg. 64sie ist - was zwischen den beteiligten unstreitig ist - keine arzneimittelrechtliche pflichtangabe im sinne von § 10 abs. 1 nr. 8 oder § 10 abs. 2 amg. warnhinweise im sinne der letztgenannten vorschrift forderte die bei erlass des widerspruchsbescheids geltende arzneimittelwarnhinweisverordnung (vom 21. dezember 1984 in der vom 29. september 1990 bis zum 31. mai 2022 geltenden fassung) erst ab 0,05 g ethanol in der maximalen einzelgabe nach der dosierungsanleitung (§ 1 abs. 1 satz 1 nr. 1a, § 2 abs. 1 nr. 1). hier beträgt der gehalt aber lediglich 2,16 mg in der maximalen einzeldosis von 2,3 ml hustentropfen, also rund 0,002 g. zudem geht es nicht um einen hinweis auf ethanol, sondern auf das fehlen des stoffes. 65entgegen der auffassung der klägerin ist die angabe „ohne alkohol (ethanol)“ auch nicht als weitere angabe nach § 10 abs. 1 satz 5 amg zulässig. 66gemäß § 10 abs. 1 satz 5 amg sind weitere angaben, die - wie hier - nicht durch eine verordnung der europäischen gemeinschaft oder der europäischen union vorgeschrieben oder bereits nach einer solchen verordnung zulässig sind, zulässig, soweit sie mit der anwendung des arzneimittels im zusammenhang stehen, für die gesundheitliche aufklärung der patienten wichtig sind und den angaben nach § 11a amg nicht widersprechen. 67diese voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. 68vgl. ovg nrw, beschluss vom 14. januar 2016 - 13 a 2552/13 -, juris rn. 26; kloesel/cyran, arzneimittelrecht, 131. lief. 2016, § 10 anm. 74. 69wegen des zusammenhangs mit der anwendung des arzneimittels sind nur solche informationen wichtig für die gesundheitliche aufklärung der patienten, die eine gebrauchssichernde funktion haben. 70vgl. ovg nrw, beschluss vom 5. august 2013 ‑ 13 a 2862/12 -, juris rn. 5; pannenbecker, in: kügel/müller/hofmann, arzneimittelgesetz, 3. auflage 2022, § 10 rn. 48; zimmermann, in: fuhrmann/klein/fleischfresser, arzneimittelrecht, 3. auflage 2020, § 28 rn. 37. 71mit der restriktiven zulassung weiterer angaben soll verhindert werden, dass die patienten von den pflichtinformationen abgelenkt werden, mit denen die ordnungsgemäße anwendung des arzneimittels erreicht werden soll. 72vgl. bverwg, urteil vom 23. april 2020 - 3 c 22.18 -, a. a. o., juris rn. 13, sowie vorlagebeschluss vom 8. november 2018 - 3 c 2.17 -, juris rn. 22; ovg nrw, beschlüsse vom 26. oktober 2015 - 13 a 2598/14 -, a&r 2015, 277 = juris rn. 17, und vom 14. januar 2016 - 13 a 2552/13 -, juris rn. 37; bgh, urteil vom 13. dezember 2012 - i zr 161/11 -, pharmr 2013, 491 = juris rn. 15. 73die kennzeichnung des behältnisses und der äußeren umhüllung bestimmt die identität des arzneimittels nach seiner stofflichen zusammensetzung und herkunft. zu deklarationsangaben zur stofflichen zusammensetzung treten angaben hinzu, die grundlegende informationen für die anwendung des arzneimittels liefern. 74vgl. fuhrmann, in: fuhrmann/klein/fleischfresser, a. a. o., § 8 rn. 9; kloesel/cyran, a. a. o., § 10 anm. 1. 75die anforderungen an zulässige ergänzende angaben sind daher streng. 76vgl. olg münchen, beschluss vom 9. april 2020 - 29 u 5126/19 -, pharmr 2020, 406 = juris rn. 3; olg frankfurt, urteil vom 24. mai 2018 - 6 u 46/17 -, a&r 2018, 185 = juris rn. 21. 77für die gesundheitliche aufklärung wichtig im sinne des § 10 abs. 1 satz 5 amg sind allerdings nicht nur informationen, die unverzichtbar sind. denn informationen, die für eine sichere anwendung des arzneimittels erforderlich sind, gehören bereits zu den pflichtangaben. ausreichend ist vielmehr, dass die angaben zur sachgerechten anwendung des arzneimittels förderlich sind und ihnen damit eine gebrauchssichernde funktion zukommt. dies wird umso eher anzunehmen sein, je dichter der zusammenhang der freiwilligen angabe zu den gesetzlich angeordneten pflichtinformationen ist. grundsätzlich zulässig sind daher erläuterungen zu den wirkungszusammenhängen sowie anwendungshinweise zur herbeiführung des gewünschten behandlungserfolgs. 78vgl. bverwg, vorlagebeschluss vom 8. november 2018 - 3 c 2.17 -, juris rn. 22 f. 79bei der bestimmung der anforderungen an die zulässigkeit weiterer angaben ist art. 62 richtlinie 2001/83/eg zu berücksichtigen. § 10 abs. 1 satz 5 amg dient der umsetzung dieser bestimmung und ist deshalb richtlinienkonform auszulegen. 80vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 5. august 2013 - 13 a 2862/12 -, pharmr 2013, 463 = juris rn. 5, und vom 14. januar 2016 - 13 a 2552/13 -, juris rn. 13, 20. 81nach art. 60 richtlinie 2001/83/eg vom 6. november 2001 (abl. l 311 vom 28. november 2001, s. 67) dürfen die mitgliedstaaten das inverkehrbringen von arzneimitteln in ihrem hoheitsgebiet nicht aus gründen, die mit der etikettierung oder der packungsbeilage zusammenhängen, untersagen oder verhindern, sofern diese mit den vorschriften dieses titels übereinstimmen. nach art. 62 richtlinie 2001/83/eg in der fassung der richtlinie 2004/27/eg vom 31. märz 2004 (abl. l 136 vom 30. april 2004, s. 34) können die äußere umhüllung und die packungsbeilage zur veranschaulichung einiger der in den artikeln 54 und 59 absatz 1 genannten informationen zeichen oder piktogramme sowie weitere mit der zusammenfassung der merkmale des erzeugnisses zu vereinbarende informationen enthalten, die für den patienten wichtig sind; nicht zulässig sind angaben, die werbecharakter haben können. 82die letztgenannte vorschrift verlangt keine unionsrechtskonforme auslegung des § 10 abs. 1 satz 5 amg dahingehend, dass aus gründen des unionsrechts weniger strenge anforderungen an weitere hinweise bei der kennzeichnung von arzneimitteln als die vorstehend beschriebenen zu stellen sind. 83offen gelassen von ovg nrw, beschluss vom 5. august 2013 - 13 a 2862/12, a. a. o., juris rn. 5. 84wichtig für den patienten im sinne von art. 62 richtlinie 2001/83/eg sind nur solche informationen, die einen bezug zur anwendung des konkreten arzneimittels durch den kranken und damit in erster linie eine gebrauchssichernde funktion haben. dass die informationen auch unionsrechtlich der gesundheitlichen aufklärung in bezug auf die anwendung des konkreten arzneimittels dienen müssen, folgt schon aus der verwendung des worts „patienten“ statt des begriffs „verbraucher“. ferner ergibt sich dieses verständnis aus sinn und zweck der kennzeichnungsbestimmungen, im interesse der gesundheitsvorsorge und arzneimittelsicherheit die patienten zu unterrichten, damit sie das arzneimittel auf der grundlage vollständiger und verständlicher informationen ordnungsgemäß anwenden können. 85vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 5. august 2013 - 13 a 2862/12 -, a. a. o., juris rn. 5 ff., und vom 14. januar 2016 - 13 a 2552/13 -, juris rn. 21; bgh, urteil vom 13. dezember 2012 - i zr 161/11 -, a. a. o., juris rn. 10; kloesel/cyran, a. a. o., § 10 amg anm. 1; pannenbecker, in: kügel/müller/hofmann, a. a. o., § 10 rn. 3 und 47 ff.; kritisch rehmann, arzneimittelgesetz, 5. auflage 2020, § 10 rn. 3. 86diese zielrichtung lässt sich auch aus den erwägungsgründen der richtlinie 2001/83/eg in ihrer ursprünglichen fassung ableiten, deren erwägungsgrund 2 zunächst den allgemeinen gesetzeszweck des wirksamen schutzes der öffentlichen gesundheit betont. nach erwägungsgrund 40 müssen die bestimmungen über die unterrichtung der patienten ein hohes verbraucherschutzniveau gewährleisten, so dass die arzneimittel auf der grundlage vollständiger und verständlicher informationen ordnungsgemäß angewandt werden können. 87etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem umstand, dass der ursprüngliche wortlaut des art. 62 richtlinie 2001/83/eg, wonach die angaben „für die gesundheitliche aufklärung wichtig“ sein mussten, durch die richtlinie 2004/27/eg in „für den patienten wichtig“ geändert worden ist. dass damit eine sachliche änderung, insbesondere eine weitergehende zulassung von freiwilligen angaben gewollt war, lässt sich dem wortlaut nicht entnehmen. für den patienten ist das wichtig, was seiner gesundheitlichen aufklärung in bezug auf die anwendung des konkreten arzneimittels dient. aus den erwägungsgründen und sonstigen materialien ergibt sich ebenfalls nichts dafür, dass eine gebrauchssichernde funktion nicht mehr verlangt oder anderweitig die anforderungen an weitere angaben gelockert werden sollten. dem erwägungsgrund 16 des kommissionsentwurfs zur änderung der richtlinie 2001/83/eg (kom(2001) 404 endg., abl. c 75 e vom 26. märz 2002, s. 216) lässt sich zwar das anliegen der eu-kommission entnehmen, den informationsbedürfnissen und erwartungen von patienten nachzukommen, zugleich wird aber auch hier der zusammenhang mit der ordnungsgemäßen verwendung des arzneimittels betont und ist von strengen bedingungen die rede. in den verabschiedeten erwägungsgründen der richtlinie 2004/27/eg heißt es zudem lediglich, im zusammenhang mit der ordnungsgemäßen verwendung des arzneimittels sollten die rechtsvorschriften über die verpackung auf der grundlage der gewonnenen erfahrungen angepasst werden (erwägungsgrund 21). daraus lässt sich insgesamt nicht ableiten, dass in bezug auf weitere angaben nun großzügigere maßstäbe gelten sollten, zumal mit der richtlinie 2004/27/eg umfangreiche änderungen der art. 54 ff. richtlinie 2001/83/eg verabschiedet worden sind. 88von einer inhaltlichen änderung ist auch der nationale gesetzgeber offenbar nicht ausgegangen, der die änderung des art. 62 durch die richtlinie 2004/27/eg in § 10 abs. 1 amg dahingehend in nationales recht umgesetzt hat, dass aus der formulierung „für die gesundheitliche aufklärung wichtig“ im damaligen § 10 abs. 1 satz 3 amg „für die gesundheitliche aufklärung der patienten wichtig“ im neuen § 10 abs. 1 satz 4 amg wurde. 89§ 10 amg in der ab dem 6. september 2005 gültigen fassung des 14. gesetzes zur änderung des arzneimittelgesetzes vom 29. august 2005; dazu bt-drs. 15/5316, s. 7, 31 und 34; vgl. auch pannenbecker, in: kügel/müller/hofmann, a. a. o., § 10 rn. 47. 90die vorstehenden ausführungen zum verständnis des art. 62 richtlinie 2001/83/eg zugrunde gelegt, lässt sich schließlich entgegen der auffassung der klägerin ein gegenüber § 10 abs. 1 satz 5 amg weiteres verständnis der richtlinienvorgabe auch nicht daraus entnehmen, dass andere sprachfassungen des art. 62 richtlinie 2001/83/eg, etwa die englische und französische, formulieren, dass die informationen für den patienten „nützlich“ („useful“, „utiles“) sein müssen. 91den so verstandenen anforderungen an weitere angaben genügt die angabe „ohne alkohol (ethanol)“ auf der faltschachtel und dem etikett der hustentropfen nicht. 92diese information ist schon deshalb für den patienten weder wichtig noch nützlich, weil sie nicht zutrifft. denn es ist unstreitig noch eine geringe menge alkohol (ethanol) im endprodukt enthalten. in der mündlichen verhandlung vor dem verwaltungsgericht haben die beteiligten sich anhand einer berechnung des bfarm darauf verständigt, dass bei den hustentropfen maximal 2,16 mg ethanol in einer einzeldosis von 2,3 ml enthalten ist. ob dies, wie die klägerin im berufungsverfahren betont, nur wenige moleküle sind, kann dahinstehen. dass die menge gering ist und - wovon die beteiligten übereinstimmend ausgehen - keine gesundheitlichen auswirkungen hat, vermag nichts daran zu ändern, dass der hinweis pharmazeutisch nicht korrekt ist. 93darüber hinaus steht die angabe „ohne alkohol (ethanol)“ nicht mit der anwendung des arzneimittels im zusammenhang und hat keine bedeutung für die gesundheit des patienten. es fehlt die gebrauchssichernde funktion. 94so auch pannenbecker, in: kügel/müller/ hofmann, a. a. o., § 10 rn. 48. 95die anwendung der hustentropfen hängt nicht davon ab, dass ein bestimmter stoff in ihnen nicht bzw. nur in einer äußerst geringen, gesundheitlich unbedenklichen menge enthalten ist. ein nicht enthaltener stoff hat naturgemäß auch keine auswirkungen auf die gesundheit des patienten. für patienten und deren gesundheitliche aufklärung wichtig wäre nur die information, dass alkohol/ethanol in einer menge enthalten ist, die gesundheitliche auswirkungen haben bzw. etwa für kinder oder alkoholiker von bedeutung sein kann. gebrauchssichernd ist dementsprechend der in der arzneimittelwarnhinweisverordnung - in der im maßgeblichen zeitpunkt des erlasses des widerspruchsbescheids geltenden fassung mit gültigkeit bis zum 31. mai 2022 - auf der grundlage von § 10 abs. 2 amg vorgesehene warnhinweis auf alkohol ab 0,05 g pro maximaler einzeldosis. demgegenüber betrifft es grundsätzlich nicht die korrekte anwendung eines arzneimittels oder die aufklärung über bestehende risiken, dass ein bestimmter stoff darin nicht enthalten ist. 96anders als von der klägerin angenommen, ist für die gesundheitliche aufklärung der patienten im sinne des § 10 abs. 1 satz 5 amg auch nicht jeder hinweis wichtig, der die compliance erhöht, also den fehlgebrauch oder einen verzicht auf die notwendige einnahme des arzneimittels verhindert, und insoweit der gesundheitlichen aufklärung dienlich ist. 97so aber auch kloesel/cyran, a. a. o., § 10 anm. 74, § 11 anm. 82. 98die angabe muss vielmehr, wie ausgeführt, mit der konkreten anwendung des arzneimittels im zusammenhang stehen; für die anwendung ist aber die kenntnis über den fehlenden alkoholgehalt nicht erforderlich. ließe man jeden hinweis zu, der das einnahmeverhalten verbessern könnte, führte dies auch dazu, dass die aufmerksamkeit des patienten nicht hinreichend auf die pflichtangaben gerichtet wäre. ihnen kommt primär die aufgabe zu, eine korrekte, der dosierungsanleitung entsprechende einnahme zu sichern. 99aus diesem grund ist auch nicht ausreichend, dass es sich um eine nützliche information handeln mag, die für den anwender der hustentropfen von interesse ist. ein informationswunsch von verbrauchern ist nicht gleichzusetzen mit dem erfordernis, für die gesundheitliche aufklärung der patienten im zusammenhang mit der anwendung des arzneimittels wichtig zu sein. 100vgl. ovg nrw, beschluss vom 14. januar 2016 - 13 a 2552/13 -, juris rn. 36. 101der hinweis „ohne alkohol“ ist auch nicht aus dem von der klägerin angeführten grund für die gesundheitliche aufklärung wichtig, dass patienten bzw. mütter von patienten im kindesalter durch den pflichthinweis zu ethanol auf der verpackung verunsichert seien. ob tatsächlich in einem beachtlichen maße diese verunsicherung bei einem bloßen hinweis auf ein extraktionsmittel besteht, zumal bei einem arzneimittel, das für kinder ab einem jahr zugelassen ist, bedarf keiner aufklärung. es ist jedenfalls nicht davon auszugehen, dass die im von der klägerin geschilderten maße verunsicherten personen durch den hinweis „ohne alkohol“ aufgeklärt und damit zur (korrekten, der dosierungsanleitung entsprechenden) einnahme veranlasst würden. denn es bleibt für diesen durch den pflichthinweis zu ethanol verunsicherten personenkreis unklar und widersprüchlich, warum einerseits ethanol aufgeführt wird und andererseits kein alkohol enthalten sein soll. wie das verwaltungsgericht zutreffend angeführt hat, wird dies bestätigt durch die bei der klägerin nach ihren angaben eingegangenen rückfragen aus einer zeit, als das arzneimittel mit den hier streitgegenständlichen „ohne“-angaben im verkehr war. die verunsicherung könnte zur überzeugung des senats allenfalls durch eine erklärung der art beseitigt werden, dass ethanol ein auszugsmittel im herstellungsprozess ist, das endprodukt aber nur noch eine geringe restmenge enthält, die keine wahrnehmbaren oder jedenfalls keine gesundheitlichen auswirkungen hat. diese aufklärung vermag der bloße hinweis „ohne alkohol“ nicht zu leisten. die kritik der klägerin an der pflichtangabe zu ethanol als auszugsmittel ist im übrigen hier unbeachtlich, denn diese angabe ist nicht streitgegenständlich. 102aus der von den beteiligten angeführten excipients-guideline „excipients in the label and package leaflet of medicinal products for human use“ der eu-kommission ergibt sich nichts zur zulässigkeit oder unzulässigkeit des weiteren hinweises „ohne alkohol (ethanol)“. die auf art. 65 richtlinie 2001/83/eg gestützte leitlinie in der bei erlass des widerspruchsbescheids geltenden, bis zum 1. märz 2018 gültigen fassung aus juli 2003 (cpmp/463/00) nebst annex, 103abrufbar von: https://www.ema.europa.eu/en/annex-european-commission-guideline-excipients-labelling-package-leaflet-medicinal-products-human, 104sieht lediglich warnungen in bezug auf bestimmte stoffe, unter anderem auch ethanol, vor. sie war überdies in deutschland insoweit schon deshalb nicht rechtsverbindlich, als sich die verpflichtung zu warnungen bei rein national zugelassenen arzneimitteln bis zum 31. mai 2022 aus der arzneimittelwarnhinweisverordnung ergab. zu „ohne..“- oder „frei von…“-angaben verhält sich die leitlinie nicht, die auch bei der nennung der maßgeblichen rechtsgrundlagen in der einleitung (introduction, seite 1) art. 62 richtlinie 2001/83/eg nicht erwähnt. nur wenn stoffe wahrnehmbare auswirkungen haben und im annex gelistet sind, sind sie auf dem etikett zu deklarieren (seite 2 unten). zudem findet die guideline keine anwendung auf rückstände von stoffen, die aus dem herstellungsprozess resultieren oder als extraktionsmittel verwendet werden (seite 2 oben). 105die klägerin kann sich auch nicht mit erfolg darauf berufen, dass der annex der leitlinie bei anderen stoffen (etwa kalium oder natrium) unterhalb bestimmter schwellenwerte die angabe vorsieht, das arzneimittel sei „nahezu“ (englisch: „essentially“) kaliumfrei/natriumfrei. der auffassung der klägerin, das belege, dass bei nur geringen molekülmengen an ethanol ohne wahrnehmbare auswirkungen „frei von…“-informationen wichtig seien, folgt der senat nicht. denn eine angabe wie bei kalium oder natrium ist für ethanol gerade nicht vorgesehen. darüber hinaus sind die für die packungsbeilage vorgegebenen hinweise mit der hier streitgegenständlichen „ohne…“-angabe auf verpackung und etikett auch inhaltlich nicht vergleichbar. denn ihnen voranzustellen ist laut annex der guideline jeweils die aussage, das arzneimittel enthalte kalium/natrium in einer menge von weniger als … pro dosiereinheit. zudem macht es einen unterschied, ob ein arzneimittel als „nahezu“ frei von einem bestimmten stoff bezeichnet oder die formulierung „ohne“ verwendet wird. 106die neufassung der guideline „excipients in the labelling and package leaflet of medicinal products for human use“ aus märz 2022 (sante-2017-11668), 107https://health.ec.europa.eu/system/files/2018-03/guidelines_excipients_march2018_en_0.pdf, 108nebst annex vom 22. november 2019, revision 2 (stand 22. juli 2022, ema/chmp/302620/2017), 109https://www.ema.europa.eu/en/documents/scientific-guideline/annex-european-commission-guideline-excipients-labelling-package-leaflet-medicinal-products-human_en-1.pdf, 110ist zwar nach der änderung der arzneimittelwarnhinweisverordnung zum 1. juni 2022 und der nachfolgend erlassenen gemeinsamen bekanntmachung des bfarm und des paul-ehrlich-instituts über warnhinweise zu bestandteilen von arzneimitteln vom 31. mai 2022 verbindlich umzusetzen. 111vgl. dazu auch den referentenentwurf des bundesministeriums für gesundheit zu einer verordnung zur aufhebung der arzneimittel-warnhinweisverordnung und zur änderung der apothekenbetriebsordnung vom 2. juli 2021, s. 1, 5 und 7. 112die excipients-guideline in ihrer aktuellen fassung ist aber nach auffassung des senats wegen des hier maßgeblichen zeitpunkts der letzten behördenentscheidung schon nicht berücksichtigungsfähig. 113selbst wenn man aber mit der klägerin der auffassung wäre, sie könne herangezogen werden, weil es sich um wissen handele, das auch bereits im zeitpunkt der letzten behördlichen entscheidung vorgelegen habe, 114vgl. in diese richtung auch ovg nrw, urteil vom 28. oktober 2021 - 13 a 1376/17 -, pharmr 2022, 112 = juris rn. 27, 115führte dies zu keinem anderen ergebnis. zu freiwilligen angaben im sinne von art. 62 richtlinie 2001/83/eg verhält auch sie sich nicht, sondern sieht, wie die klägerin zu recht betont, weiterhin lediglich (warnende) pflichtangaben vor. bei ethanol ist im annex im bereich von 0 bis zu 15 mg/kg pro dosis der hinweis in der packungsbeilage vorgegeben, welche menge ethanol pro dosiereinheit enthalten ist. anschließend ist dies in vergleichbaren verzehrmengen (in ml) von bier oder wein anzugeben und schließlich der satz anzufügen: „die geringe alkoholmenge in diesem arzneimittel hat keine wahrnehmbaren auswirkungen“. für die zulässigkeit des streitgegenständlichen hinweises „ohne alkohol (ethanol)“ lässt sich daraus nichts ableiten. ferner gilt weiterhin, dass bei der verwendung von ethanol im herstellungsprozess (z. b. bei der beschichtung von tabletten) oder als extraktionsmittel, das verdampft wird, keine notwendigkeit besteht, ethanol in der packungsbeilage zu erwähnen (s. 2 sowie kommentar im annex zu ethanol). 116vgl. dazu auch die besonderheitenliste des bfarm, stand 1. juni 2022, zusatzinformationen. 117auch aus den änderungen im annex zu anderen stoffen ergeben sich keine anhaltspunkte dafür, dass die freiwillige angabe „ohne alkohol (ethanol)“ zulässig wäre. so ist für gluten aus weizenstärke nun die angabe in der packungsbeilage vorgesehen, das arzneimittel enthalte nur sehr geringe mengen gluten und es gelte als „glutenfrei“. daraus lässt sich nichts für die generelle zulässigkeit von „ohne..“-angaben, erst recht nicht für die zulässigkeit des „ohne alkohol (ethanol)“-hinweises auf der faltschachtel und dem etikett im streitfall ableiten. 118auch die weiter im verfahren von den beteiligten angeführten dokumente der europäischen arzneimittelagentur (ema) rechtfertigen keine andere betrachtung. sie sind rechtlich unverbindlich und darüber hinaus für den vorliegenden streitfall ganz überwiegend inhaltlich ohne aussagekraft. die empfehlungen der working group on quality review of documents (qrd) „recommendations on pack design and labelling for centrally authorised non-prescription human medicinal products“ (vom 10. märz 2011, ema/275297/2010) beziehen sich auf zentral durch die ema zugelassene arzneimittel. die fragen und antworten zu gluten („questions and answers on wheat starch containing gluten in the context of the revision of the guideline on excipients in the label and package leaflet of medicinal products for human use“, ema/chmp/704219/2013) betreffen schon einen nicht vergleichbaren stoff, zu dem inzwischen auch die excipients-guideline die oben wiedergegebene empfehlung enthält. die fragen und antworten zu ethanol („questions and answers on ethanol in the context of the revision of the guideline on excipients in the label and package leaflet of medicinal products for human use“ vom 23. januar 2014, cpmp/463/00), 119https://www.ema.europa.eu/en/documents/scientific-guideline/questions-answers-ethanol-context-revision-guideline-excipients-label-package-leaflet-medicinal_en.pdf, 120enthalten vorschläge für die überarbeitung des annexes der excipients-guideline, der aus den vorstehend angeführten gründen für die hier streitige frage unergiebig ist; zur zulässigkeit von hinweisen wie „ohne alkohol (ethanol)“ verhalten sie sich ebenfalls nicht. entsprechendes gilt für das dokument des chmp zum wissenschaftlichen hintergrund „information for the package leaflet regarding ethanol used as an excipient in medicinal products for human use“ (vom 20. september 2018, ema/chmp/43486/2018), 121https://www.ema.europa.eu/en/documents/scientific-guideline/information-package-leaflet-regarding-ethanol-used-excipient-medicinal-products-human-use_en.pdf. 122die arbeitsgruppe qrd hat sich zwar in der sitzung vom 2. märz 2016 (ema, minutes of the eighty-seventh meeting of the „working group on quality review of documents“, ema/189974/2016) dahingehend geäußert, dass hinweise wie gluten-/alkohol-/zuckerfrei als werbung eingestuft würden und von keinem zusätzlichen wert seien. diese einschätzung ist allerdings nicht nur unverbindlich, sondern zudem durch die überarbeitung der excipients-guideline überholt. 123ist die angabe danach schon aus diesen gründen gemäß § 10 abs. 1 satz 5 amg unzulässig, kommt es nicht darauf an, ob sie auch als werbeaussage im sinne von art. 62 richtlinie 2001/83/eg - in richtlinienkonformer anwendung des § 10 abs. 1 satz 5 amg - unzulässig ist. 124b. auch die angabe „ohne zuckerzusatz“ auf der faltschachtel und dem etikett ist arzneimittelrechtlich unzulässig. 125sie ist zwar - anders als der hinweis „ohne alkohol (ethanol)“ - zutreffend, da dem produkt im herstellungsverfahren unstreitig kein zucker zugesetzt wird. der senat geht auch nicht davon aus, dass die angabe den falschen eindruck vermittelt, die hustentropfen enthielten kaum oder keinen zucker. die information ist aber schon deshalb nicht für den patienten und dessen gesundheitliche aufklärung wichtig, weil sie nichts über den tatsächlichen zuckergehalt des produkts aussagt. die streitgegenständlichen hustentropfen enthalten natürlichen zucker aufgrund des wirkstoffs thymian. der umstand, dass im herstellungsverfahren kein zucker zugesetzt wurde, ist auch für die anwendung des arzneimittels nicht von bedeutung. er hat keine gebrauchssichernde funktion. 126selbst wenn man davon ausgeht, der zuckergehalt der hustentropfen sei so gering, dass er keine negativen gesundheitlichen effekte habe, führt dies zu keinem anderen ergebnis. auch hier gilt die obige erwägung zum hinweis „ohne alkohol (ethanol)“, dass ein nicht enthaltener stoff auch keine auswirkungen auf die gesundheit des patienten hat. 127nichts anderes ergibt sich aus dem von der klägerin angeführten gesichtspunkt der zahngesundheit, wobei schon zweifelhaft erscheint, dass dieser aspekt auch für hustentropfen in betracht kommt, die im unterschied zu hustensaft keine sirupartige konsistenz aufweisen. ob patienten oder ihre eltern bei hustentropfen davon ausgehen, dass diese zucker enthalten, kann dahinstehen. es ist für die frage der zulässigkeit des hinweises auf den fehlenden zuckerzusatz nicht relevant. die angabe eines beachtlichen zuckergehalts (und der daraus folgenden konsequenzen für die zahnpflege) stünde im zusammenhang mit der anwendung des arzneimittels und diente der aufklärung über dessen risiken. umgekehrt gilt dies hingegen nicht. enthält ein arzneimittel keinen zahnschädigenden zucker, ist hinsichtlich der zahnhygiene auch nichts zu beachten und der patient über kein risiko aufzuklären. dass der hinweis auf die zuckerfreiheit die compliance erhöhen mag, genügt ebenfalls aus den bereits zum ethanol ausgeführten gründen nicht den tatbestandlichen anforderungen des § 10 abs. 1 satz 5 amg. 128c. dem in der mündlichen verhandlung hilfsweise gestellten beweisantrag der klägerin, „beweis zu erheben über die frage, dass nach dem jeweils bestehenden medizinisch-wissenschaftlichen erkenntnisstand die angaben „ohne alkohol (ethanol)/ohne zuckerzusatz“ mit der anwendung des streitgegenständlichen produkts im zusammenhang stehen und für die gesundheitliche aufklärung der patienten wichtig sind und insbesondere keine medizinisch-pharmazeutisch fehlerhafte information vermitteln“, musste der senat nicht nachkommen. 129der beweisantrag ist bereits wegen mangelnder substantiierung unzulässig. unsubstantiierten beweisanträgen muss das gericht nicht nachgehen. die gebotene substantiierung besteht in der nennung eines bestimmten beweismittels und in der behauptung einer bestimmten tatsache. unsubstantiiert sind aber nicht nur beweisanträge, die das beweisthema nicht hinreichend konkretisieren, sondern auch beweisanträge, die dazu dienen sollen, unsubstantiierte behauptungen zu stützen, etwa solche, die erkennbar ohne jede tatsächliche grundlage erhoben worden sind. das substantiierungsgebot verlangt, dass die tatsache vom antragsteller mit einem gewissen maß an bestimmtheit als wahr und mit dem angegebenen beweismittel beweisbar behauptet wird. finden sich im gesamten prozessstoff keine tatsächlichen anhaltspunkte für die aufgestellte behauptung und gibt der antragsteller für eine von ihm angestellte vermutung nicht die geringste tatsächliche grundlage an, darf das gericht den schluss ziehen, die behauptung sei „aus der luft gegriffen“ oder „ins blaue hinein“ aufgestellt worden. in einem derartigen fall geht es dem antragsteller nur darum, ermitteln zu lassen, ob seine auf keine anhaltspunkte gestützte behauptung nicht vielleicht doch wahr ist. 130vgl. bverwg, beschlüsse vom 24. september 2012 - 5 b 30.12 -, juris rn. 9, vom 2. november 2007 - 7 bn 3.07 -, juris rn. 5, und vom 29. märz 1996 - 11 b 21.95 -, juris rn. 4. 131hier hat die klägerin mit der formulierung ihres beweisantrags entgegen § 244 abs. 3 satz 1 stpo in entsprechender anwendung schon kein bestimmtes beweismittel bezeichnet. es ist auch nicht ohne weiteres erkennbar, mit welchem beweismittel die von ihr mit dem beweisantrag aufgestellte behauptung verifiziert werden könnte. zwar dürfte es der klägerin um die einholung eines sachverständigengutachtens gehen und ist ferner die namentliche benennung eines sachverständigen nicht geboten. auch spricht einiges dafür, dass hinsichtlich des mit „insbesondere“ eingeleiteten teilaspekts der beweisfrage die einholung eines medizinischen und/oder pharmazeutischen sachverständigengutachtens begehrt wird. allerdings ist gänzlich unklar und von der klägerin auch nicht weiter in der mündlichen verhandlung thematisiert worden, welche weiteren aspekte sie mit der umfassender formulierten beweisfrage geklärt haben möchte und welche einrichtungen, institutionen oder wissenschaftler welcher fachrichtung insoweit über erkenntnisse verfügen könnten. 132ferner handelt es sich bei der tatsache, dass die angabe „ohne alkohol (ethanol)“ keine medizinisch-pharmazeutisch fehlerhafte information (zu dem streitgegenständlichen produkt) vermittelt, um eine unsubstantiierte, ohne tatsächliche anhaltspunkte aufgestellte behauptung. denn die beteiligten haben sich im erstinstanzlichen verfahren darauf verständigt, dass in einer maximalen einzeldosis von 2,3 ml hustentropfen maximal 2,16 mg ethanol enthalten sind, weshalb - wie oben ausgeführt - die angabe „ohne alkohol (ethanol)“ pharmazeutisch unzutreffend ist. die bloße behauptung, es handle sich lediglich um wenige moleküle an ethanol, bietet keine tatsächliche grundlage dafür, dass entgegen den erstinstanzlichen erklärungen die hustentropfen kein ethanol mehr enthalten. 133was die angabe „ohne zuckerzusatz“ angeht, ist die beweistatsache als erwiesen und damit nicht mehr beweisbedürftig anzusehen, § 244 abs. 3 satz 3 nr. 3 stpo analog. dass dieser hinweis inhaltlich zutrifft und damit keine medizinisch-pharmazeutisch fehlerhafte information vermittelt, steht nicht im streit und hat der senat auch angenommen. 134abgesehen davon ist der beweisantrag deshalb abzulehnen, weil er hinsichtlich des beweisthemas unzulässig ist. er ist nicht auf die ermittlung einer tatsache, sondern auf die beantwortung einer rechtsfrage gerichtet, die einer beweiserhebung nicht zugänglich, sondern durch das gericht zu beantworten ist (vgl. § 244 abs. 3 satz 1 und 2 stpo analog). 135vgl. bverfg, beschluss vom 18. februar 1988 ‑ 2 bvr 1324/87 -, bayvbl. 1988, 268 = juris rn. 14; ovg nrw, beschluss vom 23. september 2009 - 13 a 987/09 -, juris rn. 15; julius, in: gercke/ julius/ temming/zöller, strafprozessordnung, 6. auflage 2019, § 244 rn. 28 und 45. 136mit dem benannten beweisthema, ob die angaben „ohne alkohol (ethanol)/ohne zuckerzusatz“ mit der anwendung des streitgegenständlichen produkts im zusammenhang stehen und für die gesundheitliche aufklärung der patienten wichtig sind, werden exakt die in § 10 abs. 1 satz 5 amg genannten tatbestandsvoraussetzungen wiedergegeben. ob die angaben „ohne alkohol (ethanol)/ohne zuckerzusatz“ diese im streitfall erfüllen, ist nicht durch eine beweiserhebung zu ermitteln, sondern durch das gericht zu entscheiden. 1372. die auflagen f3. und f4., wonach in den texten für die packungsbeilage und die fachinformation die hinweise zum fehlenden alkohol/ethanol zu streichen sind, stellen sicher, dass die packungsbeilage den vorschriften des § 11 amg (§ 28 abs. 2 nr. 2 amg) und die fachinformation den vorschriften des § 11a amg entspricht (§ 28 abs. 2 nr. 2a amg). 138dass die auflage f3. in den texten für die packungsbeilage und die fachinformation die streichung des hinweises „…enthält keinen alkohol“ fordert, der wortlaut der eingereichten texte aber „enthalten kein alkohol (ethanol)“ in der gebrauchsinformation und „enthalten kein ethanol“ in der fachinformation lautet, ist unerheblich. dass die beklagte die streichung dieser texte fordert, lässt sich dem bescheid zweifelsfrei entnehmen. 139die beanstandeten hinweise, bei denen es sich nicht um pflichtangaben handelt, sind unzulässig. weitere angaben in der packungsbeilage (§ 11 abs. 1 satz 7 amg) und der fachinformation (§ 11a abs. 1 satz 6 amg) sind - soweit sie nicht (wie hier) durch eine verordnung der europäischen gemeinschaft oder der europäischen union vorgeschrieben oder bereits nach einer solchen verordnung zulässig sind - zulässig, soweit sie mit der anwendung des arzneimittels im zusammenhang stehen, für die gesundheitliche aufklärung der patienten wichtig sind und den angaben nach § 11a amg nicht widersprechen. 140die tatbestandlichen voraussetzungen entsprechen damit denen des § 10 abs. 1 satz 5 amg. zulässig sind nur gebrauchssichernde informationen. 141vgl. pannenbecker, in: kügel/müller/hofmann, a. a. o., § 11 rn. 52, § 11a rn. 21. 142bei der an die patienten gerichteten packungsbeilage ergibt sich dies auch daraus, dass ihr der zweck zukommt, eine sachgerechte anwendung des arzneimittels zu gewährleisten. sie soll dem patienten alle informationen geben, die für eine ordnungsgemäße anwendung des arzneimittels und die mit der anwendung verbundenen risiken von bedeutung sind. 143vgl. kloesel/cyran, a. a. o., § 11 anm. 1 und 82; fuhrmann, in: fuhrmann/klein/fleischfresser, a. a. o., § 8 rn. 9. 144in ähnlicher weise kommt der an das heilberuflich tätige fachpublikum adressierten fachinformation die funktion zu, den fachkreisen die für eine sichere anwendung des arzneimittels notwendigen wissenschaftlichen informationen zu geben. 145vgl. kloesel/cyran, a. a. o., § 11a anm. 2. 146die restriktive zulassung weiterer angaben soll auch bei der gebrauchs- und fachinformation verhindern, dass die verwender von den pflichtinformationen abgelenkt werden. dies gilt nicht nur für die packungsbeilage, sondern auch für die fachinformation. auch sie ist auf die anwendung des arzneimittels bezogen. zulässig sind etwa solche angaben, mit denen die wirkungsweise des arzneimittels nachvollzogen werden kann. angaben, die keinen zusammenhang mit dem therapeutischen einsatz des arzneimittels aufweisen, gehören hingegen nicht in die fachinformation. 147vgl. bverwg, urteil vom 23. april 2020 ‑ 3 c 22.18 -, a. a. o., juris rn. 13 ff. 148hiervon ausgehend sind die hinweise in der gebrauchs- und fachinformation nicht nach § 11 abs. 1 satz 7 amg und § 11a abs. 1 satz 6 amg als weitere angaben zulässig. es gelten die ausführungen zu § 10 abs. 1 satz 5 amg entsprechend, auf die bezug genommen wird (siehe ziff. ii.1.a). 149bei der fachinformation fällt zudem besonders ins gewicht, dass der hinweis, es sei kein ethanol enthalten, pharmazeutisch unzutreffend ist. denn für die entsprechend vorgebildeten fachkreise ist die information, es sei kein ethanol enthalten, für die gesundheitliche aufklärung der patienten nicht hilfreich, wenn gleichzeitig erkennbar ist, dass ethanol als auszugsmittel verwendet wurde. auch hier gilt, dass wichtig für die anwendung des arzneimittels nur die angabe sein kann, dass die im arzneimittel enthaltene restmenge an ethanol so gering ist, dass sie keine wahrnehmbaren und damit auch keine gesundheitlichen auswirkungen hat. 150sollte der hilfsbeweisantrag auch auf die beanstandeten angaben in der gebrauchs- und fachinformation zielen, gelten die obigen ausführungen hier entsprechend. 151iii. die angefochtenen auflagen sind auch frei von ermessensfehlern. nach § 28 abs. 2 nr. 1, 2 und 2a amg „kann“ das bfarm bei vorliegen der tatbestandsvoraussetzungen auflagen erteilen. 152ein entschließungsermessen kommt der behörde insoweit aber schon nicht zu. ist die auflage - wie hier - erforderlich, um die übereinstimmung der kennzeichnung, der packungsbeilage und der fachinformation mit den gesetzlichen vorgaben sicherzustellen, besteht die verpflichtung zur anordnung einer auflage. 153vgl. bverwg, urteil vom 23. april 2020 - 3 c 22.18 -, a. a. o., juris rn. 27 f., vorausgehend ausführlich dazu ovg nrw, urteil vom 7. november 2018 - 13 a 3140/17 -, juris rn. 64 ff. 154auf die feststellung einer konkreten gefährdung kommt es nicht an. ebenso wenig bedarf es einer verhältnismäßigkeitsprüfung, die etwa die wirtschaftlichen auswirkungen der maßnahme für den pharmazeutischen unternehmer in den blick nimmt. 155es ist deshalb auch nicht unter dem gesichtspunkt von art. 3 abs. 1 gg i. v. m. dem grundsatz der selbstbindung der verwaltung zu prüfen, ob das bfarm die streichung vergleichbarer hinweise auch gegenüber anderen pharmazeutischen unternehmen angeordnet hat bzw. dies beabsichtigt. ob auch eine verpflichtung der beklagten zur anordnung nachträglicher auflagen gem. § 28 abs. 1 satz 4 amg in altfällen besteht, die nicht aus anlass eines verlängerungsantrags oder im rahmen einer änderungsanzeige zur prüfung stehen, ist daher ebenfalls unerheblich. 156vgl. dazu auch bverwg, urteil vom 23. april 2020 - 3 c 22.18 -, a. a. o., juris rn. 30 f. 157davon abgesehen hat die beklagte im berufungsverfahren mitgeteilt, dass sie in zulassungs- oder verlängerungsverfahren oder bei änderungsanzeigen entsprechende „frei von“-hinweise im rahmen von anhörungen oder widerspruchsverfahren beanstande und dies von der pharmazeutischen industrie ganz überwiegend akzeptiert werde. für eine ungleichbehandlung ist damit auch nichts ersichtlich. 158die ausübung des auswahlermessens ist ebenfalls nicht zu beanstanden. es ist nicht ersichtlich, wie den verstößen gegen die vorgaben der §§ 10, 11 und 11a amg anders abgeholfen werden könnte als durch eine streichung der hinweise. ermessensfehler sind auch nicht erkennbar, soweit nach der auflage f3. der hinweis in den texten für die packungsbeilage und die fachinformation durch den hinweis „das ethanol des auszugsmittels wurde weitestgehend entfernt.“ ersetzt werden kann. die klägerin wird zur aufnahme dieses hinweises nicht verpflichtet („kann“). vielmehr ist er als bloßer formulierungsvorschlag zu verstehen, der dem anliegen der klägerin rechnung tragen soll, etwaigen fehlvorstellungen von patienten und fachpersonal infolge der pflichtangaben zum ethanol entgegenzuwirken. dies wird bestätigt durch die ausführungen im widerspruchsbescheid, wonach es sich um einen „textvorschlag“ handele, der im rahmen der weiteren angaben unterhalb der pflichtangaben „aufgeführt werden könnte“. 159die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 2 vwgo. 160die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 161die revision ist zuzulassen, da die rechtssache im sinne von § 132 abs. 2 nr. 1 vwgo grundsätzliche bedeutung hat. die zulässigkeit von „ohne alkohol“- und „ohne zuckerzusatz“-hinweisen sowie vergleichbaren weiteren angaben, dabei vorgelagert insbesondere die frage nach dem verständnis des art. 62 richtlinie 2001/83/eg und ggf. einer unionsrechtskonformen erweiternden auslegung der §§ 10 abs. 1 satz 5, 11 abs. 1 satz 7, 11a abs. 1 satz 6 amg, ist in der höchstrichterlichen rechtsprechung bisher nicht geklärt und voraussichtlich für eine vielzahl von fällen von bedeutung.
Verklagte*r
0
126,061
8 K 247/14
2016-02-24T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin ab dem 16. April 2013 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. 3Die am X. X. X geborene Klägerin ist serbische Staatsangehörige. Sie reiste am 11. März 2012 erstmals in das Bundesgebiet ein und stellte einen Asylantrag. Im Asylverfahren gab sie gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) an, dass Herr B. I. ihr Ehepartner sei. Dieser, der mit der Klägerin und zwei gemeinsamen Kindern zusammen eingereist war, tätigte in seiner Anhörung dieselbe Aussage. Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 5. Juli 2012 die Anträge der Klägerin, von Herrn I. und den gemeinsamen Kindern als offensichtlich unbegründet ab. Die Rechtsmittel der Klägerin gegen den Bescheid des Bundeamtes hatten keinen Erfolg. 4Unter dem 16. April 2013 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG. Sie sei Mutter des am 21. Januar 2013 geborenen Kindes N. I. , das wegen der Vaterschaftsanerkennung durch einen deutschen Staatsangehörigen die deutsche Staatsangehörigkeit besitze und mit ihr in einem Haushalt lebe. 5Das Standesamt der Stadt Aachen übersandte am 18. April 2013 an die Beklagte einen Auszug aus dem serbischen Heiratsregister vom 12. Dezember 2012, wonach die Ehe der Klägerin mit Herrn I. mit Urteil vom 27. Oktober 2011 geschieden worden sei. In dem Urteil wird ausgeführt, dass die Klägerin und Herr I. einvernehmlich am 16. September 2011 die Ehescheidung beantragt hätten. Es sei im Verlaufe der Zeit zu einer Zerrüttung der Ehe gekommen. Die Klägerin sei im Juni 2011 mit einem ihrer Kinder ausgezogen. Seit diesem Zeitpunkt habe die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr bestanden. Die Stadt Aachen übersandte an die Beklagte zudem die Urkunden über die Anerkennung der Vaterschaft für N. I. und die Erklärung zur gemeinschaftlichen elterlichen Sorge durch den deutschen Staatsangehörigen G. T. vom 19. Februar 2013. 6Am 11. November 2013 erhielt die Ausländerbehörde ein anonymes Schreiben. Danach habe die Tochter der Klägerin keinen deutschen Vater. Die Familie wolle sich durch die Vaterschaftsanerkennung einen Aufenthalt erschleichen und bezahle dem die Vaterschaft anerkennenden Mann hierfür monatlich 200 €. 7Nach einem Vermerk der Ausländerbehörde gab die Klägerin bei einer Vorsprache am 20. Dezember 2013 an, dass sie bei der Einreise in das Bundesgebiet noch mit Herrn I. zusammen gewesen sei. Sie habe Herrn T. Anfang des Jahres 2012 kennengelernt und sei nach mehreren Verabredungen schwanger geworden. 8Am 12. Februar 2014 hat die Klägerin Klage erhoben. 9Am 13. November 2014 erließ das Amtsgericht Aachen gegen die Klägerin einen Strafbefehl – Cs 804 Js 1343/14 – wegen falscher Verdächtigung in zwei Fällen und setzte eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 80 Tagessätzen zu je 10 € fest. Die Klägerin habe am 20. September 2014 der Wahrheit zuwider bei der Polizei angegeben, dass B. I. versucht habe, sie in der gemeinsamen Wohnung zu vergewaltigen. Die Anzeige habe sie aus der Verärgerung über sein Trinkverhalten erstattet und um ihn aus dem Haus zu bekommen. Am 21. September 2014 habe sie erneut die Polizei alarmiert, da Herr I. sie angeblich mit einem Messer bedroht habe. Auch diesmal habe es sich um bewusst falsche Angaben gehandelt. 10Die Klägerin macht zur Begründung ihrer Klage geltend, dass ihr Kind N. I. deutsche Staatsangehörige sei. Die Vaterschaftsanerkennung durch Herrn G. T. habe wirksam erfolgen können, da ihre frühere Ehe mit Herrn I. zuvor geschieden worden sei. Als Mutter eines deutschen Kindes habe sie Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG. Die Sperre des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG wegen des erfolglos durchgeführten Asylverfahrens stehe diesem Anspruch nicht entgegen, da eine geringfügige Verurteilung wegen dem Verwandtschaftsverhältnis zu einem deutschen Staatsangehörigen keinen Ausweisungsgrund darstelle. Als serbische Staatsangehörige habe sie für die Einreise auch kein Visum benötigt. Zumindest habe sie einen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Die Sperre des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG greife nicht ein, da das Bundesamt die Ablehnung ihres Asylantrags als offensichtlich unbegründet nicht zweifelsfrei auf § 30 Abs. 3 Asyl(Vf)G gestützt habe. 11Die Klägerin beantragt, 12die Beklagte zu verpflichten, ihr ab Antragstellung eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, 13hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden. 14Die Beklagte beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Sie führt aus, dass die Untätigkeitsklage bereits unzulässig sei, da die Ausländerbehörde die Entscheidung über den Antrag der Klägerin nicht ohne zureichenden Grund zurückgestellt habe. Mit Schreiben vom 18. Februar 2014 sei die Klägerin um Aufklärung des der Vaterschaft zu Grunde liegenden Sachverhalts gebeten worden, worauf keine Rückmeldung erfolgt sei. Das Kind habe nur dann die deutsche Vaterschaft erwerben können, wenn nicht die Vaterschaft eines anderen Mannes bestehe. Zwar sei die Ehe der Klägerin mit Herrn B. I. offenbar zunächst geschieden worden. Die Klägerin und Herr I. hätten sich im Asylverfahren und auch anschließend jedoch selbst als Eheleute bezeichnet. Soweit die Klägerin und Herr I. im Zeitpunkt der Geburt (erneut) verheiratet gewesen seien, stelle sich die Vaterschaftsanerkennung als schwebend unwirksam dar. Selbst wenn die Vaterschaftsanerkennung wirksam sei, stehe der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen. Überdies könne eine Aufenthaltserlaubnis für die Ausübung der Personensorge auch wegen der Sperrwirkung des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG auf Grund des negativen Abschlusses des Asylverfahrens nicht erteilt werden. Die Sperrwirkung trete nur dann nicht ein, wenn ein Anspruch auf die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis bestehe. Dies sei nicht der Fall, da die Klägerin wegen des Strafbefehls einen Ausweisungsgrund verwirklicht habe. Zudem sei die Klägerin ohne das erforderliche Visum eingereist; die Voraussetzungen des § 39 Nr. 5 AufenthV lägen nicht vor. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Diesem stehe § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG entgegen, da der Asylantrag unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 30 Abs. 3 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden sei. 17Die Kammer hat eine Auskunft bei der Deutschen Botschaft Belgrad eingeholt zu der Frage, ob die von der Klägerin getätigten Angaben zu ihrer Ehescheidung zutreffend sind. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 18Entscheidungsgründe: 19Die Klage hat Erfolg. 20Sie ist zulässig. 21Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Klage als Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO zulässig. Nach dieser Vorschrift ist die Klage abweichend von § 68 VwGO zulässig, wenn über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. 22Diese Voraussetzungen liegen vor, da die Klägerin bereits im April 2013 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beantragt hatte, also im Zeitpunkt der Klageerhebung im Februar 2014 mehr als drei Monate seit Antragstellung vergangen sind. Auf die Frage, ob die Beklagte über den Antrag aus einem nicht zureichenden Grund nicht entschieden hat, kommt es für die Zulässigkeit der Klage nicht an. Denn dies ist nach § 75 Satz 3 VwGO nur hinsichtlich der Entscheidung zu berücksichtigen, ob das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aussetzt. 23Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, § 113 Abs. 5 VwGO. 24Die Klägerin hat allerdings keinen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG. Nach dieser Vorschrift ist dem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. 25Einem Anspruch der Klägerin nach dieser Vorschrift steht die Sperrwirkung des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG entgegen. Gemäß dieser Regelung darf einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist oder der seinen Asylantrag zurückgenommen hat, vor der Ausreise nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 des AufenthG ein Aufenthaltstitel erteilt werden. Die Voraussetzungen der Vorschrift liegen vor, da das Asylverfahren der Klägerin nach dem ablehnenden Bescheid des Bundesamtes vom 5. Juli 2012 und der Rücknahme ihrer Klage am 4. Juni 2013 bestandskräftig zu ihren Ungunsten abgeschlossen wurde. 26Die Sperrwirkung des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG entfällt auch nicht auf Grund der Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG. Hiernach findet die Sperrwirkung im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung. Ein Anspruch der Klägerin im Sinne der Vorschrift besteht nicht. 27Der von der Vorschrift vorausgesetzte "Anspruch" muss ein strikter Rechtsanspruch sein, der sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Ein Anspruch aufgrund einer Ermessensvorschrift genügt auch dann nicht, wenn das Ermessen im Einzelfall "auf Null" reduziert ist. Dies ergibt sich aus der Systematik des Aufenthaltsgesetzes, der Entstehungsgeschichte sowie aus Sinn und Zweck der Vorschrift. Ein strikter Rechtsanspruch besteht ferner dann nicht, wenn bei Fehlen einer allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzung aufgrund des Vorliegens einer atypischen Sondersituation ein Ausnahmefall angenommen und so ein Anspruch auf Erteilung des Aufenthaltstitels bejaht wird. Nach der gesetzlichen Regel ist in diesen Fällen nämlich eine Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich nicht zu erteilen. Der Gesetzgeber hat hier gerade keine Entscheidung für ein - zumindest regelmäßig - zu erteilendes Aufenthaltsrecht getroffen, so dass über die Subsumtion unter die zwingenden bzw. regelhaften Voraussetzungen hinaus, zu prüfen ist, ob ein atypischer Fall vorliegt, in dem ausnahmsweise eine Erteilungsvoraussetzung nicht greift, 28vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - 1 C 37/07 -, BVerwGE 132, 382 = juris, Rn. 20 ff., und Beschluss vom 16. Februar 2012 - 1 B 22.11 -, juris, Rn. 4; für die vergleichbare Problematik bei § 5 Abs. 2 Satz 2 1. Alt. AufenthG vgl. auch BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2014 - 1 C 15/14 -, NVwZ-RR 2015, 313 = juris, Rn. 5. 29Ein Anspruch in diesem Sinne liegt nicht vor, da die Klägerin nicht die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG (Nichtbestehen eines Ausweisungsinteresses) erfüllt. 30Hinsichtlich der Klägerin liegt das Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG vor. Nach dieser Vorschrift besteht ein Ausweisungsinteresse, wenn ein Ausländer einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist. 31Gegen die Klägerin wurde ein Strafbefehl wegen falscher Verdächtigung (§ 164 StGB) in zwei Fällen erlassen. Hierdurch hat sie einen nicht nur vereinzelten (zwei Fälle) und auch einen nichtgeringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen. Denn eine Geringfügigkeit kann im Fall einer vorsätzlichen Straftat regelmäßig nicht mehr angenommen werden, 32vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1996 - 1 C 9/94 -, BVerwGE 102, 63 = juris, Rn. 20. 33Gründe, die es rechtfertigen würden, trotz der vorsätzlichen Begehung ausnahmsweise eine geringfügige Tat anzunehmen, liegen nicht vor. Solche Gründe können insbesondere entgegen der Ansicht der Klägerin nicht darin gesehen werden, dass sie Mutter eines deutschen Kindes sei. Diese Tatsache wäre bei der Bewertung des Bleibeinteresses zu berücksichtigen (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG), steht aber in keinem Zusammenhang zu der Tatbegehung und wirkt sich auf die Beurteilung der Schwere der Tat deshalb nicht aus. 34Die Klägerin kann der Nichterfüllung der Regelerteilungsvoraussetzung auch nicht damit entgegentreten, dass zumindest wegen ihres deutschen Kindes das Bleibeinteresse das Ausweisungsinteresse überwiege. Denn hierauf kommt es nicht an. Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ist nur das Nichtvorliegen eines (abstrakten) Ausweisungsinteresses. Es stellt sich nicht die Frage, ob die Beklagte nach Abwägung des Ausweisungs- und Bleibeinteresses rechtmäßig eine Ausweisungsverfügung erlassen könnte, 35vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. August 2015 - 11 S 1500/15 -, juris, Rn. 9 (für die ab dem 1. August 2015 geltende Neufassung von § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG); für die vorherige Fassung der Vorschrift: BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2014 - 1 C 15/14 -, a.a.O., Rn. 7; offen gelassen von BayVGH, Urteil vom 9. Dezember 2015 - 19 B 15.1066 -, juris, Rn. 21. 36Die Klägerin hat jedoch einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Nach Satz 1 der Vorschrift kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Gemäß Satz 2 der Vorschrift soll die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. 37Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG steht die Sperre des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift darf vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden, sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 bis 6 AsylG abgelehnt wurde. § 30 Abs. 3 AsylG erlaubt die Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet, wenn bei der Asylantragstellung einer der unter den Nrn. 1 bis 6 genannten Missbrauchstatbestände verwirklicht wurde. 38Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 3 AsylG voraus, dass sich aus dem Bescheid des Bundesamts für den Betroffenen eindeutig ergibt, dass der Offensichtlichkeitsausspruch gerade auf diese Vorschrift gestützt wird. Die bloße Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet reicht hierfür nicht aus, weil das Gesetz nicht nur in den Fällen des § 30 Abs. 3 AsylG, sondern auch in anderen Fällen eine derartige Ablehnung vorsieht. So ist nach § 30 Abs. 1 AsylG ein Asylantrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter oder für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen, was in Absatz 2 der Vorschrift beispielhaft erläutert wird. Bei Vorliegen von Ausschlussgründen nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG oder § 3 Abs. 2 AsylG schreibt § 30 Abs. 4 AsylG ebenfalls die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet vor. Für eine Ablehnung als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 3 AsylG ist es deshalb in der Regel erforderlich, dass die Vorschrift, wenn schon nicht im Tenor, so doch zumindest in der Begründung des Bescheides ausdrücklich genannt wird. Angesichts der gravierenden Rechtsfolgen, die § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG an eine solche qualifizierte Ablehnung knüpft und die nur durch Einlegung von Rechtsmitteln gegen diese Ablehnung vermieden werden können, ist es ein Gebot der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, dass die Rechtsgrundlage für den Offensichtlichkeitsausspruch für den Betroffenen insoweit eindeutig und klar erkennbar ist. Dies ist auch mit Blick auf die Ausländerbehörde geboten, die nach der gesetzlichen Konzeption im aufenthaltsrechtlichen Verfahren an den Bescheid des Bundesamts gebunden ist und ihm ohne eigene inhaltliche Prüfung eindeutig entnehmen können muss, dass der Offensichtlichkeitsausspruch auf einen der Missbrauchstatbestände des § 30 Abs. 3 AsylG gestützt wurde, 39vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 - 1 C 30/08 -, BVerwGE 134, 335 = juris, Rn. 19. 40Diesen Anforderungen genügt der Bescheid des Bundesamtes vom 5. Juli 2012 nicht. In der Begründung des Bescheids führt das Bundesamt auf Seite 2 aus: 41„Die Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt. 42Ein unbegründeter Antrag ist gem. § 30 Abs. 3 AsylVfG unter den dort genannten Voraussetzungen als offensichtlich unbegründet abzulehnen.“ 43Weitere Ausführungen zu § 30 Abs. 3 AsylG enthält der Bescheid nicht. Zwar nimmt das Bundesamt (anders als in dem der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liegenden Sachverhalt) nicht auf andere Rechtsgrundlagen des AsylG, die eine Ablehnung als offensichtlich unbegründet rechtfertigen würden, Bezug. Die nur einmalige Nennung der Vorschrift, die nicht im Tenor des Bescheids, sondern in dessen Begründung erfolgt, lässt aber dennoch nicht den sicheren Schluss zu, dass das Bundesamt die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet auf diese Vorschrift stützen wollte. Denn der Bescheid ist – trotz der ausdrücklichen Nennung der Vorschrift - deshalb nicht eindeutig, da er weder die Ziffer (Nr. 1 bis 6) des § 30 Abs. 3 AsylG benennt, auf die die Ablehnung gestützt wird, noch die weiteren Ausführungen in dem Bescheids sich auch nur ansatzweise mit den Voraussetzungen von § 30 Abs. 3 AsylG auseinander setzen. 44Die vorstehend zitierten Sätze aus dem Bescheid des Bundesamtes erschöpfen sich in einer bloßen (eingeschränkten) Wiedergabe des Gesetzestextes von § 30 Abs. 3 Asyl(Vf)G. An einer Subsumtion unter die Voraussetzungen der Vorschrift fehlt es hingegen. Das Bundesamt hat als Begründung für die Ablehnung der Asylanträge der Klägerin, ihres vermeintlichen Ehemanns und der beiden gemeinsamen Kinder im Wesentlichen angegeben, dass ihr Vortrag nicht asylrelevant sei und die serbischen Behörden in der Lage seien, Schutz zu bieten. Diese Ausführungen würden aber nur die Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 1 AsylG (Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft liegen offensichtlich nicht vor) rechtfertigen. Sie lassen sich hingegen nicht unter einen Tatbestand des § 30 Abs. 3 Nr. 1 bis 6 AsylG subsumieren. 45Etwas Anderes folgt auch nicht daraus, dass die Ausländerbehörde an das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamts gebunden ist und nach der Entscheidung des Gesetzgebers gerade keine inhaltliche Überprüfung des Bescheids vornehmen soll, 46vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 - 1 C 30/08 -, a.a.O., Rn. 19 f. 47Denn dies schließt nur die Möglichkeit bzw. Verpflichtung der Ausländerbehörde aus, im Fall der eindeutigen Ablehnung nach § 30 Abs. 3 AsylG diese materiell auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Soweit ein Asylsuchender sich gegen die Ablehnung seines Antrags als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 3 AsylG wehren will, muss er dieses Ziel mit einer Klage gegen den Bundesamtsbescheid verfolgen und kann diese ggf. auf die Aufhebung des Offensichtlichkeitsurteils beschränken. Von der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer auf § 30 Abs. 3 AsylG gestützten Entscheidung ist aber die Frage zu unterscheiden, ob das Bundesamt überhaupt eine Entscheidung auf Grundlage dieser Vorschrift getroffen hat. Insofern obliegt der Ausländerbehörde, deren Entscheidung insofern der vollständigen gerichtlichen Kontrolle unterworfen ist, eine Prüfpflicht des Bescheids. In einem Zweifelsfall - so wie hier -, in dem die Auslegung des Bescheids nicht eindeutig ergibt, dass das Bundesamt eine Entscheidung nach § 30 Abs. 3 AsylG getroffen hat, tritt die Sperrwirkung des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nicht ein. 48Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG liegen vor. 49Die Klägerin kann sich auf ein rechtliches Ausreisehindernis nach Art. 6 GG und Art. 8 EMRK wegen der Beziehung zu ihrem deutschen Kind berufen. 50Die sich aus Art. 6 Abs. 1 GG ergebenden Schutzpflichten sind zwar vornehmlich in den speziellen Verfahren auf Familiennachzug (§§ 27 ff. AufenthG) geltend zu machen. Ein sich aus Art. 6 Abs. 1 GG oder Art. 8 EMRK ergebendes Abschiebungsverbot ist im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG aber dann von Bedeutung, wenn sich der Ausländer auf die Ansprüche nach den §§ 27 ff. AufenthG wegen der Sperrwirkungen des § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG oder - wie hier - des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nicht berufen kann, 51vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29. Juni 2011 - 2 O 52/11 -, juris, Rn. 5; VG Aachen, Urteil vom 24. Juli 2013 - 8 K 2210/11 -, juris, Rn. 54; VG Magdeburg, Urteil vom 8. Oktober 2010 - 1 A 70/11-, juris, Rn. 22. 52Art. 6 GG gewährt keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt. Das Grundgesetz überantwortet die Entscheidung, in welcher Zahl und unter welchen Voraussetzungen Fremden Zugang zum Bundesgebiet ermöglicht werden soll, weitgehend der gesetzgebenden und der vollziehenden Gewalt. Dem Ziel der Begrenzung des Zuzugs von Ausländern darf von Verfassungs wegen erhebliches Gewicht beigemessen werden. Allerdings verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörde, bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren oder über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des den (weiteren) Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, d.h. entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Dieser verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz der Familie entspricht ein Anspruch des Trägers des Grundrechts aus Art. 6 GG darauf, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über das Aufenthaltsbegehren seine familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen. Dabei ist grundsätzlich eine Betrachtung des Einzelfalles geboten, bei der auf der einen Seite die familiären Bindungen zu berücksichtigen sind, auf der anderen Seite aber auch die sonstigen Umstände des Einzelfalls. Bei der erforderlichen Abwägung aller für und gegen den weiteren Aufenthalt sprechenden Gesichtspunkte kommt es unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes u.a. darauf an, ob die Folgen der Beendigung des Aufenthalts im Hinblick auf die schutzwürdigen familiären Bindungen hinnehmbar sind, 53vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 9. Januar 2009 - 2 BvR 1064/08 -, InfAuslR 2009, 150 = juris Rn. 14, und vom 1. Dezember 2008 - 2 BvR 1830/08 -, juris, Rn. 25 ff. 54Art. 8 EMRK vermittelt ebenfalls keinen unmittelbaren Anspruch auf ein Aufenthaltsrecht. Jeder Staat hat nach Völkerrecht und gemäß seinen vertraglichen Verpflichtungen die Befugnis, Einreise und Aufenthalt von Fremden in seinem Territorium zu regeln. Die Konvention garantiert Fremden nicht das Recht, in ein bestimmtes Land einzureisen oder sich dort aufzuhalten. Allerdings muss der Vertragsstaat bei Maßnahmen, die einen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens nach Art. 8 EMRK darstellen, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. In das Recht auf Achtung des Familienlebens wird nicht nur im Falle einer Ausweisung bzw. Abschiebung, sondern auch im Falle der Verweigerung eines Aufenthaltsrechts eingegriffen, wenn diese zur Aufenthaltsbeendigung führt, 55vgl. EGMR, Urteil vom 31. Januar 2006 - 50435/99 - (da Silva und Hoogkamer), InfAuslR 2006, 298. 56Der Staat muss ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Immigration betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von im Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, verletzt eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen Art. 8 EMRK, 57vgl. EGMR, Urteile vom 31. Juli 2008 - 265/07 - (Omoregie), InfAuslR 2008, 421, und vom 28. Juni 2011 - 55597/09 - (Nunez). 58Hier besteht ein rechtliches Ausreisehindernis aus Art. 6 GG, Art. 8 EMRK, da die Führung der familiären Lebensgemeinschaft der Klägerin mit ihrem Kind nur im Bundesgebiet möglich ist. Ihr Kind kann als deutsche Staatsangehörige nicht darauf verwiesen werden, seinen Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets mit der Klägerin zu nehmen. 59Dass das Kind der Klägerin die deutsche Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 1 Satz 2 StAG auf Grund der Anerkennung der Vaterschaft durch den deutschen Staatsangehörigen G. T. erworben hat, steht zur Überzeugung der Kammer fest. Zwar bestehen aus Sicht der Kammer wegen der Ehescheidung kurz vor der Ausreise, den Angaben im Asylverfahren und der Geburt des Kindes nur ca. neun Monate nach der Einreise Zweifel an der biologischen Vaterschaft von Herrn G. T. . Nach der von der Kammer eingeholten Auskunft treffen aber die Angabe der Klägerin über ihre Ehescheidung zu, sodass eine Vaterschaftsanerkennung rechtlich möglich war, da dieser nicht die (vorrangige) Vaterschaft des Ehepartners nach § 1592 Nr. 1 BGB entgegenstand. Aus den von dem Gericht eingeholten Unterlagen ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin nach der Scheidung und vor der Geburt ihres dritten Kindes Herrn I. erneut geheiratet hätte. Sie hat dies in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage auch verneint. Dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Als (zumindest) rechtlicher Vater vermittelt Herr G. T. seiner Tochter die deutsche Staatsangehörigkeit, ohne dass es darauf ankäme, ob er auch der biologische Vater ist. 60Entgegen der Ansicht der Beklagten steht einem Aufenthaltsrecht der Klägerin auch der Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht entgegen. Selbst wenn Herr G. T. nicht der biologische Vater der Tochter der Klägerin sein und die Vaterschaftsanerkennung nur zur Schaffung eines Aufenthaltsrechts für die Klägerin erfolgt sein sollte, stünde dies dem Anspruch der Klägerin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht entgegen. Die Umstände der Vaterschaftsanerkennung muss die Kammer deshalb nicht weiter aufklären. 61Es fehlt an einer gesetzlichen Grundlage, um eine möglicherweise rechtsmissbräuchliche Vaterschaftsanerkennung zulasten der Klägerin zu berücksichtigen. 62Der Gesetzgeber hat auf die Problematik von missbräuchlichen Vaterschaftsanfechtungen im Jahr 2008 durch die Schaffung der Möglichkeit der Behördenanfechtung in § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB reagiert (Gesetz zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft vom 13. März 2008, BGBl. I S. 313). Hintergrund war der Eindruck des Gesetzgebers, dass das im Familienrecht gezielt voraussetzungsarm ausgestaltete Instrument der Vaterschaftsanerkennung (§ 1592 Nr. 2 BGB) in bestimmten Konstellationen zur Umgehung der gesetzlichen Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts genutzt wird. Die Regelungen der Vaterschaftsanerkennung lassen es zu, die Vaterschaft für ein ausländisches Kind anzuerkennen, um beim Kind den automatischen Abstammungserwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 1 oder 3 StAG herbeizuführen und so mittels Familiennachzugs nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG ein Aufenthaltsrecht des ausländischen Elternteils zu begründen oder zu stärken, 63vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 6/10 -, BVerfGE 135, 48 = juris, Rn. 2 unter Verweis auf BT-Drs. 16/3291, insbesondere S. 1f., 9 und 11. 64Der Verlust der Staatsangehörigkeit durch Vaterschaftsanfechtung ist zwar nicht ausdrücklich geregelt. Er wird aber aus der generellen Anknüpfung des Abstammungserwerbs der Staatsangehörigkeit an das familienrechtliche Abstammungsrecht abgeleitet. Abstammungsrechtlich fällt die Vaterschaft bei erfolgreicher Anfechtung nach ständiger Rechtsprechung der Zivilgerichte rückwirkend weg. Mit dem rückwirkenden Wegfall der Vaterschaft entfällt nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ex tunc auch die nach § 4 Abs. 1 oder Abs. 3 StAG auf Abstammung gründende deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes. Denn bei rückwirkendem Wegfall der Vaterschaft haben bei nachträglicher Betrachtung auch die Voraussetzungen für den auf die Abstammung gestützten Staatsangehörigkeitserwerb des Kindes nie vorgelegen, 65vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 6/10 -, a.a.O., Rn. 16, m.w.N. 66Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 6/10 - die behördliche Vaterschaftsanerkennung nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB jedoch für nichtig erklärt. Damit besteht de lege lata keine Möglichkeit mehr für die Ausländerbehörden, auf der Ebene des Familienrechts gegen missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung vorzugehen. 67Dass der Gesetzgeber sich dazu entschlossen hatte, das Problem der missbräuchlichen Vaterschaftsanfechtung auf der Ebene des Familienrechts zu regeln, steht der von der Beklagten befürworteten Annahme eines Rechtsmissbrauchs auf der Ebene des AufenthG entgegen. Es ist insoweit zunächst zu berücksichtigen, dass das AufenthG detailliert die Voraussetzungen für den Erhalt eines Aufenthaltstitels normiert. Schon dies spricht dagegen, einen Aufenthaltstitel trotz Vorliegens der Voraussetzungen wegen des im AufenthG nicht positiv normierten Grundsatzes des Rechtsmissbrauchs zu versagen. Die Versagung des Aufenthaltstitels würde grundrechtlich armierte Rechte der Mutter und (vor allem) des Kindes aus Art. 6 GG (sowie Rechte aus Art. 8 EMRK) betreffen. Hierfür bedarf es aber unter Berücksichtigung des demokratischen und rechtsstaatlichen Vorbehalts des Gesetzes (Art. 20 Abs. 2, Abs. 3 GG) einer gesetzgeberischen Entscheidung, die den die Versagung eines Aufenthaltstitels rechtfertigenden Tatbestand eines Rechtsmissbrauchs über einen die Rechtsordnung übergreifenden, allgemeinen Rechtsgrundsatz hinaus, der auch durch § 242 BGB nicht hinreichend bestimmt normiert ist, präzise konturiert. Es obliegt der gesetzgeberischen Abwägung, ob im Fall einer missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung im Interesse des Kindes wegen dessen deutscher Staatsangehörigkeit die ausländische Mutter eine Aufenthaltserlaubnis erhalten oder ggf. nur geduldet werden soll. Eine Regelung zulasten der ausländischen Mutter hat der Gesetzgeber nicht getroffen. 68Nicht unberücksichtigt bleiben kann hierbei auch, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss über die Nichtigkeit der Behördenanfechtung klar zu erkennen gegeben hat, dass eine verfassungsgemäße Neuregelung der Behördenanfechtung möglich sei, 69vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 6/10 -, a.a.O., Rn. 47 ff. 70Diese Möglichkeit hat der Gesetzgeber aber nicht aufgegriffen. Der Freistaat Bayern hatte beantragt, der Bundesrat möge einen entsprechenden Gesetzesentwurf beschließen (BR-Drs. 330/14 vom 13. Juli 2014). Dies hat der Bundesrat jedoch am 19. September 2014 abgelehnt. Das Land Sachsen-Anhalt hatte zuvor in einer Stellungnahme für eine Regelung keinen Bedarf gesehen, da die behördliche Vaterschaftsanfechtung in der Praxis eine nur sehr untergeordnete Rolle gehabt habe (Plenarprotokoll der 925. Bundesratssitzung, S. 302). Dies spricht dafür, dass (aus Sicht des Bundesrats) missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen hingenommen werden sollen. 71Soweit die Beklagte anführt, dass das Bundesverfassungsgericht eine Vaterschaftsanerkennung, die nur zur Erlangung aufenthaltsrechtlicher Vorteile vorgenommen worden sei, nicht für schutzwürdig halte, 72vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 6/10 -, a.a.O., Rn. 51, 73trifft dies zwar zu. Dies ändert aber nichts daran, dass es einer gesetzgeberischen Entscheidung bedarf, aus diesem Grund ein Aufenthaltsrecht auszuschließen. Hieran fehlt es. Die Kammer schließt sich aus diesem Grund auch nicht der in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung vor dem Inkrafttreten der Regelung des § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB überwiegend vertretenen Auffassung, auf die die Beklagte verweist, an, die bei missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennungen den Einwand des Rechtsmissbrauchs annahm. 74Eine gesetzgeberische Entscheidung, die erkennen ließe, dass missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen nicht zum Erhalt eines Aufenthaltstitels führen sollen, ist insbesondere nicht in § 27 Abs. 1a AufenthG zu sehen. Nach dieser Vorschrift wird ein Familiennachzug nicht zugelassen, wenn feststeht, dass die Ehe oder das Verwandtschaftsverhältnis ausschließlich zu dem Zweck geschlossen oder begründet wurde, dem Nachziehenden die Einreise in das und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen. 75Zweifelhaft ist schon, ob diese Vorschrift nicht nur einen Anspruch auf § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG, sondern auch einen Anspruch nach § 25 Abs. 5 AufenthG ausschließen würde. Dies bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung, da die Vorschrift missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen von vornherein nicht erfasst. 76Zwar lässt der Wortlaut von § 27 Abs. 1a 2. Alt. AufenhG (Schließung eines Verwandtschaftsverhältnisses) es zu, hierunter auch eine Scheinvaterschaft eines ausländischen Staatsangehörigen zu subsumieren. Denn durch die Vaterschaftsanerkennung wird ein Verwandtschaftsverhältnis des Scheinvaters zu dem Kind im Sinne des § 27 Abs. 1a 2. Alt. AufenhG begründet, 77vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. November 2014 - 11 S 1886/14 -, ESVGH 65, 147 = juris, Rn. 17; OVG NRW, Urteil vom 23. August 2012 - 18 A 537/11 -, juris, Rn. 54; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. März 2008 - 7 A 11276/07 -, juris, Rn. 31. 78Diese Fallkonstellation liegt hier aber nicht vor, da nicht das Aufenthaltsrecht des Vaters, sondern der Mutter in Frage steht. § 27 Abs. 1a 2. Alt. AufenthG erfasst (schon dem Wortlaut nach) nicht den Ausschluss eines Aufenthaltsrechts für die ausländische Mutter eines Kindes, für das ein deutscher Staatsangehöriger die Vaterschaft anerkannt hat. Denn durch die Vaterschaftsanerkennung wird weder eine Verwandtschaft der Mutter zu ihrem Kind begründet noch entsteht unmittelbar ein Anspruch auf ein Aufenthaltsrecht. Dieses resultiert vielmehr allein aus der Tatsache der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes - also nur mittelbar aus der Vaterschaftsanerkennung, 79vgl. BayVGH, Beschluss vom 20. Oktober 2015 - 19 C 15.820 -, NZFam 2016, 44 = juris, Rn. 3. 80Eine analoge Anwendung von § 27 Abs. 1a AufenthG auf die ausländische Mutter, für deren Kind ein deutscher Staatsangehöriger die Vaterschaft missbräuchlich anerkannt hat, scheidet aus. Denn § 27 Abs. 1a AufenthG steht trotz seines Wortlauts auch dem Anspruch eines ausländischen "Scheinvaters" nicht entgegen, kann also auch einen Anspruch der Kindesmutter nicht ausschließen. Missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen sind nicht Regelungsgegenstand der Vorschrift, 81vgl. BayVGH, Beschluss vom 20. Oktober 2015 - 19 C 15.820 -, a.a.O., Rn. 3 ff.; OVG NRW, Urteil vom 23. August 2012 - 18 A 537/11 -, a.a.O., Rn. 49 ff.; a.A.: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. November 2014 - 11 S 1886/14 -,a.a.O., Rn. 16 ff.; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. März 2008 - 7 A 11276/07 , a.a.O., Rn. 28 ff. 82Dass die Vorschrift die missbräuchliche Vaterschaftsanfechtung nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht erfassen sollte, ergibt sich daraus, dass dieser Problematik ‑ wie vorstehend ausgeführt - allein auf der Ebene des Familienrechts durch die Möglichkeit der Behördenanfechtung begegnet werden sollte, 83vgl. BayVGH, Beschluss vom 20. Oktober 2015 - 19 C 15.820 -, a.a.O., Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 23. August 2012 - 18 A 537/11 -, a.a.O., Rn. 55 ff.; a.A.: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. November 2014 - 11 S 1886/14 -,a.a.O., Rn. 20 ff. 84Zwar ist § 27 Abs. 1a AufenthG schon durch das Richtliniengesetz vom 19. August 2007 (BGBl. I S. 1970), also vor der Schaffung der Behördenanfechtung im Jahr 2008, in das Gesetz eingefügt worden. Der Gesetzesentwurf zur Schaffung der Behördenanfechtung war jedoch bereits am 1. September 2006 (BR-Drs. 624/06) vorgelegt worden und damit im Gesetzgebungsverfahren zu § 27 Abs. 1a AufenthG bekannt. Die Gesetzesbegründung von § 27 Abs. 1a AufenthG lässt gerade nicht erkennen, dass hierdurch die missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung erfasst werden sollte. Verhindert werden sollten durch die Vorschrift vielmehr Zweckadoptionen, 85vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 170. 86Dass das Bundesverfassungsgericht zwischenzeitlich die behördliche Vaterschaftsanfechtung für nichtig erklärt hat, rechtfertigt ebenfalls keine andere Bewertung. Denn die Nichtigkeitserklärung einer Vorschrift wäre nur dann für die Auslegung einer anderen Vorschrift erheblich, wenn diese ansonsten nicht mehr rechtmäßig angewandt werden könnte. Das Argument, ein Gesetz bzw. eine Gesetzesbegründung, die übergeordneten Rechtsnormen widerspreche, könne nicht zur Auslegung eines anderen Gesetzes herangezogen werden, 87vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. November 2014 - 11 S 1886/14 -, a.a.O., Rn. 26, 88verkennt die Argumentationslast. Denn da § 27 Abs. 1a AufenthG missbräuchliche Vaterschaftsanfechtungen nach der gesetzgeberischen Konzeption nicht erfassen soll, würde eine Änderung dieser Auslegung einer erneuten gesetzgeberischen Entscheidung bedürfen, die durch die Nichtigkeitserklärung einer Vorschrift durch das Bundesverfassungsgericht nicht ersetzt wird. 89Eine fehlende Lebensunterhaltssicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG steht dem Anspruch der Klägerin ebenso wenig entgegen wie das Vorliegen eines Ausweisungsinteresses nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Denn auf Grund des rechtlichen Ausreisehindernisses nach Art. 6 GG liegt insofern ein atypischer Ausnahmefall vor. 90Ein Ausnahmefall von einer Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 AufenthG liegt nur bei besonderen, atypischen Umständen vor, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regelung beseitigen. Dies gilt auch dann, wenn entweder aus Gründen höherrangigen Rechts wie etwa Art. 6 GG oder im Hinblick auf Art. 8 EMRK die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis geboten ist. Das setzt eine umfassende grund- bzw. menschenrechtliche Prüfung voraus, in die alle relevanten Umstände des Einzelfalls einzustellen sind, 91vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Juni 2013 - 10 C 16/12 -, NVwZ 2013, 1493 = juris, Rn. 16 ff.; und vom 30. April 2009 - 1 C 3/08 -, NVwZ 2009, 1239 = juris, Rn. 11 ff. 92Gemessen hieran fällt die Abwägung zu Gunsten der Klägerin aus. Denn da von ihrer Tochter wegen der deutschen Staatsangehörigkeit ein Aufenthalt außerhalb des Bundesgebietes nicht verlangt werden kann, kann die familiäre Lebensgemeinschaft nur in Deutschland hergestellt werden. Die fehlende Sicherung des Lebensunterhalts und das Vorliegen eines Ausweisungsinteresses wegen einer Verurteilung zu einer Geldstrafe können dieses hohe Interesse nicht überwiegen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Ablehnung einer Aufenthaltserlaubnis nicht dazu führen würde, dass die Klägerin das Bundesgebiet verlassen müsste. Sie wäre vielmehr wegen eines rechtlichen Ausreisehindernisses aus Art. 6 GG (fortdauernd) zu dulden. Auch in diesem Fall würden also (soweit der Lebensunterhalt weiter nicht gesichert wird) öffentliche Kassen belastet. Es entspricht zudem der Wertung des § 28 Abs. 1 Satz 2 AufenthG, der die fehlende Lebensunterhaltssicherung der ausländischen Mutter eines deutschen Kindes im Rahmen einer familienbezogenen Aufenthaltserlaubnis zwingend für unbeachtlich erklärt, diese auch nicht im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG zu berücksichtigen. Die erstmalige Verhängung eines Strafbefehls, durch den gegen die Klägerin (nur) eine Geldstrafe ausgesprochen wurde, kann es im Hinblick auf das hohe Gewicht ihres Bleibeinteresses (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG - Ausübung des Personensorgerechts für einen minderjährigen ledigen Deutschen) ebenfalls nicht rechtfertigen, der Klägerin eine Verfestigung ihres Aufenthalts zu verwehren. 93Ob die Vaterschaftsanerkennung nur zur Erlangung aufenthaltsrechtlicher Vorteile erfolgt ist, kann die Kammer auch im Rahmen der Prüfung eines Ausnahmefalls offen lassen. Selbst wenn dies der Fall wäre, könnte dies nicht zulasten der Klägerin berücksichtigt werden. Auch hier ist zu berücksichtigen, dass die Verwehrung einer Aufenthaltserlaubnis wegen des bestehenden Ausreisehindernisses eine Abschiebung der Klägerin nicht erlauben würde, also zu ihrer fortdauernden Duldung führen würde. Zwar enthält das AufenthG kein ausdrückliches Verbot von Kettenduldungen, 94vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Dezember 2014 - 1 B 19/14 -, juris, Rn. 6, BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2006 - 1 C 14/05 -, juris, Rn. 22. 95Es würde jedoch einen nicht auflösbaren Wertungswiderspruch bedeuten, eine Vaterschaftsanerkennung zur Erlangung aufenthaltsrechtlicher Vorteile wegen einer fehlenden gesetzlichen Normierung zwar nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen, sie dann aber im Rahmen der Prüfung eines Ausnahmefalls von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen zulasten der Klägerin zu berücksichtigen. Dies gilt selbst unter Berücksichtigung von § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG, wonach von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen durch Ermessensentscheidung abgesehen werden kann. Zwar wäre es grundsätzlich denkbar, eine Sicherung der grundrechtlich geschützten Beziehung der Klägerin zu ihrer Tochter nicht durch die Annahme eines Ausnahmefalls, sondern durch eine Ermessensentscheidung der Beklagten herzustellen. Dies würde aber hier zu keinem anderen Ergebnis führen, da dann das Ermessen der Beklagten aus den vorstehend genannten Gründen auf Null reduziert wäre. 96Dem Anspruch der Klägerin steht auch nicht entgegen, dass sie möglicherweise ohne das nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG erforderliche Visum eingereist ist. Ob die Klägerin ein Visum benötigt hatte, ist fraglich. Zwar gehört Serbien zu den Staaten, deren Staatsangehörige nach Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 i.V.m. Anhang II von der Visumspflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit sind. Die Visumbefreiung gilt nach Anhang II jedoch nur für Inhaber biometrischer Pässe, sofern diese nicht von der serbischen Koordinierungsdirektion (Serbisch: Koordinaciona uprava) ausgestellt wurden. Dass die Klägerin Inhaberin eines solchen Passes ist, ist aus den Akten nicht eindeutig ersichtlich. Fraglich ist zudem, ob im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG die Nachholung des Visumverfahrens überhaupt gefordert werden kann, oder ob dies aus rechtssystematischen Gründen ausscheidet, da eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht an einen Ausländer außerhalb des Bundesgebiets erteilt werden kann, 97vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2011 - 1 C 5/10 -, juris, BVerwGE 140, 64 = juris, Rn. 10. 98Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung. Denn zumindest ist die Nachholung des Visumverfahrens nach § 5 Abs. 2 Satz 2 2. Alt. AufenthG im konkreten Einzelfall unzumutbar, da die Klägerin Mutter von drei Kindern ist, die zwei, fünf und sieben Jahre alt sind. Es kann wegen deren erforderlichen Betreuung nicht angenommen werden, dass der Klägerin auch nur eine vorrübergehende Trennung von ihren drei Kindern möglich ist. Das der Beklagten eröffnete Ermessen sieht die Kammer deshalb zudem als auf Null reduziert an. 99Da die Abschiebung der Klägerin bereits seit 18 Monaten ausgesetzt ist, verdichtet sich nach der Soll-Vorschrift des § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG der Bescheidungsanspruch der Klägerin zu einem gebundenen Anspruch. Gründe, die eine Ausnahme von der Soll-Regelung rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. 100Die Klägerin hat auch Anspruch auf eine rückwirkende Erteilung der Aufenthaltserlaubnis ab Antragstellung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann ein Ausländer die Erteilung eines Aufenthaltstitels grundsätzlich auch für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum nach Antragstellung beanspruchen, wenn er hieran ein schutzwürdiges Interesse hat. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die rückwirkende Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die weitere aufenthaltsrechtliche Stellung des Ausländers erheblich sein kann, 101vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2009 - 1 C 7/08 -, NVwZ 2009, 1431 = juris, Rn. 13; OVG NRW, Urteil vom 15. Oktober 2014 - 17 A 1150/13 -, juris, Rn. 37, jeweils m.w.N. 102Hierauf kann die Klägerin sich schon deshalb berufen, da die Dauer des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis von Bedeutung sein kann, 103vgl. in ähnlich gelagerten Fällen auch OVG NRW, Urteil vom 23. August 2012 - 18 A 537/11 -, InfAuslR 2013, 23 = juris, Rn. 39 (zu § 28 Abs. 2 AufenthG); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8. November 2010 - 11 S 1873/10 -, AuAS 2011, 14 = juris, Rn. 20 (zu § 26 Abs. 4 AufenthG). 104Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
die beklagte wird verpflichtet, der klägerin ab dem 16. april 2013 eine aufenthaltserlaubnis nach § 25 abs. 5 aufenthg zu erteilen. die beklagte trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die klägerin begehrt die erteilung einer aufenthaltserlaubnis. 3die am x. x. x geborene klägerin ist serbische staatsangehörige. sie reiste am 11. märz 2012 erstmals in das bundesgebiet ein und stellte einen asylantrag. im asylverfahren gab sie gegenüber dem bundesamt für migration und flüchtlinge (im folgenden: bundesamt) an, dass herr b. i. ihr ehepartner sei. dieser, der mit der klägerin und zwei gemeinsamen kindern zusammen eingereist war, tätigte in seiner anhörung dieselbe aussage. das bundesamt lehnte mit bescheid vom 5. juli 2012 die anträge der klägerin, von herrn i. und den gemeinsamen kindern als offensichtlich unbegründet ab. die rechtsmittel der klägerin gegen den bescheid des bundeamtes hatten keinen erfolg. 4unter dem 16. april 2013 beantragte die klägerin bei der beklagten die erteilung einer aufenthaltserlaubnis nach § 28 abs. 1 satz 1 nr. 3 aufenthg. sie sei mutter des am 21. januar 2013 geborenen kindes n. i. , das wegen der vaterschaftsanerkennung durch einen deutschen staatsangehörigen die deutsche staatsangehörigkeit besitze und mit ihr in einem haushalt lebe. 5das standesamt der stadt aachen übersandte am 18. april 2013 an die beklagte einen auszug aus dem serbischen heiratsregister vom 12. dezember 2012, wonach die ehe der klägerin mit herrn i. mit urteil vom 27. oktober 2011 geschieden worden sei. in dem urteil wird ausgeführt, dass die klägerin und herr i. einvernehmlich am 16. september 2011 die ehescheidung beantragt hätten. es sei im verlaufe der zeit zu einer zerrüttung der ehe gekommen. die klägerin sei im juni 2011 mit einem ihrer kinder ausgezogen. seit diesem zeitpunkt habe die eheliche lebensgemeinschaft nicht mehr bestanden. die stadt aachen übersandte an die beklagte zudem die urkunden über die anerkennung der vaterschaft für n. i. und die erklärung zur gemeinschaftlichen elterlichen sorge durch den deutschen staatsangehörigen g. t. vom 19. februar 2013. 6am 11. november 2013 erhielt die ausländerbehörde ein anonymes schreiben. danach habe die tochter der klägerin keinen deutschen vater. die familie wolle sich durch die vaterschaftsanerkennung einen aufenthalt erschleichen und bezahle dem die vaterschaft anerkennenden mann hierfür monatlich 200 €. 7nach einem vermerk der ausländerbehörde gab die klägerin bei einer vorsprache am 20. dezember 2013 an, dass sie bei der einreise in das bundesgebiet noch mit herrn i. zusammen gewesen sei. sie habe herrn t. anfang des jahres 2012 kennengelernt und sei nach mehreren verabredungen schwanger geworden. 8am 12. februar 2014 hat die klägerin klage erhoben. 9am 13. november 2014 erließ das amtsgericht aachen gegen die klägerin einen strafbefehl – cs 804 js 1343/14 – wegen falscher verdächtigung in zwei fällen und setzte eine gesamtgeldstrafe in höhe von 80 tagessätzen zu je 10 € fest. die klägerin habe am 20. september 2014 der wahrheit zuwider bei der polizei angegeben, dass b. i. versucht habe, sie in der gemeinsamen wohnung zu vergewaltigen. die anzeige habe sie aus der verärgerung über sein trinkverhalten erstattet und um ihn aus dem haus zu bekommen. am 21. september 2014 habe sie erneut die polizei alarmiert, da herr i. sie angeblich mit einem messer bedroht habe. auch diesmal habe es sich um bewusst falsche angaben gehandelt. 10die klägerin macht zur begründung ihrer klage geltend, dass ihr kind n. i. deutsche staatsangehörige sei. die vaterschaftsanerkennung durch herrn g. t. habe wirksam erfolgen können, da ihre frühere ehe mit herrn i. zuvor geschieden worden sei. als mutter eines deutschen kindes habe sie anspruch auf die erteilung einer aufenthaltserlaubnis nach § 28 abs. 1 satz 1 nr. 3 aufenthg. die sperre des § 10 abs. 3 satz 1 aufenthg wegen des erfolglos durchgeführten asylverfahrens stehe diesem anspruch nicht entgegen, da eine geringfügige verurteilung wegen dem verwandtschaftsverhältnis zu einem deutschen staatsangehörigen keinen ausweisungsgrund darstelle. als serbische staatsangehörige habe sie für die einreise auch kein visum benötigt. zumindest habe sie einen anspruch auf die erteilung einer aufenthaltserlaubnis nach § 25 abs. 5 aufenthg. die sperre des § 10 abs. 3 satz 2 aufenthg greife nicht ein, da das bundesamt die ablehnung ihres asylantrags als offensichtlich unbegründet nicht zweifelsfrei auf § 30 abs. 3 asyl(vf)g gestützt habe. 11die klägerin beantragt, 12die beklagte zu verpflichten, ihr ab antragstellung eine aufenthaltserlaubnis zu erteilen, 13hilfsweise die beklagte zu verpflichten, den antrag der klägerin auf erteilung einer aufenthaltserlaubnis unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts zu bescheiden. 14die beklagte beantragt, 15die klage abzuweisen. 16sie führt aus, dass die untätigkeitsklage bereits unzulässig sei, da die ausländerbehörde die entscheidung über den antrag der klägerin nicht ohne zureichenden grund zurückgestellt habe. mit schreiben vom 18. februar 2014 sei die klägerin um aufklärung des der vaterschaft zu grunde liegenden sachverhalts gebeten worden, worauf keine rückmeldung erfolgt sei. das kind habe nur dann die deutsche vaterschaft erwerben können, wenn nicht die vaterschaft eines anderen mannes bestehe. zwar sei die ehe der klägerin mit herrn b. i. offenbar zunächst geschieden worden. die klägerin und herr i. hätten sich im asylverfahren und auch anschließend jedoch selbst als eheleute bezeichnet. soweit die klägerin und herr i. im zeitpunkt der geburt (erneut) verheiratet gewesen seien, stelle sich die vaterschaftsanerkennung als schwebend unwirksam dar. selbst wenn die vaterschaftsanerkennung wirksam sei, stehe der erteilung einer aufenthaltserlaubnis der einwand des rechtsmissbrauchs entgegen. überdies könne eine aufenthaltserlaubnis für die ausübung der personensorge auch wegen der sperrwirkung des § 10 abs. 3 satz 1 aufenthg auf grund des negativen abschlusses des asylverfahrens nicht erteilt werden. die sperrwirkung trete nur dann nicht ein, wenn ein anspruch auf die erteilung der aufenthaltserlaubnis bestehe. dies sei nicht der fall, da die klägerin wegen des strafbefehls einen ausweisungsgrund verwirklicht habe. zudem sei die klägerin ohne das erforderliche visum eingereist; die voraussetzungen des § 39 nr. 5 aufenthv lägen nicht vor. die klägerin habe auch keinen anspruch auf eine aufenthaltserlaubnis nach § 25 abs. 5 aufenthg. diesem stehe § 10 abs. 3 satz 2 aufenthg entgegen, da der asylantrag unter ausdrücklicher bezugnahme auf § 30 abs. 3 asylvfg als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden sei. 17die kammer hat eine auskunft bei der deutschen botschaft belgrad eingeholt zu der frage, ob die von der klägerin getätigten angaben zu ihrer ehescheidung zutreffend sind. wegen der weiteren einzelheiten wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 18
19die klage hat erfolg. 20sie ist zulässig. 21entgegen der ansicht der beklagten ist die klage als untätigkeitsklage nach § 75 vwgo zulässig. nach dieser vorschrift ist die klage abweichend von § 68 vwgo zulässig, wenn über einen widerspruch oder über einen antrag auf vornahme eines verwaltungsakts ohne zureichenden grund in angemessener frist sachlich nicht entschieden worden ist. die klage kann nicht vor ablauf von drei monaten seit der einlegung des widerspruchs oder seit dem antrag auf vornahme des verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer umstände des falles eine kürzere frist geboten ist. 22diese voraussetzungen liegen vor, da die klägerin bereits im april 2013 die erteilung einer aufenthaltserlaubnis beantragt hatte, also im zeitpunkt der klageerhebung im februar 2014 mehr als drei monate seit antragstellung vergangen sind. auf die frage, ob die beklagte über den antrag aus einem nicht zureichenden grund nicht entschieden hat, kommt es für die zulässigkeit der klage nicht an. denn dies ist nach § 75 satz 3 vwgo nur hinsichtlich der entscheidung zu berücksichtigen, ob das gericht das verfahren bis zum ablauf einer von ihm bestimmten frist aussetzt. 23die klage ist auch begründet. die klägerin hat einen anspruch auf die erteilung einer aufenthaltserlaubnis, § 113 abs. 5 vwgo. 24die klägerin hat allerdings keinen anspruch auf die erteilung einer aufenthaltserlaubnis nach § 28 abs. 1 satz 1 nr. 3 aufenthg. nach dieser vorschrift ist dem elternteil eines minderjährigen ledigen deutschen zur ausübung der personensorge eine aufenthaltserlaubnis zu erteilen. 25einem anspruch der klägerin nach dieser vorschrift steht die sperrwirkung des § 10 abs. 3 satz 1 aufenthg entgegen. gemäß dieser regelung darf einem ausländer, dessen asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist oder der seinen asylantrag zurückgenommen hat, vor der ausreise nur nach maßgabe des abschnitts 5 des aufenthg ein aufenthaltstitel erteilt werden. die voraussetzungen der vorschrift liegen vor, da das asylverfahren der klägerin nach dem ablehnenden bescheid des bundesamtes vom 5. juli 2012 und der rücknahme ihrer klage am 4. juni 2013 bestandskräftig zu ihren ungunsten abgeschlossen wurde. 26die sperrwirkung des § 10 abs. 3 satz 1 aufenthg entfällt auch nicht auf grund der ausnahmeregelung des § 10 abs. 3 satz 3 aufenthg. hiernach findet die sperrwirkung im falle eines anspruchs auf erteilung eines aufenthaltstitels keine anwendung. ein anspruch der klägerin im sinne der vorschrift besteht nicht. 27der von der vorschrift vorausgesetzte "anspruch" muss ein strikter rechtsanspruch sein, der sich unmittelbar aus dem gesetz ergibt. ein anspruch aufgrund einer ermessensvorschrift genügt auch dann nicht, wenn das ermessen im einzelfall "auf null" reduziert ist. dies ergibt sich aus der systematik des aufenthaltsgesetzes, der entstehungsgeschichte sowie aus sinn und zweck der vorschrift. ein strikter rechtsanspruch besteht ferner dann nicht, wenn bei fehlen einer allgemeinen regelerteilungsvoraussetzung aufgrund des vorliegens einer atypischen sondersituation ein ausnahmefall angenommen und so ein anspruch auf erteilung des aufenthaltstitels bejaht wird. nach der gesetzlichen regel ist in diesen fällen nämlich eine aufenthaltserlaubnis grundsätzlich nicht zu erteilen. der gesetzgeber hat hier gerade keine entscheidung für ein - zumindest regelmäßig - zu erteilendes aufenthaltsrecht getroffen, so dass über die subsumtion unter die zwingenden bzw. regelhaften voraussetzungen hinaus, zu prüfen ist, ob ein atypischer fall vorliegt, in dem ausnahmsweise eine erteilungsvoraussetzung nicht greift, 28vgl. bverwg, urteil vom 16. dezember 2008 - 1 c 37/07 -, bverwge 132, 382 = juris, rn. 20 ff., und beschluss vom 16. februar 2012 - 1 b 22.11 -, juris, rn. 4; für die vergleichbare problematik bei § 5 abs. 2 satz 2 1. alt. aufenthg vgl. auch bverwg, urteil vom 10. dezember 2014 - 1 c 15/14 -, nvwz-rr 2015, 313 = juris, rn. 5. 29ein anspruch in diesem sinne liegt nicht vor, da die klägerin nicht die regelerteilungsvoraussetzung des § 5 abs. 1 nr. 2 aufenthg (nichtbestehen eines ausweisungsinteresses) erfüllt. 30hinsichtlich der klägerin liegt das ausweisungsinteresse nach § 54 abs. 2 nr. 9 aufenthg vor. nach dieser vorschrift besteht ein ausweisungsinteresse, wenn ein ausländer einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen verstoß gegen rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche entscheidungen oder verfügungen begangen oder außerhalb des bundesgebiets eine handlung begangen hat, die im bundesgebiet als vorsätzliche schwere straftat anzusehen ist. 31gegen die klägerin wurde ein strafbefehl wegen falscher verdächtigung (§ 164 stgb) in zwei fällen erlassen. hierdurch hat sie einen nicht nur vereinzelten (zwei fälle) und auch einen nichtgeringfügigen verstoß gegen rechtsvorschriften begangen. denn eine geringfügigkeit kann im fall einer vorsätzlichen straftat regelmäßig nicht mehr angenommen werden, 32vgl. bverwg, urteil vom 24. september 1996 - 1 c 9/94 -, bverwge 102, 63 = juris, rn. 20. 33gründe, die es rechtfertigen würden, trotz der vorsätzlichen begehung ausnahmsweise eine geringfügige tat anzunehmen, liegen nicht vor. solche gründe können insbesondere entgegen der ansicht der klägerin nicht darin gesehen werden, dass sie mutter eines deutschen kindes sei. diese tatsache wäre bei der bewertung des bleibeinteresses zu berücksichtigen (vgl. § 55 abs. 1 nr. 4 aufenthg), steht aber in keinem zusammenhang zu der tatbegehung und wirkt sich auf die beurteilung der schwere der tat deshalb nicht aus. 34die klägerin kann der nichterfüllung der regelerteilungsvoraussetzung auch nicht damit entgegentreten, dass zumindest wegen ihres deutschen kindes das bleibeinteresse das ausweisungsinteresse überwiege. denn hierauf kommt es nicht an. regelerteilungsvoraussetzung des § 5 abs. 1 nr. 2 aufenthg ist nur das nichtvorliegen eines (abstrakten) ausweisungsinteresses. es stellt sich nicht die frage, ob die beklagte nach abwägung des ausweisungs- und bleibeinteresses rechtmäßig eine ausweisungsverfügung erlassen könnte, 35vgl. vgh baden-württemberg, beschluss vom 25. august 2015 - 11 s 1500/15 -, juris, rn. 9 (für die ab dem 1. august 2015 geltende neufassung von § 5 abs. 1 nr. 2 aufenthg); für die vorherige fassung der vorschrift: bverwg, urteil vom 10. dezember 2014 - 1 c 15/14 -, a.a.o., rn. 7; offen gelassen von bayvgh, urteil vom 9. dezember 2015 - 19 b 15.1066 -, juris, rn. 21. 36die klägerin hat jedoch einen anspruch auf eine aufenthaltserlaubnis nach § 25 abs. 5 aufenthg. nach satz 1 der vorschrift kann einem ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen gründen unmöglich ist und mit dem wegfall der ausreisehindernisse in absehbarer zeit nicht zu rechnen ist. gemäß satz 2 der vorschrift soll die aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die abschiebung seit 18 monaten ausgesetzt ist. 37der erteilung einer aufenthaltserlaubnis nach § 25 abs. 5 aufenthg steht die sperre des § 10 abs. 3 satz 2 aufenthg nicht entgegen. nach dieser vorschrift darf vor der ausreise kein aufenthaltstitel erteilt werden, sofern der asylantrag nach § 30 abs. 3 nr. 1 bis 6 asylg abgelehnt wurde. § 30 abs. 3 asylg erlaubt die ablehnung eines asylantrags als offensichtlich unbegründet, wenn bei der asylantragstellung einer der unter den nrn. 1 bis 6 genannten missbrauchstatbestände verwirklicht wurde. 38nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts setzt die ablehnung eines asylantrags als offensichtlich unbegründet nach § 30 abs. 3 asylg voraus, dass sich aus dem bescheid des bundesamts für den betroffenen eindeutig ergibt, dass der offensichtlichkeitsausspruch gerade auf diese vorschrift gestützt wird. die bloße ablehnung des asylantrags als offensichtlich unbegründet reicht hierfür nicht aus, weil das gesetz nicht nur in den fällen des § 30 abs. 3 asylg, sondern auch in anderen fällen eine derartige ablehnung vorsieht. so ist nach § 30 abs. 1 asylg ein asylantrag offensichtlich unbegründet, wenn die voraussetzungen für eine anerkennung als asylberechtigter oder für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen, was in absatz 2 der vorschrift beispielhaft erläutert wird. bei vorliegen von ausschlussgründen nach § 60 abs. 8 satz 1 aufenthg oder § 3 abs. 2 asylg schreibt § 30 abs. 4 asylg ebenfalls die ablehnung des asylantrags als offensichtlich unbegründet vor. für eine ablehnung als offensichtlich unbegründet nach § 30 abs. 3 asylg ist es deshalb in der regel erforderlich, dass die vorschrift, wenn schon nicht im tenor, so doch zumindest in der begründung des bescheides ausdrücklich genannt wird. angesichts der gravierenden rechtsfolgen, die § 10 abs. 3 satz 2 aufenthg an eine solche qualifizierte ablehnung knüpft und die nur durch einlegung von rechtsmitteln gegen diese ablehnung vermieden werden können, ist es ein gebot der rechtsklarheit und rechtssicherheit, dass die rechtsgrundlage für den offensichtlichkeitsausspruch für den betroffenen insoweit eindeutig und klar erkennbar ist. dies ist auch mit blick auf die ausländerbehörde geboten, die nach der gesetzlichen konzeption im aufenthaltsrechtlichen verfahren an den bescheid des bundesamts gebunden ist und ihm ohne eigene inhaltliche prüfung eindeutig entnehmen können muss, dass der offensichtlichkeitsausspruch auf einen der missbrauchstatbestände des § 30 abs. 3 asylg gestützt wurde, 39vgl. bverwg, urteil vom 25. august 2009 - 1 c 30/08 -, bverwge 134, 335 = juris, rn. 19. 40diesen anforderungen genügt der bescheid des bundesamtes vom 5. juli 2012 nicht. in der begründung des bescheids führt das bundesamt auf seite 2 aus: 41„die anträge auf anerkennung als asylberechtigte werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt. 42ein unbegründeter antrag ist gem. § 30 abs. 3 asylvfg unter den dort genannten voraussetzungen als offensichtlich unbegründet abzulehnen.“ 43weitere ausführungen zu § 30 abs. 3 asylg enthält der bescheid nicht. zwar nimmt das bundesamt (anders als in dem der entscheidung des bundesverwaltungsgerichts zugrunde liegenden sachverhalt) nicht auf andere rechtsgrundlagen des asylg, die eine ablehnung als offensichtlich unbegründet rechtfertigen würden, bezug. die nur einmalige nennung der vorschrift, die nicht im tenor des bescheids, sondern in dessen begründung erfolgt, lässt aber dennoch nicht den sicheren schluss zu, dass das bundesamt die ablehnung des asylantrags als offensichtlich unbegründet auf diese vorschrift stützen wollte. denn der bescheid ist – trotz der ausdrücklichen nennung der vorschrift - deshalb nicht eindeutig, da er weder die ziffer (nr. 1 bis 6) des § 30 abs. 3 asylg benennt, auf die die ablehnung gestützt wird, noch die weiteren ausführungen in dem bescheids sich auch nur ansatzweise mit den voraussetzungen von § 30 abs. 3 asylg auseinander setzen. 44die vorstehend zitierten sätze aus dem bescheid des bundesamtes erschöpfen sich in einer bloßen (eingeschränkten) wiedergabe des gesetzestextes von § 30 abs. 3 asyl(vf)g. an einer subsumtion unter die voraussetzungen der vorschrift fehlt es hingegen. das bundesamt hat als begründung für die ablehnung der asylanträge der klägerin, ihres vermeintlichen ehemanns und der beiden gemeinsamen kinder im wesentlichen angegeben, dass ihr vortrag nicht asylrelevant sei und die serbischen behörden in der lage seien, schutz zu bieten. diese ausführungen würden aber nur die ablehnung eines asylantrags als offensichtlich unbegründet nach § 30 abs. 1 asylg (voraussetzungen für die anerkennung als asylberechtigter und zuerkennung der flüchtlingseigenschaft liegen offensichtlich nicht vor) rechtfertigen. sie lassen sich hingegen nicht unter einen tatbestand des § 30 abs. 3 nr. 1 bis 6 asylg subsumieren. 45etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die ausländerbehörde an das offensichtlichkeitsurteil des bundesamts gebunden ist und nach der entscheidung des gesetzgebers gerade keine inhaltliche überprüfung des bescheids vornehmen soll, 46vgl. bverwg, urteil vom 25. august 2009 - 1 c 30/08 -, a.a.o., rn. 19 f. 47denn dies schließt nur die möglichkeit bzw. verpflichtung der ausländerbehörde aus, im fall der eindeutigen ablehnung nach § 30 abs. 3 asylg diese materiell auf ihre rechtmäßigkeit zu überprüfen. soweit ein asylsuchender sich gegen die ablehnung seines antrags als offensichtlich unbegründet nach § 30 abs. 3 asylg wehren will, muss er dieses ziel mit einer klage gegen den bundesamtsbescheid verfolgen und kann diese ggf. auf die aufhebung des offensichtlichkeitsurteils beschränken. von der überprüfung der rechtmäßigkeit einer auf § 30 abs. 3 asylg gestützten entscheidung ist aber die frage zu unterscheiden, ob das bundesamt überhaupt eine entscheidung auf grundlage dieser vorschrift getroffen hat. insofern obliegt der ausländerbehörde, deren entscheidung insofern der vollständigen gerichtlichen kontrolle unterworfen ist, eine prüfpflicht des bescheids. in einem zweifelsfall - so wie hier -, in dem die auslegung des bescheids nicht eindeutig ergibt, dass das bundesamt eine entscheidung nach § 30 abs. 3 asylg getroffen hat, tritt die sperrwirkung des § 10 abs. 3 satz 2 aufenthg nicht ein. 48die voraussetzungen für die erteilung einer aufenthaltserlaubnis nach § 25 abs. 5 aufenthg liegen vor. 49die klägerin kann sich auf ein rechtliches ausreisehindernis nach art. 6 gg und art. 8 emrk wegen der beziehung zu ihrem deutschen kind berufen. 50die sich aus art. 6 abs. 1 gg ergebenden schutzpflichten sind zwar vornehmlich in den speziellen verfahren auf familiennachzug (§§ 27 ff. aufenthg) geltend zu machen. ein sich aus art. 6 abs. 1 gg oder art. 8 emrk ergebendes abschiebungsverbot ist im rahmen des § 25 abs. 5 aufenthg aber dann von bedeutung, wenn sich der ausländer auf die ansprüche nach den §§ 27 ff. aufenthg wegen der sperrwirkungen des § 11 abs. 1 satz 2 aufenthg oder - wie hier - des § 10 abs. 3 satz 1 aufenthg nicht berufen kann, 51vgl. ovg sachsen-anhalt, beschluss vom 29. juni 2011 - 2 o 52/11 -, juris, rn. 5; vg aachen, urteil vom 24. juli 2013 - 8 k 2210/11 -, juris, rn. 54; vg magdeburg, urteil vom 8. oktober 2010 - 1 a 70/11-, juris, rn. 22. 52art. 6 gg gewährt keinen unmittelbaren anspruch auf aufenthalt. das grundgesetz überantwortet die entscheidung, in welcher zahl und unter welchen voraussetzungen fremden zugang zum bundesgebiet ermöglicht werden soll, weitgehend der gesetzgebenden und der vollziehenden gewalt. dem ziel der begrenzung des zuzugs von ausländern darf von verfassungs wegen erhebliches gewicht beigemessen werden. allerdings verpflichtet die in art. 6 abs. 1 i.v.m. abs. 2 gg enthaltene wertentscheidende grundsatznorm, nach welcher der staat die familie zu schützen und zu fördern hat, die ausländerbehörde, bei der entscheidung über ein aufenthaltsbegehren oder über aufenthaltsbeendende maßnahmen die familiären bindungen des den (weiteren) aufenthalt begehrenden ausländers an personen, die sich berechtigterweise im bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, d.h. entsprechend dem gewicht dieser bindungen, in ihren erwägungen zur geltung zu bringen. dieser verfassungsrechtlichen pflicht des staates zum schutz der familie entspricht ein anspruch des trägers des grundrechts aus art. 6 gg darauf, dass die zuständigen behörden und gerichte bei der entscheidung über das aufenthaltsbegehren seine familiären bindungen an im bundesgebiet lebende personen angemessen berücksichtigen. dabei ist grundsätzlich eine betrachtung des einzelfalles geboten, bei der auf der einen seite die familiären bindungen zu berücksichtigen sind, auf der anderen seite aber auch die sonstigen umstände des einzelfalls. bei der erforderlichen abwägung aller für und gegen den weiteren aufenthalt sprechenden gesichtspunkte kommt es unter berücksichtigung des verhältnismäßigkeitsgrundsatzes u.a. darauf an, ob die folgen der beendigung des aufenthalts im hinblick auf die schutzwürdigen familiären bindungen hinnehmbar sind, 53vgl. bverfg, beschlüsse vom 9. januar 2009 - 2 bvr 1064/08 -, infauslr 2009, 150 = juris rn. 14, und vom 1. dezember 2008 - 2 bvr 1830/08 -, juris, rn. 25 ff. 54art. 8 emrk vermittelt ebenfalls keinen unmittelbaren anspruch auf ein aufenthaltsrecht. jeder staat hat nach völkerrecht und gemäß seinen vertraglichen verpflichtungen die befugnis, einreise und aufenthalt von fremden in seinem territorium zu regeln. die konvention garantiert fremden nicht das recht, in ein bestimmtes land einzureisen oder sich dort aufzuhalten. allerdings muss der vertragsstaat bei maßnahmen, die einen eingriff in das recht auf achtung des familienlebens nach art. 8 emrk darstellen, den grundsatz der verhältnismäßigkeit beachten. in das recht auf achtung des familienlebens wird nicht nur im falle einer ausweisung bzw. abschiebung, sondern auch im falle der verweigerung eines aufenthaltsrechts eingegriffen, wenn diese zur aufenthaltsbeendigung führt, 55vgl. egmr, urteil vom 31. januar 2006 - 50435/99 - (da silva und hoogkamer), infauslr 2006, 298. 56der staat muss ein gleichgewicht zwischen den interessen des einzelnen und jenen der gesellschaft schaffen, wobei er in beiden fällen einen gewissen ermessensspielraum hat. art. 8 emrk begründet keine generelle verpflichtung für den staat, einwanderer in seinem territorium zu akzeptieren und familienzusammenführungen zuzulassen. jedoch hängt in fällen, die sowohl familienleben als auch immigration betreffen, die staatliche verpflichtung, familienangehörigen von im staat ansässigen aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen situation der betroffenen und dem allgemeininteresse ab. von bedeutung sind dabei das ausmaß des eingriffs in das familienleben, der umfang der beziehungen zum konventionsstaat, ob im ursprungsstaat unüberwindbare hindernisse für das familienleben bestehen, ob gründe der einwanderungskontrolle oder erwägungen zum schutz der öffentlichen ordnung für eine ausweisung sprechen. war ein fortbestehen des familienlebens im gastland bereits bei dessen begründung wegen des fremdenrechtlichen status einer der betroffenen personen ungewiss und dies den familienmitgliedern bewusst, verletzt eine ausweisung nur in ausnahmefällen art. 8 emrk, 57vgl. egmr, urteile vom 31. juli 2008 - 265/07 - (omoregie), infauslr 2008, 421, und vom 28. juni 2011 - 55597/09 - (nunez). 58hier besteht ein rechtliches ausreisehindernis aus art. 6 gg, art. 8 emrk, da die führung der familiären lebensgemeinschaft der klägerin mit ihrem kind nur im bundesgebiet möglich ist. ihr kind kann als deutsche staatsangehörige nicht darauf verwiesen werden, seinen aufenthalt außerhalb des bundesgebiets mit der klägerin zu nehmen. 59dass das kind der klägerin die deutsche staatsangehörigkeit nach § 4 abs. 1 satz 2 stag auf grund der anerkennung der vaterschaft durch den deutschen staatsangehörigen g. t. erworben hat, steht zur überzeugung der kammer fest. zwar bestehen aus sicht der kammer wegen der ehescheidung kurz vor der ausreise, den angaben im asylverfahren und der geburt des kindes nur ca. neun monate nach der einreise zweifel an der biologischen vaterschaft von herrn g. t. . nach der von der kammer eingeholten auskunft treffen aber die angabe der klägerin über ihre ehescheidung zu, sodass eine vaterschaftsanerkennung rechtlich möglich war, da dieser nicht die (vorrangige) vaterschaft des ehepartners nach § 1592 nr. 1 bgb entgegenstand. aus den von dem gericht eingeholten unterlagen ist nicht ersichtlich, dass die klägerin nach der scheidung und vor der geburt ihres dritten kindes herrn i. erneut geheiratet hätte. sie hat dies in der mündlichen verhandlung auf nachfrage auch verneint. dem ist die beklagte nicht entgegengetreten. als (zumindest) rechtlicher vater vermittelt herr g. t. seiner tochter die deutsche staatsangehörigkeit, ohne dass es darauf ankäme, ob er auch der biologische vater ist. 60entgegen der ansicht der beklagten steht einem aufenthaltsrecht der klägerin auch der einwand des rechtsmissbrauchs nicht entgegen. selbst wenn herr g. t. nicht der biologische vater der tochter der klägerin sein und die vaterschaftsanerkennung nur zur schaffung eines aufenthaltsrechts für die klägerin erfolgt sein sollte, stünde dies dem anspruch der klägerin auf erteilung eines aufenthaltstitels nicht entgegen. die umstände der vaterschaftsanerkennung muss die kammer deshalb nicht weiter aufklären. 61es fehlt an einer gesetzlichen grundlage, um eine möglicherweise rechtsmissbräuchliche vaterschaftsanerkennung zulasten der klägerin zu berücksichtigen. 62der gesetzgeber hat auf die problematik von missbräuchlichen vaterschaftsanfechtungen im jahr 2008 durch die schaffung der möglichkeit der behördenanfechtung in § 1600 abs. 1 nr. 5 bgb reagiert (gesetz zur ergänzung des rechts zur anfechtung der vaterschaft vom 13. märz 2008, bgbl. i s. 313). hintergrund war der eindruck des gesetzgebers, dass das im familienrecht gezielt voraussetzungsarm ausgestaltete instrument der vaterschaftsanerkennung (§ 1592 nr. 2 bgb) in bestimmten konstellationen zur umgehung der gesetzlichen voraussetzungen des aufenthaltsrechts genutzt wird. die regelungen der vaterschaftsanerkennung lassen es zu, die vaterschaft für ein ausländisches kind anzuerkennen, um beim kind den automatischen abstammungserwerb der deutschen staatsangehörigkeit nach § 4 abs. 1 oder 3 stag herbeizuführen und so mittels familiennachzugs nach § 28 abs. 1 satz 1 nr. 3 aufenthg ein aufenthaltsrecht des ausländischen elternteils zu begründen oder zu stärken, 63vgl. bverfg, beschluss vom 17. dezember 2013 - 1 bvl 6/10 -, bverfge 135, 48 = juris, rn. 2 unter verweis auf bt-drs. 16/3291, insbesondere s. 1f., 9 und 11. 64der verlust der staatsangehörigkeit durch vaterschaftsanfechtung ist zwar nicht ausdrücklich geregelt. er wird aber aus der generellen anknüpfung des abstammungserwerbs der staatsangehörigkeit an das familienrechtliche abstammungsrecht abgeleitet. abstammungsrechtlich fällt die vaterschaft bei erfolgreicher anfechtung nach ständiger rechtsprechung der zivilgerichte rückwirkend weg. mit dem rückwirkenden wegfall der vaterschaft entfällt nach der verwaltungsgerichtlichen rechtsprechung ex tunc auch die nach § 4 abs. 1 oder abs. 3 stag auf abstammung gründende deutsche staatsangehörigkeit des kindes. denn bei rückwirkendem wegfall der vaterschaft haben bei nachträglicher betrachtung auch die voraussetzungen für den auf die abstammung gestützten staatsangehörigkeitserwerb des kindes nie vorgelegen, 65vgl. bverfg, beschluss vom 17. dezember 2013 - 1 bvl 6/10 -, a.a.o., rn. 16, m.w.n. 66das bundesverfassungsgericht hat mit beschluss vom 17. dezember 2013 - 1 bvl 6/10 - die behördliche vaterschaftsanerkennung nach § 1600 abs. 1 nr. 5 bgb jedoch für nichtig erklärt. damit besteht de lege lata keine möglichkeit mehr für die ausländerbehörden, auf der ebene des familienrechts gegen missbräuchliche vaterschaftsanerkennung vorzugehen. 67dass der gesetzgeber sich dazu entschlossen hatte, das problem der missbräuchlichen vaterschaftsanfechtung auf der ebene des familienrechts zu regeln, steht der von der beklagten befürworteten annahme eines rechtsmissbrauchs auf der ebene des aufenthg entgegen. es ist insoweit zunächst zu berücksichtigen, dass das aufenthg detailliert die voraussetzungen für den erhalt eines aufenthaltstitels normiert. schon dies spricht dagegen, einen aufenthaltstitel trotz vorliegens der voraussetzungen wegen des im aufenthg nicht positiv normierten grundsatzes des rechtsmissbrauchs zu versagen. die versagung des aufenthaltstitels würde grundrechtlich armierte rechte der mutter und (vor allem) des kindes aus art. 6 gg (sowie rechte aus art. 8 emrk) betreffen. hierfür bedarf es aber unter berücksichtigung des demokratischen und rechtsstaatlichen vorbehalts des gesetzes (art. 20 abs. 2, abs. 3 gg) einer gesetzgeberischen entscheidung, die den die versagung eines aufenthaltstitels rechtfertigenden tatbestand eines rechtsmissbrauchs über einen die rechtsordnung übergreifenden, allgemeinen rechtsgrundsatz hinaus, der auch durch § 242 bgb nicht hinreichend bestimmt normiert ist, präzise konturiert. es obliegt der gesetzgeberischen abwägung, ob im fall einer missbräuchlichen vaterschaftsanerkennung im interesse des kindes wegen dessen deutscher staatsangehörigkeit die ausländische mutter eine aufenthaltserlaubnis erhalten oder ggf. nur geduldet werden soll. eine regelung zulasten der ausländischen mutter hat der gesetzgeber nicht getroffen. 68nicht unberücksichtigt bleiben kann hierbei auch, dass das bundesverfassungsgericht in seinem beschluss über die nichtigkeit der behördenanfechtung klar zu erkennen gegeben hat, dass eine verfassungsgemäße neuregelung der behördenanfechtung möglich sei, 69vgl. bverfg, beschluss vom 17. dezember 2013 - 1 bvl 6/10 -, a.a.o., rn. 47 ff. 70diese möglichkeit hat der gesetzgeber aber nicht aufgegriffen. der freistaat bayern hatte beantragt, der bundesrat möge einen entsprechenden gesetzesentwurf beschließen (br-drs. 330/14 vom 13. juli 2014). dies hat der bundesrat jedoch am 19. september 2014 abgelehnt. das land sachsen-anhalt hatte zuvor in einer stellungnahme für eine regelung keinen bedarf gesehen, da die behördliche vaterschaftsanfechtung in der praxis eine nur sehr untergeordnete rolle gehabt habe (plenarprotokoll der 925. bundesratssitzung, s. 302). dies spricht dafür, dass (aus sicht des bundesrats) missbräuchliche vaterschaftsanerkennungen hingenommen werden sollen. 71soweit die beklagte anführt, dass das bundesverfassungsgericht eine vaterschaftsanerkennung, die nur zur erlangung aufenthaltsrechtlicher vorteile vorgenommen worden sei, nicht für schutzwürdig halte, 72vgl. bverfg, beschluss vom 17. dezember 2013 - 1 bvl 6/10 -, a.a.o., rn. 51, 73trifft dies zwar zu. dies ändert aber nichts daran, dass es einer gesetzgeberischen entscheidung bedarf, aus diesem grund ein aufenthaltsrecht auszuschließen. hieran fehlt es. die kammer schließt sich aus diesem grund auch nicht der in der verwaltungsgerichtlichen rechtsprechung vor dem inkrafttreten der regelung des § 1600 abs. 1 nr. 5 bgb überwiegend vertretenen auffassung, auf die die beklagte verweist, an, die bei missbräuchlichen vaterschaftsanerkennungen den einwand des rechtsmissbrauchs annahm. 74eine gesetzgeberische entscheidung, die erkennen ließe, dass missbräuchliche vaterschaftsanerkennungen nicht zum erhalt eines aufenthaltstitels führen sollen, ist insbesondere nicht in § 27 abs. 1a aufenthg zu sehen. nach dieser vorschrift wird ein familiennachzug nicht zugelassen, wenn feststeht, dass die ehe oder das verwandtschaftsverhältnis ausschließlich zu dem zweck geschlossen oder begründet wurde, dem nachziehenden die einreise in das und den aufenthalt im bundesgebiet zu ermöglichen. 75zweifelhaft ist schon, ob diese vorschrift nicht nur einen anspruch auf § 28 abs. 1 satz 1 nr. 3 aufenthg, sondern auch einen anspruch nach § 25 abs. 5 aufenthg ausschließen würde. dies bedarf jedoch keiner abschließenden entscheidung, da die vorschrift missbräuchliche vaterschaftsanerkennungen von vornherein nicht erfasst. 76zwar lässt der wortlaut von § 27 abs. 1a 2. alt. aufenhg (schließung eines verwandtschaftsverhältnisses) es zu, hierunter auch eine scheinvaterschaft eines ausländischen staatsangehörigen zu subsumieren. denn durch die vaterschaftsanerkennung wird ein verwandtschaftsverhältnis des scheinvaters zu dem kind im sinne des § 27 abs. 1a 2. alt. aufenhg begründet, 77vgl. vgh baden-württemberg, beschluss vom 4. november 2014 - 11 s 1886/14 -, esvgh 65, 147 = juris, rn. 17; ovg nrw, urteil vom 23. august 2012 - 18 a 537/11 -, juris, rn. 54; ovg rheinland-pfalz, urteil vom 6. märz 2008 - 7 a 11276/07 -, juris, rn. 31. 78diese fallkonstellation liegt hier aber nicht vor, da nicht das aufenthaltsrecht des vaters, sondern der mutter in frage steht. § 27 abs. 1a 2. alt. aufenthg erfasst (schon dem wortlaut nach) nicht den ausschluss eines aufenthaltsrechts für die ausländische mutter eines kindes, für das ein deutscher staatsangehöriger die vaterschaft anerkannt hat. denn durch die vaterschaftsanerkennung wird weder eine verwandtschaft der mutter zu ihrem kind begründet noch entsteht unmittelbar ein anspruch auf ein aufenthaltsrecht. dieses resultiert vielmehr allein aus der tatsache der deutschen staatsangehörigkeit des kindes - also nur mittelbar aus der vaterschaftsanerkennung, 79vgl. bayvgh, beschluss vom 20. oktober 2015 - 19 c 15.820 -, nzfam 2016, 44 = juris, rn. 3. 80eine analoge anwendung von § 27 abs. 1a aufenthg auf die ausländische mutter, für deren kind ein deutscher staatsangehöriger die vaterschaft missbräuchlich anerkannt hat, scheidet aus. denn § 27 abs. 1a aufenthg steht trotz seines wortlauts auch dem anspruch eines ausländischen "scheinvaters" nicht entgegen, kann also auch einen anspruch der kindesmutter nicht ausschließen. missbräuchliche vaterschaftsanerkennungen sind nicht regelungsgegenstand der vorschrift, 81vgl. bayvgh, beschluss vom 20. oktober 2015 - 19 c 15.820 -, a.a.o., rn. 3 ff.; ovg nrw, urteil vom 23. august 2012 - 18 a 537/11 -, a.a.o., rn. 49 ff.; a.a.: vgh baden-württemberg, beschluss vom 4. november 2014 - 11 s 1886/14 -,a.a.o., rn. 16 ff.; ovg rheinland-pfalz, urteil vom 6. märz 2008 - 7 a 11276/07 , a.a.o., rn. 28 ff. 82dass die vorschrift die missbräuchliche vaterschaftsanfechtung nach der vorstellung des gesetzgebers nicht erfassen sollte, ergibt sich daraus, dass dieser problematik ‑ wie vorstehend ausgeführt - allein auf der ebene des familienrechts durch die möglichkeit der behördenanfechtung begegnet werden sollte, 83vgl. bayvgh, beschluss vom 20. oktober 2015 - 19 c 15.820 -, a.a.o., rn. 3; ovg nrw, urteil vom 23. august 2012 - 18 a 537/11 -, a.a.o., rn. 55 ff.; a.a.: vgh baden-württemberg, beschluss vom 4. november 2014 - 11 s 1886/14 -,a.a.o., rn. 20 ff. 84zwar ist § 27 abs. 1a aufenthg schon durch das richtliniengesetz vom 19. august 2007 (bgbl. i s. 1970), also vor der schaffung der behördenanfechtung im jahr 2008, in das gesetz eingefügt worden. der gesetzesentwurf zur schaffung der behördenanfechtung war jedoch bereits am 1. september 2006 (br-drs. 624/06) vorgelegt worden und damit im gesetzgebungsverfahren zu § 27 abs. 1a aufenthg bekannt. die gesetzesbegründung von § 27 abs. 1a aufenthg lässt gerade nicht erkennen, dass hierdurch die missbräuchliche vaterschaftsanerkennung erfasst werden sollte. verhindert werden sollten durch die vorschrift vielmehr zweckadoptionen, 85vgl. bt-drs. 16/5065, s. 170. 86dass das bundesverfassungsgericht zwischenzeitlich die behördliche vaterschaftsanfechtung für nichtig erklärt hat, rechtfertigt ebenfalls keine andere bewertung. denn die nichtigkeitserklärung einer vorschrift wäre nur dann für die auslegung einer anderen vorschrift erheblich, wenn diese ansonsten nicht mehr rechtmäßig angewandt werden könnte. das argument, ein gesetz bzw. eine gesetzesbegründung, die übergeordneten rechtsnormen widerspreche, könne nicht zur auslegung eines anderen gesetzes herangezogen werden, 87vgl. vgh baden-württemberg, beschluss vom 4. november 2014 - 11 s 1886/14 -, a.a.o., rn. 26, 88verkennt die argumentationslast. denn da § 27 abs. 1a aufenthg missbräuchliche vaterschaftsanfechtungen nach der gesetzgeberischen konzeption nicht erfassen soll, würde eine änderung dieser auslegung einer erneuten gesetzgeberischen entscheidung bedürfen, die durch die nichtigkeitserklärung einer vorschrift durch das bundesverfassungsgericht nicht ersetzt wird. 89eine fehlende lebensunterhaltssicherung nach § 5 abs. 1 nr. 1 aufenthg steht dem anspruch der klägerin ebenso wenig entgegen wie das vorliegen eines ausweisungsinteresses nach § 5 abs. 1 nr. 2 aufenthg. denn auf grund des rechtlichen ausreisehindernisses nach art. 6 gg liegt insofern ein atypischer ausnahmefall vor. 90ein ausnahmefall von einer regelerteilungsvoraussetzung des § 5 abs. 1 aufenthg liegt nur bei besonderen, atypischen umständen vor, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende gewicht der gesetzlichen regelung beseitigen. dies gilt auch dann, wenn entweder aus gründen höherrangigen rechts wie etwa art. 6 gg oder im hinblick auf art. 8 emrk die erteilung einer aufenthaltserlaubnis geboten ist. das setzt eine umfassende grund- bzw. menschenrechtliche prüfung voraus, in die alle relevanten umstände des einzelfalls einzustellen sind, 91vgl. bverwg, urteile vom 13. juni 2013 - 10 c 16/12 -, nvwz 2013, 1493 = juris, rn. 16 ff.; und vom 30. april 2009 - 1 c 3/08 -, nvwz 2009, 1239 = juris, rn. 11 ff. 92gemessen hieran fällt die abwägung zu gunsten der klägerin aus. denn da von ihrer tochter wegen der deutschen staatsangehörigkeit ein aufenthalt außerhalb des bundesgebietes nicht verlangt werden kann, kann die familiäre lebensgemeinschaft nur in deutschland hergestellt werden. die fehlende sicherung des lebensunterhalts und das vorliegen eines ausweisungsinteresses wegen einer verurteilung zu einer geldstrafe können dieses hohe interesse nicht überwiegen. hierbei ist zu berücksichtigen, dass die ablehnung einer aufenthaltserlaubnis nicht dazu führen würde, dass die klägerin das bundesgebiet verlassen müsste. sie wäre vielmehr wegen eines rechtlichen ausreisehindernisses aus art. 6 gg (fortdauernd) zu dulden. auch in diesem fall würden also (soweit der lebensunterhalt weiter nicht gesichert wird) öffentliche kassen belastet. es entspricht zudem der wertung des § 28 abs. 1 satz 2 aufenthg, der die fehlende lebensunterhaltssicherung der ausländischen mutter eines deutschen kindes im rahmen einer familienbezogenen aufenthaltserlaubnis zwingend für unbeachtlich erklärt, diese auch nicht im rahmen des § 25 abs. 5 aufenthg zu berücksichtigen. die erstmalige verhängung eines strafbefehls, durch den gegen die klägerin (nur) eine geldstrafe ausgesprochen wurde, kann es im hinblick auf das hohe gewicht ihres bleibeinteresses (§ 55 abs. 1 nr. 4 aufenthg - ausübung des personensorgerechts für einen minderjährigen ledigen deutschen) ebenfalls nicht rechtfertigen, der klägerin eine verfestigung ihres aufenthalts zu verwehren. 93ob die vaterschaftsanerkennung nur zur erlangung aufenthaltsrechtlicher vorteile erfolgt ist, kann die kammer auch im rahmen der prüfung eines ausnahmefalls offen lassen. selbst wenn dies der fall wäre, könnte dies nicht zulasten der klägerin berücksichtigt werden. auch hier ist zu berücksichtigen, dass die verwehrung einer aufenthaltserlaubnis wegen des bestehenden ausreisehindernisses eine abschiebung der klägerin nicht erlauben würde, also zu ihrer fortdauernden duldung führen würde. zwar enthält das aufenthg kein ausdrückliches verbot von kettenduldungen, 94vgl. bverwg, beschluss vom 3. dezember 2014 - 1 b 19/14 -, juris, rn. 6, bverwg, urteil vom 27. juni 2006 - 1 c 14/05 -, juris, rn. 22. 95es würde jedoch einen nicht auflösbaren wertungswiderspruch bedeuten, eine vaterschaftsanerkennung zur erlangung aufenthaltsrechtlicher vorteile wegen einer fehlenden gesetzlichen normierung zwar nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen, sie dann aber im rahmen der prüfung eines ausnahmefalls von den allgemeinen erteilungsvoraussetzungen zulasten der klägerin zu berücksichtigen. dies gilt selbst unter berücksichtigung von § 5 abs. 3 satz 2 aufenthg, wonach von den allgemeinen erteilungsvoraussetzungen durch ermessensentscheidung abgesehen werden kann. zwar wäre es grundsätzlich denkbar, eine sicherung der grundrechtlich geschützten beziehung der klägerin zu ihrer tochter nicht durch die annahme eines ausnahmefalls, sondern durch eine ermessensentscheidung der beklagten herzustellen. dies würde aber hier zu keinem anderen ergebnis führen, da dann das ermessen der beklagten aus den vorstehend genannten gründen auf null reduziert wäre. 96dem anspruch der klägerin steht auch nicht entgegen, dass sie möglicherweise ohne das nach § 5 abs. 2 nr. 1 aufenthg erforderliche visum eingereist ist. ob die klägerin ein visum benötigt hatte, ist fraglich. zwar gehört serbien zu den staaten, deren staatsangehörige nach art. 1 abs. 2 der verordnung (eg) nr. 539/2001 des rates vom 15. märz 2001 i.v.m. anhang ii von der visumspflicht für einen aufenthalt, der 90 tage je zeitraum von 180 tagen nicht überschreitet, befreit sind. die visumbefreiung gilt nach anhang ii jedoch nur für inhaber biometrischer pässe, sofern diese nicht von der serbischen koordinierungsdirektion (serbisch: koordinaciona uprava) ausgestellt wurden. dass die klägerin inhaberin eines solchen passes ist, ist aus den akten nicht eindeutig ersichtlich. fraglich ist zudem, ob im rahmen des § 25 abs. 5 aufenthg die nachholung des visumverfahrens überhaupt gefordert werden kann, oder ob dies aus rechtssystematischen gründen ausscheidet, da eine aufenthaltserlaubnis nach § 25 abs. 5 aufenthg nicht an einen ausländer außerhalb des bundesgebiets erteilt werden kann, 97vgl. bverwg, urteil vom 22. juni 2011 - 1 c 5/10 -, juris, bverwge 140, 64 = juris, rn. 10. 98dies bedarf jedoch keiner entscheidung. denn zumindest ist die nachholung des visumverfahrens nach § 5 abs. 2 satz 2 2. alt. aufenthg im konkreten einzelfall unzumutbar, da die klägerin mutter von drei kindern ist, die zwei, fünf und sieben jahre alt sind. es kann wegen deren erforderlichen betreuung nicht angenommen werden, dass der klägerin auch nur eine vorrübergehende trennung von ihren drei kindern möglich ist. das der beklagten eröffnete ermessen sieht die kammer deshalb zudem als auf null reduziert an. 99da die abschiebung der klägerin bereits seit 18 monaten ausgesetzt ist, verdichtet sich nach der soll-vorschrift des § 25 abs. 5 satz 2 aufenthg der bescheidungsanspruch der klägerin zu einem gebundenen anspruch. gründe, die eine ausnahme von der soll-regelung rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. 100die klägerin hat auch anspruch auf eine rückwirkende erteilung der aufenthaltserlaubnis ab antragstellung. nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts kann ein ausländer die erteilung eines aufenthaltstitels grundsätzlich auch für einen in der vergangenheit liegenden zeitraum nach antragstellung beanspruchen, wenn er hieran ein schutzwürdiges interesse hat. dies ist insbesondere dann der fall, wenn die rückwirkende erteilung einer aufenthaltserlaubnis für die weitere aufenthaltsrechtliche stellung des ausländers erheblich sein kann, 101vgl. bverwg, urteil vom 9. juni 2009 - 1 c 7/08 -, nvwz 2009, 1431 = juris, rn. 13; ovg nrw, urteil vom 15. oktober 2014 - 17 a 1150/13 -, juris, rn. 37, jeweils m.w.n. 102hierauf kann die klägerin sich schon deshalb berufen, da die dauer des besitzes einer aufenthaltserlaubnis für die erteilung einer niederlassungserlaubnis von bedeutung sein kann, 103vgl. in ähnlich gelagerten fällen auch ovg nrw, urteil vom 23. august 2012 - 18 a 537/11 -, infauslr 2013, 23 = juris, rn. 39 (zu § 28 abs. 2 aufenthg); vgh baden-württemberg, urteil vom 8. november 2010 - 11 s 1873/10 -, auas 2011, 14 = juris, rn. 20 (zu § 26 abs. 4 aufenthg). 104die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 2, abs. 1 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo.
Klaeger*in
1
330,682
S 20 SO 132/19
2020-08-18T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 17.05.2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2019 verurteilt, der Klägerin 272,01 EUR zu zahlen. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte. Die Berufung wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen der Kläge-rin als Nothelfer gem. § 25 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für eine ambulante Behandlung am 05.05.2019 in Höhe von 272,01 EUR. 3Der am xx.xx.xxxx geborene polnische Staatsangehörige K. Xz (im Folgenden: Patient) ist obdachlos und ohne festen Wohnsitz. Zuletzt war er vom 24.12.2013 bis 23.04.2014 bei der Stadt Bonn gemeldet; er wurde dort von Amts wegen mit Fortzug nach unbekannt ab-gemeldet und ist seitdem dort nicht mehr in Erscheinung getreten. Er ist in Aachen häufig in der Obdachlosenunterkunft "Cafe Plattform" untergebracht. Er ist weder privat noch ge-setzlich krankenversichert. Er erhält keine laufenden Sozialleistungen. Er leidet an psychi-schen und Verhaltensstörungen bei chronischem Alkolholabusus. In den vergangenen Jahren wurde er häufig und wiederholt aus unterschiedlichen Anlässen durch Polizei und Rettungsdienst in die Notaufnahme verschiedener Krankenhäuser gebracht und dort teils stationär, teils ambulant behandelt. Der Patient hatte bei seinen verschiedenen Kranken-hausaufenthalten bei ihr nicht über die notwendigste Grundausstattung verfügt, weshalb ihm immer wieder Kleidung sowie Körperpflegeutensilien zur Verfügung gestellt worden waren. 4Am Sonntag, 05.05.2019, um 17:33 Uhr wurde der Patient in alkoholisiertem Zustand vom Rettungsdienst der Beklagten in der Notfallambulanz der Klägerin aufgenommen. Der Pa-tient klagte über Thoraxschmerzen und seit Tagen bestehende Herzprobleme. Es erfolg-ten eine ausführliche körperlich Untersuchung, ein EKG, eine Blutgasanalyse und eine Blutuntersuchung. Die Ärzte diagnostizierten eine akute Alkoholintoxikation bei einer Blut-alkoholkonzentration von 3,7 ‰. Da die Untersuchungen über die akute Alkoholintoxikation hinaus keine reaktionspflichtigen Ergebnisse erbrachten, wurde der Patient wieder entlas-sen. Die Klägerin teilte der Beklagten die Notfallaufnahme per FAX am Montag, 06.05.2019, 13:33 Uhr mit und beantragte vorsorglich die Übernahme der Kosten der am-bulanten Behandlung; diese betragen 272,01 EUR (Rechnung vom 23.05.2019). 5Durch Bescheid vom 17.05.2019 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten der Kran-kenbehandlung ab. Dagegen legte die Klägerin am 18.06 ...2029 Widerspruch ein, den die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 23.07.2019 zurückwies. Die Beklagte begrün-dete ihre Entscheidungen damit, dass der Nothelferanspruch des § 25 SGB XII eine Sozi-alhilfeleistungsberechtigung des Hilfebedürftigen voraussetze. Zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen hätten keine Feststellungen getroffen werden können. Unabhän-gig davon greife bei dem Patienten jedoch der Leistungsausschlusstatbestand des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, erste Alternative SGB XII. Mit Wirkung vom 29.12.2016 sei das Ge-setz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen im SGB II und SGB XII in Kraft getreten. Hierin habe der Gesetzgeber in Reaktion auf die umstrittene Rechtspre-chung des Bundessozialgerichts zum Leistungsanspruch ausländischer Hilfesuchender umfangreiche Änderungen in § 23 SGB XII vorgenommen. Neben den bisherigen Aus-schlusstatbeständen sei in § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII nunmehr geregelt, dass Aus-länder und ihre Familienangehörigen, die kein (materielles) Aufenthaltsrecht hätten oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergebe, keine Leis-tungen nach § 23 Abs. 1 SGB XII erhielten. Zu den von § 23 Abs. 1 SGB XII umfassten Leistungen zähle auch die Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB XII. Das materielle Aufent-haltsrecht des Patienten als polnischer Staatsbürger bemesse sich nach den Vorgaben des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsge-setz/EU – FreizügG/EU). Nach § 4 Satz 1 FreizügG/EU hätten nicht erwerbstätige Uni-onsbürger und ihre Familienangehörigen, die den Unionsbürger begleiten oder ihm nach-ziehen, ein Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU, wenn sie über ausreichenden Krankenversicherungs¬schutz und ausreichende Existenzmittel verfügten. Diese Voraus-setzungen erfülle der Patient offenbar nicht, da er weder über Einkommen noch Vermö-gen zur Sicherstellung seines Lebensunterhalts verfüge und darüber hinaus auch sein Krankenversicherungsschutz nicht sichergestellt sei. Demnach habe er mangels materiel-lem Aufenthaltsrecht gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII keinen Anspruch auf Ge-währung von Leistungen der Krankenhilfe. Die Ausnahmeregelung des § 23 Abs. 3 Satz 7 SGB XII, wonach abweichend von Satz 1 Nr. 2 und 3 Ausländer und ihre Familienangehö-rigen Leistungen nach Absatz 1 Satz 1 und 2 erhalten, wenn sie sich seit mindestens fünf Jahren ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten, führe zu keinem an-deren Ergebnis. Denn diese Frist beginne gemäß § 23 Abs. 3 Satz 8 SGB XII erst mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde; der Patient sei zuletzt 2014 einwohner-melderechtlich registriert worden. Zwar seien mit der Änderung des § 23 SGB XII ab dem 29.12.2016 Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 3 SGB XII neu eingeführt. Diese erhielten Ausländer, welche unter die Ausschlusstatbestände des § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII fallen, bis zur Ausreise, längstens jedoch für einen Zeitraum von einem Monat, einmalig innerhalb von zwei Jahren, um den Zeitraum bis zur Ausreise zu überbrücken. Voraussetzung zur Gewährung einer Überbrückungsleistung sei aber u.a. die grundsätzli-che Bereitschaft des Antragstellers, in seine Heimat zurückzukehren. Erklärt sich dieser zur Ausreise nicht bereit zu sein, scheide ein Anspruch auf Überbrückungsleistungen aus. Nach § 23 Abs. 3 Satz 5 Nr. 3 SGB XII umfassten die Überbrückungsleistungen auch die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen. Eine Gewährung von Überbrückungsleistun-gen scheide jedoch mangels erkennbarer Bereitschaft des Patienten zur Rückkehr nach Polen aus. Sollte sich ein Leistungsanspruch nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbIG) ergebe, stünde auch dieser einem Sozialhilfeanspruch entgegen. Denn nach § 23 Abs. 2 SGB XII erhielten Leistungsberechtigte nach § 1 AsylbLG keine Leistungen nach dem SGB XII. Der Leistungskata¬log des AsylbIG sei für diesen Personenkreis ab-schließend. 6Durch Bescheid vom 26.07.2019 lehnte die Beklagte den Antrag auf Übernahme der Kos-ten der Behandlung vom 05.05.2019 in Höhe von 272,01 EUR auch nach dem AsylbLG ab. Sie meinte, ein Nothelferanspruch der Klägerin gem. § 6a AsylbLG bestehe nicht, weil der Patient nicht vollziehbar ausreisepflichtig sei und nicht zum Personenkreis des § 1 AsylbLG gehöre. Er genieße als polnischer Staatsbürger solange in Deutschland Freizü-gigkeit, bis diese seitens des Ausländeramtes formell entzogen werde. Über den dagegen am 23.08.2019 erhobenen Widerspruch der Klägerin ist – soweit ersichtlich – bisher nicht entschieden worden. 7Gegen den Bescheid der Beklagten vom 17.05.2019 in der Fassung des Widerspruchsbe-scheides vom 23.07.2019 hat die Klägerin am 23.08.2019 Klage erhoben. Träfe die Auf-fassung der Beklagten zu, dass Personen wie der Patient weder nach dem SGB XII noch nach dem AsylbLG leistungsberechtigt seien, würden dadurch verfassungsmäßige Rechts der betroffenen EU-Bürger – hier: des Patienten – verletzt. EU-Bürger ohne materielles Aufenthaltsrecht seien sozialrechtlich sogar schlechter gestellt als Angehörige von Dritt-staaten, denen die Beklagte in vergleichbarer wirtschaftlicher Lage Leistungen nach dem AsylbLG gewähren würde. Erst durch Feststellung des Nichtbestehens des Freizügigkeits-rechts würden die EU-Bürger ohne materielles Aufenthaltsrecht sozialrechtlich wieder den Angehörigen der Drittstaaten gleichgestellt. Selbst die Beklagte gestehe zu, dass dies "un-logisch" sei. Die Klägerin hält dies für einen Wertungswiderspruch, der nicht nur unlogisch, sondern auch europarechtlich bedenklich sei, da hier durch eine nationale Regelung EU-Bürger nicht nur schlechter behandelt würden als Inländer, sondern auch schlechter als Angehörige von Drittstaaten. In der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 11.11.2014 (C-333/13) werde zwar ausgeführt, dass Personen, denen nach der Richtlinie 2004/38 kein Aufenthaltsrecht zustehe, nicht unter den gleichen Vorausset-zungen wie Inländer Sozialleistungen beanspruchen könnten. Im hier vorliegenden Fall gehe es jedoch auch um die Problematik, dass EU-Bürger ohne Aufenthaltsrecht faktisch auch nicht dieselben Sozialleistungen bekämen wie Angehörige von Drittstaaten, denen z.B. Leistungen nach dem AsylbLG zustünden. Hier finde eine faktische Besserstellung von Drittstaatlern und damit eine Diskriminierung von Unionsbürgern statt, die europa-rechtlich so nicht gewollt sein kann. Die Klägerin räumt ein, dass der Ansatz des EuGH, dass ein Mitgliedstaat die Möglichkeit haben müsse, nicht erwerbstätigen Unionsbürgern, die von ihrer Freizügigkeit allein mit dem Ziel Gebrauch machten, in den Genuss der Sozialhilfe eines anderen Mitgliedstaates zu kommen, obwohl sie nicht über ausreichende Existenzmittel für die Beanspruchung eines Aufenthaltsrechts verfügen, Sozialleistungen zu versagen, grundsätzlich richtig sein mag, um nicht die Solidargemeinschaft mit den Kosten für den Lebensunterhalt von Personen ohne Aufenthaltsrecht zu belasten. Vorliegend gehe es aber nicht um den Lebensunterhalt. Wenn die betreffende Person keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt habe, bedrohe dies die physische Existenz mittel- bis langfris-tig, aber nicht unmittelbar. Hier gehe es um Krankenbehandlung in einem medizinischen Notfall. Dieser bedrohe die physische Existenz des Betroffenen sofort und unmittelbar und sei daher anders zu bewerten als die Hilfe zum Lebensunterhalt. Der Betroffene verfolge auch nicht allein das Ziel, in den Genuss der Sozialhilfe zu kommen, sondern es gehe um die Akutversorgung im Krankheitsfall, ein Szenario, dass sicher von keinem der Betroffe-nen zielgerichtet geplant oder gewollt sei. Den Menschen in dieser Situation die Kranken-hilfe zu verweigern, stelle einen unmittelbaren Angriff auf die Menschenwürde dar. Diese könne jedoch als höchstes verfassungsrechtliches Gut nicht durch migrationspolitische Erwägungen relativiert werden. Dass dem Betroffenen die notwendige Krankenbehandlung aufgrund der Pflicht zur Behandlung und Hilfeleistung letztlich immer zuteilwerde, belaste am Ende aber nicht die Solidargemeinschaft, sondern die Krankenhäuser, und zwar mit ganz erheblichen Kosten. In dem hier zu entscheidenden Fall seien die Behandlungskos-ten überschaubar; in der Summe aller Behandlungsfälle mit gleichem sozialrechtlichem Sachverhalt ergäben sich jedoch für die Klägerin jährlich Kosten im sechsstelligen Bereich, wobei dieser teilweise schon durch einen einzigen Behandlungsfall erreicht werde. Die Klägerin ist der Auffassung, bei verfassungskonformer Auslegung der Ausschlusstatbe-stände in § 23 Abs. 3 SGB XII sei – unabhängig vom Lebensunterhalt – Krankenhilfe im Akutfall zu gewähren. 8Die Klägerin beantragt, 9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.05.2019 in der Fassung des Wider-spruchsbescheides vom 23.07.2019 zu verurteilen, ihr 272,01 EUR für die Behandlung des Patienten K. X. am 05.05.2019 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Sie wiederholt und vertieft ihre in den angefochtenen Bescheiden vertretene Auffassung. Sie räumt ein, dass EU-Bürger nach der Feststellung über den Verlust oder das Nichtbe-stehen des Freizügigkeitsrechtes leistungsberechtigt nach dem AsylbLG seien; ein we-sentlich schlechterer ausländerrechtlicher Sta¬tus habe also eine deutlich bessere sozial-rechtliche Stellung zur Folge; dies sei unlogisch, aber vom Gesetzgeber so geregelt. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG sei die generelle Freizügigkeitsvermu¬tung, nach der der Aufenthalt eines EU-Ausländers zumindest solange als rechtmäßig angesehen werden müsse, bis die zuständige Ausländerbehörde das Nichtbestehen des Freizügigkeitsrechtes festgestellt und damit die Ausrei¬sepflicht begründet hat, nicht ausreichend. Darüber hinaus gingen die Landessozialgerichte mehrheitlich davon aus, dass § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII nicht ausreisepflichtige Unionsbürger ohne ma¬terielles Aufenthaltsrecht in verfas-sungskonformer Weise von Leistungen nach § 23 Abs. 1 SGB XII ausschließe. Danach sei § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII sehr wohl mit dem Grundgesetz vereinbar. Auch das Grundrecht auf Ge¬währleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, das das BVerfG aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitet habe, begründe keinen un-be¬dingten Anspruch auf Fürsorgeleistungen. Die Verfassung gebiete nicht die Gewährung voraussetzungsloser Sozialleistungen. Daher mache der Gesetzge¬ber einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen und ähnlichen Leistungen nach dem SGB II, dem SGB XII und dem AsylbLG von zahlreichen formellen und materiellen Voraussetzungen abhängig. Ver-fassungsrechtlich zu rechtfertigen sei dieser Leistungsausschluss, da der Gesetzgeber EU-Bürger ohne materielles Aufenthaltsrecht auch nicht gänzlich von Leistungen ausge-schlossen, sondern für diesen Personenkreis diffe¬renzierte Leistungen vorgesehen habe. So gewährleiste er Überbrückungsleistungen sowie angemessene Kosten der Rückreise gemäß § 23 Abs. 3, 3a SGB XII und erforderlichenfalls Leistungen im Rahmen der Härte-fallregelung des § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII. Damit werde dem vom BVerfG umrissenen grundrechtli¬chen Anspruch auf existenzsichernde Leistungen hinreichend Rechnung getra-gen. Auf solche Leistungen habe der Patient aber keinen Anspruch; seine Ausreisebereit-schaft sei nicht ersichtlich und durch nichts belegt. Die Beklagte beruft sich für den vorlie-genden Fall auf den Ausschlussgrund nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 1. Alt. SGB XII. Der Gesetzgeber habe mit Wirkung ab 29.12.2016 diesen Ausschlussgrund in die Vorschrift aufgenommen. Er beträfe Personen ohne jedes materielle Aufenthaltsrecht. Vom materi-ellen Aufenthaltsrecht zu unterscheiden sei die formelle Freizügigkeitsvermutung für EU-Ausländer. Zu deren rechtmäßiger Einreise nach Deutschland genüge ein gültiger Pass. Aufgrund dieser generellen Freizügigkeitsvermutung müsse der Aufenthalt eines EU-Ausländers zumindest solange als rechtmäßig angesehen werden, bis die zuständige Aus-länderbehörde das Nichtbestehen des Freizügigkeitsrechts aufgrund von § 5 Abs. 4 Frei-zügG/EU festgestellt und damit nach § 7 Abs. 1 FreizügG/EU die sofortige Ausreisepflicht begründet habe. Die Beklagte meint, dass es auf eine solche formelle Freizügigkeit aber nicht ankomme; bei der Beurteilung des Leistungsausschlusses nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 1. Alt. SGB XII sei auf das materielle Aufenthaltsrecht abzustellen. Würde ein An-spruchsausschluss erst bestehen, wenn durch das Ausländeramt das Frei¬zügigkeitsrecht bestandskräftig entzogen sei, bedeute dies, dass jedem EU- Bürger, der mit einem gülti-gen Pass nach Deutschland einreise, bis dahin ein bedingungsloses Grundeinkommen nach dem SGB II und dem SGB XII zustehen würde. Letztlich würden dann auch § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 3 SGB XII ins Leere laufen. 12Auf ein entsprechendes Auskunftsersuchen des Gerichts hat das Ausländeramt der Stadt Bonn mit Schreiben vom 14.05.2020 mitgeteilt, dass der Patient dort bekannt und auch am 24.12.2013 im Aus¬länderzentralregister (AZR) erfasst worden sei. Da es sich um ei-nen EU-Ausländer handele, sei keine Ausländerakte angelegt worden. Weiter hat das Aus-länderamt erklärt: 13"Ein EU-Bürger verliert sein Aufenthaltsrecht nicht automatisch, wenn die Voraussetzun-gen (z.B. die von Ihnen angeführten Umstände) für die Gewährung desselben nicht mehr vorliegen. Vielmehr bedarf es hierzu gem. § 5 Abs.4 FreizügG/EU einer Ermessensent-scheidung der Behörde. Eine solche Entscheidung ergeht von Amts wegen, sofern der Behörde ein entsprechender Sachverhalt bekannt wird." 14Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung der Kammer durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwi-schen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsak-te sowie der Verwaltungsakten der Beklagten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 17Die Kammer konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise übereinstimmend einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Die Klage ist zulässig und begründet. 18Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 So-zialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie rechtswidrig sind. Die Klägerin hat gemäß § 25 SGB XII Anspruch auf Erstattung der Kosten in Höhe von 272,01 EUR, die ihr durch die ambulante Krankenbehandlung des Patienten am 05.05.2019 als Nothelferin entstanden sind. 19Nach § 25 SGB XII sind demjenigen, der in einem Eilfall einem Anderen Leistungen er-bracht hat, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen wären, die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht aufgrund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat (Satz 1). Dies gilt nur, wenn die Erstattung in-nerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt wird (Satz 2). Die Klägerin hat dem Patienten Leistungen nach § 48 SGB XII (Hilfe bei Krankheit) er-bracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen der Sozialhilfe von der Beklagten zu erbringen ge-wesen wären. Die Klägerin hat die ambulant am 05.05.2019 – einem Sonntag – ab 17:33 Uhr erbrachte Hilfe bereits mit Schreiben vom 06.05.2019 und damit innerhalb angemes-sener Frist beim zuständigen Sozialhilfeträger beantragt. 20Die Beklagte war gemäß §§ 97 Abs. 1, 98 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 3 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 2 SGB XII, §§ 1, 2 Landesausführungsgesetz zum SGB XII für das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) und der Ausführungsverordnung zum SGB XII des Landes NRW für den Nothelferanspruch sachlich und örtlich zuständig, da der Patient, als er im Krankenhaus der Klägerin behandelt wurde, seinen tatsächlichen Aufenthalt im Gebiet der Beklagten hatte. Für die örtliche Zuständigkeit ist wegen der Eilbedürftigkeit der Leistungserbringung durch den Nothelfer der tatsächliche Aufenthalt des Hilfebedürftigen maßgeblich, selbst wenn ein gewöhnlicher Aufenthalt in einem anderen Zuständigkeitsbereich besteht, der – den Eilfall weggedacht – die örtliche Zuständigkeit des dortigen Trägers begründen würde (BSG, Urteil vom 18.11.2014 – B 8 SO 9/13 R). 21Der Sozialhilfeanspruch des Patienten war begründet, weil die Krankenbehandlung not-wendig war, der Patient nicht krankenversichert war und er außerstande war, die Kosten der Krankenbehandlung aus eigenem Einkommen oder Vermögen – andere Einstands-verpflichtete sind nicht ersichtlich – aufzubringen (vgl. § 48 Satz 1 i.V.m. §§ 2 Abs. 1, 19 Abs. 3 SGB XII). 22Die Kammer geht aufgrund der ihr bekannt gewordenen Umstände davon aus, dass der Patient finanziell hilfebedürftig und nicht in der Lage gewesen ist, die Kosten der Kranken-hausbehandlung zu tragen. Er war ohne festen Wohnsitz, kam immer wieder in einer Ob-dachlosenunterkunft ("Cafe Plattform") unter, erhielt keine Sozialleistungen und war bei seinen verschiedenen Krankenhauseinlieferungen derart verarmt, dass er aus dem Fun-dus der Klägerin mit neuer Kleidung und Waschutensilien versorgt wurde. Diese Angaben sind zwar dürftig, weisen den Patienten aber hinreichend als bedürftig aus. 23Die Sozialhilfeleistung stand ihm gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII auch als Ausländer zu, weil er sich am 05.05.2019 in Deutschland aufhielt. Ein Leistungsausschluss gemäß § 23 Abs. 2 oder Abs. 3 SGB XII lag nicht vor. 24§ 23 Abs. 2 SGB XII bestimmt, dass Leistungsberechtigte nach § 1 AsylbLG keine Leis-tungen nach Absatz 1 erhalten. Der Patient gehörte am 05.05.2019 nicht zum Personen-kreis der Leistungsberechtigten nach § 1 AsylbLG in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung. Insbesondere war er, wie die Beklagte im Bescheid vom 26.07.2019 zutreffend festgestellt hat, nicht vollziehbar ausreisepflichtig (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG). Zu den weiteren in § 1 AsylbLG genannten Person gehört der Patient ganz offensichtlich nicht. 25Zwar hätte eine Ausreisepflicht des Patienten begründet werden können, wenn er kein Aufenthaltsrecht (mehr) besaß. Vollziehbar ist die Ausreisepflicht jedoch nur unter den Vo-raussetzungen des § 58 Abs. 2 AufenthG kraft Gesetzes, z.B. bei unerlaubter Einreise, die hier für einen polnischen Staatsangehörigen nicht bejaht werden kann. Einen aus-drücklichen Bescheid über den Verlust des Freizügigkeitsrechts (vgl. § 5 Abs. 4 Frei-zügG/EU) oder eine vollziehbare Ausreiseverfügung (vgl. § 7 Abs. 1 FreizügG/EU) lag nicht vor. 26Der Sozialhilfeanspruch des Patienten war auch nicht nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII ausgeschlossen. Danach erhalten Ausländer und ihre Familienangehörigen keine Leistun-gen nach Absatz 1 oder nach dem Vierten Kapitel, wenn 271. sie weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, 2. sie kein Aufenthaltsrecht haben oder sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, 3. sie ihr Aufenthaltsrecht allein oder neben einem Aufenthaltsrecht nach Nummer 2 aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Ra-tes vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. L 141 vom 27.5.2011, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2016/589 (ABl. L 107 vom 22.4.2016, S. 1) geändert worden ist, ableiten oder 4. sie eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen. Dafür, dass der Patient zu den Personen gehört, die unter § 23 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1, 2, 1. Alt., 3 oder 4 fallen, ist nichts ersichtlich; dies wird von der Beklagten auch nicht geltend gemacht. Entgegen ihrer Auffassung ist der Patient aber auch keine Person im Sinne von § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 1. Alt. SGB XII. Denn er hatte am 05.05.2019 ein Aufenthalts-recht. 28Das Aufenthaltsrecht des Patienten, der Staatsangehöriger Polens, eines Mitgliedstaats der EU, ist, bemisst sich nach den Vorgaben des FreizügG/EU. Nach § 2 Abs. 1 Frei-zügG/EU haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes. Nach § 4 Satz 1 Frei-zügG/EU haben nicht erwerbstätige Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen, das Recht nach § 2 Abs. 1, wenn sie über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen. Zwar verfügte der Patient am 05.05.2019 weder über einen ausreichenden Krankenversi-cherungsschutz und noch über ausreichende Existenzmittel. Dies allein führt jedoch nicht dazu, dass er kein Aufenthaltsrecht mehr besaß. Denn § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU bestimmt, dass der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 festgestellt werden kann, wenn die Voraussetzungen des Rechts nach § 2 Abs. 1 innerhalb von fünf Jahren nach Begrün-dung des ständigen rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet entfallen sind oder nicht vorliegen. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU kann der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 unbeschadet des § 2 Absatz 7 und des § 5 Absatz 4 nur aus Gründen der öffentli-chen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit (Artikel 45 Absatz 3, Artikel 52 Absatz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union) festgestellt und die Bescheini-gung über das Daueraufenthaltsrecht oder die Aufenthaltskarte oder Daueraufenthaltskar-te eingezogen werden. Gemäß § 7 FreizügG/EU sind Unionsbürger oder ihre Familienan-gehörigen ausreisepflichtig, wenn die Ausländerbehörde festgestellt hat, dass das Recht auf Einreise und Aufenthalt nicht besteht. Aus diesen Vorschriften folgt, dass nicht nur der Verlust, sondern auch schon das Nichtbestehen des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts einer förmlichen Feststellung der zuständigen Behörde bedarf (vgl. auch Siefert in jurisPK-SGB XII, § 23 Rz. 83). Dies hat die zuständige Ausländerbehörde hat dem Gericht auf ein entsprechendes Auskunftsersuchen bestätigt. Auf die Fragen des Gerichts, ob ein Uni-onsbürger sein Aufenthaltsrecht nach dem FreizügG/EU automatisch verliert, sobald er weder über einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz noch über ausreichende Existenzmittel verfügt (vgl. § 4 Satz 1 FreizügG/EU) oder ob es für das Nichtbestehen bzw. den Verlust des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts einer förmlichen Feststellung des Nichtbestehens bzw. des Verlustes durch Verwaltungsakte der Ausländerbehörde be-darf, hat die Ausländerbehörde erklärt: "Ein EU-Bürger verliert sein Aufenthaltsrecht nicht automatisch, wenn die Voraussetzungen (z.B. die von Ihnen angeführten Umstände) für die Gewährung desselben nicht mehr vorliegen. Vielmehr bedarf es hierzu gem. § 5 Abs.4 FreizügG/EU einer Ermessensentscheidung der Behörde. Eine solche Entscheidung ergeht von Amts wegen, sofern der Behörde ein entsprechender Sachverhalt bekannt wird." 29Der Leistungsausschlusstatbestand des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 1. Alt. SGB XII stellt da-rauf ab, ob der Ausländer ein Aufenthaltsrecht hat Das Gesetz es differenziert nicht zwi-schen einem "materiellen" und einem "formellen" Aufenthaltsrecht und auch nicht zwi-schen einer "materiellen" und einer "formellen" Freizügigkeitsberechtigung. Zwar wird in der Literatur und in diversen ober- und höchstgerichtlichen Entscheidungen die Begriffe "materielles Aufenthaltsrecht" und "materielle Freizügigkeitsberechtigung" verwendet. We-der der Kommentarliteratur (vgl. Siefert in jurisPK-SGB XII, § 23 Rz. 83) noch den Ent-scheidungen des LSG Berlin-Brandenburg vom 13.02.2017 (L 23 SO 30/17 B ER) und des LSG NRW vom 12.10.2018 (L 6 AS 500/18 B ER), auf die die Beklagte sich für ihre Auf-fassung beruft, noch irgendeiner anderen Quelle lässt sich entnehmen, dass ein freizügig-keitsberechtigter Bürger eines nichtdeutschen EU-Mitgliedstaates auch ohne Verlustfest-stellung "kein Aufenthaltsrecht" im Sinne von § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 1. Alt. SGB XII ha-ben könnte. Solange nicht von der zuständigen Behörde die Feststellung des Verlustes (oder Nichtbestehens) des Aufenthaltsrechts eines EU-Ausländers getroffen ist, hat er ein Aufenthaltsrecht und ist er keinem Leistungsausschluss gem. § 23 Abs. 3 Satz 1, 1. Alt. SGB XII ausgesetzt. So lag es bei dem Patienten zum hier streiterheblichen Zeitpunkt. 30Im Hinblick darauf kann dahinstehen, ob der Patient aufgrund der Dauer seines Aufenthal-tes in Deutschland ein Daueraufenthaltsrecht gem. § 4a FreizügG/EU und daraus abgelei-tet einen Anspruch auf Sozialhilfe gem. § 23 Abs. 3 Satz 7 SGB XII hatte. Insofern sind auch die dazu ergangenen Beschlüsse der 19. Kammer des SG Aachen vom 05.09.2019 (S 19 SO 115/19 ER) und des LSG NRW vom 05.11.2019 (L 12 SO 379/19 B ER), auf die die Beklagte sich für ihre Auffassung beruft, nicht zielführend. Das LSG NRW hat sich mit der Frage, ob der Verlustes eines Aufenthaltsrechts eines feststellenden Verwaltungsak-tes bedarf, überhaupt nicht befasst. 31Der EuGH hat entschieden, dass ein Mitgliedstaat gemäß Art. 7 der Richtlinie 2004/38 die Möglichkeit haben muss, nicht erwerbstätigen Unionsbürgern, die von ihrer Freizügigkeit allein mit dem Ziel Gebrauch machen, in den Genuss der Sozialhilfe eines anderen Mit-gliedstaats zu kommen, obwohl sie nicht über ausreichende Existenzmittel für die Bean-spruchung eines Aufenthaltsrechts verfügen, Sozialleistungen zu versagen (EuGH, Urteil vom 11.11.2014 – C-333/13). Dies sieht auch das BSG so. In Bezug auf den Patienten ist aber bereits fraglich, ob er von seinem Recht auf Freizügigkeit allein mit dem Ziel Ge-brauch macht, in den Genuss der Sozialhilfe zu kommen. In Anbetracht des Krankheitsbil-des des Patienten ist ein auf die Erlangung Sozialhilfe gerichtetes Verhalten und Handeln höchst unwahrscheinlich; dem Gericht ist nicht bekannt, dass der Patient irgendwann ein-mal oder jedenfalls in den letzten Jahren Hilfe zum Lebensunterhalt; Grundsicherung, Krankenhilfe oder andere Leistungen nach dem SGB XII beantragt hätte. Der Gesetzge-ber hat in § 23 Abs. 3 SGB XII die Einzelheiten eines Leistungsausschlusses für Unions-bürger geregelt. Sind aber schon – wie im Fall des Patienten am 05.05.2019 – die Vo-raussetzungen für einen Ausschlussgrund nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, erste Alternative SGB XII nicht erfüllt, kommt es auf die Frage der Vereinbarkeit der konkreten Leistungs-ausschlussnorm mit supranationalem Gemeinschaftsrecht oder nationalem Verfassungs-recht nicht an. Insoweit bedarf es auch keiner gemeinschaftsrechts- oder verfassungskon-formen Auslegung der Vorschrift durch das Gericht. 32Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. 33Die Kammer hat die im Hinblick auf den Wert des Beschwerdegegenstandes an sich nicht statthafte Berufung zugelassen, weil sie der Rechtssache grundsätzlich Bedeutung bei-misst (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 SGG).
die beklagte wird unter aufhebung des bescheides vom 17.05.2019 in der fassung des widerspruchsbescheides vom 23.07.2019 verurteilt, der klägerin 272,01 eur zu zahlen. die notwendigen außergerichtlichen kosten der klägerin trägt die beklagte. die berufung wird zugelassen. 1
2die beteiligten streiten über einen anspruch auf erstattung der aufwendungen der kläge-rin als nothelfer gem. § 25 zwölftes buch sozialgesetzbuch (sgb xii) für eine ambulante behandlung am 05.05.2019 in höhe von 272,01 eur. 3der am xx.xx.xxxx geborene polnische staatsangehörige k. xz (im folgenden: patient) ist obdachlos und ohne festen wohnsitz. zuletzt war er vom 24.12.2013 bis 23.04.2014 bei der stadt bonn gemeldet; er wurde dort von amts wegen mit fortzug nach unbekannt ab-gemeldet und ist seitdem dort nicht mehr in erscheinung getreten. er ist in aachen häufig in der obdachlosenunterkunft "cafe plattform" untergebracht. er ist weder privat noch ge-setzlich krankenversichert. er erhält keine laufenden sozialleistungen. er leidet an psychi-schen und verhaltensstörungen bei chronischem alkolholabusus. in den vergangenen jahren wurde er häufig und wiederholt aus unterschiedlichen anlässen durch polizei und rettungsdienst in die notaufnahme verschiedener krankenhäuser gebracht und dort teils stationär, teils ambulant behandelt. der patient hatte bei seinen verschiedenen kranken-hausaufenthalten bei ihr nicht über die notwendigste grundausstattung verfügt, weshalb ihm immer wieder kleidung sowie körperpflegeutensilien zur verfügung gestellt worden waren. 4am sonntag, 05.05.2019, um 17:33 uhr wurde der patient in alkoholisiertem zustand vom rettungsdienst der beklagten in der notfallambulanz der klägerin aufgenommen. der pa-tient klagte über thoraxschmerzen und seit tagen bestehende herzprobleme. es erfolg-ten eine ausführliche körperlich untersuchung, ein ekg, eine blutgasanalyse und eine blutuntersuchung. die ärzte diagnostizierten eine akute alkoholintoxikation bei einer blut-alkoholkonzentration von 3,7 ‰. da die untersuchungen über die akute alkoholintoxikation hinaus keine reaktionspflichtigen ergebnisse erbrachten, wurde der patient wieder entlas-sen. die klägerin teilte der beklagten die notfallaufnahme per fax am montag, 06.05.2019, 13:33 uhr mit und beantragte vorsorglich die übernahme der kosten der am-bulanten behandlung; diese betragen 272,01 eur (rechnung vom 23.05.2019). 5durch bescheid vom 17.05.2019 lehnte die beklagte die übernahme der kosten der kran-kenbehandlung ab. dagegen legte die klägerin am 18.06 ...2029 widerspruch ein, den die beklagte durch widerspruchsbescheid vom 23.07.2019 zurückwies. die beklagte begrün-dete ihre entscheidungen damit, dass der nothelferanspruch des § 25 sgb xii eine sozi-alhilfeleistungsberechtigung des hilfebedürftigen voraussetze. zu den einkommens- und vermögensverhältnissen hätten keine feststellungen getroffen werden können. unabhän-gig davon greife bei dem patienten jedoch der leistungsausschlusstatbestand des § 23 abs. 3 satz 1 nr. 2, erste alternative sgb xii. mit wirkung vom 29.12.2016 sei das ge-setz zur regelung von ansprüchen ausländischer personen im sgb ii und sgb xii in kraft getreten. hierin habe der gesetzgeber in reaktion auf die umstrittene rechtspre-chung des bundessozialgerichts zum leistungsanspruch ausländischer hilfesuchender umfangreiche änderungen in § 23 sgb xii vorgenommen. neben den bisherigen aus-schlusstatbeständen sei in § 23 abs. 3 satz 1 nr. 2 sgb xii nunmehr geregelt, dass aus-länder und ihre familienangehörigen, die kein (materielles) aufenthaltsrecht hätten oder deren aufenthaltsrecht sich allein aus dem zweck der arbeitssuche ergebe, keine leis-tungen nach § 23 abs. 1 sgb xii erhielten. zu den von § 23 abs. 1 sgb xii umfassten leistungen zähle auch die hilfe bei krankheit nach § 48 sgb xii. das materielle aufent-haltsrecht des patienten als polnischer staatsbürger bemesse sich nach den vorgaben des gesetzes über die allgemeine freizügigkeit von unionsbürgern (freizügigkeitsge-setz/eu – freizügg/eu). nach § 4 satz 1 freizügg/eu hätten nicht erwerbstätige uni-onsbürger und ihre familienangehörigen, die den unionsbürger begleiten oder ihm nach-ziehen, ein aufenthaltsrecht nach § 2 abs. 1 freizügg/eu, wenn sie über ausreichenden krankenversicherungs¬schutz und ausreichende existenzmittel verfügten. diese voraus-setzungen erfülle der patient offenbar nicht, da er weder über einkommen noch vermö-gen zur sicherstellung seines lebensunterhalts verfüge und darüber hinaus auch sein krankenversicherungsschutz nicht sichergestellt sei. demnach habe er mangels materiel-lem aufenthaltsrecht gemäß § 23 abs. 3 satz 1 nr. 2 sgb xii keinen anspruch auf ge-währung von leistungen der krankenhilfe. die ausnahmeregelung des § 23 abs. 3 satz 7 sgb xii, wonach abweichend von satz 1 nr. 2 und 3 ausländer und ihre familienangehö-rigen leistungen nach absatz 1 satz 1 und 2 erhalten, wenn sie sich seit mindestens fünf jahren ohne wesentliche unterbrechung im bundesgebiet aufhalten, führe zu keinem an-deren ergebnis. denn diese frist beginne gemäß § 23 abs. 3 satz 8 sgb xii erst mit der anmeldung bei der zuständigen meldebehörde; der patient sei zuletzt 2014 einwohner-melderechtlich registriert worden. zwar seien mit der änderung des § 23 sgb xii ab dem 29.12.2016 überbrückungsleistungen nach § 23 abs. 3 satz 3 sgb xii neu eingeführt. diese erhielten ausländer, welche unter die ausschlusstatbestände des § 23 abs. 3 satz 1 sgb xii fallen, bis zur ausreise, längstens jedoch für einen zeitraum von einem monat, einmalig innerhalb von zwei jahren, um den zeitraum bis zur ausreise zu überbrücken. voraussetzung zur gewährung einer überbrückungsleistung sei aber u.a. die grundsätzli-che bereitschaft des antragstellers, in seine heimat zurückzukehren. erklärt sich dieser zur ausreise nicht bereit zu sein, scheide ein anspruch auf überbrückungsleistungen aus. nach § 23 abs. 3 satz 5 nr. 3 sgb xii umfassten die überbrückungsleistungen auch die zur behandlung akuter erkrankungen und schmerzzustände erforderliche ärztliche und zahnärztliche behandlung einschließlich der versorgung mit arznei- und verbandmitteln sowie sonstiger zur genesung, zur besserung oder zur linderung von krankheiten oder krankheitsfolgen erforderlichen leistungen. eine gewährung von überbrückungsleistun-gen scheide jedoch mangels erkennbarer bereitschaft des patienten zur rückkehr nach polen aus. sollte sich ein leistungsanspruch nach dem asylbewerberleistungsgesetz (asylbig) ergebe, stünde auch dieser einem sozialhilfeanspruch entgegen. denn nach § 23 abs. 2 sgb xii erhielten leistungsberechtigte nach § 1 asylblg keine leistungen nach dem sgb xii. der leistungskata¬log des asylbig sei für diesen personenkreis ab-schließend. 6durch bescheid vom 26.07.2019 lehnte die beklagte den antrag auf übernahme der kos-ten der behandlung vom 05.05.2019 in höhe von 272,01 eur auch nach dem asylblg ab. sie meinte, ein nothelferanspruch der klägerin gem. § 6a asylblg bestehe nicht, weil der patient nicht vollziehbar ausreisepflichtig sei und nicht zum personenkreis des § 1 asylblg gehöre. er genieße als polnischer staatsbürger solange in deutschland freizü-gigkeit, bis diese seitens des ausländeramtes formell entzogen werde. über den dagegen am 23.08.2019 erhobenen widerspruch der klägerin ist – soweit ersichtlich – bisher nicht entschieden worden. 7gegen den bescheid der beklagten vom 17.05.2019 in der fassung des widerspruchsbe-scheides vom 23.07.2019 hat die klägerin am 23.08.2019 klage erhoben. träfe die auf-fassung der beklagten zu, dass personen wie der patient weder nach dem sgb xii noch nach dem asylblg leistungsberechtigt seien, würden dadurch verfassungsmäßige rechts der betroffenen eu-bürger – hier: des patienten – verletzt. eu-bürger ohne materielles aufenthaltsrecht seien sozialrechtlich sogar schlechter gestellt als angehörige von dritt-staaten, denen die beklagte in vergleichbarer wirtschaftlicher lage leistungen nach dem asylblg gewähren würde. erst durch feststellung des nichtbestehens des freizügigkeits-rechts würden die eu-bürger ohne materielles aufenthaltsrecht sozialrechtlich wieder den angehörigen der drittstaaten gleichgestellt. selbst die beklagte gestehe zu, dass dies "un-logisch" sei. die klägerin hält dies für einen wertungswiderspruch, der nicht nur unlogisch, sondern auch europarechtlich bedenklich sei, da hier durch eine nationale regelung eu-bürger nicht nur schlechter behandelt würden als inländer, sondern auch schlechter als angehörige von drittstaaten. in der entscheidung des europäischen gerichtshofes (eugh) vom 11.11.2014 (c-333/13) werde zwar ausgeführt, dass personen, denen nach der richtlinie 2004/38 kein aufenthaltsrecht zustehe, nicht unter den gleichen vorausset-zungen wie inländer sozialleistungen beanspruchen könnten. im hier vorliegenden fall gehe es jedoch auch um die problematik, dass eu-bürger ohne aufenthaltsrecht faktisch auch nicht dieselben sozialleistungen bekämen wie angehörige von drittstaaten, denen z.b. leistungen nach dem asylblg zustünden. hier finde eine faktische besserstellung von drittstaatlern und damit eine diskriminierung von unionsbürgern statt, die europa-rechtlich so nicht gewollt sein kann. die klägerin räumt ein, dass der ansatz des eugh, dass ein mitgliedstaat die möglichkeit haben müsse, nicht erwerbstätigen unionsbürgern, die von ihrer freizügigkeit allein mit dem ziel gebrauch machten, in den genuss der sozialhilfe eines anderen mitgliedstaates zu kommen, obwohl sie nicht über ausreichende existenzmittel für die beanspruchung eines aufenthaltsrechts verfügen, sozialleistungen zu versagen, grundsätzlich richtig sein mag, um nicht die solidargemeinschaft mit den kosten für den lebensunterhalt von personen ohne aufenthaltsrecht zu belasten. vorliegend gehe es aber nicht um den lebensunterhalt. wenn die betreffende person keinen anspruch auf hilfe zum lebensunterhalt habe, bedrohe dies die physische existenz mittel- bis langfris-tig, aber nicht unmittelbar. hier gehe es um krankenbehandlung in einem medizinischen notfall. dieser bedrohe die physische existenz des betroffenen sofort und unmittelbar und sei daher anders zu bewerten als die hilfe zum lebensunterhalt. der betroffene verfolge auch nicht allein das ziel, in den genuss der sozialhilfe zu kommen, sondern es gehe um die akutversorgung im krankheitsfall, ein szenario, dass sicher von keinem der betroffe-nen zielgerichtet geplant oder gewollt sei. den menschen in dieser situation die kranken-hilfe zu verweigern, stelle einen unmittelbaren angriff auf die menschenwürde dar. diese könne jedoch als höchstes verfassungsrechtliches gut nicht durch migrationspolitische erwägungen relativiert werden. dass dem betroffenen die notwendige krankenbehandlung aufgrund der pflicht zur behandlung und hilfeleistung letztlich immer zuteilwerde, belaste am ende aber nicht die solidargemeinschaft, sondern die krankenhäuser, und zwar mit ganz erheblichen kosten. in dem hier zu entscheidenden fall seien die behandlungskos-ten überschaubar; in der summe aller behandlungsfälle mit gleichem sozialrechtlichem sachverhalt ergäben sich jedoch für die klägerin jährlich kosten im sechsstelligen bereich, wobei dieser teilweise schon durch einen einzigen behandlungsfall erreicht werde. die klägerin ist der auffassung, bei verfassungskonformer auslegung der ausschlusstatbe-stände in § 23 abs. 3 sgb xii sei – unabhängig vom lebensunterhalt – krankenhilfe im akutfall zu gewähren. 8die klägerin beantragt, 9die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 17.05.2019 in der fassung des wider-spruchsbescheides vom 23.07.2019 zu verurteilen, ihr 272,01 eur für die behandlung des patienten k. x. am 05.05.2019 zu zahlen. die beklagte beantragt, 10die klage abzuweisen. 11sie wiederholt und vertieft ihre in den angefochtenen bescheiden vertretene auffassung. sie räumt ein, dass eu-bürger nach der feststellung über den verlust oder das nichtbe-stehen des freizügigkeitsrechtes leistungsberechtigt nach dem asylblg seien; ein we-sentlich schlechterer ausländerrechtlicher sta¬tus habe also eine deutlich bessere sozial-rechtliche stellung zur folge; dies sei unlogisch, aber vom gesetzgeber so geregelt. nach ständiger rechtsprechung des bsg sei die generelle freizügigkeitsvermu¬tung, nach der der aufenthalt eines eu-ausländers zumindest solange als rechtmäßig angesehen werden müsse, bis die zuständige ausländerbehörde das nichtbestehen des freizügigkeitsrechtes festgestellt und damit die ausrei¬sepflicht begründet hat, nicht ausreichend. darüber hinaus gingen die landessozialgerichte mehrheitlich davon aus, dass § 23 abs. 3 satz 1 nr. 2 sgb xii nicht ausreisepflichtige unionsbürger ohne ma¬terielles aufenthaltsrecht in verfas-sungskonformer weise von leistungen nach § 23 abs. 1 sgb xii ausschließe. danach sei § 23 abs. 3 satz 1 nr. 2 sgb xii sehr wohl mit dem grundgesetz vereinbar. auch das grundrecht auf ge¬währleistung eines menschenwürdigen existenzminimums, das das bverfg aus art. 1 abs. 1 i.v.m. art. 20 abs. 3 gg abgeleitet habe, begründe keinen un-be¬dingten anspruch auf fürsorgeleistungen. die verfassung gebiete nicht die gewährung voraussetzungsloser sozialleistungen. daher mache der gesetzge¬ber einen anspruch auf grundsicherungsleistungen und ähnlichen leistungen nach dem sgb ii, dem sgb xii und dem asylblg von zahlreichen formellen und materiellen voraussetzungen abhängig. ver-fassungsrechtlich zu rechtfertigen sei dieser leistungsausschluss, da der gesetzgeber eu-bürger ohne materielles aufenthaltsrecht auch nicht gänzlich von leistungen ausge-schlossen, sondern für diesen personenkreis diffe¬renzierte leistungen vorgesehen habe. so gewährleiste er überbrückungsleistungen sowie angemessene kosten der rückreise gemäß § 23 abs. 3, 3a sgb xii und erforderlichenfalls leistungen im rahmen der härte-fallregelung des § 23 abs. 3 satz 6 sgb xii. damit werde dem vom bverfg umrissenen grundrechtli¬chen anspruch auf existenzsichernde leistungen hinreichend rechnung getra-gen. auf solche leistungen habe der patient aber keinen anspruch; seine ausreisebereit-schaft sei nicht ersichtlich und durch nichts belegt. die beklagte beruft sich für den vorlie-genden fall auf den ausschlussgrund nach § 23 abs. 3 satz 1 nr. 2, 1. alt. sgb xii. der gesetzgeber habe mit wirkung ab 29.12.2016 diesen ausschlussgrund in die vorschrift aufgenommen. er beträfe personen ohne jedes materielle aufenthaltsrecht. vom materi-ellen aufenthaltsrecht zu unterscheiden sei die formelle freizügigkeitsvermutung für eu-ausländer. zu deren rechtmäßiger einreise nach deutschland genüge ein gültiger pass. aufgrund dieser generellen freizügigkeitsvermutung müsse der aufenthalt eines eu-ausländers zumindest solange als rechtmäßig angesehen werden, bis die zuständige aus-länderbehörde das nichtbestehen des freizügigkeitsrechts aufgrund von § 5 abs. 4 frei-zügg/eu festgestellt und damit nach § 7 abs. 1 freizügg/eu die sofortige ausreisepflicht begründet habe. die beklagte meint, dass es auf eine solche formelle freizügigkeit aber nicht ankomme; bei der beurteilung des leistungsausschlusses nach § 23 abs. 3 satz 1 nr. 2, 1. alt. sgb xii sei auf das materielle aufenthaltsrecht abzustellen. würde ein an-spruchsausschluss erst bestehen, wenn durch das ausländeramt das frei¬zügigkeitsrecht bestandskräftig entzogen sei, bedeute dies, dass jedem eu- bürger, der mit einem gülti-gen pass nach deutschland einreise, bis dahin ein bedingungsloses grundeinkommen nach dem sgb ii und dem sgb xii zustehen würde. letztlich würden dann auch § 23 abs. 3 satz 1 nr. 1 und 3 sgb xii ins leere laufen. 12auf ein entsprechendes auskunftsersuchen des gerichts hat das ausländeramt der stadt bonn mit schreiben vom 14.05.2020 mitgeteilt, dass der patient dort bekannt und auch am 24.12.2013 im aus¬länderzentralregister (azr) erfasst worden sei. da es sich um ei-nen eu-ausländer handele, sei keine ausländerakte angelegt worden. weiter hat das aus-länderamt erklärt: 13"ein eu-bürger verliert sein aufenthaltsrecht nicht automatisch, wenn die voraussetzun-gen (z.b. die von ihnen angeführten umstände) für die gewährung desselben nicht mehr vorliegen. vielmehr bedarf es hierzu gem. § 5 abs.4 freizügg/eu einer ermessensent-scheidung der behörde. eine solche entscheidung ergeht von amts wegen, sofern der behörde ein entsprechender sachverhalt bekannt wird." 14die beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer entscheidung der kammer durch urteil ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. 15wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der zwi-schen den beteiligten gewechselten schriftsätze und den sonstigen inhalt der gerichtsak-te sowie der verwaltungsakten der beklagten, die bei der entscheidung vorgelegen haben, bezug genommen. 16
17die kammer konnte durch urteil ohne mündliche verhandlung entscheiden, weil sich die beteiligten mit dieser verfahrensweise übereinstimmend einverstanden erklärt haben (§ 124 abs. 2 sozialgerichtsgesetz – sgg). die klage ist zulässig und begründet. 18die klägerin wird durch die angefochtenen bescheide nicht im sinne des § 54 abs. 2 so-zialgerichtsgesetz (sgg) beschwert, da sie rechtswidrig sind. die klägerin hat gemäß § 25 sgb xii anspruch auf erstattung der kosten in höhe von 272,01 eur, die ihr durch die ambulante krankenbehandlung des patienten am 05.05.2019 als nothelferin entstanden sind. 19nach § 25 sgb xii sind demjenigen, der in einem eilfall einem anderen leistungen er-bracht hat, die bei rechtzeitigem einsetzen von sozialhilfe nicht zu erbringen wären, die aufwendungen in gebotenem umfang zu erstatten, wenn er sie nicht aufgrund rechtlicher oder sittlicher pflicht selbst zu tragen hat (satz 1). dies gilt nur, wenn die erstattung in-nerhalb angemessener frist beim zuständigen träger der sozialhilfe beantragt wird (satz 2). die klägerin hat dem patienten leistungen nach § 48 sgb xii (hilfe bei krankheit) er-bracht, die bei rechtzeitigem einsetzen der sozialhilfe von der beklagten zu erbringen ge-wesen wären. die klägerin hat die ambulant am 05.05.2019 – einem sonntag – ab 17:33 uhr erbrachte hilfe bereits mit schreiben vom 06.05.2019 und damit innerhalb angemes-sener frist beim zuständigen sozialhilfeträger beantragt. 20die beklagte war gemäß §§ 97 abs. 1, 98 abs. 1 s. 1 und abs. 2 s. 3 sgb xii i.v.m. § 3 abs. 2 sgb xii, §§ 1, 2 landesausführungsgesetz zum sgb xii für das land nordrhein-westfalen (nrw) und der ausführungsverordnung zum sgb xii des landes nrw für den nothelferanspruch sachlich und örtlich zuständig, da der patient, als er im krankenhaus der klägerin behandelt wurde, seinen tatsächlichen aufenthalt im gebiet der beklagten hatte. für die örtliche zuständigkeit ist wegen der eilbedürftigkeit der leistungserbringung durch den nothelfer der tatsächliche aufenthalt des hilfebedürftigen maßgeblich, selbst wenn ein gewöhnlicher aufenthalt in einem anderen zuständigkeitsbereich besteht, der – den eilfall weggedacht – die örtliche zuständigkeit des dortigen trägers begründen würde (bsg, urteil vom 18.11.2014 – b 8 so 9/13 r). 21der sozialhilfeanspruch des patienten war begründet, weil die krankenbehandlung not-wendig war, der patient nicht krankenversichert war und er außerstande war, die kosten der krankenbehandlung aus eigenem einkommen oder vermögen – andere einstands-verpflichtete sind nicht ersichtlich – aufzubringen (vgl. § 48 satz 1 i.v.m. §§ 2 abs. 1, 19 abs. 3 sgb xii). 22die kammer geht aufgrund der ihr bekannt gewordenen umstände davon aus, dass der patient finanziell hilfebedürftig und nicht in der lage gewesen ist, die kosten der kranken-hausbehandlung zu tragen. er war ohne festen wohnsitz, kam immer wieder in einer ob-dachlosenunterkunft ("cafe plattform") unter, erhielt keine sozialleistungen und war bei seinen verschiedenen krankenhauseinlieferungen derart verarmt, dass er aus dem fun-dus der klägerin mit neuer kleidung und waschutensilien versorgt wurde. diese angaben sind zwar dürftig, weisen den patienten aber hinreichend als bedürftig aus. 23die sozialhilfeleistung stand ihm gem. § 23 abs. 1 satz 1 sgb xii auch als ausländer zu, weil er sich am 05.05.2019 in deutschland aufhielt. ein leistungsausschluss gemäß § 23 abs. 2 oder abs. 3 sgb xii lag nicht vor. 24§ 23 abs. 2 sgb xii bestimmt, dass leistungsberechtigte nach § 1 asylblg keine leis-tungen nach absatz 1 erhalten. der patient gehörte am 05.05.2019 nicht zum personen-kreis der leistungsberechtigten nach § 1 asylblg in der zu diesem zeitpunkt geltenden fassung. insbesondere war er, wie die beklagte im bescheid vom 26.07.2019 zutreffend festgestellt hat, nicht vollziehbar ausreisepflichtig (vgl. § 1 abs. 1 nr. 5 asylblg). zu den weiteren in § 1 asylblg genannten person gehört der patient ganz offensichtlich nicht. 25zwar hätte eine ausreisepflicht des patienten begründet werden können, wenn er kein aufenthaltsrecht (mehr) besaß. vollziehbar ist die ausreisepflicht jedoch nur unter den vo-raussetzungen des § 58 abs. 2 aufenthg kraft gesetzes, z.b. bei unerlaubter einreise, die hier für einen polnischen staatsangehörigen nicht bejaht werden kann. einen aus-drücklichen bescheid über den verlust des freizügigkeitsrechts (vgl. § 5 abs. 4 frei-zügg/eu) oder eine vollziehbare ausreiseverfügung (vgl. § 7 abs. 1 freizügg/eu) lag nicht vor. 26der sozialhilfeanspruch des patienten war auch nicht nach § 23 abs. 3 satz 1 sgb xii ausgeschlossen. danach erhalten ausländer und ihre familienangehörigen keine leistun-gen nach absatz 1 oder nach dem vierten kapitel, wenn 271. sie weder in der bundesrepublik deutschland arbeitnehmer oder selbständige noch auf grund des § 2 absatz 3 des freizügigkeitsgesetzes/eu freizügigkeitsberechtigt sind, für die ersten drei monate ihres aufenthalts, 2. sie kein aufenthaltsrecht haben oder sich ihr aufenthaltsrecht allein aus dem zweck der arbeitsuche ergibt, 3. sie ihr aufenthaltsrecht allein oder neben einem aufenthaltsrecht nach nummer 2 aus artikel 10 der verordnung (eu) nr. 492/2011 des europäischen parlaments und des ra-tes vom 5. april 2011 über die freizügigkeit der arbeitnehmer innerhalb der union (abl. l 141 vom 27.5.2011, s. 1), die durch die verordnung (eu) 2016/589 (abl. l 107 vom 22.4.2016, s. 1) geändert worden ist, ableiten oder 4. sie eingereist sind, um sozialhilfe zu erlangen. dafür, dass der patient zu den personen gehört, die unter § 23 abs. 3 satz 1 nrn. 1, 2, 1. alt., 3 oder 4 fallen, ist nichts ersichtlich; dies wird von der beklagten auch nicht geltend gemacht. entgegen ihrer auffassung ist der patient aber auch keine person im sinne von § 23 abs. 3 satz 1 nr. 2, 1. alt. sgb xii. denn er hatte am 05.05.2019 ein aufenthalts-recht. 28das aufenthaltsrecht des patienten, der staatsangehöriger polens, eines mitgliedstaats der eu, ist, bemisst sich nach den vorgaben des freizügg/eu. nach § 2 abs. 1 frei-zügg/eu haben freizügigkeitsberechtigte unionsbürger und ihre familienangehörigen das recht auf einreise und aufenthalt nach maßgabe dieses gesetzes. nach § 4 satz 1 frei-zügg/eu haben nicht erwerbstätige unionsbürger und ihre familienangehörigen, die den unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen, das recht nach § 2 abs. 1, wenn sie über ausreichenden krankenversicherungsschutz und ausreichende existenzmittel verfügen. zwar verfügte der patient am 05.05.2019 weder über einen ausreichenden krankenversi-cherungsschutz und noch über ausreichende existenzmittel. dies allein führt jedoch nicht dazu, dass er kein aufenthaltsrecht mehr besaß. denn § 5 abs. 4 satz 1 freizügg/eu bestimmt, dass der verlust des rechts nach § 2 abs. 1 festgestellt werden kann, wenn die voraussetzungen des rechts nach § 2 abs. 1 innerhalb von fünf jahren nach begrün-dung des ständigen rechtmäßigen aufenthalts im bundesgebiet entfallen sind oder nicht vorliegen. gemäß § 6 abs. 1 satz 1 freizügg/eu kann der verlust des rechts nach § 2 abs. 1 unbeschadet des § 2 absatz 7 und des § 5 absatz 4 nur aus gründen der öffentli-chen ordnung, sicherheit oder gesundheit (artikel 45 absatz 3, artikel 52 absatz 1 des vertrages über die arbeitsweise der europäischen union) festgestellt und die bescheini-gung über das daueraufenthaltsrecht oder die aufenthaltskarte oder daueraufenthaltskar-te eingezogen werden. gemäß § 7 freizügg/eu sind unionsbürger oder ihre familienan-gehörigen ausreisepflichtig, wenn die ausländerbehörde festgestellt hat, dass das recht auf einreise und aufenthalt nicht besteht. aus diesen vorschriften folgt, dass nicht nur der verlust, sondern auch schon das nichtbestehen des unionsrechtlichen aufenthaltsrechts einer förmlichen feststellung der zuständigen behörde bedarf (vgl. auch siefert in jurispk-sgb xii, § 23 rz. 83). dies hat die zuständige ausländerbehörde hat dem gericht auf ein entsprechendes auskunftsersuchen bestätigt. auf die fragen des gerichts, ob ein uni-onsbürger sein aufenthaltsrecht nach dem freizügg/eu automatisch verliert, sobald er weder über einen ausreichenden krankenversicherungsschutz noch über ausreichende existenzmittel verfügt (vgl. § 4 satz 1 freizügg/eu) oder ob es für das nichtbestehen bzw. den verlust des unionsrechtlichen aufenthaltsrechts einer förmlichen feststellung des nichtbestehens bzw. des verlustes durch verwaltungsakte der ausländerbehörde be-darf, hat die ausländerbehörde erklärt: "ein eu-bürger verliert sein aufenthaltsrecht nicht automatisch, wenn die voraussetzungen (z.b. die von ihnen angeführten umstände) für die gewährung desselben nicht mehr vorliegen. vielmehr bedarf es hierzu gem. § 5 abs.4 freizügg/eu einer ermessensentscheidung der behörde. eine solche entscheidung ergeht von amts wegen, sofern der behörde ein entsprechender sachverhalt bekannt wird." 29der leistungsausschlusstatbestand des § 23 abs. 3 satz 1 nr. 2, 1. alt. sgb xii stellt da-rauf ab, ob der ausländer ein aufenthaltsrecht hat das gesetz es differenziert nicht zwi-schen einem "materiellen" und einem "formellen" aufenthaltsrecht und auch nicht zwi-schen einer "materiellen" und einer "formellen" freizügigkeitsberechtigung. zwar wird in der literatur und in diversen ober- und höchstgerichtlichen entscheidungen die begriffe "materielles aufenthaltsrecht" und "materielle freizügigkeitsberechtigung" verwendet. we-der der kommentarliteratur (vgl. siefert in jurispk-sgb xii, § 23 rz. 83) noch den ent-scheidungen des lsg berlin-brandenburg vom 13.02.2017 (l 23 so 30/17 b er) und des lsg nrw vom 12.10.2018 (l 6 as 500/18 b er), auf die die beklagte sich für ihre auf-fassung beruft, noch irgendeiner anderen quelle lässt sich entnehmen, dass ein freizügig-keitsberechtigter bürger eines nichtdeutschen eu-mitgliedstaates auch ohne verlustfest-stellung "kein aufenthaltsrecht" im sinne von § 23 abs. 3 satz 1 nr. 2, 1. alt. sgb xii ha-ben könnte. solange nicht von der zuständigen behörde die feststellung des verlustes (oder nichtbestehens) des aufenthaltsrechts eines eu-ausländers getroffen ist, hat er ein aufenthaltsrecht und ist er keinem leistungsausschluss gem. § 23 abs. 3 satz 1, 1. alt. sgb xii ausgesetzt. so lag es bei dem patienten zum hier streiterheblichen zeitpunkt. 30im hinblick darauf kann dahinstehen, ob der patient aufgrund der dauer seines aufenthal-tes in deutschland ein daueraufenthaltsrecht gem. § 4a freizügg/eu und daraus abgelei-tet einen anspruch auf sozialhilfe gem. § 23 abs. 3 satz 7 sgb xii hatte. insofern sind auch die dazu ergangenen beschlüsse der 19. kammer des sg aachen vom 05.09.2019 (s 19 so 115/19 er) und des lsg nrw vom 05.11.2019 (l 12 so 379/19 b er), auf die die beklagte sich für ihre auffassung beruft, nicht zielführend. das lsg nrw hat sich mit der frage, ob der verlustes eines aufenthaltsrechts eines feststellenden verwaltungsak-tes bedarf, überhaupt nicht befasst. 31der eugh hat entschieden, dass ein mitgliedstaat gemäß art. 7 der richtlinie 2004/38 die möglichkeit haben muss, nicht erwerbstätigen unionsbürgern, die von ihrer freizügigkeit allein mit dem ziel gebrauch machen, in den genuss der sozialhilfe eines anderen mit-gliedstaats zu kommen, obwohl sie nicht über ausreichende existenzmittel für die bean-spruchung eines aufenthaltsrechts verfügen, sozialleistungen zu versagen (eugh, urteil vom 11.11.2014 – c-333/13). dies sieht auch das bsg so. in bezug auf den patienten ist aber bereits fraglich, ob er von seinem recht auf freizügigkeit allein mit dem ziel ge-brauch macht, in den genuss der sozialhilfe zu kommen. in anbetracht des krankheitsbil-des des patienten ist ein auf die erlangung sozialhilfe gerichtetes verhalten und handeln höchst unwahrscheinlich; dem gericht ist nicht bekannt, dass der patient irgendwann ein-mal oder jedenfalls in den letzten jahren hilfe zum lebensunterhalt; grundsicherung, krankenhilfe oder andere leistungen nach dem sgb xii beantragt hätte. der gesetzge-ber hat in § 23 abs. 3 sgb xii die einzelheiten eines leistungsausschlusses für unions-bürger geregelt. sind aber schon – wie im fall des patienten am 05.05.2019 – die vo-raussetzungen für einen ausschlussgrund nach § 23 abs. 3 satz 1 nr. 2, erste alternative sgb xii nicht erfüllt, kommt es auf die frage der vereinbarkeit der konkreten leistungs-ausschlussnorm mit supranationalem gemeinschaftsrecht oder nationalem verfassungs-recht nicht an. insoweit bedarf es auch keiner gemeinschaftsrechts- oder verfassungskon-formen auslegung der vorschrift durch das gericht. 32die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg. 33die kammer hat die im hinblick auf den wert des beschwerdegegenstandes an sich nicht statthafte berufung zugelassen, weil sie der rechtssache grundsätzlich bedeutung bei-misst (§ 144 abs. 1 s. 1 nr. 1, abs. 2 nr. 1 sgg).
Klaeger*in
1
185,173
4 K 819/12
2014-01-16T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die am geborene Klägerin stand seit dem 19.08.2000 als Steuerhauptsekretärin im Dienst des beklagten Landes. Seit dem 04.12.2006 versah sie ihren Dienst am G. H. . Sie begehrt mit der Klage ihre rückwirkende Beförderung in die Besoldungsgruppe A9 zum 01.03.2008 bzw. die Gewährung von Schadensersatz. 3Seit dem 01.12.2006 blieb sie dem Dienst krankheitsbedingt fern. 4Auf Veranlassung des Vorstehers des Finanzamtes H. (nachfolgend: Vorsteher) wurde sie am 07.02.2007 vom amtsärztlichen Dienst der Stadt C. untersucht. Die Amtsärztin Dr. T. -T1. stellte in ihrem Gutachten vom 13.02.2007 fest, dass bei der Klägerin ein Labyrinthausfall links mit rezidivierendem Drehschwindel und eine Anpassungsstörung bei einer Belastungssituation am Arbeitsplatz vorlägen. Sie sei derzeit nicht in der Lage, ihren Dienst in dem jetzigen Aufgabenbereich ohne Einschränkungen zu verrichten. Mit der Wiederherstellung ihrer uneingeschränkten Dienstfähigkeit sei aber innerhalb der nächsten sechs Monate zu rechnen. Im Rahmen einer empfohlenen stationären Rehabilitation solle eine psychosomatische Behandlung erfolgen. Die Kurmaßnahme solle umgehend veranlasst werden, um einer Chronifizierung des Leidens vorzubeugen. Voraussichtlich werde die Klägerin nach einer erfolgreich beendeten Rehabilitationsmaßnahme ihren Dienst wieder aufnehmen können. 5Mit Schreiben vom 18.04.2007 lehnte die private Krankenversicherung der Klägerin die Kostenübernahme für eine stationäre Behandlung ab, da nicht erkannt werden könne, dass eine ambulante Therapie nicht ausreichend sei. 6Nachdem der Vorsteher die Klägerin zu einem Personalgespräch am 08.05.2007 eingeladen hatte, teilte diese unter dem 07.05.2007 mit, dass Störungen des Gleichgewichtsorgans nach der medizinischen Lehrmeinung im Wesentlichen durch erhebliche Stresssituationen ausgelöst würden. Da sie sich im Winter letzten Jahres bekanntlich in einer solchen Lage an ihrem Arbeitsplatz befunden habe, sei davon auszugehen, dass diese Situation der Auslöser für ihre Erkrankung sei. Auf Anraten ihres Arztes, den bisherigen Heilungserfolg nicht durch ein erneut Stress auslösendes Personalgespräch zu gefährden, werde sie deshalb den Termin nicht wahrnehmen. 7Mit Schreiben vom 23.05.2007 wandte sich der Vorsteher wiederum an das Gesundheitsamt verbunden mit der Bitte, die Klägerin einer weiteren amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Da die von der Amtsärztin vorgeschlagene stationäre Behandlung, der die Beihilfestelle der Oberfinanzdirektion Münster (OFD) unter dem 02.03.2007 zugestimmt habe, nicht zustande kommen werde, solle auch dazu Stellung genommen werden, ob ambulante Maßnahmen zur Wiederherstellung ihrer uneingeschränkten Dienstfähigkeit führten. Sollte die Prognose negativ ausfallen, werde um Feststellung gebeten, ob die Beamtin dauernd dienstunfähig sei. 8In ihrem Gutachten vom 21.06.2007 kam die Amtsärztin unter Bezugnahme auf eine psychiatrische Untersuchung der Klägerin durch die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. T2. am 19.06.2007 zu dem Ergebnis, dass die Klägerin weiterhin dienstunfähig sei, mit der Wiederherstellung der uneingeschränkten Dienstfähigkeit aber innerhalb der nächsten sechs Monate zu rechnen sei. Eine ambulante ärztliche Behandlung werde in ihrem Falle als erfolgversprechend eingeschätzt. Eine Nachuntersuchung in der Abteilung für Psychiatrie sei in drei Monaten erforderlich. 9Am 17.10.2007 fand eine psychiatrische Nachuntersuchung statt. Dr. T2. führte in ihrem Gutachten vom selben Tag aus, dass die Klägerin, die regelmäßig ambulant psychotherapeutisch behandelt werde, bis auf weiteres dienstunfähig sei. Bei ihr bestehe nach wie vor eine Restsymptomatik einer Anpassungsstörung sowie eine Somatisierungsneigung bei Angsterkrankung. Es sei noch eine körperliche und psychische Symptomatik vorhanden, die noch nicht zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit geführt habe. Sie - Dr. T2. - habe die Klägerin nochmals ermuntert, den psychosozialen Fachdienst für die Wiedereingliederung an ihrem Arbeitsplatz einzuschalten. Nach Vorgesprächen mit dem Dienstherrn solle spätestens ab Mitte November 2007 eine stufenweise Wiedereingliederung beginnend mit drei Stunden an fünf Werktagen täglich begonnen werden. Das Pensum sollte dann während eines halben Jahres langsam gesteigert werden, danach sei aller Voraussicht nach die uneingeschränkte Dienstfähigkeit wiederhergestellt. Andernfalls solle nach Ablauf des halben Jahres eine psychiatrische Wiedervorstellung stattfinden. 10Nachdem die Klägerin auch in der Folgezeit Dienstunfähigkeitsbescheinigungen eingereicht hatte, teilte der Vorsteher ihr mit Schreiben vom 21.11.2007 mit, dass ihre vorzeitige Zurruhesetzung beabsichtigt sei. Die vom Gesundheitsamt in drei Gutachten prognostizierte Genesung sei in keinem Fall eingetreten. Darüber hinaus habe sie bis heute kein Gespräch über die vorgeschlagene Wiedereingliederungsmaßnahme gesucht, sodass von einer andauernden Dienstunfähigkeit ausgegangen werden müsse. Diese Annahme werde auch durch die von ihr jüngst vorgelegte Dienstunfähigkeitsbescheinigung, die von einem anderen Arzt ausgestellt worden sei, gestützt. Ihr werde Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats nach Zugang des Schreibens gegeben. 11Daraufhin teilte die Klägerin unter dem 02.01.2008 mit, dass ihre Dienstunfähigkeit nach einer ärztlichen Auskunft zwar noch fortbestehe, aber davon auszugehen sei, dass diese in absehbarer Zeit - deutlich unter sechs Monaten - wiederhergestellt werden könne. 12Mit Bescheid vom 14.01.2008, zugestellt am 23.01.2008, setzte die OFD sie mit Ablauf des 31.01.2008 zur Ruhe. 13Am 21.01.2008 ging beim G. H. ein Wiedereingliederungsplan der Gemeinschaftspraxis Dr , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, und T3. , Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 16.01.2008 ein. Darin wurde eine Wiedereingliederung der Klägerin vom 31.01.2008 bis zum 15.02.2008 mit drei Stunden täglich und vom 18.02.2008 bis zum 29.02.2008 mit vier Stunden täglich empfohlen. Der Zeitpunkt der Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit sei zur Zeit nicht absehbar. 14Ausweislich eines Vermerks der OFD vom 30.01.2008 teilte die Klägerin der Behörde am selben Tag unter Bezugnahme auf den eingereichten Wiedereingliederungsplan telefonisch mit, dass sie krank sei. Sie sei aber bereit, stundenweise wieder zu arbeiten, aber nicht mehr auf ihrem früheren Dienstposten, da das G. H. und die dort beschäftigten Kollegen sie krank gemacht hätten. 15Unter dem 01.02.2008 erhob sie entsprechend der ihr erteilten Rechtsbehelfsbelehrung Widerspruch gegen die Zurruhesetzungsverfügung bei der OFD. Mit einem weiteren Schreiben vom 12.02.2008 übersandte sie dem Vorsteher den von Dr. zwischenzeitlich geänderten Wiedereingliederungsplan und machte geltend, dass das Formular am 16.01.2008 ursprünglich offensichtlich fehlerhaft ausgefüllt worden sei. Durch die von Dr. am 05.02.2008 handschriftlich vorgenommene Korrektur wurde der Zeitpunkt der Wiederherstellung ihrer vollen Arbeitsfähigkeit nunmehr auf den 30.06.2008 festgesetzt; die frühere anderslautende Angabe, dass der Zeitpunkt zur Zeit nicht absehbar sei, wurde gestrichen. 16Am 22.02.2008 hat die Klägerin Klage gegen die Zurruhesetzungsverfügung erhoben (Verfahren 10 K 648/08). 17Am 11.07.2008 erfolgte eine weitere psychiatrische Untersuchung durch Dr. T2. . Diese legte in ihrem Gutachten vom 25.07.2008 dar, dass bei der Klägerin neben den aus ihrer Sicht wenig relevanten körperlichen Diagnosen - unter anderem eine belastungsabhängige supraventriculäre Extrasystolie/Herzrhythmusstörung - eine schwere depressive Phase im Rahmen eines Erschöpfungssyndroms anlässlich eines Konflikts am Arbeitsplatz vorgelegen habe. Bezüglich der hierfür in gewisser Weise anfälligen Persönlichkeitsstruktur mit Zügen von Selbstunsicherheit und hysterieformem Verhalten finde zur Nachreifung eine engmaschige psychotherapeutische Behandlung statt. An sich sei ihr gegenwärtiger psychiatrischer Zustand stabil, belastbar und unauffällig. Da sie jedoch durch den Lauf der Dinge sowohl an Vertrauen als auch an Selbstvertrauen verloren habe, sollte die Heranführung an den Arbeitsplatz unter nervenärztlicher "Dosierung" der stufenweisen Wiedereingliederung und Einschaltung des Integrationsfachdienstes behutsam stattfinden. Nach einem halben Jahr sei dann voraussichtlich wieder eine uneingeschränkte Dienstfähigkeit in gleichwertiger Tätigkeit gegeben. 18Unter dem 07.10.2008 erstattete die Diplom-Psychologin, Klinische Neuropsychologin und Psychologische Psychotherapeutin I. von der Klinik am S. in C2. P. auf Anforderung der beklagten Landes ein neuropsychologisches Gutachten über die Klägerin. Zusammenfassend kam sie nach Durchführung eines Testverfahrens zu dem Ergebnis, dass ihrer beruflichen Wiedereingliederung aus psychologischer Sicht nichts entgegenstehe. 19Die Klägerin überreichte am 25.03.2009 eine Bescheinigung des Diplom-Psychologen Abel vom 23.02.2009, in der er aus der Rückschau ihren psychischen Befund im Januar 2008 schilderte und erklärte, seinerzeit ihre stufenweise Wiedereingliederung in den Dienst ausdrücklich befürwortet zu haben. 20Im Rahmen des Gerichtsverfahrens sollte ein weiteres Gutachten durch den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. E. eingeholt werden. Den entsprechenden Auftrag erteilte das beklagte Land diesem dann mit Schreiben vom 17.04.2009 erteilt. Mit Schriftsatz vom 25.05.2009 hat die Klägerin daraufhin mitgeteilt, dass sie schwanger sei und sich derzeit außerstande sehe, sich untersuchen zu lassen. Auch den zweiten von Dr. E. für den 09.07.2009 anberaumten Untersuchungstermin hat sie wegen der bei ihr vorliegenden Risikoschwangerschaft und vorzeitiger Wehen abgesagt. Am 22.07.2009 kam es zur verfrühten Geburt ihres Kindes. 21Das erkennende Gericht hob mit Urteil vom 23.06.2010 die angegriffene Zurruhesetzungsverfügung auf. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es lasse sich hier mit der gebotenen Sicherheit nicht feststellen, ob im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung vom 14.01.2008 keine Aussicht bestand, dass die Klägerin innerhalb von sechs Monaten wieder voll dienstfähig würde. Die Frage der Dienstunfähigkeit im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung könne jedoch unentschieden bleiben. Die Zurruhesetzungsverfügung sei jedenfalls rechtswidrig, da das beklagte Land nicht in ausreichender Weise nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit für die Klägerin gesucht habe. 22Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 20.07.2010 die ihr „durch die rechtswidrige Zurruhesetzung vom 01.02.2008 entgangene Beförderung nach A9“. Laut internem Aktenvermerk der OFD vom 28.07.2010 stand die Klägerin aufgrund ihrer letzten Beurteilung vom 31.12.2004 („gut“, mit Beförderungseignung) auf Platz 294 der Bezirksbeförderungsliste und wäre bei Dienstfähigkeit zum 01.03.2008 nach A9 m.D. befördert worden. Die OFD stellte die Bescheidung des Antrags mit Schreiben vom 09.08.2010 zunächst - bis zur Entscheidung des OVG NRW über den inzwischen eingelegten Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des VG Minden - zurück. 23Das OVG NRW hat mit Beschluss vom 15.07.2011 - 6 A 1581/10 - den Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung abgelehnt. 24Nach einem amtsärztlichen Gutachten von Dr. T2. vom 31.08.2011 - ergänzt unter dem 21.09.2011 - bestand bei der Klägerin vollzeitige Dienstfähigkeit im Bereich der Finanzverwaltung. Die Klägerin nahm ab dem 02.11.2011 ihren Dienst - nach einer Versetzung zum G. I1. - wieder auf und leistet diesen seitdem ohne Beanstandungen. 25Mit Schreiben vom 19.11.2011 wiederholte sie ihren Antrag auf Beförderung nach A9. Den Antrag lehnte das beklagte Land mit Bescheid vom 30.12.2011 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, es sei geprüft worden, ob sie bei fortbestehendem Beamtenverhältnis zum 01.03.2008 befördert worden wäre. Zur Beförderungseignung gehöre auch die gesundheitliche Eignung. Angesichts einer Erkrankung, die zu diesem Zeitpunkt schon 15 Monate angedauert habe, hätten erhebliche Zweifel an der gesundheitlichen Eignung bestanden. Wegen dieser Bedenken wäre ihre Beförderung zum damaligen Zeitpunkt nicht durchgeführt worden. Eine Verschiebung der Beförderung auf einen späteren Zeitpunkt habe nicht stattfinden können, da die zugrundeliegende Beförderungsliste am 01.04.2008 außer Kraft getreten sei. Die Beförderungseignung der Klägerin sei damit dauerhaft erloschen. Eine Beförderung sei nur möglich, wenn ihr in einem neuen Beurteilungsverfahren wieder eine Beförderungseignung zuerkannt werde. An den folgenden Regelbeurteilungsterminen 2007 und 2010 habe sie nicht teilgenommen. Der frühestmögliche Zeitpunkt für die entsprechend nachzuholenden Beurteilungen sei - nach einer sechsmonatigen Beobachtungszeit - hier der 01.05.2012. 26Die Klägerin hat am 31.01.2012 Klage erhoben. Sie hat am 18.07.2012 eine nachgeholte Beurteilung der Beamtinnen und Beamten des mittleren Dienstes (A8) zum 31.12.2007 mit der Gesamtnote „Sehr gut“ sowie Zuerkennung der Beförderungseignung erhalten. Daraufhin ist sie mit Verfügung vom 30.08.2012 zum 01.09.2012 zur Steueramtsinspektorin (A9) befördert worden. 27Sie begründet ihre Klage im Wesentlichen damit, dass sie zum 01.03.2008 befördert worden wäre, hätte das beklagte Land nicht das - gerichtlich für rechtswidrig erklärte - Zurruhesetzungsverfahren eingeleitet. Zwar habe das erkennende Gericht bezüglich des damals angegriffenen Zurruhesetzungsverfahrens nicht abschließend zur Frage ihrer gesundheitlichen Eignung Stellung genommen. Zu ihren Gunsten spreche jedoch der Umstand, dass zwei Amtsärztinnen nach mehreren Untersuchungen und Gesprächen nicht die vorzeitige Zurruhesetzung, sondern eine Wiedereingliederungsmaßnahme befürwortet hätten. Sie habe ausweislich ihrer Beurteilungen auch ihre Leistungen im Laufe ihrer Karriere stetig verbessert und versehe den Dienst seit November 2012 ohne nennenswerte gesundheitliche Ausfälle. Dies belege, dass die Prognoseentscheidung des beklagten Landes mit Bescheid vom 30.12.2011 falsch gewesen sei. Die damaligen Schwierigkeiten der Klägerin nach ihrer Versetzung nach H. fielen auch nicht in ihren Verantwortungsbereich. Ihre längerfristige Erkrankung sei allein - ungeachtet der gesondert zu bewertenden Risikoschwangerschaft - auf fehlende Unterstützung und mangelnde Personalführung des seinerzeitigen Dienstherrn zurückzuführen. Zum Stichtag 01.03.2008 wäre sie - nach erfolgter Wiedereingliederung - voll einsatzbereit gewesen. 28Die Klägerin beantragt, 29301. das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheids vom 30.12.2011 zu verpflichten, sie mit Wirkung zum 01.03.2008 in die Besoldungsgruppe A9 zu befördern, 31322. das beklagte Land zu verpflichten, sie so zu stellen, als wäre sie mit Wirkung zum 01.03.2008 in die Besoldungsgruppe A9 befördert worden, und den sich daraus ergebenden Unterschiedsbetrag zu zahlen, 33343. hilfsweise, das beklagte Land zu verurteilen, über ihre Beförderung in die Besoldungsgruppe A9 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts für den Zeitraum 01.03.2008 bis 31.08.2012 erneut zu entscheiden. 35Der Beklagte beantragt, 36 die Klage abzuweisen. 37Zur Begründung führt er aus, die Klägerin sei zum Beförderungsstichtag 01.03.2008 ununterbrochen für die Dauer von 15 Monaten erkrankt gewesen, ohne dass Aussicht auf Genesung bestanden hätte. Genesen sei sie erst rund dreieinhalb Jahre später. Selbst wenn die damalige Prognose über ihre gesundheitliche Eignung als offen bezeichnet werden sollte, gehe dies zu ihren Lasten, da sie insoweit die Feststellungslast trage. 38Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 39Entscheidungsgründe: 40Die Klage hat insgesamt keinen Erfolg. Sie ist mit den Hauptanträgen unbegründet und mit dem Hilfsantrag unzulässig. 41Der Antrag zu 1. ist unbegründet. Aufgrund der zwischenzeitlichen Besetzung der streitgegenständlichen Beförderungsstelle mit einem Mitbewerber zum 01.03.2008 kommt eine rückwirkende Ernennung der Klägerin zur Steueramtsinspektorin nicht in Betracht. 42Vgl. OVG NRW, Urteil vom 07.07.2004 - 1 A 512/02 -, juris, Rdn. 31, m.w.N.; Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 8. Aufl. 2013, § 3 Rdn. 78. 43Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf den mit dem Antrag zu 2. geltend gemachten Schadensersatz. Sie kann nicht verlangen, so gestellt zu werden, als sei ihr eine solche Beförderungsstelle mit Wirkung vom 01.03.2008 übertragen worden. Der Bescheid des Beklagten vom 30.12.2011 ist rechtmäßig und verletzt sie daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). 44Ein Schadensersatzanspruch wegen verspäteter Beförderung besteht nur dann, wenn der Dienstherr bei der Auswahlentscheidung den aus Art. 33 Abs. 2 GG, § 20 Abs. 6 LBG NRW, § 9 BeamtStG folgenden Anspruch des übergangenen Beamten auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung schuldhaft verletzt hat, dem Beamten durch diese Pflichtverletzung adäquat kausal ein Schaden entstanden ist und er es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. 45OVG NRW, Urteil vom 03.09.2009 - 6 A 2255/06 -, juris, m.w.N. 46Eine schuldhafte Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs der Klägerin bei der Beförderungsauswahl zum 01.03.2008 liegt hier nicht vor. 47Die Entscheidung des Beklagten, die Klägerin für eine Besetzung der in Rede stehenden Beförderungsstelle zum 01.03.2008 nicht in Betracht zu ziehen, unterliegt dem Prinzip der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG). Der Dienstherr hat Eignung, Befähigung und fachliche Leistung zu bewerten und zu vergleichen. Bei der Bewertung der Eignung hat der Dienstherr immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der einzelne Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht. Denn geeignet i.S.d. Art. 33 Abs. 2 GG ist nur, wer dem angestrebten Amt auch in körperlicher und psychischer Hinsicht gewachsen ist. Bestehen begründete Zweifel, ob ein Bewerber um eine Beförderungsstelle den Anforderungen der Stelle in gesundheitlicher Hinsicht entspricht, ist der Dienstherr nicht berechtigt und kann er erst recht nicht verpflichtet sein, diese Stelle dem Bewerber unter Missachtung des öffentlichen Interesses an möglichst effektiver Aufgabenerfüllung und bestmöglicher Stellenbesetzung zu übertragen. 48OVG NRW, Beschluss vom 01.02.2013 - 6 B 1196/12 -, juris, Rdn. 2 ff., m.w.N. 49Im maßgeblichen Zeitpunkt der Auswahlentscheidung bestanden - unterstellt, die Klägerin wäre nicht durch (für rechtswidrig erklärte) Verfügung vom 14.01.2008 in den Ruhestand versetzt worden - begründete Zweifel, ob sie die gesundheitliche Eignung für die in Rede stehende Stelle besitzt. 50Der Beklagte hat insofern zunächst zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klägerin am 01.03.2008 seit dem 01.12.2006 und damit seit 15 Monaten ununterbrochen erkrankt war. Vor diesem Hintergrund teilt das Gericht die Einschätzung des beklagten Landes, bereits deshalb hätten erhebliche Zweifel an ihrer Dienstfähigkeit im März 2008 bestanden. Die Klägerin kann sich insofern auch nicht mit Erfolg darauf berufen, ihre Erkrankung falle nicht in ihren Verantwortungsbereich, sondern sei letztlich auf fehlende Unterstützung und mangelnde Personalführung des seinerzeitigen Dienstherrn zurückzuführen. Worauf ihre längerfristige damalige Erkrankung zurückzuführen ist, ist im Rahmen der Bestenauslese grundsätzlich gleichgültig. Selbst wenn sie ihre Ursache im dienstlichen Bereich gehabt haben sollte, könnte die Klägerin nicht verlangen, so behandelt zu werden, als ob der daraus resultierende gesundheitliche Eignungsmangel nicht gegeben sei. 51 Vgl. Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 8. Aufl. 2013, § 3 Rdn. 67. 52Die vorliegenden ärztlichen Berichte sprechen zudem insgesamt dafür, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt der Auswahlentscheidung am 01.03.2008 begründete Zweifel an der gesundheitlichen Eignung der Klägerin für die Beförderungsstelle bestanden. 53Nach dem ärztlichen Gutachten der Amtsärztin Dr. T. -T1. vom 13.02.2007 war die Klägerin zu diesem Zeitpunkt dienstunfähig. Die für ein halbes Jahr später prognostizierte Wiederherstellung ihrer uneingeschränkten Dienstfähigkeit hing demnach jedoch von der erfolgreichen Durchführung einer psychosomatischen Behandlung im Rahmen einer stationären Rehabilitation ab. Zu einer solchen stationären Rehabilitationsmaßnahme kam es in der Folgezeit jedoch nicht. 54Auch die im weiteren Gutachten der Amtsärztin vom 21.06.2007 prognostizierte Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit innerhalb von 6 Monaten (unter Bezugnahme auf eine psychiatrische Untersuchung der Klägerin durch die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. T2. am 19.06.2007) ist hier nicht eingetreten. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass auch diese der Klägerin günstige Prognose unter dem Vorbehalt einer 3 Monate später erfolgenden Nachuntersuchung in der Abteilung für Psychiatrie stand. Bis zu diesem Zeitpunkt war demnach eine Wiederherstellung der uneingeschränkten Dienstfähigkeit der Klägerin prognostisch nicht bereits gesichert, sondern wurde von dem erfolgreichen Verlauf der empfohlenen Nachuntersuchung abhängig gemacht. Diese fand auch am 17.10.2007 statt, ergab jedoch nach dem Gutachten der Frau Dr. T2. nicht, dass die betreffenden gesundheitlichen Eignungszweifel ausgeräumt waren. Im Gegenteil führte sie in ihrem Gutachten aus, dass die Klägerin, die regelmäßig ambulant psychotherapeutisch behandelt werde, bis auf weiteres dienstunfähig sei. Nach Vorgesprächen mit dem Dienstherrn solle spätestens ab Mitte November 2007 eine stufenweise Wiedereingliederung beginnend mit drei Stunden an fünf Werktagen täglich begonnen werden. Nach langsamer Steigerung des Pensums sei aller Voraussicht nach die uneingeschränkte Dienstfähigkeit nach einem halben Jahr wiederhergestellt. Andernfalls solle nach Ablauf des halben Jahres eine psychiatrische Wiedervorstellung stattfinden. Zu der besprochenen Wiedereingliederungsmaßnahme ab Mitte November 2007 kam es nicht, da die Klägerin weiterhin Dienstunfähigkeitsbescheinigungen einreichte, so dass auch die insofern prognostizierte Wiederherstellung der uneingeschränkten Dienstfähigkeit zum Ende des Jahres 2007 nicht eingetreten war. 55Dem Wiedereingliederungsplan der Gemeinschaftspraxis Dr. und T3. vom 16.01.2008 lässt sich ebenfalls nicht entnehmen, dass ab Januar 2008 keine begründeten Zweifel an der gesundheitlichen Eignung der Klägerin (mehr) bestanden. Darin wurde eine Wiedereingliederung der Klägerin vom 31.01.2008 bis zum 15.02.2008 mit drei Stunden täglich und vom 18.02.2008 bis zum 29.02.2008 mit vier Stunden täglich empfohlen. Jedoch wurde darauf hingewiesen, dass der Zeitpunkt der Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit zur Zeit nicht absehbar sei. Etwas anderes ergibt sich insofern auch nicht aus der von Dr. am 05.02.2008 handschriftlich vorgenommenen Korrektur, wonach der Zeitpunkt der Wiederherstellung ihrer vollen Arbeitsfähigkeit nunmehr auf den 30.06.2008 festgesetzt wurde. Denn auch daraus ergab sich keine verlässliche Prognose dafür, dass die Klägerin zum 01.03.2008 bereits ihre volle Dienstfähigkeit wieder erlangt haben würde. Die bestehenden begründeten Zweifel an ihrer gesundheitlichen Eignung bestanden vielmehr auch weiterhin. 56Für das Vorliegen begründeter Zweifel an der gesundheitlichen Eignung der Klägerin im März 2008 spricht maßgeblich auch das Gutachten von Frau Dr. T2. vom 25.07.2008. Sie empfahl erneut eine behutsame Heranführung an den Arbeitsplatz unter nervenärztlicher "Dosierung" der stufenweisen Wiedereingliederung und Einschaltung des Integrationsfachdienstes. Nach einem halben Jahr - also erst im Januar 2009 - sei dann voraussichtlich wieder eine uneingeschränkte Dienstfähigkeit in gleichwertiger Tätigkeit gegeben. Dem lässt sich entnehmen, dass noch im Juli 2008 die seit Anfang 2007 bestehenden begründeten Zweifel an dem Vorliegen der uneingeschränkten Dienstfähigkeit der Klägerin in gesundheitlicher Hinsicht nicht ausgeräumt waren. 57Vor dem Hintergrund dieser Gesamtumstände liegen keine belastbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin, wie sie ausführt, zum 01.03.2008 nach erfolgter Wiedereingliederung uneingeschränkt dienstfähig gewesen wäre. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von ihr vorgelegten Bescheinigung des Diplom-Psychologen Abel vom 23.02.2009, in der er aus der Rückschau ihren psychischen Befund im Januar 2008 schilderte und erklärte, seinerzeit ihre stufenweise Wiedereingliederung in den Dienst ausdrücklich befürwortet zu haben. Auch aus dem unter dem 07.10.2008 erstatteten neuropsychologischen Gutachten der Diplom-Psychologin I. folgt hier nicht, dass die Klägerin im März 2008 ohne begründete Zweifel uneingeschränkt dienstfähig war. Ergebnis dieses Gutachtens war lediglich, dass der beruflichen Wiedereingliederung der Klägerin aus psychologischer Sicht im Oktober 2008 nichts (mehr) entgegenstehe. Die weiteren von der Klägerin angeführten Umstände, wonach die damalige Prognoseentscheidung der OFD falsch gewesen sei, sind unerheblich für die Frage, ob - wie ausgeführt der Fall - im März 2008 begründete Zweifel an ihrer Dienstfähigkeit bestanden. 58Nach alledem ist die Entscheidung des Beklagten, die Klägerin für eine Besetzung der in Rede stehenden Beförderungsstelle zum 01.03.2008 nicht in Betracht zu ziehen, rechtlich nicht zu beanstanden. 59Der Hilfsantrag zu 3. auf Neubescheidung ihrer Bewerbung ist unzulässig, da der Klägerin aufgrund der bereits erfolgten Besetzung der Stelle kein Rechtsschutzinteresse - mehr - zur Seite steht. 60Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1
2die am geborene klägerin stand seit dem 19.08.2000 als steuerhauptsekretärin im dienst des beklagten landes. seit dem 04.12.2006 versah sie ihren dienst am g. h. . sie begehrt mit der klage ihre rückwirkende beförderung in die besoldungsgruppe a9 zum 01.03.2008 bzw. die gewährung von schadensersatz. 3seit dem 01.12.2006 blieb sie dem dienst krankheitsbedingt fern. 4auf veranlassung des vorstehers des finanzamtes h. (nachfolgend: vorsteher) wurde sie am 07.02.2007 vom amtsärztlichen dienst der stadt c. untersucht. die amtsärztin dr. t. -t1. stellte in ihrem gutachten vom 13.02.2007 fest, dass bei der klägerin ein labyrinthausfall links mit rezidivierendem drehschwindel und eine anpassungsstörung bei einer belastungssituation am arbeitsplatz vorlägen. sie sei derzeit nicht in der lage, ihren dienst in dem jetzigen aufgabenbereich ohne einschränkungen zu verrichten. mit der wiederherstellung ihrer uneingeschränkten dienstfähigkeit sei aber innerhalb der nächsten sechs monate zu rechnen. im rahmen einer empfohlenen stationären rehabilitation solle eine psychosomatische behandlung erfolgen. die kurmaßnahme solle umgehend veranlasst werden, um einer chronifizierung des leidens vorzubeugen. voraussichtlich werde die klägerin nach einer erfolgreich beendeten rehabilitationsmaßnahme ihren dienst wieder aufnehmen können. 5mit schreiben vom 18.04.2007 lehnte die private krankenversicherung der klägerin die kostenübernahme für eine stationäre behandlung ab, da nicht erkannt werden könne, dass eine ambulante therapie nicht ausreichend sei. 6nachdem der vorsteher die klägerin zu einem personalgespräch am 08.05.2007 eingeladen hatte, teilte diese unter dem 07.05.2007 mit, dass störungen des gleichgewichtsorgans nach der medizinischen lehrmeinung im wesentlichen durch erhebliche stresssituationen ausgelöst würden. da sie sich im winter letzten jahres bekanntlich in einer solchen lage an ihrem arbeitsplatz befunden habe, sei davon auszugehen, dass diese situation der auslöser für ihre erkrankung sei. auf anraten ihres arztes, den bisherigen heilungserfolg nicht durch ein erneut stress auslösendes personalgespräch zu gefährden, werde sie deshalb den termin nicht wahrnehmen. 7mit schreiben vom 23.05.2007 wandte sich der vorsteher wiederum an das gesundheitsamt verbunden mit der bitte, die klägerin einer weiteren amtsärztlichen untersuchung zu unterziehen. da die von der amtsärztin vorgeschlagene stationäre behandlung, der die beihilfestelle der oberfinanzdirektion münster (ofd) unter dem 02.03.2007 zugestimmt habe, nicht zustande kommen werde, solle auch dazu stellung genommen werden, ob ambulante maßnahmen zur wiederherstellung ihrer uneingeschränkten dienstfähigkeit führten. sollte die prognose negativ ausfallen, werde um feststellung gebeten, ob die beamtin dauernd dienstunfähig sei. 8in ihrem gutachten vom 21.06.2007 kam die amtsärztin unter bezugnahme auf eine psychiatrische untersuchung der klägerin durch die ärztin für psychiatrie und psychotherapie dr. t2. am 19.06.2007 zu dem ergebnis, dass die klägerin weiterhin dienstunfähig sei, mit der wiederherstellung der uneingeschränkten dienstfähigkeit aber innerhalb der nächsten sechs monate zu rechnen sei. eine ambulante ärztliche behandlung werde in ihrem falle als erfolgversprechend eingeschätzt. eine nachuntersuchung in der abteilung für psychiatrie sei in drei monaten erforderlich. 9am 17.10.2007 fand eine psychiatrische nachuntersuchung statt. dr. t2. führte in ihrem gutachten vom selben tag aus, dass die klägerin, die regelmäßig ambulant psychotherapeutisch behandelt werde, bis auf weiteres dienstunfähig sei. bei ihr bestehe nach wie vor eine restsymptomatik einer anpassungsstörung sowie eine somatisierungsneigung bei angsterkrankung. es sei noch eine körperliche und psychische symptomatik vorhanden, die noch nicht zur wiederherstellung der dienstfähigkeit geführt habe. sie - dr. t2. - habe die klägerin nochmals ermuntert, den psychosozialen fachdienst für die wiedereingliederung an ihrem arbeitsplatz einzuschalten. nach vorgesprächen mit dem dienstherrn solle spätestens ab mitte november 2007 eine stufenweise wiedereingliederung beginnend mit drei stunden an fünf werktagen täglich begonnen werden. das pensum sollte dann während eines halben jahres langsam gesteigert werden, danach sei aller voraussicht nach die uneingeschränkte dienstfähigkeit wiederhergestellt. andernfalls solle nach ablauf des halben jahres eine psychiatrische wiedervorstellung stattfinden. 10nachdem die klägerin auch in der folgezeit dienstunfähigkeitsbescheinigungen eingereicht hatte, teilte der vorsteher ihr mit schreiben vom 21.11.2007 mit, dass ihre vorzeitige zurruhesetzung beabsichtigt sei. die vom gesundheitsamt in drei gutachten prognostizierte genesung sei in keinem fall eingetreten. darüber hinaus habe sie bis heute kein gespräch über die vorgeschlagene wiedereingliederungsmaßnahme gesucht, sodass von einer andauernden dienstunfähigkeit ausgegangen werden müsse. diese annahme werde auch durch die von ihr jüngst vorgelegte dienstunfähigkeitsbescheinigung, die von einem anderen arzt ausgestellt worden sei, gestützt. ihr werde gelegenheit zur stellungnahme innerhalb eines monats nach zugang des schreibens gegeben. 11daraufhin teilte die klägerin unter dem 02.01.2008 mit, dass ihre dienstunfähigkeit nach einer ärztlichen auskunft zwar noch fortbestehe, aber davon auszugehen sei, dass diese in absehbarer zeit - deutlich unter sechs monaten - wiederhergestellt werden könne. 12mit bescheid vom 14.01.2008, zugestellt am 23.01.2008, setzte die ofd sie mit ablauf des 31.01.2008 zur ruhe. 13am 21.01.2008 ging beim g. h. ein wiedereingliederungsplan der gemeinschaftspraxis dr , facharzt für neurologie und psychiatrie, psychotherapie, und t3. , fachärztin für psychiatrie und psychotherapie, vom 16.01.2008 ein. darin wurde eine wiedereingliederung der klägerin vom 31.01.2008 bis zum 15.02.2008 mit drei stunden täglich und vom 18.02.2008 bis zum 29.02.2008 mit vier stunden täglich empfohlen. der zeitpunkt der wiederherstellung der vollen arbeitsfähigkeit sei zur zeit nicht absehbar. 14ausweislich eines vermerks der ofd vom 30.01.2008 teilte die klägerin der behörde am selben tag unter bezugnahme auf den eingereichten wiedereingliederungsplan telefonisch mit, dass sie krank sei. sie sei aber bereit, stundenweise wieder zu arbeiten, aber nicht mehr auf ihrem früheren dienstposten, da das g. h. und die dort beschäftigten kollegen sie krank gemacht hätten. 15unter dem 01.02.2008 erhob sie entsprechend der ihr erteilten rechtsbehelfsbelehrung widerspruch gegen die zurruhesetzungsverfügung bei der ofd. mit einem weiteren schreiben vom 12.02.2008 übersandte sie dem vorsteher den von dr. zwischenzeitlich geänderten wiedereingliederungsplan und machte geltend, dass das formular am 16.01.2008 ursprünglich offensichtlich fehlerhaft ausgefüllt worden sei. durch die von dr. am 05.02.2008 handschriftlich vorgenommene korrektur wurde der zeitpunkt der wiederherstellung ihrer vollen arbeitsfähigkeit nunmehr auf den 30.06.2008 festgesetzt; die frühere anderslautende angabe, dass der zeitpunkt zur zeit nicht absehbar sei, wurde gestrichen. 16am 22.02.2008 hat die klägerin klage gegen die zurruhesetzungsverfügung erhoben (verfahren 10 k 648/08). 17am 11.07.2008 erfolgte eine weitere psychiatrische untersuchung durch dr. t2. . diese legte in ihrem gutachten vom 25.07.2008 dar, dass bei der klägerin neben den aus ihrer sicht wenig relevanten körperlichen diagnosen - unter anderem eine belastungsabhängige supraventriculäre extrasystolie/herzrhythmusstörung - eine schwere depressive phase im rahmen eines erschöpfungssyndroms anlässlich eines konflikts am arbeitsplatz vorgelegen habe. bezüglich der hierfür in gewisser weise anfälligen persönlichkeitsstruktur mit zügen von selbstunsicherheit und hysterieformem verhalten finde zur nachreifung eine engmaschige psychotherapeutische behandlung statt. an sich sei ihr gegenwärtiger psychiatrischer zustand stabil, belastbar und unauffällig. da sie jedoch durch den lauf der dinge sowohl an vertrauen als auch an selbstvertrauen verloren habe, sollte die heranführung an den arbeitsplatz unter nervenärztlicher "dosierung" der stufenweisen wiedereingliederung und einschaltung des integrationsfachdienstes behutsam stattfinden. nach einem halben jahr sei dann voraussichtlich wieder eine uneingeschränkte dienstfähigkeit in gleichwertiger tätigkeit gegeben. 18unter dem 07.10.2008 erstattete die diplom-psychologin, klinische neuropsychologin und psychologische psychotherapeutin i. von der klinik am s. in c2. p. auf anforderung der beklagten landes ein neuropsychologisches gutachten über die klägerin. zusammenfassend kam sie nach durchführung eines testverfahrens zu dem ergebnis, dass ihrer beruflichen wiedereingliederung aus psychologischer sicht nichts entgegenstehe. 19die klägerin überreichte am 25.03.2009 eine bescheinigung des diplom-psychologen abel vom 23.02.2009, in der er aus der rückschau ihren psychischen befund im januar 2008 schilderte und erklärte, seinerzeit ihre stufenweise wiedereingliederung in den dienst ausdrücklich befürwortet zu haben. 20im rahmen des gerichtsverfahrens sollte ein weiteres gutachten durch den facharzt für psychiatrie und psychotherapie dr. e. eingeholt werden. den entsprechenden auftrag erteilte das beklagte land diesem dann mit schreiben vom 17.04.2009 erteilt. mit schriftsatz vom 25.05.2009 hat die klägerin daraufhin mitgeteilt, dass sie schwanger sei und sich derzeit außerstande sehe, sich untersuchen zu lassen. auch den zweiten von dr. e. für den 09.07.2009 anberaumten untersuchungstermin hat sie wegen der bei ihr vorliegenden risikoschwangerschaft und vorzeitiger wehen abgesagt. am 22.07.2009 kam es zur verfrühten geburt ihres kindes. 21das erkennende gericht hob mit urteil vom 23.06.2010 die angegriffene zurruhesetzungsverfügung auf. zur begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, es lasse sich hier mit der gebotenen sicherheit nicht feststellen, ob im zeitpunkt der verwaltungsentscheidung vom 14.01.2008 keine aussicht bestand, dass die klägerin innerhalb von sechs monaten wieder voll dienstfähig würde. die frage der dienstunfähigkeit im zeitpunkt der letzten behördenentscheidung könne jedoch unentschieden bleiben. die zurruhesetzungsverfügung sei jedenfalls rechtswidrig, da das beklagte land nicht in ausreichender weise nach einer anderweitigen verwendungsmöglichkeit für die klägerin gesucht habe. 22die klägerin beantragte mit schreiben vom 20.07.2010 die ihr „durch die rechtswidrige zurruhesetzung vom 01.02.2008 entgangene beförderung nach a9“. laut internem aktenvermerk der ofd vom 28.07.2010 stand die klägerin aufgrund ihrer letzten beurteilung vom 31.12.2004 („gut“, mit beförderungseignung) auf platz 294 der bezirksbeförderungsliste und wäre bei dienstfähigkeit zum 01.03.2008 nach a9 m.d. befördert worden. die ofd stellte die bescheidung des antrags mit schreiben vom 09.08.2010 zunächst - bis zur entscheidung des ovg nrw über den inzwischen eingelegten antrag auf zulassung der berufung gegen das urteil des vg minden - zurück. 23das ovg nrw hat mit beschluss vom 15.07.2011 - 6 a 1581/10 - den antrag des beklagten auf zulassung der berufung abgelehnt. 24nach einem amtsärztlichen gutachten von dr. t2. vom 31.08.2011 - ergänzt unter dem 21.09.2011 - bestand bei der klägerin vollzeitige dienstfähigkeit im bereich der finanzverwaltung. die klägerin nahm ab dem 02.11.2011 ihren dienst - nach einer versetzung zum g. i1. - wieder auf und leistet diesen seitdem ohne beanstandungen. 25mit schreiben vom 19.11.2011 wiederholte sie ihren antrag auf beförderung nach a9. den antrag lehnte das beklagte land mit bescheid vom 30.12.2011 ab. zur begründung wurde ausgeführt, es sei geprüft worden, ob sie bei fortbestehendem beamtenverhältnis zum 01.03.2008 befördert worden wäre. zur beförderungseignung gehöre auch die gesundheitliche eignung. angesichts einer erkrankung, die zu diesem zeitpunkt schon 15 monate angedauert habe, hätten erhebliche zweifel an der gesundheitlichen eignung bestanden. wegen dieser bedenken wäre ihre beförderung zum damaligen zeitpunkt nicht durchgeführt worden. eine verschiebung der beförderung auf einen späteren zeitpunkt habe nicht stattfinden können, da die zugrundeliegende beförderungsliste am 01.04.2008 außer kraft getreten sei. die beförderungseignung der klägerin sei damit dauerhaft erloschen. eine beförderung sei nur möglich, wenn ihr in einem neuen beurteilungsverfahren wieder eine beförderungseignung zuerkannt werde. an den folgenden regelbeurteilungsterminen 2007 und 2010 habe sie nicht teilgenommen. der frühestmögliche zeitpunkt für die entsprechend nachzuholenden beurteilungen sei - nach einer sechsmonatigen beobachtungszeit - hier der 01.05.2012. 26die klägerin hat am 31.01.2012 klage erhoben. sie hat am 18.07.2012 eine nachgeholte beurteilung der beamtinnen und beamten des mittleren dienstes (a8) zum 31.12.2007 mit der gesamtnote „sehr gut“ sowie zuerkennung der beförderungseignung erhalten. daraufhin ist sie mit verfügung vom 30.08.2012 zum 01.09.2012 zur steueramtsinspektorin (a9) befördert worden. 27sie begründet ihre klage im wesentlichen damit, dass sie zum 01.03.2008 befördert worden wäre, hätte das beklagte land nicht das - gerichtlich für rechtswidrig erklärte - zurruhesetzungsverfahren eingeleitet. zwar habe das erkennende gericht bezüglich des damals angegriffenen zurruhesetzungsverfahrens nicht abschließend zur frage ihrer gesundheitlichen eignung stellung genommen. zu ihren gunsten spreche jedoch der umstand, dass zwei amtsärztinnen nach mehreren untersuchungen und gesprächen nicht die vorzeitige zurruhesetzung, sondern eine wiedereingliederungsmaßnahme befürwortet hätten. sie habe ausweislich ihrer beurteilungen auch ihre leistungen im laufe ihrer karriere stetig verbessert und versehe den dienst seit november 2012 ohne nennenswerte gesundheitliche ausfälle. dies belege, dass die prognoseentscheidung des beklagten landes mit bescheid vom 30.12.2011 falsch gewesen sei. die damaligen schwierigkeiten der klägerin nach ihrer versetzung nach h. fielen auch nicht in ihren verantwortungsbereich. ihre längerfristige erkrankung sei allein - ungeachtet der gesondert zu bewertenden risikoschwangerschaft - auf fehlende unterstützung und mangelnde personalführung des seinerzeitigen dienstherrn zurückzuführen. zum stichtag 01.03.2008 wäre sie - nach erfolgter wiedereingliederung - voll einsatzbereit gewesen. 28die klägerin beantragt, 29301. das beklagte land unter aufhebung des bescheids vom 30.12.2011 zu verpflichten, sie mit wirkung zum 01.03.2008 in die besoldungsgruppe a9 zu befördern, 31322. das beklagte land zu verpflichten, sie so zu stellen, als wäre sie mit wirkung zum 01.03.2008 in die besoldungsgruppe a9 befördert worden, und den sich daraus ergebenden unterschiedsbetrag zu zahlen, 33343. hilfsweise, das beklagte land zu verurteilen, über ihre beförderung in die besoldungsgruppe a9 unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts für den zeitraum 01.03.2008 bis 31.08.2012 erneut zu entscheiden. 35der beklagte beantragt, 36 die klage abzuweisen. 37zur begründung führt er aus, die klägerin sei zum beförderungsstichtag 01.03.2008 ununterbrochen für die dauer von 15 monaten erkrankt gewesen, ohne dass aussicht auf genesung bestanden hätte. genesen sei sie erst rund dreieinhalb jahre später. selbst wenn die damalige prognose über ihre gesundheitliche eignung als offen bezeichnet werden sollte, gehe dies zu ihren lasten, da sie insoweit die feststellungslast trage. 38wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 39
40die klage hat insgesamt keinen erfolg. sie ist mit den hauptanträgen unbegründet und mit dem hilfsantrag unzulässig. 41der antrag zu 1. ist unbegründet. aufgrund der zwischenzeitlichen besetzung der streitgegenständlichen beförderungsstelle mit einem mitbewerber zum 01.03.2008 kommt eine rückwirkende ernennung der klägerin zur steueramtsinspektorin nicht in betracht. 42vgl. ovg nrw, urteil vom 07.07.2004 - 1 a 512/02 -, juris, rdn. 31, m.w.n.; schnellenbach, beamtenrecht in der praxis, 8. aufl. 2013, § 3 rdn. 78. 43die klägerin hat auch keinen anspruch auf den mit dem antrag zu 2. geltend gemachten schadensersatz. sie kann nicht verlangen, so gestellt zu werden, als sei ihr eine solche beförderungsstelle mit wirkung vom 01.03.2008 übertragen worden. der bescheid des beklagten vom 30.12.2011 ist rechtmäßig und verletzt sie daher nicht in ihren rechten (vgl. § 113 abs. 5 vwgo). 44ein schadensersatzanspruch wegen verspäteter beförderung besteht nur dann, wenn der dienstherr bei der auswahlentscheidung den aus art. 33 abs. 2 gg, § 20 abs. 6 lbg nrw, § 9 beamtstg folgenden anspruch des übergangenen beamten auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie entscheidung über seine bewerbung schuldhaft verletzt hat, dem beamten durch diese pflichtverletzung adäquat kausal ein schaden entstanden ist und er es nicht schuldhaft unterlassen hat, den schaden durch gebrauch eines rechtsmittels abzuwenden. 45ovg nrw, urteil vom 03.09.2009 - 6 a 2255/06 -, juris, m.w.n. 46eine schuldhafte verletzung des bewerbungsverfahrensanspruchs der klägerin bei der beförderungsauswahl zum 01.03.2008 liegt hier nicht vor. 47die entscheidung des beklagten, die klägerin für eine besetzung der in rede stehenden beförderungsstelle zum 01.03.2008 nicht in betracht zu ziehen, unterliegt dem prinzip der bestenauslese (art. 33 abs. 2 gg, § 9 beamtstg). der dienstherr hat eignung, befähigung und fachliche leistung zu bewerten und zu vergleichen. bei der bewertung der eignung hat der dienstherr immer auch eine entscheidung darüber zu treffen, ob der einzelne bewerber den anforderungen des jeweiligen amtes in gesundheitlicher hinsicht entspricht. denn geeignet i.s.d. art. 33 abs. 2 gg ist nur, wer dem angestrebten amt auch in körperlicher und psychischer hinsicht gewachsen ist. bestehen begründete zweifel, ob ein bewerber um eine beförderungsstelle den anforderungen der stelle in gesundheitlicher hinsicht entspricht, ist der dienstherr nicht berechtigt und kann er erst recht nicht verpflichtet sein, diese stelle dem bewerber unter missachtung des öffentlichen interesses an möglichst effektiver aufgabenerfüllung und bestmöglicher stellenbesetzung zu übertragen. 48ovg nrw, beschluss vom 01.02.2013 - 6 b 1196/12 -, juris, rdn. 2 ff., m.w.n. 49im maßgeblichen zeitpunkt der auswahlentscheidung bestanden - unterstellt, die klägerin wäre nicht durch (für rechtswidrig erklärte) verfügung vom 14.01.2008 in den ruhestand versetzt worden - begründete zweifel, ob sie die gesundheitliche eignung für die in rede stehende stelle besitzt. 50der beklagte hat insofern zunächst zutreffend darauf hingewiesen, dass die klägerin am 01.03.2008 seit dem 01.12.2006 und damit seit 15 monaten ununterbrochen erkrankt war. vor diesem hintergrund teilt das gericht die einschätzung des beklagten landes, bereits deshalb hätten erhebliche zweifel an ihrer dienstfähigkeit im märz 2008 bestanden. die klägerin kann sich insofern auch nicht mit erfolg darauf berufen, ihre erkrankung falle nicht in ihren verantwortungsbereich, sondern sei letztlich auf fehlende unterstützung und mangelnde personalführung des seinerzeitigen dienstherrn zurückzuführen. worauf ihre längerfristige damalige erkrankung zurückzuführen ist, ist im rahmen der bestenauslese grundsätzlich gleichgültig. selbst wenn sie ihre ursache im dienstlichen bereich gehabt haben sollte, könnte die klägerin nicht verlangen, so behandelt zu werden, als ob der daraus resultierende gesundheitliche eignungsmangel nicht gegeben sei. 51 vgl. schnellenbach, beamtenrecht in der praxis, 8. aufl. 2013, § 3 rdn. 67. 52die vorliegenden ärztlichen berichte sprechen zudem insgesamt dafür, dass zum maßgeblichen zeitpunkt der auswahlentscheidung am 01.03.2008 begründete zweifel an der gesundheitlichen eignung der klägerin für die beförderungsstelle bestanden. 53nach dem ärztlichen gutachten der amtsärztin dr. t. -t1. vom 13.02.2007 war die klägerin zu diesem zeitpunkt dienstunfähig. die für ein halbes jahr später prognostizierte wiederherstellung ihrer uneingeschränkten dienstfähigkeit hing demnach jedoch von der erfolgreichen durchführung einer psychosomatischen behandlung im rahmen einer stationären rehabilitation ab. zu einer solchen stationären rehabilitationsmaßnahme kam es in der folgezeit jedoch nicht. 54auch die im weiteren gutachten der amtsärztin vom 21.06.2007 prognostizierte wiederherstellung der vollen dienstfähigkeit innerhalb von 6 monaten (unter bezugnahme auf eine psychiatrische untersuchung der klägerin durch die ärztin für psychiatrie und psychotherapie dr. t2. am 19.06.2007) ist hier nicht eingetreten. insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass auch diese der klägerin günstige prognose unter dem vorbehalt einer 3 monate später erfolgenden nachuntersuchung in der abteilung für psychiatrie stand. bis zu diesem zeitpunkt war demnach eine wiederherstellung der uneingeschränkten dienstfähigkeit der klägerin prognostisch nicht bereits gesichert, sondern wurde von dem erfolgreichen verlauf der empfohlenen nachuntersuchung abhängig gemacht. diese fand auch am 17.10.2007 statt, ergab jedoch nach dem gutachten der frau dr. t2. nicht, dass die betreffenden gesundheitlichen eignungszweifel ausgeräumt waren. im gegenteil führte sie in ihrem gutachten aus, dass die klägerin, die regelmäßig ambulant psychotherapeutisch behandelt werde, bis auf weiteres dienstunfähig sei. nach vorgesprächen mit dem dienstherrn solle spätestens ab mitte november 2007 eine stufenweise wiedereingliederung beginnend mit drei stunden an fünf werktagen täglich begonnen werden. nach langsamer steigerung des pensums sei aller voraussicht nach die uneingeschränkte dienstfähigkeit nach einem halben jahr wiederhergestellt. andernfalls solle nach ablauf des halben jahres eine psychiatrische wiedervorstellung stattfinden. zu der besprochenen wiedereingliederungsmaßnahme ab mitte november 2007 kam es nicht, da die klägerin weiterhin dienstunfähigkeitsbescheinigungen einreichte, so dass auch die insofern prognostizierte wiederherstellung der uneingeschränkten dienstfähigkeit zum ende des jahres 2007 nicht eingetreten war. 55dem wiedereingliederungsplan der gemeinschaftspraxis dr. und t3. vom 16.01.2008 lässt sich ebenfalls nicht entnehmen, dass ab januar 2008 keine begründeten zweifel an der gesundheitlichen eignung der klägerin (mehr) bestanden. darin wurde eine wiedereingliederung der klägerin vom 31.01.2008 bis zum 15.02.2008 mit drei stunden täglich und vom 18.02.2008 bis zum 29.02.2008 mit vier stunden täglich empfohlen. jedoch wurde darauf hingewiesen, dass der zeitpunkt der wiederherstellung der vollen arbeitsfähigkeit zur zeit nicht absehbar sei. etwas anderes ergibt sich insofern auch nicht aus der von dr. am 05.02.2008 handschriftlich vorgenommenen korrektur, wonach der zeitpunkt der wiederherstellung ihrer vollen arbeitsfähigkeit nunmehr auf den 30.06.2008 festgesetzt wurde. denn auch daraus ergab sich keine verlässliche prognose dafür, dass die klägerin zum 01.03.2008 bereits ihre volle dienstfähigkeit wieder erlangt haben würde. die bestehenden begründeten zweifel an ihrer gesundheitlichen eignung bestanden vielmehr auch weiterhin. 56für das vorliegen begründeter zweifel an der gesundheitlichen eignung der klägerin im märz 2008 spricht maßgeblich auch das gutachten von frau dr. t2. vom 25.07.2008. sie empfahl erneut eine behutsame heranführung an den arbeitsplatz unter nervenärztlicher "dosierung" der stufenweisen wiedereingliederung und einschaltung des integrationsfachdienstes. nach einem halben jahr - also erst im januar 2009 - sei dann voraussichtlich wieder eine uneingeschränkte dienstfähigkeit in gleichwertiger tätigkeit gegeben. dem lässt sich entnehmen, dass noch im juli 2008 die seit anfang 2007 bestehenden begründeten zweifel an dem vorliegen der uneingeschränkten dienstfähigkeit der klägerin in gesundheitlicher hinsicht nicht ausgeräumt waren. 57vor dem hintergrund dieser gesamtumstände liegen keine belastbaren anhaltspunkte dafür vor, dass die klägerin, wie sie ausführt, zum 01.03.2008 nach erfolgter wiedereingliederung uneingeschränkt dienstfähig gewesen wäre. etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von ihr vorgelegten bescheinigung des diplom-psychologen abel vom 23.02.2009, in der er aus der rückschau ihren psychischen befund im januar 2008 schilderte und erklärte, seinerzeit ihre stufenweise wiedereingliederung in den dienst ausdrücklich befürwortet zu haben. auch aus dem unter dem 07.10.2008 erstatteten neuropsychologischen gutachten der diplom-psychologin i. folgt hier nicht, dass die klägerin im märz 2008 ohne begründete zweifel uneingeschränkt dienstfähig war. ergebnis dieses gutachtens war lediglich, dass der beruflichen wiedereingliederung der klägerin aus psychologischer sicht im oktober 2008 nichts (mehr) entgegenstehe. die weiteren von der klägerin angeführten umstände, wonach die damalige prognoseentscheidung der ofd falsch gewesen sei, sind unerheblich für die frage, ob - wie ausgeführt der fall - im märz 2008 begründete zweifel an ihrer dienstfähigkeit bestanden. 58nach alledem ist die entscheidung des beklagten, die klägerin für eine besetzung der in rede stehenden beförderungsstelle zum 01.03.2008 nicht in betracht zu ziehen, rechtlich nicht zu beanstanden. 59der hilfsantrag zu 3. auf neubescheidung ihrer bewerbung ist unzulässig, da der klägerin aufgrund der bereits erfolgten besetzung der stelle kein rechtsschutzinteresse - mehr - zur seite steht. 60die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo, die regelung der vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo.
Verklagte*r
0
323,953
27 K 10704/17.A
2019-10-14T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger, geboren am 00. 00. 1993, nach eigenen Angaben nigerianischer Staatsangehöriger vom Volk der Ibo und christlichen Glaubens, reiste nach eigenen Angaben am 29. Oktober 2015 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 13. September 2016 einen Asylantrag. 3Die persönliche Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) erfolgte am 19. April 2017. Hier trug der Kläger im Wesentlichen vor: Er sei Vollmitglied einer Pro-Biafra-Organisation. Er sei von der Polizei gesucht worden. Die Mitglieder würden bei Demonstrationen angegriffen. Er sei bei Demonstrationen immer ganz vorn gewesen. Deswegen habe die Polizei ihn gekannt. Er habe in Onitsha, Aba und Enugu demonstriert. Die letzte Demonstration habe er einen Monat vor seiner Ausreise besucht. Die Polizei habe die Demonstranten aufgefordert, nach Hause zu gehen, sie habe auch Tränengas benutzt. Zuvor seien die Demonstranten gefilmt worden. Aus Angst vor der Polizei habe er sich bei seinem Bruder versteckt. Er habe erfahren, dass die Polizei bei seiner Mutter gewesen sei und sie auch mitgenommen habe. 4Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 22. Mai 2017 die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1), die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigten (Ziffer 2) sowie die Zuerkennung subsidiären Schutzes (Ziffer 3) ab und stellte fest, dass in der Person des Klägers keine Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen (Ziffer 4). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen zu verlassen. Im Falle der Nichteinhaltung dieser Ausreisefrist wurde ihm die Abschiebung nach Nigeria oder in einen anderen Staat, in den er einreisen dürfte oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei, angedroht (Ziffer 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 6). Zur Begründung führte das Bundesamt im Wesentlichen aus: Eine systematische landesweite Verfolgung aller Mitglieder oder Unterstützer der Gruppen, die sich friedlich für ein unabhängiges Südostnigeria (Biafra) einsetzten, sei nicht festzustellen und ergebe sich auch nicht aus dem Sachvortrag des Klägers. Er habe vor seiner Ausreise keine konkreten Verfolgungsmaßnahmen gegen sich vorgetragen. Jedenfalls bestehe eine inländische Fluchtalternative. 5Der Bescheid wurde dem Kläger am 26. Mai 2017 zugestellt. 6Er hat am 8. Juni 2017 Klage erhoben. Zu deren Begründung trägt er im Wesentlichen ergänzend und vertiefend vor: Er sei Mitglied der IPOB in Nigeria. Er laufe Gefahr aufgrund dieser Zugehörigkeit und seiner Aktivität inhaftiert zu werden. Es sei ersichtlich, dass er im Falle einer Rückkehr nach Nigeria als unerwünschter politischer Aktivist gelten würde, der sich in die Gefahr der Inhaftierung durch Sicherheitskräfte bzw. des Erleidens von unverhältnismäßiger Untersuchungshaft begebe. Er sei gefragt worden, ob er in E. Sekretär der örtlichen IPOB-Gruppe werden wolle. 7Der Kläger beantragt, 8die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 22. Mai 2017 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, 9hilfsweise, ihm subsidiären Schutz zuzuerkennen, 10weiter hilfsweise, festzustellen, dass in seiner Person Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 S. 1 AufenthG hinsichtlich Nigerias vorliegen. 11Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 12die Klage abzuweisen. 13Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung persönlich angehört worden. Wegen des Inhalts der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift, wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. 14Entscheidungsgründe: 15Das Gericht konnte durch den Einzelrichter entscheiden, nachdem ihm das Verfahren durch Beschluss der Kammer zur Entscheidung übertragen worden ist (§ 76 Abs. 1 AsylG). 16Ferner konnte das Gericht trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden. Die Beklagte ist zur mündlichen Verhandlung formlos geladen und gemäß § 102 Abs. 2 VwGO darauf hingewiesen worden, dass bei Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann. Die Ladung konnte formlos erfolgen, weil die Beklagte mit allgemeiner Prozesserklärung auf eine förmliche Ladung verzichtet hat. 17Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 22. Mai 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat zu dem für die Entscheidung maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylG) keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG. 18Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG oder das Bundesamt hat nach § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG von der Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG abgesehen. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist - im Einklang mit dem unionsrechtlichen und dem internationalen Flüchtlingsrecht - ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten nach § 3a Abs. 1 AsylG Handlungen, die (1.) aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist, oder (2.) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist. Diese Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Neufassung, ABl. L 337 S. 9) - Anerkennungsrichtlinie - umsetzende Legaldefinition der Verfolgungshandlung erfährt in § 3a Abs. 2 AsylG - im Einklang mit Art. 9 Abs. 2 Richtlinie 2011/95/EU - eine Ausgestaltung durch einen nicht abschließenden Katalog von Regelbeispielen. Danach kann die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt (Nr. 1) ebenso wie eine unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung (Nr. 2) ausreichen. Die Annahme einer Verfolgungshandlung setzt einen gezielten Eingriff in ein flüchtlingsrechtlich geschütztes Rechtsgut voraus. Die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten Verfolgungsgründe (Rasse, Religion, Nationalität, politische Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe) werden in § 3b Abs. 1 AsylG konkretisiert. Unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass eine Person in einer Angelegenheit, die die in § 3c AsylG genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt (§ 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG). Gemäß § 3b Abs. 2 AsylG ist es bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, unerheblich, ob dieser tatsächlich die flüchtlingsschutzrelevanten Merkmale aufweist, sofern ihm diese von seinem Verfolger zugeschrieben werden. Zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten und in § 3b AsylG konkretisierten Verfolgungsgründen und den in § 3a Abs. 1 und 2 AsylG beschriebenen Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylG, Art. 9 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU). Die Maßnahme muss darauf gerichtet sein, den von ihr Betroffenen gerade in Anknüpfung an einen oder mehrere Verfolgungsgründe zu treffen. Ob die Verfolgung in diesem Sinne "wegen" eines Verfolgungsgrundes erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme zu beurteilen, nicht hingegen nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten. Diese Zielgerichtetheit muss nicht nur hinsichtlich der durch die Verfolgungshandlung bewirkten Rechtsgutverletzung, sondern auch in Bezug auf die Verfolgungsgründe im Sinne des § 3b AsylG, an die die Handlung anknüpft, anzunehmen sein. Für eine derartige "Verknüpfung" reicht ein Zusammenhang im Sinne einer Mitverursachung aus. Ein bestimmter Verfolgungsgrund muss nicht die zentrale Motivation oder alleinige Ursache einer Verfolgungsmaßnahme sein; indes genügt eine lediglich entfernte, hypothetische Verknüpfung mit einem Verfolgungsgrund nicht den Anforderungen des § 3a Abs. 3 AsylG. Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer - bei einer hypothetisch zu unterstellenden Rückkehr - die vorgenannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr ("real risk") abstellt; das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Hierfür ist erforderlich, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine individuelle Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb die dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Diese Würdigung ist auf der Grundlage einer "qualifizierenden" Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung vorzunehmen. Hierbei sind gemäß Art. 4 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU neben den Angaben des Antragstellers und seiner individuellen Lage auch alle mit dem Herkunftsland verbundenen flüchtlingsrelevanten Tatsachen zu berücksichtigen. Entscheidend ist, ob in Anbetracht der Gesamtumstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann. Eine in diesem Sinne wohlbegründete Furcht vor einem Ereignis kann auch dann vorliegen, wenn bei einer "quantitativen" oder mathematischen Betrachtungsweise ein Wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50 % für dessen Eintritt besteht. In einem solchen Fall reicht zwar die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht aus; ein vernünftig denkender Mensch wird sie außer Betracht lassen. Ergeben jedoch die Gesamtumstände des Falles die "reale Möglichkeit“ einer Verfolgung, wird auch ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen. Bei der Abwägung aller Umstände ist die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in einem gewissen Umfang in die Betrachtung einzubeziehen. Besteht bei quantitativer Betrachtungsweise nur eine geringe mathematische Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung, macht es auch aus der Sicht eines besonnen und vernünftig denkenden Menschen bei der Überlegung, ob er in seinen Heimatstaat zurückkehren kann, einen erheblichen Unterschied, ob er z.B. lediglich eine Gefängnisstrafe von einem Monat oder aber die Todesstrafe riskiert. Maßgebend ist damit letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit; sie bildet das vorrangige qualitative Kriterium, das bei der Beurteilung anzulegen ist, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr "beachtlich" ist. Dieser im Tatbestandsmerkmal "aus begründeter Furcht vor Verfolgung" enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab gilt unabhängig von der Frage, ob der Antragsteller vorverfolgt ausgereist ist oder nicht. Vorverfolgte werden nach den unionsrechtlichen Vorgaben nicht über einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab, sondern über die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU privilegiert. Danach besteht bei ihnen eine tatsächliche Vermutung, dass ihre Furcht vor Verfolgung begründet ist. Diese Vermutung kann widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe dagegen sprechen, dass ihnen erneut eine derartige Verfolgung droht. 19Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2019 – 1 C 37/18 –, juris, Rn. 9 - 14, m.w.N. 20An stichhaltigen Gründen für eine Verfolgung fehlt es, wenn eine sog. "hinreichende Verfolgungssicherheit" im Sinne der Rechtsprechung des BVerwG besteht, weil mit dem Wiederaufleben einer ursprünglichen Verfolgung nicht zu rechnen ist und das erhöhte Risiko einer erstmaligen gleichartigen Verfolgung aus anderen Gründen nicht besteht. 21Vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 27. November 2009 - 2 Bf 337/02.A, juris; Zeitler, HTK-AuslR (Stand: 28. Mai 2019), § 3 AsylG, zu Abs. 1, Rn. 40. 22Der Ausländer hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung eine Verfolgung droht. Hierzu gehört, dass der Ausländer zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen. Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u. a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Ausländers berücksichtigen werden. 23Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23/12 -, juris, Rn. 20ff. m.w.N., sowie Beschluss vom 3. August 1990 - 9 B 45/90 -, juris, Rn. 2 (zu Art. 16a GG); OVG NRW, Urteile vom 14. Februar 2014 - 1 A 1139/13.A -, juris, Rn. 35, und vom 17. August 2010 - 8 A 4063/06.A -, juris, Rn. 33; Sächsisches OVG, Urteil vom 29. August 2019 – 3 A 770/17.A –, juris, Rn. 35, vgl. auch: BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. April 1998 – 2 BvR 253/96 –, juris, Rn. 4. 24An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Ausländer im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt. 25Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Februar 1988 - 9 C 273/86 -, juris, Rn. 11, und vom 8. Februar 1989- 9 C 29/87 -, juris, Rn. 8, sowie Beschlüsse vom 12. September 1986 - 9 B 180/86 -, juris, Rn. 5, und vom 23. Mai 1996 - 9 B 273/96 -, juris, Rn. 2; OVG NRW, Beschluss vom 25. April 2002 – 8 A 1530/02.A –, juris, LS 5; Bayerischer VGH, Beschluss vom 18. Juli 2017 – 20 ZB 17.30785 –, juris, Rn. 5. 26Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in der Person des Klägers nicht vor. Es steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Herkunftslandes aufhält. 27Zunächst ist der Kläger nicht verfolgt aus Nigeria ausgereist. Seine Schilderungen dazu, dass die Polizei ihn gesucht habe, sind vage und detailarm und insgesamt unglaubhaft. Unabhängig davon fehlt es an der Kausalität der angeblichen Verfolgung für seine Ausreise. Denn er hat immerhin einen Monat lang unbehelligt bei seinem Bruder gelebt, bevor er ausgereist ist. Dass der wahre Grund für seine Ausreise ein anderer war, wird gestützt durch seine Angabe beim Bundesamt, er sei ausgereist, weil er jung sei. In der ersten mündlichen Verhandlung hat er zudem zunächst wirtschaftliche Gründe für seine Ausreise benannt. 28Selbst wenn die vom Kläger geschilderten Umstände seinerzeit eine Verfolgung durch die nigerianischen Sicherheitskräfte im Jahr 2015 wegen seiner Rolle bei einer Demonstration begründet hätten, drohte ihm jedenfalls heute bei einer Rückkehr nach Nigeria nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erneute Verfolgung. Denn die Gefahr einer weiteren Verfolgung des Klägers ist nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen widerlegt. 29Eine Verfolgung wegen der Unterstützung der Unabhängigkeit Biafras, insbesondere einer Mitgliedschaft in der IPOB nach einer Rückkehr nach Nigeria verfolgt zu werden, droht indes nicht sämtlichen Unterstützern mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit. Ein solches erhöhtes Risiko besteht nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen allenfalls für die Anführer der IPOB-Bewegung in Nigeria. 30Vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 19. Februar 2019; so auch: Schweizerische Flüchtlingshilfe, Nigéria : Situation des membres du groupe IPOB, 19. Juli 2019, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/nigeria/190719-nga-situation-ipob-asylwiki.pdf, S. 5. 31Festnahmen oder Verhaftungen von IPOB-Mitgliedern einzig aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu der Organisation sind bislang nicht bekannt geworden. 32Vgl. Bundesrepublik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Nigeria, Gesamtaktualisierung vom 12. April 2019, S. 27. 33Dies entspricht den Einschätzungen des European Asylum Support Office (EASO), das ebenfalls davon ausgeht, dass nicht alle Biafra-Anhänger einem entsprechenden Risikoprofil für eine drohende Verfolgung unterfallen, sondern allenfalls sog. „high-profile members”. 34Vgl. EASO, Country Guidance Nigeria, https://easo.europa.eu/sites/default/files/Country_Guidance_Nigeria_2019.pdf, S. 50, 99. 35Dies gilt gleichermaßen für exilpolitische Tätigkeiten für die Unabhängigkeit Biafras. Auch insoweit geht aus den verfügbaren Erkenntnissen hervor, dass allenfalls die Leitungsebene unter Beobachtung steht. Zwar stellt die Schweizerische Flüchtlingshilfe in ihrem jüngsten Bericht zur Lage der IPOB in Nigeria, 36Vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Nigéria : Situation des membres du groupe IPOB, 19. Juli 2019, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/nigeria/190719-nga-situation-ipob-asylwiki.pdf, 37dar, dass der nigerianische Staat die exilpolitischen Tätigkeiten der IPOB beobachte. Anhand der dortigen Beispiele, wonach etwa nigerianische Regierungsmitglieder geäußert hätten, Frankreich sei das Finanzzentrum der IPOB, bzw. diese habe ihren Hauptsitz über Radio Biafra in London, zeigen, dass es hier allenfalls um eine Beobachtung der Exilpolitik auf höchster Ebene gehen kann. Hieraus kann indes nicht geschlossen werden, dass der nigerianische Staat etwa sämtliche IPOB-Anhänger, die in Europa an Demonstrationen teilnehmen oder sich in sozialen Medien engagieren, überwachen oder gar registrieren würde. Hiergegen spricht in Gegenteil die vom erkennenden Gericht in einem Parallelverfahren eingeholte Auskunft der Auswärtigen Amtes, wonach insbesondere im Rahmen der Einreise keine Kontrollen mit Blick auf etwaige politische Straftaten stattfinden. 38Vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 19. Dezember 2018, zu Frage 3; Auskunft an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 19. Februar 2019. 39Diese Voraussetzungen liegen in der Person des Klägers nicht vor. Er ist nach eigenen Angaben kein führendes Mitglied der Bewegung. So hat er zwar angegeben, hier regelmäßig an Demonstrationen teilzunehmen und teilt regelmäßig öffentlich entsprechende Inhalte auf Facebook. Eine leitende oder herausgehobene Funktion hat er dagegen weder substantiiert vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Selbst wenn es der Kläger Sekretär der IPOB-Gruppe in E. werden sollte, ist nicht ersichtlich, dass er sich hierdurch in einer Weise exponieren würde, die mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dazu führen würde, dass er in den Fokus der nigerianischen Sicherheitsbehörden gerät. 40Unabhängig davon und selbständig tragend gilt: Selbst wenn unterstellt wird, dass der Kläger nicht in seinen Heimatort zurückkehren kann, steht ihm schon deshalb kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu, weil für ihn eine interne Schutzmöglichkeit i.S. des § 3e AsylG existiert. Es ist dem Kläger möglich, sich einer etwaigen Bedrohung in seiner Heimatregion dadurch zu entziehen, dass er seinen Aufenthalt an einen anderen, ausreichend weit von seiner Heimatstadt entfernten Ort verlagert. Angesichts der tatsächlichen Gegebenheiten Nigerias, einem Land mit ca. 200 Millionen Einwohnern und mehreren Millionenstädten, 41- vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria vom 10. Dezember 2018 (Stand: Oktober 2018), S. 6; https://de.wikipedia.org/wiki/Nigeria#Verwaltung: Einer Schätzung von 2015 zufolge soll es in Nigeria 20 Städte mit mehr als 500.000 Einwohnern, darunter zehn Millionenstädte. Die mit Abstand bevölkerungsreichste Agglomeration ist Lagos mit 13,340 Millionen Einwohnern. Weitere Städte sind etwa Kano (4.030.000 Einwohner), Ibadan (3.060.000 Einw.) und Abuja (2.710.000 Einw.) -, 42das weder über ein Meldewesen verfügt, so dass es keine Möglichkeit gibt, bei einer zuständigen Behörde nach der Wohnanschrift einer Person zu fragen, 43vgl. den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria vom 10. Dezember 2018 (Stand: Oktober 2018), S. 24; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 14. Mai 2014 an das Bundesamt; Bundesrepublik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Nigeria, Gesamtaktualisierung am 2. September 2016, letzte Kurzinformation vom 8. Mai 2017, S. 14.ff, 44noch ein zentrales Fahndungssystem besitzt, 45vgl. Auskünfte des Auswärtigen Amtes vom 21. Juni 2017 an das Bundesamt (zu Anfragen vom 17. März 2017 und 10. April 2017); Bundesrepublik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Nigeria, Gesamtaktualisierung am 2. September 2016, letzte Kurzinformation vom 8. Mai 2017, S. 61, 46ist die Wahrscheinlichkeit, einen Menschen in einem anderen Landesteil außerhalb seiner Heimatregion zu finden, als gering einzuschätzen. 47S. auch Bundesrepublik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Nigeria, Gesamtaktualisierung am 2. September 2016, letzte Kurzinformation vom 8. Mai 2017, S. 18, wonach die Terroristen nicht in der Lage sind, eine Person überall in Nigeria aufzuspüren; auch Deserteure der Boko Haram können danach in den Süden umsiedeln, wo sie sicher sind; s. ferner S. 40 und 61. 48Asyl-Rückkehrer werden keiner Überprüfung seitens der Kriminalpolizei im Zusammenhang mit laufenden Verfahren unterzogen. Dies gilt auch in Bezug auf etwaige Verbindungen zur Biafra-Unabhängigkeitsbewegung. Es existieren auch keine sichtbaren Fahndungslisten an Flughäfen. 49Vgl. Auskünfte des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 19. Februar 2019 zu Az. 27 K 9057/17 und 19. Dezember 2018 zu Az. 27 K 10421/17.A, zu Frage 3. 50Auch würden einfache Unterstützer der Unabhängigkeit Biafras nicht in ganz Nigeria erkannt werden. Dies würde allenfalls für die medial sehr präsenten Unabhängigkeitsführer oder die Drahtzieher der Bewegung („high-profile-members“) gelten. 51Vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 19. Februar 2019 zu Az. 27 K 9057/17; EASO, Country Guidance Nigeria, https://easo.europa.eu/sites/default/files/Country_Guidance_Nigeria_2019.pdf, S. 50, 99; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Nigéria : Situation des membres du groupe IPOB, 19. Juli 2019, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/nigeria/190719-nga-situation-ipob-asylwiki.pdf. 52Der Kläger hat im Übrigen keine durchgreifenden Gründe vorgetragen, die dagegen sprechen würden, dass vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich andernorts niederlässt. 53Der Einzelrichter verkennt nicht, dass die wirtschaftliche Lage für einen großen Teil der Bevölkerung Nigerias schwierig ist. Jedoch sind für die Bewertung des konkreten Einzelfalles die Möglichkeiten der Lebensunterhaltssicherung in der Person des Klägers in den Blick zu nehmen. Davon ausgehend ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger als junger, erwachsener und arbeitsfähiger Mann, der nicht zuletzt durch seine Reise nach Europa bewiesen hat, dass er sich in einer für ihn unbekannten Umgebung behaupten kann, in einem anderen Landesteil nicht seinen Lebensunterhalt bestreiten könnte. Außerdem verfügt der Kläger eigenen Angaben zufolge über familiäre Kontakte in Nigeria. 54Anhaltspunkte für einen besonderen Ausnahmefall, in dem humanitäre Gründe in der Person des Klägers zwingend gegen eine Aufenthaltsbeendigung bzw. gegen eine Rückführung nach Nigeria sprechen, sind vorliegend nicht ersichtlich. 55Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Kläger hat - aus den bereits genannten Erwägungen - keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht, dass ihm bei einer Rückkehr nach Nigeria ein solcher ernsthafter Schaden droht. 56Es sind keine Anhaltspunkte für Abschiebungsverbote im Sinne von § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG vorgetragen oder sonst ersichtlich. 57Die Abschiebungsandrohung beruht auf §§ 34, 38 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 59 AufenthG. 58Die Anordnung des befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 AufenthG ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Insoweit ist es unschädlich, dass die Beklagte im Begründungsteil des Bescheides unter 6. im Rahmen ihrer Ermessensausübung die Vorschrift des § 11 AufenthG in der bis zum 20. August 2019 geltenden Fassung anführt. Denn durch die Neufassung des § 11 AufenthG haben sich die für die behördliche Fristbestimmung zu berücksichtigenden Umstände nicht geändert. Der Gesetzgeber hat lediglich klarstellend die bisherige Rechtslage an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes unionsrechtskonform als behördliche Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbotes zu verstehen ist, 59Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Juli 2017 – 1 VR 3/17 –, juris, Rn. 70 ff., 60angepasst. 61Vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 22. August 2019 – A 19 K 1718/17 –, juris, Rn. 38. 62Die Ermessensentscheidung der Beklagten, die von Amts wegen vorzunehmende Befristung in der Mitte des von § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG – auch in seiner ab dem 21. August 2019 geltenden Fassung – für den Regelfall aufgezeigten Rahmens von bis zu fünf Jahren anzusiedeln, begegnet auch im Übrigen keinen Bedenken. Einwände werden vom Kläger auch nicht vorgetragen. Entsprechend dem Wortlaut des § 11 Abs. 2 Satz 2 AufenthG gilt das Einreise- und Aufenthaltsverbot unter der aufschiebenden Bedingung der Abschiebung. 63Im Übrigen wird auf die Begründung des angegriffenen Bescheides Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG). 64Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83 b AsylG. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 und 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der ZPO. 65Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG. 66Rechtsmittelbelehrung: 67Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beantragt werden. Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster. 68Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 691. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 702. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 713. ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 72Der Antrag ist schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 73Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 74In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. 75Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 76Die Antragsschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der kläger, geboren am 00. 00. 1993, nach eigenen angaben nigerianischer staatsangehöriger vom volk der ibo und christlichen glaubens, reiste nach eigenen angaben am 29. oktober 2015 auf dem landweg in die bundesrepublik deutschland ein und stellte am 13. september 2016 einen asylantrag. 3die persönliche anhörung beim bundesamt für migration und flüchtlinge (nachfolgend: bundesamt) erfolgte am 19. april 2017. hier trug der kläger im wesentlichen vor: er sei vollmitglied einer pro-biafra-organisation. er sei von der polizei gesucht worden. die mitglieder würden bei demonstrationen angegriffen. er sei bei demonstrationen immer ganz vorn gewesen. deswegen habe die polizei ihn gekannt. er habe in onitsha, aba und enugu demonstriert. die letzte demonstration habe er einen monat vor seiner ausreise besucht. die polizei habe die demonstranten aufgefordert, nach hause zu gehen, sie habe auch tränengas benutzt. zuvor seien die demonstranten gefilmt worden. aus angst vor der polizei habe er sich bei seinem bruder versteckt. er habe erfahren, dass die polizei bei seiner mutter gewesen sei und sie auch mitgenommen habe. 4das bundesamt lehnte mit bescheid vom 22. mai 2017 die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft (ziffer 1), die anerkennung des klägers als asylberechtigten (ziffer 2) sowie die zuerkennung subsidiären schutzes (ziffer 3) ab und stellte fest, dass in der person des klägers keine abschiebungsverbote gemäß § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthg vorliegen (ziffer 4). der kläger wurde aufgefordert, die bundesrepublik deutschland innerhalb von 30 tagen zu verlassen. im falle der nichteinhaltung dieser ausreisefrist wurde ihm die abschiebung nach nigeria oder in einen anderen staat, in den er einreisen dürfte oder der zu seiner rückübernahme verpflichtet sei, angedroht (ziffer 5). das gesetzliche einreise- und aufenthaltsverbot gemäß § 11 abs. 1 aufenthg wurde auf 30 monate ab dem tag der abschiebung befristet (ziffer 6). zur begründung führte das bundesamt im wesentlichen aus: eine systematische landesweite verfolgung aller mitglieder oder unterstützer der gruppen, die sich friedlich für ein unabhängiges südostnigeria (biafra) einsetzten, sei nicht festzustellen und ergebe sich auch nicht aus dem sachvortrag des klägers. er habe vor seiner ausreise keine konkreten verfolgungsmaßnahmen gegen sich vorgetragen. jedenfalls bestehe eine inländische fluchtalternative. 5der bescheid wurde dem kläger am 26. mai 2017 zugestellt. 6er hat am 8. juni 2017 klage erhoben. zu deren begründung trägt er im wesentlichen ergänzend und vertiefend vor: er sei mitglied der ipob in nigeria. er laufe gefahr aufgrund dieser zugehörigkeit und seiner aktivität inhaftiert zu werden. es sei ersichtlich, dass er im falle einer rückkehr nach nigeria als unerwünschter politischer aktivist gelten würde, der sich in die gefahr der inhaftierung durch sicherheitskräfte bzw. des erleidens von unverhältnismäßiger untersuchungshaft begebe. er sei gefragt worden, ob er in e. sekretär der örtlichen ipob-gruppe werden wolle. 7der kläger beantragt, 8die beklagte unter teilweiser aufhebung des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 22. mai 2017 zu verpflichten, dem kläger die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, 9hilfsweise, ihm subsidiären schutz zuzuerkennen, 10weiter hilfsweise, festzustellen, dass in seiner person abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und abs. 7 s. 1 aufenthg hinsichtlich nigerias vorliegen. 11die beklagte beantragt schriftsätzlich, 12die klage abzuweisen. 13der kläger ist in der mündlichen verhandlung persönlich angehört worden. wegen des inhalts der mündlichen verhandlung wird auf die sitzungsniederschrift, wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. 14
15das gericht konnte durch den einzelrichter entscheiden, nachdem ihm das verfahren durch beschluss der kammer zur entscheidung übertragen worden ist (§ 76 abs. 1 asylg). 16ferner konnte das gericht trotz ausbleibens der beklagten in der mündlichen verhandlung verhandeln und entscheiden. die beklagte ist zur mündlichen verhandlung formlos geladen und gemäß § 102 abs. 2 vwgo darauf hingewiesen worden, dass bei ausbleiben eines beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann. die ladung konnte formlos erfolgen, weil die beklagte mit allgemeiner prozesserklärung auf eine förmliche ladung verzichtet hat. 17die klage hat keinen erfolg. sie ist zulässig, aber unbegründet. der bescheid des bundesamtes vom 22. mai 2017 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 und abs. 5 satz 1 vwgo). der kläger hat zu dem für die entscheidung maßgebenden zeitpunkt der mündlichen verhandlung (§ 77 abs. 1 satz 1 halbsatz 1 asylg) keinen anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 abs. 4 i.v.m. abs. 1 asylg. 18gemäß § 3 abs. 4 asylg wird einem ausländer, der flüchtling nach § 3 abs. 1 asylg ist, die flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die voraussetzungen des § 60 abs. 8 satz 1 aufenthg oder das bundesamt hat nach § 60 abs. 8 satz 3 aufenthg von der anwendung des § 60 abs. 1 aufenthg abgesehen. nach § 3 abs. 1 asylg ist - im einklang mit dem unionsrechtlichen und dem internationalen flüchtlingsrecht - ein ausländer flüchtling im sinne des abkommens vom 28. juli 1951 über die rechtsstellung der flüchtlinge (gk), wenn er sich aus begründeter furcht vor verfolgung wegen seiner rasse, religion, nationalität, politischen überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe außerhalb des landes (herkunftsland) befindet, dessen staatsangehörigkeit er besitzt und dessen schutz er nicht in anspruch nehmen kann oder wegen dieser furcht nicht in anspruch nehmen will. als verfolgung im sinne des § 3 abs. 1 asylg gelten nach § 3a abs. 1 asylg handlungen, die (1.) aufgrund ihrer art oder wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende verletzung der grundlegenden menschenrechte darstellen, insbesondere der rechte, von denen nach art. 15 abs. 2 der konvention vom 4. november 1950 zum schutze der menschenrechte und grundfreiheiten (emrk) keine abweichung zulässig ist, oder (2.) in einer kumulierung unterschiedlicher maßnahmen, einschließlich einer verletzung der menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine person davon in ähnlicher weise betroffen ist. diese art. 9 abs. 1 richtlinie 2011/95/eu des europäischen parlaments und des rates vom 13. dezember 2011 über normen für die anerkennung von drittstaatsangehörigen oder staatenlosen als personen mit anspruch auf internationalen schutz, für einen einheitlichen status für flüchtlinge oder für personen mit anrecht auf subsidiären schutz und für den inhalt des zu gewährenden schutzes (neufassung, abl. l 337 s. 9) - anerkennungsrichtlinie - umsetzende legaldefinition der verfolgungshandlung erfährt in § 3a abs. 2 asylg - im einklang mit art. 9 abs. 2 richtlinie 2011/95/eu - eine ausgestaltung durch einen nicht abschließenden katalog von regelbeispielen. danach kann die anwendung physischer oder psychischer gewalt (nr. 1) ebenso wie eine unverhältnismäßige oder diskriminierende strafverfolgung oder bestrafung (nr. 2) ausreichen. die annahme einer verfolgungshandlung setzt einen gezielten eingriff in ein flüchtlingsrechtlich geschütztes rechtsgut voraus. die in § 3 abs. 1 nr. 1 asylg genannten verfolgungsgründe (rasse, religion, nationalität, politische überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe) werden in § 3b abs. 1 asylg konkretisiert. unter dem begriff der politischen überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass eine person in einer angelegenheit, die die in § 3c asylg genannten potenziellen verfolger sowie deren politiken oder verfahren betrifft, eine meinung, grundhaltung oder überzeugung vertritt (§ 3b abs. 1 nr. 5 asylg). gemäß § 3b abs. 2 asylg ist es bei der bewertung der frage, ob die furcht eines ausländers vor verfolgung begründet ist, unerheblich, ob dieser tatsächlich die flüchtlingsschutzrelevanten merkmale aufweist, sofern ihm diese von seinem verfolger zugeschrieben werden. zwischen den in § 3 abs. 1 nr. 1 asylg genannten und in § 3b asylg konkretisierten verfolgungsgründen und den in § 3a abs. 1 und 2 asylg beschriebenen verfolgungshandlungen oder dem fehlen von schutz vor solchen handlungen muss eine verknüpfung bestehen (§ 3a abs. 3 asylg, art. 9 abs. 3 richtlinie 2011/95/eu). die maßnahme muss darauf gerichtet sein, den von ihr betroffenen gerade in anknüpfung an einen oder mehrere verfolgungsgründe zu treffen. ob die verfolgung in diesem sinne "wegen" eines verfolgungsgrundes erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen charakters nach der erkennbaren gerichtetheit der maßnahme zu beurteilen, nicht hingegen nach den subjektiven gründen oder motiven, die den verfolgenden dabei leiten. diese zielgerichtetheit muss nicht nur hinsichtlich der durch die verfolgungshandlung bewirkten rechtsgutverletzung, sondern auch in bezug auf die verfolgungsgründe im sinne des § 3b asylg, an die die handlung anknüpft, anzunehmen sein. für eine derartige "verknüpfung" reicht ein zusammenhang im sinne einer mitverursachung aus. ein bestimmter verfolgungsgrund muss nicht die zentrale motivation oder alleinige ursache einer verfolgungsmaßnahme sein; indes genügt eine lediglich entfernte, hypothetische verknüpfung mit einem verfolgungsgrund nicht den anforderungen des § 3a abs. 3 asylg. die furcht vor verfolgung ist begründet, wenn dem ausländer - bei einer hypothetisch zu unterstellenden rückkehr - die vorgenannten gefahren aufgrund der in seinem herkunftsland gegebenen umstände in anbetracht seiner individuellen lage mit beachtlicher wahrscheinlichkeit drohen. dieser wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte (egmr), der bei der prüfung des art. 3 emrk auf die tatsächliche gefahr ("real risk") abstellt; das entspricht dem maßstab der beachtlichen wahrscheinlichkeit. hierfür ist erforderlich, dass bei einer zusammenfassenden würdigung des zur prüfung gestellten lebenssachverhalts die für eine individuelle verfolgung sprechenden umstände ein größeres gewicht besitzen und deshalb die dagegen sprechenden tatsachen überwiegen. diese würdigung ist auf der grundlage einer "qualifizierenden" betrachtungsweise im sinne einer gewichtung und abwägung aller festgestellten umstände und ihrer bedeutung vorzunehmen. hierbei sind gemäß art. 4 abs. 3 richtlinie 2011/95/eu neben den angaben des antragstellers und seiner individuellen lage auch alle mit dem herkunftsland verbundenen flüchtlingsrelevanten tatsachen zu berücksichtigen. entscheidend ist, ob in anbetracht der gesamtumstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen menschen in der lage des betroffenen furcht vor verfolgung hervorgerufen werden kann. eine in diesem sinne wohlbegründete furcht vor einem ereignis kann auch dann vorliegen, wenn bei einer "quantitativen" oder mathematischen betrachtungsweise ein wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50 % für dessen eintritt besteht. in einem solchen fall reicht zwar die bloße theoretische möglichkeit einer verfolgung nicht aus; ein vernünftig denkender mensch wird sie außer betracht lassen. ergeben jedoch die gesamtumstände des falles die "reale möglichkeit“ einer verfolgung, wird auch ein verständiger mensch das risiko einer rückkehr in den heimatstaat nicht auf sich nehmen. bei der abwägung aller umstände ist die besondere schwere des befürchteten eingriffs in einem gewissen umfang in die betrachtung einzubeziehen. besteht bei quantitativer betrachtungsweise nur eine geringe mathematische wahrscheinlichkeit für eine verfolgung, macht es auch aus der sicht eines besonnen und vernünftig denkenden menschen bei der überlegung, ob er in seinen heimatstaat zurückkehren kann, einen erheblichen unterschied, ob er z.b. lediglich eine gefängnisstrafe von einem monat oder aber die todesstrafe riskiert. maßgebend ist damit letztlich der gesichtspunkt der zumutbarkeit; sie bildet das vorrangige qualitative kriterium, das bei der beurteilung anzulegen ist, ob die wahrscheinlichkeit einer gefahr "beachtlich" ist. dieser im tatbestandsmerkmal "aus begründeter furcht vor verfolgung" enthaltene wahrscheinlichkeitsmaßstab gilt unabhängig von der frage, ob der antragsteller vorverfolgt ausgereist ist oder nicht. vorverfolgte werden nach den unionsrechtlichen vorgaben nicht über einen herabgestuften wahrscheinlichkeitsmaßstab, sondern über die beweiserleichterung des art. 4 abs. 4 richtlinie 2011/95/eu privilegiert. danach besteht bei ihnen eine tatsächliche vermutung, dass ihre furcht vor verfolgung begründet ist. diese vermutung kann widerlegt werden. hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige gründe dagegen sprechen, dass ihnen erneut eine derartige verfolgung droht. 19vgl. bverwg, urteil vom 4. juli 2019 – 1 c 37/18 –, juris, rn. 9 - 14, m.w.n. 20an stichhaltigen gründen für eine verfolgung fehlt es, wenn eine sog. "hinreichende verfolgungssicherheit" im sinne der rechtsprechung des bverwg besteht, weil mit dem wiederaufleben einer ursprünglichen verfolgung nicht zu rechnen ist und das erhöhte risiko einer erstmaligen gleichartigen verfolgung aus anderen gründen nicht besteht. 21vgl. ovg hamburg, beschluss vom 27. november 2009 - 2 bf 337/02.a, juris; zeitler, htk-auslr (stand: 28. mai 2019), § 3 asylg, zu abs. 1, rn. 40. 22der ausländer hat unter angabe genauer einzelheiten einen in sich stimmigen sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger würdigung eine verfolgung droht. hierzu gehört, dass der ausländer zu den in seine sphäre fallenden ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen erlebnissen, eine schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten anspruch lückenlos zu tragen. bei der bewertung der stimmigkeit des sachverhalts müssen u. a. persönlichkeitsstruktur, wissensstand und herkunft des ausländers berücksichtigen werden. 23vgl. bverwg, urteil vom 20. februar 2013 - 10 c 23/12 -, juris, rn. 20ff. m.w.n., sowie beschluss vom 3. august 1990 - 9 b 45/90 -, juris, rn. 2 (zu art. 16a gg); ovg nrw, urteile vom 14. februar 2014 - 1 a 1139/13.a -, juris, rn. 35, und vom 17. august 2010 - 8 a 4063/06.a -, juris, rn. 33; sächsisches ovg, urteil vom 29. august 2019 – 3 a 770/17.a –, juris, rn. 35, vgl. auch: bverfg, kammerbeschluss vom 7. april 1998 – 2 bvr 253/96 –, juris, rn. 4. 24an der glaubhaftmachung von verfolgungsgründen fehlt es in der regel, wenn der ausländer im laufe des verfahrens unterschiedliche angaben macht und sein vorbringen nicht auflösbare widersprüche enthält, wenn seine darstellung nach der lebenserfahrung oder aufgrund der kenntnis entsprechender vergleichbarer geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein asylvorbringen im laufe des asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er tatsachen, die er für sein asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige erklärung erst sehr spät in das verfahren einführt. 25vgl. bverwg, urteile vom 23. februar 1988 - 9 c 273/86 -, juris, rn. 11, und vom 8. februar 1989- 9 c 29/87 -, juris, rn. 8, sowie beschlüsse vom 12. september 1986 - 9 b 180/86 -, juris, rn. 5, und vom 23. mai 1996 - 9 b 273/96 -, juris, rn. 2; ovg nrw, beschluss vom 25. april 2002 – 8 a 1530/02.a –, juris, ls 5; bayerischer vgh, beschluss vom 18. juli 2017 – 20 zb 17.30785 –, juris, rn. 5. 26ausgehend von diesen grundsätzen liegen die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft in der person des klägers nicht vor. es steht nicht zur überzeugung des gerichts fest, dass der kläger sich aus begründeter furcht vor verfolgung außerhalb seines herkunftslandes aufhält. 27zunächst ist der kläger nicht verfolgt aus nigeria ausgereist. seine schilderungen dazu, dass die polizei ihn gesucht habe, sind vage und detailarm und insgesamt unglaubhaft. unabhängig davon fehlt es an der kausalität der angeblichen verfolgung für seine ausreise. denn er hat immerhin einen monat lang unbehelligt bei seinem bruder gelebt, bevor er ausgereist ist. dass der wahre grund für seine ausreise ein anderer war, wird gestützt durch seine angabe beim bundesamt, er sei ausgereist, weil er jung sei. in der ersten mündlichen verhandlung hat er zudem zunächst wirtschaftliche gründe für seine ausreise benannt. 28selbst wenn die vom kläger geschilderten umstände seinerzeit eine verfolgung durch die nigerianischen sicherheitskräfte im jahr 2015 wegen seiner rolle bei einer demonstration begründet hätten, drohte ihm jedenfalls heute bei einer rückkehr nach nigeria nicht mit beachtlicher wahrscheinlichkeit erneute verfolgung. denn die gefahr einer weiteren verfolgung des klägers ist nach den dem gericht vorliegenden erkenntnissen widerlegt. 29eine verfolgung wegen der unterstützung der unabhängigkeit biafras, insbesondere einer mitgliedschaft in der ipob nach einer rückkehr nach nigeria verfolgt zu werden, droht indes nicht sämtlichen unterstützern mit beachtlicher wahrscheinlichkeit. ein solches erhöhtes risiko besteht nach den dem gericht vorliegenden erkenntnissen allenfalls für die anführer der ipob-bewegung in nigeria. 30vgl. auswärtiges amt, auskunft an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 19. februar 2019; so auch: schweizerische flüchtlingshilfe, nigéria : situation des membres du groupe ipob, 19. juli 2019, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/nigeria/190719-nga-situation-ipob-asylwiki.pdf, s. 5. 31festnahmen oder verhaftungen von ipob-mitgliedern einzig aufgrund ihrer zugehörigkeit zu der organisation sind bislang nicht bekannt geworden. 32vgl. bundesrepublik österreich, bundesamt für fremdenwesen und asyl, länderinformationsblatt der staatendokumentation, nigeria, gesamtaktualisierung vom 12. april 2019, s. 27. 33dies entspricht den einschätzungen des european asylum support office (easo), das ebenfalls davon ausgeht, dass nicht alle biafra-anhänger einem entsprechenden risikoprofil für eine drohende verfolgung unterfallen, sondern allenfalls sog. „high-profile members”. 34vgl. easo, country guidance nigeria, https://easo.europa.eu/sites/default/files/country_guidance_nigeria_2019.pdf, s. 50, 99. 35dies gilt gleichermaßen für exilpolitische tätigkeiten für die unabhängigkeit biafras. auch insoweit geht aus den verfügbaren erkenntnissen hervor, dass allenfalls die leitungsebene unter beobachtung steht. zwar stellt die schweizerische flüchtlingshilfe in ihrem jüngsten bericht zur lage der ipob in nigeria, 36vgl. schweizerische flüchtlingshilfe, nigéria : situation des membres du groupe ipob, 19. juli 2019, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/nigeria/190719-nga-situation-ipob-asylwiki.pdf, 37dar, dass der nigerianische staat die exilpolitischen tätigkeiten der ipob beobachte. anhand der dortigen beispiele, wonach etwa nigerianische regierungsmitglieder geäußert hätten, frankreich sei das finanzzentrum der ipob, bzw. diese habe ihren hauptsitz über radio biafra in london, zeigen, dass es hier allenfalls um eine beobachtung der exilpolitik auf höchster ebene gehen kann. hieraus kann indes nicht geschlossen werden, dass der nigerianische staat etwa sämtliche ipob-anhänger, die in europa an demonstrationen teilnehmen oder sich in sozialen medien engagieren, überwachen oder gar registrieren würde. hiergegen spricht in gegenteil die vom erkennenden gericht in einem parallelverfahren eingeholte auskunft der auswärtigen amtes, wonach insbesondere im rahmen der einreise keine kontrollen mit blick auf etwaige politische straftaten stattfinden. 38vgl. auswärtiges amt, auskunft an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 19. dezember 2018, zu frage 3; auskunft an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 19. februar 2019. 39diese voraussetzungen liegen in der person des klägers nicht vor. er ist nach eigenen angaben kein führendes mitglied der bewegung. so hat er zwar angegeben, hier regelmäßig an demonstrationen teilzunehmen und teilt regelmäßig öffentlich entsprechende inhalte auf facebook. eine leitende oder herausgehobene funktion hat er dagegen weder substantiiert vorgetragen noch glaubhaft gemacht. selbst wenn es der kläger sekretär der ipob-gruppe in e. werden sollte, ist nicht ersichtlich, dass er sich hierdurch in einer weise exponieren würde, die mit beachtlicher wahrscheinlichkeit dazu führen würde, dass er in den fokus der nigerianischen sicherheitsbehörden gerät. 40unabhängig davon und selbständig tragend gilt: selbst wenn unterstellt wird, dass der kläger nicht in seinen heimatort zurückkehren kann, steht ihm schon deshalb kein anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft zu, weil für ihn eine interne schutzmöglichkeit i.s. des § 3e asylg existiert. es ist dem kläger möglich, sich einer etwaigen bedrohung in seiner heimatregion dadurch zu entziehen, dass er seinen aufenthalt an einen anderen, ausreichend weit von seiner heimatstadt entfernten ort verlagert. angesichts der tatsächlichen gegebenheiten nigerias, einem land mit ca. 200 millionen einwohnern und mehreren millionenstädten, 41- vgl. bericht des auswärtigen amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der bundesrepublik nigeria vom 10. dezember 2018 (stand: oktober 2018), s. 6; https://de.wikipedia.org/wiki/nigeria#verwaltung: einer schätzung von 2015 zufolge soll es in nigeria 20 städte mit mehr als 500.000 einwohnern, darunter zehn millionenstädte. die mit abstand bevölkerungsreichste agglomeration ist lagos mit 13,340 millionen einwohnern. weitere städte sind etwa kano (4.030.000 einwohner), ibadan (3.060.000 einw.) und abuja (2.710.000 einw.) -, 42das weder über ein meldewesen verfügt, so dass es keine möglichkeit gibt, bei einer zuständigen behörde nach der wohnanschrift einer person zu fragen, 43vgl. den bericht des auswärtigen amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der bundesrepublik nigeria vom 10. dezember 2018 (stand: oktober 2018), s. 24; auskunft des auswärtigen amtes vom 14. mai 2014 an das bundesamt; bundesrepublik österreich, bundesamt für fremdenwesen und asyl, länderinformationsblatt der staatendokumentation, nigeria, gesamtaktualisierung am 2. september 2016, letzte kurzinformation vom 8. mai 2017, s. 14.ff, 44noch ein zentrales fahndungssystem besitzt, 45vgl. auskünfte des auswärtigen amtes vom 21. juni 2017 an das bundesamt (zu anfragen vom 17. märz 2017 und 10. april 2017); bundesrepublik österreich, bundesamt für fremdenwesen und asyl, länderinformationsblatt der staatendokumentation, nigeria, gesamtaktualisierung am 2. september 2016, letzte kurzinformation vom 8. mai 2017, s. 61, 46ist die wahrscheinlichkeit, einen menschen in einem anderen landesteil außerhalb seiner heimatregion zu finden, als gering einzuschätzen. 47s. auch bundesrepublik österreich, bundesamt für fremdenwesen und asyl, länderinformationsblatt der staatendokumentation, nigeria, gesamtaktualisierung am 2. september 2016, letzte kurzinformation vom 8. mai 2017, s. 18, wonach die terroristen nicht in der lage sind, eine person überall in nigeria aufzuspüren; auch deserteure der boko haram können danach in den süden umsiedeln, wo sie sicher sind; s. ferner s. 40 und 61. 48asyl-rückkehrer werden keiner überprüfung seitens der kriminalpolizei im zusammenhang mit laufenden verfahren unterzogen. dies gilt auch in bezug auf etwaige verbindungen zur biafra-unabhängigkeitsbewegung. es existieren auch keine sichtbaren fahndungslisten an flughäfen. 49vgl. auskünfte des auswärtigen amtes an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 19. februar 2019 zu az. 27 k 9057/17 und 19. dezember 2018 zu az. 27 k 10421/17.a, zu frage 3. 50auch würden einfache unterstützer der unabhängigkeit biafras nicht in ganz nigeria erkannt werden. dies würde allenfalls für die medial sehr präsenten unabhängigkeitsführer oder die drahtzieher der bewegung („high-profile-members“) gelten. 51vgl. auskunft des auswärtigen amtes an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 19. februar 2019 zu az. 27 k 9057/17; easo, country guidance nigeria, https://easo.europa.eu/sites/default/files/country_guidance_nigeria_2019.pdf, s. 50, 99; schweizerische flüchtlingshilfe, nigéria : situation des membres du groupe ipob, 19. juli 2019, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/nigeria/190719-nga-situation-ipob-asylwiki.pdf. 52der kläger hat im übrigen keine durchgreifenden gründe vorgetragen, die dagegen sprechen würden, dass vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich andernorts niederlässt. 53der einzelrichter verkennt nicht, dass die wirtschaftliche lage für einen großen teil der bevölkerung nigerias schwierig ist. jedoch sind für die bewertung des konkreten einzelfalles die möglichkeiten der lebensunterhaltssicherung in der person des klägers in den blick zu nehmen. davon ausgehend ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der kläger als junger, erwachsener und arbeitsfähiger mann, der nicht zuletzt durch seine reise nach europa bewiesen hat, dass er sich in einer für ihn unbekannten umgebung behaupten kann, in einem anderen landesteil nicht seinen lebensunterhalt bestreiten könnte. außerdem verfügt der kläger eigenen angaben zufolge über familiäre kontakte in nigeria. 54anhaltspunkte für einen besonderen ausnahmefall, in dem humanitäre gründe in der person des klägers zwingend gegen eine aufenthaltsbeendigung bzw. gegen eine rückführung nach nigeria sprechen, sind vorliegend nicht ersichtlich. 55der kläger hat auch keinen anspruch auf zuerkennung subsidiären schutzes gemäß § 4 abs. 1 satz 1 asylg. nach dieser vorschrift ist ein ausländer subsidiär schutzberechtigter, wenn er stichhaltige gründe für die annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem herkunftsland ein ernsthafter schaden droht. diese voraussetzungen liegen nicht vor. der kläger hat - aus den bereits genannten erwägungen - keine stichhaltigen gründe für die annahme vorgebracht, dass ihm bei einer rückkehr nach nigeria ein solcher ernsthafter schaden droht. 56es sind keine anhaltspunkte für abschiebungsverbote im sinne von § 60 abs. 5 und abs. 7 aufenthg vorgetragen oder sonst ersichtlich. 57die abschiebungsandrohung beruht auf §§ 34, 38 abs. 1 asylg in verbindung mit § 59 aufenthg. 58die anordnung des befristeten einreise- und aufenthaltsverbots nach § 11 abs. 1, abs. 2 satz 3 aufenthg ist ebenfalls nicht zu beanstanden. insoweit ist es unschädlich, dass die beklagte im begründungsteil des bescheides unter 6. im rahmen ihrer ermessensausübung die vorschrift des § 11 aufenthg in der bis zum 20. august 2019 geltenden fassung anführt. denn durch die neufassung des § 11 aufenthg haben sich die für die behördliche fristbestimmung zu berücksichtigenden umstände nicht geändert. der gesetzgeber hat lediglich klarstellend die bisherige rechtslage an die rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, wonach die befristung des gesetzlichen einreise- und aufenthaltsverbotes unionsrechtskonform als behördliche anordnung eines befristeten einreise- und aufenthaltsverbotes zu verstehen ist, 59vgl. bverwg, beschluss vom 13. juli 2017 – 1 vr 3/17 –, juris, rn. 70 ff., 60angepasst. 61vgl. vg karlsruhe, urteil vom 22. august 2019 – a 19 k 1718/17 –, juris, rn. 38. 62die ermessensentscheidung der beklagten, die von amts wegen vorzunehmende befristung in der mitte des von § 11 abs. 3 satz 2 aufenthg – auch in seiner ab dem 21. august 2019 geltenden fassung – für den regelfall aufgezeigten rahmens von bis zu fünf jahren anzusiedeln, begegnet auch im übrigen keinen bedenken. einwände werden vom kläger auch nicht vorgetragen. entsprechend dem wortlaut des § 11 abs. 2 satz 2 aufenthg gilt das einreise- und aufenthaltsverbot unter der aufschiebenden bedingung der abschiebung. 63im übrigen wird auf die begründung des angegriffenen bescheides bezug genommen (§ 77 abs. 2 asylg). 64die kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 abs. 1 vwgo und § 83 b asylg. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 2 und 1 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 11, 711 der zpo. 65der gegenstandswert ergibt sich aus § 30 rvg. 66rechtsmittelbelehrung: 67gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung die zulassung der berufung beantragt werden. über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster. 68die berufung ist nur zuzulassen, wenn 691. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat oder 702. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 713. ein in § 138 der verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 72der antrag ist schriftlich bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) zu stellen. er muss das angefochtene urteil bezeichnen. 73der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 74in dem antrag sind die gründe, aus denen die berufung zuzulassen ist, darzulegen. 75im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 76die antragsschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften.
Verklagte*r
0
173,356
2 O 31/14
2014-07-17T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt nach einem Streitwert von bis zu 19.000 € der Kläger. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Der Kläger beantragte mit Antrag vom 17.12.2012 über die Versicherungsmaklerfirma J den Abschluss einer privaten Krankenversicherung bei der Beklagten in den Tarifen GS II 2/100, CV 43/100, KS 150, Comfort, PVN und AV-P 1 für sich und seine beiden Kinder. Auf Seite 3 des Antrages auf Versicherungsschutz für den Kläger befinden sich die Gesundheitsfragen. Oberhalb dieser Gesundheitsfragen befindet sich im Fettdruck eine Belehrung über die vorvertraglichen Anzeigepflichten sowie über die Rechtsfolgen einer Verletzung. Im letzten Satz des Hinweises wird auf nähere Informationen zu den Folgen einer Anzeigepflichtverletzung in der "Mitteilung nach § 19 (5) VVG" auf S. 7 des Antrages verwiesen. In diesem Antrag wurden auf Seite 3 die Antwortfelder zu den Gesundheitsfragen 2.) und die Antwort zur Frage 3.) jeweils mit „Nein“ beantwortet. Auch die Übrigen Gesundheitsfragen wurden mit Ausnahme der Frage 13 c) und 13 d), bei der Zahnersatz und der jeweilige Zeitpunkt der Behandlung angegeben wurde, verneint. Wegen der Einzelheiten der Belehrungen und der Gesundheitsfragen sowie der Antworten wird auf die Ablichtung des Antrages vom 17.12.2012 Bezug genommen (Anlage zur Klage vom 320.01.2014). Die Beklagte nahm den Antrag unter dem 18.12.2012 an und übersandte den Versicherungsschein. Der Kläger reichte im Sommer 2013 bei der Beklagten Behandlungsrechnungen des P zur Erstattung ein, deren Grundlage die Diagnose „Adaptionssyndrom“ war und weswegen dem Kläger das Präparat „Calmvalera hevert“ verschrieben worden war. Diesen Versicherungsfall nahm die Beklagte zum Anlass, Rückfragen bei dem behandelnden Arzt zu stellen. Der behandelnde Arzt teilte mit Schreiben vom 27.8.2013 (Anl. B4) mit, dass der Kläger wegen der Diagnosen „Adaptionssyndrom und Erschöpfungszustand“ bereits am 21.1.2008 und am 25.6.2010 ärztlich behandelt worden war. Als Grund für die Diagnose gab der behandelnde Arzt familiäre und berufliche Überlastungen des Klägers an. Diese Auskunft nahm die Beklagte zum Anlass, mit Schreiben vom 30.8.2013 (Anl. B5) den Rücktritt vom Versicherungsvertrag zu erklären. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Kläger die Gesundheitsfragen unrichtig beantwortet habe, da er wegen eines Adoptionssyndroms und eines Erschöpfungszustand im abgefragten Zeitraum ärztlich behandelt worden sei und sie, sofern der Kläger in dem Antrag die Angaben richtig gemacht hätte, den Antrag nicht angenommen hätte. Im Nachgang zu diesem Kündigungsschreiben teilte der 3behandelnde Arzt auf weitere Nachfrage der Beklagten mit Schreiben vom 17.9.2013 mit, dass der Kläger wegen des Erschöpfungszustand im Jahr 2008 für fünf Tage sowie im Jahr 2010 für acht Tage arbeitsunfähig krankgeschrieben worden war. Wegen des von der Beklagten erklärten Rücktritts schloss der Kläger bei einem anderen Krankenversicherer eine private Krankenversicherung ab, die jedoch monatlich 150,- € teurer ist, als seine vorhergehende Versicherung bei der Beklagten. 4Der Kläger behauptet, dass der Mitarbeiter G von der J mit dem Kläger die Gesundheitsfragen telefonisch besprochen habe. Der Mitarbeiter habe wissen wollen, ob gravierende Erkrankungen vorgelegen hätten. Der Kläger habe diese Frage verneint und hinzugefügt, dass er allerdings schon einmal einen kleinen Infekt oder etwas Ähnliches gehabt habe. Er habe außerdem auf eine vor wenigen Monaten erfolgte Zahnbehandlung hingewiesen. Im Nachgang zu diesem Telefonat habe der Kläger sodann einen vorausgefüllten Versicherungsantrag im PDF-Format per E-Mail zugesandt bekommen, bei dem die Gesundheitsfragen mit Ausnahme der Frage 13 mit „Nein“ vorausgefüllt gewesen seien. Diesen Antrag habe der Kläger sodann ausgedruckt und unterschrieben, das unterschriebene Exemplar eingescannt und sodann den gescannten Antrag an die J per E-Mail zurückgesandt. Der Kläger behauptet weiter, dass die Gesundheitsfragen auf S. 3 des Antrags von der Maklerfirma J selbst gestaltet worden seien, um bei vielen Versicherern Anfragen stellen zu können. Ferner behauptet er, dass der behandelnde Arzt P ihm die Diagnose seinerzeit nicht mitgeteilt habe. Er sei bei dem Hausarzt gewesen, da er sich körperlich kaputt gefühlt habe und von einer Grippe ausgegangen sei. Der Kläger vertritt die Rechtsansicht, dass es sich um eine vergleichsweise unbedeutende Diagnose gehandelt habe, die keinen Rücktritt rechtfertige. Es habe sich ferner um Maklerfragen gehandelt und nicht um Fragen des Versicherers. Ferner sei die Belehrung nach § 19 Abs. 5 VVG fehlerhaft erteilt worden, weil diese keinen ausdrücklichen und unmissverständlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen einer Vertragsanpassung enthalte. Darüber hinaus handele es sich um eine leicht fahrlässige vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung, da die Behandlung 2 ½ Jahre zurück gelegene habe, so dass das Rücktrittsrecht ausgeschlossen sei. Selbst wenn man jedoch von einer grob fahrlässigen Anzeigepflichtverletzung ausgehen wollte, sei das Rücktrittsrecht ausgeschlossen, da die Beklagte aufgrund der Einführung des Basistarifes dazu verpflichtet gewesen wäre, zu anderen Bedingungen abzuschließen. 5Der Kläger beantragt, 61. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Krankenversicherungsverhältnis durch das Rücktrittsschreiben vom 30.8.2013 nicht beendet worden ist; 72. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden Schaden zu ersetzen, der sich aus dem unberechtigten Rücktritt vom 30.8.2013 ergibt. 83. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger außergerichtliche Kosten der Rechtsverfolgung von 1.100,51 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Klagezustellung zu zahlen. 9Die Beklagte beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Die Beklagte behauptet, dass die Gesundheitsfragen, die die in J gestellt habe, von ihr vorgegeben worden seien. Sie vertritt deswegen die Rechtsansicht, dass es sich um Fragen des Versicherers handele. Ferner behauptet sie, dass bei wahrheitsgemäßer Beantwortung der Gesundheitsfragen durch den Kläger das Angebot des Klägers auf Abschluss des privaten Krankenversicherungsvertrages nicht angenommen hätte. Die Risikobewertung, die die Beklagte anhand der Kölner Systematik der Krankheiten vornehme, hätte bei einer Anpassungsstörung zu einer Ablehnung geführt. 12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 13Es ist Beweis erhoben worden durch Anhörung des Klägers und Vernehmung des Zeugen G sowie des Zeugen I. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 17.7.2014 verwiesen. 14Entscheidungsgründe: 15Die zulässige Klage ist unbegründet. 16A. 17Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung des Fortbestehens des Krankenversicherungsverhältnisses, da das Krankenversicherungsverhältnis durch die Rücktrittserklärung der Beklagten vom 30.08.2013 gem. § 19 Abs. 2 VVG wirksam beendet worden ist. 18Nach § 19 Abs. 2 VVG kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten, wenn der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Abs. 1 verletzt hat. Nach § 19 Abs. 1 S. 1 VVG hat der Versicherungsnehmer bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Voraussetzung für eine Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers ist demnach, dass Fragen des Versicherers vorliegen, da – anders als nach altem Recht (§§ 16 f. VVG a.F.) – keine spontane Anzeigepflicht mehr besteht. 19I. Es handelt sich bei den Gesundheitsfragen auf S. 3 des Antrages vom 17.12.2012 um Fragen des Versicherers gem. § 19 Abs. 2 VVG, die dem Kläger in Textform gestellt wurden. 20Es liegen Fragen des Versicherers vor, weil die Beklagte dem Makler die in dem Antrag enthaltenen Fragen vorgegeben und unter Kontrolle gehalten hat. Davon ist die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme überzeugt. Der Zeuge G hat ausgesagt, dass zwischen ihm als zuständigen Sachbearbeiter der Beklagten und der J die Gesundheitsfragen in dem Antrag abgestimmt und sodann von der Beklagten freigegeben worden sind. Er schilderte, dass die Einheitsanträge von den Maklern der Beklagten vorgelegt werden, die Beklagte sodann Ihre Änderungswünsche bei den Maklern anmeldet, die Makler die Änderungswünsche einarbeiten und die Einheitsanträge sodann erneut bei der Beklagten zur Prüfung vorlegen. Nach erneuter Prüfung würden diese sodann für 1 Jahr freigegeben. Nach Ablauf dieses Jahres werde dieser Prozess erneut durchgeführt. Sofern sich während dieses Zeitraumes schon Änderungswünsche seitens der Beklagten ergäben, würden auch diese mit den Maklern abgestimmt. Die Aussage des Zeugen G ist glaubhaft, da der Zeuge den Abstimmungsprozess in allen Einzelheiten und bezogen auf den konkreten Fall darstellen konnte. Der Zeuge ist auch glaubwürdig. 21Die Fragen wurden auch unstreitig in Textform gem. § 19 Abs. 2 VVG i.V.m. § 126b 22BGB gestellt. 23II. Der Kläger hat die Gesundheitsfragen zu 2.) und 3.) objektiv falsch beantwortet. 24Die Frage 2.), „Bestanden in den letzten 3 Jahren oder bestehen zurzeit Krankheiten, Beschwerden, Unfallfolgen, Fehler organischer, körperlicher oder geistiger Art (auch wenn sie nicht behandelt wurden) oder Pflegebedürftigkeit?“ beantwortete der Kläger unstreitig mit „Nein“. Auch die Frage 3.), „Fanden in den letzten 3 Jahren ambulante Untersuchungen, Operationen oder aufgrund von Vorerkrankungen medizinische Kontroll- und Nachsorgeuntersuchungen oder Behandlungen von Ärzten, Zahnärzten oder anderen Leistungserbringern im Gesundheitswesen statt oder ist eine solche angeraten oder beabsichtigt?“ beantwortete der Kläger unstreitig mit „Nein“. 25Der Kläger hätte in der Antwort auf Frage 2.) sämtliche Beschwerden organischer, körperlicher oder geistiger Art angeben müssen, auch wenn sie nicht behandelt worden sein sollten. In der Antwort auf die Frage 3.) hätte der Kläger sämtliche Untersuchungen oder Behandlungen von Ärzten, die in den letzten drei Jahren vor Antragstellung durchgeführt wurden, angeben, müssen. Folglich hätte der Kläger die streitgegenständlichen Beschwerden, Untersuchungen und Behandlungen am 21.1.2008 und am 25.06.2010 wegen stressbedingter Erschöpfung angeben müssen. 26III. Es handelte sich bei den streitgegenständlichen Beschwerden, Untersuchungen und Behandlungen am 21.1.2008 und 25.06.2010 auch um Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers gefahrerheblich waren, § 19 Abs. 1 VVG. 27Entgegen der Auffassung des Klägers lag keine vergleichsweise unbedeutende Diagnose vor, die nicht hätte angegeben werden müssen. Die von dem Kläger zitierte Entscheidung des OLG Saarbrücken (NJW-RR 2005, 334) kann nicht herangezogen werden. Diese, noch zum alten VVG ergangene Entscheidung, beschäftigt sich mit der Frage, ob Arglist vorliegt, die zur Anfechtung berechtigt. Hier geht es aber um die vorgelagerte Frage, ob ein offenbarungspflichtiger Umstand vorlag, der gefahrerheblich ist. 28IV. Der Kläger hat die vorvertragliche Anzeigepflicht jedenfalls grob fahrlässig verletzt. Grob Fahrlässig handelt derjenige, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände in ungewöhnlich hohem Maße verletzt 29und das unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (st. Rspr. des BGH seit BGHZ 10, 14, zuletzt BGH r+s 2005, 410 = VersR 2005, 1449; r+s 1992, 279 = VersR 1992, 1087; VersR 1989, 582; vgl. etwa auch BGH VersR 1989, 141; 1988, 509; 1986, 671; weitere Hinweise siehe § 81 Rn. 47). Dem Kläger hätte ohne weiteres Einleuchten müssen, dass die Beschwerden wegen einer familiären und beruflichen Überforderung und die deswegen erfolgten ärztlichen Untersuchungen, Behandlungen, Verordnungen und Krankschreibungen offenbarungspflichtige Umstände darstellten. Es vermag dem Kläger nicht zu entlasten, dass er sich zum Zeitpunkt der Beantwortung der Gesundheitsfragen nicht mehr habe daran erinnern können und dass er der Ansicht gewesen sei, der Grund für die Beschwerden sei eine Grippe gewesen. Der Kläger hat nach seinem eigenen Vortrag dem Makler gegenüber angegeben, in den letzten drei Jahren an „kleineren Infekten oder so etwas ähnlichem“ gelitten zu haben. Wenn sich der Kläger an derartige, aus seiner Sicht irrelevante Krankheiten erinnern kann, ist es nicht nachvollziehbar, warum er die ärztlichen Behandlungen wegen stressbedingten Erschöpfungszuständen nicht mehr in Erinnerung gehabt haben will. Dass er glaubte, an einer Grippe gelitten zu haben, entlastet ihn ebenfalls nicht. Der Kläger selbst hat in der Anhörung in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass ihm der Arzt mitgeteilt habe, dass er sich überlegen müsse, ob er auf dem richtigen Arbeitsplatz arbeite und dass er sodann ein homöopathisches Mittel verordnet bekommen habe, welches er auch 2-3 Tage eingenommen habe. Er sei auch aufgrund der Beschwerden jeweils einige Tage krankgeschrieben worden. Warum der Kläger davon ausgegangen sein will, es habe sich lediglich um eine Grippe gehandelt, ist aufgrund dieser Tatsachen nicht nachvollziehbar und stellt eine Schutzbehauptung dar. 30V. Der Rücktritt ist nicht gem. § 19 Abs. 4 S. 1 VVG ausgeschlossen. Denn entgegen der Ansicht des Klägers liegt kein vertragsändernder sondern ein vertragshindernder Umstand vor. 311. Die auf den Urteilen des Landgerichts Kiel (Urteil vom 23.11.2012, Aktenzeichen: 5 O 46/12, Juris Tz. 40) und das OLG Frankfurts (Urteil vom 19.1.2011, Aktenzeichen: 7 U 77/10, Juris Tz. 39) basierende Rechtsauffassung des Klägers, dass seit Einführung der Verpflichtung des Versicherers, Versicherungen im Basistarif gem. § 193 Abs. 5 VVG anzubieten, ein vertragshindernder Umstand nicht mehr angenommen werden könne, tritt die Kammer entgegen. Das Landgericht Kiel 32und das OLG Frankfurt führen dazu aus, dass der Versicherer nicht damit gehört werden könne, dass er bei Kenntnis der Umstände nicht abgeschlossen hätte, wenn er nach den Vorschriften zum Basistarif dazu verpflichtet gewesen wäre, diesen abzuschließen. Der Antrag auf Versicherung im Basistarif könne gem. § 193 Abs. 5 S. 4 VVG nur dann abgelehnt werden, wenn der Antragsteller bereits bei dem Versicherer versichert war und der Versicherer den Versicherungsvertrag wegen Drohung oder arglistiger Täuschung angefochten hat oder vom Versicherungsvertrag wegen einer vorsätzlichen Verletzung der vertraglichen Anzeigepflicht zurückgetreten ist. Dies sei regelmäßig aber nicht der Fall. 33Dieser Ansicht ist entgegenzuhalten, dass der Versicherer eine Vertragsanpassung gem. § 19 Abs. 4 VVG gegenüber dem Versicherungsnehmer nur dann vornehmen kann, wenn der Versicherer „den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände (...) zu anderen Bedingungen geschlossen hätte“. Als „andere Bedingungen“ werden in der Literatur Risikoausschlüsse, Prämienerhöhungen, Selbstbehalt, andere Laufzeiten sowie eine andere Versicherungssumme oder Ähnliches bezeichnet. Bei Risikoausschlüssen, die andere Bedingungen darstellen können, kommt es für die Frage, ob der Versicherer das Risiko überhaupt versichert hätte, darauf an, ob ein Vertrag trotz der Möglichkeit eines Ausschlusses gescheitert wäre (Prölss, in: Prölss/Martin, VVG, § 19, Rn. 54). Eine Vertragsänderung im Sinne des § 19 Abs. 4 VVG liegt folglich nur dann vor, wenn einzelne Vertragsbestandteile abgeändert werden, der Vertrag jedoch im Übrigen bestehen bleibt und insbesondere der abgeänderte Vertrag noch dem ursprünglichen Vertragstyp entspricht. Es handelt sich bei dem Basistarif und einem privaten Krankenversicherungstarif aber gerade nicht um miteinander vergleichbare Vertragstypen. Die Versicherung zum Basistarif stellt gegenüber dem beantragten privaten Krankenversicherungsvertragsverhältnis ein „Aliud“ dar. Es wird nicht der bestehende Vertrag mit anderen Bedingungen fortgeführt oder in andere Bedingungen geändert, sondern es findet eine Umwandlung des im jeweiligen Tarif vereinbarten privaten Krankenversicherungsvertrages in einen gänzlich anderen Vertragstyp, den Basistarif, statt. Es kann folglich nicht von einer Abänderung des ursprünglichen Vertrages, sondern es muss von einer Auflösung des Altvertrages und dem Neuabschluss eines gänzlich anderen Vertrages gesprochen werden. 34Gegen die dargestellte Rechtsansicht spricht ferner der Sinn und Zweck der Regelung des § 19 Abs. 4 VVG, der darin zu sehen ist, dass der Vertragszustand herzustellen ist, der bestehen würde, wenn der Versicherungsnehmer seine 35vorvertraglichen Obliegenheiten erfüllt hätte. Bei Beachtung der vorvertraglichen Obliegenheiten hätte der Versicherer den jeweils konkret abgeschlossenen Vertrag entweder zu anderen Bedingungen oder eben nicht abgeschlossen. Der Basistarif wäre jedoch in keinem der Fälle abgeschlossen worden, weil der Antragsteller diesen überhaupt nicht beantragt hat. Ein Krankenversicherer wäre auch nicht verpflichtet, bei Ablehnung des Antrages dem Kläger unmittelbar das Angebot auf Abschluss eines Basistarifs zu unterbreiten. Dies lässt die Argumentation der beiden Gerichte unberücksichtigt. Im Ergebnis führt die Rechtsansicht des LG Kiel und des OLG Frankfurt folglich dazu, dass über den Umweg der vermeintlichen Vertragsanpassung im Sinne des § 19 Abs. 4 VVG der Versicherer zum Abschluss eines Vertrages verpflichtet würde, den der Antragsteller gar nicht beantragt hat und den der Versicherer auch nicht hätte von sich aus anbieten müssen, wenn der Versicherte die Obliegenheiten erfüllt hätte. 36Der eingeführte § 193 Abs. 5 VVG steht der Annahme eines vertragshindernden Umstands folglich nicht per se entgegen. 372. Die streitgegenständlichen Behandlungen und Beschwerden stellen einen vertragshindernden Umstand dar. Die Kammer ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Beklagte den streitgegenständlichen Krankenversicherungsvertrags bei Kenntnis der gefahrerheblichen Umstände nicht zu anderen Bedingenden, sondern überhaupt nicht abgeschlossen hätte. Der Zeuge I hat ausgesagt, dass bei der Antragstellung eine computergesteuerte Risikoprüfung anhand der Kölner Systematik der Krankheiten erfolgt. Er hat dargelegt, dass bei einer Angabe eines Adaptionssyndroms die computergestützte Risikoerheblichkeitsprüfung für den abgefragten Zeitraum von drei Jahren „k. A.“ ausgegeben hätte, was bedeutet, dass der Versicherer kein Angebot abgegeben hätte, folglich überhaupt keinen Vertrag eingegangen wäre. Diesbezüglich hätte er auch keinen Spielraum gehabt. Die Aussage des Zeugen I war glaubhaft, da er detailliert den Prüfungsverlauf schilderte. An der Glaubwürdigkeit bestehen keine Zweifel. Deswegen folgt die Kammer dieser Aussage. 38VI. Der Rücktritt ist entgegen der Rechtsansicht des Klägers auch nicht gem. § 19 Abs. 5 VVG wegen einer fehlerhaften Belehrung über die Folgen der Anzeigepflichtverletzung ausgeschlossen. Die Belehrung auf S. 3 unter Verweis auf S. 7 des Antragsformulars entspricht entgegen der Rechtsansicht des Klägers den formellen und materiellen Anforderungen des § 19 Abs. 5 VVG. 39Der Kläger ist unter Verweis auf das Urteil des LG Dortmund vom 02.01.2013 (NJW-RR 2013, 1371) der Rechtsansicht, dass die Belehrung fehlerhaft sei, weil sie keinen ausdrücklichen und unmissverständlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen einer Vertragsanpassung enthalte. Der Belehrung sei nicht zu entnehmen, dass es auch im Falle einer Vertragsanpassung zu einem „rückwirkenden“ Wegfall des Versicherungsschutzes kommen könne, sofern eine rückwirkende Einfügung eines Risikoausschlusses erfolge. Darüber hinaus fehle es an einem Hinweis, dass kein Versicherungsschutz bestehen könne. 401. Die Belehrung auf S. 3 unter Verweis auf S. 7 genügt den formellen Anforderungen des § 19 Abs. 5 VVG. 41Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist eine Belehrung gemäß § 19 Abs. 5 S. 1 VVG nur dann formell ausreichend, wenn sie durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung in drucktechnisch ausreichendem Maße hervorgehoben hinweist. Dem Erfordernis einer gesonderten Mitteilung in Textform in diesem Sinne genügt es, wenn der Versicherer die Belehrung des Versicherungsnehmers in einem Antragsformularbogen aufnimmt, in welchen dem Versicherungsnehmer Fragen zur Aufklärung des Gesundheitszustandes gestellt werden. Die Platzierung und drucktechnische Gestaltung vom übrigen Text muss sich derart abheben, dass sie für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen ist. Wird in einer Belehrung auf einen Hinweis an anderer Stelle in dem Antragsformular verwiesen, so ist es unverzichtbar, dass dieser Verweis deutlich im räumlichen Bereich und im Zusammenhang mit den Gesundheitsfragen an hinreichend exponierter Stelle im Antrag mit genauen Fundort dargestellt wird (OLG Stuttgart, Urt. v. 17.4.2014 – 7U 253/13). 42Das von der Beklagten verwendete Antragsformular genügt diesen Grundsätzen. Zunächst ist oberhalb der Gesundheitsfragen auf Seite 3 des Antrages folgender Hinweis bezüglich der Folgen einer Anzeigepflichtverletzung im Fettdruck deutlich hervorgehoben an exponierter Stelle enthalten: „Wichtiger Hinweis zur vorvertraglichen Anzeigepflicht und zu den Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Pflicht: Um ihren Antrag prüfen zu können, benötigt der Versicherer Antworten auf alle Fragen. Bitte beantworten Sie diese wahrheitsgemäß und vollständig. Die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht kann den Versicherer berechtigen, (je nach Verschulden) vom Vertrag zurückzutreten, ihn zu kündigen oder anzupassen, was unter Umständen zur Leistungsfreiheit des Versicherers (auch für bereits eingetretene Versicherungsfälle) führen kann. Nähere Informationen zu den Folgen 43einer Verletzung der Anzeigepflicht entnehmen Sie bitte der Seite 7 unter ‚Mitteilung nach § 19 (5) VVG‘.“ Dieser Hinweis steht im räumlichen Zusammenhang mit den Gesundheitsfragen. In diesem Hinweis wird konkret hinsichtlich näherer Informationen auf die „Mitteilung nach § 19 (5) VVG“ auf S. 7 des Antrages verwiesen. Die „Mitteilung nach § 19 (5) VVG“ wiederum wird durch eine Umrahmung deutlich drucktechnisch von dem anderem Text auf S. 7 abgesetzt. Dies genügt den Anforderungen in formeller Hinsicht. 442. Die Belehrung auf den Seiten 3 und 7 des Antrags ist entgegen der Auffassung des Klägers auch materiell nicht zu beanstanden. 45Insbesondere wird ausdrücklich auf die Rechtsfolgen einer Vertragsanpassung hingewiesen, die auch einen Verlust des Versicherungsschutzes bedeuten können. Insofern unterscheidet sich der Sachverhalt von der vom Kläger zitierten Entscheidung des LG Dortmund. Zunächst wird auf Seite 3 darauf hingewiesen, dass die Verletzung der vorvertraglicher Anzeigepflichten unter Umständen zu einer Leistungsfreiheit des Versicherers auch für bereits eingetretene Versicherungsfälle führen kann. In der Belehrung auf S. 7 wird unter „1. Rücktritt und Wegfall des Versicherungsschutzes“ sodann wörtlich ausgeführt, dass „im Fall des Rücktritts (…) kein Versicherungsschutz“ besteht. Unter „3. Vertragsänderung“ wird sodann wörtlich ausgeführt: „Kann der Versicherer nicht vom Vertrag zurücktreten oder kündigen, weil er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Gefahrumstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte, werden die anderen Bedingungen auf Verlangen des Versicherers Vertragsbestandteil. Haben Sie die Anzeigepflicht fahrlässig verletzt, werden die anderen Bedingungen rückwirkend Vertragsbestandteil. Auch insoweit können Sie Ihren Versicherungsschutz verlieren. Wenn Sie die Anzeigepflicht schuldlos verletzt haben, steht dem Versicherer das Recht zur Vertragsänderung nicht zu.“ Auch die Regelung des § 194 Abs. 1 S. 3 VVG wurde berücksichtigt. Damit ist der Rechtsprechung der Kammer genüge getan. 46B. 47Der mit dem Klageantrag zu 2. geltend gemachte Antrag auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden Schaden zu ersetzen, der sich aus dem unberechtigten Rücktritt vom 30.8.2013 ergibt, ist ebenfalls unbegründet, da der Rücktritt rechtswirksam erklärt wurde und es folglich an einer Pflichtverletzung gem. § 280 Abs. . 1 BGB fehlt. 48C. 49Aus diesem Grund besteht auch kein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten aus § 280 Abs. 1 BGB. 50D. 51Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kostenentscheidung auf § 91 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt nach einem streitwert von bis zu 19.000 € der kläger. das urteil ist gegen sicherheitsleistung i.h.v. 110 % des jeweils beizutreibenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2der kläger beantragte mit antrag vom 17.12.2012 über die versicherungsmaklerfirma j den abschluss einer privaten krankenversicherung bei der beklagten in den tarifen gs ii 2/100, cv 43/100, ks 150, comfort, pvn und av-p 1 für sich und seine beiden kinder. auf seite 3 des antrages auf versicherungsschutz für den kläger befinden sich die gesundheitsfragen. oberhalb dieser gesundheitsfragen befindet sich im fettdruck eine belehrung über die vorvertraglichen anzeigepflichten sowie über die rechtsfolgen einer verletzung. im letzten satz des hinweises wird auf nähere informationen zu den folgen einer anzeigepflichtverletzung in der "mitteilung nach § 19 (5) vvg" auf s. 7 des antrages verwiesen. in diesem antrag wurden auf seite 3 die antwortfelder zu den gesundheitsfragen 2.) und die antwort zur frage 3.) jeweils mit „nein“ beantwortet. auch die übrigen gesundheitsfragen wurden mit ausnahme der frage 13 c) und 13 d), bei der zahnersatz und der jeweilige zeitpunkt der behandlung angegeben wurde, verneint. wegen der einzelheiten der belehrungen und der gesundheitsfragen sowie der antworten wird auf die ablichtung des antrages vom 17.12.2012 bezug genommen (anlage zur klage vom 320.01.2014). die beklagte nahm den antrag unter dem 18.12.2012 an und übersandte den versicherungsschein. der kläger reichte im sommer 2013 bei der beklagten behandlungsrechnungen des p zur erstattung ein, deren grundlage die diagnose „adaptionssyndrom“ war und weswegen dem kläger das präparat „calmvalera hevert“ verschrieben worden war. diesen versicherungsfall nahm die beklagte zum anlass, rückfragen bei dem behandelnden arzt zu stellen. der behandelnde arzt teilte mit schreiben vom 27.8.2013 (anl. b4) mit, dass der kläger wegen der diagnosen „adaptionssyndrom und erschöpfungszustand“ bereits am 21.1.2008 und am 25.6.2010 ärztlich behandelt worden war. als grund für die diagnose gab der behandelnde arzt familiäre und berufliche überlastungen des klägers an. diese auskunft nahm die beklagte zum anlass, mit schreiben vom 30.8.2013 (anl. b5) den rücktritt vom versicherungsvertrag zu erklären. zur begründung führte die beklagte aus, dass der kläger die gesundheitsfragen unrichtig beantwortet habe, da er wegen eines adoptionssyndroms und eines erschöpfungszustand im abgefragten zeitraum ärztlich behandelt worden sei und sie, sofern der kläger in dem antrag die angaben richtig gemacht hätte, den antrag nicht angenommen hätte. im nachgang zu diesem kündigungsschreiben teilte der 3behandelnde arzt auf weitere nachfrage der beklagten mit schreiben vom 17.9.2013 mit, dass der kläger wegen des erschöpfungszustand im jahr 2008 für fünf tage sowie im jahr 2010 für acht tage arbeitsunfähig krankgeschrieben worden war. wegen des von der beklagten erklärten rücktritts schloss der kläger bei einem anderen krankenversicherer eine private krankenversicherung ab, die jedoch monatlich 150,- € teurer ist, als seine vorhergehende versicherung bei der beklagten. 4der kläger behauptet, dass der mitarbeiter g von der j mit dem kläger die gesundheitsfragen telefonisch besprochen habe. der mitarbeiter habe wissen wollen, ob gravierende erkrankungen vorgelegen hätten. der kläger habe diese frage verneint und hinzugefügt, dass er allerdings schon einmal einen kleinen infekt oder etwas ähnliches gehabt habe. er habe außerdem auf eine vor wenigen monaten erfolgte zahnbehandlung hingewiesen. im nachgang zu diesem telefonat habe der kläger sodann einen vorausgefüllten versicherungsantrag im pdf-format per e-mail zugesandt bekommen, bei dem die gesundheitsfragen mit ausnahme der frage 13 mit „nein“ vorausgefüllt gewesen seien. diesen antrag habe der kläger sodann ausgedruckt und unterschrieben, das unterschriebene exemplar eingescannt und sodann den gescannten antrag an die j per e-mail zurückgesandt. der kläger behauptet weiter, dass die gesundheitsfragen auf s. 3 des antrags von der maklerfirma j selbst gestaltet worden seien, um bei vielen versicherern anfragen stellen zu können. ferner behauptet er, dass der behandelnde arzt p ihm die diagnose seinerzeit nicht mitgeteilt habe. er sei bei dem hausarzt gewesen, da er sich körperlich kaputt gefühlt habe und von einer grippe ausgegangen sei. der kläger vertritt die rechtsansicht, dass es sich um eine vergleichsweise unbedeutende diagnose gehandelt habe, die keinen rücktritt rechtfertige. es habe sich ferner um maklerfragen gehandelt und nicht um fragen des versicherers. ferner sei die belehrung nach § 19 abs. 5 vvg fehlerhaft erteilt worden, weil diese keinen ausdrücklichen und unmissverständlichen hinweis auf die rechtsfolgen einer vertragsanpassung enthalte. darüber hinaus handele es sich um eine leicht fahrlässige vorvertragliche anzeigepflichtverletzung, da die behandlung 2 ½ jahre zurück gelegene habe, so dass das rücktrittsrecht ausgeschlossen sei. selbst wenn man jedoch von einer grob fahrlässigen anzeigepflichtverletzung ausgehen wollte, sei das rücktrittsrecht ausgeschlossen, da die beklagte aufgrund der einführung des basistarifes dazu verpflichtet gewesen wäre, zu anderen bedingungen abzuschließen. 5der kläger beantragt, 61. festzustellen, dass das zwischen den parteien bestehende krankenversicherungsverhältnis durch das rücktrittsschreiben vom 30.8.2013 nicht beendet worden ist; 72. festzustellen, dass die beklagte verpflichtet ist, dem kläger jeden schaden zu ersetzen, der sich aus dem unberechtigten rücktritt vom 30.8.2013 ergibt. 83. die beklagte zu verurteilen, an den kläger außergerichtliche kosten der rechtsverfolgung von 1.100,51 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz ab klagezustellung zu zahlen. 9die beklagte beantragt, 10die klage abzuweisen. 11die beklagte behauptet, dass die gesundheitsfragen, die die in j gestellt habe, von ihr vorgegeben worden seien. sie vertritt deswegen die rechtsansicht, dass es sich um fragen des versicherers handele. ferner behauptet sie, dass bei wahrheitsgemäßer beantwortung der gesundheitsfragen durch den kläger das angebot des klägers auf abschluss des privaten krankenversicherungsvertrages nicht angenommen hätte. die risikobewertung, die die beklagte anhand der kölner systematik der krankheiten vornehme, hätte bei einer anpassungsstörung zu einer ablehnung geführt. 12wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gewechselten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 13es ist beweis erhoben worden durch anhörung des klägers und vernehmung des zeugen g sowie des zeugen i. hinsichtlich des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf das sitzungsprotokoll vom 17.7.2014 verwiesen. 14
15die zulässige klage ist unbegründet. 16a. 17der kläger hat gegen die beklagte keinen anspruch auf feststellung des fortbestehens des krankenversicherungsverhältnisses, da das krankenversicherungsverhältnis durch die rücktrittserklärung der beklagten vom 30.08.2013 gem. § 19 abs. 2 vvg wirksam beendet worden ist. 18nach § 19 abs. 2 vvg kann der versicherer vom vertrag zurücktreten, wenn der versicherungsnehmer seine anzeigepflicht nach abs. 1 verletzt hat. nach § 19 abs. 1 s. 1 vvg hat der versicherungsnehmer bis zur abgabe seiner vertragserklärung die ihm bekannten gefahrumstände, die für den entschluss des versicherers, den vertrag mit dem vereinbarten inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der versicherer in textform gefragt hat, dem versicherer anzuzeigen. voraussetzung für eine anzeigepflicht des versicherungsnehmers ist demnach, dass fragen des versicherers vorliegen, da – anders als nach altem recht (§§ 16 f. vvg a.f.) – keine spontane anzeigepflicht mehr besteht. 19i. es handelt sich bei den gesundheitsfragen auf s. 3 des antrages vom 17.12.2012 um fragen des versicherers gem. § 19 abs. 2 vvg, die dem kläger in textform gestellt wurden. 20es liegen fragen des versicherers vor, weil die beklagte dem makler die in dem antrag enthaltenen fragen vorgegeben und unter kontrolle gehalten hat. davon ist die kammer nach dem ergebnis der beweisaufnahme überzeugt. der zeuge g hat ausgesagt, dass zwischen ihm als zuständigen sachbearbeiter der beklagten und der j die gesundheitsfragen in dem antrag abgestimmt und sodann von der beklagten freigegeben worden sind. er schilderte, dass die einheitsanträge von den maklern der beklagten vorgelegt werden, die beklagte sodann ihre änderungswünsche bei den maklern anmeldet, die makler die änderungswünsche einarbeiten und die einheitsanträge sodann erneut bei der beklagten zur prüfung vorlegen. nach erneuter prüfung würden diese sodann für 1 jahr freigegeben. nach ablauf dieses jahres werde dieser prozess erneut durchgeführt. sofern sich während dieses zeitraumes schon änderungswünsche seitens der beklagten ergäben, würden auch diese mit den maklern abgestimmt. die aussage des zeugen g ist glaubhaft, da der zeuge den abstimmungsprozess in allen einzelheiten und bezogen auf den konkreten fall darstellen konnte. der zeuge ist auch glaubwürdig. 21die fragen wurden auch unstreitig in textform gem. § 19 abs. 2 vvg i.v.m. § 126b 22bgb gestellt. 23ii. der kläger hat die gesundheitsfragen zu 2.) und 3.) objektiv falsch beantwortet. 24die frage 2.), „bestanden in den letzten 3 jahren oder bestehen zurzeit krankheiten, beschwerden, unfallfolgen, fehler organischer, körperlicher oder geistiger art (auch wenn sie nicht behandelt wurden) oder pflegebedürftigkeit?“ beantwortete der kläger unstreitig mit „nein“. auch die frage 3.), „fanden in den letzten 3 jahren ambulante untersuchungen, operationen oder aufgrund von vorerkrankungen medizinische kontroll- und nachsorgeuntersuchungen oder behandlungen von ärzten, zahnärzten oder anderen leistungserbringern im gesundheitswesen statt oder ist eine solche angeraten oder beabsichtigt?“ beantwortete der kläger unstreitig mit „nein“. 25der kläger hätte in der antwort auf frage 2.) sämtliche beschwerden organischer, körperlicher oder geistiger art angeben müssen, auch wenn sie nicht behandelt worden sein sollten. in der antwort auf die frage 3.) hätte der kläger sämtliche untersuchungen oder behandlungen von ärzten, die in den letzten drei jahren vor antragstellung durchgeführt wurden, angeben, müssen. folglich hätte der kläger die streitgegenständlichen beschwerden, untersuchungen und behandlungen am 21.1.2008 und am 25.06.2010 wegen stressbedingter erschöpfung angeben müssen. 26iii. es handelte sich bei den streitgegenständlichen beschwerden, untersuchungen und behandlungen am 21.1.2008 und 25.06.2010 auch um gefahrumstände, die für den entschluss des versicherers gefahrerheblich waren, § 19 abs. 1 vvg. 27entgegen der auffassung des klägers lag keine vergleichsweise unbedeutende diagnose vor, die nicht hätte angegeben werden müssen. die von dem kläger zitierte entscheidung des olg saarbrücken (njw-rr 2005, 334) kann nicht herangezogen werden. diese, noch zum alten vvg ergangene entscheidung, beschäftigt sich mit der frage, ob arglist vorliegt, die zur anfechtung berechtigt. hier geht es aber um die vorgelagerte frage, ob ein offenbarungspflichtiger umstand vorlag, der gefahrerheblich ist. 28iv. der kläger hat die vorvertragliche anzeigepflicht jedenfalls grob fahrlässig verletzt. grob fahrlässig handelt derjenige, der die im verkehr erforderliche sorgfalt unter berücksichtigung sämtlicher umstände in ungewöhnlich hohem maße verletzt 29und das unbeachtet lässt, was im gegebenen fall jedem hätte einleuchten müssen (st. rspr. des bgh seit bghz 10, 14, zuletzt bgh r+s 2005, 410 = versr 2005, 1449; r+s 1992, 279 = versr 1992, 1087; versr 1989, 582; vgl. etwa auch bgh versr 1989, 141; 1988, 509; 1986, 671; weitere hinweise siehe § 81 rn. 47). dem kläger hätte ohne weiteres einleuchten müssen, dass die beschwerden wegen einer familiären und beruflichen überforderung und die deswegen erfolgten ärztlichen untersuchungen, behandlungen, verordnungen und krankschreibungen offenbarungspflichtige umstände darstellten. es vermag dem kläger nicht zu entlasten, dass er sich zum zeitpunkt der beantwortung der gesundheitsfragen nicht mehr habe daran erinnern können und dass er der ansicht gewesen sei, der grund für die beschwerden sei eine grippe gewesen. der kläger hat nach seinem eigenen vortrag dem makler gegenüber angegeben, in den letzten drei jahren an „kleineren infekten oder so etwas ähnlichem“ gelitten zu haben. wenn sich der kläger an derartige, aus seiner sicht irrelevante krankheiten erinnern kann, ist es nicht nachvollziehbar, warum er die ärztlichen behandlungen wegen stressbedingten erschöpfungszuständen nicht mehr in erinnerung gehabt haben will. dass er glaubte, an einer grippe gelitten zu haben, entlastet ihn ebenfalls nicht. der kläger selbst hat in der anhörung in der mündlichen verhandlung angegeben, dass ihm der arzt mitgeteilt habe, dass er sich überlegen müsse, ob er auf dem richtigen arbeitsplatz arbeite und dass er sodann ein homöopathisches mittel verordnet bekommen habe, welches er auch 2-3 tage eingenommen habe. er sei auch aufgrund der beschwerden jeweils einige tage krankgeschrieben worden. warum der kläger davon ausgegangen sein will, es habe sich lediglich um eine grippe gehandelt, ist aufgrund dieser tatsachen nicht nachvollziehbar und stellt eine schutzbehauptung dar. 30v. der rücktritt ist nicht gem. § 19 abs. 4 s. 1 vvg ausgeschlossen. denn entgegen der ansicht des klägers liegt kein vertragsändernder sondern ein vertragshindernder umstand vor. 311. die auf den urteilen des landgerichts kiel (urteil vom 23.11.2012, aktenzeichen: 5 o 46/12, juris tz. 40) und das olg frankfurts (urteil vom 19.1.2011, aktenzeichen: 7 u 77/10, juris tz. 39) basierende rechtsauffassung des klägers, dass seit einführung der verpflichtung des versicherers, versicherungen im basistarif gem. § 193 abs. 5 vvg anzubieten, ein vertragshindernder umstand nicht mehr angenommen werden könne, tritt die kammer entgegen. das landgericht kiel 32und das olg frankfurt führen dazu aus, dass der versicherer nicht damit gehört werden könne, dass er bei kenntnis der umstände nicht abgeschlossen hätte, wenn er nach den vorschriften zum basistarif dazu verpflichtet gewesen wäre, diesen abzuschließen. der antrag auf versicherung im basistarif könne gem. § 193 abs. 5 s. 4 vvg nur dann abgelehnt werden, wenn der antragsteller bereits bei dem versicherer versichert war und der versicherer den versicherungsvertrag wegen drohung oder arglistiger täuschung angefochten hat oder vom versicherungsvertrag wegen einer vorsätzlichen verletzung der vertraglichen anzeigepflicht zurückgetreten ist. dies sei regelmäßig aber nicht der fall. 33dieser ansicht ist entgegenzuhalten, dass der versicherer eine vertragsanpassung gem. § 19 abs. 4 vvg gegenüber dem versicherungsnehmer nur dann vornehmen kann, wenn der versicherer „den vertrag auch bei kenntnis der nicht angezeigten umstände (...) zu anderen bedingungen geschlossen hätte“. als „andere bedingungen“ werden in der literatur risikoausschlüsse, prämienerhöhungen, selbstbehalt, andere laufzeiten sowie eine andere versicherungssumme oder ähnliches bezeichnet. bei risikoausschlüssen, die andere bedingungen darstellen können, kommt es für die frage, ob der versicherer das risiko überhaupt versichert hätte, darauf an, ob ein vertrag trotz der möglichkeit eines ausschlusses gescheitert wäre (prölss, in: prölss/martin, vvg, § 19, rn. 54). eine vertragsänderung im sinne des § 19 abs. 4 vvg liegt folglich nur dann vor, wenn einzelne vertragsbestandteile abgeändert werden, der vertrag jedoch im übrigen bestehen bleibt und insbesondere der abgeänderte vertrag noch dem ursprünglichen vertragstyp entspricht. es handelt sich bei dem basistarif und einem privaten krankenversicherungstarif aber gerade nicht um miteinander vergleichbare vertragstypen. die versicherung zum basistarif stellt gegenüber dem beantragten privaten krankenversicherungsvertragsverhältnis ein „aliud“ dar. es wird nicht der bestehende vertrag mit anderen bedingungen fortgeführt oder in andere bedingungen geändert, sondern es findet eine umwandlung des im jeweiligen tarif vereinbarten privaten krankenversicherungsvertrages in einen gänzlich anderen vertragstyp, den basistarif, statt. es kann folglich nicht von einer abänderung des ursprünglichen vertrages, sondern es muss von einer auflösung des altvertrages und dem neuabschluss eines gänzlich anderen vertrages gesprochen werden. 34gegen die dargestellte rechtsansicht spricht ferner der sinn und zweck der regelung des § 19 abs. 4 vvg, der darin zu sehen ist, dass der vertragszustand herzustellen ist, der bestehen würde, wenn der versicherungsnehmer seine 35vorvertraglichen obliegenheiten erfüllt hätte. bei beachtung der vorvertraglichen obliegenheiten hätte der versicherer den jeweils konkret abgeschlossenen vertrag entweder zu anderen bedingungen oder eben nicht abgeschlossen. der basistarif wäre jedoch in keinem der fälle abgeschlossen worden, weil der antragsteller diesen überhaupt nicht beantragt hat. ein krankenversicherer wäre auch nicht verpflichtet, bei ablehnung des antrages dem kläger unmittelbar das angebot auf abschluss eines basistarifs zu unterbreiten. dies lässt die argumentation der beiden gerichte unberücksichtigt. im ergebnis führt die rechtsansicht des lg kiel und des olg frankfurt folglich dazu, dass über den umweg der vermeintlichen vertragsanpassung im sinne des § 19 abs. 4 vvg der versicherer zum abschluss eines vertrages verpflichtet würde, den der antragsteller gar nicht beantragt hat und den der versicherer auch nicht hätte von sich aus anbieten müssen, wenn der versicherte die obliegenheiten erfüllt hätte. 36der eingeführte § 193 abs. 5 vvg steht der annahme eines vertragshindernden umstands folglich nicht per se entgegen. 372. die streitgegenständlichen behandlungen und beschwerden stellen einen vertragshindernden umstand dar. die kammer ist nach dem ergebnis der beweisaufnahme davon überzeugt, dass die beklagte den streitgegenständlichen krankenversicherungsvertrags bei kenntnis der gefahrerheblichen umstände nicht zu anderen bedingenden, sondern überhaupt nicht abgeschlossen hätte. der zeuge i hat ausgesagt, dass bei der antragstellung eine computergesteuerte risikoprüfung anhand der kölner systematik der krankheiten erfolgt. er hat dargelegt, dass bei einer angabe eines adaptionssyndroms die computergestützte risikoerheblichkeitsprüfung für den abgefragten zeitraum von drei jahren „k. a.“ ausgegeben hätte, was bedeutet, dass der versicherer kein angebot abgegeben hätte, folglich überhaupt keinen vertrag eingegangen wäre. diesbezüglich hätte er auch keinen spielraum gehabt. die aussage des zeugen i war glaubhaft, da er detailliert den prüfungsverlauf schilderte. an der glaubwürdigkeit bestehen keine zweifel. deswegen folgt die kammer dieser aussage. 38vi. der rücktritt ist entgegen der rechtsansicht des klägers auch nicht gem. § 19 abs. 5 vvg wegen einer fehlerhaften belehrung über die folgen der anzeigepflichtverletzung ausgeschlossen. die belehrung auf s. 3 unter verweis auf s. 7 des antragsformulars entspricht entgegen der rechtsansicht des klägers den formellen und materiellen anforderungen des § 19 abs. 5 vvg. 39der kläger ist unter verweis auf das urteil des lg dortmund vom 02.01.2013 (njw-rr 2013, 1371) der rechtsansicht, dass die belehrung fehlerhaft sei, weil sie keinen ausdrücklichen und unmissverständlichen hinweis auf die rechtsfolgen einer vertragsanpassung enthalte. der belehrung sei nicht zu entnehmen, dass es auch im falle einer vertragsanpassung zu einem „rückwirkenden“ wegfall des versicherungsschutzes kommen könne, sofern eine rückwirkende einfügung eines risikoausschlusses erfolge. darüber hinaus fehle es an einem hinweis, dass kein versicherungsschutz bestehen könne. 401. die belehrung auf s. 3 unter verweis auf s. 7 genügt den formellen anforderungen des § 19 abs. 5 vvg. 41nach der höchstrichterlichen rechtsprechung ist eine belehrung gemäß § 19 abs. 5 s. 1 vvg nur dann formell ausreichend, wenn sie durch gesonderte mitteilung in textform auf die folgen einer anzeigepflichtverletzung in drucktechnisch ausreichendem maße hervorgehoben hinweist. dem erfordernis einer gesonderten mitteilung in textform in diesem sinne genügt es, wenn der versicherer die belehrung des versicherungsnehmers in einem antragsformularbogen aufnimmt, in welchen dem versicherungsnehmer fragen zur aufklärung des gesundheitszustandes gestellt werden. die platzierung und drucktechnische gestaltung vom übrigen text muss sich derart abheben, dass sie für den versicherungsnehmer nicht zu übersehen ist. wird in einer belehrung auf einen hinweis an anderer stelle in dem antragsformular verwiesen, so ist es unverzichtbar, dass dieser verweis deutlich im räumlichen bereich und im zusammenhang mit den gesundheitsfragen an hinreichend exponierter stelle im antrag mit genauen fundort dargestellt wird (olg stuttgart, urt. v. 17.4.2014 – 7u 253/13). 42das von der beklagten verwendete antragsformular genügt diesen grundsätzen. zunächst ist oberhalb der gesundheitsfragen auf seite 3 des antrages folgender hinweis bezüglich der folgen einer anzeigepflichtverletzung im fettdruck deutlich hervorgehoben an exponierter stelle enthalten: „wichtiger hinweis zur vorvertraglichen anzeigepflicht und zu den rechtsfolgen einer verletzung dieser pflicht: um ihren antrag prüfen zu können, benötigt der versicherer antworten auf alle fragen. bitte beantworten sie diese wahrheitsgemäß und vollständig. die verletzung der vorvertraglichen anzeigepflicht kann den versicherer berechtigen, (je nach verschulden) vom vertrag zurückzutreten, ihn zu kündigen oder anzupassen, was unter umständen zur leistungsfreiheit des versicherers (auch für bereits eingetretene versicherungsfälle) führen kann. nähere informationen zu den folgen 43einer verletzung der anzeigepflicht entnehmen sie bitte der seite 7 unter ‚mitteilung nach § 19 (5) vvg‘.“ dieser hinweis steht im räumlichen zusammenhang mit den gesundheitsfragen. in diesem hinweis wird konkret hinsichtlich näherer informationen auf die „mitteilung nach § 19 (5) vvg“ auf s. 7 des antrages verwiesen. die „mitteilung nach § 19 (5) vvg“ wiederum wird durch eine umrahmung deutlich drucktechnisch von dem anderem text auf s. 7 abgesetzt. dies genügt den anforderungen in formeller hinsicht. 442. die belehrung auf den seiten 3 und 7 des antrags ist entgegen der auffassung des klägers auch materiell nicht zu beanstanden. 45insbesondere wird ausdrücklich auf die rechtsfolgen einer vertragsanpassung hingewiesen, die auch einen verlust des versicherungsschutzes bedeuten können. insofern unterscheidet sich der sachverhalt von der vom kläger zitierten entscheidung des lg dortmund. zunächst wird auf seite 3 darauf hingewiesen, dass die verletzung der vorvertraglicher anzeigepflichten unter umständen zu einer leistungsfreiheit des versicherers auch für bereits eingetretene versicherungsfälle führen kann. in der belehrung auf s. 7 wird unter „1. rücktritt und wegfall des versicherungsschutzes“ sodann wörtlich ausgeführt, dass „im fall des rücktritts (…) kein versicherungsschutz“ besteht. unter „3. vertragsänderung“ wird sodann wörtlich ausgeführt: „kann der versicherer nicht vom vertrag zurücktreten oder kündigen, weil er den vertrag auch bei kenntnis der nicht angezeigten gefahrumstände, wenn auch zu anderen bedingungen, geschlossen hätte, werden die anderen bedingungen auf verlangen des versicherers vertragsbestandteil. haben sie die anzeigepflicht fahrlässig verletzt, werden die anderen bedingungen rückwirkend vertragsbestandteil. auch insoweit können sie ihren versicherungsschutz verlieren. wenn sie die anzeigepflicht schuldlos verletzt haben, steht dem versicherer das recht zur vertragsänderung nicht zu.“ auch die regelung des § 194 abs. 1 s. 3 vvg wurde berücksichtigt. damit ist der rechtsprechung der kammer genüge getan. 46b. 47der mit dem klageantrag zu 2. geltend gemachte antrag auf feststellung, dass die beklagte verpflichtet ist, dem kläger jeden schaden zu ersetzen, der sich aus dem unberechtigten rücktritt vom 30.8.2013 ergibt, ist ebenfalls unbegründet, da der rücktritt rechtswirksam erklärt wurde und es folglich an einer pflichtverletzung gem. § 280 abs. . 1 bgb fehlt. 48c. 49aus diesem grund besteht auch kein anspruch auf erstattung außergerichtlicher rechtsanwaltskosten aus § 280 abs. 1 bgb. 50d. 51die prozessualen nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der kostenentscheidung auf § 91 zpo und hinsichtlich der vorläufigen vollstreckbarkeit auf § 709 zpo.
Verklagte*r
0
328,148
20 K 6392/18
2020-04-27T00:00:00
Urteil
Tenor Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Landesjustizprüfungsamtes Nordrhein-Westfalen vom 6. November 2018 (Az. LJPA-572/18) verurteilt, dem Kläger unentgeltlich eine Kopie der von ihm unter der Kennziffer XXXX/XX im Rahmen des zweiten juristischen Staatsexamens in Nordrhein-Westfalen angefertigten Aufsichtsarbeiten mitsamt Prüfergutachten in Papierform oder in einem gängigen elektronischen Format zur Verfügung zu stellen. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Berufung wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger nahm unter der Kennziffer XXXX/XX am zweiten juristischen Staatsexamen im Land Nordrhein-Westfalen teil und legte am 26. September 2018 erfolgreich die mündliche Prüfung ab. Mit Schreiben vom 11. Oktober 2018 beantragte er gegenüber dem Landesjustizprüfungsamt Nordrhein-Westfalen Einsicht in die von ihm im zweiten juristischen Staatsexamen angefertigten Aufsichtsarbeiten. Zugleich bat er um eine Übersendung der entsprechenden Kopien in elektronischer Form oder auf postalischem Wege. 3Mit Schreiben vom 19. Oktober 2018 erklärte sich das Landesjustizprüfungsamt Nordrhein-Westfalen dem Kläger gegenüber bereit, die von ihm beantragten Kopien (insgesamt 348 Seiten) zu dem im Voraus zu bezahlenden Betrag von 69,70 Euro zu übersenden. Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 des Gebührengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (GebG NRW) i.V.m. Nummer 31000 des Teil 3 Auslagen, Hauptabschnitt 1, der Anlage 1 (zu § 3 Abs. 2) zum Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) seien für die Seiten 1 bis 50 pro Seite 0,50 Euro und für jede Folgeseite 0,15 Euro zu zahlen. Die Zulässigkeit einer Vorschusszahlung folge aus § 16 GebG NRW. 4In Reaktion hierauf verlangte der Kläger mit Schreiben vom 25. Oktober 2018 eine unentgeltliche Zurverfügungstellung der von ihm angefertigten Aufsichtsarbeiten. Hierbei berief er sich auf Art. 15 Abs. 3 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/461EG (Datenschutz-Grundverordnung; im Folgenden: DS-GVO) und insofern auf die Rechtsprechung des EuGH, Urteil vom 20. Dezember 2017, Rs. C-434/16 – Nowak, zur Frage des Personenbezugs von Prüfungsarbeiten und dem diesbezüglichen Bestehen von Auskunftsansprüchen. 5Mit Bescheid vom 6. November 2018, dem Kläger förmlich zugestellt am 15. November 2018, lehnte das Landesjustizprüfungsamt Nordrhein-Westfalen den Antrag des Klägers auf unentgeltliche Übersendung der Kopie der von ihm angefertigten Prüfungsarbeiten ab. Dem Kläger stehe kein entsprechender Anspruch zu. Der sachliche Anwendungsbereich der DS-GVO sei nicht eröffnet, da die in den Klausurbearbeitungen enthaltenen personenbezogenen Daten weder ganz noch teilweise automatisiert verarbeitet würden noch Daten darstellen würden, die in einem Dateisystem gespeichert werden oder gespeichert werden sollen. 6Der Kläger hat am 17. Dezember 2018 Klage erhoben. 7Der Kläger ist der Ansicht, seine Klage sei als Kombination einer Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig und begründet. 8Nach seiner Auffassung sei die DS-GVO vorliegend sachlich anwendbar. Die sachliche Anwendbarkeit der DS-GVO werde zunächst nicht durch die Bereichsausnahme nach Art. 2 Abs. 2 lit. a) DS-GVO ausgeschlossen. Das „nordrhein-westfälische Prüfungswesen“ sei weder in seiner Gesamtheit aller in Betracht kommenden Prüfungen noch in der Ausprägung der Organisation und Durchführung der zweiten juristischen Staatsprüfung dem Anwendungsbereich der DS-GVO entzogen. Der Ausnahmetatbestand des Art. 2 Abs. 2 lit. a) DS-GVO sei lediglich deklaratorischer Natur und solle die Grenzen der Rechtsetzungskompetenzen der EU nachvollziehen. Die Organisation und Durchführung von juristischen Staatsprüfungen sei weder hinsichtlich der dahinterstehenden staatlichen Interessen noch der Gefährdungslage für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vergleichbar mit der „nationalen Sicherheit“ (vgl. Erwägungsgrund 16 Satz 1 DS-GVO) oder der Datenverarbeitung durch Verfassungsschutzbehörden (vgl. LT-Drs. NRW 17/1981, S. 135). Die konkrete Reichweite von Art. 2 Abs. 2 lit. a) DS-GVO sei für den Einzelfall in autonomer, unionskonformer Auslegung zu bestimmen. Der Europäische Gerichtshof lege vergleichbare Vorschriften wie Art. 18 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) oder Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) durchgängig extensiv aus und lasse schon vage Bezüge zu unionsrechtlichen Regelungen ausreichen. Weder vor dem Hintergrund des effet utile noch aus systematischen Gründen bestünden Anhaltspunkte, warum Art. 16 Abs. 2 AEUV und der darauf beruhende Art. 2 Abs. 2 lit. a) DS-GVO anders als Art. 18 AEUV und/oder Art. 51 GRCh zu interpretieren wären. Insbesondere sei nicht erforderlich, dass die in Rede stehende Tätigkeit im Einzelfall durch Regelungen des Unionsrechts beeinflusst werde. Es reiche aus, dass die in Frage stehende Tätigkeit – hier die Organisation und Durchführung von berufsqualifizierenden juristischen Staatsprüfungen im Land Nordrhein-Westfalen – bei abstrakter Betrachtung überhaupt einen Bezug zum Unionsrecht haben könne. Ein potenzieller Binnenmarktbezug sei vorliegend gegeben, da nicht nur deutsche Staatsbürger an der zweiten juristischen Staatsprüfung im Land Nordrhein-Westfalen teilnehmen könnten, sondern auch ausländische Juristen, die entweder die Erste Juristische Prüfung erfolgreich abgelegt hätten oder deren ausländischer juristischer Abschluss als gleichwertig anerkannt worden sei und die zum juristischen Vorbereitungsdienst zugelassen worden seien. Zudem sei der Beklagte auch für die EU-Eignungsprüfung gemäß §§ 16 ff. des Gesetzes über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG) zuständig. Die Regelungen des EuRAG gingen u.a. zurück auf Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen. Die Eignungsprüfung werde gemäß § 18 Abs. 1 EuRAG durch das Prüfungsamt durchgeführt, das für die zweite juristische Staatsprüfung zuständig sei. Nach § 18 Abs. 3 EuRAG würden grundsätzlich für die Eignungsprüfung die Vorschriften für die zweite juristische Staatsprüfung desjenigen Landes entsprechend gelten, in dem das Prüfungsamt eingerichtet sei – in Nordrhein-Westfalen mithin das Gesetz über die juristischen Prüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst (Juristenausbildungsgesetz Nordrhein-Westfalen - JAG NRW) und auch § 23 i.V.m. § 56 JAG NRW. Würde man die Frage, ob ein Rechtsanwalt aus einem anderen europäischen Mitgliedstaat Auskunft nach Art. 15 DS-GVO gegenüber dem Beklagten hinsichtlich seiner schriftlichen Prüfungsarbeiten nach § 21 EuRAG verlangen könne, angesichts der Anwendbarkeit des Unionsrechts anders beurteilen im Vergleich zu einem nationalen Prüfungsteilnehmer des zweiten juristischen Staatsexamens, so widerspräche dies dem Paradigma des einheitlichen Binnenmarktes und würde den nationalen Prüfungsteilnehmer in Bezug auf sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung faktisch schlechter stellen. 9Entgegen der Auffassung des Beklagten würden die schriftlichen Prüfungsarbeiten der zweiten juristischen Staatsprüfung auch nach der derzeitigen Praxis des nordrhein-westfälischen Landesjustizprüfungsamtes in einem „Dateisystem“ gespeichert i.S.v. Art. 4 Nr. 6 DS-GVO. Gemäß Art. 2 Abs. 1 DS-GVO sei neben der automatisierten Verarbeitung gleichermaßen auch die manuelle Verarbeitung von personenbezogenen Daten vom Anwendungsbereich der DS-GVO umfasst, sofern diese in einem Dateisystem gespeichert seien oder gespeichert werden sollen. Nach Art. 4 Nr. 6 DS-GVO sei der Begriff des Dateisystems als jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten definiert, die nach bestimmten Kriterien zugänglich seien. Die streitgegenständlichen Prüfungsarbeiten des Klägers seien nach mindestens zwei Kriterien, nämlich dem persönlichen Teil seiner Kennziffer („XXXX“) als Pseudonym und dem Jahr, in dem die Arbeiten angefertigt worden seien („XX“), in der Sammlung aller angefertigten Prüfungsarbeiten bei dem Beklagten zugänglich. Für die Bestimmung der Anwendbarkeit des Datenschutzrechts könne es im Übrigen nicht maßgeblich sein, mit wie vielen verschiedenen Kriterien z.B. ein Aktenordner beschriftet werde, da ansonsten die Anwendbarkeit des Datenschutzrechts vollkommen der Disposition des Verantwortlichen überlassen werden würde. Gerade die Benutzung eines Pseudonyms, wie vorliegend der Kennziffer XXXX/XX, ermögliche einen leichten Zugriff auf gesammelte personenbezogene Daten eines Betroffenen, da es dem Verantwortlichen möglich sei, über die Zuordnungsliste zu dem Pseudonym eine Vielzahl von weiteren Kriterien heranzuziehen. Auch der Europäische Gerichtshof lege in seiner neuesten Rechtsprechung zur Reichweite des sachlichen Anwendungsbereichs des Datenschutzrechts – die noch nach der Datenschutzrichtlinie (DSRL) zu bewerten war –, ein extensives Verständnis der „Datei“ zugrunde (vgl. Urteil vom 10. Juli 2018, Rs. C-25/17 – Zeugen Jehovas). Der Begriff der „Datei“ nach Art. 2 lit. c) Richtlinie 95/46/EG sei im Wesentlichen inhaltsgleich mit dem Begriff des „Dateisystems“ in Art. 4 Nr. 6 DS-GVO. 10Die Prüfungsarbeiten des Klägers stellten auch personenbezogene Daten i.S.v. Art. 4 Nr. 1 DS-GVO dar. In seinem Urteil vom 20. Dezember 2017, Rs. C-434/16 – Nowak, habe der EuGH bereits ausgeführt, dass es sich sowohl bei den schriftlichen Antworten eines Prüflings in einer berufsbezogenen Prüfung als auch bei den Korrekturanmerkungen um personenbezogene Daten des betreffenden Prüflings handele. Gründe für eine anderweitige Beurteilung des Personenbezugs der Prüfungsarbeiten des Klägers seien nicht von dem Beklagten vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich. 11Auch ansonsten seien die Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs aus Art. 15 Abs. 3 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 DS-GVO vorliegend erfüllt. Gemäß Art. 12 Abs. 5 DS-GVO habe die erstmalige Zurverfügungstellung der Informationen nach Art. 15 Abs. 3 DS-GVO unentgeltlich zu erfolgen. Nur für weitere Kopien könnten nach Art. 15 Abs. 3 Satz 2 DS-GVO angemessene Entgelte durch den Verantwortlichen verlangt werden. Gemäß Art. 15 Abs. 3 Satz 3 DS-GVO könnten die personenbezogenen Daten auch in einem gängigen elektronischen Format durch den Verantwortlichen bereitgestellt werden; der Kläger habe dies mit Schreiben vom 11. Oktober 2018 ausdrücklich zugelassen. Entgegenstehende Rechte Dritter nach Art. 15 Abs. 4 DS-GVO lägen nicht vor. Auch bestehe kein Fall der Beschränkung des Auskunftsrechts des Klägers durch nationale Regelungen nach Maßgabe der Öffnungsklausel des Art. 23 DS-GVO. Es liege insbesondere kein Fall des § 12 Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen (DSG NRW) vor, der eine Beschränkung des Auskunftsrechts des Klägers rechtfertigen würde. 12Soweit der Beklagte die Auffassung vertrete, § 23 Abs. 2 i.V.m. § 56 Abs. 1 JAG NRW sei eine den kostenlosen Auskunftsanspruch des Klägers aus Art. 15 DS-GVO beschränkende nationale Norm i.S.v. Art. 23 Abs. 1 lit. e) DS-GVO, sei dem zu widersprechen. Denn diese Norm genüge nicht den Anforderungen der fakultativen Öffnungsklausel des Art. 23 Abs. 1 lit. e), Abs. 2 DS-GVO. § 23 Abs. 1 Satz 1 JAG NRW könne allenfalls als zusätzlich neben den allgemeinen Auskunftsanspruch aus Art. 15 DS-GVO tretende spezifischere nationale Norm angesehen werden. Die Vorschrift des Art. 23 Abs. 1 lit. e) DS-GVO sei schon nach der allgemeinen Auslegungsregel singularia non sunt extenda als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Auch aus der Kodifikationsform der DS-GVO als Verordnung nach Art. 288 Abs. 2 AEUV werde deren vollharmonisierender Ansatz deutlich. Der Europäische Gerichtshof bejahe die restriktive Auslegung von Ausnahmevorschriften in stetiger Rechtsprechung. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern die streitgegenständliche Ausübung des Auskunftsrechts gegenüber dem Beklagten ein „sonstiges wichtiges Ziel“ des allgemeinen öffentlichen Interesses der Union oder eines Mitgliedstaates gefährden würde. Die Beschränkung des Auskunftsanspruchs des Klägers und aller weiteren Prüfungsteilnehmer an der zweiten juristischen Staatsprüfung stelle auch keine in einer demokratischen Gesellschaft notwendige und verhältnismäßige Maßnahme i.S.v. Art. 23 Abs. 1 DS-GVO dar. „Notwendigkeit“ sei als eine verschärfte Form des Erforderlichkeitsgrundsatzes zu sehen, die streng im Sinne eines „zwingenden gesellschaftlichen Bedürfnisses“ (pressing social need) auszulegen sei. Neben der Wesensgehaltsgarantie und dem Notwendigkeitskriterium sei auch die Verhältnismäßigkeit der beschränkenden Norm zu prüfen. § 23 Abs. 2 JAG NRW sei bereits nicht verhältnismäßig i.S.d. Art. 23 DS-GVO, da eine hierauf gestützte Rechtsvorschrift die Ziele benennen müsse, deren Sicherung sie dienen soll. Solche Ziele benenne § 23 Abs. 2 JAG NRW nicht. Darüber hinaus habe der Beklagte weder die Kosten substantiiert aufgezeigt, die auf ihn zukommen würden im Falle einer umfassenden Ausübung des Auskunftsrechts durch die Prüfungsteilnehmer der zweiten juristischen Staatsprüfung, noch habe er hinreichend konkretisiert, inwiefern die „Funktionsfähigkeit“ des Landesjustizprüfungsamtes gefährdet würde, sofern kein Entgelt hierfür verlangt werden könnte. Soweit der Beklagte ausführe, dass es elementar für Prüfungseinrichtungen sei, dass Einsichtnahmen „strukturiert“ erfolgten, sei es bemerkenswert, dass es anscheinend kein organisatorisches Problem für die „Funktionsfähigkeit“ des Landesjustizprüfungsamtes darstellen würde, wenn alle Prüfungsteilnehmer einen entgeltlichen Antrag auf Erstellung und Übersendung schriftlicher Kopien nach bisheriger Praxis stellen würden. Der Beklagte gehe davon aus, dass wenn ein Anspruch aus Art. 15 Abs. 3 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 DS-GVO bejaht werden würde, davon auszugehen wäre, dass „nahezu alle Kandidaten“ diesen kostenlos in Anspruch nehmen würden. Die bloße rechtmäßige Inanspruchnahme eines Betroffenenrechts nach Wegfallen eines bislang wohl prohibitiv wirkenden Entgelts stelle im datenschutzrechtlichen Sinne aber kein „Risiko“ dar, das sich bei einer Abwägung zugunsten eines Verantwortlichen auswirken würde, da jedes bestehende Betroffenenrecht nach der DS-GVO auch effektiv ausgeübt werden können müsse. Den dadurch entstehenden Aufwand hätten die Verantwortlichen, sowohl öffentliche als auch private Stellen, finanziell und organisatorisch zu tragen, ohne ein gesondertes Entgelt hierfür zu verlangen. Die Anfertigung der Kopien nach Art. 15 Abs. 3 DS-GVO widerspreche auch nicht dem Grundsatz der Datenminimierung nach Art. 5 Abs. 1 lit. c) DS-GVO, da Schutzgegenstand des Datenschutzrechts die informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen sei. Datenverarbeitungen im Zuge der Erfüllung eines Auskunftsanspruchs, die aufgrund und im Rahmen des ausdrücklichen Willens des Betroffenen hin erfolgten, würden gerade nicht gegen den Datenminimierungsgrundsatz verstoßen, sondern bildeten die notwendige Grundlage für die etwaige Geltendmachung weiterer Betroffenenrechte. 13Es sei im Übrigen auch keineswegs der Fall, dass der europäische Verordnungsgeber „den status quo der bestehenden nationalen Rechtsvorschriften“ über die Öffnungsklauseln der DS-GVO habe beibehalten wollen. Vor allem im Bereich der Betroffenenrechte sollte durch die DS-GVO das datenschutzrechtliche Schutzniveau in allen Mitgliedstaaten angehoben werden. Hierdurch ergebe sich mitunter in den Mitgliedstaaten ein Anpassungsbedarf bezüglich der bestehenden nationalen Normen. Nationale Regelungen, die mit der DS-GVO kollidierten, würden seit Inkrafttreten der DS-GVO mangels eines Geltungsvorrangs zwar nicht nichtig. Die DS-GVO beanspruche im Konfliktfall allerdings einen umfassenden Anwendungsvorrang. In Art. 23 Abs. 2 DS-GVO sei zudem die Wendung „gegebenenfalls“ nicht als Relativierung des Mindestschutzstandards zu verstehen, sondern solle verdeutlichen, dass nicht alle Vorgaben für jede Sachmaterie geeignet seien. Irrelevante Angaben im Hinblick auf die konkrete Regelungssituation könnten ausgenommen werden. Die Anforderungen des Art. 23 Abs. 2 DS-GVO seien ansonsten aber kumulativ zu erfüllen, soweit sie – wie in der vorliegenden Konstellation – sinnvollerweise auch erfüllt werden könnten. 14Schließlich weist der Kläger darauf hin, dass ihm weder vor noch nach Ablegung der zweiten juristischen Staatsprüfung seitens des Landesjustizprüfungsamtes Nordrhein-Westfalen aktiv Informationen nach Maßgabe des Art. 13 DS-GVO mitgeteilt worden seien. Auf der Internetseite des Landesjustizprüfungsamtes werde lediglich auf die allgemeine Datenschutzerklärung des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen verwiesen. In dieser Datenschutzerklärung werde unter „Rechte der betroffenen Person“ auf das Auskunftsrecht nach Art. 15 DS-GVO hingewiesen und darüber informiert, dass beim Auskunftsrecht und beim Löschungsrecht die Einschränkungen nach §§ 34 und 35 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) gelten würden. Auf weitere Beschränkungen des Auskunftsrechts werde nicht hingewiesen. 15Der Kläger beantragt – schriftsätzlich –, 161. Der Bescheid des Beklagten vom 6. November 2018, Az. LJPA-572/18, wird aufgehoben. 172. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger unentgeltlich eine Kopie der von dem Kläger unter der Kennziffer XXXX/XX im Rahmen des zweiten juristischen Staatsexamens in Nordrhein-Westfalen angefertigten Aufsichtsarbeiten mitsamt Prüfergutachten in Papierform oder in einem gängigen elektronischen Format zur Verfügung zu stellen. 18Der Beklagte beantragt – schriftsätzlich –, 19die Klage abzuweisen. 20Der Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe keinen Anspruch auf unentgeltliche Zurverfügungstellung von Kopien der von ihm angefertigten Aufsichtsarbeiten nebst Prüfergutachten in Papierform oder in einem gängigen elektronischen Format. Ein solcher Anspruch ergebe sich nicht aus Art. 15 Abs. 3 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 Satz 1 DS-GVO. 21Die sachliche Anwendbarkeit der Datenschutz-Grundverordnung werde hinsichtlich der angefertigten Aufsichtsarbeiten bereits durch die in Art. 2 Abs. 2 lit. a) DS-GVO enthaltene Bereichsausnahme ausgeschlossen. Danach finde die Datenschutz-Grundverordnung keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen einer Tätigkeit, die nicht „in den Anwendungsbereich des Unionsrechts“ falle. Dies gehe zurück auf die Ermächtigungsgrundlage in Art. 16 Abs. 2 UAbs. 1 Satz 1 AEUV zum Erlass der Datenschutz-Grundverordnung („Vorschriften über den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten … durch die Mitgliedstaaten im Rahmen der Ausübung von Tätigkeiten, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen“). Neben den in Erwägungsgrund 16 zur Datenschutz-Grundverordnung genannten, die nationale Sicherheit betreffenden Tätigkeiten (wie etwa die Datenverarbeitung durch Verfassungsschutzbehörden, vgl. LT-Drs. NRW 17/1981, S. 135), gebe es durchaus weitere Verwaltungstätigkeiten, die nicht in den Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung fallen würden. Nicht erfasst würden namentlich solche Bereiche, die nach den üblichen Abgrenzungskriterien, dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung, der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität den Nationalstaaten zustünden. Auch und gerade das nordrhein-westfälische juristische Prüfungswesen falle insofern nicht „in den Anwendungsbereich des Unionsrechts“. Eine Anwendbarkeit des Unionsrechts könne auch nicht etwa daraus abgeleitet werden, dass bei der Durchführung der Prüfung die durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantierten Grundrechte zu beachten wären. Denn auch die Charta gelte gemäß Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRCh nur unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Art. 51 Abs. 2 Satz 1 GRCh stelle klar, dass die Charta den Geltungsbereich des Unionsrechts nicht über die Zuständigkeiten der Union hinaus ausdehne und weder neue Zuständigkeiten noch neue Aufgaben für die Union begründe noch die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten und Aufgaben ändere. Soweit der Kläger meine, einen Unionsrechtsbezug mit der Begründung herleiten zu können, der Beklagte sei neben der Durchführung der zweiten juristischen Staatsprüfung auch für die Feststellung einer gleichwertigen Berufsqualifikation und die Durchführung der Eignungsprüfung gemäß §§ 16 ff. EuRAG zuständig, so könne dem nicht gefolgt werden. Bei der Durchführung der zweiten juristischen Staatsprüfung und der Durchführung der Eignungsprüfung nach dem EuRAG handele es sich um eigenständige und rechtlich voneinander getrennte Prüfungsverfahren. Die rechtliche Trennung der Verfahren werde insbesondere dadurch verdeutlicht, dass die Durchführung der zweiten juristischen Staatsprüfung nach dem JAG NRW in die Zuständigkeit des Landesjustizprüfungsamtes Nordrhein-Westfalen falle. Hingegen fielen die Feststellung einer gleichwertigen Berufsqualifikation und die Durchführung der Eignungsprüfung nach dem EuRAG in die Zuständigkeit des Gemeinsamen Prüfungsamtes der Länder Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringen (vgl. § 18 Abs. 2 Satz 1 EuRAG i.V.m. §§ 1 ff. des Abkommens über die Bildung eines gemeinsamen Prüfungsamtes zur Abnahme der Eignungsprüfung für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft vom 24. Mai 2003, GV NRW 2003, S. 370) . Darüber hinaus sei dem EuRAG – anders als dem JAG NRW – ein Unionsrechtsbezug immanent, weil es unmittelbar die Anforderungen an die Berufsausübung und die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft in Deutschland für in anderen EU-Mitgliedstaaten zugelassene Rechtsanwälte regele, die unionsrechtlich gewährleisteten Grundfreiheiten konkretisiere und regelmäßig einen grenzüberschreitenden Sachverhalt betreffe. Ein derartiger Unionsrechtsbezug fehle hingegen bei der Durchführung der zweiten juristischen Staatsprüfung auf Grundlage des JAG NRW, wenn – wie hier – der Prüfungsteilnehmer ein deutscher Staatsangehöriger sei, der gegenüber dem Landesjustizprüfungsamt Nordrhein-Westfalen als nationaler Behörde die unentgeltliche Zurverfügungstellung von Kopien der von ihm angefertigten Aufsichtsarbeiten nebst Prüfergutachten in Papierform oder in einem gängigen elektronischen Format begehre. Der alleinige Umstand, dass nach § 18 Abs. 3 EuRAG ergänzend für die Eignungsprüfung die Vorschriften für die zweite juristische Staatsprüfung desjenigen Landes entsprechend gelten, in dem das Prüfungsamt eingerichtet sei, ändere nichts daran, dass es sich um rechtlich und tatsachlich voreinander getrennte Prüfungsverfahren handele. 22Ungeachtet des vorbeschriebenen Eingreifens der Bereichsausnahme sei der sachliche Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung auch nicht nach Art. 2 Abs. 1 DS-GVO eröffnet. Bei der rein manuellen, analogen Ordnung und Aufbewahrung der schriftlichen Aufsichtsarbeiten, die lediglich über die Kennziffer des Prüflings auffindbar seien, könnte es sich allenfalls um eine nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten handeln, die in einem „Dateisystem“ gespeichert seien. Dies sei jedoch nicht der Fall. Denn sowohl nach Art. 4 Nr. 6 DS-GVO als auch nach dem Erwägungsgrund 15 Satz 3 zur Datenschutz-Grundverordnung sei für das Vorliegen eines Dateisystems eine Zuordnung nach mehreren bestimmten „Kriterien“ erforderlich. Die beim Landesjustizprüfungsamt Nordrhein-Westfalen praktizierte alleinige Vergabe einer Kennziffer als einziges Kriterium, um die analog abgelegten Aufsichtsarbeiten dem jeweiligen Prüfling zuordnen zu können, reiche insofern zur Begründung eines Dateisystems nicht aus. Hierfür bedürfe es vielmehr einer größeren Anzahl an Zuordnungskriterien. Darüber hinaus ergebe sich auch aus dem Gesamtzusammenhang der Datenschutz-Grundverordnung, namentlich dem Zweck des Schutzes der Betroffenen von Datenverarbeitungen, dass für die Ordnung und Strukturierung nicht automatisiert verarbeiteter Daten gewisse materielle Aspekte zu fordern seien, die durch die Ordnung und Aufbewahrung von Aufsichtsarbeiten, die dem Prüfling lediglich über eine Kennziffer zugeordnet werden können, allein noch nicht erreicht werden. Denn bei einer zu weiten Auslegung von Erwägungsgrund 15 Satz 3 zur Datenschutz-Grundverordnung sowie von Art. 4 Nr. 6 DS-GVO würden nahezu alle bloß aufbewahrten Dokumente von der Datenschutz-Grundverordnung erfasst, da sich jedenfalls ein singuläres, wie auch immer geartetes Ordnungskriterium für Aktensammlungen stets finden lasse. Das aber würde den ausdrücklich von Art. 2 Abs. 1 DS-GVO intendierten eingeschränkten Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung konterkarieren. 23Die Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung und damit der Anspruch aus Art. 15 Abs. 3 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 Satz 1 DS-GVO würden für den streitgegenständlichen Sachverhalt auch nicht über die landesrechtliche Anwendbarkeitserklärung des § 5 Abs. 8 Satz 1 DSG NRW gelten. Danach seien auf Verarbeitungen, die nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, die Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung und die Vorschriften des Teils 2 des DSG NRW entsprechend anzuwenden, soweit nicht der Teil 1 des DSG NRW oder andere spezielle Rechtsvorschriften abweichende Regelungen enthalten. Bezogen auf das vom Kläger geltend gemachte Begehren, Einsicht in die von ihm angefertigten Aufsichtsarbeiten zu erhalten, enthalte § 23 Abs. 2 i.V.m. § 56 Abs. 1 JAG NRW als spezielle Rechtsvorschrift i.S.v. § 5 Abs. 8 Satz 1 DSG NRW eine abweichende Regelung, aufgrund derer die entsprechende Anwendbarkeit der Datenschutz-Grundverordnung über die landesrechtliche Anwendbarkeitserklärung des § 5 Abs. 8 Satz 1 DSG NRW gleichfalls ausgeschlossen sei. Denn nach § 23 Abs. 2 i.V.m. § 56 Abs. 1 JAG NRW sei dem jeweiligen Prüfling auf Antrag die Einsicht in seine Prüfungsarbeiten einschließlich der Gutachten der Prüferinnen oder Prüfer lediglich in den Räumen des Landesjustizprüfungsamtes zu gestatten, nicht hingegen durch unentgeltliche Zurverfügungstellung von Kopien der von ihm angefertigten Aufsichtsarbeiten nebst Prüfergutachten in Papierform oder in einem gängigen elektronischen Format. § 23 Abs. 2 i.V.m. § 56 Abs. 1 JAG NRW begründe mithin einen gegenüber § 5 Abs. 8 Satz 1 DSG NRW i.V.m. Art. 15 Abs. 3, Art. 12 Abs. 5 Satz 1 DS-GVO spezielleren Anspruch auf Einsichtnahme in die Prüfungsarbeiten. Im Rahmen des spezialgesetzlich gemäß § 23 Abs. 2 i.V.m. § 56 Abs. 1 JAG NRW verbürgten Rechts auf Einsichtnahme in die angefertigten Aufsichtsarbeiten sei die Fertigung von Kopien derselben durch das Landesjustizprüfungsamt Nordrhein-Westfalen lediglich gegen Erstattung der hierfür anfallenden Auslagen gemäß § 124 des Gesetzes über die Justiz im Land Nordrhein-Westfalen (Justizgesetz Nordrhein-Westfalen – JustG NRW) i.V.m. § 4 Abs. 1 des Justizverwaltungskostengesetzes (JVKostG) i.V.m Ziffer 2000 der Anlage zu § 4 Abs. 1 JVKostG vorgesehen. Hiernach würden sich die üblichen Kosten auf jeweils 0,50 Euro für die ersten 50 kopierten Seiten und jeweils 0,15 Euro für alle weiteren Seiten belaufen. 24Halte man die Datenschutz-Grundverordnung – entgegen der vorstehenden Ausführungen – dennoch unmittelbar oder entsprechend für sachlich anwendbar, habe der Kläger gleichwohl keinen Anspruch auf unentgeltliche Zurverfügungstellung von Kopien der von ihm angefertigten Aufsichtsarbeiten nebst Prüfergutachten in Papierform oder in einem gängigen elektronischen Format. Denn der geltend gemachte Anspruch aus Art. 15 Abs. 3 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 Satz 1 DS-GVO werde jedenfalls in zulässiger Weise gemäß Art. 23 Abs. 1 lit. e) DS-GVO durch die spezialgesetzliche Regelung des § 23 Abs. 2 i.V.m. § 56 Abs. 1 JAG NRW, § 124 JustG NRW i.V.m. § 4 Abs. 1 JVKostG i.V.m Ziffer 2000 der Anlage zu § 4 Abs. 1 JVKostG beschränkt. Die konkret benannten Interessen hätten lediglich den Charakter von Regelbeispielen, so dass auch weitere – in Art. 23 Abs. 1 lit. e) DS-GVO nicht ausdrücklich aufgeführte – Interessen eine Beschränkung rechtfertigen könnten. Auch der Europäische Gerichtshof habe in der Rechtssache Peter Nowak bereits ausdrücklich klargestellt, dass datenschutzrechtliche Auskunftsrechte eines Prüflings hinsichtlich von ihm angefertigter Prüfungsarbeiten auf der Grundlage von Art. 23 Abs. 1 lit. e) DS-GVO durch Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zum Zwecke des Schutzes „sonstiger wichtiger Ziele“ des allgemeinen öffentlichen Interesses der Union oder eines Mitgliedstaates eingeschränkt werden könnten. § 23 Abs. 2 i.V.m. § 56 Abs. 1 JAG NRW sei eine formell-gesetzliche, mitgliedstaatliche Rechtsvorschrift im vorgenannten Sinne, die wichtige Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses, nämlich zum einen die Funktionsfähigkeit sowie den strukturierten Ablauf des Prüfungsverfahrens und zum anderen das finanzielle Interesse des Landes Nordrhein-Westfalen wahre. Das Land Nordrhein-Westfalen sei zwar nicht Mitgliedstaat im Sinne des Art. 23 DS-GVO. Es sei aber als Teil eines Mitgliedstaates von der Regelung mit umfasst. Für Prüfungseinrichtungen sei es elementar, dass die Einsicht in die Prüfungsunterlagen strukturiert erfolge. In Anbetracht der hohen Anzahl an Prüfungen sei es auch erforderlich, dass das Einsichtsrecht zeitlich beschränkt werde. Der Antrag auf Einsichtnahme sei binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Prüfungsentscheidung bei dem Landesjustizprüfungsamt zu stellen. Die Fristenregelung in § 23 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 56 Abs. 1 JAG NRW sei erforderlich, um einen funktionierenden Geschäftsablauf zu garantieren, und auch vor dem Hintergrund der Rechtsschutzmöglichkeiten (vgl. § 42 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO) zu sehen. Allen Kandidaten kostenlos Kopien ihrer Aufsichtsarbeiten nebst Prüfergutachten zur Verfügung stellen zu müssen, sei auch mit den personellen Möglichkeiten des Landesjustizprüfungsamtes nicht zu bewerkstelligen. Auch sei zu bedenken, dass die mit den unterschiedlichsten Schreibgeräten, häufig auch mit Füllfederhalter, angefertigten Klausuren nicht zuverlässig rein maschinell kopiert oder gescannt werden könnten. Nach den Erfahrungen des Landesjustizprüfungsamtes seien Kopien von Klausuren oft ohne manuelle Korrektur der Kopier- bzw. Scaneinstellungen kaum lesbar. Zudem müssten die Klausuren, die, um den Verlust von einzelnen Blättern zu vermeiden, geklammert seien, entklammert und später wieder geklammert werden. Es wäre daher bei Bejahung eines solchen Anspruches damit zu rechnen, dass jedes Jahr die ca. 18.000 Klausuren (also etwa 552.000 Seiten bei ca. 2.300 Kandidaten und einem durchschnittlichen Umfang der Bearbeitungen von 30 Seiten) zunächst elektronisch erfasst (eingescannt), gespeichert, ausgedruckt und versandt werden müssten. Damit würde nicht nur die Funktionsfähigkeit des Landesjustizprüfungsamtes gefährdet, sondern dies würde zugleich auch den Zweck der Datenschutz-Grundverordnung ad absurdum führen. Anstatt Daten zu minimieren, würde aus einer derzeit nicht-automatischen „analogen“ Speicherung in einer Papierakte durch das Scannen der Aufsichtsarbeiten eine digital gespeicherte personenbezogene Datenmasse hergestellt werden. Die Beschränkung des Informationsrechts der Prüflinge auf die Einsichtnahme in den Räumlichkeiten des Landesjustizprüfungsamtes sei bei alledem auch verhältnismäßig. Insbesondere würden hierdurch die Rechtsschutzmöglichkeiten der Kandidaten nicht beschnitten. Es stehe den Prüflingen frei, Fotos ihrer Aufsichtsarbeiten nebst Prüfergutachten anzufertigen, was angesichts der heutzutage jedem Kandidaten zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten (insbesondere Smartphones) keinen erheblichen Aufwand bedeute. Darüber hinaus könnten die Prüflinge sich im Rahmen des Rechts auf Einsichtnahme im Einzelfall auch Kopien durch die Mitarbeiter des Landesjustizprüfungsamtes gegen Auslagenerstattung anfertigen lassen. 25Entgegen der Auffassung des Klägers seien auch die formellen Anforderungen des Art. 23 Abs. 2 DS-GVO erfüllt. Die Vorschrift des § 23 Abs. 2 i.V.m. § 56 Abs. 1 JAG NRW sei in ihrer jetzigen Fassung im Jahr 2003 in das JAG NRW eingefügt worden, mithin zu einem Zeitpunkt lange vor Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass Art. 23 Abs. 2 DS-GVO keine Aussage dazu treffe, wie detailliert die einschränkende Gesetzgebungsmaßnahme i.S.d. Art. 23 Abs. 1 DS-GVO zu sein habe. Der Verordnungsgeber der Datenschutz-Grundverordnung habe insbesondere nicht in den status quo der bestehenden nationalen Rechtsvorschriften eingreifen wollen. Vor diesem Hintergrund sei es nicht zwingend, dass bei jeder beschränkenden nationalen Gesetzgebungsmaßnahme die formellen Vorgaben des Art. 23 Abs. 2 DS-GVO in Gänze kumulativ beachtet werden müssten, was aus dem im Eingangssatz des Art. 23 Abs. 2 DS-GVO enthaltenen Wort „gegebenenfalls“ abgeleitet werden könne. Dies müsse insbesondere bei beschränkenden Vorschriften wie § 23 Abs. 2 i.V.m. § 56 Abs. 1 JAG NRW gelten, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Datenschutz-Grundverordnung bereits existent gewesen seien. Dies zugrunde gelegt, erfülle die beschränkende Vorschrift des § 23 Abs. 2 i.V.m. § 56 Abs. 1 JAG NRW die in Art. 23 Abs. 2 DS-GVO aufgestellten formellen Anforderungen an einschränkende Gesetzgebungsmaßnahmen. § 23 Abs. 2 i.V.m. § 56 Abs. 1 JAG NRW regele die Einsichtsmöglichkeit des Prüflings in seine Prüfungsarbeiten. Die Norm lasse erkennen, dass die Daten zum Zwecke der Durchführung des Prüfungsverfahrens verarbeitet würden. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die Einsicht auch die Gutachten der Prüfer umfasse. Ohne diese Begutachtung könne der Zweck der Verarbeitung, die Durchführung des Prüfungsverfahrens mit der Leistungsbeurteilung als elementarem Bestandteil, nicht erfolgen. Mit den Prüfungsarbeiten einschließlich der Gutachten der Prüfer würden auch die Kategorien der personenbezogenen Daten grundsätzlich in der Norm bezeichnet. Der Umfang der vorgenommenen Beschränkung werde dadurch deutlich, dass die Norm genau bezeichne, welche Daten eingesehen werden könnten, wo die Einsicht zu erfolgen habe und welche zeitliche Beschränkung für die Stellung des Antrags auf Einsichtnahme gelte. 26Soweit der Kläger im Übrigen eine unzureichende Information nach Art. 13 DS-GVO rüge, sei dies für das vorliegende Verfahren, namentlich für das Bestehen eines Anspruchs aus Art. 15 Abs. 3 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 Satz 1 DS-GVO, rechtlich unerheblich. Ungeachtet dessen habe der Kläger die Aufsichtsarbeiten der zweiten juristischen Staatsprüfung als Rechtsreferendar im Vorbereitungsdienst angefertigt. Gegenüber Landesbediensteten bedürfe es keiner gesonderten Information nach Art. 13 und 14 DS-GVO, weil die Mitgliedstaaten gemäß Art. 88 DS-GVO durch Rechtsvorschriften spezifischere Vorschriften zur Gewährleistung des Schutzes der Rechte und Freiheiten hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Beschäftigtendaten im Beschäftigungskontext vorsehen könnten. Das Land Nordrhein-Westfalen als Teil eines Mitgliedstaates habe mit Erlass der Vorschriften in § 30 Abs. 1 Satz 1 JAG NRW, §§ 7 Abs. 1, 86 ff. Landesbeamtengesetz (LBG NRW) von der in Art. 88 DS-GVO eröffneten Möglichkeit, speziellere datenschutzrechtliche Vorschriften hinsichtlich der Verarbeitung von Beschäftigtendaten zu erlassen, Gebrauch gemacht. Hiernach sei Rechtsreferendaren u.a. die Möglichkeit der Einsichtnahme in ihre (Personal-) Akten eröffnet. Damit sei der Datenschutz hinreichend gewährleistet. Einer darüber hinausgehenden aktiven Information der Landesbediensteten nach den allgemeinen Vorschriften der Art. 13 und 14 DS-GVO bedürfe es nicht. 27Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 17. April 2020 und vom 20. April 2020 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. 28Entscheidungsgründe: 29I. Die Kammer konnte gemäß § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden. 30II. Die Klage hat Erfolg. 311. Die Klage ist zulässig. Sie ist als Anfechtungsklage in Kombination mit einer allgemeinen Leistungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 VwGO statthaft. Nach § 113 Abs. 4 VwGO ist dann, wenn neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden kann, im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig. 32Vgl. zur Statthaftigkeit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage im Datenschutzrecht etwa VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. März 2020 – 1 S 397/19 –, juris Rn. 26. 33a) Mit dem Antrag zu 1. begehrt der Kläger im Sinne von § 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO die Aufhebung eines Verwaltungsakts. 34Das Landesjustizprüfungsamt hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 6. November 2018 den Antrag des Klägers auf Übersendung kostenfreier Kopien förmlich abgelehnt. Dieses Schreiben ist nach den bei öffentlich-rechtlichen Erklärungen entsprechend anwendbaren Auslegungsregeln der §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), 35vgl. hierzu VG Berlin, Urteil vom 31. Mai 2018 – 2 K 177.17 –, juris Rn. 16 (zur Rechtsnatur eines Ablehnungsschreibens bezüglich der Einsichtnahme in Prüfberichte), sowie VG Köln, Urteil vom 22. Juni 2017 – 13 K 6770/15 –, juris Rn. 38 (zur Versagung des Anspruchs auf Einsichtnahme in Sachakten) jeweils mit weiteren Nachweisen, 36als Verwaltungsakt im Sinne von § 35 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) zu qualifizieren. Der Kläger hat und musste das an ihn gerichtete Schreiben als hoheitliche Maßnahme einer Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts mit unmittelbarer Außenwirkung verstehen. Das mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene, an ihn adressierte, auf einen konkreten Sachverhalt Bezug nehmende Schreiben erweckt auch mit seiner äußeren Form und Abfassung den Eindruck, das Landesjustizprüfungsamt beabsichtige, dem Kläger gegenüber durch einen der Bestandskraft fähigen Bescheid verbindlich zu regeln, dass er auf die von ihm begehrte unentgeltliche Leistung keinen Rechtsanspruch habe. 37Der Kläger ist als Adressat dieses Verwaltungsakts auch klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO. Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 110 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Justiz im Land Nordrhein-Westfalen (Justizgesetz Nordrhein-Westfalen – JustG NRW) bedurfte es vor Erhebung der Klage keiner Nachprüfung in einem Vorverfahren. Auch wurde die Klage am 17. Dezember 2018 gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts und damit fristgerecht erhoben. Der Bescheid wurde dem Kläger ausweislich der in dem Verwaltungsvorgang befindlichen Zustellungsurkunde am 15. November 2018 zugestellt. Da das Fristende am 15. Dezember 2018 auf einen Samstag fiel, endete die Monatsfrist erst mit Ablauf des 17. Dezember 2018 gemäß § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 und 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) und nach §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, 193 BGB. Hinsichtlich der beantragten Aufhebung des Bescheides ist der Kläger auch rechtschutzbedürftig, da bei Eintritt der Bestandkraft des Bescheides diese seinem – mit dem Antrag zu 2. verfolgten – (Leistungs-) Begehren entgegengehalten werden könnte. 38b) Mit dem Antrag zu 2. begehrt der Kläger eine Verurteilung des Beklagten auf Vornahme eines Realakts, so dass dieses Begehren mit der allgemeinen Leistungsklage zu verfolgen ist. 39Zwar wird in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung die Frage unterschiedlich beantwortet, ob es sich bei einer datenschutzrechtlichen (Eigen-) Auskunft über personenbezogene Daten um einen Verwaltungsakt handelt, dessen Erlass mit einer Verpflichtungsklage zu verfolgen ist, 40vgl. in diesem Sinne etwa VG Dresden, Urteil vom 26. Juli 2017 – 6 K 1372/15 –, juris Rn. 17, 41oder ob es sich mangels Regelungscharakters der bloßen Auskunft um einen Realakt handelt, der mit der allgemeinen Leistungsklage eingeklagt werden kann, 42vgl. in diesem Sinne etwa VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 2. April 2019 – 7 K 1062/16 –, juris Rn. 30; offen gelassen von OVG Lüneburg, Urteil vom 20. Juni 2019 – 11 LC 121/17 –, juris Rn. 36, jeweils mit weiteren Nachweisen. 43Nach Auffassung der Kammer kann diese Frage hier allerdings dahinstehen. Denn jedenfalls die hier begehrte unentgeltliche „Übersendung einer Kopie“ der in Rede stehenden Daten entweder in Papierform oder in einem gängigen elektronischen Format ist als schlichter Realakt zu bewerten. Die begehrte Anfertigung und Übersendung einer solchen Kopie ist ein schlicht hoheitliches Handeln, das keine rechtsverbindliche Regelung durch Verwaltungsakt nach § 35 Satz 1 VwVfG NRW beinhaltet. 44Vgl. ebenso VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 14. Juni 2007 – 4 K 54/07.NW –, juris Rn. 19 (Anspruch auf Kopie eines Dokuments aus dem Stadtarchiv). 45Auch der Umstand, dass der Anspruch aus Art. 15 Abs. 3 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 Satz 1 der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) bei Vorliegen der Voraussetzungen eine gebundene Entscheidung vorsieht, spricht dafür, dass auch die Entscheidung über die Herausgabe entsprechender Kopien – in Papierform oder in einem elektronischen Format – keinen eigenständigen Regelungsgehalt hat, sondern sich in tatsächlicher Hinsicht im Normvollzug erschöpft. 46Vgl. demgegenüber zur Verwaltungsaktsqualität von Auskünften nach pflichtgemäßem Ermessen grundlegend BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1969 – I C 65.67 –, juris Rn. 40; siehe hierzu auch VG Hamburg, Urteil vom 16. Februar 1999 – 10 VG 1745/98 –, juris Rn. 29. 47Soweit der Kläger die Kopien – in Papierform oder in einem elektronischen Format – als „unentgeltlich“ einfordert, ändert dies nichts an der vorstehenden rechtlichen Bewertung. Denn die Unentgeltlichkeit wird von der Anspruchsnorm vorgegeben und ist damit selbst Anspruchs- bzw. Leistungsinhalt. Vor allem verlangt der Kläger keine individuelle Gebühren- und Auslagenbefreiung aus persönlichen oder sachlichen Gründen, die in der Regel mittels Verpflichtungsklage geltend zu machen wäre. 48Vgl. SächsOVG, Urteil vom 20. Januar 2014 – 3 A 623/12 –, juris Rn. 41, und vom 2. Dezember 2016 – 7 C 17/16.F –, juris Rn. 20. 49Der Kläger ist auch hinsichtlich des Antrags zu 2. mit Blick auf den von ihm geltend gemachten Anspruch aus der Datenschutz-Grundverordnung klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO analog. 502. Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid des Landesjustizprüfungsamtes vom 6. November 2018 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dem Kläger steht ein Anspruch auf die begehrte Leistung zu, § 113 Abs. 4 VwGO. 51a) Die Kammer lässt es im Ergebnis offen, ob sich der Anspruch des Klägers mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 lit. a) DS-GVO vor dem Hintergrund der unmittelbaren Geltung der Datenschutz-Grundverordnung seit dem 25. Mai 2018 (Art. 288 Abs. 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV, Art. 99 Abs. 2 DS-GVO) bereits aus einer direkten Anwendung des Art. 15 Abs. 3 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 Satz 1 DS-GVO ergibt. 52Nach Auffassung der Kammer spricht allerdings Überwiegendes dafür, dass der sachliche Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung – entgegen der Auffassung des Beklagten – nicht gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. a) DS-GVO ausgeschlossen ist. Gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. a) DS-GVO findet diese Verordnung keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen einer Tätigkeit, die nicht in den „Anwendungsbereich des Unionsrechts“ fällt. Die Durchführung berufsbezogener Prüfungen, durch die die grundsätzliche Befähigung zur Berufsausübung in einem Mitgliedstaat der EU erworben wird, die ihn zu Berufsausübung – nötigenfalls nach entsprechender Berufsanerkennung – in anderen Mitgliedstaaten berechtigt, und die dabei anfallende Verarbeitung personenbezogener Daten dürften allein aufgrund der abstrakten Relevanz für die Grundfreiheiten und den Binnenmarkt eine in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallende Tätigkeit darstellen. 53Die Begrenzung in Art. 2 Abs. 2 lit. a) DS-GVO auf solche Tätigkeiten, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, beruht auf Art. 16 Abs. 2 AEUV, der seinerseits die Regelungsbefugnis der Union für das Datenschutzrecht hierauf begrenzt. Art. 2 Abs. 2 lit. a) DS-GVO soll folglich seinerseits lediglich (deklaratorisch) die Grenzen der Rechtsetzungskompetenzen der EU nachvollziehen. Ausgenommen vom Anwendungsbereich der Verordnung ist daher vor allem der Bereich der nationalen Sicherheit, wie auch Erwägungsgrund 16 hervorhebt. 54Vgl. Ennöckl, in: Sydow (Hrsg.), Europäische Datenschutzgrundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 2 Rn. 8; Kühling/Raab, in: Kühling/Buchner (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung / BDSG, 2. Aufl. 2018, Art. 2 DS-GVO Rn. 21; Ernst, in: Paal/Pauly (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung / Bundesdatenschutzgesetz, 2. Aufl. 2018, Art. 2 DS-GVO Rn. 11; Bäcker, in: Wolff/Brink (Hrsg.), BeckOK Datenschutzrecht, 31. Edition (Stand: 1. Mai 2019), Art. 2 DS-GVO Rn. 7; Zerdick, in: Ehmann/Selmayr (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 2 Rn. 8. 55Soweit der Beklagte in diesem Kontext sinngemäß ausführt, die EU habe für den hier maßgeblichen Bereich der Juristenausbildung einschließlich der Durchführung der Prüfungen und der Aufbewahrung der Prüfungsunterlagen keine Kompetenz, ist anzumerken, dass die EU im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung gemäß Art. 6 lit. e) AEUV zumindest eine Unterstützungs-, Koordinierungs- bzw. Ergänzungsfunktion hat und insofern auch eine EU-Politik im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung betreibt (vgl. vor allem Art. 165, 166 AEUV). Schon dies ist für die Öffnung des Anwendungsbereichs nach Art. 2 Abs. 2 lit. a) DS-GVO ausreichend. 56Vgl. so schon VG Berlin, Beschluss vom 28. Februar 2020 – 3 L 1028.19 –, juris Rn. 18 (zur Anwendbarkeit der Datenschutz-Grundverordnung auf die Führung einer Schülerakte). 57Hinzu kommt, dass die zweite juristische Staatsprüfung noch im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses abgelegt wird (vgl. § 30 Abs. 1 JAG NRW) und damit, zumindest soweit es um die Ausgestaltung dieses Ausbildungsverhältnisses geht, auch Kompetenzen der EU aus den Bereichen des Arbeitsrechts betroffen sein können. Auch Art. 88 DS-GVO lässt erkennen, dass die Datenschutz-Grundverordnung auf die Datenverarbeitung im Beschäftigungskontext grundsätzlich anwendbar ist. Die Examensprüfungen betreffen den Abschluss und die rechtliche Beendigung des Ausbildungsverhältnisses (§ 31 Abs. 1 JAG NRW). Das Recht auf Zugang zu den Ergebnissen der Abschlussprüfung ist insofern auch für das Beschäftigungsverhältnis von Relevanz. Im Bereich des Arbeitsrechts ergänzt die EU die Rechtssetzungsinitiativen der einzelnen EU-Länder durch Festlegung von Mindeststandards im Hinblick auf Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen sowie die Unterrichtung und Anhörung der Beschäftigten (vgl. vor allem Art. 153 AEUV). Nach Auffassung der Kammer rechtfertigt auch dieser abstrakte Bezug zu den Kompetenten der EU die Eröffnung des Anwendungsbereichs. 58Vgl. zur gebotenen abstrakten Betrachtungsweise im Bereich des Arbeitsrechts auch BayVGH, Beschluss vom 21. Mai 2019 – 17 P 18.2581 –, juris Rn. 50 (zur Einschlägigkeit der Datenschutz-Grundverordnung bei Datenübermittlungen an die Personalvertretung); zur Geltung der Datenschutz-Grundverordnung in einem Arbeitsverhältnis siehe auch LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Dezember 2018 – 17 Sa 11/18 –, juris Rn. 198, mit Hinweis auf Düwell/Brink, Die EU-Datenschutz-Grundverordnung und der Beschäftigtendatenschutz, NZA 2016, 665. 59Unabhängig davon folgt die Kammer der Argumentation des Klägers, dass vorliegend die Binnenmarktkompetenz (Art. 114 AEUV) bei der hier gebotenen abstrakten Betrachtung schon deshalb berührt sein dürfte, weil EU-Bürger aus anderen Mitgliedstaaten aufgrund der Freizügigkeit sowie der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit in Deutschland das Referendariat nach nationalem Recht absolvieren und die zweite juristische Staatsprüfung ablegen und sodann ihrerseits wiederum etwa die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als europäischer Rechtsanwalt in ihrem Heimatstaat auf der Grundlage der insoweit bestehenden Vorschriften über die Berufsanerkennung beantragen können. Auch dieser abstrakte Bezug ist ausreichend. Denn für die Auslegung des Art. 2 Abs. 2 lit. a) DS-GVO gilt, dass alle Tätigkeiten der Mitgliedstaaten im Anwendungsbereich des Unionsrechts erfasst werden, unabhängig davon, ob hierbei Unionsrecht oder Recht der Mitgliedstaaten – wozu auch das Landesrecht der Bundesländer zu zählen ist – durchgeführt wird. Art. 16 Abs. 2 AEUV enthält nämlich nicht die Einschränkung des Art. 51 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh), wonach die Charta für die Mitgliedstaaten nur „bei der Durchführung des Rechts der Union“ gilt. 60Vgl. Zerdick, in: Ehmann/Selmayr (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 2 Rn. 5; siehe auch zu Art. 16 AEUV: Brühann, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 16 AEUV Rn. 65. 61Bei der Auslegung des Art. 2 Abs. 2 lit. a) DS-GVO ist entsprechend der in Art. 1 DS-GVO formulierten weiten Zielsetzung der Datenschutz-Grundverordnung davon auszugehen, dass der Anwendungsbereich und damit auch Art. 2 Abs. 2 lit. a) DS-GVO weit zu fassen sind, so dass grundsätzlich jede Datenverarbeitung einbezogen wird, die bei abstrakter Betrachtung überhaupt einen Bezug zum Unionsrecht haben kann. 62Vgl. Bäcker, in: Wolff/Brink (Hrsg.), BeckOK Datenschutzrecht, 31. Edition (Stand: 1. Mai 2019), Art. 2 DS-GVO Rn. 7; Grzeszick, Nationale Parlamente und EU-Datenschutzgrundverordnung, NVwZ 2018, 1505 (1507); siehe auch zu Art. 16 AEUV: Brühann, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 16 AEUV Rn. 65 ff. 63Bereits zu Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr war anerkannt, dass der Anwendungsbereich der Richtlinie im Sinne einer solchen abstrakten Betrachtungsweise weit zu fassen ist. Nach dieser Vorschrift fand die Richtlinie keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten, die für die Ausübung von Tätigkeiten erfolgt, die nicht in den „Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts“ fallen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) war die Anwendung der auf die Binnenmarktkompetenz gestützten Richtlinie 95/46/EG vor dem Hintergrund ihrer Zielrichtung, die Bedingungen für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zu verbessern, generell nicht davon abhängig, ob eine Verarbeitung von Daten im Einzelfall ein grenzüberschreitendes Element enthält oder mit der Ausübung einer der Grundfreiheiten der Verträge verbunden ist. 64Vgl. EuGH, Urteile vom 20. Mai 2003, Rs. C-465/00, Rs. C-138/01 und Rs. C-139/01 – Österreichischer Rundfunk, Rn. 41 ff., und vom 6. November 2003, Rs. C-101/01 – Lindqvist, Rn . 40 ff.; siehe zur Rspr. des EuGH auch Brühann, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 16 AEUV Rn. 67. 65Ganz im Sinne dieser weiten Auslegung hat der EuGH auch und gerade in der Sache Peter Nowak gegen Data Protection Commissioner, d.h. mit Blick auf den Informationszugang zu einer korrigierten Arbeit einer berufsbezogenen Prüfung, den Anwendungsbereich der Richtlinie Art. 3 Abs. 2 RL 95/46/EG als eröffnet erachtet, ohne dies auch nur ansatzweise zu hinterfragen. 66Vgl. EuGH, Urteil vom 20. Dezember 2017, Rs. C-434/16 – Nowak, Rn. 33. 67Da die bisherige Auslegung von Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 95/46/EG und die hierzu ergangene Rechtsprechung des EuGH auf die Nachfolgeregelung in Art. 2 Abs. 2 lit. a) DS-GVO zu übertragen sein dürfte, 68so auch Franzen, in: Franzen/Gallner/Oetker (Hrsg.), Kommentar zum europäischen Arbeitsrecht, 3. Aufl. 2020, Art. 2 DS-GVO Rn. 3, 69dürfte aus Sicht der Kammer insofern für den hiesigen Streitgegenstand mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 lit. a) DS-GVO nichts anderes gelten, zumal auch die Datenschutz-Grundverordnung weiterhin u.a. die Stärkung des Binnenmarkts bezweckt (Erwägungsgrund 2 Satz 2). 70Vgl. zum Ganzen auch Peter, Einsichtnahme in Examensarbeiten: Kopiert das Justizprüfungsamt jetzt kostenlos? – Eine datenschutzrechtliche Betrachtung nach der DSGVO, ZJS 2019, 252 ff. 71Letztendlich braucht die Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit der Datenschutz-Grundverordnung hier aber nicht beantwortet zu werden. 72So auch BSG, Urteil vom 18. Dezember 2018 – B 1 KR 40/17 R –, juris Rn. 29 (keine Vertiefung der Frage nach einer unmittelbaren Anwendung der Datenschutz-Grundverordnung auf den Bereich der Gesundheitspolitik vor dem Hintergrund der jedenfalls bundesgesetzlich angeordneten entsprechenden Anwendung). 73b) Der Anspruch des Klägers ergibt sich jedenfalls aus § 5 Abs. 8 Satz 1 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen (DSG NRW) i.V.m. Art. 15 Abs. 3 und Art. 12 Abs. 5 Satz 1 DS-GVO. Denn nach § 5 Abs. 8 Satz 1 DSG NRW sind auf Verarbeitungen, die „nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts“ fallen, die Vorschriften der Verordnung (EU) 2016/679 und die Vorschriften des Teils 2 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen entsprechend anzuwenden, soweit nicht dieser Teil oder andere spezielle Rechtsvorschriften abweichende Regelungen enthalten. Die Voraussetzungen der insoweit jedenfalls entsprechend anzuwendenden Art. 2 Abs. 1, 12 und 15 DS-GVO sind erfüllt (vgl. hierzu unten (1)). Andere spezielle Rechtsvorschriften mit abweichenden Regelungen i.S.d. § 5 Abs. 8 Satz 1 DSG NRW sind nicht vorhanden (vgl. hierzu unten (2)). 74(1) Die vom Kläger unter der Kennziffer XXXX/XX im Rahmen des zweiten juristischen Staatsexamens in Nordrhein-Westfalen angefertigten Aufsichtsarbeiten mitsamt Prüfergutachten werden von Art. 2 Abs. 1 DS-GVO erfasst (vgl. hierzu unten (a)). Der daraus resultierende Anspruch gegen das Landesjustizprüfungsamt auf eine unentgeltliche Kopie (vgl. hierzu unten (b)) ist weder durch Art. 15 Abs. 4 DS-GVO (vgl. hierzu unten (c)) noch durch Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DS-GVO ausgeschlossen (vgl. hierzu unten (d)). Der Anspruch ist auch nicht durch Rechtsvorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten, insbesondere nicht durch Vorschriften des Juristenausbildungsgesetzes, beschränkt i.S.v. Art. 23 DS-GVO (vgl. hierzu unten (e)). 75(a) Die Betroffenenrechte aus der Datenschutz-Grundverordnung sind gemäß Art. 2 Abs. 1 DS-GVO vorliegend anwendbar. Danach gilt die Verordnung für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. 76Diese tatbestandlichen Anforderungen sind vorliegend gegeben. Bei den Klausuren einschließlich der Korrekturen handelt es sich um „personenbezogene Daten“ des Klägers (vgl. hierzu unten (aa)). Die korrigierten Examensklausuren werden vom Landesjustizprüfungsamt nichtautomatisiert „verarbeitet“ (vgl. unten (bb)) und in einem „Dateisystem“ gespeichert (vgl. unten (cc)). 77(aa) Nach der grundlegenden Begriffsbestimmung in Art. 4 Nr. 1 DS-GVO sind „personenbezogene Daten“ alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen identifiziert werden kann, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind. 78Bereits in seinem Urteil im Fall C-434/16 (Nowak) hat der EuGH – noch mit Blick auf die Begriffsbestimmung in Art. 2 lit. a) der Richtlinie 95/46/EG – ausgeführt, dass die Antworten eines Kandidaten in einer schriftlichen Prüfung und die Kommentare des Prüfers zu diesen Antworten personenbezogene Daten des Prüflings darstellen können und damit u.a. der Auskunftspflicht unterliegen. 79Vgl. EuGH, Urteil vom 20. Dezember 2017, Rs. C-434/16 – Nowak, mit Anm. Schütze, EuGH: Definition personenbezogener Daten, ZD-Aktuell 2018, 05926; siehe auch Pauly, Rechtsentwicklungen im Datenschutzrecht 2019, DB Beilage 2019, Nr. 3, 53 (57), der davon ausgeht, dass der EuGH mit seiner Entscheidung dem Betroffenen folglich auch „einen Anspruch auf eine elektronische Kopie seiner Examensklausuren gewährt“ habe. 80Die in Art. 2 lit. a) der Richtlinie 95/46/EG enthaltene Begriffsdefinition entspricht im Wesentlichen jener des sie unmittelbar ersetzenden Art. 4 Nr. 1 DS-GVO. Die vom EuGH vorgenommene rechtliche Einordnung ist deshalb und mit Blick auf die maßgeblichen zugrundeliegenden Erwägungen auf die Examensarbeiten des Klägers übertragbar. Demnach sind personenbezogene Daten nicht lediglich sensible oder private Informationen, sondern alle Arten von Informationen, die aufgrund ihres Inhalts, ihres Zwecks oder ihrer Auswirkungen mit einer bestimmten Person verknüpft sind. 81Vgl. EuGH, Urteil vom 20. Dezember 2017, Rs. C-434/16 – Nowak, Rn. 34 f.; siehe zur Dreidimensionalität der Personenbezogenheit auch Klabunde, in: Ehmann/Selmayr (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 4 Rn. 11. 82Prüfungsarbeiten einschließlich der Korrekturen des Prüfers erfüllen diese Voraussetzung nach Auffassung des EuGH u.a. insoweit, als sie einerseits den Kenntnisstand und das Kompetenzniveau des Prüflings in einem bestimmten Bereich sowie gegebenenfalls seine Gedankengänge, sein Urteilsvermögen und sein kritisches Denken widerspiegeln, 83vgl. EuGH, Urteil vom 20. Dezember 2017, Rs. C-434/16 – Nowak, Rn. 37, 84und sich andererseits die Verwendung dieser Informationen, die insbesondere im Erfolg oder Scheitern des Prüflings der in Rede stehenden Prüfung zum Ausdruck kommt, auf dessen Rechte und Interessen auswirken, insbesondere seine Chancen, den gewünschten Beruf zu ergreifen oder die gewünschte Anstellung zu erhalten, bestimmen oder beeinflussen kann, 85vgl. EuGH, Urteil vom 20. Dezember 2017, Rs. C-434/16 – Nowak, Rn. 39. 86All dies trifft auch auf die Examensarbeiten des Klägers zu. 87Vgl. ebenso in Bezug auf Bachelor- und Masterarbeiten bereits VG Hamburg, Beweisbeschluss vom 20. März 2020 – 17 K 1312/19 –, juris Rn. 45 f. 88Dass dem jeweiligen Korrektor eine Identifizierung während der Korrektur nicht möglich war, ist bei alledem unerheblich. 89Vgl. Frank, in: Gola (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 15 Rn. 23. 90(bb) Unter „Verarbeitung“ ist nach Art. 4 Nr. 2 DS-GVO jeder mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführte Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten zu verstehen wie u.a. das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen oder die Speicherung. 91Die Organisation und das Ordnen erfasst dabei den Aufbau einer wie auch immer gearteten Struktur innerhalb der Daten, wobei es keine Rolle spielt, ob diese simpel oder komplex ist. 92Vgl. Schild, in: Wolff/Brink (Hrsg.), BeckOK Datenschutzrecht, 31. Edition (Stand: 1. Februar 2020), Art. 4 DS-GVO Rn. 43. 93Der Begriff der Speicherung bezeichnet die Überführung des Informationsgehalts personenbezogener Daten in eine verkörperte Form in einer Weise, die es dem Verantwortlichen ermöglicht, die Daten aus dem Datenträger wiederzugewinnen. 94Vgl. Herbst, in: Kühling/Buchner (Hrsg.), Datenschutzgrundverordnung / BDSG, 2. Aufl. 2018, Art. 4 Rn. 24. 95Das Speichern erfasst somit quasi als Kehrseite der Löschung und Vernichtung deren Unterlassung – auch ohne aktives Tun – schlicht durch weitere Aufbewahrung. 96Vgl. Reimer, in: Sydow (Hrsg.), Europäische Datenschutzgrundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 4 Rn. 61. 97Nach § 64 Satz 1 JAG NRW sind die schriftlichen Prüfungsarbeiten des juristischen Staatsexamens einschließlich der Gutachten der Prüfer fünf Jahre, die übrigen Prüfungsunterlagen fünfzig Jahre aufzubewahren. Zu diesem Zweck werden die Klausuren – nach Jahrgängen und Kennziffern geordnet – im Landesjustizprüfungsamt archiviert. Auch nach Abschluss der Prüfung und Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses an den Prüfling werden die Daten mithin dort noch vorgehalten. Dieses Aufbewahren personenbezogener Daten in Papierakten unterfällt als Unterfall der Organisation, des Ordnens und auch des Speicherns in einer nicht digitalen Form dem Begriff der Verarbeitung. Diese endet erst mit der endgültigen Löschung der Daten durch Aussonderung und Vernichtung der Akten. 98(cc) Diese nichtautomatisierte Speicherung der personenbezogen Daten erfolgt schließlich auch in einem Dateisystem. Nach der Begriffsbestimmung in Art. 4 Nr. 6 DS-GVO ist ein „Dateisystem“ jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, unabhängig davon, ob diese Sammlung zentral, dezentral oder nach funktionalen oder geografischen Gesichtspunkten geordnet geführt wird. 99Mit der Berücksichtigung der nichtautomatisierten Datenverarbeitung mittels eines Dateisystems bezweckt der Verordnungsgeber einen technologieneutralen Datenschutz, um ein Risiko der Umgehung der Verordnung zu vermeiden (vgl. Erwägungsgrund 15). Der Begriff ist entsprechend weit auszulegen. 100Vgl. Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss vom 13. Juni 2019 – 8 B 10/19 –, juris Rn. 21 (Auflistung von Namen und Anschriften von Parzellenpächtern als Dateisystem). 101Erfasst werden damit grundsätzlich auch Akten oder Aktensammlungen, die in Papierform geführt werden. 102Vgl. LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23. November 2018 – 5 Sa 7/17 –, juris Rn. 64 ff. (Personalakte als Dateisystem). 103Soweit der Beklagte der Ansicht ist, dass insbesondere diese tatbestandlichen Voraussetzungen hier nicht erfüllt seien, vermag sich die Kammer dieser Ansicht nicht anzuschließen. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass bei der manuellen Verarbeitung die Sammlung bzw. die in ihr enthaltenen Daten nach bestimmten, d.h. zumindest „zwei“ Kriterien zugänglich sein müssen, 104vgl. in diesem Sinne etwa Gola, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 4 Rn. 47; a.A. Ernst, in: Paal/Pauly (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung / Bundesdatenschutzgesetz, 2. Aufl. 2018, Art. 4 DS-GVO Rn. 53 („Es genügt für die Einordnung als Dateisystem, dass ein einziges Merkmal die Informationen erschließt.“), 105so sind hier zwei Kriterien, namentlich der Jahrgang und die laufende Nummer im jeweiligen Jahr, für das Aufbewahrungssystem der Klausuren im Landesjustizprüfungsamt maßgeblich. Dass diese beiden Kriterien zu einer Kennziffer zusammengeführt werden, ändert nichts daran, dass beide Merkmale maßgeblich sind für die Sortierung und das Wiederauffinden der Klausuren eines jeden einzelnen Prüflings. Hinzu kommt, dass der Name des Prüflings hinterlegt ist und der Kennziffer zugeordnet werden kann. Auch sonst ist anerkannt, dass Akten oder Aktensammlungen jedenfalls dann von Art. 4 Nr. 6 DS-GVO erfasst werden, wenn sie etwa nach Aktenzeichen geordnet und nach der Betreffsangabe bzw. dem Namen umgeordnet werden können. 106Vgl. Gola, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 4 Rn. 47. 107Entscheidend bleibt, dass ein gleichartiger Aufbau bestimmter Kriterien gegeben ist, der schon dann vorliegt, wenn Akten nach ihrer äußeren Beschriftung ein gleiches System beinhalten. Entscheidend ist die einheitliche und gleiche Gestaltung. 108Vgl. Schild, in: Wolff/Brink (Hrsg.), BeckOK Datenschutzrecht, 31. Edition (Stand: 1. Februar 2020), Art. 4 DS-GVO Rn. 83. 109Akten und Aktensammlungen und die Deckblätter dazu fallen nur dann nicht unter den Dateibegriff, wenn ihr Inhalt nicht in der Art einer Datei strukturiert ist, d.h. eine manuelle Auswertbarkeit nicht gegeben ist (vgl. auch Erwägungsgrund 15 Satz 3). 110Vgl. Gola, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 4 Rn. 47. 111Bei der manuellen Verarbeitung werden mit anderen Worten nur „unstrukturierte Akten“ nicht erfasst. 112So auch Schild, in: Wolff/Brink (Hrsg.), BeckOK Datenschutzrecht, 31. Edition (Stand: 1. Februar 2020), Art. 4 DS-GVO Rn. 33. 113So fallen etwa lediglich unsortierte Blätter, Fließtexte bzw. Notizen auf Papier nicht darunter. Ansonsten ist die Anwendbarkeit der Datenschutz-Grundverordnung fast immer, wo personenbezogene Daten vorliegen, schon bei einfachsten Formen einer Organisation der Daten gegeben. 114Vgl. in dieser Deutlichkeit etwa Schneider, Datenschutz, 2. Aufl. 2019, 3. Kapitel, Abschnitt II. 1. („Automatisierte Verarbeitung, Dateisystem“). 115Selbst handschriftliche Aufzeichnungen können ein Dateisystem sein, wenn sich der Inhalt leicht erschließen lässt, die gespeicherten personenbezogenen Daten mithin leicht wieder auffindbar sind, also die Datenstrukturierung leichte Wiederauffindbarkeit gewährleistet. 116Vgl. Schild, in: Wolff/Brink (Hrsg.), BeckOK Datenschutzrecht, 31. Edition (Stand: 1. Februar 2020), Art. 4 DS-GVO Rn. 83, mit Hinweis auf EuGH, Urteil vom 10. Juli 2018, Rs. C-25/17 – Zeugen Jehowas (noch zum im Wesentlichen inhaltsgleichen Begriff der „Datei“ gemäß Art. 2 lit. c der Richtlinie 95/46/EG). 117Ausgehend hiervon sind etwa die nach Steuernummern oder sonstigen Aktenzeichen sortierten Papierakten als Dateisystem anzusehen. 118Vgl. Finanzgericht des Saarlandes, Beschluss vom 3. April 2019 – 2 K 1002/16 –, juris Rn. 11. 119Auch eine Sammlung nach Namen geordneter gespeicherter Lichtbilder, mit deren Hilfe verlorene, zerstörte oder aus anderen Gründen unbrauchbar gewordene elektronische Gesundheitskarten neu erstellt werden sollen, stellt ohne Zweifel bereits ein „Dateisystem“ dar. 120Vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2018 – B 1 KR 31/17 R –, juris Rn. 16. 121Nach alledem hat die Kammer – auch ohne Inaugenscheinnahme des Archivs des Landesjustizprüfungsamtes – keinen Zweifel daran, dass die Examensklausuren nebst Prüfergutachten ebenfalls in einem Dateisystem gespeichert sind. 122(b) Gemäß Art. 15 Abs. 3 DS-GVO stellt der Verantwortliche eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung (Satz 1). Für alle weiteren Kopien, die die betroffene Person beantragt, kann der Verantwortliche ein angemessenes Entgelt auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen (Satz 2). Stellt die betroffene Person den Antrag elektronisch, so sind die Informationen in einem gängigen elektronischen Format zur Verfügung zu stellen, sofern sie nichts anderes angibt (Satz 3). Auch diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. 123(aa) Der Kläger ist als Verfasser der Klausuren die „betroffene Person“ und damit Anspruchsinhaber. Als Behörde, die über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet, ist das Landesjustizprüfungsamt als „Verantwortlicher“ i.S.d. Art. 4 Nr. 7 DS-GVO materiell-rechtlich anspruchsverpflichtet. 124(bb) Auch inhaltlich umfasst der Anspruch die vom Kläger begehrte Leistung, namentlich die Anfertigung von Fotokopien oder wahlweise einer Datenkopie in einem gängigen elektronischen Format. 125Das Recht auf eine Kopie ergänzt den Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO. Beide Rechte stehen selbstständig nebeneinander. 126Vgl. Bäcker, in: Kühling/Buchner (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung / BDSG, 2. Aufl. 2018, Art. 15 DS-GVO Rn. 39; vgl. auch Halder/Johanson, Datenschutz in studentischen Rechtsberatungen – Teil 2, NJOZ 2019, 1457 (1459): das Verlangen nach einer Kopie ist eigener Auskunftsanspruch und nicht „die Auskunft“ nach Absatz 1. 127Wenngleich im Übrigen zwar Inhalt und Reichweite sowie dogmatische Einordnung des Rechts auf eine Kopie im Einzelnen noch umstritten sind, 128vgl. zum Streitstand etwa Schmidt-Wudy, in: Wolff/Brink (Hrsg.), BeckOK Datenschutzrecht, 31. Edition (Stand: 1. Februar 2020), Art. 15 DS-GVO Rn. 85, mit zahlreichen Nachweisen, 129so umfasst der Anspruch inhaltlich aber mindestens das – hier geltend gemachte – Recht auf eine papierne Fotokopie jener Bestandteile einer in Papierform geführten Akte, die personenbezogene Daten des Antragstellers enthält. 130Vgl. Ehmann, in; Ehmann/Selmayr (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 15 Rn. 32. 131Nach Maßgabe des Satzes 3 steht dem Antragsteller jedenfalls bei einer elektronischen Antragstellung wahlweise das Recht zu, eine Datenkopie in einem gängigen elektronischen Format zu erhalten. Hierfür genügt es, wenn der Verantwortliche ein objektiv in den gängigen Verkehrskreisen übliches Datenformat wählt – im Zweifel als PDF-Dokument. 132Vgl. Schmidt-Wudy, in: Wolff/Brink (Hrsg.), BeckOK Datenschutzrecht, 31. Edition (Stand: 1. Februar 2020), Art. 15 DS-GVO Rn. 83.1. 133Der Antragsteller kann – wie im vorliegenden Fall geschehen – die Wahl zwischen einer Fotokopie im Papierformat oder einer Datenkopie in einem gängigen elektronischen Format auch dem Verantwortlichen überlassen. Der Anspruch ist in einem solchen Fall dann erfüllt, sobald eines der Formate zur Verfügung gestellt wurde. Der für die Erfüllung maßgebliche Leistungsort ist grundsätzlich der Wohnort des Anspruchstellers, d.h. es liegt eine Schickschuld vor, was sich aus dem Wortlaut des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 DS-GVO („übermitteln“) sowie des Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DS-GVO („stellt zur Verfügung“) ergibt. 134Vgl. Schmidt-Wudy, in: Wolff/Brink (Hrsg.), BeckOK Datenschutzrecht, 31. Edition (Stand: 1. Februar 2020), Art. 15 DS-GVO Rn. 84. 135(cc) Die hier begehrte Kopie muss dem Kläger schließlich auch kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Die erste Kopie, die der Verantwortliche zur Verfügung zu stellen hat, ist zwingend unentgeltlich. Dies folgt zum einen bereits unmittelbar aus Art. 15 Abs. 3 Satz 2 DS-GVO, wonach (nur) für alle weiteren Kopien ein Entgelt gefordert werden kann. Zum anderen folgt die Unentgeltlichkeit auch aus Art. 12 Abs. 5 Satz 1 DS-GVO, wonach Informationen, alle Mitteilungen und Maßnahmen u.a. gemäß Art. 15 DS-GVO unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden (s. auch Erwägungsgrund 59 Satz 1). 136Vgl. Ehmann, in; Ehmann/Selmayr (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 15 Rn. 28; Franck, in: Gola (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 15 Rn. 32; Bäcker, in: Kühling/Buchner (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung / BDSG, 2. Aufl. 2018, Art. 15 DS-GVO Rn. 45. 137Die betroffene Person soll nicht durch die Auferlegung von Entgelten von der Wahrnehmung ihrer Betroffenenrechte abgehalten oder gar abgeschreckt werden. Die Unterrichtung hat daher unentgeltlich zu erfolgen, um eine effektive Wahrnehmung der Betroffenenrechte zu gewährleisten. 138Vgl. Greve, in: Sydow (Hrsg.), Europäische Datenschutzgrundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 12 Rn. 27. 139(c) Der Anspruch des Klägers aus Art. 15 Abs. 3 DS-GVO ist vorliegend nicht durch Art. 15 Abs. 4 DS-GVO ausgeschlossen. 140Gemäß Art. 15 Abs. 4 DS-GVO darf das Recht auf Erhalt einer Kopie seinerseits nicht die Rechte und Freiheiten anderer Personen beeinträchtigen. Insoweit ist das Recht auf Erhalt einer Kopie seinem Umfang nach beschränkt. Ausweislich Erwägungsgrund 63 sind unter Rechte und Freiheiten vor allem Geschäftsgeheimnisse sowie Rechte des geistigen Eigentums (insbesondere das Urheberrecht an Software) zu verstehen. 141Vgl. Paal, in: Paal/Pauly (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung / Bundesdatenschutzgesetz, 2. Aufl. 2018, Art. 15 Rn. 41 f. 142Solche einem Anspruch des Klägers entgegenstehende Rechte und Freiheiten anderer Personen sind hier weder geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich. Vor allem steht der Umstand, dass auch die Korrekturen des Prüfers und dessen Gutachten mitherausgegeben werden, dem Anspruch nicht entgegen. Denn die Korrekturen und das Prüfergutachten werden von vornherein mit der Maßgabe erstellt, dass sie auf Antrag auch dem Prüfling zugänglich gemacht werden. Dem Prüfer steht schon deshalb kein Recht auf Geheimhaltung seiner Bewertung zu. 143Vgl. zum Fehlen des Urheberrechtsschutzes bei Gutachten, die von vornherein zur Veröffentlichung bestimmt sind: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 19. August 2019 – 20 K 2482/14 –, nicht veröffentlicht. 144(d) Der Anspruch ist des Weiteren im vorliegenden Fall auch nicht durch Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DS-GVO ausgeschlossen. Danach kann nur bei offenkundig unbegründeten oder – insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung – exzessiven Anträgen einer betroffenen Person der Verantwortliche entweder ein angemessenes Entgelt verlangen, bei dem die Verwaltungskosten für die Unterrichtung oder die Mitteilung oder die Durchführung der beantragten Maßnahme berücksichtigt werden, oder sich weigern, aufgrund des Antrags tätig zu werden. Nach Satz 3 hat der Verantwortliche den Nachweis für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter des Antrags zu erbringen. 145Durch Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DS-GVO wird gewährleistet, dass der Unentgeltlichkeitsgrundsatz nicht bei Missbrauchsfällen gilt. 146Vgl. ausführlich hierzu Heckmann/Paschke, in: Ehmann/Selmayr (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 12 Rn. 43. 147Der Antrag des Klägers ist nicht rechtsmissbräuchlich. Vor allem ist der Antrag nicht deshalb exzessiv, weil Kopien in einem Umfang von insgesamt 348 Seiten begehrt werden. Der Umfang ist sachlich begründet und ergibt sich schlichtweg daraus, dass sämtliche Seiten personenbezogene Daten des Klägers enthalten. In der Sache jeweils berechtigte Anträge können nach dem vorgenannten Sinn und Zweck des Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DS-GVO keine Kosten für die betroffene Person erzeugen. 148Vgl. in diesem Sinne auch Franck, in: Gola (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 12 Rn. 39. 149(e) Der Anspruch des Klägers ist schließlich auch nicht durch Rechtsvorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten beschränkt i.S.v. Art. 23 DS-GVO. 150Nach Art. 23 Abs. 1 DS-GVO können u.a. die Rechte aus Art. 15 DS-GVO durch Rechtsvorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten im Wege von Gesetzgebungsmaßnahmen beschränkt werden, sofern eine solche Beschränkung den Wesensgehalt der Grundrechte und Grundfreiheiten achtet und in einer demokratischen Gesellschaft eine notwendige und verhältnismäßige Maßnahme darstellt; zudem muss die Gesetzgebungsmaßnahme eines der in den Buchstaben a) bis j) genannten Ziele sicherstellen. Darüber hinaus muss jede Gesetzgebungsmaßnahme im Sinne des Absatzes 1 gemäß Art. 23 Abs. 2 DS-GVO insbesondere gegebenenfalls spezifische Vorschriften enthalten zumindest in Bezug auf die in den Buchstaben a) bis h) genannten Anforderungen. 151(aa) Weder § 23 Abs. 2 i.V.m. § 56 Abs. 1 JAG NRW noch § 10 Abs. 1 Nr. 1 des Gebührengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (GebG NRW) oder § 124 JustG NRW stellen in einem solchen Sinne eine Beschränkung des Rechts auf eine unentgeltliche Kopie nach Art. 15 Abs. 3 und Art. 12 Abs. 5 Satz 1 DS-GVO dar. Diese Vorschriften sind nach Ansicht der Kammer entgegen der Auffassung des Beklagten schon im Ansatz nicht als rechtsbeschränkend auszulegen. Eine beschränkende Vorschrift im vorstehenden Sinne hat der nordrhein-westfälische Landesgesetzgeber mit § 12 DSG NRW erlassen. Die dort aufgeführten Beschränkungen sind hier indes nicht einschlägig 152(aaa) Vor allem lässt sich § 23 Abs. 2 i.V.m. § 56 Abs. 1 JAG NRW, auf den sich der Beklagte maßgeblich stützt, nicht entnehmen, dass das Recht eines Prüflings in Bezug auf die von ihm angefertigten Klausuren nebst deren Korrektur auf eine bloße Einsichtnahme vor Ort beschränkt und damit zugleich das Recht auf Erhalt einer Kopie ausgeschlossen ist. 153Maßgeblich für das Verhältnis zweier Anspruchsnormen zueinander sind, soweit es keine speziellen gesetzlichen Vorgaben für das konkrete Konkurrenzverhältnis gibt, die allgemeinen Kollisions- und Konkurrenzregeln. 154Vgl. nur Barczak, Normenkonkurrenz und Normenkollision, JuS 2015, 969 ff., mit weiteren Nachweisen. 155Die freie Anspruchskonkurrenz lässt Ansprüche grundsätzlich nebeneinander und ohne Wechselwirkungen bestehen. Nur soweit ein Gesetz die Betroffenenrechte abschließend regelt, ist ein Rückgriff auf allgemeine Regeln ausgeschlossen. Aus dem bloßen Vorhandensein einer bereichsspezifischen oder höherrangigen Regelung ergibt sich nicht zwingend deren abschließender Regelungscharakter. 156Vgl. Franck, in: Gola (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 12 Rn. 64. 157Dies gilt auch und gerade mit Blick auf Datenschutzrechte, die den Persönlichkeitsschutz im Hinblick auf die bei der Datenverarbeitung drohenden Gefahren erweitern und nicht bereits bestehende Rechte einschränken sollen (vgl. auch Erwägungsgrund 11). 158Vgl. Franck, in: Gola (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 12 Rn. 64. 159Ausgehend von diesen Grundsätzen stehen die Rechte aus Art. 15 Abs. 3 DS-GVO und § 23 Abs. 2 Satz 1 JAG NRW nebeneinander. 160Nach § 23 Abs. 2 Satz 1 JAG NRW, der gemäß § 56 Abs. 1 JAG NRW auch für die Einsicht in die Prüfungsarbeiten der zweiten juristischen Staatsprüfung gilt, ist dem Prüfling die Einsicht in seine Prüfungsarbeiten einschließlich der Gutachten der Prüfer zu gestatten. Die Einsicht erfolgt nach Satz 2 in den Räumen des Justizprüfungsamtes. Der Antrag ist nach Satz 3 binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Prüfungsentscheidung bei dem Justizprüfungsamt zu stellen. 161Weder Wortlaut noch Systematik oder Gesetzeswerk lassen zwingend den Schluss zu, dass der Erhalt einer Kopie durch § 23 Abs. 2 JAG NRW ausgeschlossen sein soll. So spricht weder der Wortlaut des § 23 Abs. 2 JAG NRW davon, dass „nur“ eine Einsichtnahme zulässig wäre, noch ist dem Gesetz an anderer Stelle ein Verbot der Herausgabe von Kopien zu entnehmen. Auch der unterschiedliche Regelungsinhalt der beiden Anspruchsnormen spricht dafür, dass das Einsichtnahmerecht des § 23 Abs. 2 JAG NRW neben dem Anspruch aus Art. 15 Abs. 3 DS-GVO steht. Das Einsichtsrecht bezieht sich auf eine Einsichtnahme in die Originalunterlagen, während das Recht auf eine Kopie nur Zugang zu einer Reproduktion vermittelt. Dass es sich nicht zuletzt deshalb – erst recht aus der Perspektive des Datenschutzrechts – bei dem Recht auf Auskunft bzw. bei dem Recht auf Erhalt einer Kopie einerseits und dem Recht auf Einsichtnahme in Originalunterlagen andererseits um verschiedene und sich insoweit ergänzende Ansprüche handelt, wurde auch schon aus der früheren Regelung in § 34 Abs. 9 BDSG a.F. ersichtlich. Danach war dem Betroffenen zusätzlich die Möglichkeit einer entgeltfreien Einsichtnahme „vor Ort“ zu gewähren, wenn die Auskunft ausnahmsweise entgeltlich war. 162Vgl. zur Differenzierung zwischen Auskunft und Akteneinsicht in diesem Kontext auch Poschenrieder, Ein Recht auf Auskunft begründet kein Recht auf Akteneinsicht – Grenzen von Art. 15 DSGVO im Besteuerungsverfahren, DStR 2020, 21 ff. 163Schließlich bestätigt die tatsächliche Verwaltungspraxis des Landesjustizprüfungsamtes die hier vorgenommene Auslegung insoweit, als bisher auf Antrag eines Prüflings tatsächlich Kopien angefertigt und per Post zur Verfügung gestellt werden. 164(bbb) Entgegen der Auffassung des Beklagten wird durch das nordrhein-westfälische Landesrecht auch nicht die in Art. 15 Abs. 3 und Art. 12 Abs. 5 Satz 1 DS-GVO geregelte „Unentgeltlichkeit“ der Kopie für den hier maßgeblichen Bereich beschränkt. 165So enthält § 23 Abs. 2 JAG NRW selbst – anders als zum Beispiel § 120 Abs. 7 Satz 2 des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Schulgesetz NRW – SchulG) oder § 630g Abs. 2 Satz 2 BGB – keine ausdrückliche Regelung dahingehend, dass bei der Erstellung von Kopien eine Auslagenerstattung verlangt werden kann. 166Bei der im Schreiben des Landesjustizprüfungsamtes vom 19. Oktober 2018 für eine Auslagenerstattung genannten Rechtsgrundlage (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 GebG NRW) und bei der in der Klageerwiderung herangezogenen Regelung des § 124 JustG NRW handelt es sich um allgemeine gebührenrechtliche Vorschriften, nach denen Auslagen für Ausfertigungen, Abschriften und Auszüge nach Maßgabe der in Bezug genommenen Tarifstellen zu erstatten sind. Diese Vorschriften erfassen jedwede Amtshandlung, bei der Ausfertigungen, Abschriften und Auszüge erstellet werden, und beziehen sich nicht spezifisch gerade auf die Anfertigung von Kopien von Examensklausuren. Würde man diese Vorschriften als Beschränkung des Anspruchs auf eine unentgeltliche Kopie nach Art. 15 Abs. 3 und Art. 12 Abs. 5 Satz 1 DS-GVO genügen lassen, wäre der Anspruch in der Konsequenz stets ausgeschlossen. Es liegt auf der Hand, dass diesen allgemeinen Vorschriften bei gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung schon deshalb keine beschränkende Wirkung im Sinne von Art 23 DS-GVO in Bezug auf die Unentgeltlichkeit zukommen kann. 167(cc) Ungeachtet des Umstands, dass sowohl § 23 Abs. 2 i.V.m. § 56 Abs. 1 JAG NRW als auch die vorgenannten gebührenrechtlichen Vorschriften in Bezug auf Art. 15 Abs. 3 und Art. 12 Abs. 5 Satz 1 DS-GVO schon im Ansatz nicht als rechtsbeschränkend auszulegen sind, liegen auch die Voraussetzungen des Art. 23 DS-GVO, die eine beschränkende Regelung erfüllen muss, nicht vor. 168Vor allem ist nicht festzustellen, dass eine Beschränkung auf ein Einsichtnahmerecht vor Ort und die Möglichkeit des Erhalts nur kostenpflichtiger Kopien der Sicherstellung eines oder mehrerer der in den Buchstaben a) bis j) genannten öffentlichen Ziele dient. Die abschließende Aufzählung der Ausnahmen macht deutlich, dass die Mitgliedstaaten keine darüber hinausgehenden Beschränkungen vornehmen dürfen bzw. darüber hinausgehende Beschränkungen unzulässig sind. 169Vgl. Bertermann, in: Ehmann/Selmayr (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 23 Rn. 3. 170Entgegen der Auffassung des Beklagten ist eine Beschränkung auf ein Einsichtnahmerecht vor Ort und die Möglichkeit des Erhalts nur kostenpflichtiger Kopien insbesondere nicht zum „Schutz sonstiger wichtiger Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses der Union oder eines Mitgliedstaats“ im Sinne des Art. 23 Abs. 1 lit. e) DS-GVO erforderlich. Zwar hat der EuGH in seinem Urteil vom 20. Februar 2017, Rs. C-434/16 (Nowak), Rn. 61, ausgeführt, dass eine Beschränkung der Rechte aus Art. 15 DS-GVO auch und gerade in Bezug auf den Zugang zu korrigierten berufsbezogenen Prüfungsarbeiten danach grundsätzlich möglich sei. Mit Blick auf den vorliegenden Fall vermag die Kammer jedoch nicht festzustellen, dass die materiell-rechtlichen Anforderungen des Art. 23 Abs. 1 lit. e) DS-GVO hier erfüllt sind. 171Mit dem „Schutz sonstiger wichtiger Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses der Union oder eines Mitgliedstaats“ geht die Beschränkungsmöglichkeit der Union und der Mitgliedstaaten zwar sehr weit. Art. 23 Abs. 1 lit. e) DS-GVO enthält letztlich einen Auffangtatbestand zum Schutz öffentlicher Interessen. 172Vgl. Bäcker, Kühling/Buchner (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung / BDSG, 2. Aufl. 2018, Art. 23 Rn. 22. 173Gleichwohl verlangt Art. 23 Abs. 1 lit. e) DS-GVO, dass eine Beschränkung dem Schutz „wichtiger Ziele“ des öffentlichen Interesses dienen muss. Aus den in Art. 23 Abs. 1 lit. e) DS-GVO genannten Regelbeispielen folgt überdies, dass die Verordnung mit „öffentlichen Interessen“ in erster Linie wirtschaftliche und finanzielle Zwecke, etwa im Währungs-, Haushalts- und Steuerbereich, sowie die öffentliche Gesundheit und die soziale Sicherheit im Blick hat (vgl. auch Erwägungsgründe 73, 111 und 112). 174Vgl. Bertermann, in: Ehmann/Selmayr (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 23 Rn. 3; Gola, in: Gola (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 23 Rn. 9 (auch „humanitäre Hilfe“); Stender-Vorwachs, in: Wolff/Brink (Hrsg.), BeckOK Datenschutzrecht, 31. Edition (Stand: 1. Februar 2020), Art. 23 DS-GVO Rn. 26. 175Damit findet Art. 23 Abs. 1 lit. e) DS-GVO vor allem für existenznotwendige Bereiche des öffentlichen Lebens Anwendung. 176Vgl. Stender-Vorwachs, in: Wolff/Brink (Hrsg.), BeckOK Datenschutzrecht, 31. Edition (Stand: 1. Februar 2020), Art. 23 DS-GVO Rn. 27; siehe auch Peuker, in: Sydow (Hrsg.), Europäische Datenschutzgrundverordnung, 2. Auf. 2018, Art. 23 Rn. 25: „substantielles Interesse von erheblichem Gewicht“. 177Zu den wichtigen wirtschaftlichen und finanziellen Interessen zählen nicht diese als solche, sondern die dahinter stehenden Rechtsgüter, die der Finanzierung der Politik eines Mitgliedstaates oder der EU dienen. Nicht bereits jedes mit der Finanzierung der Politik zusammenhängende Interesse vermag daher für sich genommen eine Beschränkung des Transparenzgebotes zu tragen. 178Vgl. Paal, in: Paal/Pauly (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung / Bundesdatenschutzgesetz, 2. Aufl. 2018, Art. 23 Rn. 31. 179Im Einzelfall wird eine Abwägung zwischen dem staatlichen Interesse und dem datenschutzrechtlichen Interesse der betroffenen Person vorzunehmen sein. 180Vgl. Paal, in: Paal/Pauly (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung / Bundesdatenschutzgesetz, 2. Aufl. 2018, Art. 23 Rn. 31; siehe zum Erfordernis einer Abwägung auch Peuker, in: Sydow (Hrsg.), Europäische Datenschutzgrundverordnung, 2. Auf. 2018, Art. 23 Rn. 25. 181Vor diesem Hintergrund hat der Beklagte nicht dargelegt, dass der Ausschluss kostenloser Kopien in einem solchen Sinne einem überwiegenden wichtigen Ziel dient. 182Soweit sich der Beklagte auf die drohende Kostenlast beruft, die bei Anerkennung eines Anspruchs auf unentgeltliche Kopien auf den nordrhein-westfälischen Landeshaushalt zukommen dürfte, überwiegt allein dieser finanzielle Belang – insbesondere angesichts der allgemeinen Intention der Datenschutz-Grundverordnung, die Betroffenenrechte zu stärken – für sich genommen nicht das hier in Rede stehende Betroffenenrecht. 183Vgl. in diesem Sinne zu § 630g Abs. 2 Satz 2 BGB auch Walter, in: beck-online – Großkommentar, Stand: 15. März 2020, § 630g Rn. 22, mit Hinweis auf Walter/Strobl, Erweiterte Auskunfts- und Einsichtnahmerechte in Patientenakten, MedR 2018, 472 ff., und Riemer, Der Datenauskunftsanspruch gem. Art. 15 DSGVO als pre-trial-discovery und prima lex des Auskunftsrechts, DSB 2019, 223 ff.; für eine Unanwendbarkeit des § 630g Abs. 2 Satz 2 BGB seit Inkrafttreten der DS-GVO auch Hartwig/Schäker, in: Veith/Gräfe/Gebert, Der Versicherungsprozess, 4. Aufl. 2020, § 17 Rn. 71; für zumindest ein Recht auf kostenlose elektronische Übersendung der Patientenakte Wagner, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2020, § 630g Rn. 4 ff. und 28. 184Denn das Tragen der Kostenlast, d.h. das Erfordernis finanzieller Mehraufwendungen, wird von der Datenschutz-Grundverordnung dem Verantwortlichen bewusst aufgebürdet. Bei Behörden, die personenbezogene Daten von einer Vielzahl an Betroffenen verarbeiten, ist daher durch den Haushaltsgesetzgeber sicherzustellen, dass die nach dem Willen des Verordnungsgebers unentgeltlichen Datenschutzrechte auch erfüllt werden können. Würde man eine Beschränkung der Unentgeltlichkeit allein mit dem Argument der Kostenlast ausschließen können, würden Art. 15 Abs. 3 und Art. 12 Abs. 5 Satz 1 DS-GVO leerlaufen. Ganz abgesehen davon ist es für die Kammer nicht ersichtlich, dass der Landeshaushalt im Allgemeinen bzw. der Justizhaushalt im Besonderen bei einer Anerkennung des Anspruchs auf kostenlose Kopien im vorliegenden Kontext tatsächlich ernsthaft gefährdet wäre. 185Soweit der Beklagte geltend macht, die Funktionsfähigkeit des Landesjustizprüfungsamtes sei bei einer Anerkennung eines Anspruchs auf kostenlose Kopien gefährdet, vermag sich die Kammer auch dieser Einschätzung nicht anzuschließen. 186Die Kammer hat schon Bedenken, ob die Mitgliedstaaten überhaupt dazu befugt wären, zugunsten der „Funktionsfähigkeit ihrer Behörden“ das Recht auf eine unentgeltliche Kopie dadurch auszuschließen, dass den Bürgern nur ein Einsichtnahmerecht vor Ort (in Kombination mit der Möglichkeit nur entgeltlicher Kopien) eingeräumt wird. Dies würde dem Grundgedanken widersprechen, dass der Verantwortlich die Kopie zu übersenden hat („Schickschuld“). Vor allem aber entspricht es den Grundprinzipen des Europarechts, dass die Organisation der Verwaltung an den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben auszurichten ist. Die fehlende Anpassung der Organisation an die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts rechtfertigt daher nicht deren Nichtbeachtung oder Nichtumsetzung. 187Aber selbst dann, wenn man die Funktionsfähigkeit einer Behörde im Allgemeinen und auch des Landesjustizprüfungsamtes im Besonderen grundsätzlich als ein zu schützendes Ziel anerkennen wollte, welches die Einschränkung von Betroffenenrechten zu rechtfertigen im Stande ist, 188vgl. bereits zum Informationsfreiheitsrecht VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. April 2016 – 17 K 4135/15 –, juris Rn. 38 ff, 189so ist für die Kammer jedoch nicht ersichtlich, dass es zu einer ernsthaften Gefährdung des Betriebs des Landesjustizprüfungsamtes kommen wird, wenn die Prüflinge anstelle des bisherigen Einsichtnahmerechts vor Ort und der bisherigen Möglichkeit des Erhalts kostenpflichtiger Kopien nun auch von ihrem Recht aus Art. 15 Abs. 3 DS-GVO Gebrauch machen können. Schon bisher muss im Landesjustizprüfungsamt das Personal dafür vorgehalten werden, um die Termine für die Einsichtnahme abzustimmen und diese vor Ort durchzuführen sowie die beantragten kostenpflichtigen Kopien anzufertigen, zu versenden und abzurechnen. Soweit zukünftig tatsächlich mehr Anträge nach Art. 15 Abs. 3 DS-GVO beim Landesjustizprüfungsamt eingehen sollten, bleibt zu berücksichtigen, dass mit entsprechend weniger Anträgen auf eine Einsichtnahme vor Ort zu rechnen ist; auch entfällt der Aufwand für die Erstellung der Abrechnung der Kopien. Die Kammer geht davon aus, dass vor allem Anträge per E-Mail gestellt werden und die Prüflinge mit der Übersendung eines PDF-Dokuments einverstanden sein werden. Selbstredend müssen insofern im Landesjustizprüfungsamt Aufgaben umverteilt, neue Hard- und eventuell auch Software angeschafft und mitunter auch Personal neu eingestellt werden. Solche Anpassungsmaßnahmen werden vom Verordnungsgeber, der dem Verantwortlichen bewusst die Kostenlast auferlegt hat, letztendlich aber auch erwartet. Derart lässt sich eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des Landesjustizprüfungsamtes in einer dem Land Nordrhein-Westfalen zumutbaren Weise nach Auffassung der Kammer durchaus vermeiden. Schon mit Blick auf die zunehmende Digitalisierung, wie sie in Nordrhein-Westfalen etwa durch das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung in Nordrhein-Westfalen (E-Government-Gesetz Nordrhein-Westfalen – EGovG NRW) und das Gesetzgebungsvorhaben der Landesregierung zur Beschleunigung der Digitalisierung (LT-Drs. 17/8795) auch rechtlich untermauert wird, müssen sich die Behörden vielmehr darauf einrichten, Kopie- und vor allem Scanvorrichtungen sowie das hierfür erforderliche Personal vorzuhalten. Nichts anderes gilt im Übrigen für die Gerichte mit Blick auf den Ausbau der elektronischen Aktenführung in Rechtssachen. 190Lediglich der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang angemerkt, dass die nordrhein-westfälische Landesregierung für das im Schulgesetz geregelte Einsichts-, Auskunfts- und Kopierecht bezüglich der die Schüler betreffenden Daten davon ausgeht, dass die Wörter „die Erstattung von Auslagen kann verlangt werden“ in § 120 Abs. 7 Satz 2 SchulG NRW wegen des Vorrangs des Art. 15 Abs. 3 DS-GVO zu streichen sind. Die Voraussetzungen des Art. 23 DS-GVO seien „nicht erfüllt“. Hier beruft sich die Landesregierung mithin weder auf eine Gefährdung des Haushalts noch auf eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Schulbetriebs. 191Vgl. LT-Drs. 17/7770 vom 6. November 2019, S. 51 und 83. 192Schließlich erschließt sich der Kammer nicht, wieso nur bei einer Einsichtnahme vor Ort und einer entgeltlichen Zurverfügungstellung von Kopien ein „strukturierter Ablauf des Prüfungsverfahrens“ möglich sein soll. Nach Art. 12 Abs. 3 DS-GVO sind die beantragten Informationen zwar grundsätzlich unverzüglich, in jedem Fall aber innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags zur Verfügung zu stellen (Satz 1). Diese Frist kann aber nach Satz 2 um weitere zwei Monate verlängert werden, wenn dies unter Berücksichtigung der Komplexität und der Anzahl von Anträgen erforderlich ist, was bezüglich der Anfertigung der Kopien der korrigierten Examensklausuren auf das Landesjustizprüfungsamt zutreffen dürfte. Auch mit Blick auf die Verpflichtung zur Erteilung einer Zwischennachricht (Satz 3) wird nach Auffassung der Kammer dem Landesjustizprüfungsamt damit ein zumutbares Zeitfenster für die Erledigung der Anträge eingeräumt. Soweit der Beklagte anmerkt, dass es vorkommen könne, dass Klausuren – je nach genutztem Schreibgerät – nur schlecht lesbar eingescannt oder kopiert werden könnten, so handelt es sich schon nach den Schilderungen des Beklagten um Einzelfälle. 193Die Kammer folgt im Übrigen auch der Auffassung des Klägers, dass die Herstellung von Kopien auf Antrag der Betroffenen keinen Widerspruch zu dem Grundsatz der Datenminimierung darstellt, sondern eine notwendige – und damit auch eine datenschutzrechtlich gewollte – Folge der Ausübung der Betroffenenrechte ist. Im Übrigen sind die Kopien, nachdem sie dem Antragsteller zur Verfügung gestellt wurden, beim Landesjustizprüfungsamt nicht mehr (als weitere Foto- oder Datenkopie) vorzuhalten, sondern zu vernichten bzw. zu löschen. 194Da bei alledem schon die Anforderungen des Art. 23 Abs. 1 DS-GVO nicht erfüllt sind, kommt es für die Kammer nicht mehr darauf an, ob vorliegend die in Art. 23 Abs. 2 DS-GVO enthaltenen Mindestanforderungen an gesetzliche Beschränkungen erfüllt sein müssten und – bejahendenfalls – ob sie mit Blick auf die jetzige Fassung des Juristenausbildungsgesetzes eingehalten sind. 195(2) Ist der Anspruch des Klägers jedenfalls in entsprechender Anwendung der Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung gegeben, bleibt schließlich festzuhalten, dass dieser auch nicht durch andere spezielle Rechtsvorschriften mit abweichenden Regelungen i.S.d. § 5 Abs. 8 Satz 1 DSG NRW ausgeschlossen wird. Insofern gelten die vorstehenden Ausführungen zum Konkurrenzverhältnis von Art. 15 Abs. 3 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 DS-GVO zu § 23 Abs. 2 i.V.m. § 56 Abs. 1 JAG NRW letztendlich hier entsprechend. 196Durch die Anordnung der entsprechenden Anwendung der DS-GVO soll nach dem Willen des nordrhein-westfälischen Landesgesetzgebers auch für diese Bereiche sichergestellt werden, dass im Grundsatz die für alle öffentlichen Stellen geltenden allgemeinen Rechtsvorschriften zur Anwendung kommen. Es bleibe dabei aber beim „Vorrang des Spezialrechts“. Abweichungen seien wie bisher auch spezialgesetzlich zu regeln. 197Vgl. LT-Drs. 17/1981 vom 20. Februar 2018, S. 135. 198Eine vorrangige andere Rechtsvorschrift i.S.d. § 5 Abs. 8 Satz 1 DSG NRW, d.h. eine speziellere Norm, liegt dabei allerdings nur dann vor, wenn sie denselben Sachverhalt abschließend regelt, aber andere Tatbestandsvoraussetzungen formuliert oder eine andere Rechtsfolge vorsieht. Nur soweit ein Spezialgesetz die Betroffenenrechte in einem solchen Sinn abschließend regelt, ist ein Rückgriff auf die Betroffenenrechte der Datenschutz-Grundverordnung ausgeschlossen. 199Nach Auffassung der Kammer regelt § 23 Abs. 2 i.V.m. § 56 Abs. 1 JAG NRW den Zugang zu den korrigierten Examensklausuren – wie bereits ausgeführt – nicht abschließend. Die Vorschriften lassen es vielmehr zu, dass das Recht auf eine kostenlose Kopie neben das Recht auf Einsichtnahme tritt. Beide Anspruchsgrundlagen schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern ergänzen sich. Sie betreffen unterschiedliche Sachverhalte und sind unterschiedlichen Inhalts. Das Recht auf Einsichtnahme im Landesjustizprüfungsamt umfasst eine Akteneinsicht in die Originale, während das Recht auf eine kostenlose Kopie eine Zusendung einer Reproduktion an den Wohnsitz des Antragstellers beinhaltet. Hätte der Gesetzgeber tatsächlich eine abschließende Regelung, d.h. eine Beschränkung auf ein Einsichtnahmerecht, gewollt, so hätte er dies – spätestens mit dem Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung – in § 23 Abs. 2 JAG NRW zum Ausdruck bringen müssen. 200III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 201IV. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Auch die Verpflichtung zur Leistung ist über den Wortlaut des § 167 Abs. 2 VwGO hinaus lediglich wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. 202Vgl. Riese, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung, 37. EL (Stand Juli 2019), § 113 Rn. 194. 203V. Die Berufung war gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Verhältnis von Art. 15 Abs. 3 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 DS-GVO zu § 23 Abs. 2 i.V.m. § 56 Abs. 1 JAG NRW ist bislang noch nicht ober- bzw. höchstrichterlich entschieden. Aufgrund der Vielzahl an Anträgen, die beim Landesjustizprüfungsamt und im Übrigen auch bei den Prüfungsämtern für die erste juristische Staatsprüfung zukünftig noch gestellt werden können, besteht an der Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage ein über den Einzelfall hinausgehendes allgemeines Interesse. 204Vgl. zu den Anforderungen der Berufungszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung etwa Seibert, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 126 ff. 205VI. Von einer Vorlage an den EuGH im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 AEUV hat die Kammer abgesehen, da zum einen mit der bereits ergangenen Entscheidung des EuGH vom 20. Februar 2017 in der Rechtssache C-434/16 wesentliche Auslegungsfragen bereits beantwortet sind (acte éclairé) und zum anderen die Kammer im vorliegenden Urteil die Wirksamkeit des Unionsrechts nicht in Frage gestellt hat, sondern vielmehr von einer zumindest entsprechenden Anwendbarkeit der Art. 15 Abs. 3 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 DS-GVO ausgegangen ist; damit bestand keine ausnahmsweise Vorlagepflicht als nicht-letztinstanzliches Gericht. 206Vgl. hierzu nur Wegener, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 5. Aufl. 2016, Art. 267 Rn. 29 f.
der beklagte wird unter aufhebung des bescheids des landesjustizprüfungsamtes nordrhein-westfalen vom 6. november 2018 (az. ljpa-572/18) verurteilt, dem kläger unentgeltlich eine kopie der von ihm unter der kennziffer xxxx/xx im rahmen des zweiten juristischen staatsexamens in nordrhein-westfalen angefertigten aufsichtsarbeiten mitsamt prüfergutachten in papierform oder in einem gängigen elektronischen format zur verfügung zu stellen. der beklagte trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 v.h. des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 v.h. des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die berufung wird zugelassen. 1
2der kläger nahm unter der kennziffer xxxx/xx am zweiten juristischen staatsexamen im land nordrhein-westfalen teil und legte am 26. september 2018 erfolgreich die mündliche prüfung ab. mit schreiben vom 11. oktober 2018 beantragte er gegenüber dem landesjustizprüfungsamt nordrhein-westfalen einsicht in die von ihm im zweiten juristischen staatsexamen angefertigten aufsichtsarbeiten. zugleich bat er um eine übersendung der entsprechenden kopien in elektronischer form oder auf postalischem wege. 3mit schreiben vom 19. oktober 2018 erklärte sich das landesjustizprüfungsamt nordrhein-westfalen dem kläger gegenüber bereit, die von ihm beantragten kopien (insgesamt 348 seiten) zu dem im voraus zu bezahlenden betrag von 69,70 euro zu übersenden. gemäß § 10 abs. 1 nr. 1 des gebührengesetzes für das land nordrhein-westfalen (gebg nrw) i.v.m. nummer 31000 des teil 3 auslagen, hauptabschnitt 1, der anlage 1 (zu § 3 abs. 2) zum gerichts- und notarkostengesetz (gnotkg) seien für die seiten 1 bis 50 pro seite 0,50 euro und für jede folgeseite 0,15 euro zu zahlen. die zulässigkeit einer vorschusszahlung folge aus § 16 gebg nrw. 4in reaktion hierauf verlangte der kläger mit schreiben vom 25. oktober 2018 eine unentgeltliche zurverfügungstellung der von ihm angefertigten aufsichtsarbeiten. hierbei berief er sich auf art. 15 abs. 3 i.v.m. art. 12 abs. 5 der verordnung (eu) 2016/679 des europäischen parlaments und des rates vom 27. april 2016 zum schutz natürlicher personen bei der verarbeitung personenbezogener daten, zum freien datenverkehr und zur aufhebung der richtlinie 95/461eg (datenschutz-grundverordnung; im folgenden: ds-gvo) und insofern auf die rechtsprechung des eugh, urteil vom 20. dezember 2017, rs. c-434/16 – nowak, zur frage des personenbezugs von prüfungsarbeiten und dem diesbezüglichen bestehen von auskunftsansprüchen. 5mit bescheid vom 6. november 2018, dem kläger förmlich zugestellt am 15. november 2018, lehnte das landesjustizprüfungsamt nordrhein-westfalen den antrag des klägers auf unentgeltliche übersendung der kopie der von ihm angefertigten prüfungsarbeiten ab. dem kläger stehe kein entsprechender anspruch zu. der sachliche anwendungsbereich der ds-gvo sei nicht eröffnet, da die in den klausurbearbeitungen enthaltenen personenbezogenen daten weder ganz noch teilweise automatisiert verarbeitet würden noch daten darstellen würden, die in einem dateisystem gespeichert werden oder gespeichert werden sollen. 6der kläger hat am 17. dezember 2018 klage erhoben. 7der kläger ist der ansicht, seine klage sei als kombination einer anfechtungs- und leistungsklage zulässig und begründet. 8nach seiner auffassung sei die ds-gvo vorliegend sachlich anwendbar. die sachliche anwendbarkeit der ds-gvo werde zunächst nicht durch die bereichsausnahme nach art. 2 abs. 2 lit. a) ds-gvo ausgeschlossen. das „nordrhein-westfälische prüfungswesen“ sei weder in seiner gesamtheit aller in betracht kommenden prüfungen noch in der ausprägung der organisation und durchführung der zweiten juristischen staatsprüfung dem anwendungsbereich der ds-gvo entzogen. der ausnahmetatbestand des art. 2 abs. 2 lit. a) ds-gvo sei lediglich deklaratorischer natur und solle die grenzen der rechtsetzungskompetenzen der eu nachvollziehen. die organisation und durchführung von juristischen staatsprüfungen sei weder hinsichtlich der dahinterstehenden staatlichen interessen noch der gefährdungslage für die öffentliche sicherheit und ordnung vergleichbar mit der „nationalen sicherheit“ (vgl. erwägungsgrund 16 satz 1 ds-gvo) oder der datenverarbeitung durch verfassungsschutzbehörden (vgl. lt-drs. nrw 17/1981, s. 135). die konkrete reichweite von art. 2 abs. 2 lit. a) ds-gvo sei für den einzelfall in autonomer, unionskonformer auslegung zu bestimmen. der europäische gerichtshof lege vergleichbare vorschriften wie art. 18 des vertrages über die arbeitsweise der europäischen union (aeuv) oder art. 51 abs. 1 satz 1 der charta der grundrechte der europäischen union (grch) durchgängig extensiv aus und lasse schon vage bezüge zu unionsrechtlichen regelungen ausreichen. weder vor dem hintergrund des effet utile noch aus systematischen gründen bestünden anhaltspunkte, warum art. 16 abs. 2 aeuv und der darauf beruhende art. 2 abs. 2 lit. a) ds-gvo anders als art. 18 aeuv und/oder art. 51 grch zu interpretieren wären. insbesondere sei nicht erforderlich, dass die in rede stehende tätigkeit im einzelfall durch regelungen des unionsrechts beeinflusst werde. es reiche aus, dass die in frage stehende tätigkeit – hier die organisation und durchführung von berufsqualifizierenden juristischen staatsprüfungen im land nordrhein-westfalen – bei abstrakter betrachtung überhaupt einen bezug zum unionsrecht haben könne. ein potenzieller binnenmarktbezug sei vorliegend gegeben, da nicht nur deutsche staatsbürger an der zweiten juristischen staatsprüfung im land nordrhein-westfalen teilnehmen könnten, sondern auch ausländische juristen, die entweder die erste juristische prüfung erfolgreich abgelegt hätten oder deren ausländischer juristischer abschluss als gleichwertig anerkannt worden sei und die zum juristischen vorbereitungsdienst zugelassen worden seien. zudem sei der beklagte auch für die eu-eignungsprüfung gemäß §§ 16 ff. des gesetzes über die tätigkeit europäischer rechtsanwälte in deutschland (eurag) zuständig. die regelungen des eurag gingen u.a. zurück auf richtlinie 2005/36/eg des europäischen parlaments und des rates vom 7. september 2005 über die anerkennung von berufsqualifikationen. die eignungsprüfung werde gemäß § 18 abs. 1 eurag durch das prüfungsamt durchgeführt, das für die zweite juristische staatsprüfung zuständig sei. nach § 18 abs. 3 eurag würden grundsätzlich für die eignungsprüfung die vorschriften für die zweite juristische staatsprüfung desjenigen landes entsprechend gelten, in dem das prüfungsamt eingerichtet sei – in nordrhein-westfalen mithin das gesetz über die juristischen prüfungen und den juristischen vorbereitungsdienst (juristenausbildungsgesetz nordrhein-westfalen - jag nrw) und auch § 23 i.v.m. § 56 jag nrw. würde man die frage, ob ein rechtsanwalt aus einem anderen europäischen mitgliedstaat auskunft nach art. 15 ds-gvo gegenüber dem beklagten hinsichtlich seiner schriftlichen prüfungsarbeiten nach § 21 eurag verlangen könne, angesichts der anwendbarkeit des unionsrechts anders beurteilen im vergleich zu einem nationalen prüfungsteilnehmer des zweiten juristischen staatsexamens, so widerspräche dies dem paradigma des einheitlichen binnenmarktes und würde den nationalen prüfungsteilnehmer in bezug auf sein recht auf informationelle selbstbestimmung faktisch schlechter stellen. 9entgegen der auffassung des beklagten würden die schriftlichen prüfungsarbeiten der zweiten juristischen staatsprüfung auch nach der derzeitigen praxis des nordrhein-westfälischen landesjustizprüfungsamtes in einem „dateisystem“ gespeichert i.s.v. art. 4 nr. 6 ds-gvo. gemäß art. 2 abs. 1 ds-gvo sei neben der automatisierten verarbeitung gleichermaßen auch die manuelle verarbeitung von personenbezogenen daten vom anwendungsbereich der ds-gvo umfasst, sofern diese in einem dateisystem gespeichert seien oder gespeichert werden sollen. nach art. 4 nr. 6 ds-gvo sei der begriff des dateisystems als jede strukturierte sammlung personenbezogener daten definiert, die nach bestimmten kriterien zugänglich seien. die streitgegenständlichen prüfungsarbeiten des klägers seien nach mindestens zwei kriterien, nämlich dem persönlichen teil seiner kennziffer („xxxx“) als pseudonym und dem jahr, in dem die arbeiten angefertigt worden seien („xx“), in der sammlung aller angefertigten prüfungsarbeiten bei dem beklagten zugänglich. für die bestimmung der anwendbarkeit des datenschutzrechts könne es im übrigen nicht maßgeblich sein, mit wie vielen verschiedenen kriterien z.b. ein aktenordner beschriftet werde, da ansonsten die anwendbarkeit des datenschutzrechts vollkommen der disposition des verantwortlichen überlassen werden würde. gerade die benutzung eines pseudonyms, wie vorliegend der kennziffer xxxx/xx, ermögliche einen leichten zugriff auf gesammelte personenbezogene daten eines betroffenen, da es dem verantwortlichen möglich sei, über die zuordnungsliste zu dem pseudonym eine vielzahl von weiteren kriterien heranzuziehen. auch der europäische gerichtshof lege in seiner neuesten rechtsprechung zur reichweite des sachlichen anwendungsbereichs des datenschutzrechts – die noch nach der datenschutzrichtlinie (dsrl) zu bewerten war –, ein extensives verständnis der „datei“ zugrunde (vgl. urteil vom 10. juli 2018, rs. c-25/17 – zeugen jehovas). der begriff der „datei“ nach art. 2 lit. c) richtlinie 95/46/eg sei im wesentlichen inhaltsgleich mit dem begriff des „dateisystems“ in art. 4 nr. 6 ds-gvo. 10die prüfungsarbeiten des klägers stellten auch personenbezogene daten i.s.v. art. 4 nr. 1 ds-gvo dar. in seinem urteil vom 20. dezember 2017, rs. c-434/16 – nowak, habe der eugh bereits ausgeführt, dass es sich sowohl bei den schriftlichen antworten eines prüflings in einer berufsbezogenen prüfung als auch bei den korrekturanmerkungen um personenbezogene daten des betreffenden prüflings handele. gründe für eine anderweitige beurteilung des personenbezugs der prüfungsarbeiten des klägers seien nicht von dem beklagten vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich. 11auch ansonsten seien die voraussetzungen des auskunftsanspruchs aus art. 15 abs. 3 i.v.m. art. 12 abs. 5 ds-gvo vorliegend erfüllt. gemäß art. 12 abs. 5 ds-gvo habe die erstmalige zurverfügungstellung der informationen nach art. 15 abs. 3 ds-gvo unentgeltlich zu erfolgen. nur für weitere kopien könnten nach art. 15 abs. 3 satz 2 ds-gvo angemessene entgelte durch den verantwortlichen verlangt werden. gemäß art. 15 abs. 3 satz 3 ds-gvo könnten die personenbezogenen daten auch in einem gängigen elektronischen format durch den verantwortlichen bereitgestellt werden; der kläger habe dies mit schreiben vom 11. oktober 2018 ausdrücklich zugelassen. entgegenstehende rechte dritter nach art. 15 abs. 4 ds-gvo lägen nicht vor. auch bestehe kein fall der beschränkung des auskunftsrechts des klägers durch nationale regelungen nach maßgabe der öffnungsklausel des art. 23 ds-gvo. es liege insbesondere kein fall des § 12 datenschutzgesetz nordrhein-westfalen (dsg nrw) vor, der eine beschränkung des auskunftsrechts des klägers rechtfertigen würde. 12soweit der beklagte die auffassung vertrete, § 23 abs. 2 i.v.m. § 56 abs. 1 jag nrw sei eine den kostenlosen auskunftsanspruch des klägers aus art. 15 ds-gvo beschränkende nationale norm i.s.v. art. 23 abs. 1 lit. e) ds-gvo, sei dem zu widersprechen. denn diese norm genüge nicht den anforderungen der fakultativen öffnungsklausel des art. 23 abs. 1 lit. e), abs. 2 ds-gvo. § 23 abs. 1 satz 1 jag nrw könne allenfalls als zusätzlich neben den allgemeinen auskunftsanspruch aus art. 15 ds-gvo tretende spezifischere nationale norm angesehen werden. die vorschrift des art. 23 abs. 1 lit. e) ds-gvo sei schon nach der allgemeinen auslegungsregel singularia non sunt extenda als ausnahmevorschrift eng auszulegen. auch aus der kodifikationsform der ds-gvo als verordnung nach art. 288 abs. 2 aeuv werde deren vollharmonisierender ansatz deutlich. der europäische gerichtshof bejahe die restriktive auslegung von ausnahmevorschriften in stetiger rechtsprechung. es sei nicht ersichtlich, inwiefern die streitgegenständliche ausübung des auskunftsrechts gegenüber dem beklagten ein „sonstiges wichtiges ziel“ des allgemeinen öffentlichen interesses der union oder eines mitgliedstaates gefährden würde. die beschränkung des auskunftsanspruchs des klägers und aller weiteren prüfungsteilnehmer an der zweiten juristischen staatsprüfung stelle auch keine in einer demokratischen gesellschaft notwendige und verhältnismäßige maßnahme i.s.v. art. 23 abs. 1 ds-gvo dar. „notwendigkeit“ sei als eine verschärfte form des erforderlichkeitsgrundsatzes zu sehen, die streng im sinne eines „zwingenden gesellschaftlichen bedürfnisses“ (pressing social need) auszulegen sei. neben der wesensgehaltsgarantie und dem notwendigkeitskriterium sei auch die verhältnismäßigkeit der beschränkenden norm zu prüfen. § 23 abs. 2 jag nrw sei bereits nicht verhältnismäßig i.s.d. art. 23 ds-gvo, da eine hierauf gestützte rechtsvorschrift die ziele benennen müsse, deren sicherung sie dienen soll. solche ziele benenne § 23 abs. 2 jag nrw nicht. darüber hinaus habe der beklagte weder die kosten substantiiert aufgezeigt, die auf ihn zukommen würden im falle einer umfassenden ausübung des auskunftsrechts durch die prüfungsteilnehmer der zweiten juristischen staatsprüfung, noch habe er hinreichend konkretisiert, inwiefern die „funktionsfähigkeit“ des landesjustizprüfungsamtes gefährdet würde, sofern kein entgelt hierfür verlangt werden könnte. soweit der beklagte ausführe, dass es elementar für prüfungseinrichtungen sei, dass einsichtnahmen „strukturiert“ erfolgten, sei es bemerkenswert, dass es anscheinend kein organisatorisches problem für die „funktionsfähigkeit“ des landesjustizprüfungsamtes darstellen würde, wenn alle prüfungsteilnehmer einen entgeltlichen antrag auf erstellung und übersendung schriftlicher kopien nach bisheriger praxis stellen würden. der beklagte gehe davon aus, dass wenn ein anspruch aus art. 15 abs. 3 i.v.m. art. 12 abs. 5 ds-gvo bejaht werden würde, davon auszugehen wäre, dass „nahezu alle kandidaten“ diesen kostenlos in anspruch nehmen würden. die bloße rechtmäßige inanspruchnahme eines betroffenenrechts nach wegfallen eines bislang wohl prohibitiv wirkenden entgelts stelle im datenschutzrechtlichen sinne aber kein „risiko“ dar, das sich bei einer abwägung zugunsten eines verantwortlichen auswirken würde, da jedes bestehende betroffenenrecht nach der ds-gvo auch effektiv ausgeübt werden können müsse. den dadurch entstehenden aufwand hätten die verantwortlichen, sowohl öffentliche als auch private stellen, finanziell und organisatorisch zu tragen, ohne ein gesondertes entgelt hierfür zu verlangen. die anfertigung der kopien nach art. 15 abs. 3 ds-gvo widerspreche auch nicht dem grundsatz der datenminimierung nach art. 5 abs. 1 lit. c) ds-gvo, da schutzgegenstand des datenschutzrechts die informationelle selbstbestimmung des betroffenen sei. datenverarbeitungen im zuge der erfüllung eines auskunftsanspruchs, die aufgrund und im rahmen des ausdrücklichen willens des betroffenen hin erfolgten, würden gerade nicht gegen den datenminimierungsgrundsatz verstoßen, sondern bildeten die notwendige grundlage für die etwaige geltendmachung weiterer betroffenenrechte. 13es sei im übrigen auch keineswegs der fall, dass der europäische verordnungsgeber „den status quo der bestehenden nationalen rechtsvorschriften“ über die öffnungsklauseln der ds-gvo habe beibehalten wollen. vor allem im bereich der betroffenenrechte sollte durch die ds-gvo das datenschutzrechtliche schutzniveau in allen mitgliedstaaten angehoben werden. hierdurch ergebe sich mitunter in den mitgliedstaaten ein anpassungsbedarf bezüglich der bestehenden nationalen normen. nationale regelungen, die mit der ds-gvo kollidierten, würden seit inkrafttreten der ds-gvo mangels eines geltungsvorrangs zwar nicht nichtig. die ds-gvo beanspruche im konfliktfall allerdings einen umfassenden anwendungsvorrang. in art. 23 abs. 2 ds-gvo sei zudem die wendung „gegebenenfalls“ nicht als relativierung des mindestschutzstandards zu verstehen, sondern solle verdeutlichen, dass nicht alle vorgaben für jede sachmaterie geeignet seien. irrelevante angaben im hinblick auf die konkrete regelungssituation könnten ausgenommen werden. die anforderungen des art. 23 abs. 2 ds-gvo seien ansonsten aber kumulativ zu erfüllen, soweit sie – wie in der vorliegenden konstellation – sinnvollerweise auch erfüllt werden könnten. 14schließlich weist der kläger darauf hin, dass ihm weder vor noch nach ablegung der zweiten juristischen staatsprüfung seitens des landesjustizprüfungsamtes nordrhein-westfalen aktiv informationen nach maßgabe des art. 13 ds-gvo mitgeteilt worden seien. auf der internetseite des landesjustizprüfungsamtes werde lediglich auf die allgemeine datenschutzerklärung des ministeriums der justiz des landes nordrhein-westfalen verwiesen. in dieser datenschutzerklärung werde unter „rechte der betroffenen person“ auf das auskunftsrecht nach art. 15 ds-gvo hingewiesen und darüber informiert, dass beim auskunftsrecht und beim löschungsrecht die einschränkungen nach §§ 34 und 35 des bundesdatenschutzgesetzes (bdsg) gelten würden. auf weitere beschränkungen des auskunftsrechts werde nicht hingewiesen. 15der kläger beantragt – schriftsätzlich –, 161. der bescheid des beklagten vom 6. november 2018, az. ljpa-572/18, wird aufgehoben. 172. der beklagte wird verurteilt, dem kläger unentgeltlich eine kopie der von dem kläger unter der kennziffer xxxx/xx im rahmen des zweiten juristischen staatsexamens in nordrhein-westfalen angefertigten aufsichtsarbeiten mitsamt prüfergutachten in papierform oder in einem gängigen elektronischen format zur verfügung zu stellen. 18der beklagte beantragt – schriftsätzlich –, 19die klage abzuweisen. 20der beklagte ist der ansicht, der kläger habe keinen anspruch auf unentgeltliche zurverfügungstellung von kopien der von ihm angefertigten aufsichtsarbeiten nebst prüfergutachten in papierform oder in einem gängigen elektronischen format. ein solcher anspruch ergebe sich nicht aus art. 15 abs. 3 i.v.m. art. 12 abs. 5 satz 1 ds-gvo. 21die sachliche anwendbarkeit der datenschutz-grundverordnung werde hinsichtlich der angefertigten aufsichtsarbeiten bereits durch die in art. 2 abs. 2 lit. a) ds-gvo enthaltene bereichsausnahme ausgeschlossen. danach finde die datenschutz-grundverordnung keine anwendung auf die verarbeitung personenbezogener daten im rahmen einer tätigkeit, die nicht „in den anwendungsbereich des unionsrechts“ falle. dies gehe zurück auf die ermächtigungsgrundlage in art. 16 abs. 2 uabs. 1 satz 1 aeuv zum erlass der datenschutz-grundverordnung („vorschriften über den schutz natürlicher personen bei der verarbeitung personenbezogener daten … durch die mitgliedstaaten im rahmen der ausübung von tätigkeiten, die in den anwendungsbereich des unionsrechts fallen“). neben den in erwägungsgrund 16 zur datenschutz-grundverordnung genannten, die nationale sicherheit betreffenden tätigkeiten (wie etwa die datenverarbeitung durch verfassungsschutzbehörden, vgl. lt-drs. nrw 17/1981, s. 135), gebe es durchaus weitere verwaltungstätigkeiten, die nicht in den anwendungsbereich der datenschutz-grundverordnung fallen würden. nicht erfasst würden namentlich solche bereiche, die nach den üblichen abgrenzungskriterien, dem prinzip der begrenzten einzelermächtigung, der verhältnismäßigkeit und der subsidiarität den nationalstaaten zustünden. auch und gerade das nordrhein-westfälische juristische prüfungswesen falle insofern nicht „in den anwendungsbereich des unionsrechts“. eine anwendbarkeit des unionsrechts könne auch nicht etwa daraus abgeleitet werden, dass bei der durchführung der prüfung die durch die charta der grundrechte der europäischen union garantierten grundrechte zu beachten wären. denn auch die charta gelte gemäß art. 51 abs. 1 satz 1 grch nur unter wahrung des subsidiaritätsprinzips und für die mitgliedstaaten ausschließlich bei der durchführung des rechts der union. art. 51 abs. 2 satz 1 grch stelle klar, dass die charta den geltungsbereich des unionsrechts nicht über die zuständigkeiten der union hinaus ausdehne und weder neue zuständigkeiten noch neue aufgaben für die union begründe noch die in den verträgen festgelegten zuständigkeiten und aufgaben ändere. soweit der kläger meine, einen unionsrechtsbezug mit der begründung herleiten zu können, der beklagte sei neben der durchführung der zweiten juristischen staatsprüfung auch für die feststellung einer gleichwertigen berufsqualifikation und die durchführung der eignungsprüfung gemäß §§ 16 ff. eurag zuständig, so könne dem nicht gefolgt werden. bei der durchführung der zweiten juristischen staatsprüfung und der durchführung der eignungsprüfung nach dem eurag handele es sich um eigenständige und rechtlich voneinander getrennte prüfungsverfahren. die rechtliche trennung der verfahren werde insbesondere dadurch verdeutlicht, dass die durchführung der zweiten juristischen staatsprüfung nach dem jag nrw in die zuständigkeit des landesjustizprüfungsamtes nordrhein-westfalen falle. hingegen fielen die feststellung einer gleichwertigen berufsqualifikation und die durchführung der eignungsprüfung nach dem eurag in die zuständigkeit des gemeinsamen prüfungsamtes der länder nordrhein-westfalen, hessen, rheinland-pfalz, saarland und thüringen (vgl. § 18 abs. 2 satz 1 eurag i.v.m. §§ 1 ff. des abkommens über die bildung eines gemeinsamen prüfungsamtes zur abnahme der eignungsprüfung für die zulassung zur rechtsanwaltschaft vom 24. mai 2003, gv nrw 2003, s. 370) . darüber hinaus sei dem eurag – anders als dem jag nrw – ein unionsrechtsbezug immanent, weil es unmittelbar die anforderungen an die berufsausübung und die zulassung zur rechtsanwaltschaft in deutschland für in anderen eu-mitgliedstaaten zugelassene rechtsanwälte regele, die unionsrechtlich gewährleisteten grundfreiheiten konkretisiere und regelmäßig einen grenzüberschreitenden sachverhalt betreffe. ein derartiger unionsrechtsbezug fehle hingegen bei der durchführung der zweiten juristischen staatsprüfung auf grundlage des jag nrw, wenn – wie hier – der prüfungsteilnehmer ein deutscher staatsangehöriger sei, der gegenüber dem landesjustizprüfungsamt nordrhein-westfalen als nationaler behörde die unentgeltliche zurverfügungstellung von kopien der von ihm angefertigten aufsichtsarbeiten nebst prüfergutachten in papierform oder in einem gängigen elektronischen format begehre. der alleinige umstand, dass nach § 18 abs. 3 eurag ergänzend für die eignungsprüfung die vorschriften für die zweite juristische staatsprüfung desjenigen landes entsprechend gelten, in dem das prüfungsamt eingerichtet sei, ändere nichts daran, dass es sich um rechtlich und tatsachlich voreinander getrennte prüfungsverfahren handele. 22ungeachtet des vorbeschriebenen eingreifens der bereichsausnahme sei der sachliche anwendungsbereich der datenschutz-grundverordnung auch nicht nach art. 2 abs. 1 ds-gvo eröffnet. bei der rein manuellen, analogen ordnung und aufbewahrung der schriftlichen aufsichtsarbeiten, die lediglich über die kennziffer des prüflings auffindbar seien, könnte es sich allenfalls um eine nichtautomatisierte verarbeitung personenbezogener daten handeln, die in einem „dateisystem“ gespeichert seien. dies sei jedoch nicht der fall. denn sowohl nach art. 4 nr. 6 ds-gvo als auch nach dem erwägungsgrund 15 satz 3 zur datenschutz-grundverordnung sei für das vorliegen eines dateisystems eine zuordnung nach mehreren bestimmten „kriterien“ erforderlich. die beim landesjustizprüfungsamt nordrhein-westfalen praktizierte alleinige vergabe einer kennziffer als einziges kriterium, um die analog abgelegten aufsichtsarbeiten dem jeweiligen prüfling zuordnen zu können, reiche insofern zur begründung eines dateisystems nicht aus. hierfür bedürfe es vielmehr einer größeren anzahl an zuordnungskriterien. darüber hinaus ergebe sich auch aus dem gesamtzusammenhang der datenschutz-grundverordnung, namentlich dem zweck des schutzes der betroffenen von datenverarbeitungen, dass für die ordnung und strukturierung nicht automatisiert verarbeiteter daten gewisse materielle aspekte zu fordern seien, die durch die ordnung und aufbewahrung von aufsichtsarbeiten, die dem prüfling lediglich über eine kennziffer zugeordnet werden können, allein noch nicht erreicht werden. denn bei einer zu weiten auslegung von erwägungsgrund 15 satz 3 zur datenschutz-grundverordnung sowie von art. 4 nr. 6 ds-gvo würden nahezu alle bloß aufbewahrten dokumente von der datenschutz-grundverordnung erfasst, da sich jedenfalls ein singuläres, wie auch immer geartetes ordnungskriterium für aktensammlungen stets finden lasse. das aber würde den ausdrücklich von art. 2 abs. 1 ds-gvo intendierten eingeschränkten anwendungsbereich der datenschutz-grundverordnung konterkarieren. 23die vorschriften der datenschutz-grundverordnung und damit der anspruch aus art. 15 abs. 3 i.v.m. art. 12 abs. 5 satz 1 ds-gvo würden für den streitgegenständlichen sachverhalt auch nicht über die landesrechtliche anwendbarkeitserklärung des § 5 abs. 8 satz 1 dsg nrw gelten. danach seien auf verarbeitungen, die nicht in den anwendungsbereich des unionsrechts fallen, die vorschriften der datenschutz-grundverordnung und die vorschriften des teils 2 des dsg nrw entsprechend anzuwenden, soweit nicht der teil 1 des dsg nrw oder andere spezielle rechtsvorschriften abweichende regelungen enthalten. bezogen auf das vom kläger geltend gemachte begehren, einsicht in die von ihm angefertigten aufsichtsarbeiten zu erhalten, enthalte § 23 abs. 2 i.v.m. § 56 abs. 1 jag nrw als spezielle rechtsvorschrift i.s.v. § 5 abs. 8 satz 1 dsg nrw eine abweichende regelung, aufgrund derer die entsprechende anwendbarkeit der datenschutz-grundverordnung über die landesrechtliche anwendbarkeitserklärung des § 5 abs. 8 satz 1 dsg nrw gleichfalls ausgeschlossen sei. denn nach § 23 abs. 2 i.v.m. § 56 abs. 1 jag nrw sei dem jeweiligen prüfling auf antrag die einsicht in seine prüfungsarbeiten einschließlich der gutachten der prüferinnen oder prüfer lediglich in den räumen des landesjustizprüfungsamtes zu gestatten, nicht hingegen durch unentgeltliche zurverfügungstellung von kopien der von ihm angefertigten aufsichtsarbeiten nebst prüfergutachten in papierform oder in einem gängigen elektronischen format. § 23 abs. 2 i.v.m. § 56 abs. 1 jag nrw begründe mithin einen gegenüber § 5 abs. 8 satz 1 dsg nrw i.v.m. art. 15 abs. 3, art. 12 abs. 5 satz 1 ds-gvo spezielleren anspruch auf einsichtnahme in die prüfungsarbeiten. im rahmen des spezialgesetzlich gemäß § 23 abs. 2 i.v.m. § 56 abs. 1 jag nrw verbürgten rechts auf einsichtnahme in die angefertigten aufsichtsarbeiten sei die fertigung von kopien derselben durch das landesjustizprüfungsamt nordrhein-westfalen lediglich gegen erstattung der hierfür anfallenden auslagen gemäß § 124 des gesetzes über die justiz im land nordrhein-westfalen (justizgesetz nordrhein-westfalen – justg nrw) i.v.m. § 4 abs. 1 des justizverwaltungskostengesetzes (jvkostg) i.v.m ziffer 2000 der anlage zu § 4 abs. 1 jvkostg vorgesehen. hiernach würden sich die üblichen kosten auf jeweils 0,50 euro für die ersten 50 kopierten seiten und jeweils 0,15 euro für alle weiteren seiten belaufen. 24halte man die datenschutz-grundverordnung – entgegen der vorstehenden ausführungen – dennoch unmittelbar oder entsprechend für sachlich anwendbar, habe der kläger gleichwohl keinen anspruch auf unentgeltliche zurverfügungstellung von kopien der von ihm angefertigten aufsichtsarbeiten nebst prüfergutachten in papierform oder in einem gängigen elektronischen format. denn der geltend gemachte anspruch aus art. 15 abs. 3 i.v.m. art. 12 abs. 5 satz 1 ds-gvo werde jedenfalls in zulässiger weise gemäß art. 23 abs. 1 lit. e) ds-gvo durch die spezialgesetzliche regelung des § 23 abs. 2 i.v.m. § 56 abs. 1 jag nrw, § 124 justg nrw i.v.m. § 4 abs. 1 jvkostg i.v.m ziffer 2000 der anlage zu § 4 abs. 1 jvkostg beschränkt. die konkret benannten interessen hätten lediglich den charakter von regelbeispielen, so dass auch weitere – in art. 23 abs. 1 lit. e) ds-gvo nicht ausdrücklich aufgeführte – interessen eine beschränkung rechtfertigen könnten. auch der europäische gerichtshof habe in der rechtssache peter nowak bereits ausdrücklich klargestellt, dass datenschutzrechtliche auskunftsrechte eines prüflings hinsichtlich von ihm angefertigter prüfungsarbeiten auf der grundlage von art. 23 abs. 1 lit. e) ds-gvo durch rechtsvorschriften der mitgliedstaaten zum zwecke des schutzes „sonstiger wichtiger ziele“ des allgemeinen öffentlichen interesses der union oder eines mitgliedstaates eingeschränkt werden könnten. § 23 abs. 2 i.v.m. § 56 abs. 1 jag nrw sei eine formell-gesetzliche, mitgliedstaatliche rechtsvorschrift im vorgenannten sinne, die wichtige ziele des allgemeinen öffentlichen interesses, nämlich zum einen die funktionsfähigkeit sowie den strukturierten ablauf des prüfungsverfahrens und zum anderen das finanzielle interesse des landes nordrhein-westfalen wahre. das land nordrhein-westfalen sei zwar nicht mitgliedstaat im sinne des art. 23 ds-gvo. es sei aber als teil eines mitgliedstaates von der regelung mit umfasst. für prüfungseinrichtungen sei es elementar, dass die einsicht in die prüfungsunterlagen strukturiert erfolge. in anbetracht der hohen anzahl an prüfungen sei es auch erforderlich, dass das einsichtsrecht zeitlich beschränkt werde. der antrag auf einsichtnahme sei binnen eines monats nach bekanntgabe der prüfungsentscheidung bei dem landesjustizprüfungsamt zu stellen. die fristenregelung in § 23 abs. 2 satz 3 i.v.m. § 56 abs. 1 jag nrw sei erforderlich, um einen funktionierenden geschäftsablauf zu garantieren, und auch vor dem hintergrund der rechtsschutzmöglichkeiten (vgl. § 42 abs. 1 der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo) zu sehen. allen kandidaten kostenlos kopien ihrer aufsichtsarbeiten nebst prüfergutachten zur verfügung stellen zu müssen, sei auch mit den personellen möglichkeiten des landesjustizprüfungsamtes nicht zu bewerkstelligen. auch sei zu bedenken, dass die mit den unterschiedlichsten schreibgeräten, häufig auch mit füllfederhalter, angefertigten klausuren nicht zuverlässig rein maschinell kopiert oder gescannt werden könnten. nach den erfahrungen des landesjustizprüfungsamtes seien kopien von klausuren oft ohne manuelle korrektur der kopier- bzw. scaneinstellungen kaum lesbar. zudem müssten die klausuren, die, um den verlust von einzelnen blättern zu vermeiden, geklammert seien, entklammert und später wieder geklammert werden. es wäre daher bei bejahung eines solchen anspruches damit zu rechnen, dass jedes jahr die ca. 18.000 klausuren (also etwa 552.000 seiten bei ca. 2.300 kandidaten und einem durchschnittlichen umfang der bearbeitungen von 30 seiten) zunächst elektronisch erfasst (eingescannt), gespeichert, ausgedruckt und versandt werden müssten. damit würde nicht nur die funktionsfähigkeit des landesjustizprüfungsamtes gefährdet, sondern dies würde zugleich auch den zweck der datenschutz-grundverordnung ad absurdum führen. anstatt daten zu minimieren, würde aus einer derzeit nicht-automatischen „analogen“ speicherung in einer papierakte durch das scannen der aufsichtsarbeiten eine digital gespeicherte personenbezogene datenmasse hergestellt werden. die beschränkung des informationsrechts der prüflinge auf die einsichtnahme in den räumlichkeiten des landesjustizprüfungsamtes sei bei alledem auch verhältnismäßig. insbesondere würden hierdurch die rechtsschutzmöglichkeiten der kandidaten nicht beschnitten. es stehe den prüflingen frei, fotos ihrer aufsichtsarbeiten nebst prüfergutachten anzufertigen, was angesichts der heutzutage jedem kandidaten zur verfügung stehenden technischen möglichkeiten (insbesondere smartphones) keinen erheblichen aufwand bedeute. darüber hinaus könnten die prüflinge sich im rahmen des rechts auf einsichtnahme im einzelfall auch kopien durch die mitarbeiter des landesjustizprüfungsamtes gegen auslagenerstattung anfertigen lassen. 25entgegen der auffassung des klägers seien auch die formellen anforderungen des art. 23 abs. 2 ds-gvo erfüllt. die vorschrift des § 23 abs. 2 i.v.m. § 56 abs. 1 jag nrw sei in ihrer jetzigen fassung im jahr 2003 in das jag nrw eingefügt worden, mithin zu einem zeitpunkt lange vor inkrafttreten der datenschutz-grundverordnung. in diesem zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass art. 23 abs. 2 ds-gvo keine aussage dazu treffe, wie detailliert die einschränkende gesetzgebungsmaßnahme i.s.d. art. 23 abs. 1 ds-gvo zu sein habe. der verordnungsgeber der datenschutz-grundverordnung habe insbesondere nicht in den status quo der bestehenden nationalen rechtsvorschriften eingreifen wollen. vor diesem hintergrund sei es nicht zwingend, dass bei jeder beschränkenden nationalen gesetzgebungsmaßnahme die formellen vorgaben des art. 23 abs. 2 ds-gvo in gänze kumulativ beachtet werden müssten, was aus dem im eingangssatz des art. 23 abs. 2 ds-gvo enthaltenen wort „gegebenenfalls“ abgeleitet werden könne. dies müsse insbesondere bei beschränkenden vorschriften wie § 23 abs. 2 i.v.m. § 56 abs. 1 jag nrw gelten, die im zeitpunkt des inkrafttretens der datenschutz-grundverordnung bereits existent gewesen seien. dies zugrunde gelegt, erfülle die beschränkende vorschrift des § 23 abs. 2 i.v.m. § 56 abs. 1 jag nrw die in art. 23 abs. 2 ds-gvo aufgestellten formellen anforderungen an einschränkende gesetzgebungsmaßnahmen. § 23 abs. 2 i.v.m. § 56 abs. 1 jag nrw regele die einsichtsmöglichkeit des prüflings in seine prüfungsarbeiten. die norm lasse erkennen, dass die daten zum zwecke der durchführung des prüfungsverfahrens verarbeitet würden. dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die einsicht auch die gutachten der prüfer umfasse. ohne diese begutachtung könne der zweck der verarbeitung, die durchführung des prüfungsverfahrens mit der leistungsbeurteilung als elementarem bestandteil, nicht erfolgen. mit den prüfungsarbeiten einschließlich der gutachten der prüfer würden auch die kategorien der personenbezogenen daten grundsätzlich in der norm bezeichnet. der umfang der vorgenommenen beschränkung werde dadurch deutlich, dass die norm genau bezeichne, welche daten eingesehen werden könnten, wo die einsicht zu erfolgen habe und welche zeitliche beschränkung für die stellung des antrags auf einsichtnahme gelte. 26soweit der kläger im übrigen eine unzureichende information nach art. 13 ds-gvo rüge, sei dies für das vorliegende verfahren, namentlich für das bestehen eines anspruchs aus art. 15 abs. 3 i.v.m. art. 12 abs. 5 satz 1 ds-gvo, rechtlich unerheblich. ungeachtet dessen habe der kläger die aufsichtsarbeiten der zweiten juristischen staatsprüfung als rechtsreferendar im vorbereitungsdienst angefertigt. gegenüber landesbediensteten bedürfe es keiner gesonderten information nach art. 13 und 14 ds-gvo, weil die mitgliedstaaten gemäß art. 88 ds-gvo durch rechtsvorschriften spezifischere vorschriften zur gewährleistung des schutzes der rechte und freiheiten hinsichtlich der verarbeitung personenbezogener beschäftigtendaten im beschäftigungskontext vorsehen könnten. das land nordrhein-westfalen als teil eines mitgliedstaates habe mit erlass der vorschriften in § 30 abs. 1 satz 1 jag nrw, §§ 7 abs. 1, 86 ff. landesbeamtengesetz (lbg nrw) von der in art. 88 ds-gvo eröffneten möglichkeit, speziellere datenschutzrechtliche vorschriften hinsichtlich der verarbeitung von beschäftigtendaten zu erlassen, gebrauch gemacht. hiernach sei rechtsreferendaren u.a. die möglichkeit der einsichtnahme in ihre (personal-) akten eröffnet. damit sei der datenschutz hinreichend gewährleistet. einer darüber hinausgehenden aktiven information der landesbediensteten nach den allgemeinen vorschriften der art. 13 und 14 ds-gvo bedürfe es nicht. 27die beteiligten haben mit schriftsätzen vom 17. april 2020 und vom 20. april 2020 auf die durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet. 28
29i. die kammer konnte gemäß § 101 abs. 2 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) mit einverständnis der beteiligten ohne mündliche verhandlung entscheiden. 30ii. die klage hat erfolg. 311. die klage ist zulässig. sie ist als anfechtungsklage in kombination mit einer allgemeinen leistungsklage gemäß § 113 abs. 1 satz 1, abs. 4 vwgo statthaft. nach § 113 abs. 4 vwgo ist dann, wenn neben der aufhebung eines verwaltungsakts eine leistung verlangt werden kann, im gleichen verfahren auch die verurteilung zur leistung zulässig. 32vgl. zur statthaftigkeit einer kombinierten anfechtungs- und leistungsklage im datenschutzrecht etwa vgh baden-württemberg, urteil vom 10. märz 2020 – 1 s 397/19 –, juris rn. 26. 33a) mit dem antrag zu 1. begehrt der kläger im sinne von § 42 abs. 1, 1. alt. vwgo die aufhebung eines verwaltungsakts. 34das landesjustizprüfungsamt hat mit dem angefochtenen bescheid vom 6. november 2018 den antrag des klägers auf übersendung kostenfreier kopien förmlich abgelehnt. dieses schreiben ist nach den bei öffentlich-rechtlichen erklärungen entsprechend anwendbaren auslegungsregeln der §§ 133, 157 bürgerliches gesetzbuch (bgb), 35vgl. hierzu vg berlin, urteil vom 31. mai 2018 – 2 k 177.17 –, juris rn. 16 (zur rechtsnatur eines ablehnungsschreibens bezüglich der einsichtnahme in prüfberichte), sowie vg köln, urteil vom 22. juni 2017 – 13 k 6770/15 –, juris rn. 38 (zur versagung des anspruchs auf einsichtnahme in sachakten) jeweils mit weiteren nachweisen, 36als verwaltungsakt im sinne von § 35 satz 1 des verwaltungsverfahrensgesetzes für das land nordrhein-westfalen (vwvfg nrw) zu qualifizieren. der kläger hat und musste das an ihn gerichtete schreiben als hoheitliche maßnahme einer behörde zur regelung eines einzelfalls auf dem gebiet des öffentlichen rechts mit unmittelbarer außenwirkung verstehen. das mit einer rechtsbehelfsbelehrung versehene, an ihn adressierte, auf einen konkreten sachverhalt bezug nehmende schreiben erweckt auch mit seiner äußeren form und abfassung den eindruck, das landesjustizprüfungsamt beabsichtige, dem kläger gegenüber durch einen der bestandskraft fähigen bescheid verbindlich zu regeln, dass er auf die von ihm begehrte unentgeltliche leistung keinen rechtsanspruch habe. 37der kläger ist als adressat dieses verwaltungsakts auch klagebefugt gemäß § 42 abs. 2 vwgo. gemäß § 68 abs. 1 satz 2 vwgo i.v.m. § 110 abs. 1 satz 1 des gesetzes über die justiz im land nordrhein-westfalen (justizgesetz nordrhein-westfalen – justg nrw) bedurfte es vor erhebung der klage keiner nachprüfung in einem vorverfahren. auch wurde die klage am 17. dezember 2018 gemäß § 74 abs. 1 satz 2 vwgo innerhalb eines monats nach bekanntgabe des verwaltungsakts und damit fristgerecht erhoben. der bescheid wurde dem kläger ausweislich der in dem verwaltungsvorgang befindlichen zustellungsurkunde am 15. november 2018 zugestellt. da das fristende am 15. dezember 2018 auf einen samstag fiel, endete die monatsfrist erst mit ablauf des 17. dezember 2018 gemäß § 57 abs. 2 vwgo i.v.m. § 222 abs. 1 und 2 der zivilprozessordnung (zpo) und nach §§ 187 abs. 1, 188 abs. 2, 193 bgb. hinsichtlich der beantragten aufhebung des bescheides ist der kläger auch rechtschutzbedürftig, da bei eintritt der bestandkraft des bescheides diese seinem – mit dem antrag zu 2. verfolgten – (leistungs-) begehren entgegengehalten werden könnte. 38b) mit dem antrag zu 2. begehrt der kläger eine verurteilung des beklagten auf vornahme eines realakts, so dass dieses begehren mit der allgemeinen leistungsklage zu verfolgen ist. 39zwar wird in der verwaltungsgerichtlichen rechtsprechung die frage unterschiedlich beantwortet, ob es sich bei einer datenschutzrechtlichen (eigen-) auskunft über personenbezogene daten um einen verwaltungsakt handelt, dessen erlass mit einer verpflichtungsklage zu verfolgen ist, 40vgl. in diesem sinne etwa vg dresden, urteil vom 26. juli 2017 – 6 k 1372/15 –, juris rn. 17, 41oder ob es sich mangels regelungscharakters der bloßen auskunft um einen realakt handelt, der mit der allgemeinen leistungsklage eingeklagt werden kann, 42vgl. in diesem sinne etwa vg frankfurt (oder), urteil vom 2. april 2019 – 7 k 1062/16 –, juris rn. 30; offen gelassen von ovg lüneburg, urteil vom 20. juni 2019 – 11 lc 121/17 –, juris rn. 36, jeweils mit weiteren nachweisen. 43nach auffassung der kammer kann diese frage hier allerdings dahinstehen. denn jedenfalls die hier begehrte unentgeltliche „übersendung einer kopie“ der in rede stehenden daten entweder in papierform oder in einem gängigen elektronischen format ist als schlichter realakt zu bewerten. die begehrte anfertigung und übersendung einer solchen kopie ist ein schlicht hoheitliches handeln, das keine rechtsverbindliche regelung durch verwaltungsakt nach § 35 satz 1 vwvfg nrw beinhaltet. 44vgl. ebenso vg neustadt (weinstraße), urteil vom 14. juni 2007 – 4 k 54/07.nw –, juris rn. 19 (anspruch auf kopie eines dokuments aus dem stadtarchiv). 45auch der umstand, dass der anspruch aus art. 15 abs. 3 i.v.m. art. 12 abs. 5 satz 1 der datenschutz-grundverordnung (ds-gvo) bei vorliegen der voraussetzungen eine gebundene entscheidung vorsieht, spricht dafür, dass auch die entscheidung über die herausgabe entsprechender kopien – in papierform oder in einem elektronischen format – keinen eigenständigen regelungsgehalt hat, sondern sich in tatsächlicher hinsicht im normvollzug erschöpft. 46vgl. demgegenüber zur verwaltungsaktsqualität von auskünften nach pflichtgemäßem ermessen grundlegend bverwg, urteil vom 25. februar 1969 – i c 65.67 –, juris rn. 40; siehe hierzu auch vg hamburg, urteil vom 16. februar 1999 – 10 vg 1745/98 –, juris rn. 29. 47soweit der kläger die kopien – in papierform oder in einem elektronischen format – als „unentgeltlich“ einfordert, ändert dies nichts an der vorstehenden rechtlichen bewertung. denn die unentgeltlichkeit wird von der anspruchsnorm vorgegeben und ist damit selbst anspruchs- bzw. leistungsinhalt. vor allem verlangt der kläger keine individuelle gebühren- und auslagenbefreiung aus persönlichen oder sachlichen gründen, die in der regel mittels verpflichtungsklage geltend zu machen wäre. 48vgl. sächsovg, urteil vom 20. januar 2014 – 3 a 623/12 –, juris rn. 41, und vom 2. dezember 2016 – 7 c 17/16.f –, juris rn. 20. 49der kläger ist auch hinsichtlich des antrags zu 2. mit blick auf den von ihm geltend gemachten anspruch aus der datenschutz-grundverordnung klagebefugt gemäß § 42 abs. 2 vwgo analog. 502. die klage ist auch begründet. der bescheid des landesjustizprüfungsamtes vom 6. november 2018 ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. dem kläger steht ein anspruch auf die begehrte leistung zu, § 113 abs. 4 vwgo. 51a) die kammer lässt es im ergebnis offen, ob sich der anspruch des klägers mit blick auf art. 2 abs. 2 lit. a) ds-gvo vor dem hintergrund der unmittelbaren geltung der datenschutz-grundverordnung seit dem 25. mai 2018 (art. 288 abs. 2 des vertrags über die arbeitsweise der europäischen union – aeuv, art. 99 abs. 2 ds-gvo) bereits aus einer direkten anwendung des art. 15 abs. 3 i.v.m. art. 12 abs. 5 satz 1 ds-gvo ergibt. 52nach auffassung der kammer spricht allerdings überwiegendes dafür, dass der sachliche anwendungsbereich der datenschutz-grundverordnung – entgegen der auffassung des beklagten – nicht gemäß art. 2 abs. 2 lit. a) ds-gvo ausgeschlossen ist. gemäß art. 2 abs. 2 lit. a) ds-gvo findet diese verordnung keine anwendung auf die verarbeitung personenbezogener daten im rahmen einer tätigkeit, die nicht in den „anwendungsbereich des unionsrechts“ fällt. die durchführung berufsbezogener prüfungen, durch die die grundsätzliche befähigung zur berufsausübung in einem mitgliedstaat der eu erworben wird, die ihn zu berufsausübung – nötigenfalls nach entsprechender berufsanerkennung – in anderen mitgliedstaaten berechtigt, und die dabei anfallende verarbeitung personenbezogener daten dürften allein aufgrund der abstrakten relevanz für die grundfreiheiten und den binnenmarkt eine in den anwendungsbereich des unionsrechts fallende tätigkeit darstellen. 53die begrenzung in art. 2 abs. 2 lit. a) ds-gvo auf solche tätigkeiten, die in den anwendungsbereich des unionsrechts fallen, beruht auf art. 16 abs. 2 aeuv, der seinerseits die regelungsbefugnis der union für das datenschutzrecht hierauf begrenzt. art. 2 abs. 2 lit. a) ds-gvo soll folglich seinerseits lediglich (deklaratorisch) die grenzen der rechtsetzungskompetenzen der eu nachvollziehen. ausgenommen vom anwendungsbereich der verordnung ist daher vor allem der bereich der nationalen sicherheit, wie auch erwägungsgrund 16 hervorhebt. 54vgl. ennöckl, in: sydow (hrsg.), europäische datenschutzgrundverordnung, 2. aufl. 2018, art. 2 rn. 8; kühling/raab, in: kühling/buchner (hrsg.), datenschutz-grundverordnung / bdsg, 2. aufl. 2018, art. 2 ds-gvo rn. 21; ernst, in: paal/pauly (hrsg.), datenschutz-grundverordnung / bundesdatenschutzgesetz, 2. aufl. 2018, art. 2 ds-gvo rn. 11; bäcker, in: wolff/brink (hrsg.), beckok datenschutzrecht, 31. edition (stand: 1. mai 2019), art. 2 ds-gvo rn. 7; zerdick, in: ehmann/selmayr (hrsg.), datenschutz-grundverordnung, 2. aufl. 2018, art. 2 rn. 8. 55soweit der beklagte in diesem kontext sinngemäß ausführt, die eu habe für den hier maßgeblichen bereich der juristenausbildung einschließlich der durchführung der prüfungen und der aufbewahrung der prüfungsunterlagen keine kompetenz, ist anzumerken, dass die eu im bereich der allgemeinen und beruflichen bildung gemäß art. 6 lit. e) aeuv zumindest eine unterstützungs-, koordinierungs- bzw. ergänzungsfunktion hat und insofern auch eine eu-politik im bereich der beruflichen aus- und weiterbildung betreibt (vgl. vor allem art. 165, 166 aeuv). schon dies ist für die öffnung des anwendungsbereichs nach art. 2 abs. 2 lit. a) ds-gvo ausreichend. 56vgl. so schon vg berlin, beschluss vom 28. februar 2020 – 3 l 1028.19 –, juris rn. 18 (zur anwendbarkeit der datenschutz-grundverordnung auf die führung einer schülerakte). 57hinzu kommt, dass die zweite juristische staatsprüfung noch im rahmen eines öffentlich-rechtlichen ausbildungsverhältnisses abgelegt wird (vgl. § 30 abs. 1 jag nrw) und damit, zumindest soweit es um die ausgestaltung dieses ausbildungsverhältnisses geht, auch kompetenzen der eu aus den bereichen des arbeitsrechts betroffen sein können. auch art. 88 ds-gvo lässt erkennen, dass die datenschutz-grundverordnung auf die datenverarbeitung im beschäftigungskontext grundsätzlich anwendbar ist. die examensprüfungen betreffen den abschluss und die rechtliche beendigung des ausbildungsverhältnisses (§ 31 abs. 1 jag nrw). das recht auf zugang zu den ergebnissen der abschlussprüfung ist insofern auch für das beschäftigungsverhältnis von relevanz. im bereich des arbeitsrechts ergänzt die eu die rechtssetzungsinitiativen der einzelnen eu-länder durch festlegung von mindeststandards im hinblick auf arbeits- und beschäftigungsbedingungen sowie die unterrichtung und anhörung der beschäftigten (vgl. vor allem art. 153 aeuv). nach auffassung der kammer rechtfertigt auch dieser abstrakte bezug zu den kompetenten der eu die eröffnung des anwendungsbereichs. 58vgl. zur gebotenen abstrakten betrachtungsweise im bereich des arbeitsrechts auch bayvgh, beschluss vom 21. mai 2019 – 17 p 18.2581 –, juris rn. 50 (zur einschlägigkeit der datenschutz-grundverordnung bei datenübermittlungen an die personalvertretung); zur geltung der datenschutz-grundverordnung in einem arbeitsverhältnis siehe auch lag baden-württemberg, urteil vom 20. dezember 2018 – 17 sa 11/18 –, juris rn. 198, mit hinweis auf düwell/brink, die eu-datenschutz-grundverordnung und der beschäftigtendatenschutz, nza 2016, 665. 59unabhängig davon folgt die kammer der argumentation des klägers, dass vorliegend die binnenmarktkompetenz (art. 114 aeuv) bei der hier gebotenen abstrakten betrachtung schon deshalb berührt sein dürfte, weil eu-bürger aus anderen mitgliedstaaten aufgrund der freizügigkeit sowie der niederlassungs- und dienstleistungsfreiheit in deutschland das referendariat nach nationalem recht absolvieren und die zweite juristische staatsprüfung ablegen und sodann ihrerseits wiederum etwa die zulassung zur rechtsanwaltschaft als europäischer rechtsanwalt in ihrem heimatstaat auf der grundlage der insoweit bestehenden vorschriften über die berufsanerkennung beantragen können. auch dieser abstrakte bezug ist ausreichend. denn für die auslegung des art. 2 abs. 2 lit. a) ds-gvo gilt, dass alle tätigkeiten der mitgliedstaaten im anwendungsbereich des unionsrechts erfasst werden, unabhängig davon, ob hierbei unionsrecht oder recht der mitgliedstaaten – wozu auch das landesrecht der bundesländer zu zählen ist – durchgeführt wird. art. 16 abs. 2 aeuv enthält nämlich nicht die einschränkung des art. 51 abs. 1 der charta der grundrechte der europäischen union (grch), wonach die charta für die mitgliedstaaten nur „bei der durchführung des rechts der union“ gilt. 60vgl. zerdick, in: ehmann/selmayr (hrsg.), datenschutz-grundverordnung, 2. aufl. 2018, art. 2 rn. 5; siehe auch zu art. 16 aeuv: brühann, in: von der groeben/schwarze/hatje (hrsg.), europäisches unionsrecht, 7. aufl. 2015, art. 16 aeuv rn. 65. 61bei der auslegung des art. 2 abs. 2 lit. a) ds-gvo ist entsprechend der in art. 1 ds-gvo formulierten weiten zielsetzung der datenschutz-grundverordnung davon auszugehen, dass der anwendungsbereich und damit auch art. 2 abs. 2 lit. a) ds-gvo weit zu fassen sind, so dass grundsätzlich jede datenverarbeitung einbezogen wird, die bei abstrakter betrachtung überhaupt einen bezug zum unionsrecht haben kann. 62vgl. bäcker, in: wolff/brink (hrsg.), beckok datenschutzrecht, 31. edition (stand: 1. mai 2019), art. 2 ds-gvo rn. 7; grzeszick, nationale parlamente und eu-datenschutzgrundverordnung, nvwz 2018, 1505 (1507); siehe auch zu art. 16 aeuv: brühann, in: von der groeben/schwarze/hatje (hrsg.), europäisches unionsrecht, 7. aufl. 2015, art. 16 aeuv rn. 65 ff. 63bereits zu art. 3 abs. 2 der richtlinie 95/46/eg zum schutz natürlicher personen bei der verarbeitung personenbezogener daten und zum freien datenverkehr war anerkannt, dass der anwendungsbereich der richtlinie im sinne einer solchen abstrakten betrachtungsweise weit zu fassen ist. nach dieser vorschrift fand die richtlinie keine anwendung auf die verarbeitung personenbezogener daten, die für die ausübung von tätigkeiten erfolgt, die nicht in den „anwendungsbereich des gemeinschaftsrechts“ fallen. nach der rechtsprechung des europäischen gerichtshofes (eugh) war die anwendung der auf die binnenmarktkompetenz gestützten richtlinie 95/46/eg vor dem hintergrund ihrer zielrichtung, die bedingungen für die errichtung und das funktionieren des binnenmarkts zu verbessern, generell nicht davon abhängig, ob eine verarbeitung von daten im einzelfall ein grenzüberschreitendes element enthält oder mit der ausübung einer der grundfreiheiten der verträge verbunden ist. 64vgl. eugh, urteile vom 20. mai 2003, rs. c-465/00, rs. c-138/01 und rs. c-139/01 – österreichischer rundfunk, rn. 41 ff., und vom 6. november 2003, rs. c-101/01 – lindqvist, rn . 40 ff.; siehe zur rspr. des eugh auch brühann, in: von der groeben/schwarze/hatje (hrsg.), europäisches unionsrecht, 7. aufl. 2015, art. 16 aeuv rn. 67. 65ganz im sinne dieser weiten auslegung hat der eugh auch und gerade in der sache peter nowak gegen data protection commissioner, d.h. mit blick auf den informationszugang zu einer korrigierten arbeit einer berufsbezogenen prüfung, den anwendungsbereich der richtlinie art. 3 abs. 2 rl 95/46/eg als eröffnet erachtet, ohne dies auch nur ansatzweise zu hinterfragen. 66vgl. eugh, urteil vom 20. dezember 2017, rs. c-434/16 – nowak, rn. 33. 67da die bisherige auslegung von art. 3 abs. 2 der richtlinie 95/46/eg und die hierzu ergangene rechtsprechung des eugh auf die nachfolgeregelung in art. 2 abs. 2 lit. a) ds-gvo zu übertragen sein dürfte, 68so auch franzen, in: franzen/gallner/oetker (hrsg.), kommentar zum europäischen arbeitsrecht, 3. aufl. 2020, art. 2 ds-gvo rn. 3, 69dürfte aus sicht der kammer insofern für den hiesigen streitgegenstand mit blick auf art. 2 abs. 2 lit. a) ds-gvo nichts anderes gelten, zumal auch die datenschutz-grundverordnung weiterhin u.a. die stärkung des binnenmarkts bezweckt (erwägungsgrund 2 satz 2). 70vgl. zum ganzen auch peter, einsichtnahme in examensarbeiten: kopiert das justizprüfungsamt jetzt kostenlos? – eine datenschutzrechtliche betrachtung nach der dsgvo, zjs 2019, 252 ff. 71letztendlich braucht die frage der unmittelbaren anwendbarkeit der datenschutz-grundverordnung hier aber nicht beantwortet zu werden. 72so auch bsg, urteil vom 18. dezember 2018 – b 1 kr 40/17 r –, juris rn. 29 (keine vertiefung der frage nach einer unmittelbaren anwendung der datenschutz-grundverordnung auf den bereich der gesundheitspolitik vor dem hintergrund der jedenfalls bundesgesetzlich angeordneten entsprechenden anwendung). 73b) der anspruch des klägers ergibt sich jedenfalls aus § 5 abs. 8 satz 1 des datenschutzgesetzes nordrhein-westfalen (dsg nrw) i.v.m. art. 15 abs. 3 und art. 12 abs. 5 satz 1 ds-gvo. denn nach § 5 abs. 8 satz 1 dsg nrw sind auf verarbeitungen, die „nicht in den anwendungsbereich des unionsrechts“ fallen, die vorschriften der verordnung (eu) 2016/679 und die vorschriften des teils 2 des datenschutzgesetzes nordrhein-westfalen entsprechend anzuwenden, soweit nicht dieser teil oder andere spezielle rechtsvorschriften abweichende regelungen enthalten. die voraussetzungen der insoweit jedenfalls entsprechend anzuwendenden art. 2 abs. 1, 12 und 15 ds-gvo sind erfüllt (vgl. hierzu unten (1)). andere spezielle rechtsvorschriften mit abweichenden regelungen i.s.d. § 5 abs. 8 satz 1 dsg nrw sind nicht vorhanden (vgl. hierzu unten (2)). 74(1) die vom kläger unter der kennziffer xxxx/xx im rahmen des zweiten juristischen staatsexamens in nordrhein-westfalen angefertigten aufsichtsarbeiten mitsamt prüfergutachten werden von art. 2 abs. 1 ds-gvo erfasst (vgl. hierzu unten (a)). der daraus resultierende anspruch gegen das landesjustizprüfungsamt auf eine unentgeltliche kopie (vgl. hierzu unten (b)) ist weder durch art. 15 abs. 4 ds-gvo (vgl. hierzu unten (c)) noch durch art. 12 abs. 5 satz 2 ds-gvo ausgeschlossen (vgl. hierzu unten (d)). der anspruch ist auch nicht durch rechtsvorschriften der union oder der mitgliedstaaten, insbesondere nicht durch vorschriften des juristenausbildungsgesetzes, beschränkt i.s.v. art. 23 ds-gvo (vgl. hierzu unten (e)). 75(a) die betroffenenrechte aus der datenschutz-grundverordnung sind gemäß art. 2 abs. 1 ds-gvo vorliegend anwendbar. danach gilt die verordnung für die ganz oder teilweise automatisierte verarbeitung personenbezogener daten sowie für die nichtautomatisierte verarbeitung personenbezogener daten, die in einem dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. 76diese tatbestandlichen anforderungen sind vorliegend gegeben. bei den klausuren einschließlich der korrekturen handelt es sich um „personenbezogene daten“ des klägers (vgl. hierzu unten (aa)). die korrigierten examensklausuren werden vom landesjustizprüfungsamt nichtautomatisiert „verarbeitet“ (vgl. unten (bb)) und in einem „dateisystem“ gespeichert (vgl. unten (cc)). 77(aa) nach der grundlegenden begriffsbestimmung in art. 4 nr. 1 ds-gvo sind „personenbezogene daten“ alle informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche person beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels zuordnung zu einer kennung wie einem namen, zu einer kennnummer, zu standortdaten, zu einer online-kennung oder zu einem oder mehreren besonderen merkmalen identifiziert werden kann, die ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen identität dieser natürlichen person sind. 78bereits in seinem urteil im fall c-434/16 (nowak) hat der eugh – noch mit blick auf die begriffsbestimmung in art. 2 lit. a) der richtlinie 95/46/eg – ausgeführt, dass die antworten eines kandidaten in einer schriftlichen prüfung und die kommentare des prüfers zu diesen antworten personenbezogene daten des prüflings darstellen können und damit u.a. der auskunftspflicht unterliegen. 79vgl. eugh, urteil vom 20. dezember 2017, rs. c-434/16 – nowak, mit anm. schütze, eugh: definition personenbezogener daten, zd-aktuell 2018, 05926; siehe auch pauly, rechtsentwicklungen im datenschutzrecht 2019, db beilage 2019, nr. 3, 53 (57), der davon ausgeht, dass der eugh mit seiner entscheidung dem betroffenen folglich auch „einen anspruch auf eine elektronische kopie seiner examensklausuren gewährt“ habe. 80die in art. 2 lit. a) der richtlinie 95/46/eg enthaltene begriffsdefinition entspricht im wesentlichen jener des sie unmittelbar ersetzenden art. 4 nr. 1 ds-gvo. die vom eugh vorgenommene rechtliche einordnung ist deshalb und mit blick auf die maßgeblichen zugrundeliegenden erwägungen auf die examensarbeiten des klägers übertragbar. demnach sind personenbezogene daten nicht lediglich sensible oder private informationen, sondern alle arten von informationen, die aufgrund ihres inhalts, ihres zwecks oder ihrer auswirkungen mit einer bestimmten person verknüpft sind. 81vgl. eugh, urteil vom 20. dezember 2017, rs. c-434/16 – nowak, rn. 34 f.; siehe zur dreidimensionalität der personenbezogenheit auch klabunde, in: ehmann/selmayr (hrsg.), datenschutz-grundverordnung, 2. aufl. 2018, art. 4 rn. 11. 82prüfungsarbeiten einschließlich der korrekturen des prüfers erfüllen diese voraussetzung nach auffassung des eugh u.a. insoweit, als sie einerseits den kenntnisstand und das kompetenzniveau des prüflings in einem bestimmten bereich sowie gegebenenfalls seine gedankengänge, sein urteilsvermögen und sein kritisches denken widerspiegeln, 83vgl. eugh, urteil vom 20. dezember 2017, rs. c-434/16 – nowak, rn. 37, 84und sich andererseits die verwendung dieser informationen, die insbesondere im erfolg oder scheitern des prüflings der in rede stehenden prüfung zum ausdruck kommt, auf dessen rechte und interessen auswirken, insbesondere seine chancen, den gewünschten beruf zu ergreifen oder die gewünschte anstellung zu erhalten, bestimmen oder beeinflussen kann, 85vgl. eugh, urteil vom 20. dezember 2017, rs. c-434/16 – nowak, rn. 39. 86all dies trifft auch auf die examensarbeiten des klägers zu. 87vgl. ebenso in bezug auf bachelor- und masterarbeiten bereits vg hamburg, beweisbeschluss vom 20. märz 2020 – 17 k 1312/19 –, juris rn. 45 f. 88dass dem jeweiligen korrektor eine identifizierung während der korrektur nicht möglich war, ist bei alledem unerheblich. 89vgl. frank, in: gola (hrsg.), datenschutz-grundverordnung, 2. aufl. 2018, art. 15 rn. 23. 90(bb) unter „verarbeitung“ ist nach art. 4 nr. 2 ds-gvo jeder mit oder ohne hilfe automatisierter verfahren ausgeführte vorgang oder jede solche vorgangsreihe im zusammenhang mit personenbezogenen daten zu verstehen wie u.a. das erheben, das erfassen, die organisation, das ordnen oder die speicherung. 91die organisation und das ordnen erfasst dabei den aufbau einer wie auch immer gearteten struktur innerhalb der daten, wobei es keine rolle spielt, ob diese simpel oder komplex ist. 92vgl. schild, in: wolff/brink (hrsg.), beckok datenschutzrecht, 31. edition (stand: 1. februar 2020), art. 4 ds-gvo rn. 43. 93der begriff der speicherung bezeichnet die überführung des informationsgehalts personenbezogener daten in eine verkörperte form in einer weise, die es dem verantwortlichen ermöglicht, die daten aus dem datenträger wiederzugewinnen. 94vgl. herbst, in: kühling/buchner (hrsg.), datenschutzgrundverordnung / bdsg, 2. aufl. 2018, art. 4 rn. 24. 95das speichern erfasst somit quasi als kehrseite der löschung und vernichtung deren unterlassung – auch ohne aktives tun – schlicht durch weitere aufbewahrung. 96vgl. reimer, in: sydow (hrsg.), europäische datenschutzgrundverordnung, 2. aufl. 2018, art. 4 rn. 61. 97nach § 64 satz 1 jag nrw sind die schriftlichen prüfungsarbeiten des juristischen staatsexamens einschließlich der gutachten der prüfer fünf jahre, die übrigen prüfungsunterlagen fünfzig jahre aufzubewahren. zu diesem zweck werden die klausuren – nach jahrgängen und kennziffern geordnet – im landesjustizprüfungsamt archiviert. auch nach abschluss der prüfung und bekanntgabe des prüfungsergebnisses an den prüfling werden die daten mithin dort noch vorgehalten. dieses aufbewahren personenbezogener daten in papierakten unterfällt als unterfall der organisation, des ordnens und auch des speicherns in einer nicht digitalen form dem begriff der verarbeitung. diese endet erst mit der endgültigen löschung der daten durch aussonderung und vernichtung der akten. 98(cc) diese nichtautomatisierte speicherung der personenbezogen daten erfolgt schließlich auch in einem dateisystem. nach der begriffsbestimmung in art. 4 nr. 6 ds-gvo ist ein „dateisystem“ jede strukturierte sammlung personenbezogener daten, die nach bestimmten kriterien zugänglich sind, unabhängig davon, ob diese sammlung zentral, dezentral oder nach funktionalen oder geografischen gesichtspunkten geordnet geführt wird. 99mit der berücksichtigung der nichtautomatisierten datenverarbeitung mittels eines dateisystems bezweckt der verordnungsgeber einen technologieneutralen datenschutz, um ein risiko der umgehung der verordnung zu vermeiden (vgl. erwägungsgrund 15). der begriff ist entsprechend weit auszulegen. 100vgl. schleswig-holsteinisches verwaltungsgericht, beschluss vom 13. juni 2019 – 8 b 10/19 –, juris rn. 21 (auflistung von namen und anschriften von parzellenpächtern als dateisystem). 101erfasst werden damit grundsätzlich auch akten oder aktensammlungen, die in papierform geführt werden. 102vgl. lag sachsen-anhalt, urteil vom 23. november 2018 – 5 sa 7/17 –, juris rn. 64 ff. (personalakte als dateisystem). 103soweit der beklagte der ansicht ist, dass insbesondere diese tatbestandlichen voraussetzungen hier nicht erfüllt seien, vermag sich die kammer dieser ansicht nicht anzuschließen. selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass bei der manuellen verarbeitung die sammlung bzw. die in ihr enthaltenen daten nach bestimmten, d.h. zumindest „zwei“ kriterien zugänglich sein müssen, 104vgl. in diesem sinne etwa gola, datenschutz-grundverordnung, 2. aufl. 2018, art. 4 rn. 47; a.a. ernst, in: paal/pauly (hrsg.), datenschutz-grundverordnung / bundesdatenschutzgesetz, 2. aufl. 2018, art. 4 ds-gvo rn. 53 („es genügt für die einordnung als dateisystem, dass ein einziges merkmal die informationen erschließt.“), 105so sind hier zwei kriterien, namentlich der jahrgang und die laufende nummer im jeweiligen jahr, für das aufbewahrungssystem der klausuren im landesjustizprüfungsamt maßgeblich. dass diese beiden kriterien zu einer kennziffer zusammengeführt werden, ändert nichts daran, dass beide merkmale maßgeblich sind für die sortierung und das wiederauffinden der klausuren eines jeden einzelnen prüflings. hinzu kommt, dass der name des prüflings hinterlegt ist und der kennziffer zugeordnet werden kann. auch sonst ist anerkannt, dass akten oder aktensammlungen jedenfalls dann von art. 4 nr. 6 ds-gvo erfasst werden, wenn sie etwa nach aktenzeichen geordnet und nach der betreffsangabe bzw. dem namen umgeordnet werden können. 106vgl. gola, datenschutz-grundverordnung, 2. aufl. 2018, art. 4 rn. 47. 107entscheidend bleibt, dass ein gleichartiger aufbau bestimmter kriterien gegeben ist, der schon dann vorliegt, wenn akten nach ihrer äußeren beschriftung ein gleiches system beinhalten. entscheidend ist die einheitliche und gleiche gestaltung. 108vgl. schild, in: wolff/brink (hrsg.), beckok datenschutzrecht, 31. edition (stand: 1. februar 2020), art. 4 ds-gvo rn. 83. 109akten und aktensammlungen und die deckblätter dazu fallen nur dann nicht unter den dateibegriff, wenn ihr inhalt nicht in der art einer datei strukturiert ist, d.h. eine manuelle auswertbarkeit nicht gegeben ist (vgl. auch erwägungsgrund 15 satz 3). 110vgl. gola, datenschutz-grundverordnung, 2. aufl. 2018, art. 4 rn. 47. 111bei der manuellen verarbeitung werden mit anderen worten nur „unstrukturierte akten“ nicht erfasst. 112so auch schild, in: wolff/brink (hrsg.), beckok datenschutzrecht, 31. edition (stand: 1. februar 2020), art. 4 ds-gvo rn. 33. 113so fallen etwa lediglich unsortierte blätter, fließtexte bzw. notizen auf papier nicht darunter. ansonsten ist die anwendbarkeit der datenschutz-grundverordnung fast immer, wo personenbezogene daten vorliegen, schon bei einfachsten formen einer organisation der daten gegeben. 114vgl. in dieser deutlichkeit etwa schneider, datenschutz, 2. aufl. 2019, 3. kapitel, abschnitt ii. 1. („automatisierte verarbeitung, dateisystem“). 115selbst handschriftliche aufzeichnungen können ein dateisystem sein, wenn sich der inhalt leicht erschließen lässt, die gespeicherten personenbezogenen daten mithin leicht wieder auffindbar sind, also die datenstrukturierung leichte wiederauffindbarkeit gewährleistet. 116vgl. schild, in: wolff/brink (hrsg.), beckok datenschutzrecht, 31. edition (stand: 1. februar 2020), art. 4 ds-gvo rn. 83, mit hinweis auf eugh, urteil vom 10. juli 2018, rs. c-25/17 – zeugen jehowas (noch zum im wesentlichen inhaltsgleichen begriff der „datei“ gemäß art. 2 lit. c der richtlinie 95/46/eg). 117ausgehend hiervon sind etwa die nach steuernummern oder sonstigen aktenzeichen sortierten papierakten als dateisystem anzusehen. 118vgl. finanzgericht des saarlandes, beschluss vom 3. april 2019 – 2 k 1002/16 –, juris rn. 11. 119auch eine sammlung nach namen geordneter gespeicherter lichtbilder, mit deren hilfe verlorene, zerstörte oder aus anderen gründen unbrauchbar gewordene elektronische gesundheitskarten neu erstellt werden sollen, stellt ohne zweifel bereits ein „dateisystem“ dar. 120vgl. bsg, urteil vom 18. dezember 2018 – b 1 kr 31/17 r –, juris rn. 16. 121nach alledem hat die kammer – auch ohne inaugenscheinnahme des archivs des landesjustizprüfungsamtes – keinen zweifel daran, dass die examensklausuren nebst prüfergutachten ebenfalls in einem dateisystem gespeichert sind. 122(b) gemäß art. 15 abs. 3 ds-gvo stellt der verantwortliche eine kopie der personenbezogenen daten, die gegenstand der verarbeitung sind, zur verfügung (satz 1). für alle weiteren kopien, die die betroffene person beantragt, kann der verantwortliche ein angemessenes entgelt auf der grundlage der verwaltungskosten verlangen (satz 2). stellt die betroffene person den antrag elektronisch, so sind die informationen in einem gängigen elektronischen format zur verfügung zu stellen, sofern sie nichts anderes angibt (satz 3). auch diese voraussetzungen sind hier erfüllt. 123(aa) der kläger ist als verfasser der klausuren die „betroffene person“ und damit anspruchsinhaber. als behörde, die über die zwecke und mittel der verarbeitung von personenbezogenen daten entscheidet, ist das landesjustizprüfungsamt als „verantwortlicher“ i.s.d. art. 4 nr. 7 ds-gvo materiell-rechtlich anspruchsverpflichtet. 124(bb) auch inhaltlich umfasst der anspruch die vom kläger begehrte leistung, namentlich die anfertigung von fotokopien oder wahlweise einer datenkopie in einem gängigen elektronischen format. 125das recht auf eine kopie ergänzt den auskunftsanspruch nach art. 15 abs. 1 ds-gvo. beide rechte stehen selbstständig nebeneinander. 126vgl. bäcker, in: kühling/buchner (hrsg.), datenschutz-grundverordnung / bdsg, 2. aufl. 2018, art. 15 ds-gvo rn. 39; vgl. auch halder/johanson, datenschutz in studentischen rechtsberatungen – teil 2, njoz 2019, 1457 (1459): das verlangen nach einer kopie ist eigener auskunftsanspruch und nicht „die auskunft“ nach absatz 1. 127wenngleich im übrigen zwar inhalt und reichweite sowie dogmatische einordnung des rechts auf eine kopie im einzelnen noch umstritten sind, 128vgl. zum streitstand etwa schmidt-wudy, in: wolff/brink (hrsg.), beckok datenschutzrecht, 31. edition (stand: 1. februar 2020), art. 15 ds-gvo rn. 85, mit zahlreichen nachweisen, 129so umfasst der anspruch inhaltlich aber mindestens das – hier geltend gemachte – recht auf eine papierne fotokopie jener bestandteile einer in papierform geführten akte, die personenbezogene daten des antragstellers enthält. 130vgl. ehmann, in; ehmann/selmayr (hrsg.), datenschutz-grundverordnung, 2. aufl. 2018, art. 15 rn. 32. 131nach maßgabe des satzes 3 steht dem antragsteller jedenfalls bei einer elektronischen antragstellung wahlweise das recht zu, eine datenkopie in einem gängigen elektronischen format zu erhalten. hierfür genügt es, wenn der verantwortliche ein objektiv in den gängigen verkehrskreisen übliches datenformat wählt – im zweifel als pdf-dokument. 132vgl. schmidt-wudy, in: wolff/brink (hrsg.), beckok datenschutzrecht, 31. edition (stand: 1. februar 2020), art. 15 ds-gvo rn. 83.1. 133der antragsteller kann – wie im vorliegenden fall geschehen – die wahl zwischen einer fotokopie im papierformat oder einer datenkopie in einem gängigen elektronischen format auch dem verantwortlichen überlassen. der anspruch ist in einem solchen fall dann erfüllt, sobald eines der formate zur verfügung gestellt wurde. der für die erfüllung maßgebliche leistungsort ist grundsätzlich der wohnort des anspruchstellers, d.h. es liegt eine schickschuld vor, was sich aus dem wortlaut des art. 12 abs. 1 satz 1 ds-gvo („übermitteln“) sowie des art. 15 abs. 3 satz 1 ds-gvo („stellt zur verfügung“) ergibt. 134vgl. schmidt-wudy, in: wolff/brink (hrsg.), beckok datenschutzrecht, 31. edition (stand: 1. februar 2020), art. 15 ds-gvo rn. 84. 135(cc) die hier begehrte kopie muss dem kläger schließlich auch kostenlos zur verfügung gestellt werden. die erste kopie, die der verantwortliche zur verfügung zu stellen hat, ist zwingend unentgeltlich. dies folgt zum einen bereits unmittelbar aus art. 15 abs. 3 satz 2 ds-gvo, wonach (nur) für alle weiteren kopien ein entgelt gefordert werden kann. zum anderen folgt die unentgeltlichkeit auch aus art. 12 abs. 5 satz 1 ds-gvo, wonach informationen, alle mitteilungen und maßnahmen u.a. gemäß art. 15 ds-gvo unentgeltlich zur verfügung gestellt werden (s. auch erwägungsgrund 59 satz 1). 136vgl. ehmann, in; ehmann/selmayr (hrsg.), datenschutz-grundverordnung, 2. aufl. 2018, art. 15 rn. 28; franck, in: gola (hrsg.), datenschutz-grundverordnung, 2. aufl. 2018, art. 15 rn. 32; bäcker, in: kühling/buchner (hrsg.), datenschutz-grundverordnung / bdsg, 2. aufl. 2018, art. 15 ds-gvo rn. 45. 137die betroffene person soll nicht durch die auferlegung von entgelten von der wahrnehmung ihrer betroffenenrechte abgehalten oder gar abgeschreckt werden. die unterrichtung hat daher unentgeltlich zu erfolgen, um eine effektive wahrnehmung der betroffenenrechte zu gewährleisten. 138vgl. greve, in: sydow (hrsg.), europäische datenschutzgrundverordnung, 2. aufl. 2018, art. 12 rn. 27. 139(c) der anspruch des klägers aus art. 15 abs. 3 ds-gvo ist vorliegend nicht durch art. 15 abs. 4 ds-gvo ausgeschlossen. 140gemäß art. 15 abs. 4 ds-gvo darf das recht auf erhalt einer kopie seinerseits nicht die rechte und freiheiten anderer personen beeinträchtigen. insoweit ist das recht auf erhalt einer kopie seinem umfang nach beschränkt. ausweislich erwägungsgrund 63 sind unter rechte und freiheiten vor allem geschäftsgeheimnisse sowie rechte des geistigen eigentums (insbesondere das urheberrecht an software) zu verstehen. 141vgl. paal, in: paal/pauly (hrsg.), datenschutz-grundverordnung / bundesdatenschutzgesetz, 2. aufl. 2018, art. 15 rn. 41 f. 142solche einem anspruch des klägers entgegenstehende rechte und freiheiten anderer personen sind hier weder geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich. vor allem steht der umstand, dass auch die korrekturen des prüfers und dessen gutachten mitherausgegeben werden, dem anspruch nicht entgegen. denn die korrekturen und das prüfergutachten werden von vornherein mit der maßgabe erstellt, dass sie auf antrag auch dem prüfling zugänglich gemacht werden. dem prüfer steht schon deshalb kein recht auf geheimhaltung seiner bewertung zu. 143vgl. zum fehlen des urheberrechtsschutzes bei gutachten, die von vornherein zur veröffentlichung bestimmt sind: vg gelsenkirchen, urteil vom 19. august 2019 – 20 k 2482/14 –, nicht veröffentlicht. 144(d) der anspruch ist des weiteren im vorliegenden fall auch nicht durch art. 12 abs. 5 satz 2 ds-gvo ausgeschlossen. danach kann nur bei offenkundig unbegründeten oder – insbesondere im fall von häufiger wiederholung – exzessiven anträgen einer betroffenen person der verantwortliche entweder ein angemessenes entgelt verlangen, bei dem die verwaltungskosten für die unterrichtung oder die mitteilung oder die durchführung der beantragten maßnahme berücksichtigt werden, oder sich weigern, aufgrund des antrags tätig zu werden. nach satz 3 hat der verantwortliche den nachweis für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven charakter des antrags zu erbringen. 145durch art. 12 abs. 5 satz 2 ds-gvo wird gewährleistet, dass der unentgeltlichkeitsgrundsatz nicht bei missbrauchsfällen gilt. 146vgl. ausführlich hierzu heckmann/paschke, in: ehmann/selmayr (hrsg.), datenschutz-grundverordnung, 2. aufl. 2018, art. 12 rn. 43. 147der antrag des klägers ist nicht rechtsmissbräuchlich. vor allem ist der antrag nicht deshalb exzessiv, weil kopien in einem umfang von insgesamt 348 seiten begehrt werden. der umfang ist sachlich begründet und ergibt sich schlichtweg daraus, dass sämtliche seiten personenbezogene daten des klägers enthalten. in der sache jeweils berechtigte anträge können nach dem vorgenannten sinn und zweck des art. 12 abs. 5 satz 2 ds-gvo keine kosten für die betroffene person erzeugen. 148vgl. in diesem sinne auch franck, in: gola (hrsg.), datenschutz-grundverordnung, 2. aufl. 2018, art. 12 rn. 39. 149(e) der anspruch des klägers ist schließlich auch nicht durch rechtsvorschriften der union oder der mitgliedstaaten beschränkt i.s.v. art. 23 ds-gvo. 150nach art. 23 abs. 1 ds-gvo können u.a. die rechte aus art. 15 ds-gvo durch rechtsvorschriften der union oder der mitgliedstaaten im wege von gesetzgebungsmaßnahmen beschränkt werden, sofern eine solche beschränkung den wesensgehalt der grundrechte und grundfreiheiten achtet und in einer demokratischen gesellschaft eine notwendige und verhältnismäßige maßnahme darstellt; zudem muss die gesetzgebungsmaßnahme eines der in den buchstaben a) bis j) genannten ziele sicherstellen. darüber hinaus muss jede gesetzgebungsmaßnahme im sinne des absatzes 1 gemäß art. 23 abs. 2 ds-gvo insbesondere gegebenenfalls spezifische vorschriften enthalten zumindest in bezug auf die in den buchstaben a) bis h) genannten anforderungen. 151(aa) weder § 23 abs. 2 i.v.m. § 56 abs. 1 jag nrw noch § 10 abs. 1 nr. 1 des gebührengesetzes für das land nordrhein-westfalen (gebg nrw) oder § 124 justg nrw stellen in einem solchen sinne eine beschränkung des rechts auf eine unentgeltliche kopie nach art. 15 abs. 3 und art. 12 abs. 5 satz 1 ds-gvo dar. diese vorschriften sind nach ansicht der kammer entgegen der auffassung des beklagten schon im ansatz nicht als rechtsbeschränkend auszulegen. eine beschränkende vorschrift im vorstehenden sinne hat der nordrhein-westfälische landesgesetzgeber mit § 12 dsg nrw erlassen. die dort aufgeführten beschränkungen sind hier indes nicht einschlägig 152(aaa) vor allem lässt sich § 23 abs. 2 i.v.m. § 56 abs. 1 jag nrw, auf den sich der beklagte maßgeblich stützt, nicht entnehmen, dass das recht eines prüflings in bezug auf die von ihm angefertigten klausuren nebst deren korrektur auf eine bloße einsichtnahme vor ort beschränkt und damit zugleich das recht auf erhalt einer kopie ausgeschlossen ist. 153maßgeblich für das verhältnis zweier anspruchsnormen zueinander sind, soweit es keine speziellen gesetzlichen vorgaben für das konkrete konkurrenzverhältnis gibt, die allgemeinen kollisions- und konkurrenzregeln. 154vgl. nur barczak, normenkonkurrenz und normenkollision, jus 2015, 969 ff., mit weiteren nachweisen. 155die freie anspruchskonkurrenz lässt ansprüche grundsätzlich nebeneinander und ohne wechselwirkungen bestehen. nur soweit ein gesetz die betroffenenrechte abschließend regelt, ist ein rückgriff auf allgemeine regeln ausgeschlossen. aus dem bloßen vorhandensein einer bereichsspezifischen oder höherrangigen regelung ergibt sich nicht zwingend deren abschließender regelungscharakter. 156vgl. franck, in: gola (hrsg.), datenschutz-grundverordnung, 2. aufl. 2018, art. 12 rn. 64. 157dies gilt auch und gerade mit blick auf datenschutzrechte, die den persönlichkeitsschutz im hinblick auf die bei der datenverarbeitung drohenden gefahren erweitern und nicht bereits bestehende rechte einschränken sollen (vgl. auch erwägungsgrund 11). 158vgl. franck, in: gola (hrsg.), datenschutz-grundverordnung, 2. aufl. 2018, art. 12 rn. 64. 159ausgehend von diesen grundsätzen stehen die rechte aus art. 15 abs. 3 ds-gvo und § 23 abs. 2 satz 1 jag nrw nebeneinander. 160nach § 23 abs. 2 satz 1 jag nrw, der gemäß § 56 abs. 1 jag nrw auch für die einsicht in die prüfungsarbeiten der zweiten juristischen staatsprüfung gilt, ist dem prüfling die einsicht in seine prüfungsarbeiten einschließlich der gutachten der prüfer zu gestatten. die einsicht erfolgt nach satz 2 in den räumen des justizprüfungsamtes. der antrag ist nach satz 3 binnen eines monats nach bekanntgabe der prüfungsentscheidung bei dem justizprüfungsamt zu stellen. 161weder wortlaut noch systematik oder gesetzeswerk lassen zwingend den schluss zu, dass der erhalt einer kopie durch § 23 abs. 2 jag nrw ausgeschlossen sein soll. so spricht weder der wortlaut des § 23 abs. 2 jag nrw davon, dass „nur“ eine einsichtnahme zulässig wäre, noch ist dem gesetz an anderer stelle ein verbot der herausgabe von kopien zu entnehmen. auch der unterschiedliche regelungsinhalt der beiden anspruchsnormen spricht dafür, dass das einsichtnahmerecht des § 23 abs. 2 jag nrw neben dem anspruch aus art. 15 abs. 3 ds-gvo steht. das einsichtsrecht bezieht sich auf eine einsichtnahme in die originalunterlagen, während das recht auf eine kopie nur zugang zu einer reproduktion vermittelt. dass es sich nicht zuletzt deshalb – erst recht aus der perspektive des datenschutzrechts – bei dem recht auf auskunft bzw. bei dem recht auf erhalt einer kopie einerseits und dem recht auf einsichtnahme in originalunterlagen andererseits um verschiedene und sich insoweit ergänzende ansprüche handelt, wurde auch schon aus der früheren regelung in § 34 abs. 9 bdsg a.f. ersichtlich. danach war dem betroffenen zusätzlich die möglichkeit einer entgeltfreien einsichtnahme „vor ort“ zu gewähren, wenn die auskunft ausnahmsweise entgeltlich war. 162vgl. zur differenzierung zwischen auskunft und akteneinsicht in diesem kontext auch poschenrieder, ein recht auf auskunft begründet kein recht auf akteneinsicht – grenzen von art. 15 dsgvo im besteuerungsverfahren, dstr 2020, 21 ff. 163schließlich bestätigt die tatsächliche verwaltungspraxis des landesjustizprüfungsamtes die hier vorgenommene auslegung insoweit, als bisher auf antrag eines prüflings tatsächlich kopien angefertigt und per post zur verfügung gestellt werden. 164(bbb) entgegen der auffassung des beklagten wird durch das nordrhein-westfälische landesrecht auch nicht die in art. 15 abs. 3 und art. 12 abs. 5 satz 1 ds-gvo geregelte „unentgeltlichkeit“ der kopie für den hier maßgeblichen bereich beschränkt. 165so enthält § 23 abs. 2 jag nrw selbst – anders als zum beispiel § 120 abs. 7 satz 2 des schulgesetzes für das land nordrhein-westfalen (schulgesetz nrw – schulg) oder § 630g abs. 2 satz 2 bgb – keine ausdrückliche regelung dahingehend, dass bei der erstellung von kopien eine auslagenerstattung verlangt werden kann. 166bei der im schreiben des landesjustizprüfungsamtes vom 19. oktober 2018 für eine auslagenerstattung genannten rechtsgrundlage (§ 10 abs. 1 nr. 1 gebg nrw) und bei der in der klageerwiderung herangezogenen regelung des § 124 justg nrw handelt es sich um allgemeine gebührenrechtliche vorschriften, nach denen auslagen für ausfertigungen, abschriften und auszüge nach maßgabe der in bezug genommenen tarifstellen zu erstatten sind. diese vorschriften erfassen jedwede amtshandlung, bei der ausfertigungen, abschriften und auszüge erstellet werden, und beziehen sich nicht spezifisch gerade auf die anfertigung von kopien von examensklausuren. würde man diese vorschriften als beschränkung des anspruchs auf eine unentgeltliche kopie nach art. 15 abs. 3 und art. 12 abs. 5 satz 1 ds-gvo genügen lassen, wäre der anspruch in der konsequenz stets ausgeschlossen. es liegt auf der hand, dass diesen allgemeinen vorschriften bei gemeinschaftsrechtskonformer auslegung schon deshalb keine beschränkende wirkung im sinne von art 23 ds-gvo in bezug auf die unentgeltlichkeit zukommen kann. 167(cc) ungeachtet des umstands, dass sowohl § 23 abs. 2 i.v.m. § 56 abs. 1 jag nrw als auch die vorgenannten gebührenrechtlichen vorschriften in bezug auf art. 15 abs. 3 und art. 12 abs. 5 satz 1 ds-gvo schon im ansatz nicht als rechtsbeschränkend auszulegen sind, liegen auch die voraussetzungen des art. 23 ds-gvo, die eine beschränkende regelung erfüllen muss, nicht vor. 168vor allem ist nicht festzustellen, dass eine beschränkung auf ein einsichtnahmerecht vor ort und die möglichkeit des erhalts nur kostenpflichtiger kopien der sicherstellung eines oder mehrerer der in den buchstaben a) bis j) genannten öffentlichen ziele dient. die abschließende aufzählung der ausnahmen macht deutlich, dass die mitgliedstaaten keine darüber hinausgehenden beschränkungen vornehmen dürfen bzw. darüber hinausgehende beschränkungen unzulässig sind. 169vgl. bertermann, in: ehmann/selmayr (hrsg.), datenschutz-grundverordnung, 2. aufl. 2018, art. 23 rn. 3. 170entgegen der auffassung des beklagten ist eine beschränkung auf ein einsichtnahmerecht vor ort und die möglichkeit des erhalts nur kostenpflichtiger kopien insbesondere nicht zum „schutz sonstiger wichtiger ziele des allgemeinen öffentlichen interesses der union oder eines mitgliedstaats“ im sinne des art. 23 abs. 1 lit. e) ds-gvo erforderlich. zwar hat der eugh in seinem urteil vom 20. februar 2017, rs. c-434/16 (nowak), rn. 61, ausgeführt, dass eine beschränkung der rechte aus art. 15 ds-gvo auch und gerade in bezug auf den zugang zu korrigierten berufsbezogenen prüfungsarbeiten danach grundsätzlich möglich sei. mit blick auf den vorliegenden fall vermag die kammer jedoch nicht festzustellen, dass die materiell-rechtlichen anforderungen des art. 23 abs. 1 lit. e) ds-gvo hier erfüllt sind. 171mit dem „schutz sonstiger wichtiger ziele des allgemeinen öffentlichen interesses der union oder eines mitgliedstaats“ geht die beschränkungsmöglichkeit der union und der mitgliedstaaten zwar sehr weit. art. 23 abs. 1 lit. e) ds-gvo enthält letztlich einen auffangtatbestand zum schutz öffentlicher interessen. 172vgl. bäcker, kühling/buchner (hrsg.), datenschutz-grundverordnung / bdsg, 2. aufl. 2018, art. 23 rn. 22. 173gleichwohl verlangt art. 23 abs. 1 lit. e) ds-gvo, dass eine beschränkung dem schutz „wichtiger ziele“ des öffentlichen interesses dienen muss. aus den in art. 23 abs. 1 lit. e) ds-gvo genannten regelbeispielen folgt überdies, dass die verordnung mit „öffentlichen interessen“ in erster linie wirtschaftliche und finanzielle zwecke, etwa im währungs-, haushalts- und steuerbereich, sowie die öffentliche gesundheit und die soziale sicherheit im blick hat (vgl. auch erwägungsgründe 73, 111 und 112). 174vgl. bertermann, in: ehmann/selmayr (hrsg.), datenschutz-grundverordnung, 2. aufl. 2018, art. 23 rn. 3; gola, in: gola (hrsg.), datenschutz-grundverordnung, 2. aufl. 2018, art. 23 rn. 9 (auch „humanitäre hilfe“); stender-vorwachs, in: wolff/brink (hrsg.), beckok datenschutzrecht, 31. edition (stand: 1. februar 2020), art. 23 ds-gvo rn. 26. 175damit findet art. 23 abs. 1 lit. e) ds-gvo vor allem für existenznotwendige bereiche des öffentlichen lebens anwendung. 176vgl. stender-vorwachs, in: wolff/brink (hrsg.), beckok datenschutzrecht, 31. edition (stand: 1. februar 2020), art. 23 ds-gvo rn. 27; siehe auch peuker, in: sydow (hrsg.), europäische datenschutzgrundverordnung, 2. auf. 2018, art. 23 rn. 25: „substantielles interesse von erheblichem gewicht“. 177zu den wichtigen wirtschaftlichen und finanziellen interessen zählen nicht diese als solche, sondern die dahinter stehenden rechtsgüter, die der finanzierung der politik eines mitgliedstaates oder der eu dienen. nicht bereits jedes mit der finanzierung der politik zusammenhängende interesse vermag daher für sich genommen eine beschränkung des transparenzgebotes zu tragen. 178vgl. paal, in: paal/pauly (hrsg.), datenschutz-grundverordnung / bundesdatenschutzgesetz, 2. aufl. 2018, art. 23 rn. 31. 179im einzelfall wird eine abwägung zwischen dem staatlichen interesse und dem datenschutzrechtlichen interesse der betroffenen person vorzunehmen sein. 180vgl. paal, in: paal/pauly (hrsg.), datenschutz-grundverordnung / bundesdatenschutzgesetz, 2. aufl. 2018, art. 23 rn. 31; siehe zum erfordernis einer abwägung auch peuker, in: sydow (hrsg.), europäische datenschutzgrundverordnung, 2. auf. 2018, art. 23 rn. 25. 181vor diesem hintergrund hat der beklagte nicht dargelegt, dass der ausschluss kostenloser kopien in einem solchen sinne einem überwiegenden wichtigen ziel dient. 182soweit sich der beklagte auf die drohende kostenlast beruft, die bei anerkennung eines anspruchs auf unentgeltliche kopien auf den nordrhein-westfälischen landeshaushalt zukommen dürfte, überwiegt allein dieser finanzielle belang – insbesondere angesichts der allgemeinen intention der datenschutz-grundverordnung, die betroffenenrechte zu stärken – für sich genommen nicht das hier in rede stehende betroffenenrecht. 183vgl. in diesem sinne zu § 630g abs. 2 satz 2 bgb auch walter, in: beck-online – großkommentar, stand: 15. märz 2020, § 630g rn. 22, mit hinweis auf walter/strobl, erweiterte auskunfts- und einsichtnahmerechte in patientenakten, medr 2018, 472 ff., und riemer, der datenauskunftsanspruch gem. art. 15 dsgvo als pre-trial-discovery und prima lex des auskunftsrechts, dsb 2019, 223 ff.; für eine unanwendbarkeit des § 630g abs. 2 satz 2 bgb seit inkrafttreten der ds-gvo auch hartwig/schäker, in: veith/gräfe/gebert, der versicherungsprozess, 4. aufl. 2020, § 17 rn. 71; für zumindest ein recht auf kostenlose elektronische übersendung der patientenakte wagner, in: münchener kommentar zum bgb, 8. aufl. 2020, § 630g rn. 4 ff. und 28. 184denn das tragen der kostenlast, d.h. das erfordernis finanzieller mehraufwendungen, wird von der datenschutz-grundverordnung dem verantwortlichen bewusst aufgebürdet. bei behörden, die personenbezogene daten von einer vielzahl an betroffenen verarbeiten, ist daher durch den haushaltsgesetzgeber sicherzustellen, dass die nach dem willen des verordnungsgebers unentgeltlichen datenschutzrechte auch erfüllt werden können. würde man eine beschränkung der unentgeltlichkeit allein mit dem argument der kostenlast ausschließen können, würden art. 15 abs. 3 und art. 12 abs. 5 satz 1 ds-gvo leerlaufen. ganz abgesehen davon ist es für die kammer nicht ersichtlich, dass der landeshaushalt im allgemeinen bzw. der justizhaushalt im besonderen bei einer anerkennung des anspruchs auf kostenlose kopien im vorliegenden kontext tatsächlich ernsthaft gefährdet wäre. 185soweit der beklagte geltend macht, die funktionsfähigkeit des landesjustizprüfungsamtes sei bei einer anerkennung eines anspruchs auf kostenlose kopien gefährdet, vermag sich die kammer auch dieser einschätzung nicht anzuschließen. 186die kammer hat schon bedenken, ob die mitgliedstaaten überhaupt dazu befugt wären, zugunsten der „funktionsfähigkeit ihrer behörden“ das recht auf eine unentgeltliche kopie dadurch auszuschließen, dass den bürgern nur ein einsichtnahmerecht vor ort (in kombination mit der möglichkeit nur entgeltlicher kopien) eingeräumt wird. dies würde dem grundgedanken widersprechen, dass der verantwortlich die kopie zu übersenden hat („schickschuld“). vor allem aber entspricht es den grundprinzipen des europarechts, dass die organisation der verwaltung an den gemeinschaftsrechtlichen vorgaben auszurichten ist. die fehlende anpassung der organisation an die vorgaben des gemeinschaftsrechts rechtfertigt daher nicht deren nichtbeachtung oder nichtumsetzung. 187aber selbst dann, wenn man die funktionsfähigkeit einer behörde im allgemeinen und auch des landesjustizprüfungsamtes im besonderen grundsätzlich als ein zu schützendes ziel anerkennen wollte, welches die einschränkung von betroffenenrechten zu rechtfertigen im stande ist, 188vgl. bereits zum informationsfreiheitsrecht vg gelsenkirchen, urteil vom 28. april 2016 – 17 k 4135/15 –, juris rn. 38 ff, 189so ist für die kammer jedoch nicht ersichtlich, dass es zu einer ernsthaften gefährdung des betriebs des landesjustizprüfungsamtes kommen wird, wenn die prüflinge anstelle des bisherigen einsichtnahmerechts vor ort und der bisherigen möglichkeit des erhalts kostenpflichtiger kopien nun auch von ihrem recht aus art. 15 abs. 3 ds-gvo gebrauch machen können. schon bisher muss im landesjustizprüfungsamt das personal dafür vorgehalten werden, um die termine für die einsichtnahme abzustimmen und diese vor ort durchzuführen sowie die beantragten kostenpflichtigen kopien anzufertigen, zu versenden und abzurechnen. soweit zukünftig tatsächlich mehr anträge nach art. 15 abs. 3 ds-gvo beim landesjustizprüfungsamt eingehen sollten, bleibt zu berücksichtigen, dass mit entsprechend weniger anträgen auf eine einsichtnahme vor ort zu rechnen ist; auch entfällt der aufwand für die erstellung der abrechnung der kopien. die kammer geht davon aus, dass vor allem anträge per e-mail gestellt werden und die prüflinge mit der übersendung eines pdf-dokuments einverstanden sein werden. selbstredend müssen insofern im landesjustizprüfungsamt aufgaben umverteilt, neue hard- und eventuell auch software angeschafft und mitunter auch personal neu eingestellt werden. solche anpassungsmaßnahmen werden vom verordnungsgeber, der dem verantwortlichen bewusst die kostenlast auferlegt hat, letztendlich aber auch erwartet. derart lässt sich eine gefährdung der funktionsfähigkeit des landesjustizprüfungsamtes in einer dem land nordrhein-westfalen zumutbaren weise nach auffassung der kammer durchaus vermeiden. schon mit blick auf die zunehmende digitalisierung, wie sie in nordrhein-westfalen etwa durch das gesetz zur förderung der elektronischen verwaltung in nordrhein-westfalen (e-government-gesetz nordrhein-westfalen – egovg nrw) und das gesetzgebungsvorhaben der landesregierung zur beschleunigung der digitalisierung (lt-drs. 17/8795) auch rechtlich untermauert wird, müssen sich die behörden vielmehr darauf einrichten, kopie- und vor allem scanvorrichtungen sowie das hierfür erforderliche personal vorzuhalten. nichts anderes gilt im übrigen für die gerichte mit blick auf den ausbau der elektronischen aktenführung in rechtssachen. 190lediglich der vollständigkeit halber sei in diesem zusammenhang angemerkt, dass die nordrhein-westfälische landesregierung für das im schulgesetz geregelte einsichts-, auskunfts- und kopierecht bezüglich der die schüler betreffenden daten davon ausgeht, dass die wörter „die erstattung von auslagen kann verlangt werden“ in § 120 abs. 7 satz 2 schulg nrw wegen des vorrangs des art. 15 abs. 3 ds-gvo zu streichen sind. die voraussetzungen des art. 23 ds-gvo seien „nicht erfüllt“. hier beruft sich die landesregierung mithin weder auf eine gefährdung des haushalts noch auf eine beeinträchtigung der funktionsfähigkeit des schulbetriebs. 191vgl. lt-drs. 17/7770 vom 6. november 2019, s. 51 und 83. 192schließlich erschließt sich der kammer nicht, wieso nur bei einer einsichtnahme vor ort und einer entgeltlichen zurverfügungstellung von kopien ein „strukturierter ablauf des prüfungsverfahrens“ möglich sein soll. nach art. 12 abs. 3 ds-gvo sind die beantragten informationen zwar grundsätzlich unverzüglich, in jedem fall aber innerhalb eines monats nach eingang des antrags zur verfügung zu stellen (satz 1). diese frist kann aber nach satz 2 um weitere zwei monate verlängert werden, wenn dies unter berücksichtigung der komplexität und der anzahl von anträgen erforderlich ist, was bezüglich der anfertigung der kopien der korrigierten examensklausuren auf das landesjustizprüfungsamt zutreffen dürfte. auch mit blick auf die verpflichtung zur erteilung einer zwischennachricht (satz 3) wird nach auffassung der kammer dem landesjustizprüfungsamt damit ein zumutbares zeitfenster für die erledigung der anträge eingeräumt. soweit der beklagte anmerkt, dass es vorkommen könne, dass klausuren – je nach genutztem schreibgerät – nur schlecht lesbar eingescannt oder kopiert werden könnten, so handelt es sich schon nach den schilderungen des beklagten um einzelfälle. 193die kammer folgt im übrigen auch der auffassung des klägers, dass die herstellung von kopien auf antrag der betroffenen keinen widerspruch zu dem grundsatz der datenminimierung darstellt, sondern eine notwendige – und damit auch eine datenschutzrechtlich gewollte – folge der ausübung der betroffenenrechte ist. im übrigen sind die kopien, nachdem sie dem antragsteller zur verfügung gestellt wurden, beim landesjustizprüfungsamt nicht mehr (als weitere foto- oder datenkopie) vorzuhalten, sondern zu vernichten bzw. zu löschen. 194da bei alledem schon die anforderungen des art. 23 abs. 1 ds-gvo nicht erfüllt sind, kommt es für die kammer nicht mehr darauf an, ob vorliegend die in art. 23 abs. 2 ds-gvo enthaltenen mindestanforderungen an gesetzliche beschränkungen erfüllt sein müssten und – bejahendenfalls – ob sie mit blick auf die jetzige fassung des juristenausbildungsgesetzes eingehalten sind. 195(2) ist der anspruch des klägers jedenfalls in entsprechender anwendung der vorschriften der datenschutz-grundverordnung gegeben, bleibt schließlich festzuhalten, dass dieser auch nicht durch andere spezielle rechtsvorschriften mit abweichenden regelungen i.s.d. § 5 abs. 8 satz 1 dsg nrw ausgeschlossen wird. insofern gelten die vorstehenden ausführungen zum konkurrenzverhältnis von art. 15 abs. 3 i.v.m. art. 12 abs. 5 ds-gvo zu § 23 abs. 2 i.v.m. § 56 abs. 1 jag nrw letztendlich hier entsprechend. 196durch die anordnung der entsprechenden anwendung der ds-gvo soll nach dem willen des nordrhein-westfälischen landesgesetzgebers auch für diese bereiche sichergestellt werden, dass im grundsatz die für alle öffentlichen stellen geltenden allgemeinen rechtsvorschriften zur anwendung kommen. es bleibe dabei aber beim „vorrang des spezialrechts“. abweichungen seien wie bisher auch spezialgesetzlich zu regeln. 197vgl. lt-drs. 17/1981 vom 20. februar 2018, s. 135. 198eine vorrangige andere rechtsvorschrift i.s.d. § 5 abs. 8 satz 1 dsg nrw, d.h. eine speziellere norm, liegt dabei allerdings nur dann vor, wenn sie denselben sachverhalt abschließend regelt, aber andere tatbestandsvoraussetzungen formuliert oder eine andere rechtsfolge vorsieht. nur soweit ein spezialgesetz die betroffenenrechte in einem solchen sinn abschließend regelt, ist ein rückgriff auf die betroffenenrechte der datenschutz-grundverordnung ausgeschlossen. 199nach auffassung der kammer regelt § 23 abs. 2 i.v.m. § 56 abs. 1 jag nrw den zugang zu den korrigierten examensklausuren – wie bereits ausgeführt – nicht abschließend. die vorschriften lassen es vielmehr zu, dass das recht auf eine kostenlose kopie neben das recht auf einsichtnahme tritt. beide anspruchsgrundlagen schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern ergänzen sich. sie betreffen unterschiedliche sachverhalte und sind unterschiedlichen inhalts. das recht auf einsichtnahme im landesjustizprüfungsamt umfasst eine akteneinsicht in die originale, während das recht auf eine kostenlose kopie eine zusendung einer reproduktion an den wohnsitz des antragstellers beinhaltet. hätte der gesetzgeber tatsächlich eine abschließende regelung, d.h. eine beschränkung auf ein einsichtnahmerecht, gewollt, so hätte er dies – spätestens mit dem inkrafttreten der datenschutz-grundverordnung – in § 23 abs. 2 jag nrw zum ausdruck bringen müssen. 200iii. die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 201iv. der ausspruch zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 2 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 zpo. auch die verpflichtung zur leistung ist über den wortlaut des § 167 abs. 2 vwgo hinaus lediglich wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. 202vgl. riese, in: schoch/schneider/bier (hrsg.), verwaltungsgerichtsordnung, 37. el (stand juli 2019), § 113 rn. 194. 203v. die berufung war gemäß §§ 124a abs. 1 satz 1, 124 abs. 2 nr. 3 vwgo zuzulassen, da die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat. das verhältnis von art. 15 abs. 3 i.v.m. art. 12 abs. 5 ds-gvo zu § 23 abs. 2 i.v.m. § 56 abs. 1 jag nrw ist bislang noch nicht ober- bzw. höchstrichterlich entschieden. aufgrund der vielzahl an anträgen, die beim landesjustizprüfungsamt und im übrigen auch bei den prüfungsämtern für die erste juristische staatsprüfung zukünftig noch gestellt werden können, besteht an der klärung der aufgeworfenen rechtsfrage ein über den einzelfall hinausgehendes allgemeines interesse. 204vgl. zu den anforderungen der berufungszulassung wegen grundsätzlicher bedeutung etwa seibert, in: sodan/ziekow (hrsg.), verwaltungsgerichtsordnung, 5. aufl. 2018, § 124 rn. 126 ff. 205vi. von einer vorlage an den eugh im wege eines vorabentscheidungsersuchens nach art. 267 aeuv hat die kammer abgesehen, da zum einen mit der bereits ergangenen entscheidung des eugh vom 20. februar 2017 in der rechtssache c-434/16 wesentliche auslegungsfragen bereits beantwortet sind (acte éclairé) und zum anderen die kammer im vorliegenden urteil die wirksamkeit des unionsrechts nicht in frage gestellt hat, sondern vielmehr von einer zumindest entsprechenden anwendbarkeit der art. 15 abs. 3 i.v.m. art. 12 abs. 5 ds-gvo ausgegangen ist; damit bestand keine ausnahmsweise vorlagepflicht als nicht-letztinstanzliches gericht. 206vgl. hierzu nur wegener, in: calliess/ruffert (hrsg.), euv/aeuv, 5. aufl. 2016, art. 267 rn. 29 f.
Klaeger*in
1
188,906
12 O 348/12
2013-10-16T00:00:00
Urteil
Tenor Der Beklagte wird zu verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, berufs- oder gewerbsmäßig die Ausübung der Osteopathie anzukündigen und/oder die Osteopathie auszuüben, es sei denn der Beklagte ist ärztlich bestallt oder im Besitz einer Erlaubnis für die Ausübung der Heilkunde gem. § 1 Heilpraktikergesetz. Es wird festgestellt, dass sich der ursprüngliche Klageantrag zu 1. b. erledigt hat. Die Widerklage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 EUR. 1 2Tatbestand: 3Der Kläger ist ein eingetragener Verein zur Wahrnehmung der Interessen des selbständigen Mittelstandes. 4Der Beklagte ist Physiotherapeut. Zur Bewerbung seiner Praxis schaltete der Kläger einen Eintrag im Branchenverzeichnis „Gelbe Seiten – Für den Rhein-Kreis Neuss“, Ausgabe 2012 mit folgendem Inhalt: 5„T 6Krankengymnastik, Osteopathie, Lymphdrainage“ 7Darüber hinaus war eine Bewerbung seiner Praxis auch im Internet unter der Adresse www.X abrufbar, in der im Rahmen einer Auflistung der Leistungen u.a. die Bezeichnungen „PNF“, „Cranio-mandisula“, „craniosacrale Therapie“ sowie „McKenzie“ verwendet wurden. 8Über eine Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 HeilPrG verfügen der Beklagte und die Mitarbeiter seiner Praxis nicht. Osteopathische Behandlungen werden ausschließlich von der Mitarbeiterin J vorgenommen, die im Jahr 2010 eine Osteopathie-Ausbildung am Institut für angewandte Osteopathie abgelegt hat. Wegen des Inhalts der Prüfungsbescheinigung wird auf Anlage BS1 (Bl. 65 GA) Bezug genommen. 9Der Kläger behauptet, der Freie Heilpraktiker e.V., der Verband Deutscher Heilpraktiker sowie selbständige Heilpraktiker aus dem Bereich Düsseldorf/Neuss seien Mitglieder des Klägers. Der Kläger ist ferner der Ansicht, die Ausübung der Osteopathie sei Ärzten und Heilpraktikern vorbehalten und gehöre nicht zum erlaubten Tätigkeitsbereich eines Physiotherapeuten. 10Der Kläger hatte ursprünglich mit dem Klageantrag zu 1. b. beantragt, den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, in öffentlicher Werbung außerhalb der Fachkreise mit den Bezeichnungen „PNF“ und/oder „Cranio-mandisula“ und/oder „craniosacrale Therapie“ und/oder „McKenzie“ zu werben, ohne diese im direkten Zusammenhang allgemeinverständlich zu erklären. Nachdem § 11 Abs. 1 Nr. 6 HWG durch eine Gesetzesänderung mit Wirkung zum 06.10.2012 weggefallen ist, hat der Kläger den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt. Der Beklagte hat sich dieser Erledigungserklärung nicht angeschlossen. 11Der Kläger nunmehr beantragt, 121. den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, berufs- oder gewerbsmäßig die Ausübung der Osteopathie anzukündigen und/oder die Osteopathie auszuüben, es sei denn der Beklagte ist ärztlich bestallt oder im Besitz einer Erlaubnis für die Ausübung der Heilkunde gem. § 1 Heilpraktikergesetz. 132. Festzustellen, dass sich der ursprüngliche Klageantrag zu 1. b. erledigt hat. 14Der Beklagte beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Widerklagend beantragt er, 17den Kläger zu verurteilen, an den Beklagten 152,32 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 24.05.2012 zu zahlen. 18Der Kläger beantragt, 19die Widerklage abzuweisen. 20Der Beklagte behauptet, eine Mehrzahl der vom Kläger aufgeführten Mitglieder würde als Heilpraktikerinnen den Beruf des Heilpraktikers lediglich nebenberuflich ausüben. Im Übrigen sei der Verband Freie Heilpraktiker e.V. seiner Satzung nach nicht berechtigt, Vereinsmitglieder an den Kläger weiterzuleiten und diesen zu bevollmächtigen. Er ist daher der Ansicht, der Kläger sei nicht aktivlegitimiert. Ferner liege auch kein Verstoß gegen das Heilpraktikergesetz vor. Bezüglich des ursprünglichen Klageantrages zu 2. behauptet der Beklagte, den Vertrag mit der E, dem der Werbeeintrag im Internet zugrunde lag, bereits Anfang 2011 gekündigt zu haben. Seitens der E sei ihm die Einstellung der Werbung zum 28.02.2011 bestätigt worden. Er ist daher der Ansicht, insoweit nicht passivlegitimiert zu sein. Im Hinblick auf seine Widerklage ist der Beklagte der Ansicht, die Abmahnung des Klägers vom 14.05.2012 sei wegen einer Abweichung vom Klageantrag zu 1. im vorliegenden Verfahren nicht gerechtfertigt gewesen, so dass die bereits gezahlten Abmahnkosten in Höhe von 152,32 EUR zu erstatten seien. 21Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitig zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 22Entscheidungsgründe: 23Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet. Die zulässige Widerklage des Beklagten ist unbegründet. 241. 25Dem Kläger steht hinsichtlich der Bewerbung der Praxisleistungen unter der Angabe "Osteopathie" ein Unterlassungsanspruch gem. § 8 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, 3, 4 Nr. 11, 5 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 3 UWG in Verbindung mit § 1 HeilPrG gegen den Beklagten zu. 26a. 27Der Kläger ist hinsichtlich der geltend gemachten Unterlassungsansprüche aktivlegitimiert. Gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG stehen die Ansprüche aus § 8 Abs. 1 UWG auch rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen zu, sofern ihnen Mitbewerber angehören, sie zur Verfolgung dieser Aufgaben tatsächlich imstande sind und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt. 28Diese Voraussetzungen sind beim Kläger erfüllt. Bei dem Kläger handelt es sich um einen Verein zur Förderung selbständiger beruflicher Interessen seiner Mitglieder. Zu seinen Mitgliedern gehören im Wege einer Sammelmitgliedschaft auch die Mitglieder des Vereins Freie Heilpraktiker e.V. sowie des Verbandes Deutscher Heilpraktiker e.V. Dass es sich bei den Mitgliedern damit auch um eine erhebliche Zahl selbständiger Heilpraktiker aus der Region Düsseldorf/Neuss handelt, hat der Beklagte nicht wirksam bestritten. Im Hinblick auf die klägerseitig vorgelegte Mitgliederliste des Vereins Freie Heilpraktiker e.V. ist das Bestreiten des Beklagten in der Klageerwiderung unsubstantiiert und ins Blaue hinein erfolgt. Es fehlt an Anknüpfungspunkten, um aus der Geschlechterverteilung herleiten zu können, dass eine Mehrzahl der Heilpraktikerinnen die Tätigkeit lediglich "nebenberuflich" ausübt. Im Übrigen schließt dieser Begriff eine "gewerbliche" Tätigkeit ohnehin nicht aus. 29Soweit der Beklagte ferner einwendet, die genannten Heilpraktiker böten keine osteopathischen Leistungen an, steht dies ihrer Eigenschaft als Wettbewerber nicht entgegen. Der Begriff von Waren oder Dienstleistungen ist im Hinblick auf ein konkretes Wettbewerbsverhältnis im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG bzw. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG weit zu fassen (Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 2 UWG, Rn. 95 u. § 8 UWG, Rn. 3.38). Selbst wenn die Mitglieder des Klägers als Heilpraktiker andere Leistungen als die Osteopathie erbringen würden, zielt ihr Tätigkeitsfeld gleichwohl auf die Behandlung von Krankheiten ab. Folglich sind sie auf demselben sachlich und räumlich relevanten Markt tätig wie der Beklagte. 30Auch die Ausführungen des Beklagten, die Weiterleitung der Mitglieder des Verbands Freie Heilpraktiker e.V. sowie die Ermächtigung des Klägers sei nicht durch Satzung des Vereins abgedeckt, schließen eine Aktivlegitimation des Klägers nicht aus. Dieser Einwand betrifft lediglich die internen Vorgänge im Verband Freie Heilpraktiker e.V., nicht jedoch das Außenverhältnis und damit auch nicht die Mitgliedschaft beim Kläger. 31Ferner ist im Rahmen von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG eine ausdrückliche Ermächtigung des Verbandes durch die Mitglieder ohnehin nicht erforderlich (BGH GRUR 2005, 689, 690 – Sammelmitgliedschaft III). 32b. 33Die Bewerbung der Praxis des Beklagten im Hinblick auf Leistungen der Osteopathie ist gem. §§ 3, 4 Nr. 11, 5 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 3 UWG in Verbindung mit § 1 HeilPrG ebenso rechtswidrig wie die Vornahme entsprechender Behandlungen. 34Es liegt ein Verstoß gegen die Erlaunbnispflicht gem. § 1 Abs. 1 HeilPrG vor, die nicht nur eine Marktzutrittsregelung, sondern zugleich auch ein Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG darstellt (vgl. Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 4 UWG, Rn. 11,78 m.w.N.) 35Die Ausübung dieser Tätigkeit ist als Heilkunde im Sinne von § 1 Abs. 1 HeilPrG erlaubnispflichtig, wobei Heilkunde gem. § 1 Abs. 2 HeilPrG jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen ist, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Der Bereich der Osteopathie, unter dem verschiedene alternativmedizinische Krankheits- und Behandlungskonzepte zusammengefasst werden, unterfällt auch bei einer nach Art. 12 GG gebotenen einschränkenden Auslegung (vgl. Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 4 UWG, Rn. 11.78 m.w.N.) der Definition nach § 1 Abs. 2 HeilPrG. Eine osteopathische Behandlung setzt gewisse ärztliche Fachkenntnisse voraus und kann gesundheitliche Schädigungen zur Folge haben, beispielsweise soweit ernstere Leiden nicht frühzeitig erkannt werden (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 08. Dezember 2008, Az. 7 K 967/07 – zitiert nach juris). 36Dabei kann offenbleiben, über welche fachlichen Qualifikation die Mitarbeiterin X verfügt, insbesondere wie der vorgelegte Prüfungsnachweis (Anlage BS1; Bl. 65 GA) einzuordnen ist. Im Bereich der Osteopathie ist die Einordnung und Anerkennung praktischer und theoretischer Qualifikationen zwar grundsätzlich problematisch, da in den meisten Bundesländern – und auch in Nordrhein-Westfalen – keine einheitlichen Ausbildungs- und Tätigkeitsbestimmungen existieren. Diese Problematik ist jedoch allein Gegenstand des verwaltungsrechtlichen Erlaubniserteilungungsverfahrens (vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 13.06.2012, Az. 13 A 668/09, MedR 2012, 751). 37Unstreitig verfügen weder der Beklagte noch seine Mitarbeiterin X über eine notwendige Erlaubnis nach § 1 HeilPrG für die Durchführung dieser Tätigkeit, so dass die Durchführung schon aus diesem Grund rechtswidrig ist. 38Ferner ist auch die Bewerbung dieser erlaubnispflichtigen Tätigkeiten bei fehlender Erlaubnis unter dem Gesichtspunkt der Irreführung gem. § 5 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 3 UWG rechtswidrig. 392. 40Soweit der Kläger nach einseitiger Erledigungserklärung die Feststellung beantragt, dass sich sein ursprünglicher Klageantrag zu 1 b. nach Rechtshängigkeit erledigt hat, ist dieser Antrag ebenfalls begründet. 41Der ursprüngliche Klageantrag zu Ziff. 1. b. hat sich erledigt. Er war bis zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung zulässig und begründet. 42Ein Unterlassungsanspruch ergab sich ursprünglich aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 2 Nr. 2. Die Werbung auf der Internetseite begründete einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 6 HWG. Hinsichtlich des ursprünglich geltend gemachten Unterlassungsanspruchs war der Beklagte gem. § 8 Abs. 2 UWG passivlegitimiert. Der Beklagte hat in der Klageerwiderung angegeben, den E als Betreiber der Deutschen Therapeutenauskunft mit der Internet-Werbung beauftragt zu haben. Insoweit ist ihm der Inhalt der Werbung grundsätzlich zurechenbar. Dabei ist auch irrelevant, dass er den Vertrag bereits vor der Abmahnung durch den Kläger gekündigt hatte. Denn unstreitig war ein entsprechender Auftrag tatsächlich erteilt worden. Soweit sich hieraus ein Verstoß gegen §§ 3 ff. UWG ergibt, besteht die sich hieraus wiederum ergebene Wiederholungsgefahr auch nach der Löschungsauftrag fort. 43Nach der bis zum 05.10.2012 geltenden Fassung von § 11 Abs. 1 Nr. 6 HWG durfte außerhalb der Fachkreise u.a. für Verfahren nicht mit fremd- oder fachsprachlichen Bezeichnungen geworben werden. Bei der Verwendung der Begriffe „PNF“, „Cranio-mandisula“, „craniosacrale Therapie“ sowie „McKenzie“ ohne weitere Erläuterung handelt es sich um einen Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Nr. 6 HWG a.F. Die Kammer kann dies aus eigener Sachkunde beurteilen, da auch ihre Mitglieder zu dem angesprochenen Personenkreis gehören und in der Lage sind, die erforderliche Parallelwertung in der Laiensphäre vorzunehmen (Kammerurteil vom 24.07.2006, Az. 12 O 66/05). 44Die in Rede stehenden Bezeichnungen stellen fremd- bzw. fachsprachliche Bezeichnungen dar, welche nicht in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen sind. Zum Teil handelt es sich auch um Abkürzungen und Eigennamen, deren Bedeutung sich für Laien jedenfalls nicht ohne Zuhilfenahme weiterer Erkenntnisquellen erschließt. 45Ferner handelt es sich bei den in Rede stehenden Angaben auch nicht nur um allgemeine unternehmensbezogene Werbung für die Praxis des Beklagten. Vielmehr liegt nicht zuletzt aufgrund der Einordung in die Rubrik „Unsere Leistungen“ ein ausdrücklicher Bezug zu Verfahren und Behandlungen des Beklagten im Sinne von § 11 HWG vor. 46Eine Änderung der Gesetzeslage kann grundsätzlich ein erledigendes Ereignis darstellen (vgl. OLG Karlsruhe, GRUR 2002, 909). 47Dieser tatsächliche Umstand ist erst nach Rechtshängigkeit eingetreten. 48Auch die gesetzgeberischen Erwägungen, die zur Änderung des Heilmittelwerbegesetzes und zum Wegfall von § 11 Abs. 1 Nr. 6 HWG a.F. geführt haben, stehen einer Anwendung dieser Vorschrift im Rahmen der Feststellung der Erledigung nicht entgegen. Insbesondere lag insoweit kein Verstoß gegen höherrangiges Rechts o.ä. vor, der einen Wegfall zwingend erforderlich gemacht hätte (Burk, GRUR 2012, 1097, 1101). Im Rahmen der Harmonisierung und Anpassung an die europäische Richtlinie 2001/83/EG sowie vor dem Hintergrund der Irreführungstatbestandes in § 3 HWG hat der Gesetzgeber schlichtweg auf ein gesondertes Verbot nach § 11 Abs. 1 Nr. 6 HWG a.F. verzichtet (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/9341, S. 71). 493. 50Die Widerklage, mit welcher der Beklagte die Rückzahlung der erstatteten Abmahnkosten in Höhe von 152,32 EUR fordert, ist zulässig, aber unbegründet. 51Dem Kläger steht kein Rückzahlungsanspruch zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes nach §§ 823 Abs. 2 i.V.m. § 240 StGB bzw. § 826 BGB noch einer ungerechtfertigten Bereicherung gem. § 812 BGB. 52Der Anspruch des Klägers auf Erstattung der Abmahnkosten und damit der Rechtsgrund für die Zahlung durch den Beklagten ergibt sich aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass die Abmahnung des Klägers grundsätzlich berechtigt war. Auch seinem Inhalt nach entspricht das Abmahnschreiben vom 14.05.2012 (Anlage 3, Bl. 22 GA) dem Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Der Kläger wendet sich sowohl gegen die Bewerbung für die Durchführung von Osteopathie als auch gegen die Verwendung fremd- bzw. fachsprachlicher Begriffe. Die Geltendmachung eines entsprechenden Unterlassungsbegehrens ist daher berechtigt. Entgegen der Auffassung des Beklagten sollte damit kein vollständiges Werbeverbot erreicht werden. 53Irrelevant ist in diesem Zusammenhang, dass die Vorlage einer Unterlassungserklärung anders lautet als der Klageantrag im vorliegenden Verfahren. Abgesehen davon, dass die inhaltlichen Unterschiede nur sehr gering sind, handelt es sich lediglich um eine Vorlage für eine geeignete Erklärung. Das konkret geltend gemachte Unterlassungsbegehren bestimmt sich demgegenüber im Wesentlichen nach dem Inhalt des Abmahnschreibens. 54Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO. 55Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 ZPO. 56Streitwert: 57bis 10.06.2013: 20.000,00 EUR (2 x 10.000,00 EUR) 58vom 11.06. bis 16.07.2013: 10.000,00 EUR 59ab 17.07.2013: 10.152,32 EUR (Klage: 10.000,00 EUR / Widerklage: 152,32 EUR) 60W T3 C
der beklagte wird zu verurteilt, es bei meidung eines für jeden fall der zuwiderhandlung fälligen ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 eur, ersatzweise ordnungshaft, oder ordnungshaft bis zu sechs monaten, zu unterlassen, berufs- oder gewerbsmäßig die ausübung der osteopathie anzukündigen und/oder die osteopathie auszuüben, es sei denn der beklagte ist ärztlich bestallt oder im besitz einer erlaubnis für die ausübung der heilkunde gem. § 1 heilpraktikergesetz. es wird festgestellt, dass sich der ursprüngliche klageantrag zu 1. b. erledigt hat. die widerklage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt der beklagte. dieses urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen sicherheitsleistung in höhe von 15.000,00 eur. 1 2
3der kläger ist ein eingetragener verein zur wahrnehmung der interessen des selbständigen mittelstandes. 4der beklagte ist physiotherapeut. zur bewerbung seiner praxis schaltete der kläger einen eintrag im branchenverzeichnis „gelbe seiten – für den rhein-kreis neuss“, ausgabe 2012 mit folgendem inhalt: 5„t 6krankengymnastik, osteopathie, lymphdrainage“ 7darüber hinaus war eine bewerbung seiner praxis auch im internet unter der adresse www.x abrufbar, in der im rahmen einer auflistung der leistungen u.a. die bezeichnungen „pnf“, „cranio-mandisula“, „craniosacrale therapie“ sowie „mckenzie“ verwendet wurden. 8über eine erlaubnis nach § 1 abs. 1 heilprg verfügen der beklagte und die mitarbeiter seiner praxis nicht. osteopathische behandlungen werden ausschließlich von der mitarbeiterin j vorgenommen, die im jahr 2010 eine osteopathie-ausbildung am institut für angewandte osteopathie abgelegt hat. wegen des inhalts der prüfungsbescheinigung wird auf anlage bs1 (bl. 65 ga) bezug genommen. 9der kläger behauptet, der freie heilpraktiker e.v., der verband deutscher heilpraktiker sowie selbständige heilpraktiker aus dem bereich düsseldorf/neuss seien mitglieder des klägers. der kläger ist ferner der ansicht, die ausübung der osteopathie sei ärzten und heilpraktikern vorbehalten und gehöre nicht zum erlaubten tätigkeitsbereich eines physiotherapeuten. 10der kläger hatte ursprünglich mit dem klageantrag zu 1. b. beantragt, den beklagten zu verurteilen, es bei meidung eines für jeden fall der zuwiderhandlung fälligen ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 eur, ersatzweise ordnungshaft, oder ordnungshaft bis zu sechs monaten, zu unterlassen, in öffentlicher werbung außerhalb der fachkreise mit den bezeichnungen „pnf“ und/oder „cranio-mandisula“ und/oder „craniosacrale therapie“ und/oder „mckenzie“ zu werben, ohne diese im direkten zusammenhang allgemeinverständlich zu erklären. nachdem § 11 abs. 1 nr. 6 hwg durch eine gesetzesänderung mit wirkung zum 06.10.2012 weggefallen ist, hat der kläger den rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt. der beklagte hat sich dieser erledigungserklärung nicht angeschlossen. 11der kläger nunmehr beantragt, 121. den beklagten zu verurteilen, es bei meidung eines für jeden fall der zuwiderhandlung fälligen ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 eur, ersatzweise ordnungshaft, oder ordnungshaft bis zu sechs monaten, zu unterlassen, berufs- oder gewerbsmäßig die ausübung der osteopathie anzukündigen und/oder die osteopathie auszuüben, es sei denn der beklagte ist ärztlich bestallt oder im besitz einer erlaubnis für die ausübung der heilkunde gem. § 1 heilpraktikergesetz. 132. festzustellen, dass sich der ursprüngliche klageantrag zu 1. b. erledigt hat. 14der beklagte beantragt, 15die klage abzuweisen. 16widerklagend beantragt er, 17den kläger zu verurteilen, an den beklagten 152,32 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit 24.05.2012 zu zahlen. 18der kläger beantragt, 19die widerklage abzuweisen. 20der beklagte behauptet, eine mehrzahl der vom kläger aufgeführten mitglieder würde als heilpraktikerinnen den beruf des heilpraktikers lediglich nebenberuflich ausüben. im übrigen sei der verband freie heilpraktiker e.v. seiner satzung nach nicht berechtigt, vereinsmitglieder an den kläger weiterzuleiten und diesen zu bevollmächtigen. er ist daher der ansicht, der kläger sei nicht aktivlegitimiert. ferner liege auch kein verstoß gegen das heilpraktikergesetz vor. bezüglich des ursprünglichen klageantrages zu 2. behauptet der beklagte, den vertrag mit der e, dem der werbeeintrag im internet zugrunde lag, bereits anfang 2011 gekündigt zu haben. seitens der e sei ihm die einstellung der werbung zum 28.02.2011 bestätigt worden. er ist daher der ansicht, insoweit nicht passivlegitimiert zu sein. im hinblick auf seine widerklage ist der beklagte der ansicht, die abmahnung des klägers vom 14.05.2012 sei wegen einer abweichung vom klageantrag zu 1. im vorliegenden verfahren nicht gerechtfertigt gewesen, so dass die bereits gezahlten abmahnkosten in höhe von 152,32 eur zu erstatten seien. 21hinsichtlich der näheren einzelheiten des vorbringens der parteien wird auf die wechselseitig zur akte gereichten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 22
23die zulässige klage ist vollumfänglich begründet. die zulässige widerklage des beklagten ist unbegründet. 241. 25dem kläger steht hinsichtlich der bewerbung der praxisleistungen unter der angabe "osteopathie" ein unterlassungsanspruch gem. § 8 abs. 1, abs. 2 nr. 2, 3, 4 nr. 11, 5 abs. 1 s. 1, 2 nr. 3 uwg in verbindung mit § 1 heilprg gegen den beklagten zu. 26a. 27der kläger ist hinsichtlich der geltend gemachten unterlassungsansprüche aktivlegitimiert. gemäß § 8 abs. 3 nr. 2 uwg stehen die ansprüche aus § 8 abs. 1 uwg auch rechtsfähigen verbänden zur förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher interessen zu, sofern ihnen mitbewerber angehören, sie zur verfolgung dieser aufgaben tatsächlich imstande sind und die zuwiderhandlung die interessen ihrer mitglieder berührt. 28diese voraussetzungen sind beim kläger erfüllt. bei dem kläger handelt es sich um einen verein zur förderung selbständiger beruflicher interessen seiner mitglieder. zu seinen mitgliedern gehören im wege einer sammelmitgliedschaft auch die mitglieder des vereins freie heilpraktiker e.v. sowie des verbandes deutscher heilpraktiker e.v. dass es sich bei den mitgliedern damit auch um eine erhebliche zahl selbständiger heilpraktiker aus der region düsseldorf/neuss handelt, hat der beklagte nicht wirksam bestritten. im hinblick auf die klägerseitig vorgelegte mitgliederliste des vereins freie heilpraktiker e.v. ist das bestreiten des beklagten in der klageerwiderung unsubstantiiert und ins blaue hinein erfolgt. es fehlt an anknüpfungspunkten, um aus der geschlechterverteilung herleiten zu können, dass eine mehrzahl der heilpraktikerinnen die tätigkeit lediglich "nebenberuflich" ausübt. im übrigen schließt dieser begriff eine "gewerbliche" tätigkeit ohnehin nicht aus. 29soweit der beklagte ferner einwendet, die genannten heilpraktiker böten keine osteopathischen leistungen an, steht dies ihrer eigenschaft als wettbewerber nicht entgegen. der begriff von waren oder dienstleistungen ist im hinblick auf ein konkretes wettbewerbsverhältnis im sinne von § 2 abs. 1 nr. 3 uwg bzw. § 8 abs. 3 nr. 2 uwg weit zu fassen (köhler/bornkamm, uwg, 31. aufl., § 2 uwg, rn. 95 u. § 8 uwg, rn. 3.38). selbst wenn die mitglieder des klägers als heilpraktiker andere leistungen als die osteopathie erbringen würden, zielt ihr tätigkeitsfeld gleichwohl auf die behandlung von krankheiten ab. folglich sind sie auf demselben sachlich und räumlich relevanten markt tätig wie der beklagte. 30auch die ausführungen des beklagten, die weiterleitung der mitglieder des verbands freie heilpraktiker e.v. sowie die ermächtigung des klägers sei nicht durch satzung des vereins abgedeckt, schließen eine aktivlegitimation des klägers nicht aus. dieser einwand betrifft lediglich die internen vorgänge im verband freie heilpraktiker e.v., nicht jedoch das außenverhältnis und damit auch nicht die mitgliedschaft beim kläger. 31ferner ist im rahmen von § 8 abs. 3 nr. 2 uwg eine ausdrückliche ermächtigung des verbandes durch die mitglieder ohnehin nicht erforderlich (bgh grur 2005, 689, 690 – sammelmitgliedschaft iii). 32b. 33die bewerbung der praxis des beklagten im hinblick auf leistungen der osteopathie ist gem. §§ 3, 4 nr. 11, 5 abs. 1 s. 1, 2 nr. 3 uwg in verbindung mit § 1 heilprg ebenso rechtswidrig wie die vornahme entsprechender behandlungen. 34es liegt ein verstoß gegen die erlaunbnispflicht gem. § 1 abs. 1 heilprg vor, die nicht nur eine marktzutrittsregelung, sondern zugleich auch ein marktverhaltensregelung im sinne von § 4 nr. 11 uwg darstellt (vgl. köhler, in: köhler/bornkamm, uwg, 31. aufl., § 4 uwg, rn. 11,78 m.w.n.) 35die ausübung dieser tätigkeit ist als heilkunde im sinne von § 1 abs. 1 heilprg erlaubnispflichtig, wobei heilkunde gem. § 1 abs. 2 heilprg jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene tätigkeit zur feststellung, heilung oder linderung von krankheiten, leiden oder körperschäden bei menschen ist, auch wenn sie im dienste von anderen ausgeübt wird. der bereich der osteopathie, unter dem verschiedene alternativmedizinische krankheits- und behandlungskonzepte zusammengefasst werden, unterfällt auch bei einer nach art. 12 gg gebotenen einschränkenden auslegung (vgl. köhler, in: köhler/bornkamm, uwg, 31. aufl., § 4 uwg, rn. 11.78 m.w.n.) der definition nach § 1 abs. 2 heilprg. eine osteopathische behandlung setzt gewisse ärztliche fachkenntnisse voraus und kann gesundheitliche schädigungen zur folge haben, beispielsweise soweit ernstere leiden nicht frühzeitig erkannt werden (vgl. vg düsseldorf, urteil vom 08. dezember 2008, az. 7 k 967/07 – zitiert nach juris). 36dabei kann offenbleiben, über welche fachlichen qualifikation die mitarbeiterin x verfügt, insbesondere wie der vorgelegte prüfungsnachweis (anlage bs1; bl. 65 ga) einzuordnen ist. im bereich der osteopathie ist die einordnung und anerkennung praktischer und theoretischer qualifikationen zwar grundsätzlich problematisch, da in den meisten bundesländern – und auch in nordrhein-westfalen – keine einheitlichen ausbildungs- und tätigkeitsbestimmungen existieren. diese problematik ist jedoch allein gegenstand des verwaltungsrechtlichen erlaubniserteilungungsverfahrens (vgl. etwa ovg nrw, urteil vom 13.06.2012, az. 13 a 668/09, medr 2012, 751). 37unstreitig verfügen weder der beklagte noch seine mitarbeiterin x über eine notwendige erlaubnis nach § 1 heilprg für die durchführung dieser tätigkeit, so dass die durchführung schon aus diesem grund rechtswidrig ist. 38ferner ist auch die bewerbung dieser erlaubnispflichtigen tätigkeiten bei fehlender erlaubnis unter dem gesichtspunkt der irreführung gem. § 5 abs. 1 s. 1, 2 nr. 3 uwg rechtswidrig. 392. 40soweit der kläger nach einseitiger erledigungserklärung die feststellung beantragt, dass sich sein ursprünglicher klageantrag zu 1 b. nach rechtshängigkeit erledigt hat, ist dieser antrag ebenfalls begründet. 41der ursprüngliche klageantrag zu ziff. 1. b. hat sich erledigt. er war bis zum zeitpunkt der gesetzesänderung zulässig und begründet. 42ein unterlassungsanspruch ergab sich ursprünglich aus §§ 8 abs. 1, abs. 2, abs. 2 nr. 2. die werbung auf der internetseite begründete einen verstoß gegen §§ 3, 4 nr. 11 uwg i.v.m. § 11 abs. 1 nr. 6 hwg. hinsichtlich des ursprünglich geltend gemachten unterlassungsanspruchs war der beklagte gem. § 8 abs. 2 uwg passivlegitimiert. der beklagte hat in der klageerwiderung angegeben, den e als betreiber der deutschen therapeutenauskunft mit der internet-werbung beauftragt zu haben. insoweit ist ihm der inhalt der werbung grundsätzlich zurechenbar. dabei ist auch irrelevant, dass er den vertrag bereits vor der abmahnung durch den kläger gekündigt hatte. denn unstreitig war ein entsprechender auftrag tatsächlich erteilt worden. soweit sich hieraus ein verstoß gegen §§ 3 ff. uwg ergibt, besteht die sich hieraus wiederum ergebene wiederholungsgefahr auch nach der löschungsauftrag fort. 43nach der bis zum 05.10.2012 geltenden fassung von § 11 abs. 1 nr. 6 hwg durfte außerhalb der fachkreise u.a. für verfahren nicht mit fremd- oder fachsprachlichen bezeichnungen geworben werden. bei der verwendung der begriffe „pnf“, „cranio-mandisula“, „craniosacrale therapie“ sowie „mckenzie“ ohne weitere erläuterung handelt es sich um einen verstoß gegen § 11 abs. 1 nr. 6 hwg a.f. die kammer kann dies aus eigener sachkunde beurteilen, da auch ihre mitglieder zu dem angesprochenen personenkreis gehören und in der lage sind, die erforderliche parallelwertung in der laiensphäre vorzunehmen (kammerurteil vom 24.07.2006, az. 12 o 66/05). 44die in rede stehenden bezeichnungen stellen fremd- bzw. fachsprachliche bezeichnungen dar, welche nicht in den deutschen sprachgebrauch eingegangen sind. zum teil handelt es sich auch um abkürzungen und eigennamen, deren bedeutung sich für laien jedenfalls nicht ohne zuhilfenahme weiterer erkenntnisquellen erschließt. 45ferner handelt es sich bei den in rede stehenden angaben auch nicht nur um allgemeine unternehmensbezogene werbung für die praxis des beklagten. vielmehr liegt nicht zuletzt aufgrund der einordung in die rubrik „unsere leistungen“ ein ausdrücklicher bezug zu verfahren und behandlungen des beklagten im sinne von § 11 hwg vor. 46eine änderung der gesetzeslage kann grundsätzlich ein erledigendes ereignis darstellen (vgl. olg karlsruhe, grur 2002, 909). 47dieser tatsächliche umstand ist erst nach rechtshängigkeit eingetreten. 48auch die gesetzgeberischen erwägungen, die zur änderung des heilmittelwerbegesetzes und zum wegfall von § 11 abs. 1 nr. 6 hwg a.f. geführt haben, stehen einer anwendung dieser vorschrift im rahmen der feststellung der erledigung nicht entgegen. insbesondere lag insoweit kein verstoß gegen höherrangiges rechts o.ä. vor, der einen wegfall zwingend erforderlich gemacht hätte (burk, grur 2012, 1097, 1101). im rahmen der harmonisierung und anpassung an die europäische richtlinie 2001/83/eg sowie vor dem hintergrund der irreführungstatbestandes in § 3 hwg hat der gesetzgeber schlichtweg auf ein gesondertes verbot nach § 11 abs. 1 nr. 6 hwg a.f. verzichtet (vgl. gesetzesbegründung, bt-drucks. 17/9341, s. 71). 493. 50die widerklage, mit welcher der beklagte die rückzahlung der erstatteten abmahnkosten in höhe von 152,32 eur fordert, ist zulässig, aber unbegründet. 51dem kläger steht kein rückzahlungsanspruch zu. ein solcher anspruch ergibt sich weder aus dem gesichtspunkt des schadensersatzes nach §§ 823 abs. 2 i.v.m. § 240 stgb bzw. § 826 bgb noch einer ungerechtfertigten bereicherung gem. § 812 bgb. 52der anspruch des klägers auf erstattung der abmahnkosten und damit der rechtsgrund für die zahlung durch den beklagten ergibt sich aus § 12 abs. 1 s. 2 uwg. aus den vorstehenden ausführungen folgt, dass die abmahnung des klägers grundsätzlich berechtigt war. auch seinem inhalt nach entspricht das abmahnschreiben vom 14.05.2012 (anlage 3, bl. 22 ga) dem streitgegenstand des vorliegenden verfahrens. der kläger wendet sich sowohl gegen die bewerbung für die durchführung von osteopathie als auch gegen die verwendung fremd- bzw. fachsprachlicher begriffe. die geltendmachung eines entsprechenden unterlassungsbegehrens ist daher berechtigt. entgegen der auffassung des beklagten sollte damit kein vollständiges werbeverbot erreicht werden. 53irrelevant ist in diesem zusammenhang, dass die vorlage einer unterlassungserklärung anders lautet als der klageantrag im vorliegenden verfahren. abgesehen davon, dass die inhaltlichen unterschiede nur sehr gering sind, handelt es sich lediglich um eine vorlage für eine geeignete erklärung. das konkret geltend gemachte unterlassungsbegehren bestimmt sich demgegenüber im wesentlichen nach dem inhalt des abmahnschreibens. 54die kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 abs. 1 zpo. 55die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 709 s. 1 zpo. 56streitwert: 57bis 10.06.2013: 20.000,00 eur (2 x 10.000,00 eur) 58vom 11.06. bis 16.07.2013: 10.000,00 eur 59ab 17.07.2013: 10.152,32 eur (klage: 10.000,00 eur / widerklage: 152,32 eur) 60w t3 c
Klaeger*in
1
344,948
10 A 669/19
2022-03-30T00:00:00
Urteil
Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 von Hundert des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 von Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt die Erteilung eines bauplanungsrechtlichen Vorbescheids für das Grundstück N.-straße 396 in E., Gemarkung N1., Flur 3, Flurstücke 341 und 343 (im Folgenden: Vorhabengrundstück). Eigentümerin des Vorhabengrundstücks, auf dem von der Firma O. ein Lebensmitteldiscountmarkt mit einer Verkaufsfläche von circa 699 qm betrieben wird, ist die Grundbesitz N.-straße 398 GmbH & Co. KG (im Folgenden: Grundstückseigentümerin). Zugunsten der aus den Gesellschaftern K. T. und U. I. bestehenden E. N2.-straße GbR (im Folgenden: Erbbauberechtigte), ist für das Vorhabengrundstück ein Erbbaurecht bis zum Jahr 2054 im Erbbaugrundbuch eingetragen. 3Das Vorhabengrundstück liegt im Geltungsbereich des im Jahre 2020 als Satzung beschlossenen Bebauungsplans Nr. „W./N3.-straße“ der Beklagten (im Folgenden: Bebauungsplan), der Gegenstand des von der Erbbauberechtigten anhängig gemachten Normenkontrollverfahrens 10 D 246/21.NE war. Der Senat hat den Normenkontrollantrag mit Urteil vom 15. März 2022 abgelehnt. 4Der Ausschuss für Planung und Stadtentwicklung (im Folgenden: Ausschuss) hatte am 25. März 2015 für den Bereich nördlich/nordöstlich des W. etwa zwischen der P.‑straße, der Kleingartenanlage an der T1.-straße und der N3.-straße die Aufstellung des Bebauungsplans beschlossen. Ziel der Planung sei die Steuerung des Einzelhandels und die Ermöglichung einer Wohnnutzung. Vorrangig sei die Verhinderung einer Einzelhandelsnutzung gewollt, die den Zielen des Rahmenplans Einzelhandel entgegenstehe. Unter dem 8. April 2015 ordnete der Oberbürgermeister die Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses an, die am 18. April 2015 im Amtsblatt erfolgte. Mit Beschluss vom 24. Februar 2016 änderte der Ausschuss den Aufstellungsbeschluss. Er erweiterte das Plangebiet auf einen Bereich westlich des W. und konkretisierte die Planungsziele. Die Bekanntmachung des von der Amtsleiterin des Planungsamtes am 26. Februar 2016 unterzeichneten geänderten Aufstellungsbeschlusses erfolgte am 5. März 2016 im Amtsblatt. 5Am 10. März 2016 beschloss der Rat eine Veränderungssperre für das Plangebiet. Am 21. März 2016 unterzeichnete der Oberbürgermeister die Bekanntmachungsanordnung für den die Veränderungssperre betreffenden Satzungsbeschluss, der am 9. April 2016 im Amtsblatt bekanntgemacht wurde. 6Am 1. Februar 2018 beschloss der Rat, die Geltungsdauer der Veränderungssperre um ein Jahr zu verlängern. Am 28. Februar 2018 unterzeichnete der Oberbürgermeister die Bekanntmachungsanordnung für den Satzungsbeschluss, dessen Bekanntmachung am 10. März 2018 im Amtsblatt erfolgte. 7Bereits im Jahre 2013 hatte die Klägerin einen bauplanungsrechtlichen Vorbescheid für die Erweiterung der Verkaufsfläche des auf dem Vorhabengrundstück betriebenen Lebensmitteldiscountmarktes beantragt. Nachdem die Beklagte die Erteilung eines entsprechenden Vorbescheids zunächst versagt hatte, schlossen die Beteiligten im Klageverfahren 4 K 1164/14 vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf im Jahre 2014 einen Vergleich, mit dem sich die Beklagte zur Erteilung eines Vorbescheids für die Erweiterung der Verkaufsfläche des Lebensmitteldiscountmarktes verpflichtete. Auf der Grundlage dieses Vergleichs erteilte die Beklagte der Klägerin unter dem 21. April 2015 für die „Erweiterung des Lebensmittelmarktes mit PKW-Stellplätzen auf 1.200 qm (reine) Verkaufsfläche“ einen bauplanungsrechtlichen Vorbescheid. Am 17. Februar 2017 beantragte die Klägerin die Verlängerung der Geltungsdauer dieses Vorbescheids, die die Beklagte mit Bescheid vom 6. April 2017 ablehnte. Die zwischenzeitlich beschlossene Veränderungssperre stehe der gewollten Erweiterung der Verkaufsfläche entgegen. Eine Ausnahme komme nicht in Betracht. Der Antrag der Klägerin, die Beklagte zur Verlängerung der Geltungsdauer des Vorbescheids zu verpflichten, ist Gegenstand des Berufungsverfahrens 10 A 668/19. 8Mit Bauvoranfrage vom 9. April 2018 beantragte die Klägerin die Erteilung eines weiteren bauplanungsrechtlichen Vorbescheids (im Folgenden: Vorbescheid) für die Erweiterung der Verkaufsfläche des auf dem Vorhabengrundstück betriebenen Lebensmitteldiscountmarktes auf 1.135 qm (im Folgenden: Vorhaben). Die Stellplätze, die Erschließung sowie die Betriebszeiten seien nicht Bestandteil der Bauvoranfrage. Auch etwaige immissionsrechtliche Belange seien, ebenso wie das Gebot der Rücksichtnahme, nicht Gegenstand der Bauvoranfrage. Die Klägerin formulierte folgende Fragen zu ihrem Vorhaben: 9„1. Ist auf dem Baugrundstück entsprechend dem beiliegenden Lageplan eine Erweiterung des bestehenden Lebensmittel-Discounters auf ca. 1135m² Verkaufsfläche planungsrechtlich zulässig? 102. Hilfsweise wird angefragt, ob das geplante Vorhaben - ein Lebensmittel-Discountmarkt mit einer Verkaufsfläche von 1135 m² - nach der Art der baulichen Nutzung unter Ausklammerung des Gebots der Rücksichtnahme auf dem Vorhabengrundstück bauplanungsrechtlich zulässig ist?“ 11Mit Bescheid vom 19. Juni 2018 lehnte die Beklagte auch diesen Antrag unter Verweis auf die Veränderungssperre ab. 12Die Klägerin hat am 19. Juli 2018 Klage erhoben und beantragt, 13die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 19. Juni 2018 (63/23-BV-0069/18) zu verpflichten, ihre Bauvoranfrage vom 9. April 2018 zur Erweiterung des auf dem Grundstück Gemarkung N1., Flur 3, Flurstücke 341/343 vorhandenen Lebensmitteldiscountmarktes auf eine Verkaufsfläche von insgesamt 1.135 qm positiv zu bescheiden. 14Die Beklagte hat beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 18. Januar 2019 abgewiesen. Der Erteilung des begehrten Vorbescheids stehe die Veränderungssperre als öffentlich-rechtliche Vorschrift entgegen. 17Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung trägt die Klägerin vor, dass sowohl der inzwischen als Satzung beschlossene Bebauungsplan als auch der Vorgängerplan unwirksam seien, sodass das Vorhaben, auf das die Regelvermutung des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO nicht zutreffe und das daher atypisch im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO sei, weil vorhabenbedingte negative Auswirkungen trotz seiner Geschossfläche von mehr als 1.200 qm nicht zu erwarten seien, nach § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 8 BauNVO auf dem Vorhabengrundstück bauplanungsrechtlich zulässig sei. Das im Aufstellungsverfahren von der Beklagten eingeholte Einzelhandelsgutachten habe gezeigt, dass die Umsatzumlenkungen, die mit einer Erweiterung des auf dem Vorhabengrundstück betriebenen Lebensmitteldiscountmarktes hin zu einem großflächigen Einzelhandelsbetrieb verbunden wären, keine städtebauliche Relevanz hätten. 18Der Vorgängerplan sei ebenfalls unwirksam, wie der Senat bereits in der mündlichen Verhandlung im Normenkontrollverfahren 10 D 61/08.NE herausgestellt habe. 19Selbst wenn der Bebauungsplan wirksam wäre, sei die Klage gleichwohl begründet, denn die Bauvoranfrage verhalte sich ausdrücklich nur zur Art der baulichen Nutzung. Als ein im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO atypischer Einzelhandelsbetrieb sei das Vorhaben im Plangebiet bauplanungsrechtlich zulässig. Jedenfalls unmittelbar vor Inkrafttreten des Bebauungsplans am 4. April 2020 habe der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung des Vorbescheids bestanden. Die Veränderungssperre hätte damals einer solchen Verlängerung nicht entgegengestanden, da ihre Geltungsdauer mangels besonderer Umstände im Sinne von § 17 Abs. 2 BauGB nicht auf ein viertes Jahr hätte verlängert werden dürfen. Der Rat habe annähernd fünf Jahre gebraucht, um überhaupt einen Planentwurf für eine öffentliche Auslegung zu erstellen. Sie, die Klägerin, wolle Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte geltend machen, weil ihr wegen der rechtswidrigen Versagung der beantragten Verlängerung der Geltungsdauer des Vorbescheids erhebliche Mieteinnahmen entgangen seien. 20Die Klägerin beantragt schriftsätzlich, 21das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 19. Juni 2018 zu verpflichten, ihre Bauvoranfrage vom 9. April 2018 zur Erweiterung des auf dem Grundstück Gemarkung N1., Flur 3, Flurstücke 341/343 vorhandenen Lebensmitteldiscountmarktes auf eine Verkaufsfläche von insgesamt 1.135 qm positiv zu bescheiden. 22hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte im Zeitpunkt unmittelbar vor Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. „W./N3.-straße“ verpflichtet war, ihre Bauvoranfrage vom 9. April 2018 zur Erweiterung des auf dem Grundstück Gemarkung N1., Flur 3, Flurstücke 341/343 vorhandenen Lebensmittel-Discountmarktes auf eine Verkaufsfläche von insgesamt 1.135 qm positiv zu bescheiden. 23Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 24die Berufung zurückzuweisen. 25Sie hält das Vorhaben für bauplanungsrechtlich unzulässig. Der Bebauungsplan sei wirksam. Die Klägerin habe nicht hinreichend nachgewiesen, dass das Vorhaben atypisch im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO sei. Bei zwei Lebensmitteldiscountmärkten und einem türkischen Supermarkt im Plangebiet gebe es keine sortimentsbezogene Unterversorgung in dem zentralen Versorgungsbereich, in dem das Vorhabengrundstück liege. 26Auch wenn der Bebauungsplan unwirksam sein sollte, sei das Vorhaben in der Gemengelage, in die das Vorhabengrundstück eingebettet sei, als großflächiger Einzelhandelsbetrieb mangels eines Vorbildes unzulässig. Die Nutzung auf dem Grundstück W. 55 durch die Firma J. (Nutzfahrzeugniederlassung; Werkstatt; Ausstellungsflächen) sei kein solches Vorbild. Die Ausstellungsflächen der Firma bestünden größtenteils aus befestigten Freiflächen, auf denen vor allem gebrauchte Nutzfahrzeuge ausgestellt würden. Bei diesen Ausstellungsflächen handele es sich mithin nur um Nebenanlagen von untergeordneter Bedeutung, aus denen im Hinblick auf die Großflächigkeit keine Vorbildwirkung für das Vorhaben hergeleitet werden könne. Auch wichen die betrieblichen Begleiterscheinungen der beiden in Rede stehenden Nutzungen, insbesondere der betriebsbedingte Verkehr, wesentlich voneinander ab. Das Vorhaben hätte sich daher seiner Art nach auch dann nicht in die Eigenart der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks eingefügt, wenn die zweite Verlängerung der Veränderungssperre unwirksam gewesen sein sollte. Überdies hätten dem Vorhaben damals möglicherweise auch die Vorgaben des § 34 Abs. 3 BauGB entgegengestanden. 27Der Hilfsantrag sei unbegründet. Die zweite Verlängerung der Veränderungssperre sei wirksam gewesen, denn damals hätten besondere Umstände vorgelegen, die die Planung außergewöhnlich schwierig gemacht hätten und weder von der Verwaltung noch vom Rat zu verantworten gewesen seien. 28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten 10 D 246/21.NE, 10 A 668/19 und 10 A 669/19 sowie der beigezogenen Aufstellungsvorgänge (Beiakten Hefte 1 bis 11 des Verfahrens 10 D 246/21.NE) und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakten Heft 1 bis 24 des Verfahrens 10 A 668/19 und Beiakte Heft 1 des Verfahrens 10 A 669/19) Bezug genommen. 29Entscheidungsgründe: 30Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. 31Die Klage ist unbegründet. 32Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung des mit dem Hauptantrag begehrten bauplanungsrechtlichen Vorbescheids. Dem Vorhaben stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen (§§ 77 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4, 74 Abs. 1 BauO NRW). 33Das Vorhaben widerspricht den Festsetzungen des Bebauungsplans unter anderem hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche. Die Bauvoranfrage bezieht sich mit der unter 1. formulierten Frage ausdrücklich auf die Erweiterung der Verkaufsfläche des auf dem Vorhabengrundstück betriebenen Lebensmitteldiscountmarktes und damit auf die planungsrechtlich unzulässige Änderung des auf den Bestand gesetzten Marktes. Dies ergibt sich aus dem Urteil des Senats vom heutigen Tag im Verfahren 10 A 668/19, auf dessen Begründung insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird. 34Soweit die Klägerin unter 2. „hilfsweise“ die Frage formuliert, ob das geplante Vorhaben – ein Lebensmitteldiscountmarkt mit einer Verkaufsfläche von 1.135 qm – nach der Art der baulichen Nutzung unter Ausklammerung des Gebots der Rücksichtnahme auf dem Vorhabengrundstück bauplanungsrechtlich zulässig sei, fehlt ihr für diese Bauvoranfrage nach Inkrafttreten des Bebauungsplans das Sachbescheidungsinteresse. Auch diese Frage ist in Würdigung aller Umstände so zu verstehen, dass sie sich auf die Erweiterung der Verkaufsfläche des bestehenden Lebensmitteldiscountmarktes auf 1.135 qm bezieht. Wenn die Klägerin meint, die Bauvoranfrage sei mit der Formulierung unter 2. ganz allgemein und losgelöst von der beabsichtigten Erweiterung des vorhandenen Lebensmitteldiscountmarktes darauf gerichtet, die Zulässigkeit eines beliebigen Lebensmitteldiscountmarktes mit einer entsprechenden Verkaufsfläche seiner Art nach feststellen zu lassen, geben weder die mit der Bauvoranfrage eingereichten Unterlagen noch die sonstigen Umstände dafür etwas her. Folgerichtig hat die Klägerin in ihren Anträgen sowohl im Klageverfahren als auch im Berufungsverfahren als Gegenstand der Bauvoranfrage ausschließlich die Erweiterung der Verkaufsfläche des vorhandenen Lebensmitteldiscountmarktes angegeben. Eine solche Erweiterung widerspricht den Festsetzungen des Bebauungsplans, sodass der beantragte Vorbescheid für die Klägerin nutzlos wäre, weil ihr eine entsprechende Baugenehmigung nicht erteilt werden könnte. Auch insoweit wird Bezug genommen auf das Urteil des Senats vom heutigen Tag im Verfahren 10 A 669/19. 35Die Festsetzungen des Bebauungsplans sind auch wirksam, wie sich aus dem auch der Klägerin bekannten Urteil des Senats vom 15. März 2022 im Verfahren 10 D 246/21.NE ergibt, auf dessen Begründung ebenfalls Bezug genommen wird. 36Die Klage hat auch mit dem Hilfsantrag keinen Erfolg. 37Der Klägerin fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse. 38Bei einer Fortsetzungsfeststellungklage, die der Vorbereitung einer zivilrechtlichen Klage auf Schadensersatz oder Entschädigung dienen soll, ist das Feststellungsinteresse zu bejahen, wenn ein solcher Prozess bereits anhängig, mit Sicherheit zu erwarten oder ernsthaft beabsichtigt ist, die begehrte Feststellung in diesem Verfahren erheblich und die Rechtsverfolgung nicht offensichtlich aussichtslos ist. Insoweit bedarf es hinreichender Darlegungen seitens des die Feststellung begehrenden Klägers. Hierzu gehört insbesondere, dass er die Behauptung eines eingetretenen Schadens durch Angaben zur Art des Schadens und zur annähernden Schadenshöhe substanziiert. 39Vgl. etwa OVG NRW, Urteile vom 25. März 2014 – 2 A 2679/12 –, juris, Rn 42, und vom 19. April 2013 – 10 A 2596/11 –, juris, Rn. 53, jeweils mit weiteren Nachweisen. 40Diese Anforderungen sind hier nicht erfüllt. Die Klägerin hatte vor dem Inkrafttreten des Bebauungsplans für das Vorhabengrundstück und den darauf betriebenen Lebensmitteldiscountmarkt zwei Erweiterungsvarianten im Auge, nämlich eine Erweiterung auf 1.200 qm entsprechend dem ihr unter dem 21. April 2015 erteilten Vorbescheid oder eine Erweiterung auf 1.135 qm entsprechend ihrer Bauvoranfrage vom 9. April 2018. Um ihr Feststellungsinteresse für den Hilfsantrag zu begründen, behauptet sie, ihr sei ein Schaden in Form eines entgangenen Gewinns entstanden, den sie gegenüber der Beklagten geltend machen wolle. Zur Substanziierung ihrer Behauptung trägt sie vor, in den Jahren 2016 und 2017 hätten die Gesellschafter der Erbbauberechtigten vereinbart, dass die weitere Besorgung des Baurechts durch sie, die Klägerin, und auf ihren Namen betrieben werden solle. Die Firma O. sei damals einverstanden gewesen, einen neuen Mietvertrag zu einen indexierten Mietzins von 12,83 Euro/qm für ein neues oder ein erweitertes Gebäude mit einer Gesamtfläche von 1.403 qm einschließlich einer Verkaufsfläche von 1.200 qm abzuschließen. Hätte die Beklagte die Geltungsdauer des Vorbescheids vom 21. April 2015 antragsgemäß verlängert, hätte sie, die Klägerin, vorrangig die diesem Vorbescheid entsprechende Erweiterung der Verkaufsfläche des auf dem Vorhabengrundstück betriebenen Lebensmitteldiscountmarktes umgesetzt. Hätte sie die Umsetzung dieses Vorhabens durch einen Bankkredit finanziert, hätte sich bei Abzug der Einstandskosten, der Kreditkosten, des Erbbauzinses und der Abschreibung der Baukosten unter Berücksichtigung einer realistischen Indexentwicklung bei fünfzehn Jahren Laufzeit nach Abzug von Steuern ein Gewinn von 515.100 Euro ergeben. Rechne man die Wertsteigerung der Immobilie hinzu, hätte sie nach Abzug von Steuern einen Gewinn von 887.100 Euro in fünfzehn Jahren erwarten können. Diesen entgangenen Gewinn wolle sie als den ihr entstandenen Schaden geltend machen. Nimmt man die Klägerin beim Wort, wäre für eine Umsetzung des mit der Bauvoranfrage vom 9. April 2018 begehrten Vorbescheids kein Raum gewesen. Ein zusätzlicher Schaden, den sie in einem Zivilprozess geltend machen könnte, kann folglich durch seine rechtswidrige Versagung nicht eingetreten sein. Einen solchen Schaden hat die Klägerin auch nicht substanziiert vorgetragen. 41Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. 42Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 ff. ZPO. 43Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
die berufung wird zurückgewiesen. die klägerin trägt die kosten des berufungsverfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 von hundert des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 von hundert des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die klägerin begehrt die erteilung eines bauplanungsrechtlichen vorbescheids für das grundstück n.-straße 396 in e., gemarkung n1., flur 3, flurstücke 341 und 343 (im folgenden: vorhabengrundstück). eigentümerin des vorhabengrundstücks, auf dem von der firma o. ein lebensmitteldiscountmarkt mit einer verkaufsfläche von circa 699 qm betrieben wird, ist die grundbesitz n.-straße 398 gmbh & co. kg (im folgenden: grundstückseigentümerin). zugunsten der aus den gesellschaftern k. t. und u. i. bestehenden e. n2.-straße gbr (im folgenden: erbbauberechtigte), ist für das vorhabengrundstück ein erbbaurecht bis zum jahr 2054 im erbbaugrundbuch eingetragen. 3das vorhabengrundstück liegt im geltungsbereich des im jahre 2020 als satzung beschlossenen bebauungsplans nr. „w./n3.-straße“ der beklagten (im folgenden: bebauungsplan), der gegenstand des von der erbbauberechtigten anhängig gemachten normenkontrollverfahrens 10 d 246/21.ne war. der senat hat den normenkontrollantrag mit urteil vom 15. märz 2022 abgelehnt. 4der ausschuss für planung und stadtentwicklung (im folgenden: ausschuss) hatte am 25. märz 2015 für den bereich nördlich/nordöstlich des w. etwa zwischen der p.‑straße, der kleingartenanlage an der t1.-straße und der n3.-straße die aufstellung des bebauungsplans beschlossen. ziel der planung sei die steuerung des einzelhandels und die ermöglichung einer wohnnutzung. vorrangig sei die verhinderung einer einzelhandelsnutzung gewollt, die den zielen des rahmenplans einzelhandel entgegenstehe. unter dem 8. april 2015 ordnete der oberbürgermeister die bekanntmachung des aufstellungsbeschlusses an, die am 18. april 2015 im amtsblatt erfolgte. mit beschluss vom 24. februar 2016 änderte der ausschuss den aufstellungsbeschluss. er erweiterte das plangebiet auf einen bereich westlich des w. und konkretisierte die planungsziele. die bekanntmachung des von der amtsleiterin des planungsamtes am 26. februar 2016 unterzeichneten geänderten aufstellungsbeschlusses erfolgte am 5. märz 2016 im amtsblatt. 5am 10. märz 2016 beschloss der rat eine veränderungssperre für das plangebiet. am 21. märz 2016 unterzeichnete der oberbürgermeister die bekanntmachungsanordnung für den die veränderungssperre betreffenden satzungsbeschluss, der am 9. april 2016 im amtsblatt bekanntgemacht wurde. 6am 1. februar 2018 beschloss der rat, die geltungsdauer der veränderungssperre um ein jahr zu verlängern. am 28. februar 2018 unterzeichnete der oberbürgermeister die bekanntmachungsanordnung für den satzungsbeschluss, dessen bekanntmachung am 10. märz 2018 im amtsblatt erfolgte. 7bereits im jahre 2013 hatte die klägerin einen bauplanungsrechtlichen vorbescheid für die erweiterung der verkaufsfläche des auf dem vorhabengrundstück betriebenen lebensmitteldiscountmarktes beantragt. nachdem die beklagte die erteilung eines entsprechenden vorbescheids zunächst versagt hatte, schlossen die beteiligten im klageverfahren 4 k 1164/14 vor dem verwaltungsgericht düsseldorf im jahre 2014 einen vergleich, mit dem sich die beklagte zur erteilung eines vorbescheids für die erweiterung der verkaufsfläche des lebensmitteldiscountmarktes verpflichtete. auf der grundlage dieses vergleichs erteilte die beklagte der klägerin unter dem 21. april 2015 für die „erweiterung des lebensmittelmarktes mit pkw-stellplätzen auf 1.200 qm (reine) verkaufsfläche“ einen bauplanungsrechtlichen vorbescheid. am 17. februar 2017 beantragte die klägerin die verlängerung der geltungsdauer dieses vorbescheids, die die beklagte mit bescheid vom 6. april 2017 ablehnte. die zwischenzeitlich beschlossene veränderungssperre stehe der gewollten erweiterung der verkaufsfläche entgegen. eine ausnahme komme nicht in betracht. der antrag der klägerin, die beklagte zur verlängerung der geltungsdauer des vorbescheids zu verpflichten, ist gegenstand des berufungsverfahrens 10 a 668/19. 8mit bauvoranfrage vom 9. april 2018 beantragte die klägerin die erteilung eines weiteren bauplanungsrechtlichen vorbescheids (im folgenden: vorbescheid) für die erweiterung der verkaufsfläche des auf dem vorhabengrundstück betriebenen lebensmitteldiscountmarktes auf 1.135 qm (im folgenden: vorhaben). die stellplätze, die erschließung sowie die betriebszeiten seien nicht bestandteil der bauvoranfrage. auch etwaige immissionsrechtliche belange seien, ebenso wie das gebot der rücksichtnahme, nicht gegenstand der bauvoranfrage. die klägerin formulierte folgende fragen zu ihrem vorhaben: 9„1. ist auf dem baugrundstück entsprechend dem beiliegenden lageplan eine erweiterung des bestehenden lebensmittel-discounters auf ca. 1135m² verkaufsfläche planungsrechtlich zulässig? 102. hilfsweise wird angefragt, ob das geplante vorhaben - ein lebensmittel-discountmarkt mit einer verkaufsfläche von 1135 m² - nach der art der baulichen nutzung unter ausklammerung des gebots der rücksichtnahme auf dem vorhabengrundstück bauplanungsrechtlich zulässig ist?“ 11mit bescheid vom 19. juni 2018 lehnte die beklagte auch diesen antrag unter verweis auf die veränderungssperre ab. 12die klägerin hat am 19. juli 2018 klage erhoben und beantragt, 13die beklagte unter aufhebung des ablehnungsbescheides vom 19. juni 2018 (63/23-bv-0069/18) zu verpflichten, ihre bauvoranfrage vom 9. april 2018 zur erweiterung des auf dem grundstück gemarkung n1., flur 3, flurstücke 341/343 vorhandenen lebensmitteldiscountmarktes auf eine verkaufsfläche von insgesamt 1.135 qm positiv zu bescheiden. 14die beklagte hat beantragt, 15die klage abzuweisen. 16das verwaltungsgericht hat die klage mit urteil vom 18. januar 2019 abgewiesen. der erteilung des begehrten vorbescheids stehe die veränderungssperre als öffentlich-rechtliche vorschrift entgegen. 17zur begründung der vom senat zugelassenen berufung trägt die klägerin vor, dass sowohl der inzwischen als satzung beschlossene bebauungsplan als auch der vorgängerplan unwirksam seien, sodass das vorhaben, auf das die regelvermutung des § 11 abs. 3 satz 3 baunvo nicht zutreffe und das daher atypisch im sinne des § 11 abs. 3 satz 4 baunvo sei, weil vorhabenbedingte negative auswirkungen trotz seiner geschossfläche von mehr als 1.200 qm nicht zu erwarten seien, nach § 34 abs. 2 baugb in verbindung mit § 8 baunvo auf dem vorhabengrundstück bauplanungsrechtlich zulässig sei. das im aufstellungsverfahren von der beklagten eingeholte einzelhandelsgutachten habe gezeigt, dass die umsatzumlenkungen, die mit einer erweiterung des auf dem vorhabengrundstück betriebenen lebensmitteldiscountmarktes hin zu einem großflächigen einzelhandelsbetrieb verbunden wären, keine städtebauliche relevanz hätten. 18der vorgängerplan sei ebenfalls unwirksam, wie der senat bereits in der mündlichen verhandlung im normenkontrollverfahren 10 d 61/08.ne herausgestellt habe. 19selbst wenn der bebauungsplan wirksam wäre, sei die klage gleichwohl begründet, denn die bauvoranfrage verhalte sich ausdrücklich nur zur art der baulichen nutzung. als ein im sinne von § 11 abs. 3 satz 4 baunvo atypischer einzelhandelsbetrieb sei das vorhaben im plangebiet bauplanungsrechtlich zulässig. jedenfalls unmittelbar vor inkrafttreten des bebauungsplans am 4. april 2020 habe der geltend gemachte anspruch auf erteilung des vorbescheids bestanden. die veränderungssperre hätte damals einer solchen verlängerung nicht entgegengestanden, da ihre geltungsdauer mangels besonderer umstände im sinne von § 17 abs. 2 baugb nicht auf ein viertes jahr hätte verlängert werden dürfen. der rat habe annähernd fünf jahre gebraucht, um überhaupt einen planentwurf für eine öffentliche auslegung zu erstellen. sie, die klägerin, wolle schadensersatzansprüche gegen die beklagte geltend machen, weil ihr wegen der rechtswidrigen versagung der beantragten verlängerung der geltungsdauer des vorbescheids erhebliche mieteinnahmen entgangen seien. 20die klägerin beantragt schriftsätzlich, 21das angefochtene urteil zu ändern und die beklagte unter aufhebung des ablehnungsbescheides vom 19. juni 2018 zu verpflichten, ihre bauvoranfrage vom 9. april 2018 zur erweiterung des auf dem grundstück gemarkung n1., flur 3, flurstücke 341/343 vorhandenen lebensmitteldiscountmarktes auf eine verkaufsfläche von insgesamt 1.135 qm positiv zu bescheiden. 22hilfsweise festzustellen, dass die beklagte im zeitpunkt unmittelbar vor inkrafttreten des bebauungsplans nr. „w./n3.-straße“ verpflichtet war, ihre bauvoranfrage vom 9. april 2018 zur erweiterung des auf dem grundstück gemarkung n1., flur 3, flurstücke 341/343 vorhandenen lebensmittel-discountmarktes auf eine verkaufsfläche von insgesamt 1.135 qm positiv zu bescheiden. 23die beklagte beantragt schriftsätzlich, 24die berufung zurückzuweisen. 25sie hält das vorhaben für bauplanungsrechtlich unzulässig. der bebauungsplan sei wirksam. die klägerin habe nicht hinreichend nachgewiesen, dass das vorhaben atypisch im sinne des § 11 abs. 3 satz 4 baunvo sei. bei zwei lebensmitteldiscountmärkten und einem türkischen supermarkt im plangebiet gebe es keine sortimentsbezogene unterversorgung in dem zentralen versorgungsbereich, in dem das vorhabengrundstück liege. 26auch wenn der bebauungsplan unwirksam sein sollte, sei das vorhaben in der gemengelage, in die das vorhabengrundstück eingebettet sei, als großflächiger einzelhandelsbetrieb mangels eines vorbildes unzulässig. die nutzung auf dem grundstück w. 55 durch die firma j. (nutzfahrzeugniederlassung; werkstatt; ausstellungsflächen) sei kein solches vorbild. die ausstellungsflächen der firma bestünden größtenteils aus befestigten freiflächen, auf denen vor allem gebrauchte nutzfahrzeuge ausgestellt würden. bei diesen ausstellungsflächen handele es sich mithin nur um nebenanlagen von untergeordneter bedeutung, aus denen im hinblick auf die großflächigkeit keine vorbildwirkung für das vorhaben hergeleitet werden könne. auch wichen die betrieblichen begleiterscheinungen der beiden in rede stehenden nutzungen, insbesondere der betriebsbedingte verkehr, wesentlich voneinander ab. das vorhaben hätte sich daher seiner art nach auch dann nicht in die eigenart der näheren umgebung des vorhabengrundstücks eingefügt, wenn die zweite verlängerung der veränderungssperre unwirksam gewesen sein sollte. überdies hätten dem vorhaben damals möglicherweise auch die vorgaben des § 34 abs. 3 baugb entgegengestanden. 27der hilfsantrag sei unbegründet. die zweite verlängerung der veränderungssperre sei wirksam gewesen, denn damals hätten besondere umstände vorgelegen, die die planung außergewöhnlich schwierig gemacht hätten und weder von der verwaltung noch vom rat zu verantworten gewesen seien. 28wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten 10 d 246/21.ne, 10 a 668/19 und 10 a 669/19 sowie der beigezogenen aufstellungsvorgänge (beiakten hefte 1 bis 11 des verfahrens 10 d 246/21.ne) und der verwaltungsvorgänge der beklagten (beiakten heft 1 bis 24 des verfahrens 10 a 668/19 und beiakte heft 1 des verfahrens 10 a 669/19) bezug genommen. 29
30die berufung der klägerin hat keinen erfolg. 31die klage ist unbegründet. 32die klägerin hat keinen anspruch auf erteilung des mit dem hauptantrag begehrten bauplanungsrechtlichen vorbescheids. dem vorhaben stehen öffentlich-rechtliche vorschriften entgegen (§§ 77 abs. 1 satz 1 und satz 4, 74 abs. 1 bauo nrw). 33das vorhaben widerspricht den festsetzungen des bebauungsplans unter anderem hinsichtlich der überbaubaren grundstücksfläche. die bauvoranfrage bezieht sich mit der unter 1. formulierten frage ausdrücklich auf die erweiterung der verkaufsfläche des auf dem vorhabengrundstück betriebenen lebensmitteldiscountmarktes und damit auf die planungsrechtlich unzulässige änderung des auf den bestand gesetzten marktes. dies ergibt sich aus dem urteil des senats vom heutigen tag im verfahren 10 a 668/19, auf dessen begründung insoweit zur vermeidung von wiederholungen bezug genommen wird. 34soweit die klägerin unter 2. „hilfsweise“ die frage formuliert, ob das geplante vorhaben – ein lebensmitteldiscountmarkt mit einer verkaufsfläche von 1.135 qm – nach der art der baulichen nutzung unter ausklammerung des gebots der rücksichtnahme auf dem vorhabengrundstück bauplanungsrechtlich zulässig sei, fehlt ihr für diese bauvoranfrage nach inkrafttreten des bebauungsplans das sachbescheidungsinteresse. auch diese frage ist in würdigung aller umstände so zu verstehen, dass sie sich auf die erweiterung der verkaufsfläche des bestehenden lebensmitteldiscountmarktes auf 1.135 qm bezieht. wenn die klägerin meint, die bauvoranfrage sei mit der formulierung unter 2. ganz allgemein und losgelöst von der beabsichtigten erweiterung des vorhandenen lebensmitteldiscountmarktes darauf gerichtet, die zulässigkeit eines beliebigen lebensmitteldiscountmarktes mit einer entsprechenden verkaufsfläche seiner art nach feststellen zu lassen, geben weder die mit der bauvoranfrage eingereichten unterlagen noch die sonstigen umstände dafür etwas her. folgerichtig hat die klägerin in ihren anträgen sowohl im klageverfahren als auch im berufungsverfahren als gegenstand der bauvoranfrage ausschließlich die erweiterung der verkaufsfläche des vorhandenen lebensmitteldiscountmarktes angegeben. eine solche erweiterung widerspricht den festsetzungen des bebauungsplans, sodass der beantragte vorbescheid für die klägerin nutzlos wäre, weil ihr eine entsprechende baugenehmigung nicht erteilt werden könnte. auch insoweit wird bezug genommen auf das urteil des senats vom heutigen tag im verfahren 10 a 669/19. 35die festsetzungen des bebauungsplans sind auch wirksam, wie sich aus dem auch der klägerin bekannten urteil des senats vom 15. märz 2022 im verfahren 10 d 246/21.ne ergibt, auf dessen begründung ebenfalls bezug genommen wird. 36die klage hat auch mit dem hilfsantrag keinen erfolg. 37der klägerin fehlt das erforderliche feststellungsinteresse. 38bei einer fortsetzungsfeststellungklage, die der vorbereitung einer zivilrechtlichen klage auf schadensersatz oder entschädigung dienen soll, ist das feststellungsinteresse zu bejahen, wenn ein solcher prozess bereits anhängig, mit sicherheit zu erwarten oder ernsthaft beabsichtigt ist, die begehrte feststellung in diesem verfahren erheblich und die rechtsverfolgung nicht offensichtlich aussichtslos ist. insoweit bedarf es hinreichender darlegungen seitens des die feststellung begehrenden klägers. hierzu gehört insbesondere, dass er die behauptung eines eingetretenen schadens durch angaben zur art des schadens und zur annähernden schadenshöhe substanziiert. 39vgl. etwa ovg nrw, urteile vom 25. märz 2014 – 2 a 2679/12 –, juris, rn 42, und vom 19. april 2013 – 10 a 2596/11 –, juris, rn. 53, jeweils mit weiteren nachweisen. 40diese anforderungen sind hier nicht erfüllt. die klägerin hatte vor dem inkrafttreten des bebauungsplans für das vorhabengrundstück und den darauf betriebenen lebensmitteldiscountmarkt zwei erweiterungsvarianten im auge, nämlich eine erweiterung auf 1.200 qm entsprechend dem ihr unter dem 21. april 2015 erteilten vorbescheid oder eine erweiterung auf 1.135 qm entsprechend ihrer bauvoranfrage vom 9. april 2018. um ihr feststellungsinteresse für den hilfsantrag zu begründen, behauptet sie, ihr sei ein schaden in form eines entgangenen gewinns entstanden, den sie gegenüber der beklagten geltend machen wolle. zur substanziierung ihrer behauptung trägt sie vor, in den jahren 2016 und 2017 hätten die gesellschafter der erbbauberechtigten vereinbart, dass die weitere besorgung des baurechts durch sie, die klägerin, und auf ihren namen betrieben werden solle. die firma o. sei damals einverstanden gewesen, einen neuen mietvertrag zu einen indexierten mietzins von 12,83 euro/qm für ein neues oder ein erweitertes gebäude mit einer gesamtfläche von 1.403 qm einschließlich einer verkaufsfläche von 1.200 qm abzuschließen. hätte die beklagte die geltungsdauer des vorbescheids vom 21. april 2015 antragsgemäß verlängert, hätte sie, die klägerin, vorrangig die diesem vorbescheid entsprechende erweiterung der verkaufsfläche des auf dem vorhabengrundstück betriebenen lebensmitteldiscountmarktes umgesetzt. hätte sie die umsetzung dieses vorhabens durch einen bankkredit finanziert, hätte sich bei abzug der einstandskosten, der kreditkosten, des erbbauzinses und der abschreibung der baukosten unter berücksichtigung einer realistischen indexentwicklung bei fünfzehn jahren laufzeit nach abzug von steuern ein gewinn von 515.100 euro ergeben. rechne man die wertsteigerung der immobilie hinzu, hätte sie nach abzug von steuern einen gewinn von 887.100 euro in fünfzehn jahren erwarten können. diesen entgangenen gewinn wolle sie als den ihr entstandenen schaden geltend machen. nimmt man die klägerin beim wort, wäre für eine umsetzung des mit der bauvoranfrage vom 9. april 2018 begehrten vorbescheids kein raum gewesen. ein zusätzlicher schaden, den sie in einem zivilprozess geltend machen könnte, kann folglich durch seine rechtswidrige versagung nicht eingetreten sein. einen solchen schaden hat die klägerin auch nicht substanziiert vorgetragen. 41die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 2 vwgo. 42die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit den §§ 708 ff. zpo. 43die revision ist nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen.
Verklagte*r
0
182,518
14 K 6956/13
2014-03-05T00:00:00
Urteil
Tenor Der Bescheid der Beklagten vom 30.07.2013 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Der Kläger wendet sich gegen einen Leistungs- und Gebührenbescheid nach einer eingeleiteten Abschleppmaßnahme. 3Das klägerische Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen E. -W. 3007 wurde am 19.07.2013 durch Mitarbeiter der Verkehrsüberwachung der Beklagten an der Q. Straße in Höhe Hausnr. 50 in E1. aufgefunden. Ausweislich des Protokolls eines Mitarbeiters der Verkehrsüberwachung sei das Fahrzeug nicht mehr für den öffentlichen Verkehrsraum zugelassen gewesen. Es habe dort auf dem Seitenstreifen ohne Verkehrsbehinderung gestanden. Das Fahrzeug sei mit einem Aufkleber versehen worden, auf dem eine Frist zur Entfernung des Fahrzeuges bis zum 23.07.2014 gesetzt worden sei. 4Zuvor hatten bereits am 16.07.2013 Polizeibeamte das Fahrzeug festgestellt. In der Verkehrsordnungswidrigkeitenanzeige vom 16.07.2013 hatten die Polizeibeamten ebenfalls vermerkt, dass das Fahrzeug auf dem Seitenstreife, Q. Straße 50, gestanden habe und die angebrachten Kennzeichen des klägerischen Fahrzeuges entstempelt worden seien. 5Bei einer am 24.07.2013 durchführten Nachkontrolle stellte ein Mitarbeiter der Beklagten fest, dass der Wagen immer noch an derselben Stelle stand und veranlasste eine Abschleppmaßnahme. Beim Abschleppvorgang erschien der Kläger und entfernte das Fahrzeug selber. 6Mit Leistungs- und Gebührenbescheid vom 30.07.2013 machte die Beklagte gegenüber dem Kläger Kosten für eine Leerfahrt in Höhe von 60,00 Euro geltend und setzte eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 40,00 Euro fest. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Fahrzeug des Klägers sei sichergestellt worden, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden. Es sei ein Verstoß nach § 32 StVO gegeben. Unter diese Bestimmung falle auch das Abstellen betriebsunfähiger oder abgemeldeter Fahrzeuge, sofern sie den Verkehr behindern oder erschweren könnten. Bei dem erheblichen Parkdruck, der in der Stadt vorliegen würde, sei ein unzulässiges Blockieren von Parkraum eine solche Erschwernis. Außerdem habe der Kläger gegen § 18 StrWG verstoßen, weil die Benutzung der Straße über den Gemeingebrauch hinaus einer Sondernutzungserlaubnis bedürfe. Ein nicht mehr zum öffentlichen Verkehr zugelassenes Fahrzeug falle nicht unter Gemeingebrauch. Beide Verstöße stellten zudem eine Ordnungswidrigkeit dar. 7Der Kläger hat am 30.08.2013 Klage erhoben. Zur Begründung trug er lediglich vor, dass hier andere Tatsachen vorliegen würden. 8Der Kläger beantragt schriftsätzlich, 9den Leistungs- und Gebührenbescheid der Beklagten vom 30.07.2013 aufzuheben. 10Die Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Zur Begründung führt sie aus, der Bescheid sei rechtmäßig. Das Abstellen eines nicht zur Teilnahme am Straßenverkehr zugelassenen Fahrzeuges auf öffentlichen Verkehrsflächen begründe nicht nur eine Gefahr, sondern stelle sogar eine Störung der öffentlichen Sicherheit wegen der damit verwirklichten Verstöße gegen § 32 Abs. 1 StVO und § 18 StrWG dar. Die Anwendung des Verwaltungszwanges sei auch objektiv erforderlich im Sinne des § 55 Abs. 2 VwVG gewesen, denn bei einem Eingreifen im Wege des gestreckten Verfahrens hätte sich die Dauer der Störung über den ohnehin zugestandenen Zeitraum von vier Tagen weiter verlängert. Zudem sei bei der Ermessenserwägung folgendes zu berücksichtigen: Der Kläger sei durch den am Fahrzeug angebrachten Aufkleber bereits zur unverzüglichen Beseitigung aufgefordert worden. Von einer Kenntnisnahme durfte auch ausgegangen werden, da ein Fahrzeugführer nach der einschlägigen Rechtsprechung sich mindestens nach 48 Stunden davon zu überzeugen habe, dass sein Fahrzeug weiterhin in Einklang mit den geltenden Anforderungen abgestellt worden sei. Die Richtigkeit dieser Einschätzung werde im konkreten Fall auch dadurch belegt, dass dasselbe Fahrzeug bereits am 16.07.2013 an einem nahegelegten anderen Standort mit einem ähnlichen Aufkleber versehen worden sei und in der Folgezeit nicht beseitigt, sondern an einen anderen Standort versetzt worden sei. Der Aufkleber stelle auch einen Verwaltungsakt dar. Zudem hätten sich keine von außen erkennbare Angaben zu dem Namen und kurzfristigen Erreichbarkeit desjenigen, der zu diesem Zeitpunkt für das Fahrzeug verantwortlich gewesen sei, ergeben. Die Ermittlung des letzten Halters sei zwar auch nach Abmeldung möglich. Es sei aber nicht sicher, dass der Halter auch der Verantwortliche sei. Oft erfolge eine Abmeldung im Rahmen einer Veräußerung, so dass zweifelhaft sei, wer tatsächlich Zustandsverantwortlicher sei. Auch erfolge eine Abmeldung unter Verletzung von Halterpflichten. Bei so einem Halter sei es fraglich, ob dieser überhaupt noch festgestellt werden oder zum Tätigwerden verlasst werden könne. Zudem dürfe ein solches Fahrzeug nicht mehr am Straßenverkehr teilnehmen und dürfe nicht andernorts geparkt werden. Oft würde ein nicht zugelassenes Fahrzeug im öffentlichen Parkraum geparkt werden, weil der Betroffene nicht über die tatsächlichen und wirtschaftlichen Mittel für eine ordnungsgemäße Unterbringung verfüge. Eine kurzfristige Beseitigung der festgestellten Störung sei geboten, denn wegen der verdichteten Wohnbebauung im Bereich der Q. Straße herrsche dort ein hoher Parkdruck. Zudem erwecke das Vorhandensein nicht zugelassener Fahrzeug im öffentlichen Straßenraum den Eindruck einer Verwahrlosung des Gebiets. Würde man das Abstellen nicht zugelassener Fahrzeuge über einen längeren Zeitraum tolerieren, so ließe sich auf diese Weise ein regelrechter privater Autohandel ohne eigene Abstellflächen organisieren. 13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. 14Entscheidungsgründe: 15Die zulässige Klage ist begründet. 16Der Leistungs- und Gebührenbescheid der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 17Die an den Kläger gerichtete Aufforderung, die für die eingeleitete Abschleppmaßnahme entstandenen Kosten in Höhe von 60,00 Euro zu zahlen, findet ihre Ermächtigungsgrundlage weder in § 77 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW), § 20 Abs. 2 Nr. 7, 8 der Verordnung zur Ausführung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VO VwVG NRW) i.V.m. § 8, § 50 Abs. 2, § 51 Abs. 1 Nr. 1, § 52 Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) noch in § 77 Abs. 1 VwVG NRW, § 20 Abs. 2 Nr. 7, 8 VO VwVG NRW i.V.m. § 46 Abs. 3, § 43 Nr. 1 PolG NRW. 18Ob die hier in Rede stehende Abschleppmaßnahme als Sicherstellung gemäß § 46 Abs. 3, § 43 Nr. 1 PolG NRW oder als Ersatzvornahme einer Beseitigungsmaßnahme gemäß § 8, § 50 Abs. 2, § 51 Abs. 1 Nr. 1, § 52 PolG NRW auf Grundlage der polizeirechtlichen Generalklausel anzusehen ist, kann dahinstehen, 19vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.11.2000 – 5 A 2625/00 –, Rn. 13, juris, 20denn die eingeleitete Abschleppmaßnahme ist nach beiden Alternativen rechtswidrig. 21Zwar kann vorliegend noch davon ausgegangen werden, dass wegen Verstoß gegen § 31 Abs. 1 StVO und § 18 StrWG ein gegenwärtige bzw. konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestand, denn eine Gefahr im polizei- und ordnungsrechtlichen Sinne liegt jedenfalls bei einem Verstoß gegen die objektive Rechtsordnung, mithin bei einer Zuwiderhandlung gegen formelle und materielle Gesetze vor. 22Allerdings war die Abschleppmaßnahme nicht verhältnismäßig. 23Soweit man die Abschleppmaßnahme als Ersatzvornahme ansieht, erfolgte diese vorliegend im Wege des Sofortvollzuges. Bei der am Fahrzeug angebrachter Aufforderung, das Fahrzeug bis zum 23.07.2013 zu entfernen bzw. wieder zuzulassen, ansonsten werde es zwangsweise entfernt (Aufkleber), handelt es sich nicht um einen vollstreckbare Grundverfügung mit Zwangsmittelandrohung. Diese müsste dem Adressaten bekannt gegeben und darüber hinaus auch zugestellt werden, (§ 63 Abs. 6 S. 1VwVG NRW). 24Vgl. für Aufkleber nach Abfallrecht OVG NRW , Beschluss vom 12.11.2012, - 5 E 214/12 -. 25Vorliegend liegt keine ordnungsgemäße Bekanntgabe (§ 41 VwVfG) - es fehlt bereits die Nennung eines Adressaten - auf jeden Fall aber keine ordnungsgemäße Zustellung vor. Die zufällige Kenntnisnahme des Aufklebers reicht hierfür nicht aus, sodass es hier dahingestellt bleiben kann, ob der Kläger Kenntnis von einer auf dem Fahrzeug angebrachten Aufforderung im oben genannten Sinne gehabt hatte. Darüber hinaus ergeben sich hierfür aus dem Verwaltungsvorgang auch keine Anhaltspunkte, denn aus der Ordnungswidrigkeitenanzeige der Polizei ist nicht ersichtlich, dass die Polizeibeamten bereits einen Aufkleber angebracht hatten; zudem dürfte es sich dabei auch um einen andern Aufkleber handeln, so dass der Kläger jedenfalls von dem Aufkleber, der von einem Mitarbeiter der Beklagten am 19.07.2013 am Fahrzeug angebracht würde, jedenfalls keine nachweisbare Kenntnis hatte. 26Die Voraussetzungen des Verwaltungszwanges in Form des Sofortvollzugs lagen nicht vor. Nach § 55 Abs. 2 VwVG NW kann der Verwaltungszwang (auch in Form der Ersatzvornahme) ausnahmsweise im sofortigen Vollzug, E. .h. ohne vorausgehenden, dem Pflichtigen das geforderte Verhalten aufgebenden Grundverwaltungsakt angewendet werden, wenn der sofortige Vollzug zur Verhinderung mit Strafe oder Geldbuße bedrohter Handlungen oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt. 27Hier war das Einschreiten im Wege des sofortigen Vollzuges gemäß § 55 Abs. 2 VwVG NW nicht notwendig. Notwendig im Sinne dieser Vorschrift ist die Vollstreckung dann nicht, wenn das Vorgehen im Wege des sofortigen Vollzuges gegen die Grundsätze der Geeignetheit, Erforderlichkeit (§ 58 Abs. 2 Satz 2 VwVG NW) und Verhältnismäßigkeit (§ 58 Abs. 2 Satz 1 VwVG NW) verstoßen würde. Besteht für die Behörde die Möglichkeit, im Wege des gestreckten Verfahrens vorzugehen, gegebenenfalls auch mittels mündlicher Ordnungsverfügung gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 OBG NRW, unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und mittels kurzer Fristen, so muss sie davon Gebrauch machen. Denn der Sofortvollzug ist ein besonders schwerwiegender Eingriff, der im Interesse des rechtsstaatlichen Schutzes des Betroffenen auf besonders dringliche Ausnahmefälle begrenzt bleiben muss, 28vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.04.2008 – 11 A 1386/05 –, Rn. 18 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.07.1998 – 20 A 5664/96 –, Rn. 20 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.12.1988 – 20 A 2659/87 –; VG Köln, Urteil vom 04.06.2009 – 20 K 2276/08 –, Rn. 15 ff., juris; VG Köln, Urteil vom 19.06.2007 – 2 K 1999/06 –, Rn. 23 ff., juris;. OVG NRW, Urteil vom 10.12.1979 – IV A 2215/19 –. 29Bei der Prüfung eines besonders dringlichen Ausnahmefalles ist im Hinblick auf das (sofortige) Abschleppen eines verkehrswidrig abgestellten Fahrzeuges die höchstrichterlicher Rechtsprechung, 30vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.02.2002, Az. 3 B 149/01; vom 01.12.2000, Az. 3 B 51.00; Urt. v. 14.05.1992, Az. 3 C 3.90; Beschl. v. 06.07.1983, Az. 7 B 182.82 und 7 B 179.89 und Beschl. v. 26.01.1988, Az. 7 B 189.87, 31zu berücksichtigen, die u.a. ausführt, dass ein bloßer Verstoß etwa gegen straßenverkehrsrechtliche Verbote ohne konkrete Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer allein nicht ohne weiteres eine Abschleppmaßnahme rechtfertigt. Auch ohne konkrete Behinderungen sind Abschleppmaßnahmen zwar nicht ausgeschlossen, hierbei bekommen die gegenläufigen Interessen des Betroffenen naturgemäß jedoch ein größeres Gewicht. Eine rechtmäßige Abschlepppraxis darf dabei in zulässiger Weise auch spezial- und generalpräventive Zwecke verfolgen; soweit Verkehrsteilnehmer nach Erfahrung der zuständigen Behörden zunehmend dazu übergehen, mit Hilfe von entsprechenden Angaben unter Inkaufnahme von Bußgeldern, aber in Erwartung eines hieraus folgenden „Abschlepp-Schutzes" Verkehrsverstöße zu begehen, die andere Verkehrsteilnehmer behindern, steht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einer Abschlepppraxis, die solche Missstände zurückzudrängen sucht, nicht entgegen. Mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar ist das Abschleppen eines verkehrswidrig geparkten Fahrzeuges auch dann, wenn mit dem verkehrswidrigen Parken eine Funktionsbeeinträchtigung der Verkehrsfläche verbunden ist. Letztlich gilt für alle Abschleppmaßnahmen, dass die Nachteile, die mit einer Abschleppmaßnahme für den Betroffenen verbunden sind, nicht außer Verhältnis zu dem bezweckten Erfolg stehen dürfen, was sich aufgrund einer Abwägung der wesentlichen Umstände des Einzelfalls beurteilt, 32vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.02.2002, Az. 3 B 149/01. 33Nach alledem rechtfertigte hier das verbotswidrige Parken eines nicht zugelassenen Fahrzeuges auf einem Seitenstreifen einer Fahrbahn nicht die Notwendigkeit des Eingreifens im sofortigen Vollzug. Es lag kein Verstoß vor, der ein sofortiges Handeln der Behörde erforderte. So war keine konkrete Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer gegeben, denn von dem Fahrzeug selbst ging keine Gefahr aus. Das Fahrzeug war auf dem Seitenstreifen der Q. Straße sicher abgestellt. Es ist nicht ersichtlich, dass er von Unbefugten bewegt oder von Kindern als Spielobjekt genutzt werden konnte. Auch gingen von dem Fahrzeug keine Verletzungsgefahren für Passanten aus und es erschwerte durch seinen Standort weder den fließenden bzw. ruhenden Verkehr, noch den Durchgang für Fußgänger. Auch war hier die Funktionsfähigkeit der Fläche nicht in einer Weise beeinträchtigt, die ein sofortiges Abschleppen erforderte. Der klägerische Wagen stand auf einer Fläche, auf der regelmäßig geparkt werden darf, nämlich auf dem rechten Seitenstreifen der Fahrbahn (§ 12 Abs. 4 StVO). Zwar ist es richtig, dass der Parkraum ordnungsgemäß zugelassenen Fahrzeugen vorbehalten ist und auch das Gericht ein Entfernen dieser Fahrzeuge aus dem öffentlichen Verkehrsraum für geboten ansieht. Allerdings ist dies nach Ansicht der Gericht nicht als so eilig anzusehen, dass die Entfernung des Fahrzeuges im Sofortvollzug vorgenommen werden müsste. Vielmehr hält es das Gericht in diesem Fall für geboten, den Halter des Fahrzeuges zunächst per Ordnungsverfügung, gegebenenfalls unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und mittels kurzer Fristen, über den Vorfall zu informieren und ihn zur Beseitigung des Fahrzeuges aufzufordern. Dass der Parkraum einige Tage nicht den zugelassenen Fahrzeugen zur Verfügung steht, ist hier in Abwägung der Interessen des Klägers, sein Fahrzeug ohne bzw. auf eigene Kosten abschleppen zu können, noch als hinnehmbar anzusehen. Dass auf der Q. Straße ein außergewöhnlich hoher Parkdruck gegeben wäre, der möglichweise ein sofortiges Abschleppen rechtfertigen könnte, kann das Gericht nicht erkennen. Bei der Q. Straße handelt es sich nicht mehr um einen Innenstadtbereich, in dem ein großer Bedarf an Kurzzeitparkplätzen besteht, sondern um einen Wohnbereich am Rande der Stadt E1. , in dem die Parkplätze von den Anliegern und ihren Besuchern auch für längere Zeit genutzt werden und nicht jeder Wegfall eines Parkplatzes schon zu einer Parkplatznot führt. Im Übrigen war auch die Parkzeit nicht eingeschränkt worden (Parkuhr, Parkscheibe). Angesichts der Tatsache, dass die Beklagte selbst 5 Tage gewartet hat, bevor sie den Wagen hat abschleppen lassen, ist dieses Argument auch wenig überzeugend. In etwa dieser Zeit hätte die Behörde auch dem vorrangig verantwortlichen Halter eine Ordnungsverfügung zustellen und ihn unter kurzer Fristsetzung zum Entfernen des Fahrzeuges auffordern können. Dies war auch möglich, denn das klägerische Fahrzeug war noch mit dem Kfz-Kennzeichen versehen, sodass der letzte Halter unproblematisch ermittelt werden konnte und ausweislich des Verwaltungsvorgangs ja auch tatsächlich ermittelt wurde. Der Kläger hätte dann zumindest die Möglichkeit gehabt, das Fahrzeug selbst abschleppen zu lassen. Anhaltspunkte dafür, dass der Halter des Fahrzeuges seiner Verpflichtung nicht nachkommen werde, waren nicht ersichtlich. Man kann auch nicht zwangsläufig davon ausgehen, dass jeder Halter, der sein abgemeldetes Fahrzeug am Straßenrand stehen lässt, auch auf eine Ordnungsverfügung, die ihn zur Entfernung des Fahrzeuges auffordert, nicht reagieren wird. Dass sind reine Spekulationen. 34Auch spezial- und generalpräventive Zwecke rechtfertigen hier die eingeleitete Abschleppmaßnahme nicht. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nicht auf eine Ordnungsverfügung reagiert hätte, sind nicht ersichtlich. Ebenso sind generalpräventive Zwecke nicht gegeben. Der Vortrag der Beklagten, das Abschleppen habe auch den Zweck gehabt, eine Verwahrlosung der Gegend und einem möglichen Autohandel vorzubeugen, überzeugt das Gericht nicht. Das Fahrzeug war nicht in einem verwahrlosten Zustand, sondern lediglich nicht mehr angemeldet und die Wahrscheinlichkeit eines ausufernden Autohandels wird (in der kurzen Zeit, in dem das gestreckte Verfahren durchgeführt wird) als eher gering angesehen. Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass die Behörde durchaus die Befugnis hat, den Wagen abschleppen zu lassen; nur eben nicht im Sofortvollzug. 35Aus diesen Gründen war auch eine Sicherstellung nicht mehr als verhältnismäßig anzusehen. 36Die Verwaltungsgebühr war ebenfalls rechtswidrig, da diese eine rechtmäßige Abschleppmaßnahme voraussetzt, die vorliegend nicht gegeben ist. 37Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 38Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO). 39Beschluss: 40Der Streitwert wird auf 100,00 Euro festgesetzt. 41Gründe: 42Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG) erfolgt.
der bescheid der beklagten vom 30.07.2013 wird aufgehoben. die beklagte trägt die kosten des verfahrens. die kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. 1
2der kläger wendet sich gegen einen leistungs- und gebührenbescheid nach einer eingeleiteten abschleppmaßnahme. 3das klägerische fahrzeug mit dem amtlichen kennzeichen e. -w. 3007 wurde am 19.07.2013 durch mitarbeiter der verkehrsüberwachung der beklagten an der q. straße in höhe hausnr. 50 in e1. aufgefunden. ausweislich des protokolls eines mitarbeiters der verkehrsüberwachung sei das fahrzeug nicht mehr für den öffentlichen verkehrsraum zugelassen gewesen. es habe dort auf dem seitenstreifen ohne verkehrsbehinderung gestanden. das fahrzeug sei mit einem aufkleber versehen worden, auf dem eine frist zur entfernung des fahrzeuges bis zum 23.07.2014 gesetzt worden sei. 4zuvor hatten bereits am 16.07.2013 polizeibeamte das fahrzeug festgestellt. in der verkehrsordnungswidrigkeitenanzeige vom 16.07.2013 hatten die polizeibeamten ebenfalls vermerkt, dass das fahrzeug auf dem seitenstreife, q. straße 50, gestanden habe und die angebrachten kennzeichen des klägerischen fahrzeuges entstempelt worden seien. 5bei einer am 24.07.2013 durchführten nachkontrolle stellte ein mitarbeiter der beklagten fest, dass der wagen immer noch an derselben stelle stand und veranlasste eine abschleppmaßnahme. beim abschleppvorgang erschien der kläger und entfernte das fahrzeug selber. 6mit leistungs- und gebührenbescheid vom 30.07.2013 machte die beklagte gegenüber dem kläger kosten für eine leerfahrt in höhe von 60,00 euro geltend und setzte eine verwaltungsgebühr in höhe von 40,00 euro fest. zur begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, das fahrzeug des klägers sei sichergestellt worden, um eine gegenwärtige gefahr abzuwenden. es sei ein verstoß nach § 32 stvo gegeben. unter diese bestimmung falle auch das abstellen betriebsunfähiger oder abgemeldeter fahrzeuge, sofern sie den verkehr behindern oder erschweren könnten. bei dem erheblichen parkdruck, der in der stadt vorliegen würde, sei ein unzulässiges blockieren von parkraum eine solche erschwernis. außerdem habe der kläger gegen § 18 strwg verstoßen, weil die benutzung der straße über den gemeingebrauch hinaus einer sondernutzungserlaubnis bedürfe. ein nicht mehr zum öffentlichen verkehr zugelassenes fahrzeug falle nicht unter gemeingebrauch. beide verstöße stellten zudem eine ordnungswidrigkeit dar. 7der kläger hat am 30.08.2013 klage erhoben. zur begründung trug er lediglich vor, dass hier andere tatsachen vorliegen würden. 8der kläger beantragt schriftsätzlich, 9den leistungs- und gebührenbescheid der beklagten vom 30.07.2013 aufzuheben. 10die beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12zur begründung führt sie aus, der bescheid sei rechtmäßig. das abstellen eines nicht zur teilnahme am straßenverkehr zugelassenen fahrzeuges auf öffentlichen verkehrsflächen begründe nicht nur eine gefahr, sondern stelle sogar eine störung der öffentlichen sicherheit wegen der damit verwirklichten verstöße gegen § 32 abs. 1 stvo und § 18 strwg dar. die anwendung des verwaltungszwanges sei auch objektiv erforderlich im sinne des § 55 abs. 2 vwvg gewesen, denn bei einem eingreifen im wege des gestreckten verfahrens hätte sich die dauer der störung über den ohnehin zugestandenen zeitraum von vier tagen weiter verlängert. zudem sei bei der ermessenserwägung folgendes zu berücksichtigen: der kläger sei durch den am fahrzeug angebrachten aufkleber bereits zur unverzüglichen beseitigung aufgefordert worden. von einer kenntnisnahme durfte auch ausgegangen werden, da ein fahrzeugführer nach der einschlägigen rechtsprechung sich mindestens nach 48 stunden davon zu überzeugen habe, dass sein fahrzeug weiterhin in einklang mit den geltenden anforderungen abgestellt worden sei. die richtigkeit dieser einschätzung werde im konkreten fall auch dadurch belegt, dass dasselbe fahrzeug bereits am 16.07.2013 an einem nahegelegten anderen standort mit einem ähnlichen aufkleber versehen worden sei und in der folgezeit nicht beseitigt, sondern an einen anderen standort versetzt worden sei. der aufkleber stelle auch einen verwaltungsakt dar. zudem hätten sich keine von außen erkennbare angaben zu dem namen und kurzfristigen erreichbarkeit desjenigen, der zu diesem zeitpunkt für das fahrzeug verantwortlich gewesen sei, ergeben. die ermittlung des letzten halters sei zwar auch nach abmeldung möglich. es sei aber nicht sicher, dass der halter auch der verantwortliche sei. oft erfolge eine abmeldung im rahmen einer veräußerung, so dass zweifelhaft sei, wer tatsächlich zustandsverantwortlicher sei. auch erfolge eine abmeldung unter verletzung von halterpflichten. bei so einem halter sei es fraglich, ob dieser überhaupt noch festgestellt werden oder zum tätigwerden verlasst werden könne. zudem dürfe ein solches fahrzeug nicht mehr am straßenverkehr teilnehmen und dürfe nicht andernorts geparkt werden. oft würde ein nicht zugelassenes fahrzeug im öffentlichen parkraum geparkt werden, weil der betroffene nicht über die tatsächlichen und wirtschaftlichen mittel für eine ordnungsgemäße unterbringung verfüge. eine kurzfristige beseitigung der festgestellten störung sei geboten, denn wegen der verdichteten wohnbebauung im bereich der q. straße herrsche dort ein hoher parkdruck. zudem erwecke das vorhandensein nicht zugelassener fahrzeug im öffentlichen straßenraum den eindruck einer verwahrlosung des gebiets. würde man das abstellen nicht zugelassener fahrzeuge über einen längeren zeitraum tolerieren, so ließe sich auf diese weise ein regelrechter privater autohandel ohne eigene abstellflächen organisieren. 13wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte und die beigezogenen verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen. 14
15die zulässige klage ist begründet. 16der leistungs- und gebührenbescheid der beklagten ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten, § 113 abs. 1 satz 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 17die an den kläger gerichtete aufforderung, die für die eingeleitete abschleppmaßnahme entstandenen kosten in höhe von 60,00 euro zu zahlen, findet ihre ermächtigungsgrundlage weder in § 77 abs. 1 verwaltungsvollstreckungsgesetz für das land nordrhein-westfalen (vwvg nrw), § 20 abs. 2 nr. 7, 8 der verordnung zur ausführung des verwaltungsvollstreckungsgesetzes (vo vwvg nrw) i.v.m. § 8, § 50 abs. 2, § 51 abs. 1 nr. 1, § 52 polizeigesetz des landes nordrhein-westfalen (polg nrw) noch in § 77 abs. 1 vwvg nrw, § 20 abs. 2 nr. 7, 8 vo vwvg nrw i.v.m. § 46 abs. 3, § 43 nr. 1 polg nrw. 18ob die hier in rede stehende abschleppmaßnahme als sicherstellung gemäß § 46 abs. 3, § 43 nr. 1 polg nrw oder als ersatzvornahme einer beseitigungsmaßnahme gemäß § 8, § 50 abs. 2, § 51 abs. 1 nr. 1, § 52 polg nrw auf grundlage der polizeirechtlichen generalklausel anzusehen ist, kann dahinstehen, 19vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 28.11.2000 – 5 a 2625/00 –, rn. 13, juris, 20denn die eingeleitete abschleppmaßnahme ist nach beiden alternativen rechtswidrig. 21zwar kann vorliegend noch davon ausgegangen werden, dass wegen verstoß gegen § 31 abs. 1 stvo und § 18 strwg ein gegenwärtige bzw. konkrete gefahr für die öffentliche sicherheit bestand, denn eine gefahr im polizei- und ordnungsrechtlichen sinne liegt jedenfalls bei einem verstoß gegen die objektive rechtsordnung, mithin bei einer zuwiderhandlung gegen formelle und materielle gesetze vor. 22allerdings war die abschleppmaßnahme nicht verhältnismäßig. 23soweit man die abschleppmaßnahme als ersatzvornahme ansieht, erfolgte diese vorliegend im wege des sofortvollzuges. bei der am fahrzeug angebrachter aufforderung, das fahrzeug bis zum 23.07.2013 zu entfernen bzw. wieder zuzulassen, ansonsten werde es zwangsweise entfernt (aufkleber), handelt es sich nicht um einen vollstreckbare grundverfügung mit zwangsmittelandrohung. diese müsste dem adressaten bekannt gegeben und darüber hinaus auch zugestellt werden, (§ 63 abs. 6 s. 1vwvg nrw). 24vgl. für aufkleber nach abfallrecht ovg nrw , beschluss vom 12.11.2012, - 5 e 214/12 -. 25vorliegend liegt keine ordnungsgemäße bekanntgabe (§ 41 vwvfg) - es fehlt bereits die nennung eines adressaten - auf jeden fall aber keine ordnungsgemäße zustellung vor. die zufällige kenntnisnahme des aufklebers reicht hierfür nicht aus, sodass es hier dahingestellt bleiben kann, ob der kläger kenntnis von einer auf dem fahrzeug angebrachten aufforderung im oben genannten sinne gehabt hatte. darüber hinaus ergeben sich hierfür aus dem verwaltungsvorgang auch keine anhaltspunkte, denn aus der ordnungswidrigkeitenanzeige der polizei ist nicht ersichtlich, dass die polizeibeamten bereits einen aufkleber angebracht hatten; zudem dürfte es sich dabei auch um einen andern aufkleber handeln, so dass der kläger jedenfalls von dem aufkleber, der von einem mitarbeiter der beklagten am 19.07.2013 am fahrzeug angebracht würde, jedenfalls keine nachweisbare kenntnis hatte. 26die voraussetzungen des verwaltungszwanges in form des sofortvollzugs lagen nicht vor. nach § 55 abs. 2 vwvg nw kann der verwaltungszwang (auch in form der ersatzvornahme) ausnahmsweise im sofortigen vollzug, e. .h. ohne vorausgehenden, dem pflichtigen das geforderte verhalten aufgebenden grundverwaltungsakt angewendet werden, wenn der sofortige vollzug zur verhinderung mit strafe oder geldbuße bedrohter handlungen oder zur abwendung einer drohenden gefahr notwendig ist und die behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen befugnisse handelt. 27hier war das einschreiten im wege des sofortigen vollzuges gemäß § 55 abs. 2 vwvg nw nicht notwendig. notwendig im sinne dieser vorschrift ist die vollstreckung dann nicht, wenn das vorgehen im wege des sofortigen vollzuges gegen die grundsätze der geeignetheit, erforderlichkeit (§ 58 abs. 2 satz 2 vwvg nw) und verhältnismäßigkeit (§ 58 abs. 2 satz 1 vwvg nw) verstoßen würde. besteht für die behörde die möglichkeit, im wege des gestreckten verfahrens vorzugehen, gegebenenfalls auch mittels mündlicher ordnungsverfügung gemäß § 20 abs. 1 satz 2 obg nrw, unter anordnung der sofortigen vollziehung und mittels kurzer fristen, so muss sie davon gebrauch machen. denn der sofortvollzug ist ein besonders schwerwiegender eingriff, der im interesse des rechtsstaatlichen schutzes des betroffenen auf besonders dringliche ausnahmefälle begrenzt bleiben muss, 28vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 09.04.2008 – 11 a 1386/05 –, rn. 18 ff., juris; ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 30.07.1998 – 20 a 5664/96 –, rn. 20 ff., juris; ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 16.12.1988 – 20 a 2659/87 –; vg köln, urteil vom 04.06.2009 – 20 k 2276/08 –, rn. 15 ff., juris; vg köln, urteil vom 19.06.2007 – 2 k 1999/06 –, rn. 23 ff., juris;. ovg nrw, urteil vom 10.12.1979 – iv a 2215/19 –. 29bei der prüfung eines besonders dringlichen ausnahmefalles ist im hinblick auf das (sofortige) abschleppen eines verkehrswidrig abgestellten fahrzeuges die höchstrichterlicher rechtsprechung, 30vgl. bverwg, beschl. v. 18.02.2002, az. 3 b 149/01; vom 01.12.2000, az. 3 b 51.00; urt. v. 14.05.1992, az. 3 c 3.90; beschl. v. 06.07.1983, az. 7 b 182.82 und 7 b 179.89 und beschl. v. 26.01.1988, az. 7 b 189.87, 31zu berücksichtigen, die u.a. ausführt, dass ein bloßer verstoß etwa gegen straßenverkehrsrechtliche verbote ohne konkrete behinderung anderer verkehrsteilnehmer allein nicht ohne weiteres eine abschleppmaßnahme rechtfertigt. auch ohne konkrete behinderungen sind abschleppmaßnahmen zwar nicht ausgeschlossen, hierbei bekommen die gegenläufigen interessen des betroffenen naturgemäß jedoch ein größeres gewicht. eine rechtmäßige abschlepppraxis darf dabei in zulässiger weise auch spezial- und generalpräventive zwecke verfolgen; soweit verkehrsteilnehmer nach erfahrung der zuständigen behörden zunehmend dazu übergehen, mit hilfe von entsprechenden angaben unter inkaufnahme von bußgeldern, aber in erwartung eines hieraus folgenden „abschlepp-schutzes" verkehrsverstöße zu begehen, die andere verkehrsteilnehmer behindern, steht der grundsatz der verhältnismäßigkeit einer abschlepppraxis, die solche missstände zurückzudrängen sucht, nicht entgegen. mit dem verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar ist das abschleppen eines verkehrswidrig geparkten fahrzeuges auch dann, wenn mit dem verkehrswidrigen parken eine funktionsbeeinträchtigung der verkehrsfläche verbunden ist. letztlich gilt für alle abschleppmaßnahmen, dass die nachteile, die mit einer abschleppmaßnahme für den betroffenen verbunden sind, nicht außer verhältnis zu dem bezweckten erfolg stehen dürfen, was sich aufgrund einer abwägung der wesentlichen umstände des einzelfalls beurteilt, 32vgl. bverwg, beschl. v. 18.02.2002, az. 3 b 149/01. 33nach alledem rechtfertigte hier das verbotswidrige parken eines nicht zugelassenen fahrzeuges auf einem seitenstreifen einer fahrbahn nicht die notwendigkeit des eingreifens im sofortigen vollzug. es lag kein verstoß vor, der ein sofortiges handeln der behörde erforderte. so war keine konkrete behinderung anderer verkehrsteilnehmer gegeben, denn von dem fahrzeug selbst ging keine gefahr aus. das fahrzeug war auf dem seitenstreifen der q. straße sicher abgestellt. es ist nicht ersichtlich, dass er von unbefugten bewegt oder von kindern als spielobjekt genutzt werden konnte. auch gingen von dem fahrzeug keine verletzungsgefahren für passanten aus und es erschwerte durch seinen standort weder den fließenden bzw. ruhenden verkehr, noch den durchgang für fußgänger. auch war hier die funktionsfähigkeit der fläche nicht in einer weise beeinträchtigt, die ein sofortiges abschleppen erforderte. der klägerische wagen stand auf einer fläche, auf der regelmäßig geparkt werden darf, nämlich auf dem rechten seitenstreifen der fahrbahn (§ 12 abs. 4 stvo). zwar ist es richtig, dass der parkraum ordnungsgemäß zugelassenen fahrzeugen vorbehalten ist und auch das gericht ein entfernen dieser fahrzeuge aus dem öffentlichen verkehrsraum für geboten ansieht. allerdings ist dies nach ansicht der gericht nicht als so eilig anzusehen, dass die entfernung des fahrzeuges im sofortvollzug vorgenommen werden müsste. vielmehr hält es das gericht in diesem fall für geboten, den halter des fahrzeuges zunächst per ordnungsverfügung, gegebenenfalls unter anordnung der sofortigen vollziehung und mittels kurzer fristen, über den vorfall zu informieren und ihn zur beseitigung des fahrzeuges aufzufordern. dass der parkraum einige tage nicht den zugelassenen fahrzeugen zur verfügung steht, ist hier in abwägung der interessen des klägers, sein fahrzeug ohne bzw. auf eigene kosten abschleppen zu können, noch als hinnehmbar anzusehen. dass auf der q. straße ein außergewöhnlich hoher parkdruck gegeben wäre, der möglichweise ein sofortiges abschleppen rechtfertigen könnte, kann das gericht nicht erkennen. bei der q. straße handelt es sich nicht mehr um einen innenstadtbereich, in dem ein großer bedarf an kurzzeitparkplätzen besteht, sondern um einen wohnbereich am rande der stadt e1. , in dem die parkplätze von den anliegern und ihren besuchern auch für längere zeit genutzt werden und nicht jeder wegfall eines parkplatzes schon zu einer parkplatznot führt. im übrigen war auch die parkzeit nicht eingeschränkt worden (parkuhr, parkscheibe). angesichts der tatsache, dass die beklagte selbst 5 tage gewartet hat, bevor sie den wagen hat abschleppen lassen, ist dieses argument auch wenig überzeugend. in etwa dieser zeit hätte die behörde auch dem vorrangig verantwortlichen halter eine ordnungsverfügung zustellen und ihn unter kurzer fristsetzung zum entfernen des fahrzeuges auffordern können. dies war auch möglich, denn das klägerische fahrzeug war noch mit dem kfz-kennzeichen versehen, sodass der letzte halter unproblematisch ermittelt werden konnte und ausweislich des verwaltungsvorgangs ja auch tatsächlich ermittelt wurde. der kläger hätte dann zumindest die möglichkeit gehabt, das fahrzeug selbst abschleppen zu lassen. anhaltspunkte dafür, dass der halter des fahrzeuges seiner verpflichtung nicht nachkommen werde, waren nicht ersichtlich. man kann auch nicht zwangsläufig davon ausgehen, dass jeder halter, der sein abgemeldetes fahrzeug am straßenrand stehen lässt, auch auf eine ordnungsverfügung, die ihn zur entfernung des fahrzeuges auffordert, nicht reagieren wird. dass sind reine spekulationen. 34auch spezial- und generalpräventive zwecke rechtfertigen hier die eingeleitete abschleppmaßnahme nicht. anhaltspunkte dafür, dass der kläger nicht auf eine ordnungsverfügung reagiert hätte, sind nicht ersichtlich. ebenso sind generalpräventive zwecke nicht gegeben. der vortrag der beklagten, das abschleppen habe auch den zweck gehabt, eine verwahrlosung der gegend und einem möglichen autohandel vorzubeugen, überzeugt das gericht nicht. das fahrzeug war nicht in einem verwahrlosten zustand, sondern lediglich nicht mehr angemeldet und die wahrscheinlichkeit eines ausufernden autohandels wird (in der kurzen zeit, in dem das gestreckte verfahren durchgeführt wird) als eher gering angesehen. zur klarstellung wird darauf hingewiesen, dass die behörde durchaus die befugnis hat, den wagen abschleppen zu lassen; nur eben nicht im sofortvollzug. 35aus diesen gründen war auch eine sicherstellung nicht mehr als verhältnismäßig anzusehen. 36die verwaltungsgebühr war ebenfalls rechtswidrig, da diese eine rechtmäßige abschleppmaßnahme voraussetzt, die vorliegend nicht gegeben ist. 37die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 38die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11, § 711 zivilprozessordnung (zpo). 39beschluss: 40der streitwert wird auf 100,00 euro festgesetzt. 41gründe: 42die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 3 gerichtskostengesetz (gkg) erfolgt.
Klaeger*in
1
143,880
1 O 202/14
2015-10-28T00:00:00
Urteil
Tenor Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.700,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.04.2014 sowie die vorgerichtlich entstandenen Kosten in Höhe von 986,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.08.2014 zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt. Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistungen in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin macht gegen den Beklagten einen Zahlungsanspruch als Regressanspruch aus übergegangenem Recht der W2 E.G. (im Folgenden Versicherungsnehmerin genannte) geltend. Die Klägerin schloss mit der Versicherungsnehmerin seit dem 20.06.2003 einen Versicherungsvertrag Geno-Bankpolice OP-RISK, Nr.: 250 43 #####/#### (vgl. Versicherungsschein vom 01.01.2012, Bl. 83 ff. GA), dem u.a. die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Klägerin (Fassung 01/2010) (vgl. Bl. 116 ff. GA) zugrunde lagen. 3Die Versicherungsnehmerin unterhielt zu dem Zeugen T einen Girovertrag. Der Beklagte unterhielt bei der Verbandssparkasse Goch ein Girokonto mit der Kontonummer xxxxxx. Am 15.10.2012 wurde auf dieses Konto ein Betrag in Höhe von 9.700,- € von dem Konto des Zeugen T bei der Versicherungsnehmerin überwiesen. Die Überweisung erfolgte, nachdem durch unbekannte Täter das Konto des Zeugen T bei der Versicherungsnehmerin ausgekundschaftet worden war, ohne Anweisung des Zeugen T an die Versicherungsnehmerin als überweisende Bank. 4Der Beklagte, auf dessen Konto bei der Verbandssparkasse xy der Betrag in Höhe von 9.700,- € gutgeschrieben worden war, hob am 16.10.2012 diesen Betrag ab und transferierte ihn in zwei Tranchen per Western Union (4.305,00 €) und per RIA (4.900,- €) in bar an eine Empfängerin namens N, Sankt-Petersburg in Russland. Einen Betrag in Höhe von 388,00 € (5%) behielt er als Provision für sich. Damit folgte der Beklagte einer Vereinbarung (vgl. Bl. 28 ff. GA), die er mit der Firma C AG aus Zürich geschlossen haben will. 5Die Klägerin zahlte an die Versicherungsnehmerin aufgrund einer Schadensmeldung mit der Nummer 250 95 xxxxxxxxxx 5 vom 15.10.2012 (vgl. Anlage K2, Bl. 10 ff. GA) am 13.11.2012 9.700,- €. 6Die Klägerin ist der Ansicht, der Anspruch der Versicherungsnehmerin gegen den Beklagten sei auf sie gem. § 86 Abs. 1 VVG übergegangen. Die Haftung des Beklagten ergebe sich daraus, dass dieser leichtfertig aus grober Achtlosigkeit nicht erkannt habe, dass die Gelder aus einem gewerbs- und bandenmäßigen Betrug stammten. 7Die Klägerin beantragt, 8den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 9.700,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.04.2014 zu zahlen sowie die vorgerichtlich entstandenen Kosten in Höhe von 986,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.08.2014 zu zahlen. 9Der Beklagte beantragt, 10 die Klage abzuweisen. 11Der Beklagte wendet ein: 12Er habe bei der Überweisung der Gelder nicht grob leichtfertig oder achtlos gehandelt. Vielmehr habe er sich an seine Vertragspartnerin gewandt, als ihm im Rahmen der ersten Überweisung Zweifel gekommen seien. Diese habe ihm mitgeteilt, sie ein seit Jahren tätiges, registriertes Schweizer Unternehmen sei. Der Vorwurf der Geldwäsche sei eine unsinnige Anschuldigung. Auch habe eine Internet-Recherche nichts Gegenteiliges ergeben. 13Im Übrigen bestreite er, dass die Klägerin gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin zur Zahlung verpflichtet gewesen sei. Der Nachtrag zum Versicherungsschein zur GENO-Bankpolice OP-RISK weise einen Stand vom 01.01.2012 und ein Ausfertigungsdatum aus. Es sei nicht dargetan und nachvollziehbar, ob und inwieweit der Nachtrag Gegenstand des „Gesamt“-Vertrages sei. 14Zudem sei von einem 100%-Mitverschulden des Zeugen T und der Versicherungsnehmerin auszugehen. Der Zeuge T habe die Online-Überweisung wohl trotz ungewöhnlicher Umstände getätigt. 15Er sei entreichert, da er die Vermögensvorteile nicht mehr habe. Er hafte auch nicht darüber hinaus, da er keine Kenntnis von dem Mangel des rechtlichen Grundes gehabt habe. 16Wegen des Sachverhaltes im Übrigen und der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen. 17Die Akten der Staatsanwaltschaft Kleve AZ.: 204 Js 541/12 und 204 Js 567/13 waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung. 18Entscheidungsgründe: 19Die Klage ist zulässig und begründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 9.700,- € gemäß § 86 Abs. 1 VVG i.V.m. § 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB zu. 20Der Anspruch der Versicherungsnehmerin gegen den Beklagten auf Rückzahlung des am 15.10.2012 von unbekannten Tätern im Wege des „Phishings“ überwiesenen Geldbetrages in Höhe von 9.700,- € aus § 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB ist auf die Klägerin gemäß § 86 Abs. 1 VVG übergegangen. 211) Die Klägerin hat hinreichend dargelegt, dass zwischen ihr und der Versicherungsnehmerin ein Versicherungsvertrag seit dem 20.06.2003 bestand und dass der Schadensfall in der Form des sog. „Phishings“ von dem vorgenannten Versicherungsvertrag umfasst ist. Die Art und der Inhalt des Versicherungsvertrages ergeben sich aus dem Versicherungsschein vom 01.01.2012 (vgl. Bl. 83 ff. GA), den die Klägerin vorgelegt hat. Dieser lässt die W2 eG als Versicherungsnehmerin der Versicherung mit dem Namen Geno-Bankpolice OP-RISK mit der Nummer 250 xxxxxxxxxx8 erkennen. Dieser Versicherung liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Geno-Bankpolice OP-RISK (Fassung 01/2010, Bl. 116 ff. GA) zugrunde, die die Klägerin ebenfalls vorgelegt hat (Bl. 116 ff. GA). Aus diesen ergibt sich, dass u.a. Gegenstand des Versicherungsschutzes der streitgegenständliche „Phishings“-Fall als Unterfall des Online-Bankings (vgl. Ziffer 2.1.3; 2.2.2 Abs. 3) ist. 22Soweit der Beklagte bestreitet, dass ein entsprechender Versicherungsvertrag zwischen der Klägerin und der Versicherungsnehmerin besteht, ist dies nach den vorgelegten Unterlagen der Klägerin unbeachtlich, da sich aus diesen nachvollziehbar der Versicherungsschutz ergibt. Der Beklagte trägt nicht vor, warum trotz der Vorlage dieser Unterlagen und der unstreitigen Regulierung des Schadensfalles durch die Klägerin ein entsprechender Versicherungsschutz nicht bestehen soll. Dass die vorgelegten Unterlagen etwa gefälscht oder anderweitig fehlerhaft sind, trägt der Beklagte nicht vor. 23Im Übrigen kommt es für den Forderungsübergang nicht darauf an, ob zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Versicherungsvertrag bestand. Ausreichend und erforderlich ist vielmehr, dass die Parteien im Zeitpunkt der Leistung von einem Vertrag ausgegangen sind (str. vgl. Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., § 86 VVG, RdNr. 39 m.w.N.), was hier unstreitig der Fall war. 242) Bei der vorgenannten Versicherung handelt es sich um eine sog. Schadensversicherung, die unter den Anwendungsbereich des § 86 Abs. 1 VVG fällt. Bei dem geltend gemachten Bereicherungsanspruch handelt es sich auch um einen Ersatzanspruch i.S.d. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG (vgl. Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., § 86 VVG, RdNr. 7 m.w.N.) . 253) Unerheblich ist auch, dass der Beklagte vorträgt, die Klägerin sei gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin nicht zur Regulierung des Schadens verpflichtet gewesen. Der Übergang der Forderung gemäß § 86 Abs. 1 VVG setzt eine solche Verpflichtung nicht voraus, da der Übergang vom Bestehen einer Leistungspflicht unerheblich ist (vgl. Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., § 86 VVG, RdNr. 37 m.w.N.). Vielmehr wird nur vorausgesetzt, dass der Versicher den Schaden (aufgrund des Versicherungsvertrages) ersetzt, was die Klägerin hier unstreitig durch die Zahlung vom 13.11.2012 getan hat. 264) Weiter steht der Versicherungsnehmerin der Ersatzanspruch gegen einen Dritten, hier den Beklagten, i.S.d. § 86 Abs. 1 BGB zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich vorliegend aus § 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB. 27a) Der Beklagte hat am 15.10.2012 einen Vermögensgegenstand, nämlich die Gutschrift auf seinem Konto Verbandssparkasse xy in Höhe von 9.700,- € erlangt. 28b) Vorliegend ist auch die Eingriffskondiktion im Verhältnis Versicherungsnehmerin und Beklagtem anwendbar. 29Zwar ist davon auszugehen, dass sich der Bereicherungsausgleich in Fällen der Leistung kraft Anweisung, etwa aufgrund eines Überweisungsauftrages, grundsätzlich innerhalb des jeweiligen Leistungsverhältnisses vollzieht, also zum einen zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen und zum anderen zwischen dem Anweisenden und dem Anweisungsempfänger (vgl. BGHZ 147, 269, 273; BGH, Urteil vom 21. Juni 2005 - XI ZR 152/04, WM 2005, 1564, 1565; jeweils m.w.Nachw.). Allerdings hat der Angewiesene ausnahmsweise einen unmittelbaren Bereicherungsanspruch gegen den Anweisungsempfänger, wenn eine wirksame Anweisung fehlt (BGH, Urteil vom 11. April 2006 – XI ZR 220/05 –, BGHZ 167, 171-178, Rn. 9). Dies gilt unabhängig davon, ob der Anweisungsempfänger das Fehlen einer wirksamen Anweisung im Zeitpunkt der Zuwendung kannte, weil die Zahlung ohne gültige Anweisung dem vermeintlich Anweisenden nicht als seine Leistung zugerechnet werden kann, selbst wenn dieser den gezahlten Betrag dem Zahlungsempfänger tatsächlich schuldete (Senat BGHZ 147, 145, 151 und Urteil vom 21. Juni 2005 - XI ZR 152/04, WM 2005, 1564, 1565 f.; jeweils m.w.Nachw.). Das Risiko einer falschen – von einem Dritten unter Benutzung der Daten des Bankkunden veranlassten – Überweisung liegt grundsätzlich bei der Bank, welche auf den falschen Auftrag bezahlt hat. Die Bank hat deshalb einen Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Altern. BGB („in sonstiger Weise“) gegen den Überweisungsempfänger (BGH Urteil vom 21. Juni 2005 – XI ZR 152/04 –; 11. April 2006 – XI ZR 220/05 – bei juris; OLG Zweibrücken, Urteil vom 28. Januar 2010 – 4 U 133/08 –, Rn. 15, juris). Die Belastungsbuchung der Bank auf dem Konto des Zeugen T2 wirkte nämlich nur deklaratorisch (BGH Urteil vom 7. März 2002 – IX ZR 223/01 –; 18. April 1989 – XI ZR 133/08 – jew. m.w.N.; OLG Zweibrücken, Urteil vom 28. Januar 2010 – 4 U 133/08 –, Rn. 15, juris). Aufgrund der in der Giroabrede liegenden Kontokorrentvereinbarung werden die einzelnen Gut– und Lastschriften mit dem Ziel der Verrechnung und Schadensfeststellung erst in einer einheitlichen Rechnung verbindlich zusammengefasst. Der rein rechnerische Vorgang der Buchung entfaltet hingegen noch keine kontokorrentrechtlichen Wirkungen und vermindert das Kontovermögen des „Geschädigten“ daher nicht. Die Bank ist vielmehr verpflichtet, die fehlerhafte Belastungsbuchung zu korrigieren (BGH Urteil vom 7. März 2002 – aaO –; 31. Mai 1994 – VI ZR 12/94 – bei juris; WM 1959, 81; OLG Zweibrücken, Urteil vom 28. Januar 2010 – 4 U 133/08 –, Rn. 15, juris). 30c) Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass er den streitgegenständlichen Geldbetrag weitergeleitet hat und er deshalb entreichert sei (§ 818 Abs. 3 BGB), weil die Voraussetzungen des § 819 BGB vorliegen. Die verschärfte Haftung gemäß § 819 BGB tritt ein, wenn der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes oder den Gesetzesverstoß beim Empfang der Leistung kannte oder sich dieser Kenntnis in einer Weise verschlossen hat, die es ihm nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf sein fehlendes Bewusstsein zu berufen (BGH Urteil vom 6. November 2008 – III ZR 120/08 –; 12. Juli 1996 – V ZR 117/95 –; 25. September 1986 – VII ZR 349/85 – bei juris; OLG Zweibrücken, Urteil vom 28. Januar 2010 – 4 U 133/08 –, Rn. 17, juris). 31Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Beklagte hat sich der Kenntnis vom Mangel des rechtlichen Grundes für die Überweisung hier zumindest in einer Weise verschlossen, die es ihm nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf sein fehlendes Bewusstsein zu berufen. Dies ergibt sich aus Kommunikation zwischen ihm und der Firma C AG aus Zürich, die er im Rahmen des Strafermittlungsverfahrens bei der Staatsanwaltschaft Kleve, AZ.: 204 Js, 541/12 (vgl. dort Bl. 15 – 16 d.BA), vorgelegt hat. So ergibt sich aus seiner Mail vom 18.10.2012, dass er vergeblich versucht habe, die zweite Tranche über die Moneygram in Duisburg an N zu weisen. Er teilte mit, dass die Entgegennahme des Geldes wegen des Verdachtes auf Geldwäsche abgelehnt worden sei. In einer weiteren Nachricht vom 18.10.2012 berichtete er von ähnlichen Erfahrungen mit RIA. Weiter teilte er der Firma C AG mit, dass man vermeiden müsse, dass Nachfragen bei der Zentrale gestellt würden, damit die Überweisungen ausgeführt würden. Er forderte die Firma C AG daher auf, ihm u.a. den Grund der Zahlung mitzuteilen und ihm weitere schriftliche Anweisung zu übermitteln. Bereits aus dieser Kommunikation ergibt sich, dass dem Beklagten selbst Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Überweisungen kamen. 32Hinzu kommen weitere Umstände. So sollte der Beklagte treuhänderisch über Geldeingänge verfügen, die nicht unerheblich waren, obwohl ein persönlicher Kontakt zwischen ihm und der Firma C AG aus Zürich nie stattgefunden hat. Trotz seines relativ geringfügigen Arbeitsaufwandes, der nur in der prompten Weiterleitung der eingehenden Beträge nach Russland bestand, sollte er pro transferierter Geldsumme ein Entgelt von 5 % erhalten. Auffällig war darüber hinaus die Anweisung an den Beklagten, das auf seinem Konto eingehende Geld „schnellstmöglich“ abzuheben, zu stückeln, und per Bargeldtransfer über den Geldversand Money Gram bzw. Western Union an die per E-Mail (Bl. 6 f. d.BA) mitgeteilte Privatpersonen in Russland (und nicht etwa an die „Arbeitgeberin“, die Firma C AG aus Zürich) weiterzuleiten. Das drängte den Verdacht förmlich auf, dass die sofortige Weiterversendung das Geld dem Zugriff der Berechtigten entziehen sollte. Ferner war auffällig, dass die Überweisung an die Frau N den Verwendungszweck „Familie“ oder „Spende“ oder „mein Freund hilft mir“ enthalten sollte und nicht – wie der Vertrag zwischen dem Beklagten und der Firma C AG nahe legt – die treuhänderische Verwaltung der Zahlungseingänge oder ähnliches, so dass der angegebene Verwendungszweck mit dem angeblichen Tätigkeitsfeld des Beklagten für die o.g. Firma nicht in Einklang zu bringen ist. 33d) Schließlich steht dem Anspruch der Versicherungsnehmerin gegen den Beklagten nicht entgegen, dass sie selbst möglicherweise gegen den Zeugen T2 einen Schadensersatzanspruch gemäß § 280 BGB hat, weil dieser im Verhältnis zu der Versicherungsnehmerin eventuell fahrlässig gehandelt hat. Der Zeugen T2 könnte seinerseits einem solchen Anspruch im Verhältnis zu dem Beklagten als Leistungsempfänger entgegen halten, dass er gegen den Beklagten als Leistungsempfänger einen Schadensersatzanspruch bzw. einen Anspruch aus Bereicherungsrecht hat. 34Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 288 Abs. 1 BGB, da die Klägerin den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 14.04.2014 (B. 13 f. GA) zur Zahlung aufforderte und ihm hierfür eine Frist bis zum 28.04.2014 setzte. Der Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ergibt sich ebenfalls aus dem Gesichtspunkt des Verzuges (§§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB). 35Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO. 36Unterschrift
der beklagte wird verurteilt, an die klägerin 9.700,- € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 29.04.2014 sowie die vorgerichtlich entstandenen kosten in höhe von 986,75 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 13.08.2014 zu zahlen. die kosten des rechtsstreits werden dem beklagten auferlegt. dieses urteil ist gegen sicherheitsleistungen in höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2die klägerin macht gegen den beklagten einen zahlungsanspruch als regressanspruch aus übergegangenem recht der w2 e.g. (im folgenden versicherungsnehmerin genannte) geltend. die klägerin schloss mit der versicherungsnehmerin seit dem 20.06.2003 einen versicherungsvertrag geno-bankpolice op-risk, nr.: 250 43 #####/#### (vgl. versicherungsschein vom 01.01.2012, bl. 83 ff. ga), dem u.a. die allgemeinen versicherungsbedingungen der klägerin (fassung 01/2010) (vgl. bl. 116 ff. ga) zugrunde lagen. 3die versicherungsnehmerin unterhielt zu dem zeugen t einen girovertrag. der beklagte unterhielt bei der verbandssparkasse goch ein girokonto mit der kontonummer xxxxxx. am 15.10.2012 wurde auf dieses konto ein betrag in höhe von 9.700,- € von dem konto des zeugen t bei der versicherungsnehmerin überwiesen. die überweisung erfolgte, nachdem durch unbekannte täter das konto des zeugen t bei der versicherungsnehmerin ausgekundschaftet worden war, ohne anweisung des zeugen t an die versicherungsnehmerin als überweisende bank. 4der beklagte, auf dessen konto bei der verbandssparkasse xy der betrag in höhe von 9.700,- € gutgeschrieben worden war, hob am 16.10.2012 diesen betrag ab und transferierte ihn in zwei tranchen per western union (4.305,00 €) und per ria (4.900,- €) in bar an eine empfängerin namens n, sankt-petersburg in russland. einen betrag in höhe von 388,00 € (5%) behielt er als provision für sich. damit folgte der beklagte einer vereinbarung (vgl. bl. 28 ff. ga), die er mit der firma c ag aus zürich geschlossen haben will. 5die klägerin zahlte an die versicherungsnehmerin aufgrund einer schadensmeldung mit der nummer 250 95 xxxxxxxxxx 5 vom 15.10.2012 (vgl. anlage k2, bl. 10 ff. ga) am 13.11.2012 9.700,- €. 6die klägerin ist der ansicht, der anspruch der versicherungsnehmerin gegen den beklagten sei auf sie gem. § 86 abs. 1 vvg übergegangen. die haftung des beklagten ergebe sich daraus, dass dieser leichtfertig aus grober achtlosigkeit nicht erkannt habe, dass die gelder aus einem gewerbs- und bandenmäßigen betrug stammten. 7die klägerin beantragt, 8den beklagten zu verurteilen, an die klägerin 9.700,- € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 29.04.2014 zu zahlen sowie die vorgerichtlich entstandenen kosten in höhe von 986,75 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 13.08.2014 zu zahlen. 9der beklagte beantragt, 10 die klage abzuweisen. 11der beklagte wendet ein: 12er habe bei der überweisung der gelder nicht grob leichtfertig oder achtlos gehandelt. vielmehr habe er sich an seine vertragspartnerin gewandt, als ihm im rahmen der ersten überweisung zweifel gekommen seien. diese habe ihm mitgeteilt, sie ein seit jahren tätiges, registriertes schweizer unternehmen sei. der vorwurf der geldwäsche sei eine unsinnige anschuldigung. auch habe eine internet-recherche nichts gegenteiliges ergeben. 13im übrigen bestreite er, dass die klägerin gegenüber ihrer versicherungsnehmerin zur zahlung verpflichtet gewesen sei. der nachtrag zum versicherungsschein zur geno-bankpolice op-risk weise einen stand vom 01.01.2012 und ein ausfertigungsdatum aus. es sei nicht dargetan und nachvollziehbar, ob und inwieweit der nachtrag gegenstand des „gesamt“-vertrages sei. 14zudem sei von einem 100%-mitverschulden des zeugen t und der versicherungsnehmerin auszugehen. der zeuge t habe die online-überweisung wohl trotz ungewöhnlicher umstände getätigt. 15er sei entreichert, da er die vermögensvorteile nicht mehr habe. er hafte auch nicht darüber hinaus, da er keine kenntnis von dem mangel des rechtlichen grundes gehabt habe. 16wegen des sachverhaltes im übrigen und der weiteren einzelheiten des beiderseitigen parteivorbringens wird auf den vorgetragenen inhalt der gewechselten schriftsätze nebst deren anlagen ergänzend bezug genommen. 17die akten der staatsanwaltschaft kleve az.: 204 js 541/12 und 204 js 567/13 waren beigezogen und gegenstand der mündlichen verhandlung. 18
19die klage ist zulässig und begründet. der klägerin steht gegen den beklagten ein anspruch auf zahlung in höhe von 9.700,- € gemäß § 86 abs. 1 vvg i.v.m. § 812 abs. 1 s. 1 2. alt. bgb zu. 20der anspruch der versicherungsnehmerin gegen den beklagten auf rückzahlung des am 15.10.2012 von unbekannten tätern im wege des „phishings“ überwiesenen geldbetrages in höhe von 9.700,- € aus § 812 abs. 1 s. 1 2. alt. bgb ist auf die klägerin gemäß § 86 abs. 1 vvg übergegangen. 211) die klägerin hat hinreichend dargelegt, dass zwischen ihr und der versicherungsnehmerin ein versicherungsvertrag seit dem 20.06.2003 bestand und dass der schadensfall in der form des sog. „phishings“ von dem vorgenannten versicherungsvertrag umfasst ist. die art und der inhalt des versicherungsvertrages ergeben sich aus dem versicherungsschein vom 01.01.2012 (vgl. bl. 83 ff. ga), den die klägerin vorgelegt hat. dieser lässt die w2 eg als versicherungsnehmerin der versicherung mit dem namen geno-bankpolice op-risk mit der nummer 250 xxxxxxxxxx8 erkennen. dieser versicherung liegen die allgemeinen versicherungsbedingungen für die geno-bankpolice op-risk (fassung 01/2010, bl. 116 ff. ga) zugrunde, die die klägerin ebenfalls vorgelegt hat (bl. 116 ff. ga). aus diesen ergibt sich, dass u.a. gegenstand des versicherungsschutzes der streitgegenständliche „phishings“-fall als unterfall des online-bankings (vgl. ziffer 2.1.3; 2.2.2 abs. 3) ist. 22soweit der beklagte bestreitet, dass ein entsprechender versicherungsvertrag zwischen der klägerin und der versicherungsnehmerin besteht, ist dies nach den vorgelegten unterlagen der klägerin unbeachtlich, da sich aus diesen nachvollziehbar der versicherungsschutz ergibt. der beklagte trägt nicht vor, warum trotz der vorlage dieser unterlagen und der unstreitigen regulierung des schadensfalles durch die klägerin ein entsprechender versicherungsschutz nicht bestehen soll. dass die vorgelegten unterlagen etwa gefälscht oder anderweitig fehlerhaft sind, trägt der beklagte nicht vor. 23im übrigen kommt es für den forderungsübergang nicht darauf an, ob zwischen dem leistenden und dem leistungsempfänger ein versicherungsvertrag bestand. ausreichend und erforderlich ist vielmehr, dass die parteien im zeitpunkt der leistung von einem vertrag ausgegangen sind (str. vgl. armbrüster in prölss/martin, vvg, 29. aufl., § 86 vvg, rdnr. 39 m.w.n.), was hier unstreitig der fall war. 242) bei der vorgenannten versicherung handelt es sich um eine sog. schadensversicherung, die unter den anwendungsbereich des § 86 abs. 1 vvg fällt. bei dem geltend gemachten bereicherungsanspruch handelt es sich auch um einen ersatzanspruch i.s.d. § 86 abs. 1 s. 1 vvg (vgl. armbrüster in prölss/martin, vvg, 29. aufl., § 86 vvg, rdnr. 7 m.w.n.) . 253) unerheblich ist auch, dass der beklagte vorträgt, die klägerin sei gegenüber ihrer versicherungsnehmerin nicht zur regulierung des schadens verpflichtet gewesen. der übergang der forderung gemäß § 86 abs. 1 vvg setzt eine solche verpflichtung nicht voraus, da der übergang vom bestehen einer leistungspflicht unerheblich ist (vgl. armbrüster in prölss/martin, vvg, 29. aufl., § 86 vvg, rdnr. 37 m.w.n.). vielmehr wird nur vorausgesetzt, dass der versicher den schaden (aufgrund des versicherungsvertrages) ersetzt, was die klägerin hier unstreitig durch die zahlung vom 13.11.2012 getan hat. 264) weiter steht der versicherungsnehmerin der ersatzanspruch gegen einen dritten, hier den beklagten, i.s.d. § 86 abs. 1 bgb zu. ein solcher anspruch ergibt sich vorliegend aus § 812 abs. 1 s. 1 2. alt. bgb. 27a) der beklagte hat am 15.10.2012 einen vermögensgegenstand, nämlich die gutschrift auf seinem konto verbandssparkasse xy in höhe von 9.700,- € erlangt. 28b) vorliegend ist auch die eingriffskondiktion im verhältnis versicherungsnehmerin und beklagtem anwendbar. 29zwar ist davon auszugehen, dass sich der bereicherungsausgleich in fällen der leistung kraft anweisung, etwa aufgrund eines überweisungsauftrages, grundsätzlich innerhalb des jeweiligen leistungsverhältnisses vollzieht, also zum einen zwischen dem anweisenden und dem angewiesenen und zum anderen zwischen dem anweisenden und dem anweisungsempfänger (vgl. bghz 147, 269, 273; bgh, urteil vom 21. juni 2005 - xi zr 152/04, wm 2005, 1564, 1565; jeweils m.w.nachw.). allerdings hat der angewiesene ausnahmsweise einen unmittelbaren bereicherungsanspruch gegen den anweisungsempfänger, wenn eine wirksame anweisung fehlt (bgh, urteil vom 11. april 2006 – xi zr 220/05 –, bghz 167, 171-178, rn. 9). dies gilt unabhängig davon, ob der anweisungsempfänger das fehlen einer wirksamen anweisung im zeitpunkt der zuwendung kannte, weil die zahlung ohne gültige anweisung dem vermeintlich anweisenden nicht als seine leistung zugerechnet werden kann, selbst wenn dieser den gezahlten betrag dem zahlungsempfänger tatsächlich schuldete (senat bghz 147, 145, 151 und urteil vom 21. juni 2005 - xi zr 152/04, wm 2005, 1564, 1565 f.; jeweils m.w.nachw.). das risiko einer falschen – von einem dritten unter benutzung der daten des bankkunden veranlassten – überweisung liegt grundsätzlich bei der bank, welche auf den falschen auftrag bezahlt hat. die bank hat deshalb einen bereicherungsanspruch nach § 812 abs. 1 satz 1 2. altern. bgb („in sonstiger weise“) gegen den überweisungsempfänger (bgh urteil vom 21. juni 2005 – xi zr 152/04 –; 11. april 2006 – xi zr 220/05 – bei juris; olg zweibrücken, urteil vom 28. januar 2010 – 4 u 133/08 –, rn. 15, juris). die belastungsbuchung der bank auf dem konto des zeugen t2 wirkte nämlich nur deklaratorisch (bgh urteil vom 7. märz 2002 – ix zr 223/01 –; 18. april 1989 – xi zr 133/08 – jew. m.w.n.; olg zweibrücken, urteil vom 28. januar 2010 – 4 u 133/08 –, rn. 15, juris). aufgrund der in der giroabrede liegenden kontokorrentvereinbarung werden die einzelnen gut– und lastschriften mit dem ziel der verrechnung und schadensfeststellung erst in einer einheitlichen rechnung verbindlich zusammengefasst. der rein rechnerische vorgang der buchung entfaltet hingegen noch keine kontokorrentrechtlichen wirkungen und vermindert das kontovermögen des „geschädigten“ daher nicht. die bank ist vielmehr verpflichtet, die fehlerhafte belastungsbuchung zu korrigieren (bgh urteil vom 7. märz 2002 – aao –; 31. mai 1994 – vi zr 12/94 – bei juris; wm 1959, 81; olg zweibrücken, urteil vom 28. januar 2010 – 4 u 133/08 –, rn. 15, juris). 30c) der beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass er den streitgegenständlichen geldbetrag weitergeleitet hat und er deshalb entreichert sei (§ 818 abs. 3 bgb), weil die voraussetzungen des § 819 bgb vorliegen. die verschärfte haftung gemäß § 819 bgb tritt ein, wenn der empfänger den mangel des rechtlichen grundes oder den gesetzesverstoß beim empfang der leistung kannte oder sich dieser kenntnis in einer weise verschlossen hat, die es ihm nach treu und glauben verwehrt, sich auf sein fehlendes bewusstsein zu berufen (bgh urteil vom 6. november 2008 – iii zr 120/08 –; 12. juli 1996 – v zr 117/95 –; 25. september 1986 – vii zr 349/85 – bei juris; olg zweibrücken, urteil vom 28. januar 2010 – 4 u 133/08 –, rn. 17, juris). 31diese voraussetzungen liegen hier vor. der beklagte hat sich der kenntnis vom mangel des rechtlichen grundes für die überweisung hier zumindest in einer weise verschlossen, die es ihm nach treu und glauben verwehrt, sich auf sein fehlendes bewusstsein zu berufen. dies ergibt sich aus kommunikation zwischen ihm und der firma c ag aus zürich, die er im rahmen des strafermittlungsverfahrens bei der staatsanwaltschaft kleve, az.: 204 js, 541/12 (vgl. dort bl. 15 – 16 d.ba), vorgelegt hat. so ergibt sich aus seiner mail vom 18.10.2012, dass er vergeblich versucht habe, die zweite tranche über die moneygram in duisburg an n zu weisen. er teilte mit, dass die entgegennahme des geldes wegen des verdachtes auf geldwäsche abgelehnt worden sei. in einer weiteren nachricht vom 18.10.2012 berichtete er von ähnlichen erfahrungen mit ria. weiter teilte er der firma c ag mit, dass man vermeiden müsse, dass nachfragen bei der zentrale gestellt würden, damit die überweisungen ausgeführt würden. er forderte die firma c ag daher auf, ihm u.a. den grund der zahlung mitzuteilen und ihm weitere schriftliche anweisung zu übermitteln. bereits aus dieser kommunikation ergibt sich, dass dem beklagten selbst zweifel an der rechtmäßigkeit der überweisungen kamen. 32hinzu kommen weitere umstände. so sollte der beklagte treuhänderisch über geldeingänge verfügen, die nicht unerheblich waren, obwohl ein persönlicher kontakt zwischen ihm und der firma c ag aus zürich nie stattgefunden hat. trotz seines relativ geringfügigen arbeitsaufwandes, der nur in der prompten weiterleitung der eingehenden beträge nach russland bestand, sollte er pro transferierter geldsumme ein entgelt von 5 % erhalten. auffällig war darüber hinaus die anweisung an den beklagten, das auf seinem konto eingehende geld „schnellstmöglich“ abzuheben, zu stückeln, und per bargeldtransfer über den geldversand money gram bzw. western union an die per e-mail (bl. 6 f. d.ba) mitgeteilte privatpersonen in russland (und nicht etwa an die „arbeitgeberin“, die firma c ag aus zürich) weiterzuleiten. das drängte den verdacht förmlich auf, dass die sofortige weiterversendung das geld dem zugriff der berechtigten entziehen sollte. ferner war auffällig, dass die überweisung an die frau n den verwendungszweck „familie“ oder „spende“ oder „mein freund hilft mir“ enthalten sollte und nicht – wie der vertrag zwischen dem beklagten und der firma c ag nahe legt – die treuhänderische verwaltung der zahlungseingänge oder ähnliches, so dass der angegebene verwendungszweck mit dem angeblichen tätigkeitsfeld des beklagten für die o.g. firma nicht in einklang zu bringen ist. 33d) schließlich steht dem anspruch der versicherungsnehmerin gegen den beklagten nicht entgegen, dass sie selbst möglicherweise gegen den zeugen t2 einen schadensersatzanspruch gemäß § 280 bgb hat, weil dieser im verhältnis zu der versicherungsnehmerin eventuell fahrlässig gehandelt hat. der zeugen t2 könnte seinerseits einem solchen anspruch im verhältnis zu dem beklagten als leistungsempfänger entgegen halten, dass er gegen den beklagten als leistungsempfänger einen schadensersatzanspruch bzw. einen anspruch aus bereicherungsrecht hat. 34der zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 abs. 1 und 2, 286, 288 abs. 1 bgb, da die klägerin den beklagten mit anwaltlichem schreiben vom 14.04.2014 (b. 13 f. ga) zur zahlung aufforderte und ihm hierfür eine frist bis zum 28.04.2014 setzte. der anspruch auf zahlung der vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten ergibt sich ebenfalls aus dem gesichtspunkt des verzuges (§§ 280 abs. 1 und 2, 286 bgb). 35die kostenentscheidung folgt aus § 91 zpo; die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 zpo. 36unterschrift
Klaeger*in
1
143,303
1 O 64/15
2015-11-19T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 37,20 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.07.2014 zu zahlen. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 58,60 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB gemäß § 247 Abs.1 BGB seit dem 21.08.2014 zu zahle Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Auf die Widerklage wird festgestellt, dass der Klägerin Ersatzansprüche wegen Krankenkassenbeiträgen für den Sohn Q ab dem 01.11.2014 nicht zustehen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aufgrund eines Verkehrsunfalles, der sich am 07.04.2012 auf der L 115 in XXXX ereignete. 3An diesem Tag befuhr der Ehemann der Klägerin mit seinem PKW VW Golf mit dem amtlichen Kennzeichen XXXX die L 115 in Fahrtrichtung XXXXX. Im Fahrzeug befanden sich hinter dem Fahrer sitzend die Klägerin sowie neben ihr der zum Unfallzeitpunkt zehn Wochen alte Sohn XXX. 4Dem Klägerfahrzeug kam auf der Landstraße der PKW XXXXXX des Versicherungsnehmers des Beklagten, Herrn C, entgegen. Dieser Wagen geriet im Kurvenbereich auf die Fahrbahn des klägerischen Pkw, so dass es zu einem Frontalzusammenstoß der Fahrzeuge kam. 5Die alleinige Haftungsverpflichtung der Beklagten für die Folgen des Unfallgeschehens ist zwischen den Parteien unstreitig. 6Die zum Unfallzeitpunkt 30 Jahre alte Klägerin wurde durch den Unfall lebensgefährlich verletzt. Sie musste mehrfach operiert werden. Aufgrund einer Carotis-Dissektion sowie einem Mediateilinfarkt zeigten sich neurologische Störungen. Die Klägerin wurde bis zum 16.07.2012 stationär behandelt und befand sich darüber hinaus lange Zeit in physiotherapeutischer, augenheilkundlicher, logopädischer und psychologischer Behandlung. 7Die Klägerin war Lehrerin in den Fächern Geschichte und Deutsch in einem Beamtenverhältnis auf Probe. Seit dem 23.12.2011 hatte sich im Mutterschutz befunden. Das Ende der Probezeit war aufgrund der Elternzeit für den 23.04.2013 vorgesehen. Aufgrund einer amtsärztlich festgestellten unfallbedingten Dienstunfähigkeit wurde sie durch Bescheid vom 04.07.2013 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolglos. 8Die Klägerin und ihr Ehemann hatten bei der Geburt des gemeinsamen Sohnes die Entscheidung getroffen, ihn über die Mutter aufgrund einer Beihilfeberechtigung von 80 % krankenzuversichern. Bei einer privaten Krankenversicherung wurde der Sohn zu den weiteren 20 % versichert. Daraus ergab sich, dass die Eltern die Kosten der privaten Krankenversicherung für den Sohn lediglich zu 20 % zusätzlich zu tragen hatten. Durch das Ausscheiden der Klägerin aus dem Beamtenverhältnis entfielen die Beihilfeberechtigung der Klägerin und ihres Sohnes, so dass beide sich nunmehr zu 100 % privat krankenversicherten. Ab dem 01.08.2013 erhöhten sich daher die Krankenkassen-Beiträge für die private Krankenversicherung für die Klägerin und ihren Sohn. Den Mehrbetrag bezüglich der privaten Krankenversicherung für die Klägerin übernimmt der Beklagte. Um die Ersatzfähigkeit der Mehrkosten für den Sohn streiten sich die Parteien mit dieser Klage. 9Des Weiteren begehrt die Klägerin mit der Klage den Ersatz der Fahrtkosten für Behandlungen bei einem Osteopathen in Höhe von 37,20 €. Die osteopathische Zusatzbehandlung hatte der behandelnde Orthopäde als indiziert erachtet. 10Der Beklagte wehrt sich gegen die Übernahme der klägerseits geltend gemachten Kosten für die Monate bis Oktober 2014 und möchte darüber hinaus durch die am 15.12.2014 erhobene Wiederklage festgestellt wissen, dass auch für die Zukunft keine Schadensersatzansprüche im Hinblick auf die höheren Krankenversicherungskosten des Sohnes der Klägerin bestehen. 11Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die monatlichen Mehrkosten für die Krankenvollversicherung ihres Sohnes durch den Beklagten zu tragen seien. Dessen Krankenkassenbeiträge seien sowohl vor als auch nach dem Unfallereignis alleine von ihr getragen worden. Es sei daher ihr selbst unmittelbar durch den Unfall ein Schaden entstanden und kein Drittschaden anzunehmen. 12Im Übrigen sei eine Krankenversicherung grundsätzlich nach den gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen zu stellen. Diese Unterhaltspflicht umfasse auch eine private Krankenversicherung, zumal die Entscheidung für die private Krankenkasse schon vor dem Unfallereignis gefallen sei. Durch den Wegfall der Beihilfeberechtigung sei der Krankenkassenbeitrag für den Sohn gestiegen und somit auch der zu erbringende Unterhaltsanspruch der Klägerin. 13Eine Mitversicherung über den Kindesvater in der gesetzlichen Krankenversicherung sei - so die Behauptung der Klägerin - nicht mehr möglich. Dazu müsse zuvor eine rechtskräftige Scheidung vorliegen. Nur so bestehe für die gesetzliche Krankenversicherung eine Verpflichtung zur Aufnahme eines zuvor über den anderen Elternteil privat mitversicherten Kindes. 14Zudem behauptet die Klägerin, dass die ostheopathische Behandlung und die damit verbundenen Fahrtkosten in Höhe von 37,20 Euro notwendig seien. 15Die Klägerin beantragt, 161. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.762,80 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB gemäß § 247 Abs.1 BGB aus 1.265,44 Euro seit dem 24.04.2014, aus weiteren 37,20 Euro seit dem 19.07.2014, aus weiteren 230,08 Euro seit dem 21.08.2014 sowie aus weiteren 230,08 seit Rechtshängigkeit zu zahlen; 172. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 139,23 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB gemäß § 247 Abs.1 BGB seit dem 21.08.2014 zu zahlen. 18Der Beklagte beantragt, 19 die Klage abzuweisen. 20Wiederklagend beantragt der Beklagte, 21festzustellen, dass der Klägerin Ersatzansprüche wegen Krankenkassenbeiträgen für den Sohn Q ab dem 01.11.2014 nicht zustehen. 22Die Klägerin beantragt, 23 die Wiederklage abzuweisen. 24Der Beklagte vertritt die Ansicht, dem Sohn der Klägerin stehe im Rahmen des Unterhaltsanspruches zwar eine ausreichende Krankenversicherung zu, eine gesetzliche Krankenversicherung genüge dem jedoch. 25Im Übrigen handele es sich bei den Versicherungskosten um solche des Sohnes und damit um einen Drittschaden. 26Der Beklagte behauptet, die Osteopathie stelle keine schuldmedizinisch anerkannte Heilmethode dar. Deren Kosten seien daher nicht ersatzfähig. 27Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 28Die Klageschrift ist dem Beklagten am 28.10.2014 zugestellt worden. 29Aufgrund der streitwerterhöhenden Widerklage hat das Amtsgericht Aachen die Klage durch Beschluss vom 02.02.2015 an das hiesige Landgericht verwiesen. 30Nach Zustimmung beider Parteien ist am 21.10.2015 das schriftliche Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet worden. 31Die Akte 1 O 123/13 des Landgerichts Aachen ist beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. 32Entscheidungsgründe: 33Die zulässige Klage hat in der Sache nur bezüglich der geltend gemachten Fahrtkosten Erfolg. 341. 35Ein Anspruch auf Übernahme der erhöhten Krankenversicherungskosten für das Kind Q besteht nicht. 36Die Klägerin hat gegen den Beklagten grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz ihrer unfallbedingten Schäden aus §§ 7 Abs.1 StVG, 823 BGB i. V. m. § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG. 37Würde es sich bei den Kosten der Krankenversicherung allein um höhere Aufwendungen handeln, die der Sohn der Klägerin zu tragen hätte, wären diese von der Beklagten nicht zu ersetzen. In diesem Fall würde es sich um den Schaden eines Dritten handeln, der nur in besonderen Konstellationen gegenüber dem Schädiger geltend gemacht werden kann. Auf der Grundlage der gesetzlichen Regelungen kann ein Unterhaltsberechtigter gegenüber dem deliktischen Schädiger nur dann Unterhaltsansprüche beanspruchen, wenn der eigentliche Unterhaltsschuldner verstorben ist, § 844 Abs. 2 BGB. 38Zu den ersatzfähigen Schadenspositionen der Klägerin zählt jedoch auch ein erhöhter Unterhalt, wenn die Klägerin solchen aufgrund des Unfalls nunmehr leisten muss. 39Die Klägerin ist gemeinsam mit ihrem Ehemann gem. § 1601 BGB gegenüber dem gemeinsamen Sohn unterhaltspflichtig. Mit umfasst von der Unterhaltsverpflichtung ist nach § 1610 BGB auch die Übernahme der Kosten einer Krankenversicherung für das Kind. Wenn das Kind nicht in der gesetzlichen Familienversicherung mitversichert ist, sind die Kosten für die private Krankenversicherung zusätzlich zu tragen, da es sich um einen angemessenen Unterhalt im Sinne des § 1610 Abs.1 BGB handelt (vgl. OLG Naumburg, NJW-RR 2007, 728 f.). 40Das Maß des zu gewährenden Unterhaltes bemisst sich hierbei nach der Lebensstellung des Bedürftigen, wobei Kinder ihren angemessenen Lebensbedarf von ihren Eltern ableiten (vgl. OLG Naumburg, a. a. O.). Ist das Kind nicht nach § 10 Abs. 2 SGB V gegen Krankheit mitversichert, hat der Barunterhaltsschuldner für die Kosten der Krankenversicherung der Kindes zusätzlich einzustehen (vgl. OLG Köln v. 20.02.2015- II-4 UF 168/14, 4 UF 168/14, juris Rn. 4). 41Die zitierten Entscheidungen betreffen dabei Fälle, in denen es um Unterhaltsansprüche nach einer Scheidung ging. Das Kind soll bei einer Scheidung der Eltern keinerlei Nachteile erfahren. Wenn das Kind schon von Geburt an in einer privaten Krankenversicherung versichert war, so soll dies auch nach der Scheidung der Eltern fortgeführt werden. Der Barunterhaltsschuldner muss demnach dann für die zusätzlichen Kosten auch einstehen (vgl. OLG Koblenz v. 19.01.2010 - 11 UF 620/09). 42Die aufgezeigten Ansätze sind jedoch auf den vorliegenden Fall nur bedingt übertragbar, da ein Kind grundsätzlich keinen Anspruch darauf hat, dass die persönlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse der (verheirateten) Eltern von der Geburt an stringent gleichbleibend sind und dem Kind daher der Unterhalt konsequent auf einem über dem Mindestmaß liegenden Niveau gewährt wird. Der Verlust des Arbeitsplatzes oder die Erkrankung eines Elternteils können jederzeit dazu führen, dass sich der Unterhalt des Kindes faktisch kürzt. 43Vorliegend ist die Klägerin aufgrund des Unfalls nicht mehr in der Lage, ihren Beruf auszuüben. Den hierdurch erlittenen Erwerbsschaden hat der Beklagte auszugleichen. Einen hierdurch entstandenen höheren Unterhaltsschaden ebenfalls. Jedoch hatte der Sohn der Klägerin dieser gegenüber keinen Anspruch darauf, dass sich die persönlichen Verhältnisse der Mutter niemals ändern werden. Haben sie sich - wie hier geschehen - dadurch geändert, dass die Klägerin nicht mehr Beamtin ist, muss sie auch nur noch den Unterhalt gewähren, den sie in ihrer Situation zu leisten in der Lage ist. Muss die Klägerin deshalb keinen erhöhten Unterhalt an ihr Kind leisten, besteht auch kein ersatzfähiger Schaden, der bei dem Beklagten geltend gemacht werden könnte. 442. 45Selbst wenn man vorliegend annehmen wollte, dass die Klägerin als Geschädigte so zu stellen ist, wie sie stehen würde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre und hierunter auch den Umstand greifen, dass ihr Sohn dann weiterhin in der privaten Krankenversicherung versichert und sie mit einer geringen Beitragshöhe aufgrund der Beihilfeberechtigung belastet gewesen wäre, müsste sich die Klägerin dennoch einen Verstoß gegen die ihr obliegende Schadensminderungspflicht vorhalten lassen, wenn sie ihr Kind nicht kostenfrei in der gesetzlichen Familienversicherung über den Vater des Sohnes versichern (und die Unterschiede zu einer privaten Versorgung ggfl. durch entsprechende Zusatzversicherungen ausgleichen) würde. 46Entgegen der Behauptung der Klägerin kam ein Wechsel des Kindes in die gesetzliche Familienversicherung über den Vater bei Wegfall der Beihilfeberechtigung durchaus in Betracht. Gemäß § 10 Abs. 1 SGB V ist ein Eintritt in die Familienversicherung dann möglich, wenn das zu versichernde Kind seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 bis 8, 11 oder 12 oder nicht freiwillig versichert ist, nicht versicherungsfrei oder nicht von der Versicherungspflicht befreit ist, nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist und kein Gesamteinkommen hat, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches überschreitet. 47Der Sohn unterfiel weder den Vorschriften nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 bis 8, 11, 12 SBG V, noch war er einkommensbedingt von der Familienversicherung ausgeschlossen. Da er nach einem Wegfall der Beihilfeberechtigung auch nicht mehr von der Versicherungspflicht befreit war oder versicherungsfrei war, wäre er mit dem Wegfall der Beihilfeberechtigung gesetzlich versicherbar gewesen. 48Soweit das Kind nunmehr - nachdem er durch die Klägerin und ihren Ehemann vollständig privat versichert wurde - nicht mehr in die gesetzliche Versicherung wechseln könnte, würde dies einen Umstand darstellen, der nicht zu Lasten des Beklagten gehen kann, da er auf allein auf einem Entschluss der Eltern beruht. 49Auch ein Ausschluss aus der Familienversicherung nach § 10 Abs. 3 SGB V war nicht gegeben. Danach sind Kinder dann nicht familienversichert, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte oder Lebenspartner des Mitglieds nicht Mitglied einer (gesetzlichen) Krankenkasse ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist. 50Unstreitig ließ und lässt die Einkommenssituation der Klägerin einen Wechsel des Kindes in die Versicherung des Vaters zu. 513. 52Selbst wenn man vorliegend einen Anspruch der Klägerin auf Ersatz des erhöhten Unterhaltsschadens und auch keinen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht annehmen wollte - wie nicht -, käme ein Anspruch gegen den Beklagten nur bezogen auf den Schaden der Klägerin in Betracht. Die Klägerin und ihr Ehemann sind jedoch gemeinsam unterhaltspflichtig gegenüber ihrem Sohn. Auch wenn die Klägerin anführt, dass sie alleine die zahlungspflichtige Schuldnerin für die Krankenkassenbeiträge für den gemeinsamen Sohn war und ist, so sind die Beiträge dennoch von beiden Elternteilen zu tragen. Wenn eine gemeinsame Unterhaltspflicht der Eltern besteht, so sind sie im Innenverhältnis zwar berechtigt, die Ausführung der Zahlungen entsprechend ihrem Leistungsvermögen aufzuteilen. Jedoch ist vorliegend zu beachten, dass der Ehemann der Klägerin mehr verdient und somit nicht von einem schwächeren Leistungsvermögen seinerseits auszugehen ist, welches die alleinige Tragung der Krankenkassenbeiträge durch die Klägerin rechtfertigen würde (vgl. OLG Naumburg v. 17.08.2006 - 4 UF 16/06). Mithin müssen die zusätzlichen Kosten der privaten Krankenversicherung beiden Ehegatten zur Last fallen, so dass die Klägerin grundsätzlich nur die Hälfte der monatlich anfallenden Mehrkosten verlangen könnte. 534. 54Die Klägerin hat gegen den Beklagten jedoch Anspruch auf den Ersatz der Fahrten zum Osteopathen verlangen. Die entsprechende Behandlung wurde der Klägerin im Rahmen eines Therapieplans durch ihren Orthopäden verordnet. Dementsprechend durfte die Klägerin davon ausgehen, dass diese Behandlung für ihr Genesen erforderlich ist und die Behandlung in Anspruch nehmen. 555. 56Der Anspruch auf Zinsen und außergerichtliche Rechtsanwaltskosten besteht allein im Hinblick auf den Anspruch auf Ersatz der Fahrtkosten. 576. 58Die Widerklage des Beklagten ist zulässig und begründet. 59Sie hat nicht eine bloße Verneinung des Klageanspruchs zum Gegenstand, sondern betrifft einen völlig anderen - von dem Streitgegenstand der Klage nicht umfassten - Zeitraum. 60Die Widerklage ist auch begründet. Insoweit wird auf die Ausführungen unter 1. und 2. Bezug genommen. 617. 62Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. 63Der Streitwert wird auf 23.658,48 EUR festgesetzt. 64Rechtsbehelfsbelehrung: 65A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 661. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 672. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist. 68Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 69Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen. 70Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 71Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 72B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Aachen statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Aachen, B-Weg, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 73C als Einzelrichterin
die beklagte wird verurteilt, an die klägerin 37,20 euro nebst verzugszinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 29.07.2014 zu zahlen. die beklagte zu verurteilen, an die klägerin außergerichtliche rechtsverfolgungskosten in höhe von 58,60 euro nebst verzugszinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz der ezb gemäß § 247 abs.1 bgb seit dem 21.08.2014 zu zahle im übrigen wird die klage abgewiesen. auf die widerklage wird festgestellt, dass der klägerin ersatzansprüche wegen krankenkassenbeiträgen für den sohn q ab dem 01.11.2014 nicht zustehen. die kosten des rechtsstreits trägt die klägerin. das urteil ist für die klägerin vorläufig vollstreckbar. der beklagten bleibt nachgelassen, die zwangsvollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. das urteil ist für die beklagte gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2die parteien streiten um schadensersatzansprüche aufgrund eines verkehrsunfalles, der sich am 07.04.2012 auf der l 115 in xxxx ereignete. 3an diesem tag befuhr der ehemann der klägerin mit seinem pkw vw golf mit dem amtlichen kennzeichen xxxx die l 115 in fahrtrichtung xxxxx. im fahrzeug befanden sich hinter dem fahrer sitzend die klägerin sowie neben ihr der zum unfallzeitpunkt zehn wochen alte sohn xxx. 4dem klägerfahrzeug kam auf der landstraße der pkw xxxxxx des versicherungsnehmers des beklagten, herrn c, entgegen. dieser wagen geriet im kurvenbereich auf die fahrbahn des klägerischen pkw, so dass es zu einem frontalzusammenstoß der fahrzeuge kam. 5die alleinige haftungsverpflichtung der beklagten für die folgen des unfallgeschehens ist zwischen den parteien unstreitig. 6die zum unfallzeitpunkt 30 jahre alte klägerin wurde durch den unfall lebensgefährlich verletzt. sie musste mehrfach operiert werden. aufgrund einer carotis-dissektion sowie einem mediateilinfarkt zeigten sich neurologische störungen. die klägerin wurde bis zum 16.07.2012 stationär behandelt und befand sich darüber hinaus lange zeit in physiotherapeutischer, augenheilkundlicher, logopädischer und psychologischer behandlung. 7die klägerin war lehrerin in den fächern geschichte und deutsch in einem beamtenverhältnis auf probe. seit dem 23.12.2011 hatte sich im mutterschutz befunden. das ende der probezeit war aufgrund der elternzeit für den 23.04.2013 vorgesehen. aufgrund einer amtsärztlich festgestellten unfallbedingten dienstunfähigkeit wurde sie durch bescheid vom 04.07.2013 aus dem beamtenverhältnis auf probe entlassen. die hiergegen gerichtete klage war erfolglos. 8die klägerin und ihr ehemann hatten bei der geburt des gemeinsamen sohnes die entscheidung getroffen, ihn über die mutter aufgrund einer beihilfeberechtigung von 80 % krankenzuversichern. bei einer privaten krankenversicherung wurde der sohn zu den weiteren 20 % versichert. daraus ergab sich, dass die eltern die kosten der privaten krankenversicherung für den sohn lediglich zu 20 % zusätzlich zu tragen hatten. durch das ausscheiden der klägerin aus dem beamtenverhältnis entfielen die beihilfeberechtigung der klägerin und ihres sohnes, so dass beide sich nunmehr zu 100 % privat krankenversicherten. ab dem 01.08.2013 erhöhten sich daher die krankenkassen-beiträge für die private krankenversicherung für die klägerin und ihren sohn. den mehrbetrag bezüglich der privaten krankenversicherung für die klägerin übernimmt der beklagte. um die ersatzfähigkeit der mehrkosten für den sohn streiten sich die parteien mit dieser klage. 9des weiteren begehrt die klägerin mit der klage den ersatz der fahrtkosten für behandlungen bei einem osteopathen in höhe von 37,20 €. die osteopathische zusatzbehandlung hatte der behandelnde orthopäde als indiziert erachtet. 10der beklagte wehrt sich gegen die übernahme der klägerseits geltend gemachten kosten für die monate bis oktober 2014 und möchte darüber hinaus durch die am 15.12.2014 erhobene wiederklage festgestellt wissen, dass auch für die zukunft keine schadensersatzansprüche im hinblick auf die höheren krankenversicherungskosten des sohnes der klägerin bestehen. 11die klägerin vertritt die auffassung, dass die monatlichen mehrkosten für die krankenvollversicherung ihres sohnes durch den beklagten zu tragen seien. dessen krankenkassenbeiträge seien sowohl vor als auch nach dem unfallereignis alleine von ihr getragen worden. es sei daher ihr selbst unmittelbar durch den unfall ein schaden entstanden und kein drittschaden anzunehmen. 12im übrigen sei eine krankenversicherung grundsätzlich nach den gesetzlichen unterhaltsverpflichtungen zu stellen. diese unterhaltspflicht umfasse auch eine private krankenversicherung, zumal die entscheidung für die private krankenkasse schon vor dem unfallereignis gefallen sei. durch den wegfall der beihilfeberechtigung sei der krankenkassenbeitrag für den sohn gestiegen und somit auch der zu erbringende unterhaltsanspruch der klägerin. 13eine mitversicherung über den kindesvater in der gesetzlichen krankenversicherung sei - so die behauptung der klägerin - nicht mehr möglich. dazu müsse zuvor eine rechtskräftige scheidung vorliegen. nur so bestehe für die gesetzliche krankenversicherung eine verpflichtung zur aufnahme eines zuvor über den anderen elternteil privat mitversicherten kindes. 14zudem behauptet die klägerin, dass die ostheopathische behandlung und die damit verbundenen fahrtkosten in höhe von 37,20 euro notwendig seien. 15die klägerin beantragt, 161. die beklagte zu verurteilen, an sie 1.762,80 euro nebst verzugszinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz der ezb gemäß § 247 abs.1 bgb aus 1.265,44 euro seit dem 24.04.2014, aus weiteren 37,20 euro seit dem 19.07.2014, aus weiteren 230,08 euro seit dem 21.08.2014 sowie aus weiteren 230,08 seit rechtshängigkeit zu zahlen; 172. die beklagte zu verurteilen, an die klägerin außergerichtliche rechtsverfolgungskosten in höhe von 139,23 euro nebst verzugszinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz der ezb gemäß § 247 abs.1 bgb seit dem 21.08.2014 zu zahlen. 18der beklagte beantragt, 19 die klage abzuweisen. 20wiederklagend beantragt der beklagte, 21festzustellen, dass der klägerin ersatzansprüche wegen krankenkassenbeiträgen für den sohn q ab dem 01.11.2014 nicht zustehen. 22die klägerin beantragt, 23 die wiederklage abzuweisen. 24der beklagte vertritt die ansicht, dem sohn der klägerin stehe im rahmen des unterhaltsanspruches zwar eine ausreichende krankenversicherung zu, eine gesetzliche krankenversicherung genüge dem jedoch. 25im übrigen handele es sich bei den versicherungskosten um solche des sohnes und damit um einen drittschaden. 26der beklagte behauptet, die osteopathie stelle keine schuldmedizinisch anerkannte heilmethode dar. deren kosten seien daher nicht ersatzfähig. 27hinsichtlich des weiteren sach- und streitstandes wird auf die gewechselten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 28die klageschrift ist dem beklagten am 28.10.2014 zugestellt worden. 29aufgrund der streitwerterhöhenden widerklage hat das amtsgericht aachen die klage durch beschluss vom 02.02.2015 an das hiesige landgericht verwiesen. 30nach zustimmung beider parteien ist am 21.10.2015 das schriftliche verfahren gem. § 128 abs. 2 zpo angeordnet worden. 31die akte 1 o 123/13 des landgerichts aachen ist beigezogen und zum gegenstand der mündlichen verhandlung gemacht worden. 32
33die zulässige klage hat in der sache nur bezüglich der geltend gemachten fahrtkosten erfolg. 341. 35ein anspruch auf übernahme der erhöhten krankenversicherungskosten für das kind q besteht nicht. 36die klägerin hat gegen den beklagten grundsätzlich einen anspruch auf ersatz ihrer unfallbedingten schäden aus §§ 7 abs.1 stvg, 823 bgb i. v. m. § 115 abs. 1 nr. 1 vvg. 37würde es sich bei den kosten der krankenversicherung allein um höhere aufwendungen handeln, die der sohn der klägerin zu tragen hätte, wären diese von der beklagten nicht zu ersetzen. in diesem fall würde es sich um den schaden eines dritten handeln, der nur in besonderen konstellationen gegenüber dem schädiger geltend gemacht werden kann. auf der grundlage der gesetzlichen regelungen kann ein unterhaltsberechtigter gegenüber dem deliktischen schädiger nur dann unterhaltsansprüche beanspruchen, wenn der eigentliche unterhaltsschuldner verstorben ist, § 844 abs. 2 bgb. 38zu den ersatzfähigen schadenspositionen der klägerin zählt jedoch auch ein erhöhter unterhalt, wenn die klägerin solchen aufgrund des unfalls nunmehr leisten muss. 39die klägerin ist gemeinsam mit ihrem ehemann gem. § 1601 bgb gegenüber dem gemeinsamen sohn unterhaltspflichtig. mit umfasst von der unterhaltsverpflichtung ist nach § 1610 bgb auch die übernahme der kosten einer krankenversicherung für das kind. wenn das kind nicht in der gesetzlichen familienversicherung mitversichert ist, sind die kosten für die private krankenversicherung zusätzlich zu tragen, da es sich um einen angemessenen unterhalt im sinne des § 1610 abs.1 bgb handelt (vgl. olg naumburg, njw-rr 2007, 728 f.). 40das maß des zu gewährenden unterhaltes bemisst sich hierbei nach der lebensstellung des bedürftigen, wobei kinder ihren angemessenen lebensbedarf von ihren eltern ableiten (vgl. olg naumburg, a. a. o.). ist das kind nicht nach § 10 abs. 2 sgb v gegen krankheit mitversichert, hat der barunterhaltsschuldner für die kosten der krankenversicherung der kindes zusätzlich einzustehen (vgl. olg köln v. 20.02.2015- ii-4 uf 168/14, 4 uf 168/14, juris rn. 4). 41die zitierten entscheidungen betreffen dabei fälle, in denen es um unterhaltsansprüche nach einer scheidung ging. das kind soll bei einer scheidung der eltern keinerlei nachteile erfahren. wenn das kind schon von geburt an in einer privaten krankenversicherung versichert war, so soll dies auch nach der scheidung der eltern fortgeführt werden. der barunterhaltsschuldner muss demnach dann für die zusätzlichen kosten auch einstehen (vgl. olg koblenz v. 19.01.2010 - 11 uf 620/09). 42die aufgezeigten ansätze sind jedoch auf den vorliegenden fall nur bedingt übertragbar, da ein kind grundsätzlich keinen anspruch darauf hat, dass die persönlichen, wirtschaftlichen und finanziellen verhältnisse der (verheirateten) eltern von der geburt an stringent gleichbleibend sind und dem kind daher der unterhalt konsequent auf einem über dem mindestmaß liegenden niveau gewährt wird. der verlust des arbeitsplatzes oder die erkrankung eines elternteils können jederzeit dazu führen, dass sich der unterhalt des kindes faktisch kürzt. 43vorliegend ist die klägerin aufgrund des unfalls nicht mehr in der lage, ihren beruf auszuüben. den hierdurch erlittenen erwerbsschaden hat der beklagte auszugleichen. einen hierdurch entstandenen höheren unterhaltsschaden ebenfalls. jedoch hatte der sohn der klägerin dieser gegenüber keinen anspruch darauf, dass sich die persönlichen verhältnisse der mutter niemals ändern werden. haben sie sich - wie hier geschehen - dadurch geändert, dass die klägerin nicht mehr beamtin ist, muss sie auch nur noch den unterhalt gewähren, den sie in ihrer situation zu leisten in der lage ist. muss die klägerin deshalb keinen erhöhten unterhalt an ihr kind leisten, besteht auch kein ersatzfähiger schaden, der bei dem beklagten geltend gemacht werden könnte. 442. 45selbst wenn man vorliegend annehmen wollte, dass die klägerin als geschädigte so zu stellen ist, wie sie stehen würde, wenn das schädigende ereignis nicht eingetreten wäre und hierunter auch den umstand greifen, dass ihr sohn dann weiterhin in der privaten krankenversicherung versichert und sie mit einer geringen beitragshöhe aufgrund der beihilfeberechtigung belastet gewesen wäre, müsste sich die klägerin dennoch einen verstoß gegen die ihr obliegende schadensminderungspflicht vorhalten lassen, wenn sie ihr kind nicht kostenfrei in der gesetzlichen familienversicherung über den vater des sohnes versichern (und die unterschiede zu einer privaten versorgung ggfl. durch entsprechende zusatzversicherungen ausgleichen) würde. 46entgegen der behauptung der klägerin kam ein wechsel des kindes in die gesetzliche familienversicherung über den vater bei wegfall der beihilfeberechtigung durchaus in betracht. gemäß § 10 abs. 1 sgb v ist ein eintritt in die familienversicherung dann möglich, wenn das zu versichernde kind seinen wohnsitz oder gewöhnlichen aufenthalt im inland hat, nicht nach § 5 abs. 1 nr. 1, 2, 3 bis 8, 11 oder 12 oder nicht freiwillig versichert ist, nicht versicherungsfrei oder nicht von der versicherungspflicht befreit ist, nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist und kein gesamteinkommen hat, das regelmäßig im monat ein siebtel der monatlichen bezugsgröße nach § 18 des vierten buches überschreitet. 47der sohn unterfiel weder den vorschriften nach § 5 abs. 1 nr. 1, 2, 3 bis 8, 11, 12 sbg v, noch war er einkommensbedingt von der familienversicherung ausgeschlossen. da er nach einem wegfall der beihilfeberechtigung auch nicht mehr von der versicherungspflicht befreit war oder versicherungsfrei war, wäre er mit dem wegfall der beihilfeberechtigung gesetzlich versicherbar gewesen. 48soweit das kind nunmehr - nachdem er durch die klägerin und ihren ehemann vollständig privat versichert wurde - nicht mehr in die gesetzliche versicherung wechseln könnte, würde dies einen umstand darstellen, der nicht zu lasten des beklagten gehen kann, da er auf allein auf einem entschluss der eltern beruht. 49auch ein ausschluss aus der familienversicherung nach § 10 abs. 3 sgb v war nicht gegeben. danach sind kinder dann nicht familienversichert, wenn der mit den kindern verwandte ehegatte oder lebenspartner des mitglieds nicht mitglied einer (gesetzlichen) krankenkasse ist und sein gesamteinkommen regelmäßig im monat ein zwölftel der jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und regelmäßig höher als das gesamteinkommen des mitglieds ist. 50unstreitig ließ und lässt die einkommenssituation der klägerin einen wechsel des kindes in die versicherung des vaters zu. 513. 52selbst wenn man vorliegend einen anspruch der klägerin auf ersatz des erhöhten unterhaltsschadens und auch keinen verstoß gegen die schadensminderungspflicht annehmen wollte - wie nicht -, käme ein anspruch gegen den beklagten nur bezogen auf den schaden der klägerin in betracht. die klägerin und ihr ehemann sind jedoch gemeinsam unterhaltspflichtig gegenüber ihrem sohn. auch wenn die klägerin anführt, dass sie alleine die zahlungspflichtige schuldnerin für die krankenkassenbeiträge für den gemeinsamen sohn war und ist, so sind die beiträge dennoch von beiden elternteilen zu tragen. wenn eine gemeinsame unterhaltspflicht der eltern besteht, so sind sie im innenverhältnis zwar berechtigt, die ausführung der zahlungen entsprechend ihrem leistungsvermögen aufzuteilen. jedoch ist vorliegend zu beachten, dass der ehemann der klägerin mehr verdient und somit nicht von einem schwächeren leistungsvermögen seinerseits auszugehen ist, welches die alleinige tragung der krankenkassenbeiträge durch die klägerin rechtfertigen würde (vgl. olg naumburg v. 17.08.2006 - 4 uf 16/06). mithin müssen die zusätzlichen kosten der privaten krankenversicherung beiden ehegatten zur last fallen, so dass die klägerin grundsätzlich nur die hälfte der monatlich anfallenden mehrkosten verlangen könnte. 534. 54die klägerin hat gegen den beklagten jedoch anspruch auf den ersatz der fahrten zum osteopathen verlangen. die entsprechende behandlung wurde der klägerin im rahmen eines therapieplans durch ihren orthopäden verordnet. dementsprechend durfte die klägerin davon ausgehen, dass diese behandlung für ihr genesen erforderlich ist und die behandlung in anspruch nehmen. 555. 56der anspruch auf zinsen und außergerichtliche rechtsanwaltskosten besteht allein im hinblick auf den anspruch auf ersatz der fahrtkosten. 576. 58die widerklage des beklagten ist zulässig und begründet. 59sie hat nicht eine bloße verneinung des klageanspruchs zum gegenstand, sondern betrifft einen völlig anderen - von dem streitgegenstand der klage nicht umfassten - zeitraum. 60die widerklage ist auch begründet. insoweit wird auf die ausführungen unter 1. und 2. bezug genommen. 617. 62die kostenentscheidung beruht auf § 92 abs. 2 zpo, die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 709 zpo. 63der streitwert wird auf 23.658,48 eur festgesetzt. 64rechtsbehelfsbelehrung: 65a) gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 661. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 672. wenn die berufung in dem urteil durch das landgericht zugelassen worden ist. 68die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem oberlandesgericht köln, reichenspergerplatz 1, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils (datum des urteils, geschäftsnummer und parteien) gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 69die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem oberlandesgericht köln zu begründen. 70die parteien müssen sich vor dem oberlandesgericht köln durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 71mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 72b) gegen die streitwertfestsetzung ist die beschwerde an das landgericht aachen statthaft, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,00 eur übersteigt oder das landgericht die beschwerde zugelassen hat. die beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem landgericht aachen, b-weg, schriftlich in deutscher sprache oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. die beschwerde kann auch zur niederschrift der geschäftsstelle eines jeden amtsgerichtes abgegeben werden. ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann die beschwerde noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 73c als einzelrichterin
Klaeger*in
1
122,840
S 3 KR 479/14
2016-07-07T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 12.05.2014 und des Bescheides vom 25.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.09.2014 verurteilt, der Klägerin weitere Kosten für die Zahnersatzversorgung in Höhe von 1.575,64 Euro zu erstatten. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Kostenerstattung für Zahnersatz. 3Die Klägerin ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. 4Am 17.03.2014 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für Zahnersatz. Sie legte ein Kostenvoranschlag ihres kroatischen Zahnarztes G T vor. Danach war der Zahnersatz der Zähne 31 - 36 und 42 - 47 geplant. Die Behandlungskosten wurden auf 3.743,90 Euro geschätzt. 5Am 18.03.2014 informierte die Beklagte die Klägerin, dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) eingeschaltet werde. Am gleichen Tag erfolgte der Auftrag zur Begutachtung an den MDK. 6In einem Gutachten nach Aktenlage vom 28.04.2014 kam der Zahnarzt Herr E (MDK) zu folgender Einschätzung: Die Zähne 33 - 31 und 42 und 43 zeigten keine Defekte, die eine Überkronung rechtfertigten. Der Zahn 41 könne mit einer Krone versorgt werden. Die Brücken 34 - 36 und 44 - 47 seien erneuerungsbedürftig. 7Mit Bescheid vom 12.05.2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, für den Zahnersatz im Unterkiefer werde ein Betrag in Höhe von 1.983,88 Euro abzüglich eines Verwaltungskostenzuschlags in Höhe von 12 % (mindestens 6,- Euro, maximal 55,- Euro) übernommen. Dieser Bescheid enthielt keine Rechtsmittelbelehrung. 8Die Klägerin überreichte eine Stellungnahme ihres behandelnden Zahnarztes und bat um Überprüfung der vollen Kostenübernahme. 9Herr E (MDK) kam in einem weiteren Aktenlagegutachten vom 30.05.2014 zu der Einschätzung die Zähne 31 - 33 und 41 - 43 bedürften keiner Behandlung mittels Zahnersatz. 10Mit Bescheid vom 25.06.2014 lehnte die Beklagte eine weitergehende Kostenübernahme ab. 11Hiergegen hat die Klägerin Widerspruch eingelegt. 12Am 30.06.2014 hat die Klägerin in Kroatien mit der Behandlung der Zähne begonnen. Nach deren Abschluss wurden der Klägerin am 28.07.2014 Kosten in Höhe von 3.559,52 Euro in Rechnung gestellt. 13Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 29.09.2014 als unbegründet zurück. Sie führt zur Begründung aus, nach den Feststellungen des MDK ergebe sich ein Anspruch auf einen Festzuschuss für die Brückenversorgung der Zähne 34 - 36 und 44 - 47 sowie für die Kronenversorgung des Zahnes 41 in Höhe von 1.983,88 Euro. Dieser Betrag sei noch um den Verwaltungskostenabschlag zu reduzieren. Für die Zahnersatzversorgung an den Zähnen 33 - 31 und 42 und 43 bestehe hingegen keine medizinische Notwendigkeit. 14Am 08.10.0214 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie macht geltend, auch die Zähne 31 - 33 und 41 und 43 seien behandlungsbedürftig gewesen. Darüber hinaus vertritt die Klägerin die Auffassung, ein Verwaltungskostenabschlag sei nicht vorzunehmen. 15Die Klägerin beantragt, 16die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.05.2014 und des Bescheides vom 25.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.09.2014 zu verurteilen, die Kosten für die Zahnersatzversorgung in Höhe von 3.559, 52 Euro abzüglich der bereits geleisteten 1.928,88 Euro zu erstatten. 17Die Beklagte beantragt, 18die Klage abzuweisen. 19Sie bezieht sich zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide. 20Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. Die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten waren Gegenstand der Entscheidung. 22Entscheidungsgründe: 23Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben. 24Die zulässige Klage ist aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 12.05.2014 und 25.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.09.2014 sind insoweit rechtswidrig, als der Klägerin lediglich die Kosten der Zahnersatzversorgung der Zähne 34 - 36, 44 - 47 und 41 zugesagt worden sind. Die Klägerin ist hierdurch gemäß § 54 Abs. 2 SGG in ihren Rechten verletzt. 25Maßgebliche Rechtsgrundlage für den Kostenerstattungsanspruch ist vorliegend § 13 Abs. 3 a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), welcher mit Wirkung vom 26.02.2013 durch Artikel 2 Nr. 1 i.V.m. Artikel 5 des Patientenrechtegesetzes vom 20.02.2013 (Bundesgesetzblatt I, Seite 277 - 282), eingefügt worden ist. Die Sätze 1 - 7 der Norm haben folgenden Wortlaut: "Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachterliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer Dienst) eingeholt wird, innerhalb von 5 Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von 3 Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von 6 Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von 4 Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies dem Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet." 26Es sprechen vorliegend keine überzeugenden Argumente dagegen, die Regelung in § 13 Abs. 3 a SGB V auch auf ambulante Behandlungen im EU-Ausland anzuwenden. Sie wird insbesondere nicht durch die Vorschrift des § 13 Abs. 4 SGB V verdrängt. Ziel der Einführung der Regelung in § 13 Abs. 3 a SGB V war die Beschleunigung des Verwaltungsverfahrens und die Schaffung von Transparenz. Die Gesetzesmaterialien heben hervor, dass den Leistungsberechtigten durch die Unterrichtung Klarheit darüber verschafft werden soll, ob die 3-Wochenfrist oder die 5-Wochenfrist gilt (vgl. Bundestagsdrucksache 17/10488, Seite 32). Es sind für die Kammer keine rechtlichen Besonderheiten zu erkennen, warum dieses gesetzgeberische Ziel nicht auch bei ambulanten Behandlungen im europäischen Ausland umgesetzt werden soll. 27Vorliegend ist der Antrag der Klägerin auf Kostenübernahme für Zahnersatz bei der Beklagten am 17.03.2014 eingegangen. Der Antrag war hinreichend bestimmt, beinhaltete ein Heil- und Kostenplan und einen Kostenvoranschlag des behandelnden Zahnarztes. Der Antrag umfasste u.a. die Zahnersatzversorgung der Zähne 33 - 31 und 42 - 43 und war damit grundsätzlich fiktionsfähig. 28Der Antrag der Klägerin betraf eine Leistung, die sie für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung lag (vgl. §§ 13 Abs. 4, 28 Abs. 2 SGB V). Aufgrund der fachlichen Befürwortung ihres Antrages durch den behandelnden Zahnarzt durfte die Klägerin die Behandlung für geeignet und erforderlich halten. 29Die Beklagte beschied den Antrag der Klägerin nicht innerhalb der gesetzlichen Frist des § 13 Abs. 3 a Satz 1 SGB V. Die Entscheidungsfristen für die Krankenkassen nach § 13 Abs. 3 a Satz 1 SGB V sind nach §§ 26 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 187, 188 und 193 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu bestimmen. Die Frist beginnt, da der sie auslösende "Antragseingang" ein Ereignis im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB darstellt, am folgenden Tage. Nach § 188 Abs. 2 Satz 1 BGB enden die Wochenfristen grundsätzlich mit dem Ablauf des Tages, der nach seiner Benennung dem Tag des Antragseingangs entspricht (vgl. Hauck/Noftz ,SGB V, § 13 Randziffer 50 i). Die Entscheidungsfrist begann damit am 18.03.2014. Ob vorliegend für die Beklagte die 3-Wochenfrist oder die 5-Wochenfrist galt, kann im Ergebnis offenbleiben. Als die Beklagte erstmals den Leistungsantrag mit Bescheid vom 12.05.2014 ablehnte, war sowohl die 3-Wochenfrist als auch die 5-Wochenfrist abgelaufen. Zu einer Verlängerung der Bearbeitungsfristen ist es vorliegend nicht gekommen. Das Bundessozialgericht (BSG) führt in seiner Entscheidung vom 08.03.2016 (B 1 KR 25/15 R) unter Randziffer 20 dazu wie folgt aus: "Die Mitteilung mindestens eines hinreichenden Grundes bewirkt für die von der Krankenkasse prognostizierte, taggenau anzugebende Dauer des Bestehens zumindest eines solchen Grundes, dass die Leistung trotz Ablaufs der Frist noch nicht als genehmigt gilt. Stellt sich nach Mitteilung einer ersten, sachlich gerechtfertigten Frist heraus, dass diese zunächst prognostizierte Frist sich aus hinreichenden Sachgründen als zu kurz erweist, kann die Krankenkasse zur Vermeidung des Eintritts der Genehmigungsfiktion dem Antragsteller die hinreichenden Gründe mit der geänderten taggenauen Prognose erneut - gegebenenfalls wiederholt - mitteilen." 30Diesen Anforderungen entsprechen die Schreiben der Beklagten an die Klägerin aus dem Vorverfahren nicht. Rechtsfolge ist der Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3 a Satz 6 SGB V. 31Durch die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3 a Satz 6 SGB V gilt die Genehmigung der beantragten Leistung durch einen fingierten Verwaltungsakt als erlassen. Die Leistungsberechtigung des Antragstellers ist wirksam verfügt und die Krankenkasse ist mit Einwendungen im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V ausgeschlossen (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 23.02.2016, L 5 KR 351/14, m.w.N.; zitiert nach www.juris.de). Der Sanktionsgrund des § 13 Abs. 3 a Satz 6 SGB V würde leerlaufen, wenn die beklagte Krankenkasse nach Nichtbeachtung der in § 13 Abs. 3 a SGB V genannten Vorgehensweise im weiteren (Klage-) Verfahren mit Erfolg einwenden könnte, die beantrage Leistung hätte im konkreten Fall nicht bewilligt werden dürfen. Zudem hätte bei einer solchen Auslegung ein Versicherter, ungeachtet eines Verstoßes der Krankenkasse gegen die in § 13 Abs. 3 a Satz 5 SGB V normierte Hinweispflicht keine Gewissheit, dass die beantragte Leistung von der Krankenkasse bezahlt oder zu mindestens die Kosten hierfür erstattet werden. Dies kann nicht Sinn und Zweck des Patientenrechtegesetzes gewesen sein, welches gerade darauf abzielt, die Rechte der Patienten zu stärken (vgl. Sozialgericht Heilbronn, Urteil vom 10.03.2015, S 11 KR 2425/14; zitiert nach www.juris.de). 32Nach Eintritt der Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3 a Satz 6 SGB V hat sich die Klägerin die streitige Behandlung selbst verschafft. Die Beklagte ist deshalb nach § 13 Abs. 3 a Satz 7 SGB V zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Frage der Erforderlichkeit der selbstbeschafften Leistung ist dabei nicht mehr zu prüfen. Anderenfalls bedeutete dies eine nicht gewollte Schlechterstellung desjenigen Versicherten, der sich die Leistung bereits beschafft hat, im Vergleich zu demjenigen, der auf eine Sachleistung besteht. Darüber hinaus wurde die Regelung der Genehmigungsfiktion und damit die Verpflichtung der Krankenkasse zu einem schnelleren Verwaltungshandeln ins Leere laufen, wenn nach Ablauf der Frist weiterhin die volle Prüfung der medizinischen Erforderlichkeit einer beantragten Leistung durchzuführen wäre (vgl. Sozialgericht Augsburg, Urteil vom 12.04.2016, S 10 KR 50/15; zitiert nach www.juris.de). 33Ein Anspruch auf Kostenerstattung besteht jedoch nur in Höhe von 3.504,92 Euro abzüglich der bereits von der Beklagten geleisteten 1.928,88 Euro. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Beklagte berechtigt, einen Verwaltungskostenabschlag in Höhe von 55,- Euro vom Rechnungsbetrag des behandelnden Zahnarztes abzuziehen. Rechtsgrundlage hierfür ist § 13 Abs. 4 Satz 4, 5 SGB V i.V.m. § 23 Abs. 3 Satz 2 der Satzung der Beklagten. Danach wird im Rahmen der Kostenerstattung für eine ambulante Behandlung im EU-Ausland ein Abschlag für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfung in Höhe von 12 v. H., mindestens jedoch 6,- Euro und höchstens 55,- Euro, sowie um die gesetzliche Zuzahlungen gekürzt. Diese entspricht dem gesetzgeberischen Willen und ist vor dem Hintergrund, dass die Kostenerstattung immer zusätzliche Verwaltungskosten für die Krankenkasse verursacht gerechtfertigt, zumal der Verwaltungsaufwand im fremdsprachigen Ausland größer ist. Ähnliches gilt für die fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfung, da weder evtl. Honorarkürzungen oder Regressforderungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise gegenüber ausländischen Leistungserbringern Erfolg haben dürften (vgl. Wagner in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 13 SGB V Randziffer 50). Dies gilt auch im Anwendungsbereich des § 13 Abs. 3 a Satz 7 SGB V. Die Versicherten sind hierbei so zu stellen, als hätte die Krankenkasse die Sachleistung rechtzeitig zur Verfügung gestellt. Insoweit orientiert sich die Regelung an der Erstattungsregelung in § 13 Abs. 3 SGB V. Die bei der Gewährung als Sachleistung von Versicherten zu tragenden Zuzahlungen oder Kostenanteile sind dabei vom Kostenerstattungsanspruch abzuziehen. 34Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
die beklagte wird unter abänderung des bescheides vom 12.05.2014 und des bescheides vom 25.06.2014 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 29.09.2014 verurteilt, der klägerin weitere kosten für die zahnersatzversorgung in höhe von 1.575,64 euro zu erstatten. im übrigen wird die klage abgewiesen. die beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen kosten der klägerin. 1
2die beteiligten streiten um die kostenerstattung für zahnersatz. 3die klägerin ist bei der beklagten gegen krankheit versichert. 4am 17.03.2014 beantragte die klägerin bei der beklagten die übernahme der kosten für zahnersatz. sie legte ein kostenvoranschlag ihres kroatischen zahnarztes g t vor. danach war der zahnersatz der zähne 31 - 36 und 42 - 47 geplant. die behandlungskosten wurden auf 3.743,90 euro geschätzt. 5am 18.03.2014 informierte die beklagte die klägerin, dass der medizinische dienst der krankenversicherung (mdk) eingeschaltet werde. am gleichen tag erfolgte der auftrag zur begutachtung an den mdk. 6in einem gutachten nach aktenlage vom 28.04.2014 kam der zahnarzt herr e (mdk) zu folgender einschätzung: die zähne 33 - 31 und 42 und 43 zeigten keine defekte, die eine überkronung rechtfertigten. der zahn 41 könne mit einer krone versorgt werden. die brücken 34 - 36 und 44 - 47 seien erneuerungsbedürftig. 7mit bescheid vom 12.05.2014 teilte die beklagte der klägerin mit, für den zahnersatz im unterkiefer werde ein betrag in höhe von 1.983,88 euro abzüglich eines verwaltungskostenzuschlags in höhe von 12 % (mindestens 6,- euro, maximal 55,- euro) übernommen. dieser bescheid enthielt keine rechtsmittelbelehrung. 8die klägerin überreichte eine stellungnahme ihres behandelnden zahnarztes und bat um überprüfung der vollen kostenübernahme. 9herr e (mdk) kam in einem weiteren aktenlagegutachten vom 30.05.2014 zu der einschätzung die zähne 31 - 33 und 41 - 43 bedürften keiner behandlung mittels zahnersatz. 10mit bescheid vom 25.06.2014 lehnte die beklagte eine weitergehende kostenübernahme ab. 11hiergegen hat die klägerin widerspruch eingelegt. 12am 30.06.2014 hat die klägerin in kroatien mit der behandlung der zähne begonnen. nach deren abschluss wurden der klägerin am 28.07.2014 kosten in höhe von 3.559,52 euro in rechnung gestellt. 13die beklagte wies den widerspruch der klägerin mit widerspruchsbescheid vom 29.09.2014 als unbegründet zurück. sie führt zur begründung aus, nach den feststellungen des mdk ergebe sich ein anspruch auf einen festzuschuss für die brückenversorgung der zähne 34 - 36 und 44 - 47 sowie für die kronenversorgung des zahnes 41 in höhe von 1.983,88 euro. dieser betrag sei noch um den verwaltungskostenabschlag zu reduzieren. für die zahnersatzversorgung an den zähnen 33 - 31 und 42 und 43 bestehe hingegen keine medizinische notwendigkeit. 14am 08.10.0214 hat die klägerin klage erhoben. sie macht geltend, auch die zähne 31 - 33 und 41 und 43 seien behandlungsbedürftig gewesen. darüber hinaus vertritt die klägerin die auffassung, ein verwaltungskostenabschlag sei nicht vorzunehmen. 15die klägerin beantragt, 16die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 12.05.2014 und des bescheides vom 25.06.2014 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 29.09.2014 zu verurteilen, die kosten für die zahnersatzversorgung in höhe von 3.559, 52 euro abzüglich der bereits geleisteten 1.928,88 euro zu erstatten. 17die beklagte beantragt, 18die klage abzuweisen. 19sie bezieht sich zur begründung auf den inhalt der angefochtenen bescheide. 20die beteiligten haben sich mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. 21wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den übrigen inhalt der gerichtsakte verwiesen. die beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten waren gegenstand der entscheidung. 22
23das gericht konnte gemäß § 124 abs. 2 sozialgerichtsgesetz (sgg) durch urteil ohne mündliche verhandlung entscheiden, da sich die beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben. 24die zulässige klage ist aus dem im tenor ersichtlichen umfang begründet. die bescheide der beklagten vom 12.05.2014 und 25.06.2014 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 29.09.2014 sind insoweit rechtswidrig, als der klägerin lediglich die kosten der zahnersatzversorgung der zähne 34 - 36, 44 - 47 und 41 zugesagt worden sind. die klägerin ist hierdurch gemäß § 54 abs. 2 sgg in ihren rechten verletzt. 25maßgebliche rechtsgrundlage für den kostenerstattungsanspruch ist vorliegend § 13 abs. 3 a sozialgesetzbuch fünftes buch (sgb v), welcher mit wirkung vom 26.02.2013 durch artikel 2 nr. 1 i.v.m. artikel 5 des patientenrechtegesetzes vom 20.02.2013 (bundesgesetzblatt i, seite 277 - 282), eingefügt worden ist. die sätze 1 - 7 der norm haben folgenden wortlaut: "die krankenkasse hat über einen antrag auf leistungen zügig, spätestens bis zum ablauf von drei wochen nach antragseingang oder in fällen, in denen eine gutachterliche stellungnahme, insbesondere des medizinischen dienstes der krankenversicherung (medizinischer dienst) eingeholt wird, innerhalb von 5 wochen nach antragseingang zu entscheiden. wenn die krankenkasse eine stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. der medizinische dienst nimmt innerhalb von 3 wochen gutachtlich stellung. wird ein im bundesmantelvertrag für zahnärzte vorgesehenes gutachterverfahren durchgeführt, hat die krankenkasse ab antragseingang innerhalb von 6 wochen zu entscheiden; der gutachter nimmt innerhalb von 4 wochen stellung. kann die krankenkasse fristen nach satz 1 oder satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies dem leistungsberechtigten unter darlegung der gründe rechtzeitig schriftlich mit. erfolgt keine mitteilung eines hinreichenden grundes, gilt die leistung nach ablauf der frist als genehmigt. beschaffen sich leistungsberechtigte nach ablauf der frist eine erforderliche leistung selbst, ist die krankenkasse zur erstattung der hierdurch entstandenen kosten verpflichtet." 26es sprechen vorliegend keine überzeugenden argumente dagegen, die regelung in § 13 abs. 3 a sgb v auch auf ambulante behandlungen im eu-ausland anzuwenden. sie wird insbesondere nicht durch die vorschrift des § 13 abs. 4 sgb v verdrängt. ziel der einführung der regelung in § 13 abs. 3 a sgb v war die beschleunigung des verwaltungsverfahrens und die schaffung von transparenz. die gesetzesmaterialien heben hervor, dass den leistungsberechtigten durch die unterrichtung klarheit darüber verschafft werden soll, ob die 3-wochenfrist oder die 5-wochenfrist gilt (vgl. bundestagsdrucksache 17/10488, seite 32). es sind für die kammer keine rechtlichen besonderheiten zu erkennen, warum dieses gesetzgeberische ziel nicht auch bei ambulanten behandlungen im europäischen ausland umgesetzt werden soll. 27vorliegend ist der antrag der klägerin auf kostenübernahme für zahnersatz bei der beklagten am 17.03.2014 eingegangen. der antrag war hinreichend bestimmt, beinhaltete ein heil- und kostenplan und einen kostenvoranschlag des behandelnden zahnarztes. der antrag umfasste u.a. die zahnersatzversorgung der zähne 33 - 31 und 42 - 43 und war damit grundsätzlich fiktionsfähig. 28der antrag der klägerin betraf eine leistung, die sie für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich außerhalb des leistungskatalogs der gesetzlichen krankenversicherung lag (vgl. §§ 13 abs. 4, 28 abs. 2 sgb v). aufgrund der fachlichen befürwortung ihres antrages durch den behandelnden zahnarzt durfte die klägerin die behandlung für geeignet und erforderlich halten. 29die beklagte beschied den antrag der klägerin nicht innerhalb der gesetzlichen frist des § 13 abs. 3 a satz 1 sgb v. die entscheidungsfristen für die krankenkassen nach § 13 abs. 3 a satz 1 sgb v sind nach §§ 26 abs. 1 und abs. 3 satz 1, 187, 188 und 193 bürgerliches gesetzbuch (bgb) zu bestimmen. die frist beginnt, da der sie auslösende "antragseingang" ein ereignis im sinne des § 187 abs. 1 bgb darstellt, am folgenden tage. nach § 188 abs. 2 satz 1 bgb enden die wochenfristen grundsätzlich mit dem ablauf des tages, der nach seiner benennung dem tag des antragseingangs entspricht (vgl. hauck/noftz ,sgb v, § 13 randziffer 50 i). die entscheidungsfrist begann damit am 18.03.2014. ob vorliegend für die beklagte die 3-wochenfrist oder die 5-wochenfrist galt, kann im ergebnis offenbleiben. als die beklagte erstmals den leistungsantrag mit bescheid vom 12.05.2014 ablehnte, war sowohl die 3-wochenfrist als auch die 5-wochenfrist abgelaufen. zu einer verlängerung der bearbeitungsfristen ist es vorliegend nicht gekommen. das bundessozialgericht (bsg) führt in seiner entscheidung vom 08.03.2016 (b 1 kr 25/15 r) unter randziffer 20 dazu wie folgt aus: "die mitteilung mindestens eines hinreichenden grundes bewirkt für die von der krankenkasse prognostizierte, taggenau anzugebende dauer des bestehens zumindest eines solchen grundes, dass die leistung trotz ablaufs der frist noch nicht als genehmigt gilt. stellt sich nach mitteilung einer ersten, sachlich gerechtfertigten frist heraus, dass diese zunächst prognostizierte frist sich aus hinreichenden sachgründen als zu kurz erweist, kann die krankenkasse zur vermeidung des eintritts der genehmigungsfiktion dem antragsteller die hinreichenden gründe mit der geänderten taggenauen prognose erneut - gegebenenfalls wiederholt - mitteilen." 30diesen anforderungen entsprechen die schreiben der beklagten an die klägerin aus dem vorverfahren nicht. rechtsfolge ist der eintritt der genehmigungsfiktion nach § 13 abs. 3 a satz 6 sgb v. 31durch die genehmigungsfiktion des § 13 abs. 3 a satz 6 sgb v gilt die genehmigung der beantragten leistung durch einen fingierten verwaltungsakt als erlassen. die leistungsberechtigung des antragstellers ist wirksam verfügt und die krankenkasse ist mit einwendungen im hinblick auf das wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 sgb v ausgeschlossen (vgl. bayerisches landessozialgericht, urteil vom 23.02.2016, l 5 kr 351/14, m.w.n.; zitiert nach www.juris.de). der sanktionsgrund des § 13 abs. 3 a satz 6 sgb v würde leerlaufen, wenn die beklagte krankenkasse nach nichtbeachtung der in § 13 abs. 3 a sgb v genannten vorgehensweise im weiteren (klage-) verfahren mit erfolg einwenden könnte, die beantrage leistung hätte im konkreten fall nicht bewilligt werden dürfen. zudem hätte bei einer solchen auslegung ein versicherter, ungeachtet eines verstoßes der krankenkasse gegen die in § 13 abs. 3 a satz 5 sgb v normierte hinweispflicht keine gewissheit, dass die beantragte leistung von der krankenkasse bezahlt oder zu mindestens die kosten hierfür erstattet werden. dies kann nicht sinn und zweck des patientenrechtegesetzes gewesen sein, welches gerade darauf abzielt, die rechte der patienten zu stärken (vgl. sozialgericht heilbronn, urteil vom 10.03.2015, s 11 kr 2425/14; zitiert nach www.juris.de). 32nach eintritt der genehmigungsfiktion des § 13 abs. 3 a satz 6 sgb v hat sich die klägerin die streitige behandlung selbst verschafft. die beklagte ist deshalb nach § 13 abs. 3 a satz 7 sgb v zur erstattung der hierdurch entstandenen kosten verpflichtet. die frage der erforderlichkeit der selbstbeschafften leistung ist dabei nicht mehr zu prüfen. anderenfalls bedeutete dies eine nicht gewollte schlechterstellung desjenigen versicherten, der sich die leistung bereits beschafft hat, im vergleich zu demjenigen, der auf eine sachleistung besteht. darüber hinaus wurde die regelung der genehmigungsfiktion und damit die verpflichtung der krankenkasse zu einem schnelleren verwaltungshandeln ins leere laufen, wenn nach ablauf der frist weiterhin die volle prüfung der medizinischen erforderlichkeit einer beantragten leistung durchzuführen wäre (vgl. sozialgericht augsburg, urteil vom 12.04.2016, s 10 kr 50/15; zitiert nach www.juris.de). 33ein anspruch auf kostenerstattung besteht jedoch nur in höhe von 3.504,92 euro abzüglich der bereits von der beklagten geleisteten 1.928,88 euro. entgegen der auffassung der klägerin ist die beklagte berechtigt, einen verwaltungskostenabschlag in höhe von 55,- euro vom rechnungsbetrag des behandelnden zahnarztes abzuziehen. rechtsgrundlage hierfür ist § 13 abs. 4 satz 4, 5 sgb v i.v.m. § 23 abs. 3 satz 2 der satzung der beklagten. danach wird im rahmen der kostenerstattung für eine ambulante behandlung im eu-ausland ein abschlag für verwaltungskosten und fehlende wirtschaftlichkeitsprüfung in höhe von 12 v. h., mindestens jedoch 6,- euro und höchstens 55,- euro, sowie um die gesetzliche zuzahlungen gekürzt. diese entspricht dem gesetzgeberischen willen und ist vor dem hintergrund, dass die kostenerstattung immer zusätzliche verwaltungskosten für die krankenkasse verursacht gerechtfertigt, zumal der verwaltungsaufwand im fremdsprachigen ausland größer ist. ähnliches gilt für die fehlende wirtschaftlichkeitsprüfung, da weder evtl. honorarkürzungen oder regressforderungen wegen unwirtschaftlicher behandlungsweise gegenüber ausländischen leistungserbringern erfolg haben dürften (vgl. wagner in: krauskopf, soziale krankenversicherung/pflegeversicherung, § 13 sgb v randziffer 50). dies gilt auch im anwendungsbereich des § 13 abs. 3 a satz 7 sgb v. die versicherten sind hierbei so zu stellen, als hätte die krankenkasse die sachleistung rechtzeitig zur verfügung gestellt. insoweit orientiert sich die regelung an der erstattungsregelung in § 13 abs. 3 sgb v. die bei der gewährung als sachleistung von versicherten zu tragenden zuzahlungen oder kostenanteile sind dabei vom kostenerstattungsanspruch abzuziehen. 34die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg.
Klaeger*in
1
184,896
022 O 70/13
2014-01-24T00:00:00
Urteil
Tenor Der Beklagten wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, untersagt, in gewerbsmäßigen Verkaufsanzeigen für den Verkauf von Kraftfahrzeugen zu werben, ohne auf den gewerblichen Charakter des Verkaufsangebots eindeutig hinzuweisen sowie im Internet derartige Verkaufsanzeigen zu schalten, ohne einen ggf. vorhandenen ausschließlich für Händler reservierten Verkaufsbereich zu verwenden. Das Verhalten der Beklagten wird als vorsätzlich unerlaubte Handlung festgestellt. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 494,60 € für außergerichtliche Anwaltskosten zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, deren Mitglieder Kraftfahrzeugbetriebe sind, bei denen neben der Kraftfahrzeuginstandsetzung der Handel mit Kraftfahrzeugen einen Großteil der Tätigkeit einnimmt. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung wettbewerbswidrigen Verhaltens in Anspruch, namentlich das Inserieren von Kraftfahrzeugen im sog. Privatkundenbereich des Internetverkaufsportals www.autoscout24.de. 3Das vorgenannte Verkaufsportal, auf dem Verkäufer die Möglichkeit haben, ihre Fahrzeuge bundesweit zu präsentieren, ist in einen Bereich für Privatverkäufe und einen für gewerbliche Verkäufe aufgeteilt. Für Privatverkäufer ist die die Nutzung des Verkaufsportals kostenfrei. Für gewerbliche Verkäufer ist die Nutzung kosten- und hinweispflichtig. Verkäufer müssen bei ihrer ersten Anmeldung angeben, ob sie ihre Fahrzeuge gewerblich oder privat anbieten. Im Fall des gewerblichen Verkaufs sind Pflichtfelder mit genauen Angaben zur Firma sowie deren Anschrift auszufüllen. Diese Händlerpflichtangaben erscheinen nachfolgend automatisch in jeder gewerblichen Verkaufsanzeige und geben dem Endverbraucher als Kaufinteressenten Auskunft über die Eigenschaft des Verkäufers als Gewerbetreibenden und dessen Identität. Kaufinteressenten haben bei der Nutzung von www.autoscout24.de die Möglichkeit, ihre Fahrzeugsuche auf Händlerangebote, auf Händler- und Privatangebote oder nur auf Privatangebote zu beschränken. 4Die Beklagte meldete zum 01.10.2012 bei der Stadt H einen Gewerbebetrieb für Gebrauchtwagenhandel an. Im Zeitraum vom 03.10.2012 bis zum 03.12.2012 inserierte sie 16 unterschiedliche Fahrzeuge mit einer Gesamtumsatzerwartung von 32.100 € im Bereich für Privatverkäufer der Verkaufsplattform www.autoscout24.de, ohne dass die Angebote als Angebote eines Gewerbetreibenden gekennzeichnet oder ausschließlich in dem Händlerbereich von www.autoscout24.de abrufbar gewesen wären. 5Am 03.04.2013 erhielt die Klägerin eine Mobilfunkanbieterauskunft, aus der sich ergab, dass die Beklagte Inhaberin des in den Inseraten mitgeteilten Mobilfunkanschlusses ist. Nachdem die Deutsche Post am 22.04.2013 die Aktualität der vom Mobilfunkanbieter mitgeteilten Anschrift bestätigt hatte, forderte die Klägerin die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 24.04.2013 unter Fristsetzung zum 04.05.2013 erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Wegen der Einzelheiten des anwaltlichen Schreibens wird auf die Anlage K2 (Bl. 31 ff. der Akten) Bezug genommen. 6Die Klägerin, die behauptet, Fahrzeugangebote der Beklagten mit in Wahrheit gewerblichem Charakter seien noch bis mindestens Mitte Februar 2013 im Bereich für Privatverkäufe geschaltet gewesen, hält die Verkaufsanzeigen für wettbewerbswidrig, weil über den gewerblichen Charakter der Angebote getäuscht werde. Sie ist der Auffassung, es liege eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung vor, da sich die Beklagte bewusst für den kostenfreien und gegen den kostenpflichtigen Bereich der Inserierungen entschieden habe, um die daraus resultierenden Vorteile für sich in Anspruch zu nehmen. 7Entsprechend der Ankündigung in der Klageschrift vom 28.05.2013, die am selben Tag per Telefax und am 03.06.2013 im Original bei Gericht eingegangen und der Beklagten am 05.06.2013 zugestellt worden ist, beantragt die Klägerin, 81) 9der Beklagten bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu untersagen, in gewerbsmäßigen Verkaufsanzeigen für den Verkauf von Kraftfahrzeugen zu werben, ohne auf den gewerblichen Charakter des Verkaufsangebots eindeutig hinzuweisen sowie im Internet derartige Verkaufsanzeigen zu schalten, ohne einen ggf. vorhandenen ausschließlich für Händler reservierten Verkaufsbereich zu verwenden; 102) 11das Verhalten der Beklagten als vorsätzlich unerlaubte Handlung festzustellen; 123) 13die Beklagte zu verurteilen, an sie 494,60 € für außergerichtliche Anwaltskosten zu zahlen. 14Die Beklagte beantragt, 15 die Klage abzuweisen. 16Die Beklagte behauptet, mit Beginn des Monats Dezember 2012 seien alle ihre Offerten mit vollständiger Anbieterkennung im gewerblichen Teil der Internetverkaufsplattform www.autoscout24.de eingestellt worden. Sie ist der Auffassung, die von der Klägerin am 24.04.2013 ausgesprochene Abmahnung sei unbegründet gewesen, weil zu diesem Zeitpunkt ein Wettbewerbsverstoß nicht vorgelegen habe. Insbesondere fehle es im Hinblick darauf, dass sie ihr Verhalten vor Ausspruch der Abmahnung geändert habe, an einer Wiederholungsgefahr. Unterstelle man gleichwohl ein wettbewerbswidriges Verhalten, fehle es jedenfalls an einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung. Zudem hält die Beklagte einen etwaigen Unterlassungsanspruch für verjährt, weshalb sie die Einrede der Verjährung erhebt. Sie vertritt ferner die Auffassung, ein Ersatzanspruch hinsichtlich der geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren stehe der Klägerin als Kfz-Innung nicht zu, weil die Beauftragung eines Rechtsanwaltes zur Abmahnung eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht nicht erforderlich gewesen sei. 17Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, auf die zu den Akten gereichten Unterlagen und auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. 18Entscheidungsgründe: 19Die Klage ist begründet. 201. 21Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch unter anderem aus §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 2 und Abs. 3 UWG i.V.m. Nr. 23 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG zu. 22a) 23Die Klägerin ist als Kfz-Innung Inhaberin des sich aus § 8 Abs. 1 UWG ergebenden Unterlassungsanspruchs. Denn Kfz-Innungen sind als Körperschaften öffentlichen Rechts und als Interessenvertreter ihrer Mitgliedsbetriebe im Verfahren zur Abwehr wettbewerbswidriger Handlungen aktivlegitimiert (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl. 2011, § 8 Rn. 3.33). 24b) 25Die Inserate der Beklagten verstießen unter anderem gegen § 3 Abs. 2 und Abs. 3 UWG. Nach Nr. 23 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG ist eine stets unzulässige geschäftliche Handlung, die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, der Unternehmer sei Verbraucher oder nicht für Zwecke seines Geschäfts, Handels, Gewerbes oder Berufs tätig. 26Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Denn die Beklagte hat unstreitig nicht kenntlich gemacht, dass hinter ihren im Zeitraum vom 03.10.2012 bis zum 03.12.2013 geschalteten Offerten das Angebot eines professionellen Fahrzeughändlers steht und den unzutreffenden Eindruck vermittelt, ein Verbraucher wolle das beworbene Fahrzeug veräußern. 27c) 28Für den von der Klägerin geltend gemachten Verletzungsunterlassungsanspruch kann entgegen dem Vorbringen der Beklagten eine Wiederholungsgefahr nicht verneint werden. 29Ist es – wie im vorliegenden Fall – zu einem Wettbewerbsverstoß gekommen, streitet eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr (st. Rspr.; BGH GRUR 1997, 379, 380). An den Fortfall der Wiederholungsgefahr sind strenge Anforderungen zu stellen (Bornkamm in Köhler/Bornkamm, aaO., § 8 Rn. 1.33 mit Rechtsprechungsnachweisen). Die Wiederholungsgefahr zu widerlegen obliegt dem Verletzer (BGH GRUR 1993, 579, 581). Dies gelingt im Allgemeinen nur dadurch, dass der Verletzer eine bedingungslose und unwiderrufliche Unterlassungsverpflichtungserklärung unter Übernahme einer angemessenen Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung abgibt (BGH GRUR 1984, 214, 216; BGH GRUR 1984, 593, 595; BGH GRUR 1985, 155, 156). 30Die gegen sie sprechende tatsächliche Vermutung der Wiederholungsgefahr hat die Beklagte nicht zu widerlegen vermocht. Dies gilt auch dann, wenn man mit ihrem Tatsachenvortrag davon ausgeht, dass sie ihre Offerten mit Beginn des Monats Dezember 2012 und somit vor Zugang der Abmahnung im gewerblichen Teil der Internetverkaufsplattform www.autoscout24.de eingestellt hat. Denn die fehlende Fortsetzung von Verletzungshandlungen rechtfertigt für sich gesehen nicht die Annahme, dass solche Verletzungshandlungen auch für die Zukunft nicht zu besorgen sind. So ist zum Beispiel denkbar, dass die Beklagte deshalb von Inseraten im Bereich der Privatverkäufe Abstand genommen hat, weil sie in sonstiger Weise von der konkreten Gefahr Kenntnis erlangt hat, dass Mitbewerber oder Verbände entsprechende Wettbewerbsverstöße ahnden. Denkbar ist auch, dass die Beklagte auf die Kostenersparnis aus der wettbewerbswidrigen Nutzung des Bereiches für Privatverkäufe wegen gestiegener Umsätze und Gewinne nicht mehr angewiesen war. Wenn aber für die fehlende Fortsetzung von Verletzungshandlungen eine der beiden vorgenannten Gründe ursächlich gewesen sein kann, ist ohne Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu besorgen, dass die Beklagte zu ihrem wettbewerbswidrigen Verhalten zurückkehrt, wenn sie zum Beispiel derartige Verstöße als nicht mehr riskant ansieht oder wenn sie im Falle einer prekären Finanzlage meint, nicht mehr auf die sich aus der Wettbewerbsverletzung ergebende Kostenersparnis verzichten zu können. Bei dieser Sachlage zeigt die Beklagte, die weiterhin unter anderem im Internet mit Gebrauchtwagen Handel treibt, mit der Verweigerung der Unterwerfung, dass nach wie vor Wiederholungsgefahr besteht. 31d) 32Der Unterlassungsanspruch ist auch nicht verjährt. 33Gemäß § 11 Abs. 1 und Abs. 2 UWG verjähren Unterlassungsansprüche nach § 8 Abs. 1 UWG in sechs Monaten, nachdem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis erlangen musste. Im Streitfall hat die Klägerin aufgrund der Auskunft des Mobilfunkanbieters und der Deutschen Post unstreitig Kenntnis von Namen und Anschrift der Beklagten erst im April 2013 erlangt. Daher kann, wenn man auf positive Kenntnis abstellt, zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch keine Verjährung eingetreten sein. 34Verjährung ist aber auch nicht aufgrund grob fahrlässiger Unkenntnis eingetreten. Grobe Fahrlässigkeit ist anzunehmen, wenn die Unkenntnis auf einer besonders schweren Verletzung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt beruht. Das ist anzunehmen, wenn der Gläubiger die Augen vor einer sich geradezu aufdrängenden Kenntnis verschließt, wenn er eine auf der Hand liegende Erkenntnismöglichkeit nicht nutzt oder wenn er sich die erforderliche Kenntnis ohne nennenswerte Kosten und Mühen in zumutbarer Weise beschaffen kann. Grobe Fahrlässigkeit liegt daher dann vor, wenn der Gläubiger bei dem Verdacht eines Verstoßes die üblichen Erkenntnisse und Informationsquellen nicht nutzt (Köhler in in Köhler/Bornkamm, aaO., § 11 Rn. 1.28). 35Gemessen an diesen Maßstäben kann das Vorliegen grober Fahrlässigkeit zu einem Zeitpunkt, der sechs Monate vor Eingang der am 28.05.2013 bei Gericht eingegangenen und „alsbald“ im Sinne des § 167 ZPO zugestellten Klageschrift liegt, nicht festgestellt werden. Die Klägerin hat nachvollziehbar vorgetragen, dass erst bei Vorliegen einer bestimmten Anzahl von Verkaufsangeboten von einem gewerbsmäßigen Handeln ausgegangen werden kann und dass die Anzahl der im Zeitraum vom 03.10.2012 bis zum 03.12.2012 zum Verkauf angebotenen Fahrzeuge geeignet gewesen ist, den Verdacht eines Wettbewerbsverstoßes zu begründen. Des Weiteren hat die Klägerin dargelegt, dass sie bei Vorliegen des Verdachts eines Wettbewerbsverstoßes zunächst die öffentlich zugänglichen Datenbanken abfragt und für den Fall, dass sich hieraus keine Erkenntnisse ergeben, der für die jeweilige Telefonnummer zuständige Telefonanbieter ermittelt und zur Auskunftserteilung nach § 13 Abs. 1 UKlaG aufgefordert wird. 36Abgesehen davon, dass die Beklagte nicht vorträgt, welche ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen die Klägerin nicht genutzt haben soll, kann mit Blick darauf, dass für sie erst Anfang Dezember 2012 Anlass bestand, den Störer zu ermitteln, ein Verjährungseintritt selbst dann nicht angenommen werden, wenn die nach diesem Zeitpunkt bestehende Unkenntnis der Klägerin von der Person der Beklagten auf grober Fahrlässigkeit beruht haben sollte. 372. 38Der Antrag auf Feststellung, dass es sich bei dem vorgenannten Verhalten der Beklagten um vorsätzlich begangene unerlaubte Handlungen handelt, hat ebenfalls Erfolg. 39a) 40Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrages erforderliche Feststellungsinteresse folgt aus der sich aus § 850 f Abs. 2 ZPO ergebenden Vollstreckungsprivilegierung und daraus, dass die Forderung auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten und der prozessuale Kostenerstattungsanspruch gemäß § 302 Nr. 1 InsO von der Erteilung der Restschuldbefreiung nach einer etwaigen Verbraucherinsolvenz nicht berührt werden. 41b) 42Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Das wettbewerbswidrige Verhalten der Beklagten – wie oben dargestellt – stellt zugleich einen Verstoß gegen ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar. Das UWG dient nämlich neben dem Schutz des Interesses der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb auch dem Schutz von Individualinteressen der anderen Marktteilnehmer. Gegen die oben genannten Vorschriften des UWG hat die Beklagte vorsätzlich verstoßen, indem sie sich bei ihrer Auswahl bewusst gegen den kostenpflichtigen Händlerbereich und für den kostenlosen Privatbereich der Internetverkaufsplattform www.autoscout24.de entschieden hat. Der Verweis der Beklagten darauf, dass sie in ihren Inseraten „wie ein gewerblicher Händler“ alle technischen Daten der Fahrzeuge angegeben und keinen – bei Privatverkäufen üblichen – Gewährleistungsausschluss aufgenommen habe, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Sie handelte nämlich jedenfalls in dem Bewusstsein des Wettbewerbsvorteils, dass die gewählten Inserate kostenfrei waren. 433. 44Auch der Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 494,60 €, der unter Zugrundelegung der halben 1,3 Regel-Geschäftsgebühr nach einem Streitwert von 15.000 € (zuzüglich der angefallenen Auskunftsgebühren; zur Berechnung im Einzelnen, vgl. Bl. 13 der Akten) berechnet worden ist, ist berechtigt. Er ergibt sich aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG, wonach Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden kann, soweit die Abmahnung berechtigt ist. 45Wenn die Beklagte die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Anwaltskosten mit der Begründung in Abrede stellt, die Klägerin als Kfz-Innung habe den Verstoß selbst erkennen und ahnden können, kann dem nicht gefolgt werden. Eine Innung ist einem Verband zur Förderung gewerblicher Interessen oder einem Fachverband nicht gleichzusetzen. Auch wenn sie es – wie die Klägerin – in ihre Satzung als zusätzliche Aufgabe aufgenommen hat, Wettbewerbsverstöße zu verfolgen, verfügt die Innung in der Regel nicht über die erforderliche eigene Sachkunde für die für das Erkennen und Abmahnen von Wettbewerbsverstößen maßgeblichen Kriterien wie Branchenübung und Verkehrsauffassung (vgl. OLG München, GRUR 1992, 327). Folglich durfte die Klägerin anwaltliche Hilfe für erforderlich halten. 46Darüber hinaus ist die Kammer der Auffassung, dass der vorliegende Wettbewerbsverstoß nicht nur einen durchschnittlich schwer zu verfolgenden Wettbewerbsverstoß betroffen hat. Denn die Einordnung des Verhaltens der Beklagten als Wettbewerbsverstoß ergibt sich nicht schon aus einem Inserat, sondern erst aus der Gesamtschau einer bestimmten Anzahl von Inseraten innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Dies erfordert bereits rechtliche Bewertungen und Kenntnisse, die über das für einen durchschnittlichen Wettbewerbsverstoß Erforderliche hinausgehen. 474. 48Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO. 49Streitwert: 15.000 € 50Unterschrift
der beklagten wird bei meidung eines für jeden fall der zuwiderhandlung fälligen ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise ordnungshaft bis zu sechs monaten, untersagt, in gewerbsmäßigen verkaufsanzeigen für den verkauf von kraftfahrzeugen zu werben, ohne auf den gewerblichen charakter des verkaufsangebots eindeutig hinzuweisen sowie im internet derartige verkaufsanzeigen zu schalten, ohne einen ggf. vorhandenen ausschließlich für händler reservierten verkaufsbereich zu verwenden. das verhalten der beklagten wird als vorsätzlich unerlaubte handlung festgestellt. die beklagte wird verurteilt, an die klägerin 494,60 € für außergerichtliche anwaltskosten zu zahlen. die beklagte trägt die kosten des rechtsstreits. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. die beklagte kann die vollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die klägerin ist eine körperschaft des öffentlichen rechts, deren mitglieder kraftfahrzeugbetriebe sind, bei denen neben der kraftfahrzeuginstandsetzung der handel mit kraftfahrzeugen einen großteil der tätigkeit einnimmt. sie nimmt die beklagte auf unterlassung wettbewerbswidrigen verhaltens in anspruch, namentlich das inserieren von kraftfahrzeugen im sog. privatkundenbereich des internetverkaufsportals www.autoscout24.de. 3das vorgenannte verkaufsportal, auf dem verkäufer die möglichkeit haben, ihre fahrzeuge bundesweit zu präsentieren, ist in einen bereich für privatverkäufe und einen für gewerbliche verkäufe aufgeteilt. für privatverkäufer ist die die nutzung des verkaufsportals kostenfrei. für gewerbliche verkäufer ist die nutzung kosten- und hinweispflichtig. verkäufer müssen bei ihrer ersten anmeldung angeben, ob sie ihre fahrzeuge gewerblich oder privat anbieten. im fall des gewerblichen verkaufs sind pflichtfelder mit genauen angaben zur firma sowie deren anschrift auszufüllen. diese händlerpflichtangaben erscheinen nachfolgend automatisch in jeder gewerblichen verkaufsanzeige und geben dem endverbraucher als kaufinteressenten auskunft über die eigenschaft des verkäufers als gewerbetreibenden und dessen identität. kaufinteressenten haben bei der nutzung von www.autoscout24.de die möglichkeit, ihre fahrzeugsuche auf händlerangebote, auf händler- und privatangebote oder nur auf privatangebote zu beschränken. 4die beklagte meldete zum 01.10.2012 bei der stadt h einen gewerbebetrieb für gebrauchtwagenhandel an. im zeitraum vom 03.10.2012 bis zum 03.12.2012 inserierte sie 16 unterschiedliche fahrzeuge mit einer gesamtumsatzerwartung von 32.100 € im bereich für privatverkäufer der verkaufsplattform www.autoscout24.de, ohne dass die angebote als angebote eines gewerbetreibenden gekennzeichnet oder ausschließlich in dem händlerbereich von www.autoscout24.de abrufbar gewesen wären. 5am 03.04.2013 erhielt die klägerin eine mobilfunkanbieterauskunft, aus der sich ergab, dass die beklagte inhaberin des in den inseraten mitgeteilten mobilfunkanschlusses ist. nachdem die deutsche post am 22.04.2013 die aktualität der vom mobilfunkanbieter mitgeteilten anschrift bestätigt hatte, forderte die klägerin die beklagte mit anwaltlichem schreiben vom 24.04.2013 unter fristsetzung zum 04.05.2013 erfolglos zur abgabe einer strafbewehrten unterlassungserklärung auf. wegen der einzelheiten des anwaltlichen schreibens wird auf die anlage k2 (bl. 31 ff. der akten) bezug genommen. 6die klägerin, die behauptet, fahrzeugangebote der beklagten mit in wahrheit gewerblichem charakter seien noch bis mindestens mitte februar 2013 im bereich für privatverkäufe geschaltet gewesen, hält die verkaufsanzeigen für wettbewerbswidrig, weil über den gewerblichen charakter der angebote getäuscht werde. sie ist der auffassung, es liege eine vorsätzlich begangene unerlaubte handlung vor, da sich die beklagte bewusst für den kostenfreien und gegen den kostenpflichtigen bereich der inserierungen entschieden habe, um die daraus resultierenden vorteile für sich in anspruch zu nehmen. 7entsprechend der ankündigung in der klageschrift vom 28.05.2013, die am selben tag per telefax und am 03.06.2013 im original bei gericht eingegangen und der beklagten am 05.06.2013 zugestellt worden ist, beantragt die klägerin, 81) 9der beklagten bei meidung eines für jeden fall der zuwiderhandlung fälligen ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise ordnungshaft bis zu sechs monaten, zu untersagen, in gewerbsmäßigen verkaufsanzeigen für den verkauf von kraftfahrzeugen zu werben, ohne auf den gewerblichen charakter des verkaufsangebots eindeutig hinzuweisen sowie im internet derartige verkaufsanzeigen zu schalten, ohne einen ggf. vorhandenen ausschließlich für händler reservierten verkaufsbereich zu verwenden; 102) 11das verhalten der beklagten als vorsätzlich unerlaubte handlung festzustellen; 123) 13die beklagte zu verurteilen, an sie 494,60 € für außergerichtliche anwaltskosten zu zahlen. 14die beklagte beantragt, 15 die klage abzuweisen. 16die beklagte behauptet, mit beginn des monats dezember 2012 seien alle ihre offerten mit vollständiger anbieterkennung im gewerblichen teil der internetverkaufsplattform www.autoscout24.de eingestellt worden. sie ist der auffassung, die von der klägerin am 24.04.2013 ausgesprochene abmahnung sei unbegründet gewesen, weil zu diesem zeitpunkt ein wettbewerbsverstoß nicht vorgelegen habe. insbesondere fehle es im hinblick darauf, dass sie ihr verhalten vor ausspruch der abmahnung geändert habe, an einer wiederholungsgefahr. unterstelle man gleichwohl ein wettbewerbswidriges verhalten, fehle es jedenfalls an einer vorsätzlich begangenen unerlaubten handlung. zudem hält die beklagte einen etwaigen unterlassungsanspruch für verjährt, weshalb sie die einrede der verjährung erhebt. sie vertritt ferner die auffassung, ein ersatzanspruch hinsichtlich der geltend gemachten außergerichtlichen rechtsanwaltsgebühren stehe der klägerin als kfz-innung nicht zu, weil die beauftragung eines rechtsanwaltes zur abmahnung eines verstoßes gegen das wettbewerbsrecht nicht erforderlich gewesen sei. 17wegen des weiteren sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gewechselten schriftsätze, auf die zu den akten gereichten unterlagen und auf das sitzungsprotokoll bezug genommen. 18
19die klage ist begründet. 201. 21der klägerin steht der geltend gemachte unterlassungsanspruch unter anderem aus §§ 8 abs. 1, 3 abs. 2 und abs. 3 uwg i.v.m. nr. 23 des anhangs zu § 3 abs. 3 uwg zu. 22a) 23die klägerin ist als kfz-innung inhaberin des sich aus § 8 abs. 1 uwg ergebenden unterlassungsanspruchs. denn kfz-innungen sind als körperschaften öffentlichen rechts und als interessenvertreter ihrer mitgliedsbetriebe im verfahren zur abwehr wettbewerbswidriger handlungen aktivlegitimiert (vgl. köhler in köhler/bornkamm, uwg, 29. aufl. 2011, § 8 rn. 3.33). 24b) 25die inserate der beklagten verstießen unter anderem gegen § 3 abs. 2 und abs. 3 uwg. nach nr. 23 des anhangs zu § 3 abs. 3 uwg ist eine stets unzulässige geschäftliche handlung, die unwahre angabe oder das erwecken des unzutreffenden eindrucks, der unternehmer sei verbraucher oder nicht für zwecke seines geschäfts, handels, gewerbes oder berufs tätig. 26diese voraussetzungen sind hier erfüllt. denn die beklagte hat unstreitig nicht kenntlich gemacht, dass hinter ihren im zeitraum vom 03.10.2012 bis zum 03.12.2013 geschalteten offerten das angebot eines professionellen fahrzeughändlers steht und den unzutreffenden eindruck vermittelt, ein verbraucher wolle das beworbene fahrzeug veräußern. 27c) 28für den von der klägerin geltend gemachten verletzungsunterlassungsanspruch kann entgegen dem vorbringen der beklagten eine wiederholungsgefahr nicht verneint werden. 29ist es – wie im vorliegenden fall – zu einem wettbewerbsverstoß gekommen, streitet eine tatsächliche vermutung für die wiederholungsgefahr (st. rspr.; bgh grur 1997, 379, 380). an den fortfall der wiederholungsgefahr sind strenge anforderungen zu stellen (bornkamm in köhler/bornkamm, aao., § 8 rn. 1.33 mit rechtsprechungsnachweisen). die wiederholungsgefahr zu widerlegen obliegt dem verletzer (bgh grur 1993, 579, 581). dies gelingt im allgemeinen nur dadurch, dass der verletzer eine bedingungslose und unwiderrufliche unterlassungsverpflichtungserklärung unter übernahme einer angemessenen vertragsstrafe für jeden fall der zuwiderhandlung abgibt (bgh grur 1984, 214, 216; bgh grur 1984, 593, 595; bgh grur 1985, 155, 156). 30die gegen sie sprechende tatsächliche vermutung der wiederholungsgefahr hat die beklagte nicht zu widerlegen vermocht. dies gilt auch dann, wenn man mit ihrem tatsachenvortrag davon ausgeht, dass sie ihre offerten mit beginn des monats dezember 2012 und somit vor zugang der abmahnung im gewerblichen teil der internetverkaufsplattform www.autoscout24.de eingestellt hat. denn die fehlende fortsetzung von verletzungshandlungen rechtfertigt für sich gesehen nicht die annahme, dass solche verletzungshandlungen auch für die zukunft nicht zu besorgen sind. so ist zum beispiel denkbar, dass die beklagte deshalb von inseraten im bereich der privatverkäufe abstand genommen hat, weil sie in sonstiger weise von der konkreten gefahr kenntnis erlangt hat, dass mitbewerber oder verbände entsprechende wettbewerbsverstöße ahnden. denkbar ist auch, dass die beklagte auf die kostenersparnis aus der wettbewerbswidrigen nutzung des bereiches für privatverkäufe wegen gestiegener umsätze und gewinne nicht mehr angewiesen war. wenn aber für die fehlende fortsetzung von verletzungshandlungen eine der beiden vorgenannten gründe ursächlich gewesen sein kann, ist ohne abgabe einer strafbewehrten unterlassungserklärung zu besorgen, dass die beklagte zu ihrem wettbewerbswidrigen verhalten zurückkehrt, wenn sie zum beispiel derartige verstöße als nicht mehr riskant ansieht oder wenn sie im falle einer prekären finanzlage meint, nicht mehr auf die sich aus der wettbewerbsverletzung ergebende kostenersparnis verzichten zu können. bei dieser sachlage zeigt die beklagte, die weiterhin unter anderem im internet mit gebrauchtwagen handel treibt, mit der verweigerung der unterwerfung, dass nach wie vor wiederholungsgefahr besteht. 31d) 32der unterlassungsanspruch ist auch nicht verjährt. 33gemäß § 11 abs. 1 und abs. 2 uwg verjähren unterlassungsansprüche nach § 8 abs. 1 uwg in sechs monaten, nachdem der anspruch entstanden ist und der gläubiger von den den anspruch begründenden umständen und der person des schuldners kenntnis erlangt oder ohne grobe fahrlässigkeit kenntnis erlangen musste. im streitfall hat die klägerin aufgrund der auskunft des mobilfunkanbieters und der deutschen post unstreitig kenntnis von namen und anschrift der beklagten erst im april 2013 erlangt. daher kann, wenn man auf positive kenntnis abstellt, zum zeitpunkt der klageerhebung noch keine verjährung eingetreten sein. 34verjährung ist aber auch nicht aufgrund grob fahrlässiger unkenntnis eingetreten. grobe fahrlässigkeit ist anzunehmen, wenn die unkenntnis auf einer besonders schweren verletzung der im verkehr erforderlichen sorgfalt beruht. das ist anzunehmen, wenn der gläubiger die augen vor einer sich geradezu aufdrängenden kenntnis verschließt, wenn er eine auf der hand liegende erkenntnismöglichkeit nicht nutzt oder wenn er sich die erforderliche kenntnis ohne nennenswerte kosten und mühen in zumutbarer weise beschaffen kann. grobe fahrlässigkeit liegt daher dann vor, wenn der gläubiger bei dem verdacht eines verstoßes die üblichen erkenntnisse und informationsquellen nicht nutzt (köhler in in köhler/bornkamm, aao., § 11 rn. 1.28). 35gemessen an diesen maßstäben kann das vorliegen grober fahrlässigkeit zu einem zeitpunkt, der sechs monate vor eingang der am 28.05.2013 bei gericht eingegangenen und „alsbald“ im sinne des § 167 zpo zugestellten klageschrift liegt, nicht festgestellt werden. die klägerin hat nachvollziehbar vorgetragen, dass erst bei vorliegen einer bestimmten anzahl von verkaufsangeboten von einem gewerbsmäßigen handeln ausgegangen werden kann und dass die anzahl der im zeitraum vom 03.10.2012 bis zum 03.12.2012 zum verkauf angebotenen fahrzeuge geeignet gewesen ist, den verdacht eines wettbewerbsverstoßes zu begründen. des weiteren hat die klägerin dargelegt, dass sie bei vorliegen des verdachts eines wettbewerbsverstoßes zunächst die öffentlich zugänglichen datenbanken abfragt und für den fall, dass sich hieraus keine erkenntnisse ergeben, der für die jeweilige telefonnummer zuständige telefonanbieter ermittelt und zur auskunftserteilung nach § 13 abs. 1 uklag aufgefordert wird. 36abgesehen davon, dass die beklagte nicht vorträgt, welche ihr zur verfügung stehenden erkenntnisquellen die klägerin nicht genutzt haben soll, kann mit blick darauf, dass für sie erst anfang dezember 2012 anlass bestand, den störer zu ermitteln, ein verjährungseintritt selbst dann nicht angenommen werden, wenn die nach diesem zeitpunkt bestehende unkenntnis der klägerin von der person der beklagten auf grober fahrlässigkeit beruht haben sollte. 372. 38der antrag auf feststellung, dass es sich bei dem vorgenannten verhalten der beklagten um vorsätzlich begangene unerlaubte handlungen handelt, hat ebenfalls erfolg. 39a) 40das für die zulässigkeit des feststellungsantrages erforderliche feststellungsinteresse folgt aus der sich aus § 850 f abs. 2 zpo ergebenden vollstreckungsprivilegierung und daraus, dass die forderung auf erstattung vorgerichtlicher anwaltskosten und der prozessuale kostenerstattungsanspruch gemäß § 302 nr. 1 inso von der erteilung der restschuldbefreiung nach einer etwaigen verbraucherinsolvenz nicht berührt werden. 41b) 42der feststellungsantrag ist auch begründet. das wettbewerbswidrige verhalten der beklagten – wie oben dargestellt – stellt zugleich einen verstoß gegen ein schutzgesetz im sinne des § 823 abs. 2 bgb dar. das uwg dient nämlich neben dem schutz des interesses der allgemeinheit an einem unverfälschten wettbewerb auch dem schutz von individualinteressen der anderen marktteilnehmer. gegen die oben genannten vorschriften des uwg hat die beklagte vorsätzlich verstoßen, indem sie sich bei ihrer auswahl bewusst gegen den kostenpflichtigen händlerbereich und für den kostenlosen privatbereich der internetverkaufsplattform www.autoscout24.de entschieden hat. der verweis der beklagten darauf, dass sie in ihren inseraten „wie ein gewerblicher händler“ alle technischen daten der fahrzeuge angegeben und keinen – bei privatverkäufen üblichen – gewährleistungsausschluss aufgenommen habe, rechtfertigt keine andere beurteilung. sie handelte nämlich jedenfalls in dem bewusstsein des wettbewerbsvorteils, dass die gewählten inserate kostenfrei waren. 433. 44auch der anspruch auf erstattung außergerichtlicher rechtsanwaltskosten in höhe von 494,60 €, der unter zugrundelegung der halben 1,3 regel-geschäftsgebühr nach einem streitwert von 15.000 € (zuzüglich der angefallenen auskunftsgebühren; zur berechnung im einzelnen, vgl. bl. 13 der akten) berechnet worden ist, ist berechtigt. er ergibt sich aus § 12 abs. 1 satz 2 uwg, wonach ersatz der erforderlichen aufwendungen verlangt werden kann, soweit die abmahnung berechtigt ist. 45wenn die beklagte die erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen anwaltskosten mit der begründung in abrede stellt, die klägerin als kfz-innung habe den verstoß selbst erkennen und ahnden können, kann dem nicht gefolgt werden. eine innung ist einem verband zur förderung gewerblicher interessen oder einem fachverband nicht gleichzusetzen. auch wenn sie es – wie die klägerin – in ihre satzung als zusätzliche aufgabe aufgenommen hat, wettbewerbsverstöße zu verfolgen, verfügt die innung in der regel nicht über die erforderliche eigene sachkunde für die für das erkennen und abmahnen von wettbewerbsverstößen maßgeblichen kriterien wie branchenübung und verkehrsauffassung (vgl. olg münchen, grur 1992, 327). folglich durfte die klägerin anwaltliche hilfe für erforderlich halten. 46darüber hinaus ist die kammer der auffassung, dass der vorliegende wettbewerbsverstoß nicht nur einen durchschnittlich schwer zu verfolgenden wettbewerbsverstoß betroffen hat. denn die einordnung des verhaltens der beklagten als wettbewerbsverstoß ergibt sich nicht schon aus einem inserat, sondern erst aus der gesamtschau einer bestimmten anzahl von inseraten innerhalb eines bestimmten zeitraums. dies erfordert bereits rechtliche bewertungen und kenntnisse, die über das für einen durchschnittlichen wettbewerbsverstoß erforderliche hinausgehen. 474. 48die prozessualen nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 nr. 11, 713 zpo. 49streitwert: 15.000 € 50unterschrift
Klaeger*in
1
126,248
10 K 5583/14
2016-02-17T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der am 00. September 0000 geborene Kläger ist beihilfeberechtigt mit einem Bemessungssatz von 70 v. H. 3Er beantragte bei dem Beklagten am 14. September 2010 die Gewährung einer Beihilfe für die Kosten einer stationären Krankenhausbehandlung in der I. -Klinik, einer Fachklinik für Psychosomatik, Onkologie und Innere Medizin (Gesamtpreis: 6.134,52 €; Rechnungsbetrag: 4.294,16 €; Differenzbetrag von der Klinik direkt gegenüber der privaten Krankenversicherung geltend gemacht). 4Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 27. September 2010 ab. 5Der Kläger erhob dagegen Widerspruch, den er mit Schreiben vom 21. Oktober 2010 (selbst) und 29. Februar 2012 (anwaltlich vertreten) im Wesentlichen mit der medizinischen Notwendigkeit der stationären Behandlung und Vertrauensschutzgesichtspunkten begründete. 6Der Beklagte gab dem Widerspruch mit Bescheid vom 28. März 2012 zum ganz überwiegenden Teil statt und gewährte dem Kläger „aus Vertrauensschutzgründen (2009 wurden die Aufwendungen als beihilfefähig anerkannt)“ eine Beihilfe in Höhe von 3.967,64 €. 7Mit Schreiben vom 3. Mai 2012 und 24. Juli 2014 machte der Kläger gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz geltend. Er führte zur Begründung des Anspruchs an: Er habe die Rechnung der I. -Klinik vorverauslagt. Er sei wegen der verzögerten Bearbeitung seines Beihilfeantrags gezwungen gewesen, zur Begleichung der Rechnung seinen Dispositionskredit bei der Sparkasse L. / C. in Anspruch zu nehmen. Der Kreditzins habe bis zum 14. November 2011 10,05 % und ab dem 15. November 13,6 % betragen. Die infolge der Kreditzinsen angefallenen Beträge seien sein Verzugsschaden. Der Schadensersatzanspruch resultiere aus der Verletzung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Der Dienstherr sei verpflichtet, Beihilfeansprüche innerhalb eines angemessenen Zeitraums zu befriedigen. Eine Bearbeitungsdauer wie in seinem Fall sei zu lang. Er habe von einem Mitarbeiter des M1. für C. und W. (nunmehr: M. ) am 1. Juni 2011 auf telefonische Nachfrage erfahren, dass das M. sich aktuell (im Juni 2011) mit Eingängen aus Juli 2010 befasse. 8Der Beklagte wies den Anspruch mit Schreiben vom 19. August 2014 zurück. Er führte zur Begründung an: Dem Beamten sei es im Hinblick auf seine Treuepflicht grundsätzlich zuzumuten, auch eine verspätete Zahlung hinzunehmen. Er sei gehalten, Vorsorge dafür zu treffen, seine Rechnungen zunächst selbst zu begleichen. Eine Verpflichtung des Dienstherrn zur Zahlung von Verzugszinsen sei mit der durch das Alimentationsprinzip geprägten besonderen Rechtsbeziehung zwischen Dienstherrn und Beamten sowie mit der verwaltungsrechtlichen Gestaltung dieser Rechtsbeziehung nicht in Einklang zu bringen. 9Der Kläger hat am 11. Oktober 2014 Klage erhoben. 10Er wiederholt und vertieft zur Begründung sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor: Der Treuepflicht des Beamten sei nicht zu entnehmen, dass der Beamte zur Bildung von Rücklagen verpflichtet sei. Sehe man dies anders, müsse sich die Folgefrage anschließen, wie hoch die Rücklagen zu sein hätten. Im Gesundheitswesen, insbesondere bei stationären Krankenhausaufenthalten, fielen mitunter so hohe Kosten an, dass sie nicht aus Rücklagen bestritten werden könnten. Er, der Kläger, habe bei dem Beklagten mehrfach nach dem Sachstand gefragt. 11Ein Schadensersatzanspruch des Beamten wegen Verletzung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn sei in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (zitiert wird das Urteil vom 12. September 1963 – 2 C 26.62 – juris) anerkannt. 12Der Kläger gibt unter Vorlage von Kontoauszügen an, ihm sei ein Verzugsschaden in Höhe von 355,96 € entstanden. 13Der Kläger beantragt, 14den Beklagten zu verurteilen, an ihn 355,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Mai 2012 zu zahlen. 15Der Beklagte beantragt, 16 die Klage abzuweisen. 17Er verteidigt sein Schreiben vom 19. August 2014 und trägt ergänzend vor: Es gebe keine Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers. Die § 280 Abs. 1, 2, §§ 286, 288 BGB seien auf beamtenrechtlichen Ansprüche nicht anwendbar. Er, der Beklagte, habe jedenfalls nicht schuldhaft gehandelt. Er ziehe die Bearbeitung eines Widerspruchs vor, wenn eine finanzielle Notlage geltend gemacht werde. 18Der Beklagte hat die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs gerügt. Das Gericht hat mit Beschluss vom 9. Februar 2015 entschieden, dass der Verwaltungsrechtsweg zulässig ist. 19Entscheidungsgründe: 20Die Klage ist zulässig. Sie ist als Leistungsklage statthaft. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht (§ 54 Abs. 2 Sätze 1 und 3 BeamtStG, § 104 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW). 21Die Klage ist unbegründet. 22Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von 355,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Mai 2012. Der Anspruch ergibt sich nicht aus dem Rechtsinstitut des beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruchs. 23Das Rechtsinstitut des beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruchs ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt. Es findet seinen Rechtsgrund im Beamtenverhältnis und begründet einen unmittelbar gegen den Dienstherrn gerichteten Ersatzanspruch für Schäden, die aus einer Verletzung der aus dem Beamtenverhältnis folgenden Pflichten entstehen. Als im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis wurzelndes und insofern „quasi-vertragliches“ Institut gewährleistet der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch Sekundärrechtsschutz für Pflichtverletzungen aus dem Beamtenverhältnis, wie dies § 280 Abs. 1 BGB für vertragliche Schuldverhältnisse vorsieht. Der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch war ursprünglich auf Verletzungen der Fürsorgepflicht bezogen. Er ist in der Rechtsprechung aber nachfolgend auch auf andere Pflichtverletzungen ausgedehnt worden. 24Vgl. BVerwG, Urt. vom 9. Dezember 2015 – 6 A 1040/12 – nrwe Rdnr. 60; Urt. vom 19. März 2015 – 2 C 12/14 – juris Rdnr. 9 f.; Urt. vom 12. September 1963 – 2 C 26/62 – juris Rdnr. 25 f. 25Voraussetzung für einen derartigen Anspruch ist eine Pflichtverletzung, die auf einem Verschulden der für den Dienstherrn handelnden Personen beruht und zu einem adäquat kausalen Schaden geführt hat. Der Anspruch besteht nicht, wenn der Beamte seiner aus der Treuepflicht resultierenden Obliegenheit zur Schadensabwendung nicht nachgekommen ist. 26Vgl. BVerwG, Urt. vom 9. Dezember 2015 – 6 A 1040/12 – nrwe Rdnr. 62; Urt. vom 12. September 1963 – 2 C 26/62 – juris Rdnr. 25; Urt. vom 22. Februar 1962 – 2 C 145/59 – juris Rdnr. 38; Urt. vom 27. Juni 1961 – 2 C 75/59 – DÖV 1961, 901. 27Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. 28Es ist bereits fraglich, ob in der gut siebzehnmonatigen Bearbeitung des auf Zahlung einer Beihilfe in Höhe von rund 4.000-, € gerichteten Widerspruchs eine Pflichtverletzung zu sehen ist, die auf einem Verschulden der für den Dienstherrn handelnden Personen beruht. Gegen die Annahme einer solchen Pflichtverletzung spricht, dass die Mitarbeiter des M. gehalten sind, Beihilfeanträge und Widersprüche grundsätzlich der Reihe nach abzuarbeiten. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass der für den Kläger zuständige Mitarbeiter die Bearbeitung des Widerspruchs ohne sachlichen Grund verzögert hat, liegen nicht vor. Es ist auch nicht ersichtlich, dass das M. den Mitarbeiter durch personelle Umstrukturierung hätte entlasten können. 29Die Frage kann aber letztlich offen bleiben. 30Denn der Kläger ist jedenfalls seiner aus der Treuepflicht resultierenden Obliegenheit zur Schadensabwendung nicht nachgekommen. Weder seinem eigenen Vorbringen noch der Akte lässt sich entnehmen, dass er den Beklagten um bevorzugte Bearbeitung seines Widerspruchs gebeten und auf die bevorstehende Inanspruchnahme des Dispositionskredits hingewiesen hat. Soweit er bei dem Beklagten mehrfach nach dem Sachstand gefragt haben mag, ersetzt dies den vorgenannten Hinweis nicht. Wäre der Beklagte über die bevorstehende Inanspruchnahme des Kredits in Kenntnis gesetzt worden, hätte er der Entstehung des Verzugsschadens durch rasche Bearbeitung des Widerspruchs oder Zahlung der beantragen Beihilfe unter Vorbehalt der Rückforderung nach abschließender Prüfung begegnen können. Ersteres hätte der Praxis des Beklagten entsprochen: Er zieht die Bearbeitung eines Widerspruchs vor, wenn eine finanzielle Notlage geltend gemacht wird. 31Dem zuvor Gesagten korrespondiert, dass auch in der zivilrechtlichen Literatur und Rechtsprechung (zu § 254 BGB) anerkannt ist, dass der Schädiger von der Notwendigkeit der Kreditaufnahme in Kenntnis gesetzt werden muss, um die Möglichkeit zu erhalten, die Kreditaufnahme durch schnelle Zahlung zu vermeiden. 32Vgl. Oetker, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage, 2012, § 254 Rdnr. 100; Grüneberg, in: Palandt, BGB, Kommentar, 74. Auflage, 2015, § 254 Rdnr. 43; OLG Düsseldorf, Urt. vom 17. März 1969 – 1 U 136/68 – NJW 1969, 2051; BGH, Urt. vom 6. November 1973 – 6 ZR 27/73 – NJW 1974, 34, 36. 33Der BGH formuliert in der zuletzt zitierten Entscheidung wörtlich: „Darüber hinaus kann der Geschädigte in aller Regel Kreditaufwendungen nicht ersetzt verlangen, wenn der Schädiger bzw. sein Haftpflichtversicherer bei rechtzeitiger Unterrichtung über die Notwendigkeit der Kreditaufnahme den Geschädigten von seinen Aufwendungen freigestellt haben würde (...). Denn der Schädiger braucht in aller Regel nicht schon von vornherein mit der Notwendigkeit einer Kreditaufnahme rechnen.“ 34Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht das beklagte land vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der am 00. september 0000 geborene kläger ist beihilfeberechtigt mit einem bemessungssatz von 70 v. h. 3er beantragte bei dem beklagten am 14. september 2010 die gewährung einer beihilfe für die kosten einer stationären krankenhausbehandlung in der i. -klinik, einer fachklinik für psychosomatik, onkologie und innere medizin (gesamtpreis: 6.134,52 €; rechnungsbetrag: 4.294,16 €; differenzbetrag von der klinik direkt gegenüber der privaten krankenversicherung geltend gemacht). 4der beklagte lehnte den antrag mit bescheid vom 27. september 2010 ab. 5der kläger erhob dagegen widerspruch, den er mit schreiben vom 21. oktober 2010 (selbst) und 29. februar 2012 (anwaltlich vertreten) im wesentlichen mit der medizinischen notwendigkeit der stationären behandlung und vertrauensschutzgesichtspunkten begründete. 6der beklagte gab dem widerspruch mit bescheid vom 28. märz 2012 zum ganz überwiegenden teil statt und gewährte dem kläger „aus vertrauensschutzgründen (2009 wurden die aufwendungen als beihilfefähig anerkannt)“ eine beihilfe in höhe von 3.967,64 €. 7mit schreiben vom 3. mai 2012 und 24. juli 2014 machte der kläger gegenüber dem beklagten einen anspruch auf schadensersatz geltend. er führte zur begründung des anspruchs an: er habe die rechnung der i. -klinik vorverauslagt. er sei wegen der verzögerten bearbeitung seines beihilfeantrags gezwungen gewesen, zur begleichung der rechnung seinen dispositionskredit bei der sparkasse l. / c. in anspruch zu nehmen. der kreditzins habe bis zum 14. november 2011 10,05 % und ab dem 15. november 13,6 % betragen. die infolge der kreditzinsen angefallenen beträge seien sein verzugsschaden. der schadensersatzanspruch resultiere aus der verletzung der fürsorgepflicht des dienstherrn. der dienstherr sei verpflichtet, beihilfeansprüche innerhalb eines angemessenen zeitraums zu befriedigen. eine bearbeitungsdauer wie in seinem fall sei zu lang. er habe von einem mitarbeiter des m1. für c. und w. (nunmehr: m. ) am 1. juni 2011 auf telefonische nachfrage erfahren, dass das m. sich aktuell (im juni 2011) mit eingängen aus juli 2010 befasse. 8der beklagte wies den anspruch mit schreiben vom 19. august 2014 zurück. er führte zur begründung an: dem beamten sei es im hinblick auf seine treuepflicht grundsätzlich zuzumuten, auch eine verspätete zahlung hinzunehmen. er sei gehalten, vorsorge dafür zu treffen, seine rechnungen zunächst selbst zu begleichen. eine verpflichtung des dienstherrn zur zahlung von verzugszinsen sei mit der durch das alimentationsprinzip geprägten besonderen rechtsbeziehung zwischen dienstherrn und beamten sowie mit der verwaltungsrechtlichen gestaltung dieser rechtsbeziehung nicht in einklang zu bringen. 9der kläger hat am 11. oktober 2014 klage erhoben. 10er wiederholt und vertieft zur begründung sein vorbringen aus dem verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor: der treuepflicht des beamten sei nicht zu entnehmen, dass der beamte zur bildung von rücklagen verpflichtet sei. sehe man dies anders, müsse sich die folgefrage anschließen, wie hoch die rücklagen zu sein hätten. im gesundheitswesen, insbesondere bei stationären krankenhausaufenthalten, fielen mitunter so hohe kosten an, dass sie nicht aus rücklagen bestritten werden könnten. er, der kläger, habe bei dem beklagten mehrfach nach dem sachstand gefragt. 11ein schadensersatzanspruch des beamten wegen verletzung der fürsorgepflicht des dienstherrn sei in der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts (zitiert wird das urteil vom 12. september 1963 – 2 c 26.62 – juris) anerkannt. 12der kläger gibt unter vorlage von kontoauszügen an, ihm sei ein verzugsschaden in höhe von 355,96 € entstanden. 13der kläger beantragt, 14den beklagten zu verurteilen, an ihn 355,96 € nebst zinsen in höhe von 5 %-punkten über dem basiszinssatz seit dem 4. mai 2012 zu zahlen. 15der beklagte beantragt, 16 die klage abzuweisen. 17er verteidigt sein schreiben vom 19. august 2014 und trägt ergänzend vor: es gebe keine anspruchsgrundlage für das begehren des klägers. die § 280 abs. 1, 2, §§ 286, 288 bgb seien auf beamtenrechtlichen ansprüche nicht anwendbar. er, der beklagte, habe jedenfalls nicht schuldhaft gehandelt. er ziehe die bearbeitung eines widerspruchs vor, wenn eine finanzielle notlage geltend gemacht werde. 18der beklagte hat die zulässigkeit des verwaltungsrechtswegs gerügt. das gericht hat mit beschluss vom 9. februar 2015 entschieden, dass der verwaltungsrechtsweg zulässig ist. 19
20die klage ist zulässig. sie ist als leistungsklage statthaft. eines vorverfahrens bedarf es nicht (§ 54 abs. 2 sätze 1 und 3 beamtstg, § 104 abs. 1 satz 1 lbg nrw). 21die klage ist unbegründet. 22der kläger hat keinen anspruch auf zahlung von 355,96 € nebst zinsen in höhe von 5 %-punkten über dem basiszinssatz seit dem 4. mai 2012. der anspruch ergibt sich nicht aus dem rechtsinstitut des beamtenrechtlichen schadensersatzanspruchs. 23das rechtsinstitut des beamtenrechtlichen schadensersatzanspruchs ist in der rechtsprechung seit langem anerkannt. es findet seinen rechtsgrund im beamtenverhältnis und begründet einen unmittelbar gegen den dienstherrn gerichteten ersatzanspruch für schäden, die aus einer verletzung der aus dem beamtenverhältnis folgenden pflichten entstehen. als im öffentlich-rechtlichen dienstverhältnis wurzelndes und insofern „quasi-vertragliches“ institut gewährleistet der beamtenrechtliche schadensersatzanspruch sekundärrechtsschutz für pflichtverletzungen aus dem beamtenverhältnis, wie dies § 280 abs. 1 bgb für vertragliche schuldverhältnisse vorsieht. der beamtenrechtliche schadensersatzanspruch war ursprünglich auf verletzungen der fürsorgepflicht bezogen. er ist in der rechtsprechung aber nachfolgend auch auf andere pflichtverletzungen ausgedehnt worden. 24vgl. bverwg, urt. vom 9. dezember 2015 – 6 a 1040/12 – nrwe rdnr. 60; urt. vom 19. märz 2015 – 2 c 12/14 – juris rdnr. 9 f.; urt. vom 12. september 1963 – 2 c 26/62 – juris rdnr. 25 f. 25voraussetzung für einen derartigen anspruch ist eine pflichtverletzung, die auf einem verschulden der für den dienstherrn handelnden personen beruht und zu einem adäquat kausalen schaden geführt hat. der anspruch besteht nicht, wenn der beamte seiner aus der treuepflicht resultierenden obliegenheit zur schadensabwendung nicht nachgekommen ist. 26vgl. bverwg, urt. vom 9. dezember 2015 – 6 a 1040/12 – nrwe rdnr. 62; urt. vom 12. september 1963 – 2 c 26/62 – juris rdnr. 25; urt. vom 22. februar 1962 – 2 c 145/59 – juris rdnr. 38; urt. vom 27. juni 1961 – 2 c 75/59 – döv 1961, 901. 27diese voraussetzungen sind hier nicht gegeben. 28es ist bereits fraglich, ob in der gut siebzehnmonatigen bearbeitung des auf zahlung einer beihilfe in höhe von rund 4.000-, € gerichteten widerspruchs eine pflichtverletzung zu sehen ist, die auf einem verschulden der für den dienstherrn handelnden personen beruht. gegen die annahme einer solchen pflichtverletzung spricht, dass die mitarbeiter des m. gehalten sind, beihilfeanträge und widersprüche grundsätzlich der reihe nach abzuarbeiten. greifbare anhaltspunkte dafür, dass der für den kläger zuständige mitarbeiter die bearbeitung des widerspruchs ohne sachlichen grund verzögert hat, liegen nicht vor. es ist auch nicht ersichtlich, dass das m. den mitarbeiter durch personelle umstrukturierung hätte entlasten können. 29die frage kann aber letztlich offen bleiben. 30denn der kläger ist jedenfalls seiner aus der treuepflicht resultierenden obliegenheit zur schadensabwendung nicht nachgekommen. weder seinem eigenen vorbringen noch der akte lässt sich entnehmen, dass er den beklagten um bevorzugte bearbeitung seines widerspruchs gebeten und auf die bevorstehende inanspruchnahme des dispositionskredits hingewiesen hat. soweit er bei dem beklagten mehrfach nach dem sachstand gefragt haben mag, ersetzt dies den vorgenannten hinweis nicht. wäre der beklagte über die bevorstehende inanspruchnahme des kredits in kenntnis gesetzt worden, hätte er der entstehung des verzugsschadens durch rasche bearbeitung des widerspruchs oder zahlung der beantragen beihilfe unter vorbehalt der rückforderung nach abschließender prüfung begegnen können. ersteres hätte der praxis des beklagten entsprochen: er zieht die bearbeitung eines widerspruchs vor, wenn eine finanzielle notlage geltend gemacht wird. 31dem zuvor gesagten korrespondiert, dass auch in der zivilrechtlichen literatur und rechtsprechung (zu § 254 bgb) anerkannt ist, dass der schädiger von der notwendigkeit der kreditaufnahme in kenntnis gesetzt werden muss, um die möglichkeit zu erhalten, die kreditaufnahme durch schnelle zahlung zu vermeiden. 32vgl. oetker, in: münchener kommentar zum bgb, 6. auflage, 2012, § 254 rdnr. 100; grüneberg, in: palandt, bgb, kommentar, 74. auflage, 2015, § 254 rdnr. 43; olg düsseldorf, urt. vom 17. märz 1969 – 1 u 136/68 – njw 1969, 2051; bgh, urt. vom 6. november 1973 – 6 zr 27/73 – njw 1974, 34, 36. 33der bgh formuliert in der zuletzt zitierten entscheidung wörtlich: „darüber hinaus kann der geschädigte in aller regel kreditaufwendungen nicht ersetzt verlangen, wenn der schädiger bzw. sein haftpflichtversicherer bei rechtzeitiger unterrichtung über die notwendigkeit der kreditaufnahme den geschädigten von seinen aufwendungen freigestellt haben würde (...). denn der schädiger braucht in aller regel nicht schon von vornherein mit der notwendigkeit einer kreditaufnahme rechnen.“ 34die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 vwgo, § 708 nr. 11, § 711 zpo.
Verklagte*r
0
182,360
S 12 SB 240/13
2014-03-11T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Zwischen den Beteiligten ist das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Merkzeichen B und aG streitig. 3Der Beklagte stellte mit Bescheid vom 10.04.2012 bei dem am 00.00.0000 geborenen Kläger aufgrund Herzleistungsminderung, Bluthochdruck, Funktionseinschränkung der unteren Gliedmaße, Hörminderung, Funktionsstörung der Wirbelsäule und schlafbezogener Atemstörung einen den Grad der Behinderung (GdB) des Klägers mit 80 sowie das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens G fest. Aufgrund eines hiergegen eingelegten Widerspruchs erging am 12.07.2012 ein Teilabhilfebescheid, durch den beim Kläger ein GdB von 90 festgestellt wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.09.2012 wurde der Widerspruch unter Einbeziehung des Abhilfebescheides im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen. 4Am 03.01.2013 stellte der Kläger einen Änderungsantrag und beantragte – neben der Feststellung eines höheren GdB – die Zuerkennung der Merkzeichen B und aG. Zur Begründung gab er die Einschränkungen aufgrund seines operierten rechten Knies an. 5Der Beklagte wertete durch seinen ärztlichen Dienst Arztberichte der Klinik für Unfallchirurgie des T. betreffend einen stationären Aufenthalt des Klägers vom 02.11.2012 bis 08.11.2012, des N. betreffend eine Magnetresonanztomographie (MRT) des rechten Knies vom 30.11.2012 sowie der Chirurgischen Klinik des T. betreffend eine Vorstellung des Klägers am 18.12.2012 aus und kam zu der Einschätzung, der GdB des Klägers sei mit 90 weiterhin zutreffend bewertet. Die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Merkzeichen B und aG lägen nicht vor. 6Mit Bescheid vom 21.01.2013 lehnte der Beklagte die Feststellung eines höheren GdB und des Vorliegens der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Merkzeichen B und aG ab. Hiergegen legte der Kläger, vertreten durch seine Schwester, am 30.01.2013 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, es gehe ihm einzig und allein um die Parkerleichterung, damit er seinen Wagen nahe am Haus abstellen könne, da er nur mit gesundheitlichen Problemen laufen können. 7Mit Bescheid vom 26.02.2013 wies die Bezirksregierung N. den Widerspruch als unbegründet zurück. 8Am 13.03.2013 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, er sei zwischenzeitlich auch tagsüber auf eine Sauerstoffbehandlung mittels mobilen Sauerstoffgeräts angewiesen. Er sehe seine Mobilität so eingeschränkt, dass er nur wenige Schritte gehen könne. Zur Begründung hat der Kläger auf einen Arztbericht des Dr. X. vom 29.05.2013 verwiesen. 9Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten des Orthopäden Dr. F., des Orthopäden Dr. Q. sowie des Urologen Dr. E. sowie durch Beiziehung des Entlassungsberichts der Klinik N., in der der Kläger in der Zeit vom 22.01.2013 bis 19.02.2013 in stationärer Behandlung war. Darüber hinaus hat es ein internistisch-arbeitsmedizinisches Gutachten der Frau Dr. N. eingeholt, welches diese aufgrund einer Untersuchung des Klägers am 09.10.2013 gegenüber dem Gericht am 23.11.2013 erstattet hat. 10Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Beklagte den Bescheid vom 21.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2013 dahingehend abgeändert, dass bei dem Kläger ab Antragstellung eine GdB von 100 festgestellt wird. 11Der Kläger hat, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte, beantragt, 12den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 21.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11.03.2014 zu verurteilen, das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Merkzeichen B und ab dem 01.03.2013 festzustellen. 13Der Beklagte hat beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren und nimmt insbesondere Bezug auf die Ausführungen seines ärztlichen Beraters im Gerichtsverfahren sowie die Feststellungen der Gutachterin Dr. N. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist. 17Entscheidungsgründe: 18Die Klage ist – soweit der Kläger die Feststellung des Vorliegens der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens B begehrt – unzulässig. Die Ablehnung des Merkzeichens B im Bescheid vom 21.01.2013, es handelt sich hierbei um einen eigenen Regelungsgegenstand (vgl. zur Frage verschiedener Regelungsgegenstände im Bereich des Schwerbehindertenrechts Bayerisches Landessozialgericht – LSG – Urteil vom 26.09.2012 – L 15 SB 46/09 = juris) ist bestandskräftig und damit gemäß § 77 Sozialgerichtsgesetz (SGG) für die Beteiligten und das Gericht bindend. Der Kläger hat gegen den Bescheid nur hinsichtlich der Ablehnung des Merkzeichens aG Widerspruch eingelegt. Dies hat er in seinem Widerspruch klar dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er ausführte, es gehe ihm "einzig und allein um die Parkerleichterung", damit er seinen Wagen nahe am Haus abstellen könne, da er nur mit gesundheitlichen Problemen laufen könne. Die Bezirksregierung N. hat zutreffend auch nur über diesen Regelungsgegenstand im Widerspruch entschieden. 19Soweit sich der Kläger gegen die Ablehnung der Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens aG wendet, ist die Klage als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zwar zulässig, sie ist jedoch unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtene Regelung nicht gemäß § 54 Abs. 2 SGG in seinen Rechten verletzt, da sie rechtmäßig ist. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens aG. 20Gemäß § 69 Abs. 4 SGB IX stellen die zuständigen Behörden neben einer Behinderung auch gesundheitliche Merkmale fest, die Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen für schwerbehinderte Menschen sind. Zu diesen Merkmalen gehört die außergewöhnliche Gehbehinderung im Sinne des § 6 Abs 1 Nr 14 StVG oder entsprechender straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, für die in den Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen "aG" einzutragen ist (§ 3 Abs 1 Nr 1 Schwerbehindertenausweisverordnung; vgl. hierzu und zu den sich aus dem Merkzeichen ergebenden rechtlichen Folgen, Bundessozialgericht - BSG - Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 5/05 R = juris Rn. 11; BSG Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 1/06 R = juris Rn. 15). Ausgangspunkt für die Feststellung der außergewöhnlichen Gehbehinderung ist Abschnitt II Nr 1 zu § 46 Abs 1 Nr 11 VwV-StVO (neu bekannt gemacht am 26. Januar 2001, BAnz 2001, Nr 21, S 1419, in der Fassung vom 17.07.2009). Hiernach ist außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 6 Abs 1 Nr. 14 Straßenverkehrsgesetz (StVG), wer sich wegen der Schwere seines Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb seines Kraftfahrzeuges bewegen kann. Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außer Stande sind, ein Kunstbein zu tragen, oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind, sowie andere Schwerbehinderte, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch auf Grund von Erkrankungen, dem vorstehenden Personenkreis gleichzustellen sind. Erläuternde Feststellungen zur Zuerkennung des Merkzeichens G enthält Teil D Ziffer 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (zur Qualifikation der Versorgungsmedizinischen Grundsätze als Erläuterungen vgl. LSG NRW Urteil vom 13.07.2010 - 6 SB 133/09 = juris Rn. 27 - zum Merkzeichen aG). Die Frage, ob die Versorgungsmedizinischen Grundsätze darüber hinaus als Rechtsverordnung verbindliche Festlegungen enthalten ist umstritten. So wird teilweise die Auffassung vertreten, eine Ermächtigungsgrundlage zur Schaffung einer Rechtsverordnung betreffend die im SGB IX geregelten Nachteilsausgleiche sei nicht gegeben. Insbesondere enthalte der durch die Versorgungsmedizin in Bezug genommene Regelung des § 30 Abs. 17 BVG a.F. (nunmehr § 30 Abs. 16 BVG) keine entsprechende Ermächtigung (vgl. Dau, jurisPR-SozR 4/2009 Anm. 4; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.10.2012 - L 8 SB 1914/10 = juris Rn. 26). Die Regelungen der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zum Nachteilsausgleich aG seien damit mangels entsprechender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig. Rechtsgrundlage seien daher allein die genannten gesetzlichen Bestimmungen und die hierzu in ständiger Rechtsprechung anzuwendenden Grundsätze. 21Die Kammer schließt sich dieser Auffassung an. Sie ist gleichwohl der Ansicht, dass die Feststellungen des Teil D Ziffer 3 mit in die Bewertung des Vorliegens der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens aG mit einbezogen werden können, wenngleich freilich nicht als Rechtsgrundlage im Sinne einer Rechtsverordnung. Die Feststellungen in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen werden auf Grundlage des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze evidenzbasierter Medizin erstellt und fortentwickelt, vgl. § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung. Sie enthalten - im Hinblick auf das Merkzeichen aG - im Wesentlichen die gleichen Regelungen, wie bereits Ziffer 31 der vom Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung herausgegebenen Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX), zuletzt aus dem Jahr 2008, (AHP 2008). Die AHP 2008 beschrieben in Ziffer 31 Abs 3 bis 4 Regelfälle, bei denen nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen aG als erfüllt anzusehen waren und die bei der Beurteilung einer dort nicht erwähnten Behinderung als Vergleichsmaßstab dienen konnten. Sie gaben an, welche Funktionsstörungen in welcher Ausprägung vorliegen müssen, bevor angenommen werden konnte, dass ein Behinderter außergewöhnlich gehbehindert ist. Die Festlegungen der Anhaltspunkte sind von der Rechtsprechung - als antizipierte Sachverständigengutachten - bei der Frage der Beurteilung der Zuerkennung von Merkzeichen zugrundegelegt worden. Eine entsprechende Funktion erfüllen auch die nunmehr in Teil D Ziffer 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze dargelegten Regelungen (für eine Anwendung der in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen dargelegten Anforderungen auch Bayerisches LSG Urteil vom 26.09.2012 - L 15 SB 46/09 = juris Rn. 61; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 19.12.2011 - L 13 SB 12/08 = juris Rn. 29; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 16.11.2011 - L 11 SB 67/09 = juris Rn. 34; wohl auch LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 09.08.2012 - L 10 SB 10/12 = juris Rn. 15; LSG NRW Urteil vom 13.07.2010 - L 6 SB 133/09 = juris Rn. 29 - zu aG; a.A. offensichtlich LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 12.10.2011 - L 6 SB 3032/11 = juris Rn. 39 ff.; Vogl in: jurisPK-SGB IX, § 146 SGB IX Rn. 5). 22Da der Kläger jedenfalls nicht in eine der oben genannten Beispielsgruppen fällt, war zu klären, ob er dem ausdrücklich beschriebenen Personenkreis gleichzustellen ist. Eine Gleichstellung muss dann erfolgen, wenn ein Betroffener in seiner Gehfähigkeit in ungewöhnlichem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter eben so großen Anstrengungen wie die erstgenannte Gruppe von Schwerbehinderten oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann (BSG Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 5/05 R = juris Rn. 11 ff.; BSG Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 1/06 R = juris Rn. 15 ff.; BSG Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 1/97 R = juris Rn.18) Die damit erforderliche Bildung eines Vergleichsmaßstabes birgt freilich Schwierigkeiten, weil die verschiedenen, im Gesetz ausdrücklich aufgezählten Gruppen in ihrer Wegfähigkeit nicht homogen sind und einzelne Vertreter dieser Gruppe - bei gutem gesundheitlichem Allgemeinzustand, hoher Leistungsfähigkeit und optimaler prothetischer Versorgung - ausnahmsweise nahezu das Gehvermögen eines Nichtbehinderten erreichen können. Auf die individuelle prothetische Versorgung der aufgeführten behinderten Gruppen kann es grundsätzlich aber nicht ankommen (vgl. dazu Bundessozialgericht, a.a.O.) Im Ergebnis ist hinsichtlich der Gleichstellung bei dem Restgehvermögen des Betroffenen anzusetzen. Insoweit stellen die maßgeblichen straßenrechtlichen Vorschriften darauf ab, ob ein schwerbehinderter Mensch nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung - und zwar praktisch von den ersten Schritten - außerhalb seines Kraftfahrzeuges sich bewegen kann. Wegen der begrenzten städtebaulichen Möglichkeiten, Raum für Parkerleichterungen zu schaffen, sind hohe Anforderungen zu stellen, um den Kreis der Begünstigten klein zu halten (BSG Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 5/05 R = juris Rn. 11 ff.; BSG Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 1/06 R = juris Rn. 15 ff.; BSG Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 1/97 R = juris Rn.18) Bei der erforderlichen tatrichterlichen Feststellung, ob und ggf. in welchem Umfang körperlichen Anstrengungen vorhanden sind, kann dabei nicht allein auf eine gegriffene Größe wie die schmerzfrei zurückgelegte Wegstrecke abgestellt werden. Zur Klärung dieser Frage sind Indizien wie Erschöpfungszustände, Luftnot, Schmerzen oder ähnliches heranzuziehen (vgl. BSG Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 5/05 R = juris Rn. 11 ff.; BSG Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 1/06 R = juris Rn. 15 ff.). So lässt sich ein vergleichbares Erschöpfungsbild u.a. aus der Dauer der erforderlichen Pause sowie den Umständen herleiten, unter denen der Schwerbehinderte nach der Pause seinen Weg fortsetzt. Nur kurzes Pausieren - auch auf Großparkplätzen - mit anschließendem Fortsetzen des Weges ohne zusätzliche Probleme ist im Hinblick auf den durch die Vergleichsgruppen gebildeten Maßstab zumutbar. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass das ein Abstellen auf ein starres Kriterium keine sachgerechte Beurteilung ermöglicht, weil es eine Gesamtschau aller relevanten Umstände eher verhindert (BSG, a.a.O.). 23Unter Berücksichtigung der genannten Kriterien liegen beim Kläger die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens aG nicht vor. 24Dies steht zur Überzeugung der Kammer auf Grundlage der vorliegenden Arzt- und Befundberichte aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren sowie dem Gutachten der Frau Dr. N. fest. Das Gutachten beruht auf umfangreichen Untersuchungen, die von einer erfahrenen medizinischen Gutachterin unter Einsatz von diversen Hilfsmitteln durchgeführt worden sind. Die Kammer hat keinen Anlass an der Richtigkeit und Vollständigkeit der in dem Gutachten erhobenen medizinischen Befunde und gestellten Diagnosen zu zweifeln. 25Der Kläger gab gegenüber der Gutachterin an, sein rechtes Knie mache große Probleme. Hier bestehe ein stechender Schmerz bei Belastung und Ruhe, wobei bei Ruhe zeitweilig auch Beschwerdefreiheit bestehe. Insbesondere wenn er zu Gehen beginne verspüre er einen Schmerz, dieser bleibe aber auch beim Gehen konstant. In den Unterschenkel verspüre er beim Gehen ein Taubheitsgefühl in beiden Unterschenkel, in Ruhe sei dieses nicht so ausgeprägt. Bei Belastung komme es rasch zu Atemnot. Der Kläger beschrieb eine Gehstrecke von ca. 100 m. 26Die Gutachterin beschreibt das Gangbild des Klägers als nach dem Aufstehen leicht hinkend, wobei der Kläger nach einigen Schritten harmonischer, insgesamt aber tapsig und kleinschrittig gehe. Im Weiteren war ein eindeutiges Hinken nicht mehr festzustellen. Zur Untersuchung kam der Kläger ohne Unterarmgehstütze mit einem über der Schulter hängendem Sauerstoffgerät. Der Zehen- und der Fersengang werden als unauffällig beschrieben, der Blindgang als schleppend. Das rechte Knie war hinsichtlich der Streckung und Beugung mit 0°/15°/110° eingeschränkt. Das rechte Knie war in Streckung und Beugung unauffällig. Es fand sich rechts aber ein retropatellares Reiben. Die Flexion des rechten Hüftgelenks war unter Angaben von Knieschmerzen bis 110° möglich. Links wurde die mögliche Extension/Flexion der Hüfte mit 0°/0°/120° ermittelt. Die Beweglichkeit der übrigen Gelenke wird von der Gutachterin als unauffällig beschrieben. Der Einbeinstand konnte beidseits unauffällig gezeigt werden, ohne Herabsinken der jeweils kontralateralen Beckenhälfte. Das Einnehmen der tiefen Hocke wurde von der Gutachterin wegen der geklagten Kniebeschwerde nicht geprüft. Ein Leistendruck oder Trochanterkkopfschmerz wurde nicht geklagt. Am rechten Knie zeigte der Kläger bei nur leichtem Druck einen Schmerz an. Bei der orientierenden neurologischen Untersuchung gab der Kläger an den Außenseiten der Unterschenkel eine Minderung der Sensibilitätsempfindung. Am rechten Schienenbein wird kein Vibrationsempfinden angegeben, links 5/8. Lasègue-Zeichen waren beidseits negativ unter Angabe von Kniegelenksschmerzen rechts. Im Bereich der Zehen und der Fußsohlen gab der Kläger beidseits ein Taubheitsgefühl an. Der Patellasehnenreflex und der Achillessehnenreflex waren jeweils nicht auslösbar. Für das Funktionssystem der unteren Extremitäten ist aufgrund der Kniegelenksarthrose mit Bewegungseinschränkungen in Übereinstimmung mit der Gutachterin gemäß Teil B Ziffer 18.14 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze von einem GdB von 30 auszugehen. Ebenfalls negativ auf die Beine wirkt sich das postthrombotische Syndrom und die Auswirkungen der diabetischen Polyneuropathie aus. In Übereinstimmung mit der Gutachterin bildet die Kammer hieraus einen GdB für das Funktionssystem der unteren Extremitäten von 40. 27Für das Funktionssystem der Wirbelsäule ist der GdB gemäß Teil B Ziffer 18.9 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze mit 20 zu bewerten. Hierbei ist die Bewegungseinschränkung der Seitenneigung der Halswirbelsäule mit 20°/0°/20° und die Einschränkung der Seitenneigung des Rumpfes zu berücksichtigen. Die Rotation der HWS sowie des Rumpfes ist mit 40°/0°/40° nur leicht symmetrisch eingeschränkt. Insgesamt ist hier von leichten bis mittelgradigen Einschränkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten auszugehen. Unter Berücksichtigung der orthopädischen Beeinträchtigungen kommt die Zuerkennung des Merkzeichens aG keinesfalls in Betracht. 28Allerdings kommt die Feststellung des Merkzeichens aG auch bei Erkrankungen innerer Organe, wie etwa Beeinträchtigung von Herz und Lunge in Betracht. 29Beim Kläger liegen, dies steht zur Überzeugung der Kammer fest, erhebliche internistische Erkrankungen vor. So beschreibt die Gutachterin zum einen eine chronische Ateminsuffizienz in Folge einer Erschöpfung der Atempumpe bei Obesitas-Hypoventilationssyndrom. Nach ihren Feststellungen ist die Lungenfunktion des Klägers verändert, wenngleich auch noch nicht hochgradig. Vor dem Hintergrund, dass bei ihm bereits seit Längerem eine respiratorische Globalinsuffizienz nachgewiesen ist, könne gemäß Teil B Ziffer 8.3 hierfür ein GdB von 80 in Ansatz gebracht werden. Dieser GdB ist nach Auffassung der Kammer – vor dem Hintergrund des ansonsten beschriebenen Aktionsniveaus des Klägers und den Feststellungen des Dr. Wilmsmann in seinem Arztbericht vom 29.05.2013 – fraglich. Die Gutachterin selbst geht davon aus, dass keine Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades vorliegt (vgl. S. 24 des Gutachtens). Vor diesem Hintergrund ist die Zuerkennung eines GdB von 80 insoweit nach Auffassung der Kammer nicht objektiviert. Allerdings ist noch das ebenfalls bestehende Schlaf-Apnoe-Syndrom mit durchgeführter nächtlicher Überdruckbeatmung zu berücksichtigen, durch welches auch nach Auffassung der Kammer der GdB für das Funktionssystem der Lunge insgesamt auf 80 erhöht wird. Gleichwohl ist beim Kläger – trotz des GdB von 80 für das Funktionssystem Lunge – das Merkzeichen aG nicht anzuerkennen. Auch wenn nach Teil D Ziffer 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze eine Gleichstellung bei Einschränkungen der Lungenfunktion schweren Grades dem Grunde nach in Betracht kommt, so kommt es auch bei dem Vorliegen schwerer innerer Erkrankungen für das Merkzeichen aG entscheidend darauf an, dass sich diese auf die Gehfähigkeit entsprechend negativ auswirkt (in diesem Sinne schon BSG Urteil vom 06.11.1985 – 9a RVs 7/83 = juris m.w.N.; vgl. auch Wendler, Versorgungsmedizinische Grundsätze, 5. Aufl. 2012, Anmerkung zu Teil D 3 Nr. 5). Dies ist beim Kläger aber gerade nicht der Fall. Im Rahmen der Rehabilitationsmaßnahme vom 22.01.2013 bis 19.02.2013 in Bad Lippspringe betrug die Gehstrecke – wenngleich langsam – ohne zusätzliche Sauerstoffzufuhr 190 Meter, mit Sauerstoffzufuhr 250 Meter. Auch Dr. X. beschreibt in seinem Arztbericht vom 29.05.2013, dass eine kardiopulmonale Leistungslimitierung, welche eine Immobilität, wie vom Kläger gezeigt, nach sich zieht, nicht vorliegt. Der Kläger hat selbst gegenüber der Gutachterin angegeben, er könne noch ca. 100 Meter gehen. Dies entspricht auch den übrigen Feststellungen im Gutachten. Die gesamte Untersuchung durch Frau Dr. N. – und insbesondere auch die Gangprüfung – machen deutlich, dass der Kläger zwar in seiner Beweglichkeit nicht unerheblich eingeschränkt ist, nicht aber in einem Maße, welches eine Zuerkennung des Merkzeichens aG rechtfertigte. Das Gleiche gilt auch im Hinblick auf die Beeinträchtigungen des Funktionssystems Herz. Vor dem Hintergrund gelegentlich auftretender vorübergehender schwerer Dekompensationserscheinungen und des vorhandenen Bluthochdrucks geht auch die Kammer – zusammen mit der Gutachterin – gemäß Teil B Ziffer 9 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze von einem GdB von 80 für das Funktionssystem Herz-Kreislauf aus. Die Erkrankungen des Herzens wirken sich freilich ebenfalls auf die Mobilität des Klägers aus. Wie aber bereits dargelegt ist die Gehstrecke bislang noch nicht in dem Maße eingeschränkt, dass dem Kläger das Merkzeichen aG zuzuerkennen wäre. An diesen Feststellungen ändert sich auch durch das kurz vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegte Attest der Psychiaterin Tayyebian. 30Auch wenn die Kammer den Wunsch des gesundheitlich erheblich beeinträchtigten Klägers nachvollziehen kann, seinen Wagen nahe an seinem Haus abstellen zu können, so kann die Kammer dies nicht zu Gunsten des Klägers berücksichtigen. Bei der Frage, ob die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen aG vorliegen, kommt es eben nur auf die gesundheitlichen Voraussetzungen an und nicht etwa auf die konkrete Wohnsituation (vgl. dazu Bayerisches Landessozialgericht Urteil vom 18.06.2013 – L 15 SB 183/09= juris Rn. 62). 31Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
die klage wird abgewiesen. kosten sind nicht zu erstatten. 1
2zwischen den beteiligten ist das vorliegen der gesundheitlichen voraussetzungen für die inanspruchnahme der merkzeichen b und ag streitig. 3der beklagte stellte mit bescheid vom 10.04.2012 bei dem am 00.00.0000 geborenen kläger aufgrund herzleistungsminderung, bluthochdruck, funktionseinschränkung der unteren gliedmaße, hörminderung, funktionsstörung der wirbelsäule und schlafbezogener atemstörung einen den grad der behinderung (gdb) des klägers mit 80 sowie das vorliegen der gesundheitlichen voraussetzungen für die inanspruchnahme des merkzeichens g fest. aufgrund eines hiergegen eingelegten widerspruchs erging am 12.07.2012 ein teilabhilfebescheid, durch den beim kläger ein gdb von 90 festgestellt wurde. mit widerspruchsbescheid vom 21.09.2012 wurde der widerspruch unter einbeziehung des abhilfebescheides im übrigen als unbegründet zurückgewiesen. 4am 03.01.2013 stellte der kläger einen änderungsantrag und beantragte – neben der feststellung eines höheren gdb – die zuerkennung der merkzeichen b und ag. zur begründung gab er die einschränkungen aufgrund seines operierten rechten knies an. 5der beklagte wertete durch seinen ärztlichen dienst arztberichte der klinik für unfallchirurgie des t. betreffend einen stationären aufenthalt des klägers vom 02.11.2012 bis 08.11.2012, des n. betreffend eine magnetresonanztomographie (mrt) des rechten knies vom 30.11.2012 sowie der chirurgischen klinik des t. betreffend eine vorstellung des klägers am 18.12.2012 aus und kam zu der einschätzung, der gdb des klägers sei mit 90 weiterhin zutreffend bewertet. die gesundheitlichen voraussetzungen für die inanspruchnahme der merkzeichen b und ag lägen nicht vor. 6mit bescheid vom 21.01.2013 lehnte der beklagte die feststellung eines höheren gdb und des vorliegens der gesundheitlichen voraussetzungen für die inanspruchnahme der merkzeichen b und ag ab. hiergegen legte der kläger, vertreten durch seine schwester, am 30.01.2013 widerspruch ein. zur begründung führte er aus, es gehe ihm einzig und allein um die parkerleichterung, damit er seinen wagen nahe am haus abstellen könne, da er nur mit gesundheitlichen problemen laufen können. 7mit bescheid vom 26.02.2013 wies die bezirksregierung n. den widerspruch als unbegründet zurück. 8am 13.03.2013 hat der kläger klage erhoben. zur begründung hat er ausgeführt, er sei zwischenzeitlich auch tagsüber auf eine sauerstoffbehandlung mittels mobilen sauerstoffgeräts angewiesen. er sehe seine mobilität so eingeschränkt, dass er nur wenige schritte gehen könne. zur begründung hat der kläger auf einen arztbericht des dr. x. vom 29.05.2013 verwiesen. 9das gericht hat beweis erhoben durch einholung von befundberichten des orthopäden dr. f., des orthopäden dr. q. sowie des urologen dr. e. sowie durch beiziehung des entlassungsberichts der klinik n., in der der kläger in der zeit vom 22.01.2013 bis 19.02.2013 in stationärer behandlung war. darüber hinaus hat es ein internistisch-arbeitsmedizinisches gutachten der frau dr. n. eingeholt, welches diese aufgrund einer untersuchung des klägers am 09.10.2013 gegenüber dem gericht am 23.11.2013 erstattet hat. 10im termin zur mündlichen verhandlung hat der beklagte den bescheid vom 21.01.2013 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 26.02.2013 dahingehend abgeändert, dass bei dem kläger ab antragstellung eine gdb von 100 festgestellt wird. 11der kläger hat, vertreten durch seine prozessbevollmächtigte, beantragt, 12den beklagten unter abänderung des bescheides vom 21.01.2013 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 26.02.2013 in der fassung des änderungsbescheides vom 11.03.2014 zu verurteilen, das vorliegen der gesundheitlichen voraussetzungen für die inanspruchnahme der merkzeichen b und ab dem 01.03.2013 festzustellen. 13der beklagte hat beantragt, 14die klage abzuweisen. 15zur begründung wiederholt und vertieft er sein vorbringen aus dem verwaltungs- und widerspruchsverfahren und nimmt insbesondere bezug auf die ausführungen seines ärztlichen beraters im gerichtsverfahren sowie die feststellungen der gutachterin dr. n. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die beigezogene verwaltungsakte sowie die gerichtsakte bezug genommen, deren wesentlicher inhalt gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen ist. 17
18die klage ist – soweit der kläger die feststellung des vorliegens der gesundheitlichen voraussetzungen für die inanspruchnahme des merkzeichens b begehrt – unzulässig. die ablehnung des merkzeichens b im bescheid vom 21.01.2013, es handelt sich hierbei um einen eigenen regelungsgegenstand (vgl. zur frage verschiedener regelungsgegenstände im bereich des schwerbehindertenrechts bayerisches landessozialgericht – lsg – urteil vom 26.09.2012 – l 15 sb 46/09 = juris) ist bestandskräftig und damit gemäß § 77 sozialgerichtsgesetz (sgg) für die beteiligten und das gericht bindend. der kläger hat gegen den bescheid nur hinsichtlich der ablehnung des merkzeichens ag widerspruch eingelegt. dies hat er in seinem widerspruch klar dadurch zum ausdruck gebracht, dass er ausführte, es gehe ihm "einzig und allein um die parkerleichterung", damit er seinen wagen nahe am haus abstellen könne, da er nur mit gesundheitlichen problemen laufen könne. die bezirksregierung n. hat zutreffend auch nur über diesen regelungsgegenstand im widerspruch entschieden. 19soweit sich der kläger gegen die ablehnung der feststellung der gesundheitlichen voraussetzungen für die inanspruchnahme des merkzeichens ag wendet, ist die klage als kombinierte anfechtungs- und verpflichtungsklage zwar zulässig, sie ist jedoch unbegründet. der kläger ist durch die angefochtene regelung nicht gemäß § 54 abs. 2 sgg in seinen rechten verletzt, da sie rechtmäßig ist. der kläger hat keinen anspruch auf feststellung der voraussetzungen für die inanspruchnahme des merkzeichens ag. 20gemäß § 69 abs. 4 sgb ix stellen die zuständigen behörden neben einer behinderung auch gesundheitliche merkmale fest, die voraussetzung für die inanspruchnahme von nachteilsausgleichen für schwerbehinderte menschen sind. zu diesen merkmalen gehört die außergewöhnliche gehbehinderung im sinne des § 6 abs 1 nr 14 stvg oder entsprechender straßenverkehrsrechtlicher vorschriften, für die in den schwerbehindertenausweis das merkzeichen "ag" einzutragen ist (§ 3 abs 1 nr 1 schwerbehindertenausweisverordnung; vgl. hierzu und zu den sich aus dem merkzeichen ergebenden rechtlichen folgen, bundessozialgericht - bsg - urteil vom 29.03.2007 - b 9a sb 5/05 r = juris rn. 11; bsg urteil vom 29.03.2007 - b 9a sb 1/06 r = juris rn. 15). ausgangspunkt für die feststellung der außergewöhnlichen gehbehinderung ist abschnitt ii nr 1 zu § 46 abs 1 nr 11 vwv-stvo (neu bekannt gemacht am 26. januar 2001, banz 2001, nr 21, s 1419, in der fassung vom 17.07.2009). hiernach ist außergewöhnlich gehbehindert im sinne des § 6 abs 1 nr. 14 straßenverkehrsgesetz (stvg), wer sich wegen der schwere seines leidens dauernd nur mit fremder hilfe oder nur mit großer anstrengung außerhalb seines kraftfahrzeuges bewegen kann. hierzu zählen querschnittsgelähmte, doppeloberschenkelamputierte, doppelunterschenkelamputierte, hüftexartikulierte und einseitig oberschenkelamputierte, die dauernd außer stande sind, ein kunstbein zu tragen, oder nur eine beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind, sowie andere schwerbehinderte, die nach versorgungsärztlicher feststellung, auch auf grund von erkrankungen, dem vorstehenden personenkreis gleichzustellen sind. erläuternde feststellungen zur zuerkennung des merkzeichens g enthält teil d ziffer 3 der versorgungsmedizinischen grundsätze (zur qualifikation der versorgungsmedizinischen grundsätze als erläuterungen vgl. lsg nrw urteil vom 13.07.2010 - 6 sb 133/09 = juris rn. 27 - zum merkzeichen ag). die frage, ob die versorgungsmedizinischen grundsätze darüber hinaus als rechtsverordnung verbindliche festlegungen enthalten ist umstritten. so wird teilweise die auffassung vertreten, eine ermächtigungsgrundlage zur schaffung einer rechtsverordnung betreffend die im sgb ix geregelten nachteilsausgleiche sei nicht gegeben. insbesondere enthalte der durch die versorgungsmedizin in bezug genommene regelung des § 30 abs. 17 bvg a.f. (nunmehr § 30 abs. 16 bvg) keine entsprechende ermächtigung (vgl. dau, jurispr-sozr 4/2009 anm. 4; lsg baden-württemberg, beschluss vom 02.10.2012 - l 8 sb 1914/10 = juris rn. 26). die regelungen der versorgungsmedizinischen grundsätze zum nachteilsausgleich ag seien damit mangels entsprechender ermächtigungsgrundlage rechtswidrig. rechtsgrundlage seien daher allein die genannten gesetzlichen bestimmungen und die hierzu in ständiger rechtsprechung anzuwendenden grundsätze. 21die kammer schließt sich dieser auffassung an. sie ist gleichwohl der ansicht, dass die feststellungen des teil d ziffer 3 mit in die bewertung des vorliegens der gesundheitlichen voraussetzungen für die inanspruchnahme des merkzeichens ag mit einbezogen werden können, wenngleich freilich nicht als rechtsgrundlage im sinne einer rechtsverordnung. die feststellungen in den versorgungsmedizinischen grundsätzen werden auf grundlage des aktuellen stands der medizinischen wissenschaft unter anwendung der grundsätze evidenzbasierter medizin erstellt und fortentwickelt, vgl. § 2 versorgungsmedizin-verordnung. sie enthalten - im hinblick auf das merkzeichen ag - im wesentlichen die gleichen regelungen, wie bereits ziffer 31 der vom bundesministerium für gesundheit und soziale sicherung herausgegebenen anhaltspunkte für die ärztliche gutachtertätigkeit im sozialen entschädigungsrecht und nach dem schwerbehindertenrecht (teil 2 sgb ix), zuletzt aus dem jahr 2008, (ahp 2008). die ahp 2008 beschrieben in ziffer 31 abs 3 bis 4 regelfälle, bei denen nach dem allgemein anerkannten stand der medizinischen erkenntnisse die gesundheitlichen voraussetzungen für das merkzeichen ag als erfüllt anzusehen waren und die bei der beurteilung einer dort nicht erwähnten behinderung als vergleichsmaßstab dienen konnten. sie gaben an, welche funktionsstörungen in welcher ausprägung vorliegen müssen, bevor angenommen werden konnte, dass ein behinderter außergewöhnlich gehbehindert ist. die festlegungen der anhaltspunkte sind von der rechtsprechung - als antizipierte sachverständigengutachten - bei der frage der beurteilung der zuerkennung von merkzeichen zugrundegelegt worden. eine entsprechende funktion erfüllen auch die nunmehr in teil d ziffer 3 der versorgungsmedizinischen grundsätze dargelegten regelungen (für eine anwendung der in den versorgungsmedizinischen grundsätzen dargelegten anforderungen auch bayerisches lsg urteil vom 26.09.2012 - l 15 sb 46/09 = juris rn. 61; lsg berlin-brandenburg urteil vom 19.12.2011 - l 13 sb 12/08 = juris rn. 29; lsg berlin-brandenburg urteil vom 16.11.2011 - l 11 sb 67/09 = juris rn. 34; wohl auch lsg niedersachsen-bremen urteil vom 09.08.2012 - l 10 sb 10/12 = juris rn. 15; lsg nrw urteil vom 13.07.2010 - l 6 sb 133/09 = juris rn. 29 - zu ag; a.a. offensichtlich lsg baden-württemberg beschluss vom 12.10.2011 - l 6 sb 3032/11 = juris rn. 39 ff.; vogl in: jurispk-sgb ix, § 146 sgb ix rn. 5). 22da der kläger jedenfalls nicht in eine der oben genannten beispielsgruppen fällt, war zu klären, ob er dem ausdrücklich beschriebenen personenkreis gleichzustellen ist. eine gleichstellung muss dann erfolgen, wenn ein betroffener in seiner gehfähigkeit in ungewöhnlichem maße eingeschränkt ist und er sich nur unter eben so großen anstrengungen wie die erstgenannte gruppe von schwerbehinderten oder nur noch mit fremder hilfe fortbewegen kann (bsg urteil vom 29.03.2007 - b 9a sb 5/05 r = juris rn. 11 ff.; bsg urteil vom 29.03.2007 - b 9a sb 1/06 r = juris rn. 15 ff.; bsg urteil vom 11.03.1998 - b 9 sb 1/97 r = juris rn.18) die damit erforderliche bildung eines vergleichsmaßstabes birgt freilich schwierigkeiten, weil die verschiedenen, im gesetz ausdrücklich aufgezählten gruppen in ihrer wegfähigkeit nicht homogen sind und einzelne vertreter dieser gruppe - bei gutem gesundheitlichem allgemeinzustand, hoher leistungsfähigkeit und optimaler prothetischer versorgung - ausnahmsweise nahezu das gehvermögen eines nichtbehinderten erreichen können. auf die individuelle prothetische versorgung der aufgeführten behinderten gruppen kann es grundsätzlich aber nicht ankommen (vgl. dazu bundessozialgericht, a.a.o.) im ergebnis ist hinsichtlich der gleichstellung bei dem restgehvermögen des betroffenen anzusetzen. insoweit stellen die maßgeblichen straßenrechtlichen vorschriften darauf ab, ob ein schwerbehinderter mensch nur mit fremder hilfe oder nur mit großer anstrengung - und zwar praktisch von den ersten schritten - außerhalb seines kraftfahrzeuges sich bewegen kann. wegen der begrenzten städtebaulichen möglichkeiten, raum für parkerleichterungen zu schaffen, sind hohe anforderungen zu stellen, um den kreis der begünstigten klein zu halten (bsg urteil vom 29.03.2007 - b 9a sb 5/05 r = juris rn. 11 ff.; bsg urteil vom 29.03.2007 - b 9a sb 1/06 r = juris rn. 15 ff.; bsg urteil vom 11.03.1998 - b 9 sb 1/97 r = juris rn.18) bei der erforderlichen tatrichterlichen feststellung, ob und ggf. in welchem umfang körperlichen anstrengungen vorhanden sind, kann dabei nicht allein auf eine gegriffene größe wie die schmerzfrei zurückgelegte wegstrecke abgestellt werden. zur klärung dieser frage sind indizien wie erschöpfungszustände, luftnot, schmerzen oder ähnliches heranzuziehen (vgl. bsg urteil vom 29.03.2007 - b 9a sb 5/05 r = juris rn. 11 ff.; bsg urteil vom 29.03.2007 - b 9a sb 1/06 r = juris rn. 15 ff.). so lässt sich ein vergleichbares erschöpfungsbild u.a. aus der dauer der erforderlichen pause sowie den umständen herleiten, unter denen der schwerbehinderte nach der pause seinen weg fortsetzt. nur kurzes pausieren - auch auf großparkplätzen - mit anschließendem fortsetzen des weges ohne zusätzliche probleme ist im hinblick auf den durch die vergleichsgruppen gebildeten maßstab zumutbar. hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass das ein abstellen auf ein starres kriterium keine sachgerechte beurteilung ermöglicht, weil es eine gesamtschau aller relevanten umstände eher verhindert (bsg, a.a.o.). 23unter berücksichtigung der genannten kriterien liegen beim kläger die voraussetzungen für die inanspruchnahme des merkzeichens ag nicht vor. 24dies steht zur überzeugung der kammer auf grundlage der vorliegenden arzt- und befundberichte aus dem verwaltungs- und widerspruchsverfahren sowie dem gutachten der frau dr. n. fest. das gutachten beruht auf umfangreichen untersuchungen, die von einer erfahrenen medizinischen gutachterin unter einsatz von diversen hilfsmitteln durchgeführt worden sind. die kammer hat keinen anlass an der richtigkeit und vollständigkeit der in dem gutachten erhobenen medizinischen befunde und gestellten diagnosen zu zweifeln. 25der kläger gab gegenüber der gutachterin an, sein rechtes knie mache große probleme. hier bestehe ein stechender schmerz bei belastung und ruhe, wobei bei ruhe zeitweilig auch beschwerdefreiheit bestehe. insbesondere wenn er zu gehen beginne verspüre er einen schmerz, dieser bleibe aber auch beim gehen konstant. in den unterschenkel verspüre er beim gehen ein taubheitsgefühl in beiden unterschenkel, in ruhe sei dieses nicht so ausgeprägt. bei belastung komme es rasch zu atemnot. der kläger beschrieb eine gehstrecke von ca. 100 m. 26die gutachterin beschreibt das gangbild des klägers als nach dem aufstehen leicht hinkend, wobei der kläger nach einigen schritten harmonischer, insgesamt aber tapsig und kleinschrittig gehe. im weiteren war ein eindeutiges hinken nicht mehr festzustellen. zur untersuchung kam der kläger ohne unterarmgehstütze mit einem über der schulter hängendem sauerstoffgerät. der zehen- und der fersengang werden als unauffällig beschrieben, der blindgang als schleppend. das rechte knie war hinsichtlich der streckung und beugung mit 0°/15°/110° eingeschränkt. das rechte knie war in streckung und beugung unauffällig. es fand sich rechts aber ein retropatellares reiben. die flexion des rechten hüftgelenks war unter angaben von knieschmerzen bis 110° möglich. links wurde die mögliche extension/flexion der hüfte mit 0°/0°/120° ermittelt. die beweglichkeit der übrigen gelenke wird von der gutachterin als unauffällig beschrieben. der einbeinstand konnte beidseits unauffällig gezeigt werden, ohne herabsinken der jeweils kontralateralen beckenhälfte. das einnehmen der tiefen hocke wurde von der gutachterin wegen der geklagten kniebeschwerde nicht geprüft. ein leistendruck oder trochanterkkopfschmerz wurde nicht geklagt. am rechten knie zeigte der kläger bei nur leichtem druck einen schmerz an. bei der orientierenden neurologischen untersuchung gab der kläger an den außenseiten der unterschenkel eine minderung der sensibilitätsempfindung. am rechten schienenbein wird kein vibrationsempfinden angegeben, links 5/8. lasègue-zeichen waren beidseits negativ unter angabe von kniegelenksschmerzen rechts. im bereich der zehen und der fußsohlen gab der kläger beidseits ein taubheitsgefühl an. der patellasehnenreflex und der achillessehnenreflex waren jeweils nicht auslösbar. für das funktionssystem der unteren extremitäten ist aufgrund der kniegelenksarthrose mit bewegungseinschränkungen in übereinstimmung mit der gutachterin gemäß teil b ziffer 18.14 der versorgungsmedizinischen grundsätze von einem gdb von 30 auszugehen. ebenfalls negativ auf die beine wirkt sich das postthrombotische syndrom und die auswirkungen der diabetischen polyneuropathie aus. in übereinstimmung mit der gutachterin bildet die kammer hieraus einen gdb für das funktionssystem der unteren extremitäten von 40. 27für das funktionssystem der wirbelsäule ist der gdb gemäß teil b ziffer 18.9 der versorgungsmedizinischen grundsätze mit 20 zu bewerten. hierbei ist die bewegungseinschränkung der seitenneigung der halswirbelsäule mit 20°/0°/20° und die einschränkung der seitenneigung des rumpfes zu berücksichtigen. die rotation der hws sowie des rumpfes ist mit 40°/0°/40° nur leicht symmetrisch eingeschränkt. insgesamt ist hier von leichten bis mittelgradigen einschränkungen in zwei wirbelsäulenabschnitten auszugehen. unter berücksichtigung der orthopädischen beeinträchtigungen kommt die zuerkennung des merkzeichens ag keinesfalls in betracht. 28allerdings kommt die feststellung des merkzeichens ag auch bei erkrankungen innerer organe, wie etwa beeinträchtigung von herz und lunge in betracht. 29beim kläger liegen, dies steht zur überzeugung der kammer fest, erhebliche internistische erkrankungen vor. so beschreibt die gutachterin zum einen eine chronische ateminsuffizienz in folge einer erschöpfung der atempumpe bei obesitas-hypoventilationssyndrom. nach ihren feststellungen ist die lungenfunktion des klägers verändert, wenngleich auch noch nicht hochgradig. vor dem hintergrund, dass bei ihm bereits seit längerem eine respiratorische globalinsuffizienz nachgewiesen ist, könne gemäß teil b ziffer 8.3 hierfür ein gdb von 80 in ansatz gebracht werden. dieser gdb ist nach auffassung der kammer – vor dem hintergrund des ansonsten beschriebenen aktionsniveaus des klägers und den feststellungen des dr. wilmsmann in seinem arztbericht vom 29.05.2013 – fraglich. die gutachterin selbst geht davon aus, dass keine einschränkung der lungenfunktion schweren grades vorliegt (vgl. s. 24 des gutachtens). vor diesem hintergrund ist die zuerkennung eines gdb von 80 insoweit nach auffassung der kammer nicht objektiviert. allerdings ist noch das ebenfalls bestehende schlaf-apnoe-syndrom mit durchgeführter nächtlicher überdruckbeatmung zu berücksichtigen, durch welches auch nach auffassung der kammer der gdb für das funktionssystem der lunge insgesamt auf 80 erhöht wird. gleichwohl ist beim kläger – trotz des gdb von 80 für das funktionssystem lunge – das merkzeichen ag nicht anzuerkennen. auch wenn nach teil d ziffer 3 der versorgungsmedizinischen grundsätze eine gleichstellung bei einschränkungen der lungenfunktion schweren grades dem grunde nach in betracht kommt, so kommt es auch bei dem vorliegen schwerer innerer erkrankungen für das merkzeichen ag entscheidend darauf an, dass sich diese auf die gehfähigkeit entsprechend negativ auswirkt (in diesem sinne schon bsg urteil vom 06.11.1985 – 9a rvs 7/83 = juris m.w.n.; vgl. auch wendler, versorgungsmedizinische grundsätze, 5. aufl. 2012, anmerkung zu teil d 3 nr. 5). dies ist beim kläger aber gerade nicht der fall. im rahmen der rehabilitationsmaßnahme vom 22.01.2013 bis 19.02.2013 in bad lippspringe betrug die gehstrecke – wenngleich langsam – ohne zusätzliche sauerstoffzufuhr 190 meter, mit sauerstoffzufuhr 250 meter. auch dr. x. beschreibt in seinem arztbericht vom 29.05.2013, dass eine kardiopulmonale leistungslimitierung, welche eine immobilität, wie vom kläger gezeigt, nach sich zieht, nicht vorliegt. der kläger hat selbst gegenüber der gutachterin angegeben, er könne noch ca. 100 meter gehen. dies entspricht auch den übrigen feststellungen im gutachten. die gesamte untersuchung durch frau dr. n. – und insbesondere auch die gangprüfung – machen deutlich, dass der kläger zwar in seiner beweglichkeit nicht unerheblich eingeschränkt ist, nicht aber in einem maße, welches eine zuerkennung des merkzeichens ag rechtfertigte. das gleiche gilt auch im hinblick auf die beeinträchtigungen des funktionssystems herz. vor dem hintergrund gelegentlich auftretender vorübergehender schwerer dekompensationserscheinungen und des vorhandenen bluthochdrucks geht auch die kammer – zusammen mit der gutachterin – gemäß teil b ziffer 9 der versorgungsmedizinischen grundsätze von einem gdb von 80 für das funktionssystem herz-kreislauf aus. die erkrankungen des herzens wirken sich freilich ebenfalls auf die mobilität des klägers aus. wie aber bereits dargelegt ist die gehstrecke bislang noch nicht in dem maße eingeschränkt, dass dem kläger das merkzeichen ag zuzuerkennen wäre. an diesen feststellungen ändert sich auch durch das kurz vor dem termin zur mündlichen verhandlung vorgelegte attest der psychiaterin tayyebian. 30auch wenn die kammer den wunsch des gesundheitlich erheblich beeinträchtigten klägers nachvollziehen kann, seinen wagen nahe an seinem haus abstellen zu können, so kann die kammer dies nicht zu gunsten des klägers berücksichtigen. bei der frage, ob die gesundheitlichen voraussetzungen für das merkzeichen ag vorliegen, kommt es eben nur auf die gesundheitlichen voraussetzungen an und nicht etwa auf die konkrete wohnsituation (vgl. dazu bayerisches landessozialgericht urteil vom 18.06.2013 – l 15 sb 183/09= juris rn. 62). 31die kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 sgg.
Verklagte*r
0
344,357
125 C 193/21
2022-03-02T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagten werden verurteilt, den Graupapagei namens Grisu, ca. 2530 cm groß/lang, grau gefiedert, um die Augen unbefiedert weiß sowie den Senegalpapagei mit Namen Tweety, ca.20 cm groß/lang, grünes Gefieder mit orangfarbenem Gefieder am Bauch, dunkles Gefieder am Kopf, silberfarbener Ring um ein Bein, an den Kläger herauszugeben. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für die Vollstreckung des Herausgabeanspruchs gilt: Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.100,00 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Für die Vollstreckung der Kosten gilt: Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten über zwei Papageien. Der Kläger ist der ältere Bruder des Beklagten zu 1). 3Der Senegalpapagei, den der Kläger als „Tweety“ bezeichnet, wurde vor mindestens ca. 30 Jahren vom Kläger im Beisein des Beklagten zu 1) gefangen. Dabei biss der Papagei dem Kläger in den Finger und lies erst los, nachdem er in einen Käfig gesetzt wurde, welchen die Zeugin I. dem Beklagten zu 1) gebracht hatte. Der Beklagte zu 1) beteiligte sich in keiner Weise an dem Geschehen, insbesondere nicht an dem Fang des Vogels, sondern schaute zu. Zur damaligen Zeit hatte der Beklagte zu 1) eher Angst vor Vögeln und wollte ihn keinesfalls anfassen. 4Senegalpapageien sind in Deutschland nicht heimisch. Sie leben hier unter menschlicher Herrschaft. Bei dem Senegalpapagei handelte es sich bei seinem Fang um ein zahmes Tier. 5Den Graupapagei „Grisu“ beschaffte sich der Kläger vor 35 bis 40 Jahren, wobei der genaue Ablauf streitig ist. 6Beide Tiere beließ der Kläger nach seinem Auszug aus der elterlichen Wohnung beim gemeinsamen Vater. 7Im Rahmen eines Streits zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) über den weiteren Umgang mit dem erkrankten Vater, drohte der Kläger zunächst damit, die Vögel abzuholen, sobald der Vater in eine Demenzwohngruppe umgezogen sei. 8Daraufhin sagte die Beklagte zu 2) ihm, dass er die Tiere dann direkt holen solle. Das lehnte der Kläger ab und teilte mit, dass die Tiere bei dem Vater verbleiben sollten, da dieser seinerzeit sehr unter dem Verlust seiner Ehefrau litt und der Kläger ihm nicht noch zusätzlich die beiden Vögel wegnehmen wollte. 9Im April 2021 zog der gemeinsame Vater in eine Demenzwohngruppe um. Danach nahmen die Beklagten die Papageien an sich. Der Vater verstarb Ende April 2021. Der Beklagte zu 1) ist zumindest Miterbe geworden. 10Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.05.2021 forderte der Kläger mit einer Frist von sieben Tagen ab Zugang des Schreibens zur Herausgabe der Tiere auf. Die Beklagten lehnten mit Schreiben vom 25.05.2021 die Herausgabe ab. 11Der Kläger behauptet, er habe den Graupapagei dergestalt erhalten, dass er ihn auf dem Taubenmarkt in Köln gekauft habe. Dabei habe ihn der Beklagte zu 1) begleitet. Es sei in der Familie nie in Zweifel gezogen worden, dass die Tiere auch nach dem Auszug des Klägers noch in dessen Eigentum stehen sollten. 12Der Kläger beantragt, 13die Beklagten zu verurteilen, den Graupapagei namens Grisu, ca. 25-30 cm groß/lang, grau gefiedert, um die Augen unbefiedert weiß sowie den Senegalpapagei mit Namen Tweety, ca.20 cm groß/lang, grünes Gefieder mit orangefarbenem Gefieder am Bauch, dunkles Gefieder am Kopf, silberfarbener Ring um ein Bein, an ihn herauszugeben. 14Die Beklagten beantragen, 15 die Klage abzuweisen. 16Die Beklagten behaupten, dass sich der Graupapagei beim Vater als ihm (dem Vater) gehörend befunden hätte. Dies lasse sich daraus ableiten, dass der Vater vor seinem Umzug in die Demenzwohngruppe geäußert habe, dass die Vögel nicht vom Kläger, sondern von den Beklagten betreut werden sollten. Die Aufforderung zur Abholung der Vögel durch die Beklagte zu 2) sei im Übrigen nicht ernsthaft gemeint gewesen. Sie sind der Ansicht, dass der Vater an den Vögeln jedenfalls Eigentum durch Ersitzung begründet habe. Zudem habe der Beklagte zu 1) beim Fangen des Vogels auch unmittelbare Sachherrschaft über diesen erlangt und der Kläger damit kein Alleineigentum. 17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. 18Entscheidungsgründe: 19Die zulässige Klage ist begründet. 20I. 21Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Herausgabe des Graupapageis gemäß § 985 BGB in Verbindung mit § 90a BGB. 22a) 23Es ist davon auszugehen, dass der Kläger Eigentümer des Graupapageis ist. Zwar ist er für den eigentlichen Erwerb beweisfällig geblieben. Jedoch folgt sein Eigentum aus der entsprechenden gesetzlichen Vermutung des § 1006 Abs. 2 BGB, wonach anzunehmen ist, dass der frühere Eigenbesitzer der Eigentümer war. Der Kläger hat ursprünglich Eigenbesitz erworben. Zwar sind die genauen Umstände beim Besitzerwerb streitig, es genügt jedoch nach allen Ansichten für einen schlüssigen 24Vortrag, wenn er plausibel zu dem Erwerbsvorgang – wie hier geschehen – ausführt (vgl. zum Meinungsstand Laumen, in: Handbuch der Beweislast, 4. Aufl. (2019), Band 3, § 1006 Rn. 18a ff.). Für die Dauer der Vermutung gilt laut BGH (Urteil vom 10.11.2004, VIII ZR 186/03, NJW 2005, 359, 363): „Die von dem Besitzerwerb ausgehende Eigentumsvermutung zu Gunsten des früheren Besitzers wirkt jedoch gem. § 1006 II BGB – ungeachtet des irreführenden Wortlauts der Bestimmung – über die Beendigung des Besitzes hinaus so lange fort, bis sie widerlegt wird […]“. 25b) 26Soweit die insoweit mit dem vollen Beweis des Gegenteils belasteten Beklagten (vgl. Laumen, a.a.O. Rn. 34) behaupten, der Vater habe die Vögel als ihm gehörend behalten, sind sie dafür beweisfällig geblieben. Sie haben weder einen entsprechenden Erwerbsvorgang des Vaters geschildert noch unter Beweis gestellt. Es kann im Sinne der Beklagten unterstellt werden, dass die aus ihrer Sicht dafür sprechende behauptete Äußerung des Vaters, die sie unter Beweis gestellt haben (vgl. Schriftsatz vom 20.09.2021, dort Seite 2, Bl. 29 d.A. und Schriftsatz vom 06.12.2021, dort Seite 1, Bl. 64 d.A.), zutrifft. Diese Äußerung – der (angebliche) Wunsch, dass die Vögel beim Beklagten und nicht beim Kläger untergebracht werden – erlaubt keinen zwingenden Rückschluss dahingehend, dass der Vater sich selbst als Eigentümer der Vögel sah. Er könnte dies ebenso gut geäußert haben, wenn er meinte, der Kläger sei der Eigentümer. Zudem ist davon auszugehen, dass die Beklagten selbst noch bei dem Streit über den Umzug des Vaters annahmen, der Kläger sei Eigentümer der Tiere. Dies ergibt sich aus den insoweit gewechselten Worten. Denn der Kläger „drohte“ mit der Abholung der Tiere, „sobald sein Vater in der Demenz-WG wäre“ und die Beklagte zu 2) erwiderte, er solle „sie dann direkt holen“ (vgl. Schriftsatz vom 20.09.2021, dort Seite 3, Bl. 30 d.A.). Wäre die Beklagte zu 2) davon ausgegangen, dass der Kläger kein eigenes Recht an den Papageien hatte, wäre es naheliegend, dass ihre im Streit gefallene Antwort dies aufgreift. Es hätte etwa erwidert werden können, dass eine Abholung durch den Kläger ausscheide, da die Tiere dem Vater gehören und dieser das nicht wolle. Die Beklagten treten einheitlich in diesem Rechtsstreit auf, weshalb nicht davon auszugehen ist, dass die Einschätzung der beiden an diesem Punkt unterschiedlich war. Zwar haben die Beklagten bestritten, dass die Abholungsaufforderung ernst gemeint war. Die angebliche mangelnde Ernsthaftigkeit ist indes aus dem Kontext nicht ersichtlich. Einzelheiten oder ein Beweisangebot dazu, dass die Aufforderung nicht ernst gemeint war, sind nicht vorgetragen. Die unwidersprochen gebliebene Antwort des Klägers auf die Aufforderung, wonach er die Papageien dort noch belassen wolle, um den Vater nicht zu belasten, spricht ebenfalls dafür, dass sein Recht, die Vögel jederzeit an sich zu nehmen, zu diesem Zeitpunkt nicht in Frage gestellt wurde. 27c) 28Eine Ersitzung der Papageien durch den Vater gemäß § 937 Abs. 1 BGB scheitert bereits daran, dass nicht vorgetragen ist, welcher Zeitraum zwischen dem Auszug des Klägers und dem Umzug des Vaters lag. Selbst wenn man im Sinne der Beklagten annehmen würde, wofür die Umstände wohl sprechen, dass es sich um mehr als zehn Jahre gehandelt hat, fehlt es für eine Ersitzung am Eigenbesitz des Vaters. Ein solcher ist von den insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten lediglich behauptet, nicht unter Beweis gestellt und widerspricht dem unstreitigen Inhalt der Auseinandersetzung um die Abholungsaufforderung (vgl. oben). 29d) 30Ein Recht zum Besitz der Beklagten im Verhältnis zum Kläger, welches sich nicht aus einer Eigentumsstellung des Vaters ableitet, ist weder dargetan noch ersichtlich. 31II. 32Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Herausgabe des Senegalpapageis gemäß § 985 BGB in Verbindung mit § 90a BGB. 33a) 34Der Kläger ist durch Ersitzung gemäß § 937 Abs. 1 BGB Eigentümer des 35Senegalpapageis geworden. Der entsprechend erforderliche Zeitraum von zehn Jahren ist nach Vortrag beider Parteien vergangen. Der Kläger hat damals Eigenbesitz erworben. Die unstreitig gewordenen Einzelheiten zum genauen Ablauf des Fangs lassen keinen (Mit)-Besitz des Beklagten zu 1) erkennen. Besitz erfordert die Sachherrschaft und der von außen erkennbare Wille zur Sachherrschaft. Dafür reicht ein natürlicher Wille, den auch geschäftsunfähige Personen, wie Kinder, haben können. Die Umstände lassen schon keine Sachherrschaft des Beklagten zu 1) erkennen. Die Verkehrsauffassung geht bei dem Fang eines Tieres davon aus, dass derjenige Sachherrschaft hat, der das Tier gefangen hat. Die bloße Anwesenheit und möglicherweise darin liegende psychische Unterstützung genügen ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht. Zwar hat der Beklagte zu 1) den Käfig von der Zeugin erhalten. Er hat diesen jedoch dem Kläger überlassen müssen, da er damals noch Angst vor Vögeln hatte und den Papagei daher keinesfalls anfassen wollte. Selbst wenn man anderer Ansicht ist und über die Weitergabe des Käfigs noch eine geringe Sachherrschaft annehmen wollte, fehlt es jedenfalls vor dem Hintergrund der Angst vor Vögeln an einem (natürlichen) und von außen erkennbaren Willen, die Sachherrschaft über den Papagei zu begründen. 36Für die Ersitzung genügt der mittelbare Besitz, so dass offen bleiben kann, ob zwischen dem Fang und dem Auszug des Klägers zehn Jahre lagen. Denn danach vermittelte sein Vater ihm dem Besitz. Ein Eigenbesitz des Vaters im Hinblick auf den Senegalpapagei ist – anders als beim Graupapagei, vgl. oben – von den Beklagten nicht behauptet, so dass es insoweit sein Bewenden mit dem Vortrag des Klägers hat. 37b) 38Zwar ist – wie die Beklagten zutreffend anmerken – der Papagei nicht als herrenlose Sachen anzusehen, da er eine hier nicht heimische Art entstammt und von dem vorhergehenden Besitz eines anderen Menschen auszugehen ist. Ein Eigentumserwerb über eine Aneignung nach § 958 BGB ist damit ausgeschlossen. 39Eine Ersitzung ist gleichwohl möglich. Dies widerspricht nicht dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung. Denn das BGB trifft insoweit diverse, individuell zu prüfende Regelungen zum Eigentumserwerb in verschiedenen Konstellationen. Ein Widerspruch zu anderen Gesetzen ist weder dargetan noch ersichtlich. Insbesondere verbietet das Bundesnaturschutzgesetz den Fang von hier nicht heimischen Arten nicht. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut von § 7 Abs. 2 Nr. 1 a) BNatSchG, wonach „herrenlos gewordene“ Tiere nicht zu denen im Sinne des BNatSchG zählen. Das Verbot in § 39 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, wild lebende Tiere zu fangen, schließt daher „Haus- und Nutztiere oder auch menschlich gezüchtete Kultur- und Nutzpflanzen aus, selbst wenn es sich im Fall der Haus- und Nutztiere um verwilderte oder herrenlose Exemplare handelt“ (Zitat von Gläß, in: BeckOK, UmweltR, 60. Ed. (Stand 01.10.2021), BNatSchG § 37 Rn. 9). 40c) 41Eine Bösgläubigkeit des Klägers im Zeitpunkt der Begründung des Besitzes an dem Papagei, welche dem Eigentumserwerb nach § 937 Abs. 2 Alt. 1 BGB entgegenstünde, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Beweisbelastet wären die Beklagten (vgl. BGH, Urteil vom 19.7.2019, V ZR 255/17 Rn. 38 ff.). Erforderlich wäre positive Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis, § 932 Abs. 2 BGB. Insoweit gilt, dass ein Handeln vorliegen muss, „bei dem die erforderliche Sorgfalt den gesamten Umständen nach in ungewöhnlich großem Maße verletzt worden ist und bei dem dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen“ (Zitat aus BGH, Urteil vom 18.09.2020, V ZR 8/19 Rn. 28). Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die noch im Kindesalter befindlichen Brüder damals auf den Gedanken hätten kommen müssen, dass der Papagei einer anderen Person gehören könnte. Soweit ersichtlich haben zudem weder die offenbar erwachsene Zeugin Eiselein noch die Eltern der Brüder versucht, den ursprünglichen Besitzer ausfindig zu machen. Wenn aber nicht einmal die Erwachsenen im Umfeld des Klägers in diese Richtung dachten, kann solches ohne zusätzliche Anhaltspunkte auch nicht – zumindest nicht verbunden mit dem Vorwurf der Verletzung der Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße – vom Kläger erwartet werden. 42Bei der Kenntniserlangung nach dem Besitzerwerb ist nur noch positive Kenntnis schädlich, § 937 Abs. 2 Alt. 2 BGB. Der früheste dem Sachverhalt zu entnehmende Zeitpunkt, zu dem der Kläger positiv erfahren hat, dass der Papagei damals vermutlich einer anderen Person gehörte, ist der vorliegende Prozess. Denn dort hatten die Beklagten schriftsätzlich darauf hingewiesen. Zu diesem Zeitpunkt war der Ersitzungszeitraum von zehn Jahren bereits lange verstrichen. Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob es nicht ohnehin widersprüchlich wäre, wenn sich der Beklagte zu 1) auf eine etwaige grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse an dem gefangenen Papagei berufen könnte obgleich ihm dann wohl derselbe Vorwurf zu machen wäre. 43d) 44Die Verletzung der Vorschrift über die Anzeige eines Fundes nach § 965 BGB – die vorliegend auch für den Papagei galt – hindert eine Ersitzung nicht. Der Schutz des ursprünglichen Eigentümers wird insoweit ausreichend durch § 973 BGB und die soeben diskutierte Regelung des § 937 Abs. 2 BGB sichergestellt. Die Ersitzung ist zudem eine originäre Eigentumserwerbart, die dem Erwerb aufgrund der Fundvorschriften nicht sonderlich nahesteht (vgl. C. Heinze, in: Staudinger, (2020), § 973 Rn. 4). 45e) 46Ein Recht zum Besitz der Beklagten im Verhältnis zum Kläger, welches sich nicht aus einer Eigentumsstellung des Vaters ableitet, ist erneut weder dargetan noch ersichtlich. 47III. 48Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht bezüglich des Herausgabeanspruchs auf §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1, 709 Satz 1, 108 Abs. 1 ZPO und bezüglich der Kosten auf §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und Satz 2, 709 Satz 2 ZPO. 49Streitwert: 1.000,00 € 50Rechtsbehelfsbelehrung: 51A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 521. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 532. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 54Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 55Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen. 56Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die 57Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 58Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 59B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem 60Amtsgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher 61Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. 62Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
die beklagten werden verurteilt, den graupapagei namens grisu, ca. 2530 cm groß/lang, grau gefiedert, um die augen unbefiedert weiß sowie den senegalpapagei mit namen tweety, ca.20 cm groß/lang, grünes gefieder mit orangfarbenem gefieder am bauch, dunkles gefieder am kopf, silberfarbener ring um ein bein, an den kläger herauszugeben. die kosten des rechtsstreits tragen die beklagten. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. für die vollstreckung des herausgabeanspruchs gilt: die beklagten dürfen die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 1.100,00 € abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. für die vollstreckung der kosten gilt: die beklagten dürfen die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die parteien streiten über zwei papageien. der kläger ist der ältere bruder des beklagten zu 1). 3der senegalpapagei, den der kläger als „tweety“ bezeichnet, wurde vor mindestens ca. 30 jahren vom kläger im beisein des beklagten zu 1) gefangen. dabei biss der papagei dem kläger in den finger und lies erst los, nachdem er in einen käfig gesetzt wurde, welchen die zeugin i. dem beklagten zu 1) gebracht hatte. der beklagte zu 1) beteiligte sich in keiner weise an dem geschehen, insbesondere nicht an dem fang des vogels, sondern schaute zu. zur damaligen zeit hatte der beklagte zu 1) eher angst vor vögeln und wollte ihn keinesfalls anfassen. 4senegalpapageien sind in deutschland nicht heimisch. sie leben hier unter menschlicher herrschaft. bei dem senegalpapagei handelte es sich bei seinem fang um ein zahmes tier. 5den graupapagei „grisu“ beschaffte sich der kläger vor 35 bis 40 jahren, wobei der genaue ablauf streitig ist. 6beide tiere beließ der kläger nach seinem auszug aus der elterlichen wohnung beim gemeinsamen vater. 7im rahmen eines streits zwischen dem kläger und der beklagten zu 2) über den weiteren umgang mit dem erkrankten vater, drohte der kläger zunächst damit, die vögel abzuholen, sobald der vater in eine demenzwohngruppe umgezogen sei. 8daraufhin sagte die beklagte zu 2) ihm, dass er die tiere dann direkt holen solle. das lehnte der kläger ab und teilte mit, dass die tiere bei dem vater verbleiben sollten, da dieser seinerzeit sehr unter dem verlust seiner ehefrau litt und der kläger ihm nicht noch zusätzlich die beiden vögel wegnehmen wollte. 9im april 2021 zog der gemeinsame vater in eine demenzwohngruppe um. danach nahmen die beklagten die papageien an sich. der vater verstarb ende april 2021. der beklagte zu 1) ist zumindest miterbe geworden. 10mit anwaltlichem schreiben vom 21.05.2021 forderte der kläger mit einer frist von sieben tagen ab zugang des schreibens zur herausgabe der tiere auf. die beklagten lehnten mit schreiben vom 25.05.2021 die herausgabe ab. 11der kläger behauptet, er habe den graupapagei dergestalt erhalten, dass er ihn auf dem taubenmarkt in köln gekauft habe. dabei habe ihn der beklagte zu 1) begleitet. es sei in der familie nie in zweifel gezogen worden, dass die tiere auch nach dem auszug des klägers noch in dessen eigentum stehen sollten. 12der kläger beantragt, 13die beklagten zu verurteilen, den graupapagei namens grisu, ca. 25-30 cm groß/lang, grau gefiedert, um die augen unbefiedert weiß sowie den senegalpapagei mit namen tweety, ca.20 cm groß/lang, grünes gefieder mit orangefarbenem gefieder am bauch, dunkles gefieder am kopf, silberfarbener ring um ein bein, an ihn herauszugeben. 14die beklagten beantragen, 15 die klage abzuweisen. 16die beklagten behaupten, dass sich der graupapagei beim vater als ihm (dem vater) gehörend befunden hätte. dies lasse sich daraus ableiten, dass der vater vor seinem umzug in die demenzwohngruppe geäußert habe, dass die vögel nicht vom kläger, sondern von den beklagten betreut werden sollten. die aufforderung zur abholung der vögel durch die beklagte zu 2) sei im übrigen nicht ernsthaft gemeint gewesen. sie sind der ansicht, dass der vater an den vögeln jedenfalls eigentum durch ersitzung begründet habe. zudem habe der beklagte zu 1) beim fangen des vogels auch unmittelbare sachherrschaft über diesen erlangt und der kläger damit kein alleineigentum. 17wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den akteninhalt bezug genommen. 18
19die zulässige klage ist begründet. 20i. 21der kläger hat gegen die beklagten einen anspruch auf herausgabe des graupapageis gemäß § 985 bgb in verbindung mit § 90a bgb. 22a) 23es ist davon auszugehen, dass der kläger eigentümer des graupapageis ist. zwar ist er für den eigentlichen erwerb beweisfällig geblieben. jedoch folgt sein eigentum aus der entsprechenden gesetzlichen vermutung des § 1006 abs. 2 bgb, wonach anzunehmen ist, dass der frühere eigenbesitzer der eigentümer war. der kläger hat ursprünglich eigenbesitz erworben. zwar sind die genauen umstände beim besitzerwerb streitig, es genügt jedoch nach allen ansichten für einen schlüssigen 24vortrag, wenn er plausibel zu dem erwerbsvorgang – wie hier geschehen – ausführt (vgl. zum meinungsstand laumen, in: handbuch der beweislast, 4. aufl. (2019), band 3, § 1006 rn. 18a ff.). für die dauer der vermutung gilt laut bgh (urteil vom 10.11.2004, viii zr 186/03, njw 2005, 359, 363): „die von dem besitzerwerb ausgehende eigentumsvermutung zu gunsten des früheren besitzers wirkt jedoch gem. § 1006 ii bgb – ungeachtet des irreführenden wortlauts der bestimmung – über die beendigung des besitzes hinaus so lange fort, bis sie widerlegt wird […]“. 25b) 26soweit die insoweit mit dem vollen beweis des gegenteils belasteten beklagten (vgl. laumen, a.a.o. rn. 34) behaupten, der vater habe die vögel als ihm gehörend behalten, sind sie dafür beweisfällig geblieben. sie haben weder einen entsprechenden erwerbsvorgang des vaters geschildert noch unter beweis gestellt. es kann im sinne der beklagten unterstellt werden, dass die aus ihrer sicht dafür sprechende behauptete äußerung des vaters, die sie unter beweis gestellt haben (vgl. schriftsatz vom 20.09.2021, dort seite 2, bl. 29 d.a. und schriftsatz vom 06.12.2021, dort seite 1, bl. 64 d.a.), zutrifft. diese äußerung – der (angebliche) wunsch, dass die vögel beim beklagten und nicht beim kläger untergebracht werden – erlaubt keinen zwingenden rückschluss dahingehend, dass der vater sich selbst als eigentümer der vögel sah. er könnte dies ebenso gut geäußert haben, wenn er meinte, der kläger sei der eigentümer. zudem ist davon auszugehen, dass die beklagten selbst noch bei dem streit über den umzug des vaters annahmen, der kläger sei eigentümer der tiere. dies ergibt sich aus den insoweit gewechselten worten. denn der kläger „drohte“ mit der abholung der tiere, „sobald sein vater in der demenz-wg wäre“ und die beklagte zu 2) erwiderte, er solle „sie dann direkt holen“ (vgl. schriftsatz vom 20.09.2021, dort seite 3, bl. 30 d.a.). wäre die beklagte zu 2) davon ausgegangen, dass der kläger kein eigenes recht an den papageien hatte, wäre es naheliegend, dass ihre im streit gefallene antwort dies aufgreift. es hätte etwa erwidert werden können, dass eine abholung durch den kläger ausscheide, da die tiere dem vater gehören und dieser das nicht wolle. die beklagten treten einheitlich in diesem rechtsstreit auf, weshalb nicht davon auszugehen ist, dass die einschätzung der beiden an diesem punkt unterschiedlich war. zwar haben die beklagten bestritten, dass die abholungsaufforderung ernst gemeint war. die angebliche mangelnde ernsthaftigkeit ist indes aus dem kontext nicht ersichtlich. einzelheiten oder ein beweisangebot dazu, dass die aufforderung nicht ernst gemeint war, sind nicht vorgetragen. die unwidersprochen gebliebene antwort des klägers auf die aufforderung, wonach er die papageien dort noch belassen wolle, um den vater nicht zu belasten, spricht ebenfalls dafür, dass sein recht, die vögel jederzeit an sich zu nehmen, zu diesem zeitpunkt nicht in frage gestellt wurde. 27c) 28eine ersitzung der papageien durch den vater gemäß § 937 abs. 1 bgb scheitert bereits daran, dass nicht vorgetragen ist, welcher zeitraum zwischen dem auszug des klägers und dem umzug des vaters lag. selbst wenn man im sinne der beklagten annehmen würde, wofür die umstände wohl sprechen, dass es sich um mehr als zehn jahre gehandelt hat, fehlt es für eine ersitzung am eigenbesitz des vaters. ein solcher ist von den insoweit darlegungs- und beweisbelasteten beklagten lediglich behauptet, nicht unter beweis gestellt und widerspricht dem unstreitigen inhalt der auseinandersetzung um die abholungsaufforderung (vgl. oben). 29d) 30ein recht zum besitz der beklagten im verhältnis zum kläger, welches sich nicht aus einer eigentumsstellung des vaters ableitet, ist weder dargetan noch ersichtlich. 31ii. 32der kläger hat gegen die beklagten einen anspruch auf herausgabe des senegalpapageis gemäß § 985 bgb in verbindung mit § 90a bgb. 33a) 34der kläger ist durch ersitzung gemäß § 937 abs. 1 bgb eigentümer des 35senegalpapageis geworden. der entsprechend erforderliche zeitraum von zehn jahren ist nach vortrag beider parteien vergangen. der kläger hat damals eigenbesitz erworben. die unstreitig gewordenen einzelheiten zum genauen ablauf des fangs lassen keinen (mit)-besitz des beklagten zu 1) erkennen. besitz erfordert die sachherrschaft und der von außen erkennbare wille zur sachherrschaft. dafür reicht ein natürlicher wille, den auch geschäftsunfähige personen, wie kinder, haben können. die umstände lassen schon keine sachherrschaft des beklagten zu 1) erkennen. die verkehrsauffassung geht bei dem fang eines tieres davon aus, dass derjenige sachherrschaft hat, der das tier gefangen hat. die bloße anwesenheit und möglicherweise darin liegende psychische unterstützung genügen ohne das hinzutreten weiterer umstände nicht. zwar hat der beklagte zu 1) den käfig von der zeugin erhalten. er hat diesen jedoch dem kläger überlassen müssen, da er damals noch angst vor vögeln hatte und den papagei daher keinesfalls anfassen wollte. selbst wenn man anderer ansicht ist und über die weitergabe des käfigs noch eine geringe sachherrschaft annehmen wollte, fehlt es jedenfalls vor dem hintergrund der angst vor vögeln an einem (natürlichen) und von außen erkennbaren willen, die sachherrschaft über den papagei zu begründen. 36für die ersitzung genügt der mittelbare besitz, so dass offen bleiben kann, ob zwischen dem fang und dem auszug des klägers zehn jahre lagen. denn danach vermittelte sein vater ihm dem besitz. ein eigenbesitz des vaters im hinblick auf den senegalpapagei ist – anders als beim graupapagei, vgl. oben – von den beklagten nicht behauptet, so dass es insoweit sein bewenden mit dem vortrag des klägers hat. 37b) 38zwar ist – wie die beklagten zutreffend anmerken – der papagei nicht als herrenlose sachen anzusehen, da er eine hier nicht heimische art entstammt und von dem vorhergehenden besitz eines anderen menschen auszugehen ist. ein eigentumserwerb über eine aneignung nach § 958 bgb ist damit ausgeschlossen. 39eine ersitzung ist gleichwohl möglich. dies widerspricht nicht dem grundsatz der einheitlichkeit der rechtsordnung. denn das bgb trifft insoweit diverse, individuell zu prüfende regelungen zum eigentumserwerb in verschiedenen konstellationen. ein widerspruch zu anderen gesetzen ist weder dargetan noch ersichtlich. insbesondere verbietet das bundesnaturschutzgesetz den fang von hier nicht heimischen arten nicht. das ergibt sich schon aus dem wortlaut von § 7 abs. 2 nr. 1 a) bnatschg, wonach „herrenlos gewordene“ tiere nicht zu denen im sinne des bnatschg zählen. das verbot in § 39 abs. 1 nr. 1 bnatschg, wild lebende tiere zu fangen, schließt daher „haus- und nutztiere oder auch menschlich gezüchtete kultur- und nutzpflanzen aus, selbst wenn es sich im fall der haus- und nutztiere um verwilderte oder herrenlose exemplare handelt“ (zitat von gläß, in: beckok, umweltr, 60. ed. (stand 01.10.2021), bnatschg § 37 rn. 9). 40c) 41eine bösgläubigkeit des klägers im zeitpunkt der begründung des besitzes an dem papagei, welche dem eigentumserwerb nach § 937 abs. 2 alt. 1 bgb entgegenstünde, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. beweisbelastet wären die beklagten (vgl. bgh, urteil vom 19.7.2019, v zr 255/17 rn. 38 ff.). erforderlich wäre positive kenntnis oder grob fahrlässige unkenntnis, § 932 abs. 2 bgb. insoweit gilt, dass ein handeln vorliegen muss, „bei dem die erforderliche sorgfalt den gesamten umständen nach in ungewöhnlich großem maße verletzt worden ist und bei dem dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen fall jedem hätte einleuchten müssen“ (zitat aus bgh, urteil vom 18.09.2020, v zr 8/19 rn. 28). es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die noch im kindesalter befindlichen brüder damals auf den gedanken hätten kommen müssen, dass der papagei einer anderen person gehören könnte. soweit ersichtlich haben zudem weder die offenbar erwachsene zeugin eiselein noch die eltern der brüder versucht, den ursprünglichen besitzer ausfindig zu machen. wenn aber nicht einmal die erwachsenen im umfeld des klägers in diese richtung dachten, kann solches ohne zusätzliche anhaltspunkte auch nicht – zumindest nicht verbunden mit dem vorwurf der verletzung der sorgfalt in ungewöhnlich grobem maße – vom kläger erwartet werden. 42bei der kenntniserlangung nach dem besitzerwerb ist nur noch positive kenntnis schädlich, § 937 abs. 2 alt. 2 bgb. der früheste dem sachverhalt zu entnehmende zeitpunkt, zu dem der kläger positiv erfahren hat, dass der papagei damals vermutlich einer anderen person gehörte, ist der vorliegende prozess. denn dort hatten die beklagten schriftsätzlich darauf hingewiesen. zu diesem zeitpunkt war der ersitzungszeitraum von zehn jahren bereits lange verstrichen. vor diesem hintergrund kann offen bleiben, ob es nicht ohnehin widersprüchlich wäre, wenn sich der beklagte zu 1) auf eine etwaige grob fahrlässige unkenntnis des klägers hinsichtlich der eigentumsverhältnisse an dem gefangenen papagei berufen könnte obgleich ihm dann wohl derselbe vorwurf zu machen wäre. 43d) 44die verletzung der vorschrift über die anzeige eines fundes nach § 965 bgb – die vorliegend auch für den papagei galt – hindert eine ersitzung nicht. der schutz des ursprünglichen eigentümers wird insoweit ausreichend durch § 973 bgb und die soeben diskutierte regelung des § 937 abs. 2 bgb sichergestellt. die ersitzung ist zudem eine originäre eigentumserwerbart, die dem erwerb aufgrund der fundvorschriften nicht sonderlich nahesteht (vgl. c. heinze, in: staudinger, (2020), § 973 rn. 4). 45e) 46ein recht zum besitz der beklagten im verhältnis zum kläger, welches sich nicht aus einer eigentumsstellung des vaters ableitet, ist erneut weder dargetan noch ersichtlich. 47iii. 48die kostenentscheidung folgt aus § 91 zpo. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht bezüglich des herausgabeanspruchs auf §§ 708 nr. 11, 711 satz 1, 709 satz 1, 108 abs. 1 zpo und bezüglich der kosten auf §§ 708 nr. 11, 711 satz 1 und satz 2, 709 satz 2 zpo. 49streitwert: 1.000,00 € 50rechtsbehelfsbelehrung: 51a) gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 521. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 532. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 54die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils bei dem landgericht köln, luxemburger str. 101, 50939 köln, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 55die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils gegenüber dem landgericht köln zu begründen. 56die parteien müssen sich vor dem landgericht köln durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die 57berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 58mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 59b) gegen die streitwertfestsetzung ist die beschwerde an das amtsgericht köln statthaft, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,00 eur übersteigt oder das amtsgericht die beschwerde zugelassen hat. die beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem 60amtsgericht köln, luxemburger str. 101, 50939 köln, schriftlich in deutscher 61sprache oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. die beschwerde kann auch zur niederschrift der geschäftsstelle eines jeden amtsgerichtes abgegeben werden. 62ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann die beschwerde noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Klaeger*in
1
164,836
4 K 3395/13 E
2015-06-12T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten darüber, ob der Arbeitsplatz des Klägers als Amtsbetriebsprüfer im Finanzamt seine regelmäßige Arbeitsstätte darstellt. 3Der im Streitjahr 2012 getrennt von seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagte Kläger ist als Betriebsprüfer beim Beklagten beschäftigt. Dort steht ihm ein eingerichteter Arbeitsplatz zur Verfügung. Von den vom Kläger im Jahr 2012 insgesamt 1462 erfassten Stunden entfallen 471 auf Prüfungstätigkeiten im Außendienst, 975 Stunden auf Tätigkeiten im Finanzamt und die übrigen 16 Stunden auf eine auswärtige Schulung. Die 975 Stunden im Finanzamt teilen sich auf in 284 Stunden für Prüfungen im Innendienst, 125 Stunden für Prüfungsvorbereitungen (einschließlich Absetzungsverfügungen), 209 Stunden für Berichterstellung und Auswertung und 357 Stunden für sonstige Prüfungstätigkeiten, prüfungsfremde Zeiten sowie außendienstbezogene Fortbildungszeiten. 4In seiner Einkommensteuererklärung für 2012 gab der Kläger als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit unter anderem Fahrten zum Finanzamt als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte an 185 Tagen bei einer Entfernung von 12 km an. Darüber hinaus machte er Fahrtkosten zu auswärtigen Prüfungen in Höhe von 1.261,- EUR sowie Mehraufwendungen für Verpflegung in Höhe von 192,- EUR geltend. Die Fahrtkosten ermittelte er nach einem Kilometersatz von 1,18 EUR. Nach Abzug der steuerfreien Arbeitgebererstattung in Höhe von 512,- EUR verblieb für die Fahrtkosten und die Verpflegungsmehraufwendungen noch ein Betrag in Höhe von 941,- EUR. 5Der Beklagte berücksichtigte die geltend gemachten Aufwendungen in der erklärten Höhe als Werbungskosten. Hiergegen legte der Kläger mit der Begründung Einspruch ein, dass sein Arbeitsplatz im Finanzamt nicht seine regelmäßige Arbeitsstätte darstelle. Dementsprechend seien auch die Fahrten dorthin mit den tatsächlichen Kosten (1,18 EUR/km) sowie höhere Verpflegungsmehraufwendungen anzusetzen. Danach ergäben sich folgende Beträge: 6Fahrtkosten 5.846,- EUR Mehraufwendungen für Verpflegung 984,- EUR Abzüglich Erstattung -512,- EUR Abzugsfähige Werbungskosten 6.318,- EUR Abzüglich bisher berücksichtigte Kosten Fahrten Wohnung Arbeitsstätte -666,- EUR Sonstige Fahrten und MfV -941,- EUR Erhöhung der Werbungskosten 4.711,- EUR 7Wegen der Ermittlung dieser Beträge wird im Einzelnen auf die vom Kläger eingereichten Aufstellungen (Bl. 48-64 der Einkommensteuerakte) Bezug genommen. 8Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück. 9Zur Begründung seiner hiergegen erhobenen Klage trägt der Kläger vor, dass fürdie Beurteilung, ob ein Arbeitsplatz eine regelmäßige Arbeitsstätte darstelle, nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Aspekte zu berücksichtigen seien. Das Bild einesAußenprüfers sei geprägt vom Außendienst. Nach § 6 der Betriebsprüfungsordnung (BpO) sei eine Prüfung im Regelfall in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen durchzuführen. Dort seien auch die tatsächlichen Feststellungen vorzunehmen, selbst wenn die Prüfung im Übrigen an Amtsstelle stattfinde. Der Aufenthalt des Prüfers vor Ort stelle für den Steuerpflichtigen den grundrechtsrelevanten Eingriff dar. Demgegenüber hätten die Prüfungsvorbereitung und die Abfassung des Berichts nicht die gleiche qualitative Wertigkeit wie die Prüfungshandlungen selbst. Eine Dispositionsmöglichkeit des Klägers (z.B. durch gezielte Wohnsitznahme zur Vermeidung von Arbeitswegen) bestehe nicht, weil er keinen Einfluss auf den Prüfungsgeschäftsplan habe. Schließlich sei die Beschränkung des Werbungskostenabzugs für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte restriktiv auszulegen. 10Der Kläger beantragt, 11den Einkommensteuerbescheid für 2012 vom 7.6.2013 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 17.6.2013 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.9.2013 dahingehend zu ändern, dass zusätzliche Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 4.711,- EUR berücksichtigt werden, 12hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen. 13Der Beklagte beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15Er ist der Ansicht, dass der hohe Anteil der Gesamtarbeitszeit des Klägers, den dieser im Finanzamt verbringe, für seine dortige regelmäßige Arbeitsstätte spreche. Hierbei handele es sich nicht nur um Prüfungsvor- und -nachbereitungen, sondern auch um Prüfungshandlungen im Innendienst. Da sich die Zeitanteile im Verhältnis zu den früheren Jahren nicht nennenswert geändert hätten, habe sich der Kläger von vornherein darauf einstellen können. Darüber hinaus komme den Prüfungsvorbereitungen ein hoher qualitativer Stellenwert zu. Dies zeige sich daran, dass Betriebsprüfer an ihrem Arbeitsplatz im Amt prüfungsrelevante Daten, die sie aufgrund der Datenzugriffsrechte erhalten, mit der Prüfungssoftware auswerten könnten. Zudem würden dort die Prüfungsschwerpunkte festgelegt. Auch nehme die Internetrecherche einen immer größeren Raum ein. Schließlich sei auch die Erstellung des Prüfungsberichts als qualitativer Schwerpunkt der Tätigkeit eines Betriebsprüfers anzusehen. 16Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Steuerakten des Beklagten Bezug genommen. 17Der Senat hat am 12.6.2015 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen. 18Entscheidungsgründe: 19Die zulässige Klage ist unbegründet. 20Der Einkommensteuerbescheid für 2012 vom 7.6.2013 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 17.6.2013 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.9.2013 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung, FGO). 21Der Beklagte hat die Fahrten des Klägers zum Finanzamt zutreffend nicht mit den tatsächlichen Kosten angesetzt und für die Zeiten, die der Kläger im Finanzamt verbracht hat, zutreffend keine Verpflegungsmehraufwendungen berücksichtigt. Insoweit steht dem Kläger kein höherer Werbungskostenabzug zu. 22Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Hierzu gehören auch Aufwendungen eines Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Diese können jedoch nicht mit den tatsächlichen Kosten berücksichtigt werden. Vielmehr ist zur Abgeltung der Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die regelmäßige Arbeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte von 0,30 EUR anzusetzen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG in der für das Streitjahr gültigen Fassung- EStG a.F.). 23Diese Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip ist dadurch gerechtfertigt, dass sich der Arbeitnehmer bei einer auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegten regelmäßigen Arbeitsstätte in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen Wege einstellen und so aufeine Minderung der Wegekosten hinwirken kann (etwa durch Bildung von Fahrgemeinschaften, Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder gegebenenfalls durch entsprechende Wohnsitznahme). Liegt dagegen keine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte Arbeitsstätte vor, auf die sich der Arbeitnehmer einstellen kann, ist eine Beschränkung der abzugsfähigen Kosten sachlich nicht gerechtfertigt. 24Als regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG a.F. ist jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers zu verstehen, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortdauernd und immer wieder aufsucht. Arbeitsstätte in diesem Sinne ist allerdings nicht jeder beliebige Tätigkeitsort, sondern der Ort, an dem der Arbeitnehmer typischerweise seine Arbeitsleistung im Schwerpunkt zu erbringen hat (BFH-Urteil vom 7.6.2002 VI R 53/01, BStBl II 2002, 878). Dies wird regelmäßig derBetrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers sein (BFH-Urteil vom 9.6.2011 VI R 58/09, BStBl II 2012, 34). 25Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der der Senat folgt, ist im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung entscheidend, wo sich der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines Arbeitnehmers befindet. Dort liegt die eine regelmäßige Arbeitsstätte, die ein Arbeitnehmer nur haben kann. Dieser Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit bestimmt sich nach den qualitativen Merkmalen einer wie auch immer gearteten Arbeitsleistung, die der Arbeitnehmer an dieser Arbeitsstätte im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat sowie nach dem konkreten Gewicht dieser dort verrichteten Tätigkeit. Angesichts dessen liegt die regelmäßige Arbeitsstätte am Betriebssitz des Arbeitgebers oder an einer sonstigen ortsfesten dauerhaften betrieblichen Einrichtung, welcher der Arbeitnehmer zugeordnet ist, wenn er diesen Ort nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortdauernd und immer wieder aufsucht und dort schwerpunktmäßig tätig wird. Dagegen genügt allein der Umstand, dass ein Arbeitnehmer den Betriebssitz oder sonstige Einrichtungen des Arbeitgebers mit einer gewissen Nachhaltigkeit aufsucht, für sich betrachtet nicht, um eine regelmäßige Arbeitsstätte zu begründen (BFH-Urteile vom 9.6.2011 VI R 58/09, BStBl II 2012, 34 und VI R 55/10, BStBl II 2012, 38). 26Ob eine Einrichtung des Arbeitgebers als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen ist, ist stets nach den Gesamtumständen des Einzelfalles zu beurteilen. Wird ein Arbeitnehmer an verschiedenen Arbeitsstätten tätig, ist hierbei insbesondere zu berücksichtigen, welcher Tätigkeitsstätte der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugeordnet worden ist, welche Tätigkeit er an den verschiedenen Arbeitsstätten im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat und welches konkrete Gewicht diesen Tätigkeiten zukommt (BFH-Beschluss vom 15.1.2013 VI B 123/12, BFH/NV 2013, 585 m.w.N.). Der regelmäßigen Arbeitsstätte muss hinreichend zentrale Bedeutung gegenüber den weiteren Tätigkeitsorten zukommen (BFH-Urteile vom 19.1.2012 VI R 36/11, BStBl II 2012, 503 und VI R 32/11, BFH/NV 2012, 936). Sucht ein Arbeitnehmer mehrere Tätigkeitsorte regelmäßig auf, bei denen ein qualitativer Schwerpunkt nicht erkennbar ist, hat der Arbeitnehmer keine regelmäßige Arbeitsstätte (FG Düsseldorf, Urteil vom 19.11.2014 2 K 278/14 Kg, EFG 2015, 486 zu einer Polizeianwärterin mit verschiedenen Ausbildungsstätten).Diese Maßstäbe gelten grundsätzlich auch für die Frage, ob der Arbeitsplatz eines Betriebsprüfers im Finanzamt dessen regelmäßige Arbeitsstätte darstellt (so auch Niedersächsisches FG, Urteil vom 21.2.2012 13 K 210/11, DStRE 2013, 1356, NZB zurückgewiesen durch BFH-Beschluss vom 15.1.2013 VI B 123/12, BFH/NV 2013, 585; a. A. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.6.2014 6 K 6241/12, EFG 2014, 2125, das ausdrücklich nicht auf den qualitativen Schwerpunkt abstellt). 27Die Gesamtwürdigung der Umstände des Streitfalles führt dazu, dass der Arbeitsplatz des Klägers im Finanzamt A-Stadt seine regelmäßige Arbeitsstätte darstellt. 28Der Kläger wurde von seinem Dienstherrn dem Finanzamt A-Stadt zugeordnet. Er hatte dort einen vollständig eingerichteten Arbeitsplatz, den er nachhaltig aufgesucht hat. Nach seinen eigenen Angaben in der Einkommensteuererklärung und seinen eingereichten Aufstellungen hat er das Finanzamt A-Stadt im Streitjahr 2012 an 185 Tagen aufgesucht und hier rund zwei Drittel seiner gesamten Arbeitszeit des Jahres verbracht. Gegenüber den anderen Tätigkeitsorten des Klägers kommt dem Arbeitsplatz imFinanzamt eine zentrale Bedeutung zu. Die zu prüfenden Betriebe bzw. Steuerberaterbüros hat der Kläger im Regelfall nach der von ihm selbst erstellten Aufstellung immer nur an einer überschaubaren Anzahl von Tagen aufgesucht, so dass keine dieserTätigkeitsstätten als regelmäßige Arbeitsstätte in Betracht kommt. Demgegenüberwurde der Kläger an seinem Arbeitsplatz im Finanzamt A-Stadt an 185 Tagen tätig.Diese herausragende Stellung der Tätigkeitsstätte führt zu dem Ergebnis, dass derKläger nicht während des ganzen Jahres einer Einsatzwechseltätigkeit nachgegangen ist, sondern eine regelmäßige Arbeitsstätte hatte und im Rahmen der Außenprüfungstätigkeit einzelne Dienstreisen unternommen hat. 29Der Streitfall ist anders gelagert als solche Fälle, in denen ein Arbeitnehmer verschiedene Tätigkeitsorte regelmäßig aufsucht, von denen bei keiner ein Schwerpunkt erkennbar ist. Vielmehr konnte sich der Kläger dauerhaft darauf einstellen, das Finanzamt A-Stadt regelmäßig aufzusuchen und hatte die Möglichkeit, durch Wohnsitzwahl,Bildung von Fahrgemeinschaften oder die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel seine Wegekosten zu minimieren. 30Unabhängig hiervon wäre auch der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers im Streitjahr 2012 im Finanzamt A-Stadt anzusiedeln. Die Frage, welches konkrete Gewicht einer Tätigkeit zukommt, ist - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht aus Sicht des betroffenen Steuerbürgers, der gegebenenfalls Grundrechtseingriffe hinzunehmen hat, zu beurteilen. Für die Beurteilung des Schwerpunkts der Tätigkeit ist vielmehr das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber (bzw. im Fall eines Beamten das Verhältnis zu seinem Dienstherrn) ausschlaggebend. Im Verhältnis zum Dienstherrn hatte der Kläger die Betriebsprüfungen nicht nur am Geschäftssitz des Steuerpflichtigen (Regelfall, vgl. § 200 Abs. 2 der Abgabenordnung, AO) durchzuführen. Vielmehr gehört zu den Tätigkeiten eines Außenprüfers auch eine intensive Vorbereitung der Prüfung, um festzustellen, ob ein Betrieb überhaupt prüfungswürdig ist und Prüfungsschwerpunkte festzulegen. Daneben hat der Kläger gegenüber seinem Dienstherrn auch die Pflicht, einen Prüfungsbericht abzufassen, in dem seine Prüfungsergebnisse zusammengefasst werden. Diese vor- und nachbereitenden Tätigkeiten sind nicht als qualitativ unbedeutende Hilfstätigkeiten anzusehen. Hierbei handelt es sich auch nicht lediglich um Besuche zu Kontrollzwecken, die eine regelmäßige Arbeitsstätte ausschließen (BFH-Urteil vom 9.6.2011 VI R 58/09, BStBl II 2012, 34). Insoweit unterscheidet sich der Streitfall auch vom Urteilsfall des Niedersächsischen FG (Urteil vom 21.2.2012 13 K 210/11, DStRE 2013, 1356), in dem eine Großbetriebsprüferin ihrenArbeitsplatz im Finanzamt lediglich in geringem Umfang zur Durchführung von Verwaltungstätigkeiten aufgesucht hat, während sie ansonsten im Außendienst oder von ihrem genehmigten Heimarbeitsplatz aus tätig wurde. 31Im Streitfall ist schließlich auch zu berücksichtigen, dass der Kläger einen nicht unerheblichen Teil seiner Prüfungen insgesamt an Amtsstelle durchgeführt hat und insoweit gar nicht im Außendienst tätig geworden ist. Diese Vorgehensweise ist gesetzlich vorgesehen (§ 200 Abs. 2 Satz 1 AO) und wird typischerweise dann vorgenommen, wenn geeignete Geschäftsräume im Betrieb des Steuerpflichtigen nicht (mehr) vorhanden sind. Dass es sich hierbei nicht lediglich um seltene Ausnahmefälle handelt, zeigt sich am Umfang der im Innendienst durchgeführten Prüfungen. Nach der zwischen den Beteiligten unstreitigen Stundenaufstellung hat der Kläger an reiner Prüfungstätigkeit 471 Stunden im Außendienst und 284 Stunden im Innendienst verbracht. Der Innendienst macht damit ca. 37,5 % der gesamten reinen Prüfungszeit aus. 32Aus denselben Gründen ist auch der Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen ausgeschlossen, da diese eine Abwesenheit sowohl von der Wohnung als auch von derregelmäßigen Arbeitsstätte voraussetzen. (§ 9 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG). 33Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. 34Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Revisionsgrund im Sinne von § 115 Abs. 2 FGO vorliegt. Der Senat weicht insbesondere nicht von der Rechtsprechung desBundesfinanzhofs oder anderer Finanzgerichte ab. Das oben genannte Urteil des FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 17.6.2014 6 K 6241/12, EFG 2014, 2125), gegen das beim Bundesfinanzhof ein Revisionsverfahren (IX R 19/14) anhängig ist, beurteilt zwar den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit eines Außenprüfers anders, kommt aber zum selben Ergebnis.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. 1
2die beteiligten streiten darüber, ob der arbeitsplatz des klägers als amtsbetriebsprüfer im finanzamt seine regelmäßige arbeitsstätte darstellt. 3der im streitjahr 2012 getrennt von seiner ehefrau zur einkommensteuer veranlagte kläger ist als betriebsprüfer beim beklagten beschäftigt. dort steht ihm ein eingerichteter arbeitsplatz zur verfügung. von den vom kläger im jahr 2012 insgesamt 1462 erfassten stunden entfallen 471 auf prüfungstätigkeiten im außendienst, 975 stunden auf tätigkeiten im finanzamt und die übrigen 16 stunden auf eine auswärtige schulung. die 975 stunden im finanzamt teilen sich auf in 284 stunden für prüfungen im innendienst, 125 stunden für prüfungsvorbereitungen (einschließlich absetzungsverfügungen), 209 stunden für berichterstellung und auswertung und 357 stunden für sonstige prüfungstätigkeiten, prüfungsfremde zeiten sowie außendienstbezogene fortbildungszeiten. 4in seiner einkommensteuererklärung für 2012 gab der kläger als werbungskosten bei seinen einkünften aus nichtselbstständiger arbeit unter anderem fahrten zum finanzamt als fahrten zwischen wohnung und arbeitsstätte an 185 tagen bei einer entfernung von 12 km an. darüber hinaus machte er fahrtkosten zu auswärtigen prüfungen in höhe von 1.261,- eur sowie mehraufwendungen für verpflegung in höhe von 192,- eur geltend. die fahrtkosten ermittelte er nach einem kilometersatz von 1,18 eur. nach abzug der steuerfreien arbeitgebererstattung in höhe von 512,- eur verblieb für die fahrtkosten und die verpflegungsmehraufwendungen noch ein betrag in höhe von 941,- eur. 5der beklagte berücksichtigte die geltend gemachten aufwendungen in der erklärten höhe als werbungskosten. hiergegen legte der kläger mit der begründung einspruch ein, dass sein arbeitsplatz im finanzamt nicht seine regelmäßige arbeitsstätte darstelle. dementsprechend seien auch die fahrten dorthin mit den tatsächlichen kosten (1,18 eur/km) sowie höhere verpflegungsmehraufwendungen anzusetzen. danach ergäben sich folgende beträge: 6fahrtkosten 5.846,- eur mehraufwendungen für verpflegung 984,- eur abzüglich erstattung -512,- eur abzugsfähige werbungskosten 6.318,- eur abzüglich bisher berücksichtigte kosten fahrten wohnung arbeitsstätte -666,- eur sonstige fahrten und mfv -941,- eur erhöhung der werbungskosten 4.711,- eur 7wegen der ermittlung dieser beträge wird im einzelnen auf die vom kläger eingereichten aufstellungen (bl. 48-64 der einkommensteuerakte) bezug genommen. 8der beklagte wies den einspruch als unbegründet zurück. 9zur begründung seiner hiergegen erhobenen klage trägt der kläger vor, dass fürdie beurteilung, ob ein arbeitsplatz eine regelmäßige arbeitsstätte darstelle, nicht nur quantitative, sondern auch qualitative aspekte zu berücksichtigen seien. das bild einesaußenprüfers sei geprägt vom außendienst. nach § 6 der betriebsprüfungsordnung (bpo) sei eine prüfung im regelfall in den geschäftsräumen des steuerpflichtigen durchzuführen. dort seien auch die tatsächlichen feststellungen vorzunehmen, selbst wenn die prüfung im übrigen an amtsstelle stattfinde. der aufenthalt des prüfers vor ort stelle für den steuerpflichtigen den grundrechtsrelevanten eingriff dar. demgegenüber hätten die prüfungsvorbereitung und die abfassung des berichts nicht die gleiche qualitative wertigkeit wie die prüfungshandlungen selbst. eine dispositionsmöglichkeit des klägers (z.b. durch gezielte wohnsitznahme zur vermeidung von arbeitswegen) bestehe nicht, weil er keinen einfluss auf den prüfungsgeschäftsplan habe. schließlich sei die beschränkung des werbungskostenabzugs für fahrten zwischen wohnung und arbeitsstätte restriktiv auszulegen. 10der kläger beantragt, 11den einkommensteuerbescheid für 2012 vom 7.6.2013 in der fassung des änderungsbescheids vom 17.6.2013 und in gestalt der einspruchsentscheidung vom 23.9.2013 dahingehend zu ändern, dass zusätzliche werbungskosten bei den einkünften aus nichtselbstständiger arbeit in höhe von 4.711,- eur berücksichtigt werden, 12hilfsweise für den unterliegensfall, die revision zuzulassen. 13der beklagte beantragt, 14die klage abzuweisen. 15er ist der ansicht, dass der hohe anteil der gesamtarbeitszeit des klägers, den dieser im finanzamt verbringe, für seine dortige regelmäßige arbeitsstätte spreche. hierbei handele es sich nicht nur um prüfungsvor- und -nachbereitungen, sondern auch um prüfungshandlungen im innendienst. da sich die zeitanteile im verhältnis zu den früheren jahren nicht nennenswert geändert hätten, habe sich der kläger von vornherein darauf einstellen können. darüber hinaus komme den prüfungsvorbereitungen ein hoher qualitativer stellenwert zu. dies zeige sich daran, dass betriebsprüfer an ihrem arbeitsplatz im amt prüfungsrelevante daten, die sie aufgrund der datenzugriffsrechte erhalten, mit der prüfungssoftware auswerten könnten. zudem würden dort die prüfungsschwerpunkte festgelegt. auch nehme die internetrecherche einen immer größeren raum ein. schließlich sei auch die erstellung des prüfungsberichts als qualitativer schwerpunkt der tätigkeit eines betriebsprüfers anzusehen. 16wegen der weiteren einzelheiten wird auf die schriftsätze der beteiligten und die steuerakten des beklagten bezug genommen. 17der senat hat am 12.6.2015 eine mündliche verhandlung durchgeführt. auf das sitzungsprotokoll wird bezug genommen. 18
19die zulässige klage ist unbegründet. 20der einkommensteuerbescheid für 2012 vom 7.6.2013 in der fassung des änderungsbescheids vom 17.6.2013 und in gestalt der einspruchsentscheidung vom 23.9.2013 ist nicht rechtswidrig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 100 abs. 1 satz 1 der finanzgerichtsordnung, fgo). 21der beklagte hat die fahrten des klägers zum finanzamt zutreffend nicht mit den tatsächlichen kosten angesetzt und für die zeiten, die der kläger im finanzamt verbracht hat, zutreffend keine verpflegungsmehraufwendungen berücksichtigt. insoweit steht dem kläger kein höherer werbungskostenabzug zu. 22gemäß § 9 abs. 1 satz 1 des einkommensteuergesetzes (estg) sind werbungskosten aufwendungen zur erwerbung, sicherung und erhaltung der einnahmen. hierzu gehören auch aufwendungen eines arbeitnehmers für fahrten zwischen wohnung und arbeitsstätte. diese können jedoch nicht mit den tatsächlichen kosten berücksichtigt werden. vielmehr ist zur abgeltung der aufwendungen für wege zwischen wohnung und regelmäßiger arbeitsstätte für jeden arbeitstag, an dem der arbeitnehmer die regelmäßige arbeitsstätte aufsucht, eine entfernungspauschale für jeden vollen kilometer der entfernung zwischen wohnung und regelmäßiger arbeitsstätte von 0,30 eur anzusetzen (§ 9 abs. 1 satz 3 nr. 4 satz 2 estg in der für das streitjahr gültigen fassung- estg a.f.). 23diese ausnahme vom objektiven nettoprinzip ist dadurch gerechtfertigt, dass sich der arbeitnehmer bei einer auf dauer und nachhaltigkeit angelegten regelmäßigen arbeitsstätte in unterschiedlicher weise auf die immer gleichen wege einstellen und so aufeine minderung der wegekosten hinwirken kann (etwa durch bildung von fahrgemeinschaften, nutzung öffentlicher verkehrsmittel oder gegebenenfalls durch entsprechende wohnsitznahme). liegt dagegen keine auf dauer und nachhaltigkeit angelegte arbeitsstätte vor, auf die sich der arbeitnehmer einstellen kann, ist eine beschränkung der abzugsfähigen kosten sachlich nicht gerechtfertigt. 24als regelmäßige arbeitsstätte im sinne von § 9 abs. 1 satz 3 nr. 4 satz 2 estg a.f. ist jede ortsfeste dauerhafte betriebliche einrichtung des arbeitgebers zu verstehen, der der arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen nachhaltigkeit, d.h. fortdauernd und immer wieder aufsucht. arbeitsstätte in diesem sinne ist allerdings nicht jeder beliebige tätigkeitsort, sondern der ort, an dem der arbeitnehmer typischerweise seine arbeitsleistung im schwerpunkt zu erbringen hat (bfh-urteil vom 7.6.2002 vi r 53/01, bstbl ii 2002, 878). dies wird regelmäßig derbetrieb oder eine betriebsstätte des arbeitgebers sein (bfh-urteil vom 9.6.2011 vi r 58/09, bstbl ii 2012, 34). 25nach der neueren rechtsprechung des bundesfinanzhofs, der der senat folgt, ist im gegensatz zur früheren rechtsprechung entscheidend, wo sich der ortsgebundene mittelpunkt der beruflichen tätigkeit eines arbeitnehmers befindet. dort liegt die eine regelmäßige arbeitsstätte, die ein arbeitnehmer nur haben kann. dieser mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen tätigkeit bestimmt sich nach den qualitativen merkmalen einer wie auch immer gearteten arbeitsleistung, die der arbeitnehmer an dieser arbeitsstätte im einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat sowie nach dem konkreten gewicht dieser dort verrichteten tätigkeit. angesichts dessen liegt die regelmäßige arbeitsstätte am betriebssitz des arbeitgebers oder an einer sonstigen ortsfesten dauerhaften betrieblichen einrichtung, welcher der arbeitnehmer zugeordnet ist, wenn er diesen ort nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen nachhaltigkeit, d.h. fortdauernd und immer wieder aufsucht und dort schwerpunktmäßig tätig wird. dagegen genügt allein der umstand, dass ein arbeitnehmer den betriebssitz oder sonstige einrichtungen des arbeitgebers mit einer gewissen nachhaltigkeit aufsucht, für sich betrachtet nicht, um eine regelmäßige arbeitsstätte zu begründen (bfh-urteile vom 9.6.2011 vi r 58/09, bstbl ii 2012, 34 und vi r 55/10, bstbl ii 2012, 38). 26ob eine einrichtung des arbeitgebers als regelmäßige arbeitsstätte anzusehen ist, ist stets nach den gesamtumständen des einzelfalles zu beurteilen. wird ein arbeitnehmer an verschiedenen arbeitsstätten tätig, ist hierbei insbesondere zu berücksichtigen, welcher tätigkeitsstätte der arbeitnehmer vom arbeitgeber zugeordnet worden ist, welche tätigkeit er an den verschiedenen arbeitsstätten im einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat und welches konkrete gewicht diesen tätigkeiten zukommt (bfh-beschluss vom 15.1.2013 vi b 123/12, bfh/nv 2013, 585 m.w.n.). der regelmäßigen arbeitsstätte muss hinreichend zentrale bedeutung gegenüber den weiteren tätigkeitsorten zukommen (bfh-urteile vom 19.1.2012 vi r 36/11, bstbl ii 2012, 503 und vi r 32/11, bfh/nv 2012, 936). sucht ein arbeitnehmer mehrere tätigkeitsorte regelmäßig auf, bei denen ein qualitativer schwerpunkt nicht erkennbar ist, hat der arbeitnehmer keine regelmäßige arbeitsstätte (fg düsseldorf, urteil vom 19.11.2014 2 k 278/14 kg, efg 2015, 486 zu einer polizeianwärterin mit verschiedenen ausbildungsstätten).diese maßstäbe gelten grundsätzlich auch für die frage, ob der arbeitsplatz eines betriebsprüfers im finanzamt dessen regelmäßige arbeitsstätte darstellt (so auch niedersächsisches fg, urteil vom 21.2.2012 13 k 210/11, dstre 2013, 1356, nzb zurückgewiesen durch bfh-beschluss vom 15.1.2013 vi b 123/12, bfh/nv 2013, 585; a. a. fg berlin-brandenburg, urteil vom 17.6.2014 6 k 6241/12, efg 2014, 2125, das ausdrücklich nicht auf den qualitativen schwerpunkt abstellt). 27die gesamtwürdigung der umstände des streitfalles führt dazu, dass der arbeitsplatz des klägers im finanzamt a-stadt seine regelmäßige arbeitsstätte darstellt. 28der kläger wurde von seinem dienstherrn dem finanzamt a-stadt zugeordnet. er hatte dort einen vollständig eingerichteten arbeitsplatz, den er nachhaltig aufgesucht hat. nach seinen eigenen angaben in der einkommensteuererklärung und seinen eingereichten aufstellungen hat er das finanzamt a-stadt im streitjahr 2012 an 185 tagen aufgesucht und hier rund zwei drittel seiner gesamten arbeitszeit des jahres verbracht. gegenüber den anderen tätigkeitsorten des klägers kommt dem arbeitsplatz imfinanzamt eine zentrale bedeutung zu. die zu prüfenden betriebe bzw. steuerberaterbüros hat der kläger im regelfall nach der von ihm selbst erstellten aufstellung immer nur an einer überschaubaren anzahl von tagen aufgesucht, so dass keine diesertätigkeitsstätten als regelmäßige arbeitsstätte in betracht kommt. demgegenüberwurde der kläger an seinem arbeitsplatz im finanzamt a-stadt an 185 tagen tätig.diese herausragende stellung der tätigkeitsstätte führt zu dem ergebnis, dass derkläger nicht während des ganzen jahres einer einsatzwechseltätigkeit nachgegangen ist, sondern eine regelmäßige arbeitsstätte hatte und im rahmen der außenprüfungstätigkeit einzelne dienstreisen unternommen hat. 29der streitfall ist anders gelagert als solche fälle, in denen ein arbeitnehmer verschiedene tätigkeitsorte regelmäßig aufsucht, von denen bei keiner ein schwerpunkt erkennbar ist. vielmehr konnte sich der kläger dauerhaft darauf einstellen, das finanzamt a-stadt regelmäßig aufzusuchen und hatte die möglichkeit, durch wohnsitzwahl,bildung von fahrgemeinschaften oder die nutzung öffentlicher verkehrsmittel seine wegekosten zu minimieren. 30unabhängig hiervon wäre auch der qualitative schwerpunkt der tätigkeit des klägers im streitjahr 2012 im finanzamt a-stadt anzusiedeln. die frage, welches konkrete gewicht einer tätigkeit zukommt, ist - entgegen der auffassung des klägers - nicht aus sicht des betroffenen steuerbürgers, der gegebenenfalls grundrechtseingriffe hinzunehmen hat, zu beurteilen. für die beurteilung des schwerpunkts der tätigkeit ist vielmehr das verhältnis zwischen arbeitnehmer und arbeitgeber (bzw. im fall eines beamten das verhältnis zu seinem dienstherrn) ausschlaggebend. im verhältnis zum dienstherrn hatte der kläger die betriebsprüfungen nicht nur am geschäftssitz des steuerpflichtigen (regelfall, vgl. § 200 abs. 2 der abgabenordnung, ao) durchzuführen. vielmehr gehört zu den tätigkeiten eines außenprüfers auch eine intensive vorbereitung der prüfung, um festzustellen, ob ein betrieb überhaupt prüfungswürdig ist und prüfungsschwerpunkte festzulegen. daneben hat der kläger gegenüber seinem dienstherrn auch die pflicht, einen prüfungsbericht abzufassen, in dem seine prüfungsergebnisse zusammengefasst werden. diese vor- und nachbereitenden tätigkeiten sind nicht als qualitativ unbedeutende hilfstätigkeiten anzusehen. hierbei handelt es sich auch nicht lediglich um besuche zu kontrollzwecken, die eine regelmäßige arbeitsstätte ausschließen (bfh-urteil vom 9.6.2011 vi r 58/09, bstbl ii 2012, 34). insoweit unterscheidet sich der streitfall auch vom urteilsfall des niedersächsischen fg (urteil vom 21.2.2012 13 k 210/11, dstre 2013, 1356), in dem eine großbetriebsprüferin ihrenarbeitsplatz im finanzamt lediglich in geringem umfang zur durchführung von verwaltungstätigkeiten aufgesucht hat, während sie ansonsten im außendienst oder von ihrem genehmigten heimarbeitsplatz aus tätig wurde. 31im streitfall ist schließlich auch zu berücksichtigen, dass der kläger einen nicht unerheblichen teil seiner prüfungen insgesamt an amtsstelle durchgeführt hat und insoweit gar nicht im außendienst tätig geworden ist. diese vorgehensweise ist gesetzlich vorgesehen (§ 200 abs. 2 satz 1 ao) und wird typischerweise dann vorgenommen, wenn geeignete geschäftsräume im betrieb des steuerpflichtigen nicht (mehr) vorhanden sind. dass es sich hierbei nicht lediglich um seltene ausnahmefälle handelt, zeigt sich am umfang der im innendienst durchgeführten prüfungen. nach der zwischen den beteiligten unstreitigen stundenaufstellung hat der kläger an reiner prüfungstätigkeit 471 stunden im außendienst und 284 stunden im innendienst verbracht. der innendienst macht damit ca. 37,5 % der gesamten reinen prüfungszeit aus. 32aus denselben gründen ist auch der abzug von verpflegungsmehraufwendungen ausgeschlossen, da diese eine abwesenheit sowohl von der wohnung als auch von derregelmäßigen arbeitsstätte voraussetzen. (§ 9 abs. 3 i.v.m. § 4 abs. 5 satz 1 nr. 5 satz 2 estg). 33die kostenentscheidung folgt aus § 135 abs. 1 fgo. 34die revision ist nicht zuzulassen, da kein revisionsgrund im sinne von § 115 abs. 2 fgo vorliegt. der senat weicht insbesondere nicht von der rechtsprechung desbundesfinanzhofs oder anderer finanzgerichte ab. das oben genannte urteil des fg berlin-brandenburg (urteil vom 17.6.2014 6 k 6241/12, efg 2014, 2125), gegen das beim bundesfinanzhof ein revisionsverfahren (ix r 19/14) anhängig ist, beurteilt zwar den qualitativen schwerpunkt der tätigkeit eines außenprüfers anders, kommt aber zum selben ergebnis.
Verklagte*r
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